Gerüchteküche «Republik»

Zwischen Tamedia und dem Online-Magazin herrscht schon länger bissiger Kriegszustand.

Die «Republik» versuchte, sich mit einer ihrer gefürchteten ellenlangen Fortsetzungsgeschichten an Tamedia abzuarbeiten. Sozusagen im Schrotschussverfahren. Dann verbrach Daniel Ryser ein Schmierenstück über eine angebliche «Zerstörungsmaschine», die über eine streitbare und hasserfüllte Kämpferin gegen Hass und Hetze hereingebrochen sei. Ein Schrottschussverfahren.

Er betrat dabei journalistisches Neuland für einen Recherchierjournalisten, in dem er zwar jede Menge Gerüchte kolportierte, aber allen namentlich genannten Protagonisten seines Artikels keine Gelegenheit zur Stellungnahme einräumte. Als ZACKBUM freundlich nachfragte, wieso und gleichzeitig fragend auf einen ganzen Stapel von Ungenauigkeiten, Schludrigkeiten und sogar Fake News hinwies, blieb Ryser stumm.

Nun köcheln gleich zwei «Republik»-Redaktoren ein Süppchen auf der Entlassung des «Tages-Anzeiger»-Redaktors Kevin Brühlmann. Steife These: «Aus politischen Gründen?» Fragezeichen sind immer gut, wenn man austeilen will, aber nicht sicher genug ist, das im Indikativ zu tun.

Während bisher davon ausgegangen wurde, dass es Brühlmann die Stelle kostete, weil er ein eher verunglücktes Porträt über eine Zürcher Stadtratskandidatin schrieb, behaupten Dennis Bühler und Carlos Hanimann: «Ein Zürcher Reporter fällt bei Verleger Pietro Supino in Ungnade und verliert seine Stelle. Die Redaktion reagiert mit einem geharnischten Protestbrief.»

Darin habe die Redaktion die Wiedereinstellung Brühlmanns gefordert und verlangt, dass auch die in der Hierrachie obendran stehenden Mitarbeiter, die den Artikel durchwinkten, sanktioniert werden müssten. Es seien immerhin fünf gewesen. Der Brief sei, man erinnert sich an einen anderen Protestbrief, von 71 Mitarbeitern unterzeichnet worden. «Der Wortlaut des Briefs ist der Republik bekannt.» Das ist eine sehr interessante Formulierung, weit entfernt von der Aussage: der Brief liegt der «Republik» vor.

Der Blitz Supinos habe eingeschlagen, vermutet die «Republik»

Obwohl laut «Republik» im Brief Beschwerde geführt werde, dass es nicht anginge, dass ein Redaktor wegen eines einzigen Fehlers entlassen werde, vermuten die Recherchierkünstler – ohne sich des Widerspruchs bewusst zu werden – dass Brühlmann schon letztes Jahr den «Groll von Verleger Supino auf sich gezogen» habe, als er einen Artikel über die Baugarten-Stiftung veröffentlichte.

Der sei von Co-Chefredaktor Mario Stäuble bestellt, für gut befunden und publiziert worden. Aber dann:

«Gemäss mehreren gut unterrichteten Quellen habe sich Stäuble nach der Publikation in einer Sitzung mit allen Chef­redaktoren der Tamedia-Zeitungen und in Anwesenheit von Verleger Pietro Supino lange und ausführlich für die Recherche seines Reporters entschuldigt und für das eigene Versagen gegeisselt.»

Auch Brühlmann sei auf Intervention von Supino dazu gezwungen worden, sich bei Baugarten zu entschuldigen, will die «Republik» wissen. Nun ist es gerade bei ihr mit den «gut unterrichteten Quellen» so eine Sache. Die haben regelmässig ins Desaster geführt; Stichwort «Globe Garden», Stichwort «ETH» Stichwort weitere «Skandale» die auf solchen Quellen aufgebaut wurden – und kläglich verröchelten.

Hier kommt noch erschwerend hinzu: Der Artikel über die Stadtratskandidatin mit jüdischen Wurzeln ist tatsächlich teilweise verunglückt. Auf der anderen Seite hat die Porträtierte die Entschuldigung akzeptiert, den Fall für erledigt erklärt. Nur Katastrophen-Sacha ritt eine Attacke auf den «Stürmer von der Werdstrasse», mit der er sich selbst einmal mehr disqualifizierte.

Was Anlass zu Zorn geben könnte, ist nicht ersichtlich

Im Fall des Artikels über die Stiftung wird aber auch bei sorgfältiger Lektüre nicht klar, worüber sich da jemand hätte echauffieren können – und womit der Journalist den Groll Supinos auf sich gezogen haben könnte. Der Artikel ist sorgfältig recherchiert, scheint keine Fehlinformationen zu enthalten und erzählt, abgesehen von ein, zwei kleinen Schlenkern in die Vergangenheit des Stiftungspräsidenten als CEO von Holzim, faktenbasiert, unpolemisch die Geschichte einer der wohl bedeutendsten privaten Geldgeber Zürichs nach.

Es könnte vielleicht sein, dass sich Baugarten gewünscht hätte, nicht so öffentlich exponiert zu werden. Auf der anderen Seite ist es ja kein Geheimclub mit düsteren Aufnahmeritualen in dunklen Kellern. Im Gegenteil, sie verfügt sogar über eine eigene Webseite mit durchaus vorhandenen Informationen und Auskünften.

Schwacher Vorwurf, schweife in die Vergangenheit

Wenn der Hauptvorwurf nur sehr wolkig begründet werden kann, gehört es zu den ältesten Maschen, Parallelbeispiele aufzuzählen. Da fällt der «Republik» ein Artikel aus dem Jahr 2018 ein. Da drosch Philipp Loser unanständig, ohne die primitivsten journalistischen Benimmregeln einzuhalten und genauso unfundiert wie hier die «Republik», auf den Tamedia-Konkurrenten Hanspeter Lebrument ein.

Interessant war, dass auch dieses Schmierenstück durch alle hochgelobten «Qualitätskontrollen» durchrutschte. Dass es dann gelöscht wurde und Loser bei Lebrument zu Kreuze kriechen musste, war eigentlich selbstverständlich. Zudem überlebte Loser diesen Riesenflop. Leider.

Weiter ein von Supino der eigenen Redaktion gewährtes und dann zurückgezogenes Interview, eher ein Kuriosum und keine weitere Belegstelle für unziemliche Einmischung. Dass Supino tatsächlich stark intervenierte, um die gescheiterte Medienmilliarde zu unterstützen, das erwähnt die «Republik» lustigerweise nicht. Wohl weil sie auch dafür war.

Dann kommt noch die Uraltgeschichte der Entlassung von Chefredaktor Viktor Schlumpf anno 1991. Nach dieser sehr, sehr dünnen Suppe kommen die Autoren ohne jegliche Begründung zum Schluss:

«Der bissige Ton in Brühlmanns Text über die Baugarten-Stiftung wurde ihm zum Verhängnis.»

