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Wirtschaftsschwache CH Media

Das grosse Rausschmeissen geht weiter.

Frohe Weihnachten auf Unternehmerart wünscht auch der Wanner-Clan seinen Mitarbeitern. 150 Stellen werden schon im ersten Quartal 2024 abgebaut.

Denn, konnte ja keiner kommen sehen, es gebe Umsatzeinbussen in den «Kernmärkten» Entertainment und Publishing. Erstaunlich, denn in den letzten Jahren hat CH Media in einem eigentlichen Kaufrausch das Joint Venture mit der NZZ beendet, indem es deren Anteile übernahm. Und auf elektronischem Gebiet so ziemlich alles aufgekauft, was einen Sendemast hat.

Und nun? Michael Wanner, der noch nicht so alte CEO, darf exklusiv in persoenlich.com die Chose erklären, ohne Angst vor kritischen Nachfragen haben zu müssen. Stattdessen kann er ungestört das übliche Manager-Blabla ablassen:

«Der schwache Geschäftsgang hat sich leider akzentuiert, insbesondere wegen fehlender Werbeeinnahmen im traditionell umsatzstärksten dritten Trimester. Es wäre fahrlässig, jetzt nicht zu reagieren.»

Natürlich kommen den Wanners fast die Tränen auf ihrem Schloss, wenn sie an die Mitarbeiter denken: «… bedaure diesen Schritt ausserordentlich … leider keine andere Wahl … finanzielle Performance ist entscheidend, um weiter in die Zukunft investieren zu können …»

Aha. Oder könnte es daran liegen, dass in der Vergangenheit zu viel investiert wurde? Niemals: «Die getätigten Investitionen, etwa in die 3+ Gruppe, in die Radio-Stationen oder Watson haben unser Portfolio ideal ergänzt.» Grossartig ist auch diese Leerformel:

«Wir sparen uns nicht blind in die Zukunft.»

Hier verkündet Wanner so nebenbei ein kleines Wunder. Er kann in die Zukunft sehen. Das mag die rund 2000 Mitarbeiter beruhigen. Obwohl die nicht in die Zukunft sehen können, aber noch vor Weihnachten erfahren werden, wen’s lupfen wird und wen nicht.

Besonders traurige Weihnachten wird es dabei für einen ganz spezifischen Typus von Mitarbeiter geben. Der ist über 50 Jahre alt, aber noch nicht im Frühpensionsalter. Dennoch aber durch diverse Lohnerhöhungen aus den besseren Jahren viel zu teuer im Vergleich zu einem Kindersoldaten. Der sich zudem viel gelenkiger in den sozialen Medien und modernen Kommunikationswegen auskennt als der Oldtimer.

Aber selbst mit Ü-55 ist es bis zur Frühpensionierung doch noch zu weit hin. Was tun stattdessen? Nun, mit Fassung tragen, dass der Weg in die Sozialhilfe vorgezeichnet ist. Aber als Trost hilft sicher: so können die Wanners in ihrem Schloss mehr als ein Cheminée gleichzeitig anzünden, der Pflege des Weinbergs muss es an nichts mangeln, und die nächste Generation darf weiterhin frohgemut, aber nicht sonderlich kompetent vor sich hinwerkeln.

Michael Wanner war erst diesen Frühling als neuer CEO angetreten, nachdem sich das Haus Wanner eher ruppig vom erfolgreichen Vorgänger Axel Wüstmann getrennt hatte. Mit dem hatte man zunächst einen Friede-Freude-Eierkuchen-Ab- und Übergang kommuniziert. Und dann, zack, «einigte» man sich darauf, «die Zusammenarbeit per sofort» zu beenden.

Lustige Begründung: «Nun sind beide Seiten zur Einsicht gelangt, dass es für die Unternehmung und für die Mitarbeitenden besser ist, wenn der Übergang zur neuen Führung schneller vonstattengeht.» Dieser Übergang ging dann allerdings so schnell vonstatten, dass es zwischen November ’22 und Frühling ’23 eine Übergangslösung in Form des COO brauchte.

Oder mit anderen Worten: es krachte kräftig im Gebälk, weil Wüstmann mit seiner Kritik am Kaufrausch nicht hinter dem Berg gehalten hatte. Und nun muss Wanner Junior gleich im ersten Jahr seiner Amtszeit den Mitarbeitern die Schrumpfkur verkünden.

