Wirtschaftsschwache CH Media

Das grosse Rausschmeissen geht weiter.

Frohe Weihnachten auf Unternehmerart wünscht auch der Wanner-Clan seinen Mitarbeitern. 150 Stellen werden schon im ersten Quartal 2024 abgebaut.

Denn, konnte ja keiner kommen sehen, es gebe Umsatzeinbussen in den «Kernmärkten» Entertainment und Publishing. Erstaunlich, denn in den letzten Jahren hat CH Media in einem eigentlichen Kaufrausch das Joint Venture mit der NZZ beendet, indem es deren Anteile übernahm. Und auf elektronischem Gebiet so ziemlich alles aufgekauft, was einen Sendemast hat.

Und nun? Michael Wanner, der noch nicht so alte CEO, darf exklusiv in persoenlich.com die Chose erklären, ohne Angst vor kritischen Nachfragen haben zu müssen. Stattdessen kann er ungestört das übliche Manager-Blabla ablassen:

«Der schwache Geschäftsgang hat sich leider akzentuiert, insbesondere wegen fehlender Werbeeinnahmen im traditionell umsatzstärksten dritten Trimester. Es wäre fahrlässig, jetzt nicht zu reagieren.»

Natürlich kommen den Wanners fast die Tränen auf ihrem Schloss, wenn sie an die Mitarbeiter denken: «… bedaure diesen Schritt ausserordentlich … leider keine andere Wahl … finanzielle Performance ist entscheidend, um weiter in die Zukunft investieren zu können …»

Aha. Oder könnte es daran liegen, dass in der Vergangenheit zu viel investiert wurde? Niemals: «Die getätigten Investitionen, etwa in die 3+ Gruppe, in die Radio-Stationen oder Watson haben unser Portfolio ideal ergänzt.» Grossartig ist auch diese Leerformel:

«Wir sparen uns nicht blind in die Zukunft.»

Hier verkündet Wanner so nebenbei ein kleines Wunder. Er kann in die Zukunft sehen. Das mag die rund 2000 Mitarbeiter beruhigen. Obwohl die nicht in die Zukunft sehen können, aber noch vor Weihnachten erfahren werden, wen’s lupfen wird und wen nicht.

Besonders traurige Weihnachten wird es dabei für einen ganz spezifischen Typus von Mitarbeiter geben. Der ist über 50 Jahre alt, aber noch nicht im Frühpensionsalter. Dennoch aber durch diverse Lohnerhöhungen aus den besseren Jahren viel zu teuer im Vergleich zu einem Kindersoldaten. Der sich zudem viel gelenkiger in den sozialen Medien und modernen Kommunikationswegen auskennt als der Oldtimer.

Aber selbst mit Ü-55 ist es bis zur Frühpensionierung doch noch zu weit hin. Was tun stattdessen? Nun, mit Fassung tragen, dass der Weg in die Sozialhilfe vorgezeichnet ist. Aber als Trost hilft sicher: so können die Wanners in ihrem Schloss mehr als ein Cheminée gleichzeitig anzünden, der Pflege des Weinbergs muss es an nichts mangeln, und die nächste Generation darf weiterhin frohgemut, aber nicht sonderlich kompetent vor sich hinwerkeln.

Michael Wanner war erst diesen Frühling als neuer CEO angetreten, nachdem sich das Haus Wanner eher ruppig vom erfolgreichen Vorgänger Axel Wüstmann getrennt hatte. Mit dem hatte man zunächst einen Friede-Freude-Eierkuchen-Ab- und Übergang kommuniziert. Und dann, zack, «einigte» man sich darauf, «die Zusammenarbeit per sofort» zu beenden.

Lustige Begründung: «Nun sind beide Seiten zur Einsicht gelangt, dass es für die Unternehmung und für die Mitarbeitenden besser ist, wenn der Übergang zur neuen Führung schneller vonstattengeht.» Dieser Übergang ging dann allerdings so schnell vonstatten, dass es zwischen November ’22 und Frühling ’23 eine Übergangslösung in Form des COO brauchte.

Oder mit anderen Worten: es krachte kräftig im Gebälk, weil Wüstmann mit seiner Kritik am Kaufrausch nicht hinter dem Berg gehalten hatte. Und nun muss Wanner Junior gleich im ersten Jahr seiner Amtszeit den Mitarbeitern die Schrumpfkur verkünden.

So zu investieren, dass damit tatsächlich gesteigerte Wertschöpfung betrieben werden kann (oder zumindest das bisherige Niveau gehalten wird), das war dem Wanner-Clan nicht möglich. Erfolgreicher Kritiker weg, stattdessen entscheiden die Familienbande – man müsste blind sein, um nicht eher dunkelgrau in die Zukunft von CH Media zu schauen.