Wer in diesem Stück einen «bissigen Ton» entdeckt, hat wohl auch Angst vor einem Chihuahua, wenn der unter seinem rosa Mäschlein aus der Handtasche seiner Besitzerin kläfft.

Vorsicht, bissiger Ton.

Dass bei Tamedia bezüglich Qualitätskontrolle einiges im Argen liegt, ist offenkundig. Dass das auch bei der «Republik» der Fall ist, ebenfalls. Zudem vermisst man ein selbstkritisches Stück, wieso denn vom Chefredaktor abwärts weitere führende Redaktoren das Blatt verlassen. Wäre doch auch mal interessant zu wissen.

 

Obduktion der «Weltwoche»

Aktuelle Ausgabe im Schnelldurchlauf.

Was bekommt man für immerhin 9 Franken am Kiosk? Mit Bonus 84 Seiten im A4-Format. Das ist die Form, was ist der Inhalt der «Weltwoche»*?

Der zerfällt sozusagen in mehrere Teile. Da hätten wir mal den aktuellen Politteil, in dem SVP-Nationalrat Roger Köppel toben lässt. Bundespräsident Cassis wird auf dem Cover kurzerhand zum «gefährlichsten Politiker der Schweiz» ernannt.

Was gefährdet der denn genau? Er «verstrickt die Schweiz ohne böse Absicht in fremde Händel». Wie das? Ach, der mögliche Eintritt in den UN-Sicherheitsrat. Aber Hilfe naht, wie immer, wenn das Vaterland in Gefahr ist. Die SVP habe eine Sondersession erwirkt und fordere den Bundesrat auf, die Bewerbung zurückzuziehen.

Aber, leider, leider, die Genossen und die Grünen seien natürlich «ganz wild» auf den Sicherheitsrat, die FDP verweigere der Notrettungsaktion der SVP auch die Unterstützung. Bleibt die bange Frage an Bundespräsident Cassis:

«Wird er das Himmelfahrtskommando stoppen?»

Wohl nicht, befürchtet die «Weltwoche», dabei könnte es doch so einfach sein. Brief schreiben, auf Bewerbung verzichten, und schwupps: «Aus Cassis, dem gefährlichsten Politiker der Schweiz, würde mit einem Federstrich der weitsichtigste Staatsmann des Landes

Ziemlich verstiegen, diese Anhäufung von Anschuldigungen mit leicht kreischigem Oberton. Himmelfahrtskommando? Kaum Überlebenschance? Viele Verwundete und Tote auf dem Weg in den Himmel? Echt jetzt?

Das ist nun Politberichterstattung mit Schäufelchen und Eimerchen aus dem Sandkasten, wo Kuchen gebacken werden. Im Vorbeilaufen werden noch in dieser Reihenfolge der kanadische Premier, Simonetta Sommaruga und Micheline Calmy-Rey abgewatscht. Sozusagen der wöchentliche Rundlauf.

Wo ist im Politteil die gute Laune?

Nicht viel von der guten Laune zu verspüren, die Chefredaktor Roger Köppel neuerdings unermüdlich anmahnt. Die kommt dann beim Artikel «Tiere sind Kapitalisten» auf. Hier lernen wir, dass auch die Hummel ein «konsequentes Zeit- und Energiebudget» verwalte. Da können sich die Bienen noch eine Honigscheibe von abschneiden.

Es gibt wie immer eine Reihe von Trouvaillen, die die vorhersehbare Politschimpferei abtemperieren. So kann man traurig lesen, dass der Guide Michelin, seit vielen Jahrzehnten die erste Adresse für die Bewertung von Hotels und Restaurants, seine Dienste teilweise einstellt und nur mehr digital verfügbar sein wird. Ein trauriger Tag für alle, die von ihm fehlerfrei und tadellos beraten wurden.

Dazu gehört auch ein Fundstück von Christoph Mörgeli aus dem Wirken von Gottfried Keller, der sich über die Behandlung eines Direktors der Zürcher Irrenanstalt echauffierte, dem damals schon in den Medien nachgerufen wurde: «Werft ihn ‘naus, den Juden Itzig.» Eine Sternstunde des «Weinländer», der eigentlich kein antisemitisches Klischee ausliess. Dagegen verfasste Keller ein flammendes Plädoyer «Die öffentlichen Verleumder». Spannend.

Es folgt ein echter Belastungstest

Dann kommt ein Stück, bei dem man wieder bedauert, dass die «Weltwoche» einen Chefredaktor hat, der gleichzeitig der Verleger, Herausgeber und Besitzer ist. Denn nur so ist es zu erklären, dass ein Interview mit dem abgehalfterten Klaus von Dohnanyi mit ganz grosser Kelle angerührt und eingeschenkt wird. Peinlich, wie hier offensichtlich flache Sprüche demutsvoll entgegen genommen werden: «Ich lese viel Geschichte, weil ich überzeugt bin, dass die Geschichte ein mächtiger Faktor in der Gegenwart ist.» Hammererkenntnis, aber es geht noch weiter: «Das gilt auch für die Schweiz.»

Welche Tiefe des Gedankens, welche Luzidität, welche Eloquenz in der Formulierung. In Wirklichkeit hat Dohnanyi nie verwunden, dass er sich eigentlich gerne wie Helmut Schmidt in der Rolle des Elder Statesman gesehen hätte, aber damit ziemlich alleine blieb. Denn es fehlte und fehlt ihm zwar nicht an Gehabe, aber an Format.

Aber wo Schatten ist, da ist auch Licht. Die Rubrik «Literatur und Kunst», nicht etwa nur betreut, sondern herausgegeben von Daniel Weber, beinhaltet ein Vielfaches an Anregung, Unterhaltung und Erkenntnisgewinn als die Durststrecke Interview mit Dohnanyi.

Dann folgen, ein Auf und Ab, wieder einige Seiten, die man für Vernünftiges verwenden könnte. «Leben heute» versammelt Abgehangenes. Mark van Huissling zitiert allen Ernstes aus einem eigenen Werk von 2013, als wäre da noch etwas zu verramschen. Linus Reichlin stellt eines seiner Zuckerwattestücke her. Elegant geschrieben, schmeckt, aber ist eigentlich nichts mehr als viel, viel Luft.

Claudia Schumacher, das kann jetzt als frauenfeindlich angesehen werden, nimmt jede Woche an einem Vierkampf teil. Sie, Dania Schiftan, Anabel Schunke und Tamara Wernli wetteifern darum, bei wem sich beim Leser am schnellsten das Gefühl einstellt, in ein nasses Handtuch zu beissen. In dieser Ausgabe ist’s ein Fotofinish.

Die Gesamtbeurteilung mit Augenmass

Wir wollen weise und gerecht bleiben: Die «Weltwoche» ist jede Woche eine Wundertüte. Gefüllt mit kleinen Knallern, grossen Petarden, einigem an Denknahrung, aber auch Ausflügen in die Flachlande der biederen Parteipolitik. Vieles ist elegant geschrieben, einiges brillant, manches ist ärgerlich überflüssig.