So zu investieren, dass damit tatsächlich gesteigerte Wertschöpfung betrieben werden kann (oder zumindest das bisherige Niveau gehalten wird), das war dem Wanner-Clan nicht möglich. Erfolgreicher Kritiker weg, stattdessen entscheiden die Familienbande – man müsste blind sein, um nicht eher dunkelgrau in die Zukunft von CH Media zu schauen.

Das Logo des Medienhauses zieren vier, nun ja, Punkte oder Kreise. Angesichts von vier Wanners kursiert unter den Angestellten eine Interpretation, die hier nicht wiedergegeben werden kann.

 

Nach dem Feuern ist davor …

Tamedia macht’s schon wieder: rausschmeissen.

Tamedia arbeitet unermüdlich daran, das Qualitätsniveau weiter zu steigern – mit immer weniger Mitarbeitern. Ein Wunder in der Liga von Wasser in Wein verwandeln. Denn schon rauscht die nächste Kündigungswelle durch den Newsroom und durch das Glashaus.

Psychologisch geschickt nützt die unfähige Teppichetage die Spalte zwischen Nationalratswahlen und Monatsende. Da sind doch hoffentlich die anderen Medien ausgelastet. Wahlen, Naher Osten, ein wenig Ukraine, wo soll’s da noch Platz für die Meldung geben, dass schön nach Ressorts aufgeteilt mal wieder unerfreuliche Nachrichten verkündet werden mussten.

Im neu eingeweihten, schnuckeligen Newsroom, wogegen die Käfigtierhaltung geradezu grossräumig und grosszügig erscheint, hat einer der Gekündigten vor lauter Freude über einen so sozialen und verantwortungsbewussten Arbeitgeber dermassen fest in einen Papierkorb getreten, dass man in den Verrichtungsboxen kurz aufschreckte.

Schon bei der letzten Sparrunde wurden manche Ressorts faktisch halbiert. Aber wenn die Überlebenden meinten, dass man nun ein Skelett nicht mehr weiter abmagern könne, dann haben sie sich getäuscht. Einer geht noch, muss wohl die Devise von oben sein.

Die Stimmung erreicht neue Höhepunkte in der Tamedia-Mannschaft. Überall wird geschmürzelt, gespart und gefeuert. Nur nicht beim hypertroph aufgeblasenen Overhead. Ganz oben sind es Familienbande, im Verwaltungsrat regiert vernetzte Hilflosigkeit, aber in der Redaktionsspitze ist der einzig entscheidende Faktor das Geschlecht. Peinlichkeit ist hingegen hier kein Kriterium, Untätigkeit auch nicht.

Also, liebe Überlebende, weint den Verflossenen nicht zu viele Tränen nach. Spart noch ein paar für euch selbst auf.

Versager 1

Nach dem Rausschmeissen ist vor dem Rausschmeissen.

Es muss unbändig Spass machen, bei Tamedia zu arbeiten. Der Journalismus geht vor die Hunde, nur die Attitüde bleibt gleich. Ihren Bauchnabel betrachtende Wichtigtuer belästigen die flüchtenden Leser mit ihren Befindlichkeiten und Ansichten über die Welt. Vor allem über Themen wie Gendern, obwohl sie selbst einräumen müssen, dass das der Mehrheit ihrer Leser schwer am Popo vorbeigeht. Aber da sehen sie dann eine Erziehungsaufgabe. Im Journalismus gibt es nichts Schlimmeres.

Das ist das eine.

Das andere ist ein Management, das aus Versagern besteht. Wir wollen nicht vertiefen, dass diverse leitende Redakteurinnen nicht qua Kompetenz, sondern qua Geschlecht in ihre Positionen kamen. Dort können sie jede Menge Quatsch machen, denn wer würde sich trauen, freiwillig in den Sexismus-Hammer zu laufen?

Das ist das andere.

Aber noch schlimmer als das – doch, es lässt sich steigern – ist das Versagen des männlichen obersten Managements. Nach dem Hammer in der Romandie (3,5 Millionen Sparübung, wohl 28 Stellen weg, mehr als 10 Prozent!) kommen nun wie angekündigt nochmal 2,5 Millionen und rund 20 Stellen in der Deutschschweiz obendrauf.

