Felix Austria
In Österreich müsste man Journalist sein.
Dann wäre das Leben leiwand, niemand müsste sich in Genderwahnsinn-Texte versteigen. Denn die Realität ist besser als jede Satire. Ein Jungstar, der zum Bundeskanzler aufsteigt und gelobhudelt wird, bis die Brillantine aus seinen Haaren tropft. Um dann kurz und brutal mit Schimpf und Schande aus dem Amt gejagt zu werden. Ein betütelter Vizekanzler Strache, der sich in einer fiesen Falle vor laufender Kamera um Kopf und Kragen redet. Ein Wirtschaftsminister unter Korruptionsverdacht.
Ach, ein Skandal jagt den nächsten, atemlos müssen die Journalisten darauf achten, immer den neusten, den nächsten auch noch mitzukriegen, ja nicht zu lange am letzten festzuhalten. Frohgemut wacht in Wien der Redaktor morgens auf, geht mal ins Kaffeehaus und bleibt dort bis zum Mittag. Dann schlurft er auf die Redaktion und überlegt sich, welchen neuen Skandal er denn auf Seite eins heben will.
Er kann dabei durchaus anspruchsvoll sein. Was in Deutschland, von der Schweiz ganz zu schweigen, Futter für eine Wochenration wäre, wird in Österreich an einem Tag durchgenudelt. Denn morgen ist ein neuer Tag, ein neuer Skandal.
Man muss allerdings sagen, dass der aktuelle Skandal (Stand heute, bitte sehr, gschamigster Diener), so ziemlich alles schlägt. Nicht unbedingt an krimineller Energie, da ist der Fall Proksch und der Untergang der Lukona weiterhin unerreicht. Aber an brüllender Lächerlichkeit hat’s den Deckel von der Skala gelupft:
Das ist das amtliche Wahlergebnis der Abstimmung über den neuen Parteichef der Sozialdemokratischen Partei Österreichs. Gewählt war Hans Peter Doskozil, der Mann mit gravierenden Problemen an den Stimmbändern. Im Vorfeld war lange diskutiert worden, ob jemand, der mit der wichtigsten Tätigkeit von Politikern Probleme hat, nämlich endlos zu quatschen, wirklich als Parteichef geeignet sei.
Aber dann, um es mit den vornehm zurückhaltenden Worten der NZZ zu sagen:
Wieso denn das? «Vielleicht hätte die SPÖ einfach die Giraffe aus dem Zoo Schönbrunn wählen sollen, die ein findiger Journalist vor einigen Wochen für die Kandidatenliste angemeldet hatte.»
Denn damit hätten die Sozis vielleicht weniger Spott geerntet als mit dem Eingeständnis, dass bei der Auszählung der Stimmen ein klitzekleiner Fehler passiert ist. Genauer gesagt, alle Stimmen wurden dem falschen Kandidaten zugeordnet. Alle. Lediglich Berthold Felber konnte aufatmen, ihn betraf das nicht, mit 0 Stimmen. Obwohl, vielleicht kann man auch eine Null falsch zuordnen.
Auf jeden Fall musste Doskozil seine Gratulationstournee abrupt abbrechen, Babler stoppte sein Eingeständnis der Niederlage. Alles zurück, alles neu: Babler hatte gewonnen, mit 53,2 Prozent, also mit den Stimmen, die Doskozil zugeteilt worden waren. Der hatte mit den Stimmen von Babler verloren. Okay, es ist kompliziert.
Kommt noch hinzu, dass Babler bislang lediglich Exekutiverfahrung als Bürgermeister einer niederösterreichischen Kleinstadt hat. Dazu bekennender Marxist, Anhänger der 32-Stunden-Woche ohne Lohneinbusse.
Nun steht er allerdings vor dem Problem, wie er den Wählern schmackhaft machen will, dass eine Partei regieren soll, die nicht mal eine interne Wahl gebacken gekriegt, ohne sich der grenzenlosen Lächerlichkeit preiszugeben.
Journalist in Wien sollte man sein. Da wird ein Schmankerl nach dem anderen auf dem Silbertablett serviert. Habe die Ehre.
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