Der Dirigent des Chaosorchesters schwingt mit beeindruckender Energie den Taktstock, und verausgabt sich täglich mit wie Videocasts, abgesehen von all seinen sonstigen Aktivitäten. Einem solchen Energiebolzen kann man schwer Widerstand leisten, selbst wenn er nicht auch noch der Besitzer mit der Lizenz zum Töten wäre, also zum Entlassen. Dass sich Köppel ungeheuerlich engagieren kann, begeistern, losgaloppieren, spricht ungemein für ihn. Zudem man auch erste Anzeichen von Altersweisheit oder zumindest –milde zu beobachten meint.

Dem würden Sie sicher eine WeWo abkaufen: Roger Köppel.

Aber dann fehlt es wieder an Checks and Balances. Gibt es einen fatalen Hang zu Blubber-Königen wie Steve Bannon, der inzwischen nicht mal mehr mit Provokationen auffällt. Oder zu einem Dohnanyi, der für sein Alter tatsächlich noch recht kregel ist, aber das sollte noch lange kein Grund sein, ihm eine vielseitige Medizinstrecke für Schlaflose zu widmen.

Aber jede Woche ist eine neue Woche, und es gibt wohl kaum einen Chefredaktor, der so unermüdlich und mit sichtbarem Vergnügen ankündigt, dass die aktuelle Ausgabe mal wieder ganz besonders gut gelungen sei. Es liegt leider auch an der Konkurrenz, dass er damit – relativ gesehen – eigentlich fast immer recht hat.

 

*Packungsbeilage: René Zeyer veröffentlicht gelegentlich in der «Weltwoche».

Blöder Sonntag

Womit füllt man die Sonntagsblätter, wenn man das Abstimmungsresultat noch nicht kennt?

Das ruft nach unserer beliebten Fotoromanza, denn viel inhaltlich Beachtliches lässt sich an diesem 13. Februar nicht lesen.

Beginnen wir mit der «Sonntagszeitung». Woran merkt man, wenn wirklich nur saure Gurken geboten werden können? Man macht mit einem Interview mit einer nach Öffentlichkeit gierenden Alt-Bundesrätin auf, die ihren Namen hier sicher gerne lesen möchte. Und mit einer Blödelschlagzeile:

Saure Gurke, die Fortsetzungen. Macho-Sprüche und anzügliche Bemerkungen unter Journalisten sind schon durch, in der Gesellschaft allgemein, in Hollywood im Speziellen auch. Geht da noch einer? Aber klar:

Saure Gurke, die Fortsetzung:

Fortsetzung:

Fofofo…

Wir haben’s kapiert, daher zum Schluss ein neuer Beitrag zum Thema «Eigeninserate, die den Leser ratlos zurücklassen»:

Wir finden heraus und wechseln zum «SonntagsBlick».

Früher einmal, ja früher, da hätte sich das Boulevard-Blatt für ein solches Cover in Grund und Boden geschämt:

Das war früher, heute ist das noch steigerbar. Man prügelt schon vor Kenntnis des Abstimmungsergebnisses auf die Kampagne ein, an der man doch selbst beteiligt war:

Selbstkritik? Was ist das, wo gibt’s das, wie kann man das gar nicht erst mal ignorieren? Stattdessen ein weiteres, lustiges Eingeständnis, wie unfähig man selber war. Ja, damit ist auch Reza Rafi gemeint, natürlich. Der muss nämlich die «Republik» zu Hilfe nehmen. Die habe untersucht, welchen Journalismus denn die Gegner der Medienmilliarde betrieben. Und habe zum Beispiel herausgefunden, dass «Die Ostschweiz»* sich mit «abenteuerlichen Thesen über das Virus» und einen «missglückten Genozid-Vergleich profiliert» habe. Das ist ungefähr so tiefschürfend, wie die Ansichten von Rafi anhand seiner Frisur zu beurteilen.

Nun aber im Ernst, was hat der SoBli denn an Tiefgang, interessanten News, Enthüllungen, knalligen Storys zu bieten? Räusper, nun ja, wir haben gesucht. Und gesucht. Und gesucht. Und nur das hier gefunden:

Wollen wir das Geheimnis hier lüften? Nein, darum wollen wir einen Kriminaltango machen. Nur so viel: Er fand ein wässriges Grab …

Aber nun, die Rettung, das Highlight, vorbildlich, Tiefgang, grosse Denke, souveräne Themensetzung, abgeklärte Behandlung, kenntnisreiche Analyse. Ach, Sie vermuten all das in der NZZamSonntag? «You dreamer, you», würde Magdalena Martello Blocher sagen.

Der Tagi setzt auf den 15. Februar als Tag des Kriegsbeginns. Da sind wir mal gespannt. Der unrasierte, streng blickende Herr rechts ist übrigens Jonathan Franzen. Der wird zwar von Werk zu Werk schlechter, ersetzt das aber durch Umweltaktivismus. Trifft sich doch gut für den neuen «grünen Bund» der NZZaS. Und da soll noch einer sagen, alte Tanten gingen nicht mit dem Zeitgeist. Oder schlurften ihm wenigstens hinterher.

Hast keinen Primeur, mach einen in eigener Sache:

Ist das der gleiche Franzen, der auch schon …? Ja, ist er. Nur ist er hier gezeichnet, das macht dann schon einen Unterschied.

Macht die neuste Medienkritik der Alleskritisiererin und Nichtskönnerin Aline Wanner einen Unterschied zu ihren Vorgängern? Nicht wirklich:

Die Talks seien dann so bescheuert, dass sie Stefan Raab für sein «Nippelboard» hätte verwenden können. Leider wird Wanners Medienschelte nicht verfilmt. Noch nicht, steht zu befürchten.

Geht hier noch einer? Na ja, Nicole Althaus schreibt über Menopause-Probleme – nicht. Sondern über ihr Zusammenleben mit ihrer Tochter. Das ist fast so interessant wie der Farbe an der Wand beim Trocknen zuzuschauen. Nur entschieden weniger lustig.

Wir gestehen, nach diesem Stück sind wir in eine Art Dämmerzustand verfallen, schreckten nur hier nochmal kurz auf:

Dann fiel uns glücklicherweise ein, dass es sich wohl um ein Inserat handeln dürfte. Das war’s dann, mit der Lektüre der NZZaS.

 

*Packungsbeilage: René Zeyer schreibt regelmässig für die «Ostschweiz».

«Tippinpoint» legt los

Diskret, unaufgeregt, kompetent: eine neue Stimme in der Finanzberichterstattung.

Man kann  auf die Trommel schlagen, grosse Sprüche machen, unglaublich wichtig tun. Oder man kann die Kunst des Understatements pflegen. Dem hat sich «Tippinpoint» aus dem Hause Beat Schmid verschrieben.

