Seit die Bilder lügen lernten

Wieso machen die Medien nichts dagegen?

Dass Gedrucktes gelogen sein kann, wissen wir schon seit vor der Parteizeitung «Prawda» (Wahrheit). Es kann eine leichte Akzentverschiebung sein oder auch nur der Kontext. «Schweres Erdbeben mit vielen Toten» ist nicht das gleiche wie «Schweres Erdbeben, Rettungsnmassnahmen angelaufen». Das ist ein sehr weites Feld bis hin zu schlichten Fälschungen wie die Konstantinische Schenkung oder die Protokolle der Weisen von Zion.

Schon hier spielen die Massenmedien eine entscheidende Rolle. Denn sie entscheiden über die öffentliche Wahrnehmung von Ereignissen. Vor allem solche, die vom Konsumenten nicht aus eigener Erfahrung überprüft werden können. Ist Nordkorea ein gruseliger Unrechtsstaat mit Hungersnöten, Arbeitslagern und einem irren Diktator? Oder ein kleines Land, das versucht, sein Schicksal autonom zu bestimmen und fürchterlich verleumdet wird?

Da es die absolute Wahrheit nicht gibt und sie auch nicht in der Mitte liegt, ist also die Vorarbeit eines Newsmediums entscheidend. Wenn es schreibt, dass Präsident Putin schwer krank sei oder Nawalny gestorben, dann wäre es gut, wenn das auch zutreffen würde. Wenn es also Bestätigungen dafür gäbe.

Mit jeder Fake News verspielen die Medien ein weiteres Stück ihrer ohnehin schon angeschlagenen Glaubwürdigkeit, ihr angeblich wichtigstes Gut. Ihr teuerstes Gut, ihr wertvollstes.

Dafür tun sie aber erschreckend wenig, um hier Überprüfbarkeit und Authentizität zu gewährleisten. Ist der Film über «Putins Palast» eine reale Dokumentation oder ein Fake? Behaupten kann man beides, aber belegen sollte man es schon können.

Die Sprache wird zum Lügen verwendet. Mit der Fotografie meinte man, einen objektiven Zeitzeugen gefunden zu haben. Bis Fotografien verändert, gefakt wurden. Zunächst noch eher amateurhaft, wenn der Revolutionär Trotzki, der als zweitwichtigster Mann sehr häufig neben Lenin stand und fotografiert wurde, aus all diesen Bildern herausretouchiert wurde, weil er Stalin in der Sonne stand. Gelegentlich blieb da aber ein Fuss, ein Arm oder eine Mütze übrig.

Seit der Digitalisierung ist es selbst für den Fachmann ausgesprochen schwierig, ein echtes Bild von einem Fake zu unterschieden. Blieb noch das bewegte Bild, das sei dann nur sehr, sehr schwer zu manipulieren. Bis AI und Deep Fakes das Gegenteil bewiesen.

Daraus kann man entweder schliessen, dass wir sowieso bald alle eine virtuelle Bildweltbrille tragen werden und die Wirklichkeit an Bedeutung schwer verlieren wird. Oder aber, wir können lamentieren, dass man ja niemandem und nichts mehr glauben kann. Und all die verhöhnen, die noch davon ausgehen, dass ein Bericht in der «Tagesschau» vielleicht manipulativ getextet oder eingeordnet oder ausgewählt sei, das Video selbst aber der Wirklichkeit entspräche.

Kann sein, muss nicht sein. Denn auch diese News-Flaggschiffe kochen nur mit Wasser. Sie vertrauen der Quelle, normalerweise eine Agentur wie AFP oder Reuters, sie machen vielleicht eine Google-Suche, ob diese Bilder nicht schon mal gezeigt wurden, sie versuchen, zusätzliche Bestätigungen aus anderen Quellen einzuholen. Kann funktionieren, muss nicht.

Es gibt auch für den Laien erste Programme, mit denen er Videos auf ihre Echtheit überprüfen kann. Aber das Problem liegt ganz woanders.

Es hat seine Wurzeln in einem weiteren geizigen Versagen der Medienhäuser. Es kann doch keine Quantenphysik sein, mit Blockchain oder anderen Technologien zu garantieren, dass ein Video von der Aufnahme bis zur Ausstrahlung nicht manipuliert wurde. Natürlich, was gefilmt wurde und was nicht, das ist weiterhin potenziell eine Manipulationsmöglichkeit.

