Schlagwortarchiv für: Manipulation

Seit die Bilder lügen lernten

Wieso machen die Medien nichts dagegen?

Dass Gedrucktes gelogen sein kann, wissen wir schon seit vor der Parteizeitung «Prawda» (Wahrheit). Es kann eine leichte Akzentverschiebung sein oder auch nur der Kontext. «Schweres Erdbeben mit vielen Toten» ist nicht das gleiche wie «Schweres Erdbeben, Rettungsnmassnahmen angelaufen». Das ist ein sehr weites Feld bis hin zu schlichten Fälschungen wie die Konstantinische Schenkung oder die Protokolle der Weisen von Zion.

Schon hier spielen die Massenmedien eine entscheidende Rolle. Denn sie entscheiden über die öffentliche Wahrnehmung von Ereignissen. Vor allem solche, die vom Konsumenten nicht aus eigener Erfahrung überprüft werden können. Ist Nordkorea ein gruseliger Unrechtsstaat mit Hungersnöten, Arbeitslagern und einem irren Diktator? Oder ein kleines Land, das versucht, sein Schicksal autonom zu bestimmen und fürchterlich verleumdet wird?

Da es die absolute Wahrheit nicht gibt und sie auch nicht in der Mitte liegt, ist also die Vorarbeit eines Newsmediums entscheidend. Wenn es schreibt, dass Präsident Putin schwer krank sei oder Nawalny gestorben, dann wäre es gut, wenn das auch zutreffen würde. Wenn es also Bestätigungen dafür gäbe.

Mit jeder Fake News verspielen die Medien ein weiteres Stück ihrer ohnehin schon angeschlagenen Glaubwürdigkeit, ihr angeblich wichtigstes Gut. Ihr teuerstes Gut, ihr wertvollstes.

Dafür tun sie aber erschreckend wenig, um hier Überprüfbarkeit und Authentizität zu gewährleisten. Ist der Film über «Putins Palast» eine reale Dokumentation oder ein Fake? Behaupten kann man beides, aber belegen sollte man es schon können.

Die Sprache wird zum Lügen verwendet. Mit der Fotografie meinte man, einen objektiven Zeitzeugen gefunden zu haben. Bis Fotografien verändert, gefakt wurden. Zunächst noch eher amateurhaft, wenn der Revolutionär Trotzki, der als zweitwichtigster Mann sehr häufig neben Lenin stand und fotografiert wurde, aus all diesen Bildern herausretouchiert wurde, weil er Stalin in der Sonne stand. Gelegentlich blieb da aber ein Fuss, ein Arm oder eine Mütze übrig.

Seit der Digitalisierung ist es selbst für den Fachmann ausgesprochen schwierig, ein echtes Bild von einem Fake zu unterschieden. Blieb noch das bewegte Bild, das sei dann nur sehr, sehr schwer zu manipulieren. Bis AI und Deep Fakes das Gegenteil bewiesen.

Daraus kann man entweder schliessen, dass wir sowieso bald alle eine virtuelle Bildweltbrille tragen werden und die Wirklichkeit an Bedeutung schwer verlieren wird. Oder aber, wir können lamentieren, dass man ja niemandem und nichts mehr glauben kann. Und all die verhöhnen, die noch davon ausgehen, dass ein Bericht in der «Tagesschau» vielleicht manipulativ getextet oder eingeordnet oder ausgewählt sei, das Video selbst aber der Wirklichkeit entspräche.

Kann sein, muss nicht sein. Denn auch diese News-Flaggschiffe kochen nur mit Wasser. Sie vertrauen der Quelle, normalerweise eine Agentur wie AFP oder Reuters, sie machen vielleicht eine Google-Suche, ob diese Bilder nicht schon mal gezeigt wurden, sie versuchen, zusätzliche Bestätigungen aus anderen Quellen einzuholen. Kann funktionieren, muss nicht.

Es gibt auch für den Laien erste Programme, mit denen er Videos auf ihre Echtheit überprüfen kann. Aber das Problem liegt ganz woanders.

