Republik in Zahlen

Das senkt unsere Einschaltquote, muss aber sein.

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Denn es gibt eine Berichterstatterpflicht. Nachdem die «Republik» ihre übliche Bettelei gestartet und 8 Mitarbeiter entlassen hat, will ZACKBUM die Performance testen. Was bietet denn die Restredaktion ihren Lesern? Von denen verlangt sie immer noch 240 Franken im Jahr (oder «Ich bin für Grosszügigkeit: CHF 360», bzw. «Tollkühne CHF 480»). Wir nehmen wieder die aktuelle Woche, also die Gegenleistung für Fr. 4.60 bis 9.20.

Insgesamt publizierte die «Republik» 23 Stücke. Davon sind 9 NL oder «Briefings», zwei Kolumnen (Binswanger!). Bleiben also 12 journalistische Werke. Davon ist allerdings die Hälfte von Fremdautoren hergestellt; die Eigenleistung besteht aus schlappen 6 Werken. 3 Artikel befassen sich mit Gerichtsfällen, die simpelste Schiene im Journalismus.

Die meisten Werke sind unerträglich oder zumindest überlang. Spitzenreiter ist diesmal der «Mobilfunkreport» mit 32’116 A, dabei handelt es sich um «Teil 2», der nicht aus eigenen Kräften entstand. Gefolgt von einem Fremdautor, der 26’500 A auf eine Reportage über einen geflüchteten Kurden in Schweden verbrät. Immerhin 20’510 A ist der «Republik» der «wohl wichtigste Gedichtband des Jahres» wert. Von einem No-Name-Autor, aber aus der Ukraine.

Erwähnenswert ist vielleicht noch, dass sich eine «Republik»-Autorin wieder an der ETH abarbeitet, dort werde eine Professorin «isoliert». Man ist nachtragend, denn der grosse ETH-Mobbing-Skandal reihte sich in die lange Liste der Flops ein, mit denen das Online-Magazin Aufmerksamkeit erzeugen wollte.

Mit Ausnahme von zwei Folgen «Meine Testamente» einer Fremdautorin sind alle Stücke gähnend lang – und langweilig.

Kolumnist Binswanger, so nervig-nebensächlich auch der Inhalt seiner Kolumne sein mag, gehört geradezu zu den Stachanowisten der Redaktion; jede Woche ein Stück, davon sind seine Kollegen meilenweit entfernt.

Immer noch 53 Nasen zählt das Impressum unter «Rothaus-Redaktion», inkl. «Stabsstelle Chefredaktion». Dazu kommen 23 regelmässige Mitarbeiter, drei «Gestalter», fünf Mitglieder der Administration, zwei Geschäftsleiterinnen und zwei Verwaltungsräte, darunter immer noch Alfonso (von) Wunschheim.

Stolze 85 Personen kümmern sich um diesen mageren Output, wenn man nicht die Buchstabenschwemme, sondern den Inhalt und die Eigenleistung misst.

Da darf der Hinweis nicht fehlen, dass ZACKBUM den gleichen wöchentlichen Output hinlegt, Allerdings ohne NL oder Briefings, ohne Kolumnen und (fast) immer als Eigenleistung. Sicher, auch ZACKBUM hat einen Herausgeber, einen Verleger, einen Administrator, eine Buchhaltung, einen Webmaster, einen Bildredaktor, einen Textjournalisten, einen Produzenten, einen Chefredaktor, einen Community- und Leserbriefmanager, allerdings leider keinen Korrektor. Das sind auch 10 Positionen. Ausreichend für eine Person im Nebenamt …

Sind die Russen die neuen Juden?

Achtung: ein gewagter, aber begründbarer Vergleich in Frageform.

Schlupflöcher schliessen, Sanktionen verschärfen, Vermögen beschlagnahmen. Russe, reich, zwei ausreichende Gründe, den Rechtsstaat in die Tonne zu treten. Zumindest fordern das einige.

Der «Tages-Anzeiger»-Konzern hat vor der Parlamentsabstimmung über die mögliche Waffenlieferung an die Ukraine via Drittstaaten eine Kampagne gefahren, um den Befürwortern Schub zu geben. Vergeblich, die «Lex Ukraine» scheiterte im Nationalrat endgültig und ist vom Tisch.

Der Druck aus dem Ausland auf die Schweiz steigt, dass sie sich energischer an den Sanktionen gegen Russland beteiligen solle, jegliche Vermögenswerte russischer Firmen oder Personen im Zugriffsgebiet der Schweiz sollten am besten beschlagnahmt werden. So behauptet ein kleines US-Licht im «Tages-Anzeiger»: «Neutralität hilft nur noch Moskau». Die Schweiz solle alle russischen Vermögen suchen und «aktiv prüfen». Sie stünden «seit letztem Jahr unter einem Generalverdacht».

Es ist den USA – oder der EU – unbenommen, in ihren Herrschaftsgebieten ein paar rechtsstaatliche Grundsätze über Bord zu werfen. Damit beschädigen sie zwar die Fundamente des zivilisierten Zusammenlebens, aber da wollen wir uns nicht einmischen.

Wir wollen aber nochmals darauf hinweisen, dass die deutschen Rüstungsmittelexportgesetze genau wie die schweizerischen glasklar die Ausfuhr von Waffen in Kriegs- oder Krisengebiete untersagen. Natürlich auch via Drittländer, sonst hätten diese Restriktionen ja ein Loch, grösser als ein Scheunentor. Nun hält sich Deutschland nicht an seine eigenen Gesetze.

Auch das ist deren Problem, obwohl Deutschlands historisch gesehen recht kurze Geschichte als Rechtsstaat die Regierenden davon abhalten sollte, einen solchen Murks zu veranstalten. Aber immerhin hat der Schweizer Bundespräsident Alain Berset bei einem Besuch in Berlin gegenüber dem deutschen Bundeskanzler Scholz klargestellt, dass sich die Schweiz an ihre Gesetze halte. Eigentlich eine überflüssig-selbstverständliche Bemerkung. Aber nicht mehr in den heutigen Zeiten.