Ein diskreter Hinweis, dass man jetzt online sei. Nun der erste Newsletter, dass man sich eine Woche nach Start «für die vielen aufmunternden Reaktionen» bedanke. Und mit dem Gefäss «Unorthodox» setzt «tippinpoint» gleich neue Massstäbe.

Eine unaufgeregte, brutale Analyse der Probleme der Credit Suisse – mitsamt Lösungsvorschlägen. Dazu hat man eine «Sum of the parts Valuation» gemacht. Konkret, man ist der Frage nachgegangen, wieso die CS an der Börse für die Hälfte des Buchwerts gehandelt wird, was eigentlich ein Riesenskandal ist.

Bei diesem Modell werden die einzelnen Teile der Bank mit einem Aktienwert versehen und daraus die Summe gebildet. Logische Schlussfolgerung: der Verkauf der Investmentbank, selbst für einen symbolischen Franken, könnte sich heilsam auf den Aktienkurs auswirken. Um die Cost-Income-Ratio auf ein vernünftiges Mass zu senken, wäre eine Reduktion der Saläre um 20 bis 30 Prozent empfehlenswert. Dann läge das Verhältnis, wie viel Geld man ausgeben muss, um Geld zu verdienen, wieder unterhalb von turmhohen 83 Prozent.

Schliesslich empfiehlt «Tippinpoint», die unselige, wieder aufgewärmte Verzweiflungstat von «Cash-Boni» wieder abzuschaffen. Heutzutage werden Boni immer häufiger in Form von Anteilsscheinen am Unternehmen bezahlt. Damit hat der Bonusempfänger «skin in the game», wie man im Fachjargon sagt. Sein Gewinn hängt von der Entwicklung des Aktienkurses ab, mit Sperren ist er zudem verpflichtet, seine Aktien eine hübsche Zeitlang zu halten.

Cash-Bonus heisst hingegen: Geld her und weg. Nach der Auszahlung gibt es keinen zusätzlichen Grund für den Banker, sich anzustrengen oder an Bord zu bleiben.

Ergänzt wird die Kolumne «Unorthodox» um eine Analyse des gestörten Verhältnisses zwischen Aktionären und der Bankführung.

Eine neue, bereichernde Stimme in der Wüste

Die Medienlandschaft der Finanzberichterstattung ist um eine Oase erweitert worden. Wir haben die wenigen überlebenden Finanzblätter wie «F&W» oder «Handelszeitung». Wir haben den Dampfer NZZ, wir haben die bis zur Lächerlichkeit kaputtgesparten Wirtschaftsredaktionen von Tamedia, CH Media und «Blick». Wir haben den Einzelkämpfer Lukas Hässig, der mit seinem «Inside Paradeplatz» im Alleingang mehr Skandale aufgedeckt hat als die versammelte Schnarchpresse.

Der pflegt dabei die Kunst des Zweihänders, den er gelegentlich auch mit dem Morgenstern ersetzt. Schmids «Tippinpoint» hat sich dagegen dem Florett verschrieben, mit dem aber nicht gefuchtelt wird, sondern feine, aber tödliche Stiche versetzt werden.

Alles gut? Fast. An den Titel muss man sich wohl zuerst noch gewöhnen, da hätte längeres Nachdenken vielleicht noch Besseres zutage gefördert. Überhaupt ist ein gewisser Hang zu Anglizismen unverkennbar. Das ist im Banglish-Gequatsche so, muss aber nicht unbedingt übernommen werden.

«Sum of the Parts», «sophistiziert», «Back-of-the-Envelope-Berechnung», «Cost-Income-Ratio», «Ownership», «skin in the game»,

das muss doch alles nicht sein. Dass hier Könner für Kenner schreiben, das kann man auch auf Deutsch unter Beweis stellen.

 

 

Papagei Tamedia

Leser als Masochisten? Sie zahlen, um gequält zu werden.

Beim Thema Ukraine gibt es deutsche Blickwinkel und Schweizer. Die unterscheiden sich überraschenderweise deutlich.

Es gibt auch innerhalb Deutschlands verschiedene Meinungen zur Frage, wie massiv oder gar militärisch sich Deutschland dort engagieren soll. Nicht nur aus historischen Gründen, sondern auch wegen wirtschaftlichen Verflechtungen, Stichwort Gaspipeline Nordstream 2.

Womit wir beim ehemaligen deutschen Bundeskanzler Gerhard Schröder wären. Der wechselte vom Kanzleramt recht nahtlos in den Aufsichtsrat der russischen Nord Stream AG. Und nun wurde bekannt, dass er dieses Mandat um eine gleiche Position bei Gazprom erweitern wird.

Das ist der grösste russische Konzern, zudem nicht gerade staatsfern. Zu all dem hat die «Süddeutsche Zeitung» eine klare Meinung. Mit dem Zitat «Unangenehm und geschmacklos» überschreiben die beiden Berlin-Korrespondenten der SZ ihren Artikel vom 4. Februar.

Am 6. Februar dürfen die Abonnenten der Tamedia-Blätter lesen: «Gerhard Schröder hat leider Halt und Anstand verloren». Das ist der haargenau gleiche Artikel der gleichen Autoren, lediglich das Zitat bei der SZ wurde durch das Zitat des CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz ersetzt.

Worin bestand sonst noch die Arbeit der Tamedia-Auslandredaktion? Anderes Schröder-Bild genommen, Lead leicht angepasst, im Lauftext zwei, drei allzu innerdeutsche Keifereien gestrichen. Natürlich nicht das Kurzitat von Schröder, dass er Forderungen nach deutschen Waffenlieferungen an die Ukraine als «Säbelrasseln» kritisierte.

Was man alles kann, wenn man deutsche Leser in Deutschland füttert

Man kann den Bundeskanzler der ruhigen Hand, der sich immerhin einer deutschen Teilnahme am Irak-Desaster der USA verweigerte, nun als geldgierigen und skrupellosen Altpolitiker anrempeln. Man kann auch der Leserschaft ausführlich referieren, was politische Opponenten der SPD und Gegner des Ex-Kanzlers alles so erzählen.

Man kann auch folgenden historischen Exkurs machen:

«Schaut man genauer hin, dann ist die Lage für Scholz und seine SPD heute sogar schlimmer als 2005. Damals war Schröders Wechsel vom Kanzler zum Lobbyisten vor allem ein innersozialdemokratisches, vielleicht auch ein innerdeutsches Problem. Diesmal schaut die ganze Welt zu, wie die neue deutsche Regierung sich gibt.»

Man stellt fest, dass der Deutsche es bis heute liebt, sich im Gefühl zu sonnen, dass die «ganze Welt» zuschaue, wenn im Berliner Provinztheater auf der Bühne etwas geholzt wird.

