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Wenn die ganze Richtung nicht passt

Der Tagi als Hochburg der vergewaltigten Sprache.

Zum einen hat sich Tamedia nicht entblödet, seitenlange Anleitungen zu geben, wie richtig gegendert (sprich gedschändert) wird; wie also die deutsche Sprache regelwidrig mit Sternchen, Binnen-I, einer perversen Anwendung des Partizips Präsens und ähnlichem Schwachsinn vergewaltigt wird.

Dass eine überwältigende Mehrheit der Bevölkerung (und der Leser) gegen solche störende Turnübung in angeblicher Geschlechtergerechtigkeit ist, stört diese Sprachverhunzer keinesfalls. Im Gegenteil, das stachelt sie höchstens noch an, noch häufiger «Wohnende» oder gar neulich beim Schweizer Farbfernsehen «Passagierende» (kein Witz) zu schreiben.

Aber es formiert sich Gegenwehr, die teilweise auch so militant ist wie die Genderwahnsinnigen. Nun muss also Dominique Eigenmann «aus Berlin» darüber berichten, dass in Bayern das Zwangsgendern verboten wird. Das findet Eigenmann ziemlich scheisse, was unverkennbar ist. Denn das Verbot wird vom bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder gefordert, dem CSU-Chef. Und rechts von der CSU war früher nur die Wand, heute die AfD, die mit diesem Thema sowieso «die anderen Parteien vor sich her» treibe.

Treibjagd auf tapfere Kämpfer für eine inkludierende Sprache, pfui. Ganz schlimm kriegt’s auch Söder ab: «Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern? Markus Söder ist ein anerkannter Meister in der Disziplin, seine Prinzipien der Lage anzuschmiegen.» Der habe ja noch vor Kurzem gesagt, dass in Bayern jeder so reden könne, wie es ihm passe. «Damit ist es jetzt vorbei», behauptet Eigenmann. Obwohl es anscheinend um schriftliche Äusserungen geht, aber das ist halt der Streubereich der Wahrheit eines modernen Journalisten.

Was zudem nicht gegenderter, aber gequirlter Unsinn ist. Denn Söder will nur das «verpflichtende Gendern» verbieten. Dabei gäbe es doch gar keinen «Genderzwang» in Bayern, mault Eigenmann. So sieht’s halt aus, wenn man entsprechende Vorschriften Anweisungen und deutliche Empfehlungen aus dem fernen Berlin betrachtet.

Aber jetzt ist das geschlechtliche Mittelalter in Bayern ausgebrochen: «In staatlichen Behörden, in Schulen und Hochschulen dürfen Sternchen oder andere Sonderzeichen im Wortinnern, die geschlechtliche Diversität anzeigen, nicht mehr verwendet werden

Geschlechtliche Diversität? Es ist doch peinlich für einen Journalisten, wenn er das menschliche Geschlecht und das grammatikalische Genus nicht unterscheiden kann. ZACKBUM hat das bereits ad nauseam erklärt, um gelehrt zu lateinern.

Aber Eigenmann sieht noch letzte Widerstandsnester der vermeintlichen Frauenversteher, auch in Bayern. Das behaupten zumindest die «bayerischen Lehrerinnen-, Lehrer- und Studierendenverbände». Und wohl hoffentlich auch die Verbändinnen und Verbändenden (oder Verbindenden?): «Vor allem junge Menschen erwarteten, dass geschlechtliche Diversität besser abgebildet werde als früher. Daran werde auch ein Gender-Verbot in der Schule nichts ändern.»

Diversität abgebildet? Das ist Schönsprech für: ich will gerne die Sprache quälen und foltern und den Leser auch.

Andererseits sollte man von jungen Menschenden erwarten, dass sie die Grundlagen der deutschen Sprache auch schriftlich beherrschen. Das hingegen ist schon für einen erschreckend hohen Prozentsatz zu viel verlangt.

Welche Rolle dabei das unsinnige Gendern spielt, müsste mal untersucht werden. Aber nicht von Eigenmann.

Die sexistische Seite des Tagi

Frauen an der Spitze bedeutet noch gar nichts.

Kein anderer Medienkonzern macht so ein Gewese um Inkludierung, Kampf gegen Sexismus, gendergerechte Sprache und ähnlichen Unfug wie Tamedia.

So kriegt sich Nora Zukker über ein Buch gar nicht ein, das sich mit der Frage beschäftigt, was Männlichkeit heute sei. Allerdings lässt schon der Titel Übles ahnen: «Oh Boy: Männlichkeit*en heute». Die Inhaltsangabe bestätigt den Verdacht:

«Ein Mann, der sich die eigene Übergriffigkeit eingesteht. Eine non-binäre Person, die ihr Genital nicht googeln kann. Ein Gefangener zwischen Krieger oder Loser. Diese Texte erzählen von männlichem Leistungsdruck, von Männerfreundschaften, Söhnen und ihren Vätern. Sie ergründen die Kapitalisierung von Männlichkeit, beschreiben Intimität und Verlust.»

Ach, und wem das noch nicht reicht: ein gewisser Kim Irgendwas schreibt auch einen Beitrag. Wir nehmen mit gemischten Gefühlen zur Kenntnis: das Eierattentat scheint er ohne Schreibstau überstanden zu haben.

Dann wird der Tagi aber recht locker: «Ferien, das ist Sex mit Vorspiel». Aber hallo. Die Prostitution wird mal wieder entzaubert: «Kein anderer Job macht Menschen so kaputt». Dabei sehen viele Feministen «Sexarbeit» als Ausdruck weiblicher Selbstbestimmung.