Auch beim Treffen von 45 Regierungs- und Staatschefs in der Moldau hat Berset dem teilnehmenden Selenskyj zu erklären versucht, was die Schweizer Neutralität ist, was in ihr erlaubt ist und was nicht. Ob das der autokratische Präsident eines zutiefst korrupten Staates verstanden hat?

Aber das ist dessen Problem. Die Schweiz hat ihre eigenen. Vor allem zwei. Nicht nur aus dem Ausland, konkret von den G-7-Staaten, wird der Druck auf die Schweiz erhöht, sich über klare Vorschriften und Gesetze hinwegzusetzen. Nach der Devise: der gute Zweck, die Bestrafung Russlands für seine Ukraine-Invasion, heilige auch schlechte Mittel. Das wird leider auch in der Schweiz von einigen Medienschaffenden befürwortet. Sowohl, was Waffenlieferungen betrifft, wie auch, was eine illegale Ausweitung der Sanktionen betrifft.

Dabei ist die unkritische und ungeprüfte Übernahme von USA- und EU-Sanktionen schon für sich rechtsstaatlich mehr als fragwürdig. Unser zweites Problem: Der Bundesrat beschliesst das in eigener Regie. Das Parlament hat kein Mitspracherecht, die Betroffenen können nicht den Rechtsweg beschreiten. Ihnen wird also ein fundamentales Recht des Rechtsstaats genommen. Jeder, der vor allem von einer staatlichen Zwangsmassnahme betroffen ist, kann sich vor Gericht dagegen wehren. Hier aber nicht.

Der Bundesrat masst sich die Kompetenzen der Legislative und der Judikative an. Wer sich mangels Alternativen als Betroffener von Sanktionen an ihn wendet, bekommt schlichtweg keine Antwort. Das ist schrecklich, eines Rechtsstaats unwürdig.

Aber das ist erst der Anfang dieses Irrwegs. Die Stimmen werden immer lauter, die fordern, dass alle jüdischen, Pardon, russischen Vermögen unter einen Generalverdacht gestellt werden. Nach der einfachen Devise: Russe, reich, Räuber.

Es gibt fundamentale Prinzipien eines funktionierenden Rechtssystems. Dazu gehört die Unschuldsvermutung. Niemand muss seine Unschuld beweisen, jedem muss seine Schuld über jeden vernünftigen Zweifel hinaus nachgewiesen werden. Im Zweifel für den Angeklagten; sollte es an seiner Schuld doch noch Zweifel geben, ist zu seinen Gunsten zu entscheiden, nicht gegen ihn. Dann braucht es einen Anfangsverdacht, und der darf nicht aus der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Volksgruppe bestehen. Solche Zustände hatten wir zuletzt in den dunklen, braunen Zeiten, als in Deutschland und darüber hinaus jeder Jude unter dem Generalverdacht stand, seine Besitztümer unrecht erworben zu haben – weshalb man sie ihm skrupellos und ohne die Möglichkeit zur Gegenwehr wegnehmen konnte.

Jüdische Vermögen standen damals auch unter einem «Generalverdacht». Besonders kritisiert wurde, dass Juden versuchten, ihre Besitztümer in Sicherheit zu bringen. Typisch, verschlagen, hinterlistig. Schon damals mit entsprechenden Konstrukten wie Trusts, Holdings und Auslagerungen. Was völlig legal war. So wie solche Konstruktionen heute völlig legal sind, auch wenn sie von Russen verwendet werden. Ausser, man kann im Einzelfall beweisen, dass es zu illegalen Taten kam. «Reicher Russe, das reicht», das kann ja nicht im Ernst das Prinzip eines Rechtsstaats sein. Auch nicht: «der wurde mal im gleichen Raum wie Putin gesichtet, das reicht doch.»

Wer so argumentiert, beschädigt den Rechtsstaat. Er wird zum Antidemokraten, wenn er darüber hinaus die Schweizer Neutralität für obsolet erklärt, Ausnahmen machen möchte. «Neutralität hilft Moskau», dieser Satz ist so dümmlich, wie wenn zu Zeiten des Dritten Reichs gesagt worden wäre: «Neutralität hilft Berlin, hilft Hitler». Natürlich hat die Schweizer Neutralität nicht dabei geholfen, Hitler zu besiegen. Aber sie hat immerhin das unbeschädigte Überleben der Schweiz ermöglicht, was bei allen unschönen Dingen damals keine kleine Leistung war.

Schon jetzt wird die Neutralität der Schweiz von Russland nicht mehr anerkannt, weil die Eidgenossen die Sanktionen übernehmen, obwohl sie nicht vom UN-Sicherheitsrat beschlossen wurden. Dass das nie passieren wird, ist keine Schweizer Schlaumeierei, sondern ein Konstruktionsfehler dieses UNO-Gremiums mit den Vetorechten der Supermächte.

Wer angesichts angeblich besonderer, spezieller, einmaliger Umstände eine Ausnahme vom Prinzip fordert, beschädigt dieses Prinzip schwer. Ohne dass damit der Ukraine gross geholfen oder Russland grosser Schaden zugefügt worden wäre.

Der Hinweis hilft sicherlich, dass das ganze Gedöns über Sanktionen und Waffenlieferungen von haargenau 10 Staaten der Welt aufgeführt wird, wenn wir die EU als eine Union betrachten. Über 160 Staaten, darunter Schwergewichte wie China, Indien oder Brasilien, haben sich dieser Politik nicht angeschlossen. Warum genau sollte es die Schweiz tun, unter Aufgabe ihrer Neutralität und ihrer rechtsstaatlichen Prinzipien?

Dieser Beitrag erschien zuerst bei Stefan Millius

Das Schweigen der NZZ

Etwas unerwartet, aber bezeichnend für den Zustand der Medien.

Journalisten erwarten, dass Medienstellen ihre Anfragen beantworten. Journalisten erwarten, dass das innerhalb der gesetzten Frist erfolgt. Wird nicht geantwortet, sind Journalisten sauer.