Es hat seine Wurzeln in einem weiteren geizigen Versagen der Medienhäuser. Es kann doch keine Quantenphysik sein, mit Blockchain oder anderen Technologien zu garantieren, dass ein Video von der Aufnahme bis zur Ausstrahlung nicht manipuliert wurde. Natürlich, was gefilmt wurde und was nicht, das ist weiterhin potenziell eine Manipulationsmöglichkeit.

Aber zumindest die Authentizität solcher Newsvideos wäre garantiert. Warum passiert das nicht? Ganz einfach, weil es nicht ganz billig, aufwendig in der Herstellung und somit nicht sofort profitabel wäre. Und den kurzatmigen Medienmanagern fällt in der Krise sowieso nur eins ein: sparen, sparen, nochmal sparen. Und was vorher gratis war, verkaufen wollen.

Abgesehen von der Errichtung von mehr oder minder raffinierten Paywalls, hat man technologisch jemals etwas von ihnen gehört, so von Müller von Blumencron aufwärts und abwärts? Ausser Gedöns, natürlich?

Die überprüfbare Authentizität von Dokumentarvideos, wär› doch was. Aber ZACKBUM kann  diese Perle ohne zu zögern vor die Säue werfen. Sie werden nicht einmal grunzen und sie ignorieren.

 

 

 

 

Neueste Medienmanipulationen

Die jüngsten Fälle zeigen einmal mehr, wie das China-Narrativ im Westen gründlich verzerrt wird.

Von Felix Abt

Für westliche Medien gehört es zum Gold-Standard, bei allem, was in China geschieht, automatisch «das Böse» zu unterstellen. Der jüngste Fall:

Der britische Historiker Francis Pike schrieb in der «Weltwoche»: «Hus medienwirksame Entfernung nimmt sich aus wie ein politisches Drama, das an die brutalen Säuberungen von Parteimitgliedern durch den Vorsitzenden Mao in den 1950er Jahren erinnert.» Er bezog sich auf ein Video vom chinesischen Parteitag, das zeigte, wie der ehemalige Parteichef Hu Jintao aus dem Saal eskortiert wird.

«Die Entfernung von Hu aus dem Saal ereignete sich bloss Minuten, nachdem ausländische Medien in die Grosse Halle eingelassen worden waren», fügte Pike hinzu. Das wirft sofort die Frage auf, warum Xi Jinping mit der «Entfernung» von Hu Jintao warten sollte, bis westliche Medien vor Ort sind, die nur auf eine solche Gelegenheit gewartet haben, um den «grausamen und menschenverachtenden Diktator Xi Jinping» an den Pranger zu stellen?

Was Xi Jingping’s Diktatur betrifft, so sei am Rande bemerkt, dass letzten Monat auf dem Athens Democracy Forum (in Zusammenarbeit mit der New York Times) eine Wissenschaftlerin der Universität Zürich gebeten wurde, sich zur Demokratie in China zu äußern, und ihre Antwort war nicht gerade das, was man bei so viel westlichem Diktaturgerede erwarten würde: In den letzten Jahren hat es unter Xi Jinping vermehrt «demokratische Experimente gegeben, zum Beispiel, um eine stärkere Beteiligung der Bürger zu ermöglichen und die lokalen Regierungsbeamten empfänglicher und rechenschaftspflichtiger gegenüber den Bürgern zu machen.» Wie zu erwarten war, berichteten die Medien nicht darüber, denn anders als die weltbewegende “Entfernung” Hu Jintaos im Plenarsaal handelte es sich um ein unwichtiges Detail, das auch ihr China-Narrativ durcheinander bringen würde.

Dieselben Medien erwähnten nicht, dass der gebrechliche 80-jährige Mann, der einen etwas verwirrten Eindruck hinterließ, bereits einige Tage vor dem von den westlichen Medien gehypten «Abführung aus der Kongresshalle zu dem Treffen eskortiert worden war, wo Xi Jinping sich als freundlicher Platzanweiser um ihn kümmerte.

