Bildbetrachtung

Wenn gekeilt wird, darf auch gemalt werden.

Weiter hinten holzt, rempelt und keift ein Tamedia-Redaktor mit Migrationshintergrund gegen den serbischen Tennisstar Novak Djokovic und gleich auch gegen die Serben als solche.

Wie ein sogenanntes Qualitätsmedium eine solche Schmähkritik ausser Rand und Band publizieren kann, bleibt das Geheimnis aller Kontrollinstanzen von Tamedia.

Ergänzt wird das Machwerk durch eine Grosskarikatur auf der Frontseite. Natürlich darf Satire eigentlich alles. Sie darf wohlfeil sein, geschmacklos, bösartig, überspitzt, frech, beleidigend.

Front des «Tages-Anzeiger» vom 8. Januar 1914. Pardon, 2022 (Screenshot).

Dennoch gibt es vielleicht Grenzen des guten Geschmacks. Sehen wir darüber hinweg, dass der russische Präsident Putin verblüffende Ähnlichkeiten mit Menschen hat, die unter dem Down-Syndrom leiden, was man politisch korrekt nicht mehr mongoloid nennen darf.

Betrachten wir aber die Physiognomie des serbischen Präsidenten Vucic etwas genauer. Da fallen sofort seine wulstigen Lippen auf.

Wäre Vucic ein Schwarzer, gäbe das sofort fürchterliche Haue. Der Neger mit Wulstlippen, fehlt nur noch das Baströckchen und der Menschenknochen durch die Nase. Grauenvoll, rassistisch, übelste Diskriminierung. Selbst Asterix sei davon nicht frei, was der Schwarze im Ausguck des ewig versenkten Piratenschiffs beweise.

Schaad müsste sich im Staub wälzen, sich entschuldigen wie weiland der Karikaturist, der es wagte, eine schwarze Tennisspielerin mit solchen Lippen zu zeichnen.

Aber he, Vucic ist glücklicherweise nicht schwarz. Sondern Serbe. Geht doch.

 

 

Wichtiges und Unwichtiges

Früher waren Tagi und NZZ Konkurrenten. Vorbei.

Natürlich wurde diese Konkurrenz vor allem am Platz Zürich wahrgenommen. International hatte der «Tages-Anzeiger» nichts zu husten. Aber zumindest im Bewusstsein der Redaktionen sah man sich meistens auf Augenhöhe.

Da ist nun Peinliches zu vermelden. Der Riesenkonzern Tamedia gewinnt in jedem Qualitätsranking den ersten Preis. Wenn von unten nach oben prämiert wird.

 

Name und Gebäude kommen und gehen …

Während sich die NZZ von ihren Lokalblättern getrennt hat und die in ein Joint Venture mit CH Media überführte, hat sich Tamedia eine ganze Kollektion von Kopfblättern zugetan, mit denen nun auch Basel oder Bern beschallt werden. Die Installation einer «Zentralredaktion» hat allerdings nichts zu einer Qualitätsverbesserung beigetragen. Im Gegenteil.

Augenfällig wird die zunehmende Distanz beim aktuell wichtigsten Thema überhaupt. Tamedia reagiert kreischig, besserwisserisch und mit einem apokalyptischen Unterton auf die Pandemie. Die Redaktion fordert, urteilt, kritisiert oder lobt, als hätten Journalisten irgend eine Verantwortung für ihr Tun. Stellt sich eine Prognose mal wieder als falsch heraus: man ist doch haftungsfrei, und her mit der nächsten.

Zudem darf offenbar jeder Redaktor sein Steckenpferd reiten. So wurde doch vom ehemaligen Leiter des ehemaligen Wissen-Bundes ernsthaft eine Debatte darüber angestossen, dass das Schmatzen im ÖV aufzuhören habe. Sekundiert wurde er von einem Wirtschaftsjourni, der zudem monierte, dass heisse Getränke in «kleinen Schlückchen» geschlürft würden.

Statt etwas über Wirtschaft zu schreiben oder an seiner Sprachkompetenz zu arbeiten, bspw. am Vermeiden eines doppelten Diminutivs. Aber irgendwie scheint das Programm zu sein bei Tamedia. Die allgemeine Einführung des doppelten Diminutivs.

Die NZZ teilt die Meinung von Karl Marx

Viel zurückhaltender, ausgewogener und vernünftiger berichtet hingegen die NZZ. Sie lässt nicht nur renommierte Gegner der Corona-Gesetzgebung zu Wort kommen (was Tamedia nicht im Alptraum einfallen würde).

Gleicher Name, gleiches Gebäude.

Zudem ist die NZZ mit Karl Marx der Auffassung, dass der materielle Unterbau, die Produktionsverhältnisse, die Wirtschaft ziemlich wichtig in einer Gesellschaft sind. Das meinen vielleicht auch die Pseudolinken bei Tamedia, aber meinen, wollen und können sind halt verschiedene Paar Schuhe.

Die einen erregen sich übers Schmatzen, die NZZ schreibt über die sagenhaften Gewinne bei Big Pharma.

Big Pharma kann nur noch Geld zählen

Für die ist die Pandemie der Jackpot, der feuchte Traum jedes leitenden Managers. Noch nie durften Pharmariesen ihre Produkte haftungsfrei verkaufen. Notfallregelungen und Ausnahmen erlauben das. Denn die Staaten wollten so schnell wie möglich an Impfstoffe kommen. Bitte sehr, sagte Big Pharma, aber da wir das nicht ordentlich austesten können, müssen wir haftungsfrei gestellt werden bei Neben- und Folgewirkungen. Sonst gibt’s keinen Tropfen von dem Zeugs.