Einfach nicht antworten, das greift immer mehr um sich. Patrizia Laeri, Hansi Voigt, Jolanda Spiess-Hegglin, Aline Trede, (fast) alle Stiftungsräte von «Netzcourage», Swissaid: öffentlich ausgeteilt und behauptet wird gerne. Eingesteckt und beantwortet weniger gerne.

Nun reiht sich auch die NZZ ein. Im Zusammenhang mit dem bedenklich schlechten Stück ihres Mitarbeiters Ueli Bernays, einem völlig missglückten Denunziationsartikel, der auf die Unschuldsvermutung und die meisten journalistischen Regeln pfeift, bekam die Medienstelle diese Anfrage von ZACKBUM:

Der Titel über dem Artikel von Ueli Bernays lautete ursprünglich:
«Till Lindemann und Rammstein: Aus dem Künstler ist ein Täter geworden».
Der wurde nachträglich geändert in:
«Till Lindemann und Rammstein: Was ist Tat, was ist Fiktion?».
Dazu habe ich folgende Fragen:
1. Wie ist es möglich, dass der erste Titel mit einer ungeheuerlichen Unterstellung durch alle Kontrollinstanzen der NZZ rutschte?
2. Unbelegte Vorverurteilung, Missachtung der Unschuldsvermutung, Übernahme von Behauptungen anderer Medien ohne die geringste Eigenrecherche; ist das das Niveau, dass die NZZ einhalten möchte?
3. Normalerweise werden solche nachträglichen Eingriffe (deren gab es auch im Lauftext) transparent kenntlich gemacht, weil der spätere Leser die Veränderung nicht bemerkt. Wieso macht das die NZZ nicht?
4. Hat dieser Vorfall für den verursachenden Redaktor arbeitsrechtliche Konsequenzen? Schliesslich ist er Wiederholungstäter (Stichwort Roger Waters).
5. Im Text von Ueli Bernays heisst es:
«Ob es sich dabei um einvernehmlichen Sex gehandelt hat, ist kaum zu eruieren. Jedenfalls gab es kaum ein klares Ja.»
Das ist nun ein wörtliches Zitat aus dem entsprechenden Artikel der «Süddeutschen Zeitung», das aber nicht als Zitat gekennzeichnet ist. Handelt es sich hier nicht auch um einen journalistischen Faux-pas, der öffentlich korrigiert werden müsste?
Berechtigte Fragen, deren Bote ZACKBUM lediglich ist. Denn die Peinlichkeit hatte ja die NZZ publiziert; keine der Fragen ist ehrenrührig, unziemlich oder unanständig.
Unanständig ist hingegen, sie einfach mit Missachtung zu strafen. Antwortfrist verstreichen lassen, nicht einmal auf eine Nachfrage reagieren. Die üblen Verhaltensweisen von anderen kopieren. Wenn schon niveaulos, dann richtig, sagt sich wohl die alte Tante.

Felix Austria

In Österreich müsste man Journalist sein.

Dann wäre das Leben leiwand, niemand müsste sich in Genderwahnsinn-Texte versteigen. Denn die Realität ist besser als jede Satire. Ein Jungstar, der zum Bundeskanzler aufsteigt und gelobhudelt wird, bis die Brillantine aus seinen Haaren tropft. Um dann kurz und brutal mit Schimpf und Schande aus dem Amt gejagt zu werden. Ein betütelter Vizekanzler Strache, der sich in einer fiesen Falle vor laufender Kamera um Kopf und Kragen redet. Ein Wirtschaftsminister unter Korruptionsverdacht.

Ach, ein Skandal jagt den nächsten, atemlos müssen die Journalisten darauf achten, immer den neusten, den nächsten auch noch mitzukriegen, ja nicht zu lange am letzten festzuhalten. Frohgemut wacht in Wien der Redaktor morgens auf, geht mal ins Kaffeehaus und bleibt dort bis zum Mittag. Dann schlurft er auf die Redaktion und überlegt sich, welchen neuen Skandal er denn auf Seite eins heben will.

Er kann dabei durchaus anspruchsvoll sein. Was in Deutschland, von der Schweiz ganz zu schweigen, Futter für eine Wochenration wäre, wird in Österreich an einem Tag durchgenudelt. Denn morgen ist ein neuer Tag, ein neuer Skandal.

Man muss allerdings sagen, dass der aktuelle Skandal (Stand heute, bitte sehr, gschamigster Diener), so ziemlich alles schlägt. Nicht unbedingt an krimineller Energie, da ist der Fall Proksch und der Untergang der Lukona weiterhin unerreicht. Aber an brüllender Lächerlichkeit hat’s den Deckel von der Skala gelupft:

Das ist das amtliche Wahlergebnis der Abstimmung über den neuen Parteichef der Sozialdemokratischen Partei Österreichs. Gewählt war Hans Peter Doskozil, der Mann mit gravierenden Problemen an den Stimmbändern. Im Vorfeld war lange diskutiert worden, ob jemand, der mit der wichtigsten Tätigkeit von Politikern Probleme hat, nämlich endlos zu quatschen, wirklich als Parteichef geeignet sei.

Aber dann, um es mit den vornehm zurückhaltenden Worten der NZZ zu sagen:

Wieso denn das? «Vielleicht hätte die SPÖ einfach die Giraffe aus dem Zoo Schönbrunn wählen sollen, die ein findiger Journalist vor einigen Wochen für die Kandidatenliste angemeldet hatte.»

Denn damit hätten die Sozis vielleicht weniger Spott geerntet als mit dem Eingeständnis, dass bei der Auszählung der Stimmen ein klitzekleiner Fehler passiert ist. Genauer gesagt, alle Stimmen wurden dem falschen Kandidaten zugeordnet. Alle. Lediglich Berthold Felber konnte aufatmen, ihn betraf das nicht, mit 0 Stimmen. Obwohl, vielleicht kann man auch eine Null falsch zuordnen.