Das Logo des Medienhauses zieren vier, nun ja, Punkte oder Kreise. Angesichts von vier Wanners kursiert unter den Angestellten eine Interpretation, die hier nicht wiedergegeben werden kann.

 

12 Kommentare
  1. Niklaus Fehr
    Niklaus Fehr sagte:

    One+ scheint nicht mehr weit von Blick-TV entfernt zu sein. Viertelseitige Werbung im Print für den Bachelor. Scheint die schlechteste aller Staffeln zu werden. Verlinkung zu Filmen eines Gratisportals. Dafür brauche ich mich nicht extra anzumelden bei One+. Datingformate bis zum Abwinken gibt es auf TLC gratis ohne Anmeldung. Parallelsynchronisiert, nicht lippensynchron mit Originalstimme im Hintergrund. ATV, gratis ohne Anmeldung. Prosieben-Gruppe gratis mit Mailadresse. RTL+, gratis zur aktuellen Zeit unter «Sendung verpasst». Viele grosse Kisten wie DSDS, Let’s Dance, Sommerhaus, B:Real…Dann noch Netzkino und für Profis ww1.m4ufree.tv (die neusten Kinofilme gratis auf Englisch). Wie will One+ dagegenhalten mit Formaten wie «Wild, jung und sexy», der grösste Schwachsinn aller Zeiten?

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  2. Eveline Maier
    Eveline Maier sagte:

    Mit Sendegefässen wie Flashback FM Radio kannibalisiert sich CH Media selber. Alleine die Verbreitung dieser Radiostation kostet um CHF 300000.- im Jahr; entspricht drei Vollzeitstellen. Bezahlte Werbung scheint es dort nicht zu geben.

    Anstatt eines Nonstop-Musik-Senders sollte Wanner wieder ein richtiges Radio machen.

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  3. Mario Sacco
    Mario Sacco sagte:

    Die Familie Wanner jammert. Wollen wohl Geld aus dem SRG-Topf für ihren „publizistischen Auftrag“.

    Ob Michael Kall bei Tamedia oder Axel Wüstmann bei den AZ Media. Bloss Deutsche scheinen Durchblick zu haben in der Unternehmensführung. Peter Wanner müsste dies endlich anerkennen.

    Auch bei der SwissairCrossairSwiss brauchte es einen Deutschen CEO der Nägel mit Köpfen machte. Im Bauernstaat Schweiz braucht es eben Deutsche Wertarbeit mit Durchblick.

    Der Schlossbesitzer Peter Wanner mit seinen ständigen Rochaden ist weder ein Berlusconi noch ein Rupert Murdoch. Sein Sohn Michael dürfte es ähnlich empfinden wie das Verhältnis von Peter Wanner zu seinem Vater Otto Wanner (Badener Tagblatt).

    Zurück auf Feld Eins. Kleinere Brötchen backen tut es auch.

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  4. René Küng
    René Küng sagte:

    Es muss ja ‹vorwärts› gehen, damit in Bälde eine solide, demokratische Mehrheit total glücklich sein wird über das solidarische Grundeinkommen…….

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  5. Ludwig Detusch
    Ludwig Detusch sagte:

    Mein Empathie mit dem viel zu geringen Prozentsatz der zu Entlassenden äussert sich nicht in nutzlosem Mitleid. Jahrelang haben sie in dieser CH Media-Klitsche zugebracht und die Schweiz mit Überflüssigem und Schlechtriechendem berieselt – nun ist es Zeit, Verantwortung zu übernehmen und endlich zu gehen. Aber was für eine Verantwortung? Es gibt ja auch gar keine Krise, die man als Chance zu begreifen hätte. Selber hat man doch alles richtig gemacht und also wird der letzte Gang lediglich zum RAV und jahrelanger Alimentierung durch die über die ALV Zwangsversicherten führen. Beim RAV wird es zu keinem Umdenken kommen, man wird bestenfalls mit den Bezügen unzufrieden sein, welche man für die früheren Untaten und die aktuelle Nichtleistung erhalten wird. Im schlimmsten Fall wird der Gang weiter auf’s Sozialamt führen, wo dann die Steuerzahlenden unter den ehemals Berieselten für’s weitere Fortkommen sorgen dürfen. So schliesst sich dieser natürliche Kreislauf und alle können witerfahren wie bisher.