Aber zumindest die Authentizität solcher Newsvideos wäre garantiert. Warum passiert das nicht? Ganz einfach, weil es nicht ganz billig, aufwendig in der Herstellung und somit nicht sofort profitabel wäre. Und den kurzatmigen Medienmanagern fällt in der Krise sowieso nur eins ein: sparen, sparen, nochmal sparen. Und was vorher gratis war, verkaufen wollen.

Abgesehen von der Errichtung von mehr oder minder raffinierten Paywalls, hat man technologisch jemals etwas von ihnen gehört, so von Müller von Blumencron aufwärts und abwärts? Ausser Gedöns, natürlich?

Die überprüfbare Authentizität von Dokumentarvideos, wär› doch was. Aber ZACKBUM kann  diese Perle ohne zu zögern vor die Säue werfen. Sie werden nicht einmal grunzen und sie ignorieren.

 

 

 

 

13 Kommentare
  1. Karl Warth
    Karl Warth sagte:

    Natürlich kann das als bedrohlich empfunden werden. Nun wird halt neben der Meinung, dem Tendenziösen halt auch die Lüge und die Fälschung demokratisiert. Das gezielte Weglassen und Zurückhalten, das Vortäuschen falscher Tatsachen – all diese Macht – längstens Missbraucht und ad absurdum geführt von Medien und Journalismus – liegt nun eben in der Hand eines jeden. Wären Medien und Journalisten und vor allem Journalistinnen über all die Zeit aufrecht und lauter gewesen: Es hätte kein Bedürfnis gegeben danach. Wir leben an der Schwelle einer Zeit, in der sich jeder in der eigenen Wahrheit verlieren können wird. Die Knechtschaft durch Medien, Interpretation oder ‚Framing‘ ist vorbei.

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  2. Beo B. Achter
    Beo B. Achter sagte:

    Lügen wie gedruckt. «Die Redewendung stammt wohl aus der Zeit des 15. Jahrhunderts nachdem Johannes Gutenberg um 1450 den Buchdruck erfand. Bis dahin waren es die Leute gewohnt, Informationen direkt von Ihren Mitmenschen zu erhalten. Lügner ließen sich dabei schnell durch falsche Mimik oder auffälliges Verhalten entlarven.» (Ami Suchmaschine)

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      • René Küng
        René Küng sagte:

        Na dann soll noch jemand sagen, KI sei nicht creative und sogar künstlerisch talentiert.
        Den Gefühlszustand der Medien, der Welt – für die ist das ja ‹dito› – für 2024 abfragen und dann so ein Prachtsbild rausgespuckt bekommen 😉

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  3. Sue Saner
    Sue Saner sagte:

    Die viel grössere Gefahr sind mittlerweilen all die unregulierten Blogs (Influencer) im World Wide Web, mit einer oft eigenenen Agenda. Auch viele unzufriedene Neurotiker finden sich in diesem Jungle gut aufgehoben.

    Bin froh deshalb, dass es noch Medien gibt, verächtlich als Mainstream tituliert, die noch tapfer melden:

    „15 Tage Arrest fürs Niederlegen von Blumen. Nach dem Tod von Nawalny haben russische Gerichte in Eilverfahren bisher mehr als 200 Strafen gegen die an spontanem Gedenken teilnehmenden Trauernden verhängt“.

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    • Ast
      Ast sagte:

      Na ja, solange es die eigene Agenda ist, umgekehrt hätten Sie es lieber?
      Schön, dass Sie das «froh» macht, was die guten/ richtigen Medien Ihnen «tapfer» ins Haus liefern. Tönt beinahe nach einer Heldengeschichte. Mögen Sie weiter ein Leben fernab jeder kognitiven Dissonanz führen, seien Sie für immer frei von Ambivalenz.

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    • Peter Bitterli
      Peter Bitterli sagte:

      Na, wenn das nicht tapfer ist!
      Noch tapferer aber ist die komplett scham- und schmerzfreie Verwendung des doppelten Partizips Präsens („Deppendoppel“) durch dieses verächtlich als mainstream titulierte Medium: „… die an spontanem Gedenken teilnehmenden Trauernden.“

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    • C. Wallens
      C. Wallens sagte:

      Was darf Satire… Das haben Sie aber wirklich gut geschrieben Frau Saner. Ich mag auch, dass mir die Journalisten stets sagen, was ich zu denken habe. Das ist weit weniger anstrengend. «Wenn der Feind bekannt ist, hat der Tag Struktur (Volker Pispers).

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