Auf jeden Fall musste Doskozil seine Gratulationstournee abrupt abbrechen, Babler stoppte sein Eingeständnis der Niederlage. Alles zurück, alles neu: Babler hatte gewonnen, mit 53,2 Prozent, also mit den Stimmen, die Doskozil zugeteilt worden waren. Der hatte mit den Stimmen von Babler verloren. Okay, es ist kompliziert.

Kommt noch hinzu, dass Babler bislang lediglich Exekutiverfahrung als Bürgermeister einer niederösterreichischen Kleinstadt hat. Dazu bekennender Marxist, Anhänger der 32-Stunden-Woche ohne Lohneinbusse.

Nun steht er allerdings vor dem Problem, wie er den Wählern schmackhaft machen will, dass eine Partei regieren soll, die nicht mal eine interne Wahl gebacken gekriegt, ohne sich der grenzenlosen Lächerlichkeit preiszugeben.

Journalist in Wien sollte man sein. Da wird ein Schmankerl nach dem anderen auf dem Silbertablett serviert. Habe die Ehre.

Die Abschreiber Reloaded

Tamedia im ungebremsten Sturzflug.

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Langsam gehen die Metaphern aus. Das hier ist das Original:

Und das hier die Kopie, die Tamedia zahlenden Lesern serviert:

Man beachte zunächst die feinen Unterschiede. Während in der «Süddeutschen Zeitung» der Titel eine allgemeine Abhandlung einleiten will, arbeitet Tamedia mit einem vermeintlichen Zitat und stellt im Lead eine steile Behauptung auf, es gebe die «vorherrschende Haltung: Die Frauen tragen selber Verantwortung dafür, was sie tun».

Das ist wieder saukomisch. Denn: tragen sie die nicht? Wenn nein, wer dann? Sind Frauen also doch männlich dominiert, bestimmt, willenlos? Das will wohl nicht einmal Tamedia, unter weiblicher Leitung, seinen Lesern sagen.

Worum geht es hier eigentlich? «Um den Verdacht auf mutmasslichen sexuellen Machtmissbrauch gegenüber Fans der Band Rammstein und deren Sänger Till Lindemann». Das schmecke man ab: «Verdacht auf mutmasslichen sexuellen Missbrauch». Also um luftige Verdachts- und Vermutungsberichtertstattung, die lediglich mit anonymen Aussagen unterfüttert ist. Eigentlich eine Schande für seriösen Journalismus.

Was macht nun der SZ-Autor Joachim Hentschel? Er erzählt eine «Geschichte zum Beispiel, die im Dezember 1970 in München spielt». Dann erzählt er eine Geschichte «um 1995, privater Rahmen, eine Mitbewohnerin erzählt». Dann faselt er von «Row One», der Fachmann für Groupie-Fragen weiss nicht mal, dass das «Row Zero» heisst …

Dann nudelt er Uschi Obermaier und andere berühmte Groupies aus der Geschichte durch. Um zur merkwürdigen Zwischenbilanz zu kommen: «Niemand würde diesen Frauen absprechen wollen, ihre Situationen weitgehend unter Kontrolle gehabt zu haben.» Ja was denn nun? Logik ist seine Sache nicht wirklich, denn nach all diesem Vergangenheitsschrott versteigt sich Hentschel zum Diktum: «Das grösste Problem, und hier liegt am Ende der toxische Kern der Sache: Auch viele Musiker scheinen 2023 noch in dieser rückschrittlichen, aus der Muffkiste des Rock’n’Roll gekrochenen Illusion zu leben.»

Dass die Gedankengänge etwas abgehackt bei Tamedia wirken, liegt wohl auch daran, dass der Originaltext von 10’679 A in der SZ auf 6075 A in der Printversion des Tagi zusammengehackt wurde. Damit die Seite dennoch voll ist, hat Tamedia noch ein zweites Stück drangeklebt: «Rammstein in der Schweiz: Der Veranstalter schweigt noch immer». Auch das liegt höchstens im Streubereich der Wahrheit, um es höflich zu formulieren.

Oder wie Martin Burkhalter und Ane Hebeisen schreiben, denn auch für diesen Pipifax müssen zwei Fachkräfte ran: «Die kruden Fakten zuerst: Die beiden Rammstein-Konzerte in Bern am Samstag, 17., und Sonntag, 18. Juni, werden – Stand heute – stattfinden.»  Was soll an zwei Konzertterminen roh, grob oder unverdaulich sein? Aber Sprachbeherrschung war früher mal.

Stimmt wenigstens die Aussage, dass der Veranstalter schweige? «Die Gadget abc Entertainment Group AG hat gegenüber dieser Redaktion auf eine erneute Anfrage wiederum damit geantwortet, dass man die Geschehnisse verfolge und zu den erhobenen Anschuldigungen keine Stellung beziehe.»

Wie geht das? «noch immer schweigen», aber «wiederum antworten»? Logik war gestern, mit dem Titel dem Lauftext eins in die Fresse hauen, das ist heute. Aber der Platz ist noch nicht voll auf der Seite, also muss weitergelabert werden. Es gäbe noch «vieles zu klären». Zum Beispiel? «Die Frage, ob es üblich ist, dass aus den Fanreihen Frauen für Backstage-Partys quasi ausgewählt werden

Nein, üblich ist, dass Lose an alle Konzertbesucher verteilt und die Gewinner jeweils vor der letzten Zugabe ausgerufen werden. Üblich ist, dass die «Row One» wie das Musikexperte Hentschel formulieren würde, mit kleinwüchsigen Menschen gefüllt wird, damit auch die ungehinderten Blick auf die Bühne haben.

