Lexikon des Dummmenschen II

Diesmal: das Deppen-Partizip Präsens.

Was fällt hier auf?

Hier ist etwas falsch. Eigentlich gibt es zwei Fehler, wobei der zweite nur für Anhänger der woken, genderkorrekten Sprache zählt. Hä?

Ganz einfach. Allgemein gesprochen, ist «Bewohnende» falsch. Das eigentlich selten gebrauchte Partizip Präsens bezieht sich auf Deutsch auf Handlungen, die in diesem Moment stattfinden. Solange es in diesem Sinn verwendet wird, passiert nichts Schlimmes. Es gibt zum Beispiel die sitzende Arbeitsweise oder das lesende Kind. Wird es substantiviert, wird’s schlimmer. Reisende, das mag noch angehen, wenn man sagen will, dass diese Personen unterwegs sind.

Aber echt schlimm wird es, wenn das Partizip Präsens für etwas missbraucht wird, wofür es nicht geschaffen wurde. Schlichtweg dafür, das generische Maskulinum zu vermeiden. Obwohl das dafür vorgesehen ist, eine geschlechtsneutrale Verwendung von Substantiven oder Pronomen zwecks Vereinfachung zu ermöglichen. Also ganz einfach «jeder, der Deutsch kann». Und nicht jeder und jede, der/die Deutsch kann/können, oder ähnlicher Unsinn.

Die kreuzfalsche Idee, dass die Verwendung eines männlichen Genus die weibliche Hälfte der Menschheit diskriminiere oder gar «unsichtbar» mache, kommt schlichtweg aus einem dummen Missverständnis. Denn irgend einem Idioten (Mann oder Frau, ist unbekannt) fiel es ein, der Einfachheit halber den grammatischen Fachausdruck Genus (Art, Gattung) mit Geschlecht zu übersetzen. Weil das simpler ist. Mann, Frau, Kind, der, die, das. Versteht jeder. Und jede. Aber eine grammatische Gattung hat nicht unbedingt mit einem menschlichen Geschlecht zu tun. Sonst wären ja bei Personen Männer nicht mitgemeint. Während hingegen bei Menschen auch Frauen vorkommen, die Menschin ist grammatischer Unfug.

Der bestimmte Artikel im Plural ist sowieso immer «die». Dennoch entstand die unselige Mode, der Student oder die Studenten nicht einfach als Bezeichnung für alle, gleich welchen Geschlechts (und eigentlich gibt es inzwischen über 160 verschiedene Gender), stehen zu lassen. Als erste Missgeburt entstand der Student/die Studentin, die Studenten, die Studentinnen.

Holprig, unsinnig, sperrig. Da kam dann jemand (wieder unbekannt, welchen Geshlechts) auf die Idee, zur Vermeidung solcher Ungetüme einfach Studierende einzuführen. Im Singular ist damit das Geschlechtsproblem noch nicht ganz gelöst, aber im Plural. Studierende können Männchen oder Weibchen sein. Nur: abends beim Bier oder nachts beim Schlafen sind sie nicht mehr Studierende. Auch nicht Bierende oder Schlafende.

Das gilt auch für «Wohnende» in Genossenschaftswohnungen. Die wohnen dort, bewohnen aber nur, wenn sie auch in der Wohnung sind. Sonst sind sie keine Wohnenden, sondern Fahrende, Essende, Arbeitende, und was des Unfugs mehr ist.

Bewohnende wird hier zwecks Vermeidung von Bewohner verwendet. Denn die gendergestählte Fraktion im Tagi könnte sonst bemeckern, dass es wenn schon Bewohner und Bewohnerinnen heissen müsste. Muss es nicht, aber eben, Genderwahnsinn ist ansteckend.

Richtig lustig wird’s aber, weil im Titel das Wort «Genossenschafter» vorkommt. Pfuibäh. Wo bleiben da die Weiber? Der Genossenschafter, die Genossenschafter, mit generischem Maskulin kein Problem. Aber für Genderwahnsinnige eigentlich ein Riesenproblem. Also müsste es Genossenschafterinnen und Genossenschafter heissen. Verdammt lang für einen Titel. Wie wäre es dann mit GenossenschafterInnen? Auch grauenhaft, aber so wären immerhin die Frauen inkludiert. Nur: und die anderen? Die Diversen? Hybriden? Non-Binären? Die werden weiterhin grausam diskriminiert.

Wie könnte man das nun hier lösen? Vorschlag zur Güte: Genossenschaftende. Wäre vor «Wohnende» eigentlich auf der Hand gelegen. Wer hat das vergeigt? ZACKBUM (auch die ZACKBUMin, alle ZACKBUM* und ZACK*BUM*) fordert Konsequenzen und Sanktionen.