Aktuell macht die NZZ auf einen Nebenverdienst aufmerksam, der noch risikoloser Geld in die Kassen spült:

«Mit Tests zum Nachweis von Sars-CoV-2 werden Milliarden verdient. Hersteller wie Roche sprechen von einer «sprunghaft» gestiegenen Nachfrage.»

Während es Mitte letzten Jahres noch so aussah, als ob die Nachfrage nach Tests langsam zurückginge, hat Omikron wieder richtig Schub reingebracht: Der Testkit-Hersteller «Abbott gehört in der Gesundheitsbranche ähnlich wie die Impfstoffhersteller Pfizer, Biontech und Moderna zu den grossen Profiteuren der Pandemie. Auch Roche zählt dazu – nicht nur wegen der Corona-Tests, sondern auch wegen der Medikamente, die das Unternehmen zur Behandlung schwerer Krankheitsfälle anbietet.»

Vorne und hinten.

Alles eine Frage von Angebot und Nachfrage, von Bedarf auch. Besonders an Flughäfen kann man sich mit einem Sars-CoV-2-Test mehrere goldene Nasen verdienen.

Man rechne kurz nach

Ein PCR-Schnelltest kostet am Flughafen Zürich mindestens 300 Franken. Handelsüblich sind in der Schweiz 140 Franken, als Discount gilt schon ein Angebot für 90 Franken mit Auswertung im Ausland.

Dabei herrscht starker Margendruck; ein Schnelltest ist im Grosseinkauf schon für unter 1 Franken erhältlich, ein PCR-Test für 10 oder weniger. Also dürften bei der branchenüblichen Gewinnspanne von mindestens 30 Prozent die Herstellungskosten entsprechend niedriger liegen.

Man rechne.

Ungeheuerliche Extraprofite, teilweise unverschämte Preise für Impfstoff, risikoloses Geldscheffeln, Wertschöpfung bei Tests von Hunderten von Prozent des Herstellungspreises: paradiesische Zustände, finanziert vom Steuerzahler und von Krankenkassen.

Wäre das nicht ein etwas interessanteres Thema als schmatzende Mitreisende im ÖV? Vielleicht schon. Aber eben, das übernimmt dann die NZZ. Und Tamedia schluckt höchstens trocken. Aber in kleinen Schlückchen, bitte.

Die einen gehen rauf, die anderen runter.

 

Hier spricht der Besitzer

Wenn Michael Ringier sein Privileg ausnützt, ist Feuer im Dach.

Vorgestellt wird er bescheiden als «Präsident des VR der Ringier AG». Die Wahrheit wäre: Michael Ringier ist der Besitzer. Der Boss. The Man. Der Eigentümer. Der Mehrheitsaktionär. Die Wahrheit wäre: Er ist längst Juniorpartner von Axel Springer, und der Versicherungsgesellschaft Mobiliare gehört ein Viertel der Ringier AG.

So viel Transparenz müsste eigentlich sein. Sein CEO Marc Walder ist als erster Geschäftsführer überhaupt mit 10 Prozent am Unternehmen beteiligt. Dafür wurde ihm von Ringiers Hausbank, die auch im VR vertreten ist, ein Kredit gewährt. Alles keine Schande.

Der Herr eilt dem Knecht zu Hilfe

Nun hat sich Walder ohne Not vor laufender Kamera ins Elend geschwatzt. Dabei etwas gesagt, was als Binsenwahrheit gelten sollte: natürlich werden publizistische Leitlinien vorgegeben. Allgemeiner Art, das ist dann das Gesülze in jeweiligen «Code of Conduct». Und konkreter Art, wie ein Thema zu bewerten, gewichten, darzustellen ist. Sei das der EU-Beitritt, sei das die Abstimmung über das Mediengesetz, sei das die Behandlung der Pandemie. Sei das die Behandlung von Magistraten.

Seit den Männerfreundschaften des Hausgespensts Frank A. Meyer hat es eine Tradition bei Ringier, dass Bundesräte gelobt oder kritisiert werden. Je nach persönlichen Präferenzen der Entscheider im Hause. Auch das ist keine Schande.

Nun versucht Ringier, selbst ein nicht unbegabter Schreiber, seinen CEO aus der Feuerlinie zu nehmen, bevor sich der Ausdruck Waldergate einbürgert. Das ist ehrenhaft, wenn auch nicht ganz uneigennützig. Vorbildlich der Aufbau seiner Verteidigungsschrift, in der für den «Blick» nötigen Kürze.

Ein beispielhaftes Stück Kommentar

Zuerst eine rhetorische Frage, wie sie auch Meyer in jahrelanger Übung perfektioniert hat: «Worum geht es eigentlich?» Dann die Einordnung. Nur am Rande um CEO Walder, «der selbst am besten weiss, dass seine Formulierungen während einer Managementkonferenz vor einem Jahr nicht zu den Sternstunden einer sonst unglaublich erfolgreichen Karriere gehören».

Ein kleiner Nasenstüber, aber mit dem Schaumgummihammer. Dann verwandelt sich der gütig strafende Vater in den zürnenden Rachegott: «Aber eines kann ich als Verleger von über 100 Redaktionen in 18 Ländern und Tausenden Journalisten nicht einfach stehen lassen. Denn die Unterstellung, dass hier Journalismus nach Weisung betrieben wird, ist eine absolut böswillige Diffamierung der täglichen Arbeit …»

Dann zeigt Ringier, dass er Boulevard besser beherrscht als die meisten überlebenden «Blick»-Journalisten: «Mit Entsetzen erinnere ich mich immer noch daran, dass einer unserer Kollegen und dessen Lebenspartnerin in der Slowakei vor wenigen Jahren ihr Leben lassen mussten, weil er mit seinen Recherchen einem Mächtigen zu nahe gekommen war.»