Einen wichtigen Teil der Nachricht wegschneiden und die Wahrnehmung durch einen irreführenden Text verändern ist Manipulation und wird (zu Recht) von denselben Medien gegeisselt, wenn sie von China vorgenommen wird.

Hu Jintao wurde jeweils vom selben Begleiter in den Saal eskortiert (links),
der ihn auch aus dem Saal begleitete (rechts).

Kindersoldaten in Redaktionsstuben werfen Spekulationsbomben über China: Der junge deutsche Journalist Fabian Kretschmer schreibt aus Peking für die «Neue Zürcher Zeitung» (NZZ) und für die Geschichtsbücher.

Dass Hu Jintao ein gesundheitliches Problem hat, fiel China-Beobachtern erstmals bei der Parade zum Nationalfeiertag 2019 auf, als er auf dem Tiananmen-Balkon in Peking mit stark zitternden Händen gesehen wurde.

Unmittelbar vor der “Abführung” auf dem Parteitag nahm Hu Jintao an der Wahl teil, und zwar als zweiter Wahlberechtigter, gleich nach Xi Jinping, der seine Stimme an der Wahlurne abgab. In einer Gesellschaft, die viel eher konfuzianistisch als kommunistisch geprägt ist, bedeutet diese symbolische Platzierung bei der Abstimmung großen Respekt für den betagten Staatsmann. Die westlichen Medien blendeten auch dies aus dem Gesamtbild aus. Das machte es ihnen leichter, daraus einen Putsch, eine Säuberung und eine Demütigung des ehemaligen Präsidenten zu konstruieren.

In den chinesischen Abendnachrichten (ab 5:21) wurde Hu Jintao bei der Stimmabgabe gezeigt, nachdem Xi Jinping seine Stimme an der Wahlurne abgegeben hatte und kurz bevor Hu aus dem Saal “abgeführt” wurde.

Politische Säuberung und Demütigung für die Geschichtsbücher oder Störung des Gottesdienstes?

Von offizieller chinesischer Seite war wenig über den Vorfall zu hören, abgesehen von einem Tweet der Nachrichtenagentur Xinhua, in dem es hieß, Hu habe sich während des Treffens nicht wohl gefühlt».

Ein Bericht des singapurischen Fernsehsenders CNA fügte ein wichtiges Detail hinzu, das westliche Medienvertreter, die im Saal waren, ignorierten: Hu hatte sich einige Dokumente auf dem Tisch vor ihm angesehen und offenbar eine Meinungsverschiedenheit mit dem derzeitigen Vorsitzenden der chinesischen Legislative, Li Zhanshu, der links von ihm saß, gehabt, der ihm die Dokumente aus der Hand nahm. Und als Li Zhanshu versuchte aufzustehen, um Hu beim Aufstehen zu helfen, wurde Li von Wang Huning, einem Parteiideologen und ehemaligen Professor für internationale Politik zu seiner Linken, zurück auf seinen Platz gezerrt, was die Sache noch verwirrender machte. Als Xi diese Störung des choreografierten Parteitages bemerkte, rief er einen Mitarbeiter herbei, der dann versuchte, Hu zum Gehen zu bewegen, und der ihn anschließend aus dem Raum eskortierte. Auf dem Video ist auch zu sehen, dass Hu nach dem Aufstehen zunächst auf der Stelle schwebte, dann ein paar langsame Schritte machte, dann stehen blieb und sich Xi zuwandte, der kurz nickte, aber weiterhin die versammelten Delegierten ansah.

Wenn es sich dabei um einen Streit handelte, wäre der Vorfall aussergewöhnlich, denn in kommunistischen Parteien, die nicht für ihre Transparenz bekannt sind, werden Meinungsverschiedenheiten bekanntlich hinter verschlossenen Türen ausgetragen, auf jeden Fall aber nicht vor laufenden Kameras der ganzen Welt. Man müsste also wissen, was in den Dokumenten geschrieben stand. Ein ehemaliger chinesischer Insider sagte der BBC: «Warum sollte die Partei Hu ein Dokument auf den Tisch legen, wenn er es nicht sehen darf?»

