75 Stellen weg

Ringier fehlte noch beim grossen Rausschmeissen.

CH Media brutal, Tamedia massiv, NZZ dezent, so ging das Jahr 2023 mit Massakern im Journalismus zu Ende. Denn jemand muss ja für die Fehlentscheide und die Unfähigkeit der Teppichetage in den grossen Medienhäusern bezahlen. Und das sind sicher nicht diejenigen, die über den Teppich laufen.

Als letzter im Reigen hat nun auch Ringier den Rausschmiss verkündet. 75 Stellen sollen «abgebaut» werden. Das sei natürlich unvermeidlich und folgerichtig, nachdem Ringier Medien Schweiz die Ringier Axel Springer Schweiz AG geschluckt hatte. Denn während sich Springer von möglichst vielen Titeln trennt, die schwergewichtig im Print funktionieren und daher nicht wirklich resilient und zukunftsfähig sind, kauft Ringier solche Blätter auf.

Dazu erklärt CEO Ladina Heimgartner das Einmaleins des Geschäftslebens: «Will man als Verlagshaus langfristig erfolgreich bleiben, muss man die Kostenseite im Griff haben.» Diese Binse ist aber nur die Hälfte der Wahrheit. Vor allem sollte man die Einkommens- und Gewinnseite im Griff haben. Aber genau da liegt das Problem im Zeitungs- und Zeitschriftenbereich von Ringier.

Oder im Management-Schönsprech formuliert, das Ziel sei es, «dank mehr als 20 etablierten Titeln, einem breiten Themenspektrum, grosser Reichweite und konzentrierter Expertise in allen Bereichen das innovativste und führende Medienhaus der Schweiz zu werden». Ein weiter Weg, kann man nur sagen.

Mit weniger Mitarbeitern mehr leisten, super Plan. Oder wieder im Schönsprech: «Mit der geplanten neuen Organisationsstruktur schaffen wir für Ringier Medien Schweiz eine gesunde und nachhaltige wirtschaftliche Basis.» Was ja eigentlich bedeutet, dass Ringier aktuell weder das führende, noch das innovativste Medienhaus der Schweiz ist, zudem über eine ungesunde und nicht nachhaltige wirtschaftliche Basis verfügt.

Das alles lässt sich aber ganz einfach lösen und verbessern. Man baut 75 Stellen ab, schmeisst ein paar Dutzend Mitarbeiter raus – und schon flutscht es. Ach nein, man kümmere sich auch um den «Aufbau einer modernen Organisation». Wenn der Kopfsalat der «Blick»-Gruppe mit kabarettreifen Beschreibungen der Tätigkeiten von Heads, Chiefs und Chefs dafür die Blaupause sein soll, dann gute Nacht.

Wir dokumentieren nochmals zur allgemeinen Erheiterung das Häuptlingswesen:

Das sind schon mal 26 Nasen und eine Vakanz. Darunter hätten wir dann noch 21 «Ressortleiter», die «Geschäftsleitung» nicht zu vergessen, die dann nochmals aus 9 Nasen besteht, wobei es aber zu Überschneidungen mit «Leitung und Leitungsteam» kommt. So haben wir uns eine moderne Organisation immer vorgestellt. Jede Menge Häuptlinge, kaum Indianer.

Gratis drauf gibt’s noch eine Portion Krokodilstränen: «Ich bedaure es sehr, dass wir dieses Ziel nicht ohne Stellenabbau erreichen können. Doch erachten wir es als besser, einmal einen klaren Schnitt zu tätigen, danach dann aber Ruhe einkehren zu lassen», behauptet Heimgartner.

Wobei, mal Hand aufs Herz: gäbe es bei dieser Häuptlingsversammlung, zudem einkommensmässig alle Schwergewichte, nicht alleine schon dramatisches Sparpotenzial? 10 Nasen weg, und Ringier hätte bereits locker zwei Millionen gespart, ohne dass es jemandem auffiele.

Ob und wann allerdings Ruhe einkehrt, und ob es sich für verschiedene Organe dann nicht mal um Grabesruhe handeln wird, das verrät sie nicht. Aber im Laufe des Jahres 2024 werden wir das sicher erfahren. In aller Ruhe.

6 Kommentare
  1. Niklaus Fehr
    Niklaus Fehr sagte:

    75 ist viel zu wenig. Die haben ja über 6000 Mitarbeiter. Das dauert ja ewig, bis der Letzte das Licht löschen kann.

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  2. Victor Brunner
    Victor Brunner sagte:

    Die vielen «Head of …» schaffen es nicht ein Unternehmen verantwortlich zu führen! Peter Prinzip:
    Die These besagt, dass die meisten Mitarbeiter in klassischen Hierarchien so lange aufsteigen, bis sie die Stufe ihrer eigenen Unfähigkeit erreichen.

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  3. Irgendeiner
    Irgendeiner sagte:

    >»Mit weniger Mitarbeitern mehr leisten, super Plan.»

    Das ist nicht nur bei Medienhäusern so. Bei den aktuellen hohen Löhnen in unserem Land geht es nicht anders.

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  4. Tim Meier
    Tim Meier sagte:

    Irgendwie lächerlich, dieser Mix aus deutschen und englischen Funktionsbezeichnungen. Fehlt einzig der NO – Non-Officer.

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