Das findet statt, nachdem in nur drei Jahren bereits 70 Millionen eingespart werden mussten. Kurzer Zwischenstopp: 2021 spülte es 832,7 Millionen Gewinn nach Steuern (EAT) in die vielen Taschen des Coninx-Clans. Sondergewinn durch das Joint Venture mit Ringier mit den Verkaufsplattformen. 2022 schnurrte das dann auf einen Verlust von 4,6 Millionen zusammen. Natürlich gab es zuvor Champagner und Sonderdividende, im letzten Jahr dann nur Champagner. Denn Big Boss Pietro Supino ist unkaputtbar. Im Gegensatz zu seinem Konzern.

Wie wurde das schöngeredet? Ein Satz für Humoristen: «TX Group steigert den Umsatz organisch um rund 7 Prozent und schliesst das Geschäftsjahr 2022 mit einem normalisierten Betriebsergebnis von 100 Mio. CHF ab.»

Wir Beobachter können uns die Lachtränen aus den Augen wischen, für die Tamedia-Mitarbeiter ist es entschieden weniger lustig. Während Supino beim Verkünden solcher Bad News lieber segelt, müssen seine Untergebenen Andreas Schaffner und Mathias Müller von Blumencron (wir nennen den Herrn einfach Müller) den neusten Rausschmiss rundreden.

Erosion im Printmarkt, Stabilisierung des publizistischen Geschäfts, das Digitalgeschäft wachse zwar, könne die Verluste nicht kompensieren. Aber: Kostenoptimierung, zukunftsfähig, schlagkräftig, Blabla.

Realität ist: der neue Digital-Guru Müller bringt’s nicht. Er hat’s auch in seinen vorherigen Stellen nicht wirklich gebracht; man sah ihn immer lieber gehen als kommen. Die von seinem vorherigen Arbeitgeber «Tagesspiegel» abgekupferte Idee «Der Verkehrsmonitor – Mehr als nur Neuigkeiten» wird’s garantiert nicht rumreissen.

Genauso wenig die neue CEO Jessica Peppel-Schulz. Die war nach einem «Sabbatical Break» von schlappen neun Monaten für 28 Monate CEO bei Conde Nast. Dem deutschen Ableger des Lifestyle-Konzerns. Das forderte sie so, dass sie sich neuerlich ins Sabbatical Break von gleich 10 Monaten begab – bis zum Stellenantritt am 1. Oktober bei Tamedia. Das gibt Hoffnung.

Was die Fähigkeiten des obersten Chefs betrifft, wollen wir uns nicht wiederholen.

Das ist das dritte und Fatale. Natürlich gibt es im Journalismus Herausforderungen zu bewältigen. Nachdem uns das Internet erst vorgestern aus heiterem Himmel angesprungen hat, sucht das Management noch nach Antworten. Verständlich.

Oder im Ernst: wer wirklich meint, er könne deutlich weniger Leistung, deutlich weniger Angebot für deutlich angehobene Preise erfolgreich verkaufen, der ist wohl mal mit dem Kopf in die Druckmaschine geraten.

Im Ernst: Der Niedergang des Qualitätsjournalismus im Hause Tamedia, im Gebäude Tx, ist nicht in erster Linie den Umständen geschuldet. Sondern dem krachenden Versagen des leitenden Managements. Wem jahrelang nur dumme Sprüche, Gedöns und haltlose Behauptungen («Digitalisierung!») einfallen, wem in Wirklichkeit nichts anderes als Zu-Tode-Sparen einfällt, wer damit den Leser für dumm verkaufen will («noch besser, noch näher»), der hat’s nicht anders verdient.

Dabei verdient sich die Teppichetage unverdient weiterhin dumm und krumm. Ausbaden müssen dieses einmalige Versagen die Mitarbeiter. Entweder werden sie gefeuert, oder sie gehen freiwillig. Oder sie resignieren. Wer bleibt, muss – weil er zu alt oder zu unfähig ist, woanders einen Job zu finden.

Widerspruch wagt keiner, denn hier sind die Manager mal clever. Sie geben zuerst die Zahl der Gefeuerten bekannt, dann werden die in den einzelnen Redaktionen über ihr Schicksal informiert. So traut sich keiner zu offenem Protest. Denn das könnte ja die Stelle gefährden.

So soll attraktiver Journalismus entstehen, dem Leser der Mund wässrig gemacht werden, dazu animiert, das Portemonnaie weit zu öffnen und die exorbitanten Abopreise zu bezahlen?

Da gibt es nur zwei Möglichkeiten, keine dritte. Entweder, die Führungscrew von Tamedia glaubt das wirklich. Dann haben sie allerdings ein Verhältnis zur Realität wie Kim Jong-un. Oder aber, in Wirklichkeit ist ihnen Journalismus schlichtweg scheissegal, wenn man damit keine Subventionen absaugen kann.