Aber es stellt sich anhand dieses Beispiels mal wieder verschärft die Frage, wozu eigentlich ein Abonnent des «Tages-Anzeigers» (oder eines der vielen Kopfblätter) Geld dafür ausgeben soll, um mit innerdeutschen Meinungen über innerdeutsche Konflikte behelligt zu werden. Der Schnarch-Verlag Ringier hält sich aus dieser Debatte wohlweisslich heraus, weil dort Schröder immer noch als «Berater» auf der Payroll steht.

CH Media hingegen leistet sich zwar nur zwei Auslandredaktoren, dafür aber noch ein paar Korrespondenten. Daher berichtet Christoph Reichmuth aus Berlin und eher aus Schweizer Perspektive. Währenddessen kümmert sich der Berliner Korrespondent von Tamedia, Dominique Eigenmann, gezwungenermassen um den Polizistenmord, der nun aber, bei aller Tragik, ebenfalls ein sehr deutsches Thema ist.

Wenn die Sauce in die Sauce schwappt

Die Sauce der Süddeutschen schwappt ja in der Einheitssauce von Tamedia inzwischen auch in andere Bereiche wie Gesellschaft oder Kultur. Lediglich Nationales oder Schweizerisches wird noch aus eigenen Kräften bestrahlt. Allerdings nicht immer mit glücklicher Hand, wie die Entschuldigungsorgie wegen eines verunglückten Politikerporträts beweist.

Rund zwei Stutz pro Tag kostet die Zudröhnung mit allem, was Tamedia zu bieten hat. Ist nicht alle Welt, läppert sich aber doch.

Daraus entsteht dann ein putziges Problem, wie der Deutsche sagen würde. Weil Tamedia seine Leser zunehmend quält  und nicht allzu viele bekennende Masochisten sind – nimmt die Zahl der Zahlungswilligen kontinuierlich ab. Dadurch nimmt die Qualität des Gebotenen kontinuierlich ab.

Wobei dann eins zum anderen führt. Es gäbe nun zwei Auswege, eigentlich drei.

  1. Das Produkt mangels kostendeckender Nachfrage einstellen
  2. Das Produkt attraktiver machen, um die Nachfrage zu steigern
  3. Staatshilfe erbetteln

Variante eins wäre der Weg der Textil- und Schwerindustrie in der Schweiz. Konnte man sich in der Ostschweiz, in Winterthur und Zürich nicht vorstellen. Inzwischen erinnert sich kaum noch einer dran, dass in Maschinenhallen mal etwas anderes existierte als schicke Kultur- und Gastronomieangebote.

Variante zwei wäre das, was die wenigen Überlebenden der damaligen Zeitenwende taten. Das bedeutete aber, den Finger aus gewissen Körperöffnungen zu nehmen, Guzzi zu geben und innovativ zu werden.

Variante drei wurde damals auch versucht, allerdings glücklicherweise erfolglos.

 

Olympia: läuft

China-Bashing war gestern, jetzt ist Spiel, Sieg und Jubel.

Sicher haben wir die Uiguren nicht vergessen. Hongkong. Taiwan. Totale Sozialkontrolle. Ganze Städte unter Quarantäne und mit Ausgangssperre. Parteidiktatur. Diktator auf Lebenszeiten. Unterstützung aller Unrechtssysteme der Welt, solange es ökonomischen Interessen dient. Neokolonialismus via Kredite und anschliessendem Ausverkauf.

Aber he, jetzt ist Sport. Wer rutscht auf zwei Brettern am schnellsten einen Hang runter? Schiebt komische Steine übers Eis? Vermeidet es, in Stangen reinzufahren? Springt am weitesten über eine Schanze? Riskiert im Bob sein Leben? Drischt einen Puck am häufigsten ins Netz?

Das sind die Fragen, die nun die Medien bewegen, da müssen knallhart Prioritäten gesetzt werden. Schliesslich ist Corona schwer auf dem absteigenden Ast, da darf es keinen Phantomschmerz geben. Also zeigt ZACKBUM mal wieder einen bunten Strauss der variantenreichen Berichterstattung, deren Vielfalt unbedingt mit einer Steuermilliarde unterstützt werden muss:

Tamedia geht ganz nah.

«20 Minuten» bleibt bei den üblichen Sportfotos.

«Blick» fällt wie meist nichts Spezielles ein.

CH Media schiebt die Berichterstattung immerhin an den rechten Rand.

Nichts Neues von der NZZ.

Für einmal fällt nicht mal «watson» ab.

«Blue News» konzentriert sich aufs Wesentliche.

Wer eins gesehen hat, hat alle gesehen. ZACKBUM regt die Einrichtung einer einzigen Zentral-Sportredaktion an. Synergie, Kompetenz, Verdichtung, mehr Content. Mit weniger Redaktoren!

NZZaS: scharf beobachtet

Wir meinen zu wissen, was nicht drinsteht. Schauen wir uns an, was schon.

Gross angekündigt auf der Frontseite: eine Reportage von Peter Hossli. Also doch. Endlich. Der Höhepunkt eines Bundesrats-Porträts. Reingefallen: das Werk nimmt als dünnen Aufhänger, dass in Zürich höhere Hochhäuser gebaut werden sollen.

Viel Turm um nichts.

Darüber denkt zumindest das Hochbauamt nach. Wahnsinn. Konkret bedeutet das: vielleicht. Vielleicht noch zu unseren Lebzeiten. Nachdem in rund 25 Jahren die letzte Einsprache vom Bundesgericht abgeschmettert wurde. Im besten Fall.

Das NZZaS-Cover schmückt daher der Burj al Arab. Der ist allerdings 322 Meter hoch; in Zürich sollen möglicherweise, unter Umständen, so als Idee Bauwerke bis 250 Meter zugelassen werden.

Vielleicht etwas überhöht, diese Story. Aber faktentreu; den Bericht des Amts scheint’s zu geben. Obwohl der vom «Tages-Anzeiger» veröffentlich wurde.

Leider noch mehr Bad News von der NZZaS

Also eher Bad News von der NZZaS. Noch mehr davon: «Autorin» Patti Basler werde «Kolumnistin». Die Dame versteht sich selbst als «Satirikerin» wobei die Frage ist, ob sie dieses Wort versteht. Zur Burka-Initiative äusserte sie sich auf jeden Fall völlig sinnbefreit: «Eigentlich müsse man doch verbieten, dass Männer Frauen Kleidervorschriften machen dürfen. «Aber stattdessen will man Frauen verbieten, wie sie sich kleiden».»

Kürzlich machte sie mit «Penissimo» peinlich auf sich aufmerksam. Damit nicht genug, als das kritisiert wurde, keifte sie zurück:

«Wer dies missversteht, handelt entweder ignorant oder bewusst hetzerisch. Schade, dass du als Journalist hier zynische Satire betreibst und ich als Satirikerin die Fakten erklären muss.»

Verstand auch niemand so richtig. Das gilt übrigens auch für ihre erste Kolumne. Da geht es um eine Entenmutter, Erpel und Raben. Bei der Lektüre denkt der sexistische Leser: Herr, meinetwegen auch Herrin, lass Hirn vom Himmel regnen.