Alexandra Bröhm will mit einem weiteren (männlichen) Vorurteil aufräumen. Der Unterteilung in jagende Männer und sammelnde Frauen in dunklen Vorzeiten. Stimmt gar nicht, sagt Bröhm. Beweis: in ein, zwei Gräbern seien die Überreste von Jagdwaffen gefunden worden. Bei weiblichen Skeletten. Wahnsinn. Die Geschichte des Neandertalers muss umgeschrieben werden. Denn: «Frauen sind Jägerinnen». Eigentlich hätte auch das generische Maskulin gereicht, aber «Frauen sind Jäger» käme einer Autorin natürlich nie in die Tastatur. Obwohl die feminine Verdoppelung etwas leicht Pleonastisches hat. Aber frau und schreiben …

Zurück in die Jetztzeit und zu einem ganz üblen, frauendiskriminierenden Ausrutscher. Ein weiterer Beitrag zum Thema: ein männlicher Politiker würde niemals so beschrieben werden. Wie? «Yolanda Díaz ist …» kompetent, charismatisch, durchsetzungsfähig, engagiert? Aber nein, ist zuallererst und zuvorderst «modebewusst».

Wahnsinn, und das im Tagi. Aber danach kommen nun sicherlich Beschreibungen ihrer politischen Fähigkeiten: Nun ja: sie ist «modebewusst, meist gut gelaunt …» Man stelle sich diese Beschreibung eines spanischen Politikers –männlich – vor. Noch nie gelesen? Eben. Aber aller schlechten Dinge sind drei, nun wird vielleicht noch die Intelligenz, die klare politische Linie der Politikerin erwähnt? Fast: sie «ist modebewusst, meistens gut gelaunt – und erfolgreich».

Aha. Erfolgreich, weil modebewusst und immer lächelnd? Kämpft sie etwa mit den Waffen einer Frau? Als Schlusspointe zitiert der Tagi sogar die Konkurrenz von rechts: «Rechten Medien wie der Zeitung «El Debate» gilt Yolanda Díaz schon als Sanchez’ Geheimwaffe, ihr Lächeln als ihre schärfste Munition.»

Dass das spanische Machos so sehen, mag ja noch angehen. Aber der sensible Tagi, mit seitenlangen Erklärungen über gendergerechte Sternchensprache immer zur Hand, sofort auf den Barrikaden, wenn es angeblich überkommene Frauenbilder und Geschlechterrollen zu kritisieren gilt? Und dann das?

Hat das Raphaela Birrer gesehen? Ist das für Kerstin Hasse feministisches digitales Storytelling? Entspricht das ihrer Forderung nach «kompletter, ehrlicher und offener Gleichstellung»? Wildes Gefuchtel ist einfach. Genaues Hinschauen im eigenen Laden, nun ja. Wahrscheinlich ist die (weibliche) Chefetage schon in den Familienferien, hoffentlich ohne Flugscham.

Wumms: Katja Früh

Sie ist Kolumnistin beim «Magazin». Das sagt eigentlich schon alles.

Katja Früh gehört zu den Menschen, die sich selbst ausserordentlich wichtig nehmen, eine ausgesprochen hohe Meinung von der Gültigkeit ihrer Ansichten haben – und dann feige kneifen, wenn sie mal Zivilcourage beweisen müssten und sich zu einem üblen Streit äussern, der sich auf ihrer eigenen Redaktion abspielt.

Dermassen qualifiziert macht Früh das Mögliche unmöglich und gibt höchstwahrscheinlich lustig gemeinte Ratschläge; «rät zur Therapie: Meine Tipps für Herrn Glarner». An diesem Buhmann und Posterboy der Linken haben sich schon so ziemlich alle abgearbeitet, aber spät kommt nun auch noch Früh.

Sie versucht sich als Hobbypsychologin und gibt die uralte Mär zum Besten, dass eine «starke Abwehrhaltung gegen was auch immer» mit dieser Person selbst zu tun habe. Ratschlag: «Sie zum Beispiel fürchten sich vor Dragqueens. Da wäre vielleicht eine Konfrontationstherapie angebracht, was bedeuten würde, dass Sie selbst einmal in schillernde Frauenkleider schlüpfen sollten.»

Haben wir gelacht, und damit wäre der Scherz eigentlich ausgelutscht. Aber leider ist da noch Platz in der Kolumne, und Früh muss sparsam mit Ideen umgehen, also tritt sie den Quark noch breit und küchenlateinert weiter in der inneren Welt von Glarner herum: «Könnte es sein, dass Sie, ohne es selber zu wissen, auch lieber so ein freies und buntes Leben leben würden? Oder haben Sie Angst, dass die Welt zusammenbrechen würde, wenn jede:r einfach sein darf, wie er oder sie will? Durften Sie das mal? Als Kind vielleicht

Hier fällt ihr dann doch auf, dass in diesem Scherz kein Tropfen Gehalt mehr steckt. Also kurze Übertragung:  «Nun zum Gendern: Das scheint Ihnen auch ziemliche Angst zu machen.»

Dann liefert sie allerdings gleich den Beweis, wieso man dem Gendern zumindest misstrauisch gegenüberstehen sollte: «Es ist doch nichts anderes als der Versuch, auch in der Sprache Geschlechtergerechtigkeit herzustellen.» Was für ein hanebüchener Unsinn.

Unterwegs im Nonsens-Land legt Früh gleich noch einen drauf:

«Es passt Ihnen wohl ganz gut, die Frauen ein bisschen im Hintergrund zu wissen, niemand nimmt Ihnen Ihre Privilegien weg, und niemand stört die «natürliche» Ordnung. Haben Sie vor Frauen gleich viel Angst wie vor Homosexuellen? Dann würde ich Ihnen ernsthaft eine Therapie ans Herz legen.»

ZACKBUM würde Früh hingegen einen Anfängerkurs in Logik und Konsistenz ans Herz legen. Oder ihr empfehlen, bei grösster Not «was schreibe ich denn nur wieder in meiner Kolumne?» lieber einmal zu verzichten.