Es ist auch verflixt, die beiden Autoren müssen noch mehr Zeilen schinden: «Aber auch auf ganz praktische Fragen gibt es bislang keine Antwort. Etwa auf jene, ob man sich sein Ticket zurückerstatten lassen kann, wenn man jetzt keine Lust mehr auf ein solches Konzert hat

ZACKBUM hätte die praktische Frage, ob man sein Geld zurückerstatten lassen kann, wenn man keine Lust mehr auf solche Texte hat. Allerdings ist die «ganz praktische Frage» ganz gaga. Seit wann soll «kä Luscht» ein ausreichender Grund sein, ein Ticket zurückgeben zu dürfen? Oder halt, es wurden ja schon Konzerte abgebrochen, weil sich Zuhörer plötzlich «unwohl» fühlten. Gab aber kein Geld zurück  …

Nun kommt auch hier die Climax, der Höhepunkt: «Es herrschen patriarchale, oft toxische Strukturen. Der Unterschied ist, dass im Musikbusiness immer noch weitgehend darüber geschwiegen wird, was alles hinter verschlossenen Türen passiert

Was die beiden Fachleute nicht alles wissen. Martin Burkhalter ist Redaktor bei der «Berner Zeitung», Co-Leiter Berner Literaturfest und Mitarbeiter Internationales Literaturfestival Leukerbad. Wenn die Angaben auf seiner lange nicht aktualisierten Webseite noch stimmen. Ane Hebeisen ist Musikredaktor beim «Bund» (gibt’s den eigentlich noch?). Zwei ausgewiesene Kenner des internationalen, toxischen Musikbusiness.

In heller Verzweiflung hangeln sich die beiden dann zum Schluss; bei den Münchner Konzerten seien «Row Zero» und After-Show-Party gestrichen. Aber: «In der hiesigen Politik gibt es noch keine dahingehenden Überlegungen. Hier ist also – zwei Wochen vor den Konzerten – noch alles beim Alten

Himmels willen, muss also befürchtet werden, dass – nur krude Fakten, bitte – in Bern Groupies vorne vor der Bühne kreischen dürfen und anschliessend an After-Partys, nein, wir wollen uns das gar nicht vorstellen.

Allerdings: obwohl ZACKBUM kein Fan der Bühnenkunst und des pathetisch-provokativen Gehabes der Band ist: lieber sich so ein Konzert anhören, als den Tagi lesen müssen.

 

 

 

 

Es gibt auch Kriegsgurgel*Innen

Sanija Ameti ist eine.

Wer die «Operation Libero» nicht mag, betet täglich dafür, dass Ameti möglichst noch lange «Co-Präsidentin» bleibe. Dann wird die gross angekündigte «Europa Initiative», die bedenklich lange ohne Initiativtext blieb, sicherlich nicht zustande kommen.

Denn obwohl auch schon ein Weilchen um Geld dafür gebettelt wird, sind laut Webseite von den angepeilten 500’000 Franken erst 131’159 eingetrudelt. Zudem gäbe es 63’013 «Unterschriften-Versprechen». Das ist lustig und demokratisches Neuland. Ob es sich bei den 130’000 auch teilweise um Spendenversprechen handelt? Da Ameti einige Male nicht auf Anfragen von ZACKBUM reagierte, verzichten wir …

Wir mussten uns schon einige Male mit dieser Bachelorette der Politik befassen, die sehr geschickt darin ist, mit Erregungsbewirtschaftung und Luftnummern in die Medien zu kommen. Allerdings auch mit Ausrastern, obwohl sie ihre Provokationen meistens sorgfältig vorbereitet. So behauptete sie, sie bekäme «bis zu 100 Hassmails am Tag». Als sie gebeten wurde, das doch mit einem beliebigen Beispieltag, mit oder ohne abgedeckte Absender, zu belegen, verstummte sie wie ein Fisch.

Einen gewissen Mut kann man ihr nicht absprechen. So nahm sie etwas merkwürdig gekleidet an einer Podiumsdiskussion von «Pro Schweiz» teil. «Pro Schweiz» ist die Nachfolgeorganisation der Auns und hat eine «Neutralitätsinitiative» gestartet.

Ameti hatte sich sorgfältig auf ihren Auftritt in Feindesland vorbereitet und trug eine Schweizer Armeejacke. Sie gehöre einem Islamay, dessen Eltern aus dem Kosovo in die Schweiz geflüchtet seien. Also aus einem Mafia-Staat, dessen erster Präsident vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Brüssel schwerer Verbrechen angeklagt ist. Für Ameti werde aber auch hier «unsere Freiheit» angegriffen, wenn die «internationale Ordnung» angegriffen sei. Nur welche, wäre die Frage.

«Jedenfalls wandte sich Frau Ameti gegen ein neutrales Abseitsstehen, plädierte für eine «Weltordnung» und ortete das Böse in Russland und China» berichtet die «Weltwoche». Dann tat Ameti das, was inzwischen zu ihrem Markenzeichen geworden ist. Sie leierte eine vorbereitete Provokation herunter. So wie weiland im «Club» («kann mir keinen strammen SVP-Politiker politisch schöntrinken»), wie in einem Referat vor einer Europadebatte (zu Christoph Blocher: «Ihnen war kein Franken und keine Faktenverdrehung zu schade, um […] das Land im Gefängnis-Modus einzufrieren»).

Diesmal war Roger Köppel das Ziel ihres Angriffs: «Sie, Herr Köppel, mit Ihrer Weltwoche sind die fünfte Kolonne Putins in der Schweiz. Sie sind der Feind im Inneren. Sie sind der Feind, der unsere Freiheit angreift, und entsprechend werden sie auch behandelt.»

Das ist nun echt lustig, denn als «Fünfte Kolonne Moskaus» wurden früher Linke beschimpft, die öffentlich Sympathien für die damalige UdSSR äusserten. Auch sie seien der «Feind im Innern», auch sie hätten die «Freiheit» und überhaupt die Schweizer Gesellschaftsordnung angegriffen.

Ein Leichtes für Köppel, den souveränen Liberalen zu geben und zu betonen, dass er freundlich mit allen Menschen rede, auch wenn er deren Meinung nicht teile. Da stand dann Ameti trotz Kampfanzugsjacke eher nackt da.