Wagt da einer einzuwenden, dass das der überwiegenden Mehrheit aller Leser schwer am Allerwertesten (männlich), Hinterteil (sächlich) oder an der Pobacke (weiblich) vorbeigeht? Pardon, aller Lesenden? Dass es störend, unsinnig, ungrammatisch, abschreckend und schlichtweg falsch ist?

Wagt da einer einzuwenden, dass wenn die Inkludierung von Frauen in die Sprache ganz entscheidend im Kampf gegen deren Diskriminierung sei, die Türkinnen die emanzipiertesten Frauen der Welt sein müssten? Weil es dort gar kein Genus gibt. Oder die Engländerinnen, denn es gibt zwar she/he, aber die Deklination spielt sich genderneutral ab.

Oder sagen wir so: wer den Deppen-Präsens oder andere Vergewaltigungen der deutschen Sprache verwendet, zeigt damit sprachliche und intellektuelle Unfähigkeit auf bedenklich niedrigem Niveau. Wer sie gar einfordert, verlangt, dass alle ihm Ausgelieferte (nein, nicht Ausliefernde) Sprachverbrechen begehen.

Glücklicherweise wird dieser Unfug bereits in diversen Medien und Ämtern verboten. Ein Schritt in die richtige Richtung, und die ist weiblich.

 

8 Kommentare
  1. Frederic Davide
    Frederic Davide sagte:

    Obiger Artikel passt gut zu einem neulich in Nau.ch gelesenen (und leider hier auf Zacknum noch nicht kommentierten) Beitrag zu den aktuell wohl ausverkauften Dubler Mohrenköpfen. Dieser Artikel wurde m.E. nur darum verfasst, um zu zeigen, wie gender korrekter Jouralismus geht. Wurde Herr Dubler zitiert, hiess es immer treffend ‹Mohrenkopf› (übrigens gustatorisch ein wahrer Genuss), beschrieb der Journi die ‹Problematik›, die eigentlich keine war, wurde doch allen ernstes das Unwort ‹Schokokuss› verwendet.
    Ich habe mich dabei gefragt, warum es überhaupt einen Artikel wert ist, wenn in einem Fabrikladen in einem Aargauer Dorf einmal ein Artikel ausverkauft ist? Als bei mir in der Migros über Wochen die Glaskeramikschaber alle waren, las ich davon auch nichts auf Nau.ch
    Das würde ich doch gerne mal in der Runde der Glaskeramikherdschabenden diskutieren wollen … Oder ging es bei Nau vielleicht mehr darum, den Schokokuss unter den Küssenden zu etablieren?

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  2. Guscht Chrummenacher
    Guscht Chrummenacher sagte:

    Das Beispiel Genossenschaft ist interessant, ein «Bewohnender» ist nicht auch gleich ein «Genossenschafter» und umgekehrt. Bei einer Lebensgemeinschaft, einer Familie zB, ist in der Regel ein volljähriges Mitglied Genossenschafter, die weiteren Familienmitglieder dann halt einfach «Bewohnende», zumal Kinder, also Nichtgenossenschafter.

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  3. Köbi
    Köbi sagte:

    … solange es in der gesamten Schweiz sprachlicher Usus ist, sämtliche Mütter und Grossmütter als Neutrums zu bezeichnen (das Mami, das Grosi), obwohl gerade sie durch Geburten bewiesen haben, dass sie weiblicher kaum sein können, solange Ehefrauen, Freundinnen und Töchter ungestraft und unbemäkelt als „s Fränzi“ oder „s Marianne“ gerufen werden, solange ist die Forderung nach gendergerechter Sprache für mich absurd. Die Genderfuzzis sollten lieber mal dafür sorgen, dass Chancengleichheit und gleicher Verdienst für Frauen und Männer endlich mal gesetzlich durchgesetzt wird, denn sie steht seit Anfang 80er Jahre (!!) in unserer Verfassung. Das wäre für alle Frauen sinnvoller.

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  4. Simon Ronner
    Simon Ronner sagte:

    «Die kreuzfalsche Idee, dass die Verwendung eines männlichen Genus die weibliche Hälfte der Menschheit diskriminiere oder gar «unsichtbar» mache, kommt schlichtweg aus einem dummen Missverständnis.»

    Oder aus dem fanatischen Wille zur Macht. Die Sprache zu beeinflussen, diesbezüglich Vorschriften zu diktieren, Sanktionen anzuwenden bei Nichteinhaltung… Nein, das hat nichts mit einem Missverständnis aus Schusseligkeit oder einem verlogenen «ist eigentlich doch nur gut gemeint» zu tun.

    PS: Popbacke anstatt Pobacke – ein Freudscher? Poppbacke wäre noch näher dran…

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  5. Gili
    Gili sagte:

    Herr Zeyer, wieder einmal muss ich Sie loben. Hier zeigen Sie, was Sie eigentlich drauf haben. Ist viel besser, als das tägliche Draufhauen auf Ihnen unliebsame Pressefritzen bei Blick, Tagi und Wanner-Clan.

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