Denn, sehr geehrte Kolumnistin, wenn man ihre Methode anwenden wollte, dann müsste doch auch Blackfacing erlaubt sein. Um sich mal in die Rolle eines Negers, Pardon, Schwarzen, ts, ts, einer Person of Colour zu versetzen. Dann ist auch der Sombrero erlaubt, die Rastalocke, das wären dann alles keine kulturellen Aneignungen, sondern Therapien. Selbstverständlich gehörte auch der Indianeraufzug dazu, selbst eine Perücke und ein Rock, um sich mal als Frau zu fühlen.

Es ist inzwischen überall bei Tamedia, also beim «Tages-Anzeiger», also im Tx Konzern möglich, ungebremst, unbelästigt von jedweden Qualitätsansprüchen die zahlende Kundschaft mit Blödsinn zu quälen. In der leider vergeblichen Hoffnung, dass die meisten Masochisten sind.

Gender-Resistenz

Mal wieder blöd gelaufen: Schweizer sprechen nicht politisch korrekt.

Man merkt das Naserümpfen dem Artikel im «Tages-Anzeiger» deutlich an. Ein Drittel aller befragten Schweizer sagen in einer Meinungsumfrage, dass sie das Wort Zigeuner gerne und häufig verwenden. Obwohl der abgewirtschaftete Duden es als «diskriminierend» brandmarkt. Dabei musste schon die inzwischen entsorgte Tagi-Mitarbeiterin Aleksandra Hiltmann erschüttert festhalten, dass sich der Sohn von Django Reinhard selbst und gerne als «Zigeuner» bezeichnet: «ist das richtige Wort für mich». Das störte etwas beim Aufregen über das Z*-Schnitzel (Sie wissen, was gemeint ist).

Schlimmer noch, auch das M-Wort, das der Tagi nie mehr ausschreiben will, sei im Schwange; Schweizer sagen immer noch (sensible Leser, Augen zu und durch) Mohrenkopf. Sie sagen auch Asylant, obwohl doch angeblich «Asylbewerber» richtig sei. Was aber auch wieder falsch ist, Ihr Tagi-Pfeifen. DER Asylbewerber, merkt Ihr was? Asylbewerbender* muss das heissen. Und wann schafft Ihr endlich DER «Tages-Anzeiger» ab, womit Ihr mehr als die Hälfte Eurer Lesenden diskriminiert, hä?

Aber es ist alles noch schlimmer, «Nur 18 Prozent geben an, dass die «Gleichstellung der Geschlechter» ein drängendes Problem» sei. Deshalb antworten 75 Prozent der Befragten mit einem knallharten, männlichen, diskriminierenden Nein auf die Frage, ob sie auf «eine gendergerechte Sprache» achten würden.

Raphaela Birrer, Ihr Rat ist gefragt. Eigentlich nicht, aber sie gibt ihn doch in Form eines «Leitartikels». DER Leitartikel? Aber gut, sie fängt gleich rätselhaft an: «Die gendergerechte Sprache ist in der Schweiz nicht mehrheitsfähig. Trotzdem wird sie immer breiter verwendet. Darüber sollten wir reden – statt das Feld der SVP zu überlassen.»

Natürlich tappt ZACKBUM hier in die Falle, Frau und Logik zu schreiben. Immerhin ist Logik weiblich. Aber wieso die gendergerechte Sprache nicht mehrheitsfähig sei, gleichzeitig «breiter» verwendet würde, wobei dieses Feld nicht der SVP überlassen werden dürfe (verwendet ausgerechnet die denn gendergerechte Sprache)?

Offenbar nein, denn zunächst bekommt der Provokateur «Glarner und Konsorten» eins in die Fresse: «Extremisten wie er vergiften das gesellschaftliche Klima.» Aha, die SVP bewirtschafte eben dieses Thema: «Denn es geht der Partei um viel mehr als um ein paar Gendersterne. Es geht ihr um Macht und kulturelle Dominanz. Die geänderten gesellschaftlichen Verhältnisse – die Gleichberechtigung der Frauen, die Akzeptanz nonbinärer Geschlechter – widerspiegeln sich heute in der Sprache. Frauen und transsexuelle Menschen sind dadurch sichtbarer geworden.»

Ach, die eigentlich nur in den Medien und an verpeilten Lehrstühlen für Genderfragen geführte Debatte über «inkludierende» Sprache, über Vergewaltigungen wie Gender-Stern, Binnen-I und ähnlichen Unfug, dem auch und gerade der Tagi frönt (gab es da nicht mal eine drei Seiten lange Abhandlung des Kampffeministen Andreas Tobler, sekundiert von Hiltmann, wie man richtig zu gendern habe?), sei eine versteckte Machtfrage? Was für ein Unsinn, obwohl das Wort maskulin ist.

Abgedriftete Professoren, Kultur- und Erblinke, selbsternannte Genderforscherinnen sorgen dafür, dass sich viele Leitmedien immer weiter von ihrem Publikum entfernen. Damit Leser (ja, auch Leserinnen) verlieren, die sich weder durch solche Unsinnstexte, noch durch Sprachverhunzungen quälen wollen und auch allergisch darauf reagieren, erzogen und belehrt zu werden, dass sie nicht mehr Mohr sagen dürfen, sondern nur noch «M-Wort». Auch nicht mehr Neger, sondern angewidert N-Wort. Nicht einmal mehr Schwarzer, sondern nur noch PoC.

Die Mehrheit der Bevölkerung hat eben ein feines Gespür dafür, dass solche Sprachzensur, solche Erziehungsmassnahmen, solche Listen von Unwörtern zutiefst faschistisch sind. Ausgrenzend im Namen des Kampfs gegen Ausgrenzung. Ungut im Sinne des Guten.