«Entsprechend werden sie auch behandelt», kündigte Ameti abschliessend dunkel-drohend an. Damals war es so, dass diese Linken, diese «Fünfte Kolonne» Repressionen auf jeder Ebene erlitten. Berufliche Karrieren wurden zerstört, von gesellschaftlicher Ächtung begleitet, solche Radikale wurden illegal in Fichen erfasst und systematisch denunziert. Unvergessen und unverzeihlich, dass sogar die NZZ durch die Bekanntgabe seiner Wohnadresse einen wütenden Mob zum Zuhause des bekennenden Kommunisten und bedeutenden Kunsthistorikers Konrad Farner lenkte.

Ob Ameti diese Behandlung vorschwebt, die auch schon der Vollirre Philipp Ruch vom «Zentrum für Politische Schönheit» unter Beihilfe des Neumarkt-Theaters probierte? Er initiierte einen Saubannerzug zum Wohnsitz von Köppel, der allerdings an der Stadtgrenze Zürich kläglich stehenblieb.

Inzwischen ist aber zumindest die NZZ geläutert und schreibt zutreffend, dass die «Operation Libero» unter der Führung von Ameti immer mehr die «SVP der Progressiven» geworden sei. In der Geschmacklosigkeit einiger Provokationen steht sie der grössten Partei der Schweiz tatsächlich nicht nach. Allerdings verfügt die SVP über ein intelligenteres Führungspersonal.

Wumms: Frank A. Meyer

Er nimmt sich ein Bombenthema zur Brust.

Ringiers Hausgespenst meldet sich mal wieder aus dem fernen Berlin, wo er geblieben ist, nachdem sein Geburtstagsgeschenk «Cicero» ein Flop wurde. Der Meister der didaktischen Frage holt diesmal weit aus:

«Das Gestern lehrt die Heutigen, dass es erneut ums Ganze geht: um den freien Westen – also auch um die Freiheit derjenigen Zeitgenossen, die in TV-Talkshows oder zu Hause auf dem Sofa tiefsinnige Gedanken über den offensiven ukrainischen Widerstand wälzen – dürfen die Ukrainer das, oder dürfen sie nicht

Das Gestern lehrt die Heutigen, damit will Frank A. Meyer offensichtlich die Flughöhe eines Helmut Schmidt erklimmen. Der hätte aber niemals so geschwurbelt. Worum geht es, um Meyer zu imitieren. Ist es statthaft, dass die Ukraine Ziele in Russland angreift, zum Beispiel Drohnen nach Moskau schickt?

So beschäftigt sich Meyer nicht mit den letzten Tagen, aber mit den letzten Fragen der Menschheit. Obwohl daraus durchaus die letzten Tage werden könnten, wenn der Krieg in der Ukraine atomar eskaliert.

Auf jeden Fall hat Meyer mal wieder die Autobiographie von Winston Churchill gelesen, wozu man nur als Rentner genügend Zeit hat; selbst die Kurzfassung seines 12-bändigen Oeuvres hat noch 1136 Seiten in der deutschen Taschenbuchausgabe.

Churchill hatte als Antwort auf die deutschen Bombenangriffe auf London Attacken auf Berlin befürwortet, auch wenn die britische Air Force zu diesem Zeitpunkt nur zu kleinen Schlägen in der Lage war. Aber es sei eben um die psychologische Wirkung gegangen. Meyer räumt ein: «Oh nein, die Geschichte wiederholt sich nicht. Doch manche historischen Ereignisse ähneln einander.»

Wiederholung nein, Ähnlichkeit ja. Denn «Ja: Jetzt ist auch gestern.» Und übermorgen ist auch heute, Sonntag wird Montag, heute wird zu gestern, aber wird gestern wirklich auch zu jetzt? Leider gibt Meyer auf diese entscheidenden Fragen keine Antwort.

Dafür geht es, was denn sonst, «erneut ums Ganze».  Da sitzt dann Meyer hingesunken zu Hause in seinem grauen Lehnsessel und schaut streng. Über die Farbgebung von Pullover und Hose wollen wir schweigen.

 

Dergestalt wälzt er tiefsinnige Gedanken über Zeitgenossen, «die in TV-Talkshows oder zu Hause auf dem Sofa tiefsinnige Gedanken über den offensiven ukrainischen Widerstand wälzen».

Hier klingt leises Bedauern durch, dass Meyer weder eine eigene Talkshow hat, noch in solche eingeladen wird. Aber zu Hause im Sessel darf er … Blöd für die Talkshows und Sofawälzer ist auch, dass Churchill doch die Frage, ob die Ukraine Moskau angreifen dürfe, längst beantwortet habe. Überliefert wird diese Erkenntnis vom Hobbyhistoriker Meyer. Aber auf den hört ja leider niemand.

Die Abschreiber

Früher gab es wenigstens noch Sensationsjournalismus.

Heutzutage ist das zum Denunziationsjournalismus degeneriert. Das Lieblingshassobjekt ist der Mann. Am besten der berühmte, wenigstens der bekannte Mann. Dem wird dann irgendwas vorgeworfen (nach der Affäre Rammstein kann man nicht mal mehr von eindeutigen Tatbeständen sprechen). Die Anschuldigungen erfolgen anonym, liegen auch gerne schon Jahre zurück und lassen sich in keiner Weise belegen oder schlüssig nachweisen.

Meistens beginnt es mit einer Anschuldigung in den sozialen Medien, mit einem «Jetzt rede ich»-Text. Der folgt immer dem gleichen Schema. Es werden unbelegte Anschuldigungen erhoben, die oft viele Jahre zurückliegen. Statt Straftatbeständen (die sowieso meistens verjährt wären), werden Befindlichkeiten («verletzt, gedemütigt, diskriminiert, herabgewürdigt, ungerecht behandelt, sexistisch missbraucht») angeführt.