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  6. Rolf Karrer
    Rolf Karrer sagte:

    Die Trennung vom langjährigen CEO Axel Wüstmann vor einem Jahr war abrupt. Es gab damals vonseiten der CH Media folgende Pressenachricht:

    „Eine Würdigung des Wirkens von Axel Wüstmann erfolgt später. An dieser Stelle sei ihm schon mal ein besonderer Dank ausgesprochen.»

    Diese öffentliche Würdigung scheint nie erfolgt zu sein. Schäbig.

    Die rasante Expansionspolitik von Peter Wanner ist gescheitert. Wüstmann hat es zehn Jahre mit dem äusserst schwierigen Patron Wanner ausgehalten. Wäre nicht überrascht, wenn auch Oberchef Patrick Müller sich bald einmal neu orientiert. AZ-Chefredaktor Rolf Cavalli wird sich ja auch im nächsten Jahr verabschieden (geht zu BLICK).

    Die Welt von Peter Wanner, den man damals noch ehrfürchtig «Berlusconi des Limmattals» nannte, hat Schlagseiten bekommen. Seine Radio- und teuren TV-Stationen ohne substanzieller Werbung, können kaum mehr Impulse setzen. Auch die bzbasel – Ausgabe im Jammertal. Die untenstehende Anekdote von Tim Meier ist plausibel.

    Kann gut möglich sein, dass sich nach dem Scherben aufwischen, JungCEO Michael Wanner bloss wieder auf den home turf Aargau besinnen muss.

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  7. Victor Brunner
    Victor Brunner sagte:

    Vermutlich muss die 3+ Gruppe mit dem Deppenprogramm Werbezeit zu Dumpingpreisen anbieten. Bin gespannt ob Patrik Müller oder Oliver Steffen im SonnTalk die Entlasssungen thematisieren oder auf Wanners Geheiss «vergessen»

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  8. Niklaus Fehr
    Niklaus Fehr sagte:

    Es wundert mich nicht. Ich wollte auf One+ den Bachelor schauen, so nebenbei auf dem zweiten Bildschirm während der Arbeit. Aber die Auswahl der Frauen ist so grottenschlecht, dass ich abbrechen musste. In jeder Coop-Filiale finde ich eine, die mir besser gefällt als eine aus diesem Kampfgeschwader des Bachelors. Das ist kein Entertainment mehr.

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      • Niklaus Fehr
        Niklaus Fehr sagte:

        Der Bachelor ist offenbar der gleichen Meinung wie ich. Im Livestream: «Diese gottverlassenen Miststücke.» Nur hätte ich das nie so ausgedrückt. Der arme Kerl ist am Arsch.

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  9. Jürg Streuli
    Jürg Streuli sagte:

    Die Kaltherzigkeit des feudal auf einem Schloss residierenden Wanner-Clans übertrifft sogar die Arroganz von anderen Medien-Fürsten wie etwa Conninx. Doch wer solchen rot-grünen Blödel-Journalismus betreibt wie mit Watson, der braucht sich über das Resultat nicht wirklich zu wundern. Da vermag auch die ständige peinliche Anbiederung ans junge Volk nichts zu verbessern.

    Ach so, der Michael Wanner hat sich für ein Interview mit Persoenlich von Matthias Ackeret zur Verfügung gestellt? Welch eine kluge Wahl. Denn von diesem bis auf die Knochen weichgespülten Feel-Good-Magazin sind absolut keine kritischen Nachfragen zu befürchten.

    Heute ist vom Journalismus dringend abzuraten. Ausser es besteht die flexible Bereitschaft auch Schlossräume und Villen zu putzen sowie Knickse im richtigen Moment anzubringen. Der Journalismus entwickelt sich eben ständig weiter. Oder vielleicht doch eher zurück?

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  10. Tim Meier
    Tim Meier sagte:

    Jeden Mittwoch wird hier im Oberbaselbiet die Gratis-Ausgabe der bzbasel ungefragt in den Briefkasten gelegt. Als ehemaliger Abonnement hat man sich schon vor Monaten gewundert, dass dieses Blatt plötzlich nur noch in 1 Bund und ziemlich dünn daher kam. Dann das Aha-Erlebnis gestern Abend in einer Beiz im Kanton Solothurn: Olterner Tagblatt und Solothurner Nachrichten lagen auf – selbes Titelblatt wie die bzbasel aber beide mit 2 Bünden! Entweder dampft CH-Media die Gratis-Ausgabe auf 1 Bund zusammen oder hat in der Nordwestschweiz weniger zu berichten. Ob der interessierte Leser ein Abo für ein Blatt ausgibt, dass nicht nicht mal seitenmässig mehr bietet als die diversen wöchentlichen Gratisanzeiger, sei mal dahingestellt.

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