Bill Bishop vom China-Newsletter «Sinocism» präzisierte, dass die “von den Medien behauptete Säuberung auf diese Weise keinen Sinn ergibt: Hu Jintaos Sohn, selbst ein hoher Parteifunktionär, saß in dem Saal. Eine Säuberung des einen ohne den anderen wäre unwahrscheinlich”.

Im Gegensatz zu den scheinbar völlig aus dem Takt geworfenen westlichen Medien bedienten sich die asiatischen Medien, die ein weitaus besseres Verständnis von China haben, einer weniger aufgeladenen Sprache. Es ist in diesem Zusammenhang auch wichtig zu wissen, dass die asiatischen Länder im Gegensatz zu Europa nicht auf eigene Kosten in den Kampf der USA gegen China hineingezogen werden wollen, wie ich hier ausführlich dargelegt habe.

So titelte beispielsweise der konservative ‹Korea Herald› in Seoul nüchtern, dass Hu Jintao auf dem Parteitag von der Bühne geholfen wurde.

Man kann davon ausgehen, dass diese Eskortierung von Hu Jintao auf dem Parteikongress
nicht in die koreanischen Geschichtsbücher eingehen wird. 

Einerseits wird alles Mögliche, was aus China kommt, im Westen aufgebauscht, überdreht und zum China-Bashing genutzt. Andererseits werden wichtigere Dinge, die zu einem besseren Verständnis des Landes beitragen würden, einfach unterdrückt. Ein weiteres, aktuelles Beispiel:

Kennen Sie Dilana Dilixiati? Nein, natürlich nicht. Aber Sie kennen sicher Peng Shuai, die berühmte chinesische Tennisspielerin, die nach Auffassung westlicher Medien einen pensionierten Spitzenpolitiker der Vergewaltigung bezichtigte (in ihrem chinesischen Originaltext wird das Wort Vergewaltigung nicht verwendet), nachdem die jahrelange heimliche Liebesbeziehung mit vielen Höhen und Tiefen zwischen den beiden in die Brüche gegangen war. Westliche Politiker und Medien, darunter auch die NZZ, riefen deshalb sofort zum Boykott der Olympischen Winterspiele in Peking auf.

Die Sportlerin wurde in der Folge oft in der Öffentlichkeit gesehen, lachend und im Gespräch mit anderen Menschen. Weil sie offenbar nicht in einem Gulag verschwunden ist, wie die westliche Medien-Soldateska insgeheim gehofft haben muss, verschwand sie wieder aus dem westlichen Medienzirkus.

Wie viele amerikanische und andere westliche Medien griff auch die «Neue Zürcher Zeitung» das Internationale Olympische Komitee heftig an, weil es sich gegen einen Boykott der Olympischen Winterspiele in Peking wegen Peng Shuai ausgesprochen hatte.

Die China-Expertin Dr. Wang von der University of New South Wales lieferte im australischen Fernsehen Hintergrundinformationen und Einblicke in den Fall, die anderswo nicht zu erhalten waren. Sie erklärte, es sei nur natürlich, dass westliche Organisationen wie der Welttennisverband den Social-Media-Beitrag von Frau Peng als Beschwerde über sexuelles Fehlverhalten interpretierten und angesichts des Mangels an detaillierten Informationen, Kommunikation oder Transparenz und Zensur in dieser Angelegenheit misstrauisch gegenüber Pekings Reaktion waren.

Sie wies den Vorwurf jedoch zurück und sagte, es gebe keinen eindeutigen Vorwurf der Vergewaltigung, die in China eine Straftat sei, und «sexuelle Belästigung» falle unter das Zivilgesetzbuch.

Ob die von Peng Shuai beschriebene Überredung oder Nötigung des ehemaligen Vizepremiers als «sexueller Übergriff» im üblichen Sinne bezeichnet werden könne, sei subjektiv, sagte sie.