Gibt’s auch was Nettes zu beschreiben? Nun ja, der Besuch bei Panzern auf einer Touristeninsel vor Schweden ist zumindest eine launige Reportage. Zwar ohne grossen Erkenntniswert, aber schön, dass wir wissen, dass es Gotland wirklich gibt.

Manchmal blitzen Lichtblicke im Dunklem auf

Das Interview mit dem Chef des US-Think Tanks Carnegie in Moskau beweist, dass es auch intelligente und interessante Analysen zum Ukraine-Konflikt gibt. Zudem ist Dmitri Trenin der lebende Beweis, dass man dort durchaus Kremlkritisches sagen kann («Russland ist eine Autokratie, geführt von einem Zaren»). An dieser Doppelseite kann man höchstens, mit Nachdruck und wiederholt meckern, dass es nun wirklich kein Riesenfoto eines Putins am Schreibtisch, im Gespräch mit US-Präsident Biden, braucht.

Die Seite «Meinungen» ist sicherlich der absolute Tiefpunkt der Ausgabe. Neben Basler vertreten sich hier der Pensionär Felix E. Müller und die «Chefredaktorin Magazine» Nicole Althaus (53) die Füsse. Ihr Alter muss wenig galant erwähnt werden, weil sie sich Gedanken zu Schauspielerinnen macht, die «the last fuckable day» hinter sich hätten. So launig zitiert sie eine US-Komikerin zum Thema «Frauen nach Menopause». Probleme gibt’s.

Müller hingegen setzt seinen Feldzug gegen «rechte Medien wie «Inside Paradeplatz», «Weltwoche», «Nebelspalter» oder «Ostschweiz»*» fort. Für die sei das mögliche Ende der Pandemie eine schlechte Nachricht, weil sie bisher von der «Opposition gegen die Corona-Politik gelebt» hätten.

Ist zwar Schwachsinn; ohne den Widerspruch zu seiner These zu bemerken, räumt Müller immerhin ein, dass die «Ostschweiz» im – Gegensatz zur NZZaS und eigentlich allen anderen Medien – Ende 2021 die regelmässige Berichterstattung über Corona eingestellt hat. Aber wieso sich eine dem Wunsch, nicht der Wirklichkeit entsprechende These von solchen Details kaputtmachen lassen.

Ach, Einfalt und Dummheit im Interview

Das grosse Doppelseiten-Interview im «Hintergrund» ist zumindest nicht so abgründig schlecht wie das Lobhudel-Porträt über eine Anwältin. Da es aber die gleiche Autorin hat, trägt die «österreichische Gerichtspsychiaterin», die «laut über Dummheit» nachdenke, nicht wirklich Intelligentes zum Thema bei. Rafaela Roth entlockt ihr lediglich eine Kette von Binsenwahrheiten («Wie merken wir, dass wir etwas Dummes tun?» – «Nachdenken ist immer gut»). Hätte das die Autorin doch nur getan, bevor sie mit Frauenbonus (Frau interviewt Frau, welcher männliche Vorgesetzte würde es wagen, das als zu flach abzulehnen?) diese intellektuelle Wüste ins Blatt rieseln liess.

Zudem weist ein aufmerksamer ZACKBUM-Leser zu recht darauf hin, dass vor genau drei Monaten die gleiche Psychiaterin zum gleichen Thema in der SoZ interviewt wurde. Da erhebt sich die Frage, wieso die NZZaS dieses Interview nicht einfach per copy/paste übernahm …

Nebenbei, wenn Hossli weiblich wäre, wer weiss, ob seine Berset-Schnüffelei nicht erschienen wäre.

Leider hat auch der sonst sehr stabile Daniel Meier einen kleinen Schwächeanfall, indem er sich als Royal-Experte outet und zum 70. Thronjubiläum der Queen (cheers!) die Verleumdung der Royal Family in Spielfilmen und Serien («Spencer», «The Crown») beklagt. Der alte Recherchierhase ging dabei der Frage auf den Grund, ob auf dem Landsitz von Sandringham bis heute eine alte Waage zum Einsatz käme. Die Frage ventilierte er mit diversen anderen Royal-Experten, die aber auch keine belastbare Aussage machen konnten.

Was bleibt? Natürlich, dranbleiben, an der «Medienstelle der königlichen Familie». Die ist sich Kummer gewohnt: «Mehrere Anrufe und E-Mails nach London sind nötig, um die schlichte Frage stellen zu können: Wird die Waage in Sandringham noch gebraucht

Bevor die Spannung des Lesers zum Herzinfarkt führt; Meier liefert die Antwort:

«Das ist nichts, zu dem wir uns äussern möchten.»

«Wissen» beweist mit einer Doppelseite «Und nach Omicron?», dass auch die NZZaS viel mehr unter dem Abgang dieses Themas leiden wird, als es sich Müller vorstellen kann. Vielleicht bemerkt dann das Sonntagsblatt wenigstens, wo echter Sparbedarf existiert.

Wir kommen kurz zum Höhepunkt

Für seine Verhältnisse eher locker vom Hocker berichtet die jugendfreie NZZaS über die Schreckensvorstellung vieler Männer: «Wenn das Ende auf dem Höhepunkt kommt». Denn:

«Menschen mit Herzproblemen können nach der Anstrengung beim Sex sterben».

Huch. Aber die NZZaS gibt gleich doppelt Entwarnung: «Den Spass im Bett muss sich aber niemand verderben lassen». Denn: «Plötzlicher Herztod nach dem Sex tritt sehr selten auf». Warum dann diese Leserschreckung? Um auch mal ein schlüpfriges, wenn auch dampfverhülltes Symbolfoto abdrucken zu dürfen?

Da dampft’s anzüglich aus dem seriösen Blatt.

Und die «Wirtschaft»? Genau, nichts Nennenswertes. Ausser, jemand interessiere sich noch dafür, dass nun selbst die streng vertraulichen Lohn- und Bonuszahlungen bei Raiffeisen öffentlich verhandelt werden können. ZACKBUM wird nächste Woche die Anfrage starten, ob man bitte schön die Konten samt Bewegungen und aktuellen Stand einiger ausgewählter Prominenten und Politiker bekanntgeben könne.

«Kultur» kommt hinten hoch, das Magazin auch 

«Kultur» schliesslich fängt mit einem mässig geschriebenen Zeitgeist-Stück über eine neue Modeerscheinung namens «Selbstsorge» oder knackiger «Sweet Selfcare» an. Aber wer da schon wegschnarcht, verpasst einen brauchbaren Nachruf auf Endo Anaconda und eine Hinrichtung der «Geld»-Ausstellung im Berner Historischen Museum.

Richtig Glück hatte das «NZZaS Magazin». Nach mehreren gebotenen Hinrichtungen erfreut es mit einer witzigen Reportage über «Dschingis’ letzten Kahn», die das Niveau dieses Kalauers hält.