Man darf einmal raten, welche Variante es ist.

Wumms: Pietro Supino

Der Mann spart ein. Leider nicht sich selbst.

Supino ist der Mann der grossen Töne und der kleinen Taten. Er singt das hohe Lied der Verantwortung der Medien, des Qualitätsjournalismus, Wächter- und Kontrollfunktion, Blabla.

Damit sorgt er regelmässig dafür, dass die Medien im Allgemeinen, Tamedia im Speziellen, an Glaubwürdigkeit und an Lesern verlieren. Das soll ihm mal einer nachmachen: die geballte Medienmacht des Verlegerverbandes gegen ein kleines Häuflein von Unerschrockenen, die gegen die Subventionsmilliarde für reiche Verlegerclans das Referendum ergriffen hatten. Und auf die Schnauze gekriegt.

Was fällt Supino im eigenen Haus so ein, um der Misere abzuhelfen? Einen Dampfplauderer als Vorreiter für das Digitale einsetzen. Beförderungen nach Geschlecht, nicht nach Kompetenz durchsetzen.

Und vor allem und immer wieder: sparen. Sparen. Sparen und sparen. Sparen, begleitet vom immer gleichen Gelaber. In der Romandie werden wohl zehn Prozent aller Mitarbeiter rausgehauen.

Warum? Geschäftsmodell unter Druck, Werbemarkt, Umsatzrückgang, Blabla. Und die guten Nachrichten? Prozesse vereinfachen, Marken stärken und – der ewige Brüller – die Nähe zum Leser erhöhen.

Nun will Tamedia schon seit der ersten Sparrunde immer näher an den Leser, das will auch der Dampfplauderer im Digitalen, das wollen alle. Da erhebt sich doch die Frage, wie nahe man denn nun beim Leser sei. Kriecht man ihm schon unters Hemd? Steckt man in seinem Rachen? Im Gehörgang? Unter den Augenlidern?

Es ist eigentlich verwunderlich, dass bei dieser Wiederholung des Ewiggleichen noch kein Gefeuerter einen Blutrausch bekommen hat. Mehr sparen, aber mehr Qualität? Weniger Geld, aber mehr Synergie? Mehr Inkompetenz, denn in erster Linie bleiben ja die Duckmäuser, aber mehr Content? Mehr zahlende Leser durch mehr Bauchnabelbetrachtungen und seichte Analysen und dummes Gerüpel aus der Gesinnungsblase? Mehr Oktoberfest, weniger Schwingfest?

Es ist erbärmlich. Es ist ärmlich. Es ist eine Bankrotterklärung des leitenden und wohlbezahlten Managements, das sich und den Besitzern gerne mal eine Sonderdividende ausschüttet.

Das sorgt dann unheimlich für Stimmung in der Mannschaft, wo immer weniger mit gleichviel Rudern die Galeere durch die Wellen treiben sollen. Nach der Devise: rudert schneller, der Käpt’n will Wasserski fahren.

Beziehungsweise mit seiner Yacht in der Karibik schippern. Oder im Mittelmeer. Heute werden dann noch die Entlassungen in der Deutschschweiz bekanntgegeben. Mit dem gleichen Blabla.

Aber mal Hand aufs Herz, Herr Supino: fällt Ihnen wirklich keine sinnvolle Sparmassnahme ein? Nein, nicht im Maschinenraum. Oben, ganz oben, zuoberst oben. Oder schützt Familie vor allem?

Gespaltener Spalter?

Beim Nebi online scheint’s drunter und drüber zu gehen.

Es ist nicht allzu häufig, dass ZACKBUM dermassen viel Feedback auf einen Artikel bekommt. Aber die besorgte Nachfrage, wie es denn dem «Nebelspalter online» nach einem Jahr so geht, hat offensichtlich eingeschlagen.

Während die (noch) Angestellten bang in die Zukunft schauen, sind weitere «Knall auf Fall» Gefeuerte weniger zurückhaltend mit ihren Reaktionen: «Meine Mundwinkel kamen gar nicht mehr runter und mein Kopfnicken wollte auch nicht aufhören bis zur letzten Zeile. Toll geschrieben, …wenn auch nur ein kleiner Teil der Situation erfasst wurde.»