Sie fügte hinzu, dass Peking zwar jede Kontroverse über seine Beamten unterdrücken wolle, die westlichen Medien aber auch ihre eigene politische Agenda in Bezug auf China verfolgten.

«In diesem Fall geht es um Belästigung, Macht und Skepsis, und er ereignete sich in einem breiteren Kontext wachsender Spannungen zwischen China und beispielsweise Australien, die aus diplomatischen Spannungen, Handelskonflikten und wachsenden Anschuldigungen gegen Chinas Menschenrechte, Demokratie und Zensur resultieren», ergänzte sie.

Sie schloss: «Es gibt also auch hier einen Medienkrieg zwischen China und dem Westen und den australischen Medien, und das spiegelt sich auch in den gegensätzlichen Ansichten der Social-Media-Posts wider

Zurück zu Dilana Dilixiati. Auch sie ist ein chinesischer Sportstar. Ihr Team hatte kürzlich bei der FIBA-Frauen-Basketball-Weltmeisterschaft einen unerwarteten, sensationellen Sieg im Halbfinale gegen die Basketball-Supermacht Australien errungen. Australische Medien berichteten: «Sie besiegten die Gastgeberinnen am Freitagabend im Sydney Superdome mit 61:59 in einer spannenden Begegnung, die erst in den letzten Sekunden entschieden wurde.» Der dramatische Thriller löste Schockwellen aus.

Wer das Spiel verfolgte, erkannte sofort, dass Dilana Dilixiati (links) anders aussah als ihre Mitspielerinnen. Die Journalisten müssen sie bemerkt haben. Seltsamerweise hat die Uigurin, die ihren Namen auf Uigurisch so buchstabiert: دىلانا دىلشات, was nicht nach Mandarin aussieht, kein Interesse erregt, obwohl sie sich wie keine andere für eine sensationelle Erfolgsgeschichte, die zu Klicks einlädt, geeignet hätte.

Die 1,94 Meter große Center-Basketballspielerin der Guangdong Vermilion Birds, die der chinesischen Frauennationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft zur Silbermedaille verhalf, besucht regelmäßig ihre Familie in Xinjiang.

Ein Twitter-Nutzer erkannte das uigurische Teammitglied der chinesischen Nationalmannschaft
und dass sie nicht von den Medien interviewt wurde.

Die australische Denkfabrik ASPI, die insbesondere vom australischen Verteidigungsministerium, der US-Regierung und der westlichen Kriegsindustrie finanziert wird, veröffentlichte die viel zitierte, aber widerlegte Broschüre «Uyghurs for Sale». Die Organisation war eine der treibenden Kräfte bei der Verbreitung der Propagandakampagne zum «Völkermord» an den Uiguren in China, die von den Vereinigten Staaten ausging.

Der Fall ist klar: Dilana Dilixiati, eine Uigurin, und ihre Fähigkeit zu reisen, widerspricht dem westlichen Narrativ, das in den Köpfen der Menschen verankert ist, dass Uiguren Gefangene und Opfer eines Völkermords sind und Xinjiang nicht verlassen können. Ihre Geschichte musste von den Medien verschwiegen werden, denn die Medienkonsumenten hätten natürlich gemerkt, dass mit dem vorherrschenden Narrativ etwas nicht stimmt, und niemand lässt sich gerne manipulieren.

Manipulierte Umfragen? Niemals

Kritiklose Medien übernehmen unglaubwürdige Behauptungen.

Ein IT-Fachmann hat in einem detaillierten Artikel dargelegt, wie einfach es ist, Online-Umfragen zu manipulieren. Es braucht lediglich Grundkenntnisse im Programmieren und etwas Energie.

Er hat das an einem Beispiel bewiesen, wo er eine «Community-Umfrage» des SRF ins Gegenteil drehte. Zuerst waren 62 Prozent der Voter für verschärfte Massnahmen gegen Covid-19. Aber am Schluss 62 Prozent dagegen.

Vorher …

… und nachher.