Was fällt nun der Chefredaktorin des meinungsstarken und bedeutenden Tamedia-Konzerns ein, der täglich weit über eine Million  Leser beschallt? «Dass sich die Sprache entwickelt, dass das Männliche nicht mehr als Norm gilt, ist grundsätzlich richtig.»

Galt das Männliche vorher als Norm? Interessant. Also, wie weiter?

«Die Deutungshoheit sollte weder bei (linken) Aktivisten noch bei einer (rechten) Partei liegen. Sondern in der Mitte der Gesellschaft. Führen wir also diese Diskussion – aber bitte mit Stil, Anstand und ohne ideologische Scheuklappen

Mit Anstand, aber ohne Scheuklappen? So vielleicht: SVP-«Programmchefin Esther Friedli hat das Thema als wilden Mix kulturkämpferischer, teilweise aus den USA importierter Parolen ins neue Parteiprogramm gehievt». Oder so: «Wenn Aufwiegler wie Glarner die Debatte pervertieren, können Menschen zu Schaden kommen. Glarner und Konsorten gehören von der eigenen Partei und der Wählerschaft gestoppt

Genau so stellen wir uns eine anständig und ohne Scheuklappen geführte Debatte vor. Woher Birrer zudem den Anspruch nimmt, aus der und für die «Mitte der Gesellschaft» zu sprechen, bleibt ihr süsses Geheimnis.

Vergleicht man dieses widersprüchliche Gestammel mit dem Essay von Birgit Schmid in der NZZ, dann wir einem wieder schmerzlich bewusst, in welchem intellektuellen Niedergang sich Tamedia befindet. Man muss da langsam von einem toxischen Betriebsklima sprechen. Denn es gibt ja noch ein paar intelligente Tagi-Redakteure. Deren Leidensfähigkeit aus Arbeitsplatzsicherung muss für die Leber immer ungesündere Auswirkungen haben.

Das gilt auch für «20 Minuten», den Veranstalter der Umfrage. Das Gratis-Blatt titelt doch tatsächlich so (nein, das ist kein Photoshop und keine Realsatire):

Nein, liebe vollbescheuerte Redaktion, die Mehrheit der Schweizer*Innen (wenn schon, gell?) sagt weiterhin Mohrenkopf, Zigeuner oder Asylant.

Und das hier könnte unter Verwendung anderer Bezeichnungen ohne Weiteres in jedem faschistischen Wörterbuch verpönter Begriffe stehen:

Liebe bescheuerte «20 Minuten»-Redaktion: das mit der Ableitung von «töricht» usw. ist ein Nebengleis, das der Kindersoldat in seiner Verrichtungsbox findet, wenn er mal «Herleitung Mohr» googelt. Immerhin fällt er nicht darauf rein, dass dann vielleicht auch die Mohrrübe (Deutsch für Karotte) abwertend sein könnte. Nein, Mohr kommt vom lateinischen Maurus (ausser, das Althochdeutsche hätte sich direkt im Griechischen bedient, was eine neue, aber falsche Theorie wäre).

Der Einfachheit halber bezeichnen sich Bürger von Serbien, Kroatien, usw. problemlos als Jugos, empfinden diesen Ausdruck (auf seine Verwendung und Betonung kommt es eben an) durchaus nicht als abwertend. Liebe bescheuerte «20 Minuten»-Redaktion: «Du Weisser», das kann je nach Kontext eine objektive Bezeichnung, ein Hinweis auf mangelnde Besonnung – oder ein Schimpfwort sein. Aber das entscheidet der Kontext, nicht das Wort (und schon gar nicht die Redaktion von «20 Minuten»).

Zigeuner, liebe bescheuerte «20 Minuten»-Redaktion, wird auch von Sinti, Roma, Fahrenden usw. gerne und problemlos selbst verwendet; wer’s nicht glaubt, kann gerne am jährliche Zürcher Zigeuner-Fest teilnehmen. Nein, das wird nicht von der SVP ausgerichtet und fand gerade mal wieder statt:

Und schliesslich noch Asylant. Wenn man der «Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus» glauben will, wäre das ein Ausdruck, den «rechtsstehende und fremdenfeindliche Organisationen» benutzen. Der «Duden», der auch nicht mehr ist, was er einmal war, versteigt sich zur Qualifizierung «oft abwertend». Was an «Asylsuchender» besser sein soll (abgesehen davon, dass es die weibliche Hälfte ausschliesst), erschliesst sich auch einem Dr. phil I der Germanistik nicht.

Nochmals zusammenfassend: macht nur so weiter. Mit solchem Blödsinn verliert ihr täglich immer mehr Leser und Käufer. Pardon, Lesende und Kaufende. Äh, Leser!Innen* und Kaufende***. Ach, verflixt, L*** und K***.

ZACKBUM hätte aber noch eine Frage aus persönlicher Betroffenheit an die Sprachpäpste von «20 Minuten»: Der Nachname des ZACKBUM-Redaktors René Zeyer fängt mit Z an. Z! Ukraine, Russland, Z. Wie soll er sich da verhalten? Einfach so tun, als wäre nichts? Seinen Nachnamen neu als Z-Wort bezeichnen? Mit Z*** unterschreiben? Hilfe!

 

 

Wumms: Edgar Schuler

Spätes Bekenntnis zum Gendern.

Edgar Schuler hat’s nicht leicht. So musste er eine ganze Zeitlang den morgendlichen Newsletter gestalten – im Wechsel mit Salomé Müller, einer der Initiantinnen eines Brandbriefs erregter Tagi-Frauen, die sich über Sexismus, Diskriminierung und demotivierende Arbeitsatmosphäre beklagten. Belegfrei und wirkungslos. Müller ist längst abgeschwirrt, Schuler bleibt.