Michael Ringier. (Screenshot «Blick»).
Das Foto wurde hier um ca. 70 Prozent verkleinert …

Klassischer Dreisprung, dann Zieleinlauf

Schon ist er auf der Zielgeraden. «Einordnung, Erklärung, Hilfestellung, Diagnose, Analyse nach bestem Wissen und Gewissen.»  Dazu noch «Respekt und Augenmass», wir überqueren die Ziellinie:

«Machen Sie, geschätzte Ringier-Journalistinnen und -Journalisten, einfach so erfolgreich weiter wie bisher.»

Das ist ein rhetorisch gelungener Rettungsversuch. Sauberer Aufbau, einfache und verständliche Worte, keine Längen, ohne Rumpler auf die Schlusspointe zugeschrieben. Kann man in jeder Journalistenschule als Anschauungsmaterial verwenden.

Nur: Was hat das mit der täglichen Realität der Kindersoldaten in ihren Verrichtungsboxen in der Hölle des Newsrooms zu tun? Wo Klicks zur einzig harten Währung geworden sind, wo Impfkritiker verunglimpft und beschimpft werden, ein amoklaufender Chefredaktor sogar vor Faschismusvorwürfen und Nazivergleichen nicht zurückschreckt?

Eigentlich nichts. Von «erfolgreich» zu schreiben, das ist zudem nassforsch, angesichts der Entwicklung der Auflage.

Daher ist das kein Kommentar, sondern ein schönes Stück Prosa. Eine Kurzgeschichte. Von gewissem literarischen Wert, aber ohne jeden Realitätsbezug.

 

 

Doppel-Verwertung

Wie man aus einem Interview eine Fortsetzung saugt.

Das nennt man Arbeitsteilung. In der NZZaS erscheint ein ausführliches Interview mit dem in der Causa Vincenz Mitangeklagten Beat Stocker.

Ein kleiner Donnerschlag, denn obwohl so ziemlich alle Details, vor allem unappetitliche, in der jahrelangen Strafuntersuchung an die Öffentlichkeit durchgestochen wurden, haben die beiden Hauptbeschuldigten eisern geschwiegen.

Pierin Vincenz bis heute, abgesehen von einer kurzen Meldung, nachdem er aus der U-Haft entlassen wurde. Er sei unschuldig und werde das auch beweisen. Stocker hingegen, von der «Bilanz» auch schon als «Schattenmann» auf den Titel geklatscht, meldete sich nun kurz vor Prozessbeginn ausführlich zu Wort.

Er wolle sich erklären, er sei unschuldig, das wollte er offensichtlich rüberbringen. Natürlich nicht im SoBli und auch nicht in der Tamedia Muppet Show.

Nun zieht die NZZ nach und lässt zwei Litigation-Spezialisten die Absichten von Stocker in die Pfanne hauen:

«Justiz auf Amerikanisch hat im Fall Vincenz wenig Erfolgschancen», lautet das Verdikt.

«Ich würde den Angeklagten die Botschaft nicht selbst überbringen lassen», kritisiert einer der Fachleute: «Qui s’excuse, s’accuse». Der zweite sekundiert: «Seine Message ist: Ich bin unschuldig. Aber er schafft es nicht, zu überzeugen.»

Schliesslich sei dann das Strafmass und die Beurteilung der Reputation Stockers der Massstab, um den Erfolg – oder Misserfolg – dieser Strategie zu bewerten:

«Man wird sich fragen, ob es geschickt war, am zweiten Neujahrstag mit einem solchen Interview herauszukommen.»

Das war allerdings für Stocker – und das Schwesterblatt NZZaS – keine Frage.

Lustige Zeiten im Journalismus. Mehr oder minder offene Kollegenschelte greift immer mehr um sich.

 

 

Wenn dir dein Produzent in die Fresse haut

Lustige Zustände bei Tamedia: Pelda berichtet, Dietziker  beckmessert.

Das muss man auf der Zunge zergehen lassen. Kurt Pelda ist unbestritten einer der besten Reporter der Schweiz. Im Nahen Osten überall im Einsatz, unter Lebensgefahr und mit beeindruckenden Reportagen. Ein profunder Kenner der Gegend und des Fundamentalismus. Zurzeit noch für Tamedia.

Jörg Dietziker ist ein mittelmässiger Produzent, seit Urzeiten bei Tamedia am Schreibtisch sitzend. Dort entweder die Entlassung oder die Frühpensionierung erwartend.

Nun hat Pelda, wie immer gut dokumentiert, einen ausführlichen Artikel über das üble Zusammenspiel zwischen Seenotrettern im Mittelmeer und Schlepperbanden geschrieben. Das ist nicht das erste Mal, dass diese mehr als anrüchige Komplizenschaft thematisiert wird.

 

Zusammen mit seinem Kollegen Ayoub Al Madani hat Pelda wieder einmal genügend Belege zusammengetragen: «Das Mittelmeer ist zum Massengrab geworden für Menschen, die nach Europa migrieren wollen. Das hält manche Hilfsorganisationen aber nicht davon ab, mit Menschenhändlern zusammenzuarbeiten.»

Inhaltlich gibt es am Artikel nichts zu meckern. Das konstatiert auch Dietziker einleitend: «Der Text von Pelda beginnt faktengerecht.» Da ist der Journalist sicher froh, dass ihm der Sesselfurzer aus der Produktion das zubilligt.

Geht mit dem Beckmesser auf die eigenen Leute los.

Aber das bleibt das letzte freundliche Wort von Dietziker. Von jetzt an haut er dem eigenen Tamedia-Mitarbeiter kräftig eins in die Fresse:

«Dann wird das Ganze zu einem unappetitlichen Mischmasch.»