 

Das motivierte SRF sogar zu einem interpretierenden Artikel. Genau gleich wurden die Online-Umfragen von Tamedia kritisiert. So ähnlich wie beim Fall Berset herrschte zunächst ohrenbetäubendes Schweigen im Blätterwald und in den elektronischen Medien. Offenbar war die Stallorder ausgegeben worden: gar nicht erst ignorieren.

Dann aber bequemte sich zum Beispiel Tamedia dazu, einen SDA-Artikel zu übernehmen. Denn Eigenrecherche war gestern, vor allem in eigener Sache. Also titelt der Tagi:

«Tamedia und SRF sehen keine Manipulationsgefahr bei Umfragen».

Das durchführende Meinungsforschungsinstitut GFS darf sagen: «Es ist nicht möglich, unsere Umfrageergebnisse zu manipulieren.» Denn: «Die repräsentativen Umfragen basierten hauptsächlich auf telefonischen Befragungen.»

Artikel geschlossen, alle Fragen offen

Das sind erstaunliche Aussagen. Noch erstaunlicher, dass Tamedia diesen Artikel von SDA unkommentiert und ohne Ergänzung übernimmt. Am erstaunlichsten, dass sowohl SRF wie Tamedia ankündigen, zukünftig auf solche Online-Umfragen verzichten zu wollen.

Warum denn das, wenn es keinerlei Gefahr gibt, dass die Resultate manipuliert werden könnten? Aber diese realitätsverweigernde Position beinhaltet noch mehr Fragwürdiges. Mit keinem Wort wird darauf eingegangen, dass der Autor des Artikels darauf hinweist, dass er mehrfach versuchte, bei den verantwortlichen von SRF eine Stellungnahme oder eine Reaktion zu erhalten. Vergeblich.

So war auch die Reaktion von angefragten Redaktoren oder Fachorganen. Anfänglich leises Interesse, dann Schweigen. Es ist offenkundig, dass man diese Aktion am liebsten totgeschwiegen hätte. Es ist ein Armutszeugnis für die übrigen Medien, dass ein Finanzblog diesen Artikel schlussendlich brachte, obwohl das nicht wirklich das Kernthema von IP ist.

Der Artikel ist eher lang, dafür detailliert und überzeugend in der Beschreibung, mit welch einfachen Mitteln die Ergebnisse von Online-Voting manipuliert, ins Gegenteil verkehrt werden können. Die Darstellung inklusive Programmier-Angaben ist so akkurat, dass die Veranstalter offenbar Kopisten fürchten, die einfach dieses Wissen anwenden.

Aus diesem Grund wird offensichtlich auf weiteres Voting verzichtet.

Grosses Geschrei dort, verkniffenes Schweigen hier

Nun ist es so, dass immer gerne und ausführlich über Manipulationsversuche vor Wahlen berichtet wird – im Ausland. Es wird auch ein grosses Geschrei veranstaltet, wenn Impfskeptiker eine Konzerttournee während der Impfwoche «sabotieren» und die Künstler teilweise nur vor einer Handvoll Leute auftreten. Was denen aber egal ist, Fixhonorar wurde vereinbart.

Nur in ganz gewählten Worten wurde darauf hingewiesen, dass die horrende Summe von rund 100 Millionen Franken für diese Impfwoche schlichtweg rausgeschmissenes Steuergeld war. Das Problem: ein guter Teil wurde in Werbekampagnen investiert, in den objektiven Qualitätsmedien.

Tamedia – wie SRF auch – verfügt nun aber über ein eigenes «Investigativ-Team», auf das der Konzern sehr stolz ist. Dieses Team widmet sich immer wieder dem Ausschlachten von Hehlerware, also der Publikation von Informationen aus gestohlenen Geschäftsunterlagen.

Hier hätte es aber die Gelegenheit gehabt, ein mögliches Problem im eigenen Hause zu untersuchen. Denn wenn solche Votings so einfach zu manipulieren sind, gibt es hier ein gröberes Qualitätsproblem. Wenn sie nicht zu manipulieren sind, wie SRF und Tamedia behaupten, wieso werden sie dann schlagartig eingestellt?