Stimmung auf dem Mongolen-Kahn.

Man wusste, dass Sylvester Stallone überzeugt ist, dass er besser malt als schauspielert.

Da muss man ihm zustimmen (wenn man von «Copland» absieht). Und Mark von Huisseling zeigt, dass er die Investition des Galeristen und Stallone-Vertreters Mathias Rastorfer wert ist (kam «nebenbei erwähnt für meine Reise und Hotelübernachtung auf»). Denn den People-Journalisten trieb es nach Hagen (Ruhrgebiet), wo zum 75. Geburtstags des schauspielernden Malers eine «Retrospektive» stattfindet.

Dort wurde ihm ein Interview in der handgestoppten Länge von «10 Minuten und 48 Sekunden» gewährt. Ein begabter Schreiber füllt damit fast drei Textseiten.

Das Thema «Konsumkultur» wurde hingegen wieder dermassen blödel-blöd absolviert, dass wir dazu einiges sagen würden. Wären wir nicht durch das zuvor Gebotene milde und gnädig gestimmt.

Wer will sich damit wirklich zum Deppen machen?

 

*Packungsbeilage: René Zeyer schreibt mehr oder minder regelmässig in dreien davon.

Hilfe, mein Papagei onaniert

Auch sonntags. Die beiden Konkurrenzblätter im Schnelldurchlauf.

Man soll ZACKBUM nicht eine Fokussierung auf das einzige Intelligenzblatt am Sonntag vorwerfen können. Daher – für unsere Leser tun wir (fast) alles – die Höhepunkte aus dem «SonntagsBlick» und der «Sonntagszeitung».

 

Hä?

Hä?

Es folgen 21 Pandemie-Seiten, als hätte der SoBli wirklich Schiss, dass das Thema dann mal erledigt sei.

Hä?

Wir dachten, er habe am 21. Dezember 2021 angefangen.

Hä?

Wem das bekannt vorkommt: copy/paste ist immer besser als selbst recherchieren.

Hä?

Wenn man Angstschweiss in Buchstaben giesst, kommt so etwas heraus.

Hä?

Da will der «Sonntagszeitung»-Leser nun aber unbedingt hin. Massenweise. Echter Service.

Hä?

Die modebewusste Dame (auch für Non-Binäre und Diverse geeignet) trägt diese schmucke Verhüllung mit Perlenkette.

Hä?

Wie man ein Interview mit der frischgebackenen NZZaS-Kolumnistin Patti Basler führen kann, ohne sie zu fragen, ob sie ihren «Penissimo»-Schwachscherz immer noch lustig findet …

Hä?

Wenn aus Angstschweiss ein Inserat entsteht …

War das alles bei der SoZ? Leider ja. Ausser dem immer wieder gerne genommenen Thema, dass in Altersheimen Alte gequält werden. Aber das ist Januar-Loch im Februar.

«Die A…lochkarte gezogen»

In diesem Titelzitat ist die ganze Verlogenheit der Medien konzentriert.

Es ist Rampenverkauf im Fall Vincenz. Der Prozess biegt in die Zielgerade ein; nach kürzerer oder längerer Schamfrist wird das Urteil verkündet. Danach wird appelliert, man sieht sich so in einem Jahr vor dem Obergericht Zürich, dann vor dem Bundesgericht. Wer weiss, vielleicht auch noch in Strassburg.

Die Aufmerksamkeits- und Erregungskurve hat ihren Höhepunkt überschritten. Zum Urteil ist der Stehsatz schon geschrieben. Unterbietet es deutlich die für die Hauptangeklagten geforderten sechs Jahre Knast, dann hat der Staatsanwalt eine weitere Klatsche abgeholt.

 

Bleibt es im unbedingten Bereich oder liegt es nur unwesentlich unter dem Strafantrag, dann haben die Beiden ihre wohlverdiente Strafe gekriegt, wird zu wildem Spesengebaren und dem Schaufeln in den eigenen Sack ein Riegel geschoben.

Ist noch etwas nicht ausgeschlachtet worden?

Aber vorher muss noch weg, was man noch im Archiv hat. Das ist nicht mehr allzu viel, nachdem drei Jahre lang eigentlich jedes Dokument, das während der elend langen Strafuntersuchung zum Vorschein kam und sich skandalisieren liess, den Weg in die Medien fand.

Verklemmt ein Wort nicht ausschreiben,
aber ungehemmt aus vertraulichen Protokollen zitieren …

Also Höhepunkt die gesamte Anklageschrift, die schneller in der Presse war als bei den Angeklagten. Dass das alles dem Amtsgeheimnis unterliegt, ach ja, ein paar müde Ermittlungsversuche gegen unbekannt, pro forma und aussichtslos.

Dabei hätte eine Überwachung der Kommunikationsmittel einschlägig bekannter Journalisten genügt, um das Offenkundige zu beweisen. Da weder Lukas Hässig noch Arthur Rutishauser in die elektronischen Archive eingebrochen sind, wurden ihnen all die saftigen Trouvaillen zugesteckt.

Angefangen mit einer dubiosen Banküberweisung, die unter klarem Bruch des theoretisch immer noch existierenden Bankgeheimnisses ihren Weg zu «Inside Paradeplatz» fand. Erst viel, viel später bequemten sich die Strafverfolgungsbehörden, Untersuchungshandlungen deswegen zu imitieren.

Ene mene, mu, wer war’s?

Zudem sind die möglichen Quellen an drei Fingern abzählbar. Die Staatsanwaltschaft, was bei dem Ausmass der geleakten Dokumente sehr unwahrscheinlich ist und keinerlei Präzedenzfälle kennt. Dass der Staatsanwalt die Medien und vor allem Rutishauser dafür instrumentalisierte, immer wieder das baldige Ende der Untersuchung anzukündigen – bis das so lächerlich wurde, dass es fortan unterblieb – geschenkt. Aber Weiterleitung von beschlagnahmten Unterlagen? Ausgeschlossen.

Kenntnis davon hatten die Beschuldigten, inzwischen Angeklagten. Plus deren Anwälte. Dass hier ein Interesse vorhanden sein könnte, oberpeinliche Details von Spesenrittertum und fragwürdigem Geschäftsgebaren an die Öffentlichkeit zu bringen, kann man ausschliessen.

Bleibt der dritte Finger. Auch ein Privatkläger hat vollständige Akteneinsicht. Raiffeisen ist Privatkläger und hat mit Vincenz und Stocker auch noch zivilrechtlich ein paar Hühnchen zu rupfen. Aber natürlich gilt die Unschuldsvermutung, of course.

Nun räumt Arthur Rutishauser in der aktuellen «SonntagsZeitung» noch die letzten Reste aus seinem Archiv weg und zitiert ausführlich aus Abhörprotokollen von Telefonaten, die zwischen den Hauptbeteiligten und auch dem damaligen CEO von Raiffeisen geführt wurden.