Der Spezialist für Seenotrettungen Dietziker weiss nämlich: «Zudem ist die Verteufelung der Schlepper, auch wenn es darunter sehr zwielichtige Figuren hat, der falsche Ansatz.»

Dann kommt, so sicher wie der Furz nach dem Essen einer Zwiebel, der Nazivergleich. Denn Juden hätten schliesslich auch Schlepper geholfen, weiss Historiker Dietziker. Damit steht sein Urteil über «die EU, die Schweiz – und Herr Pelda» fest: alle drei «blenden in ihrer Geschichtsverleugnung solche Tatsachen gerne aus

Dann wird Dietziker noch ganz persönlich

Dieziker in seinem Lauf halten weder Ochs noch Esel auf; nun wird’s noch ganz schäbig und persönlich: «Der gute Herr Pelda füllt bald wieder die Lücke des schlechten (Philipp) Gut.» Das nennt man mal ein elegant gesetztes Bonmot. Aber Dietziker kann noch einen drauflegen: «Gut, der während seiner Zeit in Möppels Biotop der nützlichen Idioten mehrfach wegen übler Nachrede verurteilt wurde.»

Dass er nützlich sei, das hat Dietziker nun noch niemand vorgeworfen. ZACKBUM erinnert sich, dass der Produzent schon vor Jahren durch beklagenswerte Unfähigkeit auffiel. Aber deswegen wäre niemand auf die Idee gekommen, mit seinem Namen Schindluder zu treiben.

Hier erreicht der Wahnsinn im Hause Tamedia eine neue Qualität. Zumindest ist es ZACKBUM nicht bekannt, dass schon vorher einmal ein Produzent einem Reporter des eigenen Blatts dermassen und öffentlich über den Mund gefahren wäre.

Besonders putzig ist das Verwenden von völlig sachfremden Behauptungen, weil Dietziker immerhin intelligent genug ist, die Faktentreue und den Kenntnisstand von Pelda nicht anzuzweifeln.

Abmahnung oder gleich fristlose Entlassung?

Von all dem hat der Herr Produzent keine Ahnung, aber, wie es sich für das Haus Tamedia gehört, zu alldem eine Meinung. Die Verteufelung von Schleppern, die Hunderte, wenn nicht Tausende von Menschenleben auf dem Gewissen haben, sei der falsche Ansatz, donnert Dietziker. Also ist der richtige, sie anzuhimmeln? Das wäre wohl das Gegenteil von verteufeln.

Als wäre das nicht schon schräg genug, wirft er dann gleich der EU, der Schweiz und natürlich auch «Herrn Pelda» vor, sie blendeten etwas aus, was gar nie Thema war, und das sei dann «Geschichtsverleugung».

Das müsste eigentlich schon für eine strenge Abmahnung reichen. Dass er in einem verunglückten Wortspiel mit Namen dann noch drauflegt, dass Gut «jetzt PR-Berater» sei und «nach wie vor jenseits von … na ja, Sie wissen schon … und böse – genau wie der gute Pelda», das sollte eigentlich für eine fristlose Entlassung reichen.

Der Gründe gäbe es genug

Zunächst einmal, weil man von einem Produzenten doch erwarten könnte, dass er nicht an der deutschen Rechtschreibung scheitert, dieser bösen. Dann, weil es doch wohl nicht angehen kann, dass ein Mitarbeiter einen anderen öffentlich dermassen anpinkelt.

Hätte es faktische Fehler zu bemängeln gegeben, wäre das wohl ein Thema für eine interne Auseinandersetzung gewesen. Wie Dietziker aber einräumt, gibt es die nicht. Sondern er ledert einfach über einen Kollegen ab, weil ihm die Aussage dessen Artikels nicht passt. Dagegen kann Dietziker zwar keine Argumente anführen, das versucht er aber durch Polemik, Häme und furchtbar verhauene Sprachscherze zu ersetzen.

Sollte Tamedia in irgend einer Form noch Wert darauf legen, ernst genommen zu werden, kann so eine Illoyalität nicht geduldet werden. Natürlich wäre auch eine öffentliche Entschuldigung fällig, wenn jemand in diesem Saftladen noch etwas Rückgrat zeigen will.

Als Philipp Loser im Auftrag seines Herrn einen Konkurrenten und dessen Verlag madig machte und sich dafür entschuldigen musste, war das immerhin ein Versuch, einen Mitbewerber runterzuschreiben. Aber einen Kollegen?

Man stelle sich nur vor, dass Dietziker auch beim Produzieren von Texten dermassen nassforsch seine unqualifizierte Meinung reinmecht. Da muss doch jeder Tamedia-Schreiber echt Schiss kriegen, dass sein Werk diesem aufgeblasenen Rechthaber in die Hände fällt.

 

Ex-Press 2022

Neues Jahr, alter Wein in alten Schläuchen.

Sicher, diese Festtage sind alles andere als journalistenfreundlich gelegen. Der 31. ein Freitag, dann am 1. mit schwerem Kopf Content für die Sonntagsblätter produzieren, das ist hart.

Natürlich gab es jede Menge Vorgefertigtes, so ein ellenlanges Interview mit einem der beiden Hauptangeschuldigten im Raiffeisen-Prozess gegen Pierin Vincenz. Aber es blieb noch genügend Platz, um sich weiter vom Flüssigen ins Überflüssige zu schreiben.