Daraufhin melden sich unvermeidbar Trittbrettfahrerinnen. Dabei ist keine Story zu alt oder abgefahren, um nicht mit ihr an die Öffentlichkeit zu gehen. Liegt sie schon viele Jahre zurück, konnte die Betroffene eben nicht vorher darüber reden, nun kann sie «nicht länger schweigen», wie Patrizia Laeri begründete, dass sie mehr als 20 Jahre danach mit einer versuchten Kussattacke Aufmerksamkeit auf sich lenken wollte. Als die Untersuchung nichts, beziehungsweise Widersprüchlichkeiten in ihren Behauptungen ergab, kündigte sie verschnupft eine «juristische Prüfung» an, da sei sicherlich nicht alles mit rechten Dingen zugegangen. Seither ist Schweigen.

Während bislang der «Spiegel» für sich eine Vorreiterrolle in Anspruch nehmen konnte – er denunzierte bereits einen deutschen Comedian, einen Schweizer Ex-Chefredaktor, einen deutschen Schauspieler und einen Drei-Sterne-Koch, dazu berichtete er über anonyme Anschuldigungen gegen den Sänger der linksradikalen Band «Feine Sahne Fischfilet» –, hat nun auch die «Süddeutsche Zeitung» zugeschlagen.

Obwohl sie ganze sechs Kräfte auf die Story warf, sind die Ergebnisse allerdings erschütternd mager. Andeutungen, Behauptungen, angebliches aggressives Verhalten, eine Zustimmung, die dann doch nicht so gemeint war, Groupies, die wohl annahmen, bei der After-Show-Party würde Bingo gespielt, berichten unter dem Schutz der Anonymität. Dabei gibt es auch solche Berichte:

«Beim Tanzen habe er seine Hand auf ihre Taille gelegt. Da habe sie ihm gesagt, sie wolle nicht, dass er ihr nah kommt, das habe er wohl falsch verstanden. Und er habe das akzeptiert, sich sogar entschuldigt. Am Ende des Abends sei Lindemann ohne weibliche Begleitung nach Hause gegangen, obwohl es nach ihrem Eindruck «genug Frauen gab, die mit ihm schlafen wollten»».

Da musste die SZ tief Luft holen, um das zu einem Skandal aufzupumpen:

«Ob es sich dabei um einvernehmlichen Sex gehandelt hat, ist kaum zu eruieren. Jedenfalls gab es kaum ein klares Ja. Die Beziehung zwischen Groupies und Stars mag immer asymmetrisch sein. Im Falle des 60-jährigen Lindemann und der jungen Frauen – viele offenbar im Teenageralter – war das Verhältnis aber von äusserster Ungleichheit. Die Groupies scheinen nach den von ihnen öffentlich gemachten sexuellen Handlungen denn auch nicht recht gewusst zu haben, ob sie nun von einem Halbgott, einem Rocker-Zeus, beehrt oder aber von einem alten Lüstling missbraucht worden waren

Früher, als die Zeiten besser waren und Journalismus noch Regeln folgte, hätte spätestens hier eine Kontrollinstanz gesagt: damit habt ihr aber eure sowieso schon dünne Story gekillt, Papierkorb.

Heute aber wird sie ins Blatt gehievt. Und wie es Trittbrettfahrerinnen bei den Anschuldigungen gibt, steigen auch die übrigen ausgehungerten Medien auf diesen Zug und krähen tapfer mit. Die sonst seriöse NZZ versteigt sich sogar zum Titel: «Aus dem Künstler ist ein Täter geworden». Um ihn dann, als der Verstand wieder einsetzte, zu «Was ist Tat, was ist Fiktion?» abzuschwächen. Notabene ohne das transparent zu machen.

Noch schlimmer als solche Trittbrettfahrten ist eigentlich nur noch eines: das copy/paste-Abschreiben, wie es das Haus der Qualitätsmedien «Tages-Anzeiger» pflegt. Hier übernimmt man tel quel den Artikel aus München, ohne die Gelegenheit zu nützen, wenigstens ein wenig Eigenrecherche zu betreiben. Dafür melkt die gesundgeschrumpfte Redaktion insgesamt 5 Storys aus dem Thema, dass eine deutsche Rockband mit deutschen Provokationen zu deutschen Problemen berühmt geworden ist.

Natürlich interessiert das auch den Schweizer Fan von «Rammstein», der überwiegenden Mehrheit der Tagi-Leser geht da aber genauso am Hintern vorbei wie die ewige Quengelei wegen Gendern, Gendersternchen und der Ausmerzung angeblich diskriminierender Begriffe.

Abgeschriebener Denunziationsjournalismus, eisernes Schweigen gegenüber des Skandals, der sich im eigenen Haus im «Magazin» abspielt, Gedankenleere, dafür Kampagnenjournalismus vom Übelsten, was die Themen Neutralität oder Waffenlieferungen an die Ukraine betrifft, immer wieder Artikel und Leitartikel zum Gendern, obwohl das Dreiviertel der Leser null interessiert. Wer da behauptet, die Umstände, das Umfeld, die Inseratelage, die Zahlbereitschaft, das Internet seien die Probleme der modernen Medien, bekommt hier deutlich vorgeführt: mag alles eine Rolle spielen.

Aber die abgründige Unfähigkeit und Dummheit der Zeitungsmacher ist die Hauptursache für den Niedergang.

Wumms: Aline Wanner

Eigentlich wollten wir nicht mehr. Aber wir müssen.

Ist jetzt auch offene Schleichwerbung in der NZZ erlaubt? Zumindest in der «NZZamSonntag» scheint das möglich zu sein. Hier missbraucht Wanner ihre zweiwöchentliche Medienkolumne für ein Loblied auf «die Finanzplattform ElleXX».

Zunächst eine Minikritik als Feigenblatt:

«Ihr Ziel: Close the gap, die Lücke schliessen. Sprich: Geld gerechter zwischen den Geschlechtern verteilen. Mit dieser Vision geht ein kleines ­journalistisches Problem einher: Sie ist relativ aktivistisch

Aber das ist ja ein sanfter Nasenstüber, bevor ungebremst gejubelt und gelobt wird: «Denn gerade im – gratis angebotenen – journalistischen Bereich finden sich bei ElleXX originelle Ansätze.» Ab hier sind alle Dämme gebrochen, Wanner verliert jede Contenance und Distanz:

«Daneben bieten weitere Formate, etwa eine Kolumne zu scheinheiligen Diversitätsbemühungen von Konzernen oder Gespräche mit Frauen über Geld, ein Angebot, das sonst im deutschsprachigen Raum allzu rar ist: optisch und inhaltlich ansprechenden Wirtschaftsjournalimus, nutzerinnenorientiert, farbig und hin und wieder sogar ein bisschen lustig.»