Als sich Bruchpilotin Sanija Ameti von der «Operation Libero» keinen SVP-Bundesratskandidaten «schöntrinken» wollte, fand er das unerhört.

Jetzt aber wirft er der Landesregierung «Arbeitsverweigerung in der Genderdiskussion» vor. Sie setze «kein Zeichen für eine moderne Gesellschaftspolitik. Wie mutlos, wie schade», kanzelt er die Bundesräte ab. Sie seien «weit weg vom Volk», behauptet Volksversteher Schuler.

Wie das? Der «Lame Duck»-Bundesrat habe eine «Abfuhr für die amtliche Anerkennung des dritten Geschlechts» beschlossen. «Wo lebt dieser Bundesrat», fragt sich der Tagi-Redaktor. Ist er von Elon Musk schon auf den Mars geschossen worden? Nach Kabul disloziert? Auf jeden Fall entgehe der Landesregierung, dass «diese Debatte» über mehr Geschlechter «längst geführt» werde. Zwar nicht an Stammtischen, aber «überall dort», wo man sich mit «Geschlechtsidentität und Gleichstellung» beschäftige. Also zum Beispiel beim Tagi.

Schlimmer noch: «Dabei verweigert er sich ebenso sehr den klaren Tatsachen: Es gibt nun mal eine – zugegebenermassen kleine – Minderheit, die diskriminiert wird, wenn sie sich nur entweder der Kategorie Frau oder der Kategorie Mann zuordnen darf.»

Das sei «für eine Mehrheit der Menschen in der Schweiz kein akzeptabler Zustand mehr», fantasiert Schuler. Und beruft sich dabei auf eine Untersuchung des einschlägig bekannten «Forschungsinstitut Sotomo». Offenbar in der irrigen Meinung, dass sich keiner seiner Leser durch diese schwafelige und weitscheifende «Untersuchung» kämpfe.

Wer’s dennoch tut, liest diesen Satz:

«99,6 Prozent der Befragten bezeichnen sich entweder als Frau oder als Mann. Nur 0,4 Prozent … bezeichnen sich explizit als nicht-binär.»

Bei einer 9-Millionen-Schweiz sprechen wir also von allenfalls 36’000 Eidgenossen. Zählen wir noch die 20 Prozent ab, die unter 20 Jahre alt sind, kommen wir auf 28’800 non-binäre Schweizer. Und für diese angeblich diskriminierte Minigruppe, die psychologischen Beistand braucht, wenn ihr Non-binär-Sein nicht im Pass verzeichnet ist, geht Schuler auf die Barrikaden?

Wirft dem Bundesrat Volksferne vor, wo dieses Thema doch fester Bestandteil jedes Gesprächs beim Feierabendbier ist? «Sage mal», meint Heiri und bestellt noch ein Bier, «das ist doch ein Skandal, dass die in Bern oben die Non-Binären so diskriminieren.» – «», sagt Sandro und nimmt Heiri vorsichtshalber Bier und Autoschlüssel ab.

Mein lieber Schuler, was haben Sie nur geraucht, und gibt es das wirklich rezeptfrei?

 

Wumms: Laura de Weck

ZACKBUM wollte sich nicht mehr provozieren lassen. Aber …

Was ist schlimmer als gendern in der Sprache? Nichts? Doch, einer geht noch. Eine geht noch weiter nach unten. Das ist Laura de Weck mit ihren infantilen Dialogstücken bei Tamedia. ZACKBUM hatte nach ihrer letzten Leserquälerei angekündigt, dass einer von beiden aufgeben muss, und das seien wir.

Aber wir gestehen errötend: rückfällig geworden. Schon der Titel war unwiderstehlich:

Natürlich sagt de Weck «ätsch», natürlich denkt sie «reingefallen», wenn da einer meinen könnte, sie würde sich gegen diesen Woke-Wahnsinn aussprechen. Denn de Weck hat intellektuell nur Wüste zu bieten, dafür ist sie sehr woke.

Also gibt’s den üblichen Kindergarten-Dialog, wie wenn die Aufsichtsperson (!) dem Kind (ist Kind eigentlich Neutrum?) die Welt mal gaaanz laaaangsam und einfach erklärt.

Das Kind kann sich schlecht dagegen wehren, der Leser leider auch. Ausser durch Leseverweigerung, aber wir sind halt nochmals schwach geworden, bereuen das ausdrücklich und nehmen uns fest vor, es nie wieder zu tun.

Der Anfang lässt Schlimmes ahnen, aber es wird noch viel schlimmer:

Das hätte de Weck nun schnell dem unseligen Ende zuführen können, wenn sie nicht versucht hätte, an einem Beispiel zu zeigen wie dumm die Gegenwehr gegen das Gendern sei:

Das Problem ist, dass weder Lili noch de Weck die deutsche Sprache beherrschen. Dabei wäre es ganz einfach, um es auch mal gaaaanz laaaangsam zu erklären. Arzt, das ist keine Bezeichnung für einen Menschen, sondern für eine Funktion, die von einer Person ausgeübt wird. Ob es sich dabei um einen Arzt oder eine Ärztin oder eine nonbinäre Person handelt, ist sekundär und letztlich egal.

Genauso egal ist es, dass es keine männliche Form von Person oder Abstrakta wie Autorität oder Geschichte gibt. Die Verwechslung von Genus und Geschlecht beruht auf der Unart, dass Genus nicht korrekt mit Gattung, sondern – um es für Blöde leichter verständlich zu machen – mit Geschlecht übersetzt wurde.