Seitdem die Corona-Kreische Marc Brupbacher zwangsweise pausieren muss («Ich mag den fortwährenden Kreis der Idiotie nur nicht mehr kommentieren»), entdeckt die SoZ die positiven Seiten des Lebens und der Geschichten. Bild aus dem Gebiet Sauglattismus, eine richtig gute Nachricht daneben: die Alka Seltzer und Aspirin und Bloody Marys scheinen gewirkt zu haben.

Aber es muss auch ein Kollateralschaden gemeldet werden. Während die Triage auf IPS weiterhin im normalen Bereich stattfindet, ist die Jugendpsychiatrie offenbar völlig überlastet. Wer sich im Januar 2022 mit einem dringenden Problem dort meldet, ob als Betroffener oder als Eltern, kann 2023 mit einem Termin rechnen. Wenn’s dann überhaupt noch einen braucht.

Es gibt allerdings ein Thema, das Jahreswechsel, die Logik, gutes Zureden, Selbstreflexion und die Frage, wie viele Leser solches Geschwurbel interessiert, schadlos übersteht:

Nein, das muss man nicht verstehen, das sollte man auch nicht zu verstehen versuchen. Wenn die Verbissenheit einer der Rädelsführerinnen beim Protestschreiben von 78-Tamedia-Frauen nicht so beelendend wäre, wäre es erheiternd:

Aleksandra Hiltmann kommentiert: «Nur 0,4 Prozent der Befragten gaben in der neuen Sotomo-Studie zu Geschlecht und Identität an, explizit nonbinär zu sein.» Thema erledigt. Aber nein, denn es gibt ja das Patriarchat, diesen Schlingel:

«Dazu gehören auch jahrhundertelang vermittelte Normen der Heterosexualität und binären Vorstellung der Geschlechter. Diese einfach so abzuschütteln – schwierig, auch im vermeintlich woken Zeitalter.»

Was passiert daher Schreckliches mit uns? «Das Resultat: Wir haben Angst vor unseren eigenen Wünschen und Identitäten und sind eingeschränkt von der Gesellschaft, in der wir selbst leben. Wir alle

ZACKBUM ist nur ein Einzelner. Aber der hat keine Angst. Er will auch nichts abschütteln. Allerdings schüttelt es ihn. Es geht aber noch weiter:

Nicht nur Männer, vor allem alte und weisse, sind der Feind des Feminismus. Nein, noch schlimmer sind Frauen. Wie zum Beispiel Alice Schwarzer, die grosse Kämpferin für Feminismus und Emanzipation in Deutschland. Aber: sie hat sich nicht genügend für schwarze Frauen eingesetzt. Tatsache. Immerhin: in diesem Artikel ist die Autorin (!) in der Lage, die völlige Lächerlichkeit dieser Vorwürfe mit genügend Distanz darzustellen. Könnte sich Hiltmann ein oder zwei Scheibchen davon abschneiden.

Aber auch männliche Autoren müssen schwer unter einem Kater (männlich) gelitten haben. Anders ist dieses Stück Recherchierjournalismus über das neue Bundesratsfoto nicht zu erklären.

Nur das Kopfweh aller Beteiligten kann vielleicht verständlich machen, wie ein solcher Flachsinn ins Blatt kam. Rechter Fuss von Bundespräsident Cassis steht teilweise in Italien? Jessas, daraus lässt sich ein Scherz herausquetschen. Die Uhrzeit steht auf 1848? Grandios durchschaut, aber sollte sie stattdessen nicht besser auf 2022 (aktuell!) oder gar 2030 (Klimaziele!) stehen? Scherz lass nach.

Von der Beliebigkeit zur Überflüssigkeit und schliesslich zur Lächerlichkeit sind es nur kleine Schritte. Die geht mit grossen Fussstapfen der Chefredaktor des SoBli. Ist halt auch blöd, wenn er gerade schlaumeierisch einen Beitrag zur Annahme des Milliardensubventionsgesetzes im Februar leisten will:

Gut gegeben, auch nicht gerade staatstreue Medien wie WeWo oder «Schweizerzeit» hätten schon Subventionen kassiert – und seien dadurch ja wohl nicht zum Sprachrohr der Regierung geworden, merkt Gieri Cavelty an. Das stimmt; die haben halt auch nicht einen CEO wie Marc Walder, der das dekretiert, wie man inzwischen weiss.

Wie die SoZ in übellauniger Katerstimmung auch dem mässig interessierten Leser (ausser, der wäre Journalist) mitgibt: Ringier tut wirklich manches, um sich lächerlich zu machen. Nach grosser Lobesorgie und Staatsempfang für den ewigen Klatschreporter André Häfliger erfolgte die kalte Dusche: «freigestellt» eröffnete ihm der SI-Chefredaktor (inzwischen selber wegbefördert). Häfliger nimmt’s gelassen, da es so einen wie ihn in der Schweiz kein zweites Mal gibt. Und vermutet, dass er sich zu offen über die Unzulänglichkeiten des ehemaligen Ringier–Schlachtschiffs SI geäussert habe, dessen Auflage eher nach «Titanic» riecht.

Selbst die NZZaS ist vor Nachwirkungen froher Feiern nicht ganz gefeit. So fantasiert Aline Wanner in ihrer Medienkolumne von «Booster-Shots», die in Form von kleinen Gläsern, gefüllt mit Wodka, «um 4 Uhr früh (in einer Vollkontaktrunde in einer Bar)» serviert würden. Echt jetzt? Ein Shot ist durchaus gängige Währung in nicht gerade vornehmen Bars, aber ein Booster-Shot? Hat sich Wanner hiervon inspirieren lassen?

Das wird, Scherz lass auch hier nach, als Wodka-Booster-Shots angepriesen. Kleiner Inhalt, dafür sauglatt und schweineteuer.

Ein Tagi wie jeder andere

Gefangen in der Wiederholungsschlaufe foltert Tamedia ihre Leser.