Dass der Beitrag lausig redigiert ist, Tipp- und Orthografiefehler enthält, den Nachfolger von Vincenz als seinen Vorgänger adressiert – alles Indizien für die zunehmende Qualitätsverluderung bei Tamedia.

Ohne Wissen der später Angeklagten wurden im Februar 2018, kurz vor ihrer Verhaftung, die Telefone von Pierin Vincenz und Beat Stocker abgehört. Anlass dazu bot eine Strafanzeige, die die Kreditkartenfirma Aduno eingereicht hatte.

Der interne Knatsch bei Investnet

Wenn die Protokolle echt sind, wovon man ausgehen muss, zeichnen sie die Auseinandersetzung nach, die zwischen den Gründern von Investnet und dem in Ungnade gefallenen Vincenz stattfanden. Der war an der Firma beteiligt und Präsident des Verwaltungsrats.

Man wollte sich nun dringend von ihm trennen, während Vincenz frustriert feststellte, dass er ja die «Arschlochkarte gezogen» habe. Das sei auch so, bestätigte einer der Investnet-Gründer gegenüber Stocker.

Dann geben die Aufzeichnungen ein eigentlich übliches Gefeilsche wieder; Vincenz wollte 20 Millionen plus spätere Gewinnbeteiligung von 15 Millionen für seinen Ausstieg, Investnet wollte nur 10 Millionen zahlen. Dann wurde Druck aufgesetzt; das Angebot gelte noch 24 Stunden, dann sei Schluss. Vincenz lehnte ab und bestand auf mindestens 32 Millionen.

Eigentlich wollte er Anfang März sich ein, zwei Wochen Ferien in der Karibik und eventuell in Brasilien gönnen. Stattdessen wurden Vincenz und Stocker am 27. Februar verhaftet und blieben bis 12. Juni 2018 in U-Haft.

Das beendete das Gefeilsche sozusagen mit anderen Mitteln. Zudem sind die beiden bis heute mit Raiffeisen über Kreuz, dabei geht es um über 100 Millionen Franken. Hintergrund sind komplizierte Vertragswerke. Grundlagenirrtum, Aktionärsbindungsverträge, Juristenfutter satt.

Wo eigentlich die Musik spielt …

Aber auf diese Zusammenhänge wird kaum bis nie hingewiesen. Es siegt das fast kindische Vergnügen, immer wieder aus streng vertraulichen, durch das Amtsgeheimnis geschützten Dokumenten und Protokollen zu zitieren.

Immerhin, Rufschädigung findet dadurch nicht mehr statt; der Ruf von Vincenz ist vollständig und unwiderruflich ruiniert. Natürlich gilt für ihn – kicher, gröl, schenkelklopf – weiterhin die Unschuldsvermutung.

Für Rutishauser allerdings nicht. Nur macht das ihm nix.

Schwurbler Loser

Wie Konzernjournalist Philipp Loser kenntnislos aufgeknöpfte Atemlosigkeit herstellen will.

Es gibt das Kindergartenmittel des nachgestellten Ergänzungssatzes: «Alles endet hier. Im grossen Saal des Volkshauses in Zürich.» Ist doch viel dynamischer als: Im grossen Saal des Volkshauses endet alles. Aber ähnlich inhaltsleer.

Danach gab die TaWo den Geist auf …

Und weil Philipp Loser auf den Geschmack gekommen ist, geht’s gleich so weiter:

«Sie rufen laut durcheinander, die Journalisten mit ihren Mikrofonen und Kameras, alles vermischt sich, sie rufen in die dunkle Nacht, als sie ihn näherkommen sehen.»

Dann hat er noch das Stilmittel der Wiederholung auf Lager: «Alles endet hier.» Der Leser braucht Streichölzchen, um die Augenlider oben zu halten und fragt sich im Halbschlaf: was endet denn eigentlich hier? Guter Journalismus? Dummes Gequatsche?

Loser brilliert auch mit der Beschreibung modischer Details:  «Er hat einen Knopf zu viel offen an seinem weissen Hemd, er trägt ein Sakko. Über seiner Schulter eine Umhängetasche, die viele sportliche Rentner in seinem Alter tragen (an diesem Tag übrigens auch Lukas Hässig, jener Journalist, der die ganze Sache ins Rollen brachte).» Obwohl Hässig doch gar kein sportlicher Rentner in seinem Alter ist …

Was tut es zur Sache, wie viele Knöpfe am Hemd von Vincenz offen sind? Sein Hosenschlitz war wohl geschlossen, das wäre wenigstens noch eine sachdienliche Beobachtung gewesen.

Hält sich für einen begabten Kolumnisten …

Ist alles am Ende?

Auf jeden Fall endet die korrekte Verwendung der deutschen Sprache: «Er klingt jetzt etwas klein.» Wie geht das wohl, klein klingen? Muss man dafür so schreiben wie Loser? Ist das hier eher eine Selbstbeschreibung? «Vincenz druckst herum, formuliert zwei nicht wirklich zusammenhängende Sätze und sagt dann: «Ich habe nicht das Gefühl, ich hätte etwas Kriminelles unternommen.»»

Ist nun alles am Ende? Fast: «Nach Tag 1 des grössten Wirtschaftsprozesses des letzten Jahrzehnts scheint es allerdings gut möglich, dass die Geschichte von Pierin Vincenz hier drin, im opulenten Theatersaal des Zürcher Volkshauses, enden wird.»

Die Geschichte endet. Hat irgendwie etwas bedrohlich Gewichtiges. Ist aber in Wirklichkeit nur Geschwurbel.

Man wünscht sich wirklich sehnlich, dass dieser «Jahrhundertprozess» endlich sein Ende findet. Vielleicht gelingt es der Journaille dann, sich um finanztechnisch wichtigere Probleme zu kümmern. Credit Suisse wäre so ein Stichwort. Darüber darf dann sicherlich auch der von jeglichen juristischen oder finanztechnischen Kenntnissen unbeleckte Loser schreiben.

Wollen wir uns ihn vorstellen, wenn CS-CEO Thomas Gottstein eine Medienkonferenz gibt? Bitte sehr:

Er ist da. Im Säli des Widder. Der CS-Boss. Sie rufen durcheinander, die Journalisten. In aller Herrgottsfrühe um 9 Uhr. Blitzlichtgewitter. Hier. Im Säli. Endet alles hier? Gottstein hat alle Knöpfe am Hemd geschlossen, die Krawatte sitzt. Eine blaue. Seide. Dezent. Ernst ist er. Der Boss. Er druckst nicht. Er formuliert. Druckreif. Muss hier alles enden?

Man fragt sich immer wieder, wo denn eigentlich die vielbeschworenen Kontrollinstanzen sind, die verhindern sollen, dass so etwas publiziert wird. Wir haben da eine Vermutung: sie sind am Ende …

Illustrationsvorschlag …