Aber damit der Irrtümer nicht genug. De Weck lässt ihre Sprechpuppe Lili auch noch plappern, dass es doch keinen Zwang gäbe, Gendersternchen und ähnliche Vergewaltigungen der deutschen Sprache zu verwenden. Auch hier irrt sie, vielleicht mal den Stadtrat von Zürich oder diverse Unis in der Schweiz fragen, wie man es dort mit der sogenannt «inklusiven» und «nicht diskriminierenden» Sprache hält.

Aber auch hier will und muss de Weck ja mal zum Ende kommen, und wenn sie sich an einer Pointe versucht, wird’s ganz aschgrau. Also lässt sie Lili sagen, dass sie die «Hauptgefahren eher beim Klima und beim Krieg» sähe. Das ist nicht gendermässig problematisch, aber einfach gestolpertes Deutsch.

Damit will de Weck dann über die Ziellinie holpern, indem sie Lili das letzte Wort zuweist:

«Also, ehrlich, ich glaub, nicht die Sozialdemokraten und Grünen sind im Woke-Wahnsinn. Ich glaub eher, die Einzigen, die hier wahnsinnig werden, sind die Konservativen und du

Die «nur Frauen aufs Ticket»-SP und die «Green LGBTIQ+»-Grünen seien nicht im Woke-Wahnsinn? Dagegen die «Konservativen»? Also diejenigen, die die deutsche Sprache vor solchen Attentaten schützen wollen?

Dieser Dialog ist dümmlich, auf Kindergartenniveau. Dieser Dialog ist sprachlich unterirdisch. Dieser Dialog strotzt vor inhaltlichen Fehlern. Dieser Dialog ist primitives Bashing von Konservativen. Dieser Dialog ist peinlich. Aus all diesen Gründen passt er zu Tamedia.

Neues vom Gendern

Er, sie oder doch lieber «em»: Völlig verrückt ist das neue Normal. Oder: «Drittes Geschlecht, mein gutes Recht

Von Stefan Millius*

Kennen Sie das Pronomen «em»? Oder «xier»? Kaum. Der Duden auch nicht. Aber das soll der neue Standard werden. Neben einem halben Dutzend weiterer Pronomen. Nicht etwa freiwillig. Wer sich der Neuerfindung der Sprache verweigert, kriegt es mit den heiligen Twitter-Kriegern zu tun.

Manchmal muss man anderen den Vortritt gewähren, um deutlich zu machen, um was es geht. Daher geht das Wort an René_ Rain Hornstein. Die Schreibweise mit dem ungewohnten Unterstrich ist übrigens kein Vertipper. Hier, bitte:

«Mein Pronomen ist em oder kein Pronomen. Bitte nutzen Sie für Substantive, Artikel und Adjektive die _ oder -Form. Ein Beispielsatz: René_ Rain Hornstein ist ein * e freundliche * r * Referent * in, em geht auf die von Veranstaltungsteilnehmer * innen geäusserten Wünsche ein.»

René_ Rain Hornstein war – einfach mal auf der Grundlage seiner äusseren Erscheinung, – das, was man früher als Mann identifizierte. Inzwischen hat er die Haare schön, pardon, lang, ein paar weitere weibliche Attribute kamen dazu, und nun darf man weder «er» noch «sie» sagen, man muss sagen: «Em hat die Haare schön.» Genau. Nicht: «Er hat die Haare schön». Oder: «Sie hat die Haare schön.» Em. Em. Em.

Nicht schwierig, oder?

Wenn jemand Mühe hat mit «em», warum auch immer, gibt es Alternativen. Weitere Pronomen, die akzeptabel sind für einen Mann, der irgendwann beschlossen hat, etwas anderes zu sein, aber eben keine Frau, sind diese: hen, per, nin oder xier. Sagt jedenfalls René_, und er muss es ja wissen.

«Xier hat die Haare schön.» – «Hen hat die Haare schön.» – Nicht schwierig, oder? Gut, unsere Kinder haben heute schon Mühe, die deutsche Sprache zu lernen, aber die paar zusätzlichen Pronomen, die kein Lehrbuch der Welt kennt, wird man sich doch auch noch reinhauen können.

Und was genau hat der Unterstrich nach «René» zu bedeuten? Der stellt klar, dass der eigentlich männlich besetzte Vorname nicht so zu verstehen ist, sondern eben geschlechtsneutral. Das bedauernswerte Wesen kann ja nichts dafür, dass seine, pardon, em Eltern em einst einen männlich geprägten Vornamen gegeben hat. Das schreit nach einer Korrektur.

Und «Rain»? Ich nehme schwer an, dass René, pardon, René_, einst zum zweiten Vornamen Rainer hiess und sich inzwischen durch die Auslassung der Endung nun auch hier des Geschlechts entledigt hat. Rain ist ja auch furchtbar poetisch.

René_ Rain Hornstein ist inzwischen eine Berühmtheit in Deutschland. Er hat kürzlich die Deutsche Bahn in die Knie gezwungen. Die hat bisher von ihren Fahrgästen bei einer Onlinebuchung die Angabe «Herr» oder «Frau» verlangt. Was René_ natürlich nicht akzeptiert hat. «Em» oder «xier» oder «hen» hat sich vor Gericht gewehrt. Nun muss die Deutsche Bahn für Leute wie ihn eine weitere Auswahlmöglichkeit schaffen, die das Geschlecht offen lässt. Zudem hat «em» Schmerzensgeld erhalten. Weil er so gelitten hat, als er ein Ticket gebucht hat.

Auch vor Gericht hat em gelitten. René_ hat zwar Recht erhalten, aber das Gericht adressierte em während der ganzen Verhandlung nicht richtig. Nicht als «em», sondern als «er». Was natürlich körperliche Schmerzen verursacht hat. Wie kann ein Richter sich bitte sehr nicht auf ein frei erfundenes Pronomen einlassen? Was läuft da falsch?