Vielleicht macht es doch Sinn, Medienclans mit einer Milliarde Steuergeldern unter die Arme zu greifen. Denn wie viele Leser zahlen weiterhin freiwillig einen Haufen Geld für dieses Angebot?

Nehmen wir als Stichprobe die online aufgeschalteten Artikel vom 29. Dezember 2021, am Morgen, wenn der Leser sich einen Überblick verschaffen will. Wir erfinden dabei nichts und verfälschen auch nichts, denn wir sind hier bei ZACKBUM, nicht bei Tamedia.

Zunächst Aufgewärmtes, dann Monothematisches

Zuoberst bietet der Tagi (was dann in alle Kopfblätter ausstrahlt) ein aufgewärmtes Recherchierstück über eine Genfer Bank, die sich einige Rügen der Finanzmarktaufsicht Finma eingefangen hat. Letztlich ein Propagandastück zum Boostern des Postulats einer SP-Nationalrätin, die verlangt, dass die Finma zukünftig «Bussen und weitere Sanktionen» gegen fehlbare Banken aussprechen könne.

Wieso Autor Christian Brönnimann allerdings behauptet, «nun kommt Bewegung in die Sache», das bleibt sein süsses Geheimnis. Vielleicht soll das auch nur die Einleitung zur «Podcast-Serie Pandora Papers: Dreckiges Geld, sauber versteckt» sein. Teil drei immerhin, aber ob sich noch jemand an diesen verröchelten Riesenskandal erinnern mag?

Aber auch all das ist nur Beigemüse zum Monothema des Tages, der Woche, des Monats, des Jahres. Dargeboten in der leicht atemlosen Kreischigkeit, die im Hause Tamedia zum schlechten Brauch geworden ist. Wir zählen kurz auf und mit:

  1. «Sollen auch Geimpfte in Quarantäne geschickt werden?»
  2. «Warum schweigt der Bundesrat?»
  3. «Omikron ist auf dem Vormarsch»
  4. «Omikron stellt die Wissenschaft vor ein Rätsel»
  5. «Kann die Gesellschaft nachhaltiger schädigen als ein Virus»
  6. «Wenn Omikron China lahmlegt, haben alle ein Problem»
  7. «Wie wird Covid-19 in der anthroposophischen Klinik behandelt?»
  8. «Taskforce wollte vor Weihnachten viel härtere Massnahmen»
  9. «Neue Rekordwerte in den USA»
  10. «Aktuelle Corona-Zahlen»

ZACKBUM hofft, dass wir damit nicht alle Leser verloren haben, woran der Tagi offenbar arbeitet. Ist sonst noch etwas Erwähnenswertes geschehen? Oh ja:

«Was braucht es, damit Strassenlampen nicht mehr reihenweise Insekten töten?»

Dann hat die Tochter Romy Schneiders ein Buch geschrieben. Schon diese News ist von mässigem Interesse. Sobald man liest, dass Nora Zukker die Rezension geschrieben hat, sinkt es auf null.

Die Tagi-Folterkammer für Leser

Noch mehr schlechte Nachrichten? Oh ja, «Bund warnt vor intensivem Dauerregen – Orkanböen in den Bergen». Dann bricht leichte Verzweiflung bei den Blattmachern des Tages aus, aber Hilfe ist nahe: «Die News-Bilder des Jahres». Auch immer beliebt gegen Jahresende: ein kleiner Sozialporno. Der «Blick» mischt schon «undercover» die Obdachlosenszene auf; der Reporter versucht’s sogar im Schlafsack unter der Brücke. Soweit will der Tagi nicht gehen, er besucht trockenen Fusses und feuchten Auges die «Dargebotene Hand».

Aber wer reicht die dem gequälten Leser? Vielleicht der Zürich-Lokalteil? Nun ja, «Polizei erwischt Ladendiebe am Flughafen» (hier fehlt ein «mutmasslich» samt der Unschuldsvermutung!), «Die neusten Zürcher Zahlen zur Corona-Pandemie», «Viele Hunde, die wir bekommen, sind typische Corona-Opfer», ein Stossseufzer Zürcher Tierheime.

Schliesslich noch eine letzte Hiobsbotschaft: «Wenn es nicht klappt mit Biden, kehrt Trump zurück».

Mal im Ernst, liebe Tagianer und Tagianerinnen. Es ist ja lobenswert, dass Ihr an diesem Tag das Thema Gendern, Diskriminierung und Ausgrenzung weitgehend ausgegrenzt habt. Aber trotz des anhaltenden sexistischen und demotivierenden Umfelds auf den Redaktionen: ist das alles, was Ihr hinkriegt? Warum genau soll jemand etwas dafür bezahlen? Worin besteht die interessante, lohnenswerte, lesenswerte, Erkenntnis vermittelnde Eigenleistung von Dutzenden von Journis?

 

Wie man eine Kommentar-Kopie versemmelt

Tamedia macht nicht vollständig copy/paste von der SZ. Leider.

Das oberste Gericht Russlands hat die Auflösung der NGO Memorial beschlossen. Unter fadenscheinigen Vorwänden. Das kann und sollte man kritisieren und kommentieren.

Das tut der SZ-Redaktor Frank Nienhuysen mit schneidig-deutscher Schärfe. Allerdings ist da zwischen Original und Kopie ein kleiner Unfall namens Auslandredaktion Tamedia passiert. Deren unseliges Wirken bekommt aber der Schweizer Leser gar nicht mit, weil er ja nur seine Kohle für Tamedia rausballert und nicht auch noch das Original abonniert hat.

So sieht nämlich das Original aus:

Klarer Titel, starkes Foto.