Ein kritisches Wort zur astronomischen Bewertung der Plattform, zum Mini-Umsatz, zur Weigerung, Zahlen für 2023 bekannt zu geben, zur angenommenen Umsatzsteigerung um 15’000 Prozent in drei Jahren?

Man muss sich fragen, ob «ElleXX» für diese Publireportage, die nicht so ausgezeichnet wurde, wenigstens anständig bezahlt hat, denn genug Geld ist doch zurzeit vorhanden.

Falscher Titel, macht aber nix

Löpfe ist der Mann fürs Doofe bei «watson».

Der Titel ist reisserisch: «Der seltsamste Fast-One-Night-Stand meines Lebens». Oh, Pardon, ZACKBUM meint natürlich diesen hier: «Was ist in China los?» Ja was denn nur, ist ein Reissack umgefallen? Nein, viel schlimmer, vermeldet Philipp Löpfe im Blatt für Intelligenzler und Freunde der Quantenphysik «watson». «Rekordhohe Jugendarbeitslosigkeit und sinkende Konsumlust». Au weia. «Die Finanzgemeinde», also das Gemeindemitglied Löpfe, «wird durch die neusten Zahlen aus China aufgeschreckt».

Huch, welche Zahlen? Die Jugendarbeitslosigkeit sei auf «über 20 Prozent geklettert, ein trauriger Rekord der jüngeren Vergangenheit». Nun ja, in der jüngsten Vergangenheit, nämlich im Jahr 2022, kratzte sie auch schon mal an der 20-Prozent-Schwelle. Aber solche Hintergründe würden ja nur stören. Und woher hat Löpfe diese Zahl? Aus offiziellen chinesischen Quellen? Nein, sie sind von Goldman Sachs. Das ist etwa so intelligent wie neue Zahlen über die Schweizer Wirtschaft nicht vom Statistischen Bundesamt, sondern von einer Amibank zu beziehen.

Löpfe hat noch eine zweite Zahl auf Lager. Der «Index der Einkaufsmanager» sei von April auf Mai von «49,2 auf 48,8 Punkte gesunken». Das hat er von «Statista» abgeschrieben, samt der Erläuterung, dass ein Wert unter 50 Punkten eine «sich abschwächende Wirtschaft» anzeige. Nun beruht diese Zahl auf einer Meinungsumfrage, auf nicht mehr oder weniger. Auch da kommt es darauf an, wer sie macht und wem man glaubt. So sagt das chinesische Wirtschaftsmagazin Caixin, der Index sei von 50 auf 49,5 Punkte gefallen. Also auf einen Wert, der oberhalb des von Löpfe behaupteten liegt.

Nachdem er so zweimal den feuchten Finger in die Luft gehalten hat, zitiert er den «Chefökonom für China bei Goldman Sachs», der von «mangelndem Vertrauen» und «schwächelnden Investitionen» spricht. Was nicht wirklich verwundert, da er wohl den Zahlen seines eigenen Hauses schlecht widersprechen kann. Ob die zutreffen oder nicht, das ist eine andere Frage.

Letzter «Beweis»: der CEO der US-Bank JPMorgan «und der derzeit unbestrittene Star in der Banken-Szene» warne vor «Unsicherheiten» bei der chinesischen Regierungspolitik. Was der Chefökonom von «watson» dabei vielleicht übersieht: zwischen den USA und China wachsen die Spannungen, wirtschaftlich sehen die Amis China immer mehr als ihren Hauptkonkurrenten und -feind.

Also sind diese Aussagen ungefähr so objektiv, wie wenn man russische Quellen zur Beschreibung des wirtschaftlichen Zustands der Ukraine herbeiziehen würde. Aber damit kommt Löpfe erst in Fahrt: «Nicht nur die Investoren werden nervös, auch die Rohstoffpreise sind angesichts der sinkenden Nachfrage aus China ins Rutschen geraten

Öhm, also beispielsweise der Preis für ein Barrel Brent Rohöl ist tatsächlich von knapp 124 US-Dollar auf unter 76 gefallen. Allerdings in einem Jahr

Dann schwingt sich Löpfe zu den Begriffen «Decoupling» und «De-Risking» auf. Der erste soll ein Abkoppeln der westlichen Wirtschaft von China postulieren, der zweite eine Verminderung des Risikos einer Abhängigkeit. Beides ist Geschwätz, denn gerade die USA sind der grösste Schuldner Chinas, oder umgekehrt ist China der grösste Gläubiger der militärischen Supermacht. Dazu die Abhängigkeit von Lieferketten, der Absatzmarkt China, die Importe aus China: gerade die USA würden sich tief ins eigene Fleisch schneiden, wenn sie einen Wirtschaftskrieg mit China beginnen würden.

Daher fallen auch die Kritiken daran, dass China auf Sanktionen gegen Russland pfeift und das Handelsvolumen stetig ausweitet, von US-Seite eher verhalten aus. Da prügelt man lieber auf die Schweiz ein; die ist klein und schwächlich.

Also kommt Löpfe zum Schluss: «Ein Abkopplung hingegen würde Firmen wie Apple vor kaum lösbare Probleme und die deutsche Autoindustrie ins Verderben führen. Und China hätte dann ebenfalls weit gravierende Probleme als arbeitslose Jugendliche.»

Ach, genau, da hat er ja seinen Blindflug durch die Welt gestartet, bei den arbeitslosen chinesischen Jugendlichen und der angeblich schwächelnden Wirtschaft. Um dann bei der Unmöglichkeit des Entkoppelns zu landen.

Aber schön, hat er darüber geredet. Verstanden hat’s nur niemand; er selbst wohl auch nicht.