Immerhin quetscht sich SRF eine kurze Stellungnahme raus, die der Grundaussage (nicht manipulierbar) widerspricht:

««Hier hat sich gezeigt, dass Manipulationen der Ergebnisse tatsächlich möglich sind», sagt Alexander Sautter, Leiter Digitale Kanäle SRF, «das ist ein Fehler.» User-Votings werden gestoppt.»»

Wenn eine mehr als detaillierte Beschreibung der Manipulationsmethode vorliegt, wieso wird mit keinem Wort darauf eingegangen? Wenn diese vor Publikation auf IP den Verantwortlichen bei SRF und Tamedia vorlag, wieso gab es keine Reaktion? Das alles sind Fragen, denen ein Investigativjournalist gerne und mit Energie nachgehen müsste.

Wo bleibt die Investigation, der Faktencheck?

Das sind Fakten, die ein Faktenchecker sofort unter die Lupe nehmen sollte. Das ist ein Skandal, der sofort kommentiert werden müsste. Aber wo ist denn das «Recherchedesk»? Wo sind die Faktenchecker von Yannick Wiget abwärts?

Aber wenigstens die Konkurrenz in unserer pluralistischen Medienszene wird sich doch die Gelegenheit nicht entgehen lassen, hier den Mitbewerbern an den Karren zu fahren? Schliesslich gibt es noch CH Media, Ringier, NZZ und ein paar Versprengte. Der «Blick» meldet sich zum Thema Abstimmungen und Umfragen zu Worte:

War das was? Ach was, sagt sich der «Blick».

Auch hier: Eigenrecherche null, auch der Boulevard übernimmt einfach den SDA-Ticker:

Eigenrecherche? Wir doch nicht, sagt sich der «Blick».

Und CH Media? Sind hier Umfragen ein Thema? Allerdings:

Weiterhin hohe Meinung von Umfragen bei CH Media.

Schliesslich die NZZ: die lebt dem guten Prinzip nach, dass sie bestimmt, was ein aktuelles Thema ist – und was nicht. Umfragemanipulation ist es nicht. Ein weiterer Blick auf die Tiefebene des Schweizer Qualitätsjournalismus.

Nur IP legt fröhlich nach: «SRF unter Druck». Aber ob dieser Druck eines Einzelkämpfers ausreicht?

Umfrage oder Dummfrage?

Wie leicht lassen sich Online-Umfragen manipulieren? Kinderleicht.

 

SRF fühlt immer wieder den Puls des Publikums. Mit Umfragen. Beispiel: «Die Coronazahlen steigen in der Schweiz. Sind Sie für schärfere Massnahmen zur Eindämmung des Virus?»

Hier könnte man zunächst an der Formulierung mäkeln; was sind schärfere Massnahmen, und wieso sollen die das Virus garantiert eindämmen?

Aber darum geht es nicht. Das Abstimmungsresultat pendelte nach rund 10’000 Votes um 62 Prozent dafür, 38 Prozent dagegen. Das dürfte, wenn man den feuchten Finger in die Luft hält, auch ungefähr der Stimmungslage in der Bevölkerung entsprechen, nimmt man die 40 Prozent, die gegen das Covid-Gesetz gestimmt haben.

Und dann kam die Wende …

Insgesamt wurden bei diesem Online-Voting laut Zähler 54’033 Stimmen abgegeben. Also eine recht repräsentative Abstimmung. Allerdings veränderte sich das anfängliche Resultat bedeutend. Am Schluss stand es immer noch 62 zu 38. Nun aber waren 62 Prozent GEGEN schärfere Massnahmen.

Das konnte ja wohl nicht mit rechten Dingen zu und hergehen. Tat es auch nicht. Dieses Resultat wurde von einem IT-Fachmann manipuliert. Um zu zeigen, wie einfach das geht, wenn man über Programmierkenntnisse verfügt und einen Bot basteln kann. Mit etwas Gelenkigkeit kann man auch Zutrittsbeschränkungen wie ein Captcha ausbremsen.