Der Lead dazu: «Das Verbot von «Memorial» zeigt, was der Kreml von einer Zivilgesellschaft hält: nichts.»

Der anschliessende Lauftext wurde von Tamedia unbeschädigt übernommen. Aber offensichtlich leidet die noch existierende Auslandredaktion unter zuviel Freizeit. Oder Blähungen. Oder Covid-19. Denn das machte sie draus:

Ein Text, zwei völlig verschiedene Deutungen.

Kann man denn über den gleichen Kommentar zwei völlig verschiedene Titel und Einleitungen schreiben? Ist der anschliessende Text so beliebig ausdeutbar, umdeutbar?

Eigentlich nicht. Denn im Text steht kein Wort davon, dass der Kreml stalinistische Verbrechen schönreden wolle.

Auch das Foto in der Tamedia-Kopie ist schwächer, beliebiger.

Aber was so ein Text eigentlich sagen will, das bestimmt bei Tamedia nicht der Autor – oder der Inhalt des Textes. Sondern ein überforderter Blattmacher, der den ursprünglichen Titel offenbar viel zu schlapp fand und noch etwas Guzzi geben wollte.

Wobei ein geschichtsbewusster deutscher Redakteur einen solchen Titel wohl eher nicht setzen würde, weil er sonst darauf hinweisen müsste, dass es nicht zu den stalinistischen Verbrechen gehörte, dass die Sowjetunion den grössten Blutzoll dafür leistete, nach dem deutschen Überfall und dem barbarischen Vernichtungsfeldzug gegen die bolschewistischen Untermenschen Europa vom Hitler-Faschismus zu befreien.

Bei solchem Unvermögen kann man nur froh sein, dass eigene Texte nicht in diesen Fleischwolf geraten. Tamedia, das Qualitätsprodukt aus dem Hause Tx. Wenn die einen Kommentar übernehmen, erkennt ihn der Autor nicht mehr wieder.

Faule «Republik»

Wie schaut’s aus, wenn nicht gebettelt und gedroht werden muss? Flau.

Das Jahr geht, die «Republik» bleibt. Diesmal sogar ohne Selbstmorddrohungen. Ohne Bettelei. Ohne die ultimative Forderung, nach vielen Millionen noch ein paar Extra-Millionen zur Rettung der Demokratie auszugeben.

Das bedeutet auch, dass die «Republik» zum ersten Mal keinen Pseudo-Skandal erfinden muss, um sich ins Gespräch zu bringen. Im sicheren Wissen, dass das Kurzzeitgedächtnis der Leserschaft verlässlich vergisst.

Oder fällt jemandem noch spontan der grosse «Globe Garden»-Skandal, der ETH-Skandal, der beliebige Riesenskandal ein, der jeweils aufgepumpt wurde, um dann so sicher wie das Amen im Weihnachtsgottesdienst winselnd zu verröcheln?

Das sind mal gute Nachrichten, für Kopf und Portemonnaie. Auf der anderen Seite muss man schon sagen, dass sich die «Republik» schwer zurücklehnt, wenn sie nicht jammern muss.

Wenn man sich den Ausstoss von 50 wohlbezahlten Nasen vom 21. bis 28. Dezember anschaut, ist man erschüttert. 27 Resultate verzeichnet die Mediendatenbank SMD für diesen Zeitraum. Das ist nicht nix. Aber wenn man alles Beigemüse, alle Briefings, Hinweise, Fülltexte weglässt, bleibt ein harter Kern von ganzen 7 Schriftwerken.

Wenig, dafür lang und länger

Pro Tag eines. Das ist schon mal ärmlich. Dann widerspiegelt sich hier der ungebrochene Hang der «Republik», Artikel so lang zu machen, dass der Leser das nur mit einer Überdosis Koffein bis zum Ende schafft. Ein gutes Beispiel dafür ist die Serie «Rot regiert». Über 21’000 Anschläge hat «Teil 3». Der besteht aus einem Interview einer Mitarbeiterin mit dem bedeutenden Politik­wissenschaftler Tarik Abou-Chadi.

Zu dem gibt es neben der Aufzählung seiner akademischen Würden noch zu vermelden, er lege «Wert auf inklusive Sprache, daher macht er, wenn er etwa von Wähler-innen spricht, im Wort eine kleine Pause, die andere Medien und Institutionen mit Sternchen oder Doppel­punkten kennzeichnen würden.»

Spätestens hier kann man die Lektüre ohne kleine Pause abbrechen.

Der Rest im Schnelldurchlauf: ein Riesenstück über einen verspielten Corona-Kredit, wie viel Geld schmeisst Google für Schweizer Verlage auf (Serie, Teil 1), Betrachtungen zu Schweizer Landwirten, über den Geruchsinn, über Hervé, ein eingekauftes Stück über den längst vergessenen US-Relotius Stephen Glass.

Für Insider, von Insidern. Aktualitätsgehalt nahe null, aber immerhin, die schreibende Schmachtlocke macht Pause, das muss auch gelobt werden.

Abo als Ablasshandel

So sieht der karge Gabentisch der rastlosen Schaffer an der Langstrasse in Zürich (oder im Home Office) aus. Pro zehn Nasen ein popeliges Stückchen. Dazu Aufgewärmtes und Eingekauftes.

Dafür auch noch Geld bezahlen, das kann man nur als Ablasshandel für eine gute Gesinnung bezeichnen. Mit 240 Franken erkauft man sich ein gutes Gewissen und die Möglichkeit, nichts aus diesem Heissluftballon lesen zu müssen.

Der, nicht zuletzt mangels aufgeblasenem Skandalbericht, völlig aus der medialen Öffentlichkeit verschwunden ist. Weil er nichts zu sagen hat. Weil über ihn eigentlich nichts zu sagen ist.