Wer aus welchen Gründen auch immer René_ Rain Hornstein kontaktieren will, muss sich Mühe geben, um ihn nicht sofort zu Tränen des Beleidigtseins zu rühren. Hier ist die Bedienungsanleitung für die richtige Ansprache zu finden. Bitte aufmerksam lesen und befolgen.

Wer das alles nun leicht verrückt findet, sei daran erinnert: Hornsteins Forderung wurde von einem deutschen Gericht akzeptiert. Ein riesiger Staatsbetrieb wie die Deutsche Bahn muss nun seine Software umkrempeln, weil em einst mit einem Schnäbi zur Welt kam und nun findet, em wolle die Haare schön und lang haben. Unterstützung findet em reichlich bei Twitter. Em wird gratuliert für den Mut, der einen grossen gesellschaftlichen Durchbruch für Minderheiten bedeutet. Em ist ein Held.

Was natürlich heisst, dass Leute, die sträflicherweise einfach völlig normal sind und sich eigentlich gerne auch ganz normal mit anderen unterhalten würden, nun «em» und «xier» verwenden sollten.

Wir haben jedenfalls unsere Schuldigkeit getan und Ihnen das mitgeteilt. Der Rest ist nicht mehr unsere Verantwortung.

Aber sicher ist auch: Die Spielwiese ist nun offen. Wenn Sie gerne statt als «er» oder «sie» mit «hutzelputzel» oder «schnörk» als Pronomen angesprochen werden wollen: Das ist Ihr gutes Recht – fordern Sie es ein!

*Millius ist Chefredaktor von «Die Ostschweiz», wo der Artikel zuerst erschien. Mit freundlicher Genehmigung …

 

Ein Spätberufener

Frank A. Meyer gendert. Auch das noch.

Der Vor- und Nachdenker des Hauses Ringier knöpft sich in seiner aktuellen Kolumne Aline Trede vor, Fraktionschefin der Grünen im Bundeshaus: «drittens forderte sie einst einen Spritpreis von fünf Franken pro Liter und musste die betrübliche Erfahrung machen, dass dies «nicht mehrheitsfähig» ist.»

Meyer verteidigt hier freie Fahrt für freie Bürger; als passionierter Jaguarfahrer will er dieses Grundrecht nicht infrage stellen lassen. Und überhaupt: «Was stellen sich die grünen Giftspritzer gegen das genialste Gefährt der Gegenwart ihrerseits eigentlich vor

Aber all das verblasst etwas hinter dem ersten Wort dieses Satzes: «Arbeiter*innen können damit rasch die Kinder zur Schule fahren, wenn sie diese noch nicht dem Weg zum Tram oder der Fahrt im Tram anvertrauen wollen.»

Abgesehen davon, dass es schon fast rührend altmodisch ist, von Arbeitern zu schreiben, ist es erschreckend neudeutsch, von «Arbeiter*innen» zu berichten.

Wurde denn nicht schon genug, ausführlich, mit Engelszungen oder polemisch, sprachlich, linguistisch, logisch und mit allen dem Verstand gegebenen Mitteln erklärt, dass das Gender-Sternchen des Teufels ist? Eine unnötige, zwecklose, wirkungslose Vergewaltigung der deutschen Sprache, die sich dagegen leider nicht wehren kann?

Gerade hat doch die NZZaS mal wieder in einem fulminanten Kommentar das Nötige dazu gesagt. Und nun kommt Meyer:

Falsch. Entweder die Bundesratenden. Oder Bundesrat*in. Wenigstens BundesrätIn. Nur so geht das dann mit den Arbeiter*innen in Ordnung. Ein wenig Konsequenz muss auch im Alter sein.

 

m/w/d, !*, erIn, -er und -innen, :in

Warum treibt einen das Gendern die Wände hoch?

Von Adrian Vernetz

Zum Aufwärmen einige aktuelle Beispiele aus Stelleninseraten: Mitarbeiter/in Controlling, Fachfrau*mann Gesundheit, Koch/Köchin, Fachspezialist Kreditprüfung (w/m/d), System-Adminstrator:in, Medizinische*r Masseur*In, Senior Manager (All Genders).

Das Wirrwarr zeigt vor allem eines auf: Ratlosigkeit. Wie lautet heute eine «korrekte» Berufsbezeichnung? Eine, die in unserer kunterbunten Welt niemanden ausschliesst? Firmen und HR-Abteilungen tun sich sichtlich schwer damit. Sogar der kleine Schreinerbetrieb im Dorf nimmt den Genderstern oder den Doppelpunkt ins Repertoire auf. Sicher ist sicher – man möchte ja niemanden vergraulen.

Schwer damit tun sich auch jene, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind. Zwei Syrer, mit denen ich mich regelmässig treffe, um ihre Sprachkenntnisse zu verbessern, fragten mich kürzlich, welche Version korrekt ist. Sie mussten sich mit meiner Antwort begnügen, dass dies eigentlich niemand wisse. Ich riet ihnen, bei der Stellensuche und bei Bewerbungen die Sterne, Doppelpunkte und Schrägstriche einfach zu ignorieren.

Unlängst ärgerte sich auf Twitter wieder mal jemand über den Genderstern. Worauf diesem Herrn dann vorgehalten wurde, es sei doch ein Armutszeugnis, wenn sich jemand über so Nebensächlichkeiten wie einem Sternchen aufrege, während anderorts ein Krieg tobe. Die klassische Argumentationslinie halt, die immer vorgebracht werden kann, wenn eine Kritik nicht gleich in einer weltbewegenden Globalanalyse mündet.