Natürlich entscheidet sich niemand bei einer Abstimmung aufgrund einer solchen Umfrage für ein Ja oder ein Nein. Aber die Masse einer Mehrheit lässt auch niemanden wirklich kalt. Daher ist dieses Experiment erschreckend. Nicht nur, wie leicht eine solche Manipulation ist. Sondern auch in den Folgen.

Die Manipulation ist beunruhigend, die Folgen auch

Zunächst handelt es sich ja nicht um ein Gaga-Voting für den «Journalisten des Jahres» usw., wo man ebenfalls beliebig oft seine Stimme abgeben konnte. Sondern die Veranstalter sind hier das SRF, Tamedia und ähnliche Player.

Die ganze Sause beschreibt der Autor umfangreich bis länglich auf «Inside Paradeplatz». Die Frage: wieso denn auf einem Finanzblog, lässt sich leider leicht beantworten. Weil sonst niemand davon Notiz nehmen wollte.

Das stimmt allerdings nicht ganz. SRF selbst nahm durchaus vom Resultat Notiz und schrieb einen Kommentar dazu. Peinlich, beunruhigend.

Fordert das die Community oder ein Manipulator?

Noch beunruhigender ist aber, dass der IT-Fachmann dieses sichtbare Resultat seiner Manipulation, inklusive der verwendeten Methode, bei SRF und bei verschiedenen Medien zur Kenntnis brachte. Reaktion? Null. Inzwischen raffte man sich zu einem fadenscheinigen Dementi auf.

«Satte Mehrheit lehnt weitere Verschärfungen ab …»

Dabei schreibt er auf IP: «Letztlich ist es einfach so, dass bei Online-Befragungen, bei jeder Arbeit am Computer, niemand feststellen kann, ob die Eingaben durch einen Menschen oder durch ein Programm erfolgen.» Noch schlimmer ist eigentlich, dass er sich gar keine grosse Mühe zur Verschleierung machte. So stammten alle von seinen Progrämmchen abgegebenen Votes von der gleiche IP-Adresse.

Ist es tatsächlich so einfach?

Das müsste eigentlich jedes anständige Voting-Programm misstrauisch machen und ausflaggen. Worauf dann ein Mensch draufschauen und sagen müsste: hallo, das stimmt doch was nicht. Allerdings liesse sich auch das ohne grosse Mühe vermeiden, indem eine Unzahl verschiedener IP-Adressen generiert wird, als ob die Stimmen aus ganz verschiedenen Gegenden der Schweiz von völlig verschiedenen Computern aus abgegeben würden.

Wie schreibt der Autor:

«Epilog: Ist es wirklich so einfach? Ja, es ist in der Tat sehr einfach.

Mit den hier angeführten Informationen kann jede/r, der einigermassen computergewandt ist, mit einem einzelnen Gerät pro Tag (je nach Länge der Umfrage) zwischen einigen wenigen Tausend bis hinauf in einen sechsstelligen Bereich für oder gegen etwas „abstimmen“.»

Bedenklich ist eben auch, dass bedingt durch die Verelendung des Journalismus, den Todessparmassnahmen und eine atemlos-klickgetriebene Abfüllmentalität vertiefte Recherchen, sinnvolle Reportagen, bei denen der Puls der Bevölkerung genommen wird, immer seltener werden. Oder überhaupt eingespart worden sind.

Stattdessen kommt so eine Umfrage immer repräsentativ und interessant daher, oft schafft es das veranstaltende Organ, damit auch in den Medien zitiert zu werden. Das Zitat «wie eine Umfrage im Auftrag von Tamedia ergab» zum Beispiel, rentiert die Ausgabe schon, wenn es auf SRF in der «Tagesschau» verwendet wird; die Wiedergabe in Konkurrenzmedien ist dann noch das Sahnehäubchen.

Anschliessend werden tiefschürfende Analysen und Kommentare dazu abgegeben. Obwohl das Datenfundament überhaupt nichts mit der Meinung in der Öffentlichkeit zu tun hat. Und Bots, kleine Programme, haben keinerlei eigene Meinung.