Hoppla, das ist ja nun eine Selbstkritik, die sich ZACKBUM zu Herzen nehmen will. Jetzt aber auf zum doppelten Ristretto.

 

 

Virus und Hirn

«Blick» interviewt Pfizer. Mit Schleimspur.

Ein Interview mit der Schweizer Chefin von Big Pharma kann man machen. Wieso nicht, schliesslich verdient sich Pfizer an der Herstellung eines Vakzins dumm und krumm. Und dank Booster bleiben die Gewinne anhaltend garantiert.

Bruckner sagt das, was sie auch in einem bezahlten Inserat sagen würde.

Da könnte man jede Menge interessante Fragen stellen. Stattdessen holpert das Zentralorgan des investigativen Undercover-Journalismus so ins Gespräch:

«Frau Bruckner, welchen Vorsatz haben Sie sich als Chefin von Pfizer Schweiz für 2022 genommen?»

Vorsatz genommen? Aber gut, Frau Bruckner lehnt sich zurück: «Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sicher durch diese Krise zu bringen – soweit das in meiner Macht steht. Zudem möchte ich möglichst viele Patientinnen und Patienten mit unseren Medikamenten und Impfstoffen versorgen.»

Nach diesem tiefen Einblick in geheimste Vorsätze will «Blick» wissen, ob sie ihren fünfjährigen Neffen impfen lassen würde – und das auch Schweizer Eltern rate.

Da eiert Bruckner: «Es ist nun mal so, dass Kinder unter 15 Jahren 26 Prozent der Weltbevölkerung ausmachen.» Schön, dass wir das nun wissen, aber sie wird noch präziser: «Allein in der Schweiz leben mehr als eine halbe Million Kinder zwischen fünf und elf Jahren

Da kann man locker eine Million Impfdosen loswerden, mit Booster sogar 1,5. Aber das sagt Bruckner natürlich nicht, sondern:

«Ich rate allen Eltern, sich bei den Kinderärzten beraten zu lassen

Statt hier nachzuhaken, will «Blick» nun wissen, ob Kinder auch geboostert werden sollten: «Derzeit gibt es keine Daten zum Booster bei Kindern und Jugendlichen von fünf bis unter 16 Jahren.»

Früher Abfall, heute dem Leser serviert

Früher einmal, ja früher hätte eine solche Null-Antwort dazu geführt, dass sie samt Frage gekübelt worden wäre. Aber das war früher. Heute wird gnadenlos nachgefragt, ob denn die Booster-Impfung gegen die Omikron-Variante wirke. Da kann Bruckner ganz uneigennützig verkünden: «Nach der Booster-Impfung ist bei Erwachsenen der Schutz vor einer Omikron-Erkrankung 25-mal höher. Das heisst, Boostern macht sicher Sinn – vor allem, um sich vor einem schweren Krankheitsverlauf zu schützen.»

Inhaltlicher Schrott, schrottig serviert.

Nun tribbelt der «Blick» aber an eine kritische Frage heran, schliesslich sei «Covid für Pfizer auch eine wirtschaftliche Chance» gewesen.

Bruckner kann dann ihr Glück nicht fassen, dass sie mit diesem Stehsatz davonkommt: «Covid war vor allem eine Chance für die Forschung, um der mRNA-Technologie zum Durchbruch zu verhelfen.» Und: «Pfizer allein hat mehr als zwei Milliarden Dollar in die Forschung und den Aufbau der Logistik sowie in die Produktion eines Impfstoffs investiert. Forschung ist ein Hochrisikogeschäft.»

«Blick» bleibt gnadenlos dran und fragt knallhart, wieso die Krankenkassen ab 1. Januar an den Bund 25 statt vorher 5 Franken pro Impfdosis zahlen müssten. Bruckner weicht problemlos aus: «Ich kenne die Vereinbarungen zwischen dem Bund und den Krankenkassen nicht.»

Natürlich wirkt Pfizer auch uneigennützig in der Dritten Welt und spannt dort mit Coca-Cola zusammen, darf Bruckner noch loswerden. Mit diesen Gestammel endet das Interview:

Eine ganze Halde von nicht gestellten Fragen bleibt zurück. Pro Sekunde machen Pfizer Biontech und Moderna mit ihren Impfstoffen 1000 Dollar Gewinn. 2021 erwartet der weltweit führende Pharmariese alleine mit dem Vakzin einen Umsatz von über 33 Milliarden Dollar. Mit Staats- und Abnahmegarantie. Aber ohne Haftungsrisiko.

Schon jetzt gelten diese Impfstoffe als profitabelstes neues Pharmaprodukt aller Zeiten. Profitmarge mindestens 20 Prozent, man rechne.

Knebelverträge mit abnehmenden Staaten

Es sind Verträge zwischen Pfizer und abnehmenden Staaten ans Licht gekommen, in denen sich Pfizer jeglicher Haftung entledigt, bei Schadenersatzklagen haften die Staaten, sie müssen sogar die Verteidigungskosten für Pfizer übernehmen. Als Gerichtsstand ist prinzipiell New York angegeben. Denn in den USA geniessen Pharmamultis bei Notzulassungen Immunität gegen viele Gerichtsklagen.

Das und vieles mehr wären doch Fragen gewesen, die man hätte stellen sollen und müssen. Aber die schlecht vorbereiteten «Blick»-Journis doch nicht. Eigentlich hätte über diesem Werbespot «Publireportage» stehen sollen. Oder «Paid Content». Oder «Native Ad». Oder welche Euphemismen Medien auch immer verwenden, um Werbung zu camouflieren.