«Warum regen sich die Leute dermassen darüber auf?», lautete eine Frage an den Genderstern-Kritiker. Und diese Frage stelle ich mir auch: Warum gehe ich die Wände hoch, wenn ich ein von Gendersternen oder Doppelpunkten gespicktes Mail erhalte? Was ist denn so schlimm daran, ein Sternchen zu setzen? Oder, wie es vor einigen Wochen eine non-binäre Person namens Henrik Amalia von Dewitz in einem Blogbeitrag auf «Zentralplus» formulierte: «Wenn ich Ihnen mitteile, dass ein Begriff mich persönlich verletzt, warum ist Ihr Sprachgebrauch wichtiger?» Konkret: Bezeichnet jemand Henrik Amalia als Lehrer oder Lehrerin, verletzt ihn (oder sie) das, weil er (oder sie) weder Frau noch Mann ist. Unversehrt bleibt die non-binäre Person nur, wenn ihr non-binäres Wesen auch wohlgebettet in der Sprache liegt.

Doch genau die Frage von Henrik Amalia bringt das Problem auf den Punkt. Ein Problem, dessen Ursache nicht in der Frage liegt, ob man das Sternchen benutzen soll oder nicht, denn dies wäre in der Tat ein lächerliches, völlig belangloses Problem. Mir zumindest geht es so. Mich bringen nicht die Gendersterne und Doppelpunkte zur Weissglut, sondern die Haltung jener Grüppchen, welche die Verwendung dieser Symbole fordern. Es sind Mini-Mini-Grüppchen, welche die ganze Gesellschaft umerziehen wollen, und es sind – auch wenn es vordergründig anders erscheinen mag – sehr autoritäre, intolerante und egozentrische Mini-Grüppchen. Und genau deshalb reagiere ich allergisch auf den Genderstern: Weil hier eine winzige Minderheit verdammt viel Krach und Terror macht.

Klar, was man mir nun vorhalten wird: Ich verbreite Hass gegen non-binäre Menschen. Und die Tatsache, dass ich Gendersterne und Doppelpunkte nicht mag, zeigt nur, dass ich meine Abneigung gegen LGBTQ-Menschen erst noch überwinden muss. Aber das ist Unsinn. Beispiel: Ich bin Linkshänder. In der Primarschule wollte man mich noch umpolen – erfolglos. Ich verbringe mindestens einen Drittel meines Lebens vor Computern. Wie oft habe ich mir schon gewünscht, es gäbe auch für Linkshänder eine so reichhaltige Auswahl an wohlgeformten Computermäusen. Gibt es aber nicht. Nicht nur bei Mäusen. Jeder Linkshänder kann bestätigen: Wir leben in einer Welt für Rechtshänder.

Indessen: Schliesse ich daraus nun, dass ich diskriminiert werde? Dass alle Rechtshänder mich verachten? Dass Linkshänder – obwohl eine klare Minderheit – einen Anspruch darauf haben, keinerlei Benachteiligungen erleiden zu müssen? Nein. Ich sehe ein, dass ich in der Minderheit bin und dass die Gesellschaft sich nicht um jedes Problem von Minderheiten kümmern kann. Ich mache das, was ich auch den Sprachinquisitoren ans Herz lege: kein Theater.

Und deshalb, liebe non-binäre Menschen, liebe Queer-Community: Ich habe nichts gegen euch. Das schwöre ich bei allem, was mir lieb und teuer ist. Lebt euer Leben so, wie ihr es für richtig haltet. Fühlt euch wohl in eurer Haut. Das ist mein ehrlicher Wunsch an euch. Genauso ehrlich ist aber dieser Wunsch: Hört bitte auf, die Gesellschaft in Geiselhaft zu nehmen, nur weil nicht alles nach eurem Gusto läuft. Ihr müsst euch oft blöde Sprüche anhören? Werdet angefeindet? Deal with it. So ist das Leben. Jeder Mensch trägt seine Bürden. Fangt nicht an zu heulen. Wehrt euch, wenn euch wirklich Unrecht geschieht, aber reibt eurem Umfeld nicht ständig unter die Nase, wie gross euer Weltschmerz ist.

Jene, die am lautesten schreien, sind erfahrungsgemäss noch ziemlich jung. Und gerade diese Generation wird – wie schon die Generationen vor ihr – noch eine der wichtigsten Lektionen im Leben lernen müssen: dass die Welt sich nicht nur um sie dreht.

Fehlende Sternchen

Gendern, endlich konsequent. Wir haben ein paar Vorschläge.

Wir wissen spätestens seit Orwell: wenn schon, denn schon. Wenn der New Speak nicht vollständig umgesetzt wird, funktioniert er nicht.

Daher eine unvollständige Liste von noch nicht genügend gegenderten Wörtern:

  • Der Taliban. Die Taliban*Innen, die Taliban:in
  • Der Baum. Die Bäum!innen, die Bäum:erIn*
  • Der Penis. Die Penis:Innen, die Pen*is*
  • Der Atomkrieg. Die Atomkrieg+erInnen, die Atomkrieg!in
  • Der Sprachreiniger. Die Sprachreiniger!Innen**, die Putzfrau
  • Der Kopf. Die Köpf*Innen, die Geköpfte
  • Der Patriarch. Die Patriar*sch:Innen, die Mamapatriarchin
  • Der Blinde. Die Blind*!innen, die Geblendete
  • Der Schwule. Die Schwul!innen**, die Schwulstige
  • Das Gender. Die Gender!Innen, die Gender*Inin!*

Gendergegner: hier fehlt doch was Weibliches.

Nicht nur für Genderforscher, auch für feministische Linguistinnen gibt es noch Unmengen zu tun. Aber immerhin: es heisst die Tat und die Täterin.

Als Zwischenschritt empfehlen wir die «geschlechtsneutralen» Formulierungen.

Feuerwehrleute ist viel besser als Feuerwehrmänner. Assistenz statt Sekretärin. Selbstverständlich Reinigungskraft statt Putzfrau. Ganz wichtig auch: Fahrerlaubnis statt Führerschein!