Es braucht in beiden Fällen Mut – und Leidensdruck —, sich so offen über die Zustände in einem Organ zu äussern, das mal wieder mit der grossen Kelle anrichtete, Millionen für den Start sammelte – und nach einem Jahr das entdeckt, was andere auch schon merkten: In der ersten Euphorie wird häufig übersehen, dass Geld ausgeben eine schöne Sache ist, wenn man’s hat. Dass aber irgendwann auch entsprechend Geld reinkommen sollte, sonst ist dann mal Ebbe in der Kasse.

Über die Abo-Einnahmen und die Anzahl der Besucher herrscht von Anfang an bis heute eisernes Schweigen. Zu beobachten von aussen ist lediglich, dass die Plattform von Anbeginn bis heute faktisch werbefrei daherkommt. Zu beobachten ist weiter, dass die Performance der Webseite suboptimal ist. Das liegt daran, dass man sich für eine Insellösung entschied, für ein eigenes Content Management System (CMS), das sicherlich ein Schweinegeld kostete, aber schlechter performt als Open Source Programme wie das allseits bewährte WordPress. «Charme eines Wühltischs» das war noch eine der netteren Bemerkungen von zwei Fachleuten, die sich im Auftrag von ZACKBUM die Webseite genauer anschauten.

«Kein Kommentar» als Standardantwort

Dass ein Redesign das nächste ablöste, ist immer ein ganz schlechtes Zeichen dafür, dass Google Analytics zeigt, dass an der User-Freundlichkeit noch schwer gearbeitet werden muss. Wieso das allerdings so lange und am lebenden Objekt geschieht, ist völlig rätselhaft.

Auch der damalige Geschäftsführer war ungefähr so auskunftsfreudig wie der aktuelle Chefredaktor. Auf ausführliche Fragen bezüglich der Performance der Webseite aufgrund der Analyse von Fachleuten meinte er nur: «kein Kommentar». Genauso kommentarlos wurde er kürzlich entsorgt. Pardon, widmet sich von einem Tag auf den anderen wieder seiner eigenen Firma.

Der Nachfolger soll ein Schreckensregime errichtet haben; ausser bei einigen «Untouchables» scheint es querbeet Kündigungen zu hageln. Wie einige Quellen berichten, durchaus auch der ruppigen Art. Zum «Meinungsaustausch» aufgeboten, nach fünf Minuten Gespräch gefeuert. So etwa.

Der letzte grosse Versuch, die «Republik», bettelte noch öffentlich um milde Zusatzgaben, als man plötzlich merkte, dass die massige Kohle zur Neige ging, die man eingesammelt hatte.  Der Nebi scheint den Weg des Schweigens gewählt zu haben und will sich vielleicht spurlos im Nebel auflösen.

Einige gehen still und leise (oder werden gegangen), einer wagt es immerhin, in der (kleinen) Öffentlichkeit hinter der Bezahlschranke deutlich seine Meinung zu sagen. Sein Artikel trägt den Titel «Warum haben die Unfähigsten noch das Sagen?» Er bürstet darin Weltenlenker wie den US-Präsidenten, den deutschen Kanzler oder die Chefin der EZB ab. Aber zum Schluss wird der Autor Milosz Matuschek überdeutlich, wenn er mit der Frage im Titel auch meint: «Liebe Leser! Auch im Journalismus gehen die Meinungen über Wert und Preis manchmal auseinander, wie überall. Mit dieser Kolumne verabschiede ich mich als Kolumnist.»

Er ist nicht der Einzige, der dem Kahlschlag im Nebel zum Opfer gefallen ist.

Und nein, wir haben keinen weiteren Versuch unternommen, uns ein «kein Kommentar» abzuholen. Aber man wird wohl einiges zu hören bekommen, wenn Lohnfortzahlungen und Schweigepflichten ausgelaufen sind. Was jetzt schon bei ZACKBUM anonym oder mit voller Namensnennung landet, ist starker Tobak.

Zum Beispiel Viviane Joyce

Wie Karriere verformen kann. Ein bedauerliches Lehrstück.

Viviane Joyce war sozusagen die Tätschmeisterin bei der BaZ. Bei der alten «Basler Zeitung», als unter der Leitung von Markus Somm noch Journalismus mit Hand und Fuss und Herz betrieben wurde.

Als Debatte grossgeschrieben wurde, keine Meinung zensiert und deshalb auch das mit Millionen unterfütterte Gegenprojekt «TagesWoche» kläglich verröchelte. Da hatten auch Externe mit eher konfliktiven Beiträgen problemlos Platz. Natürlich sprechen wir hier von René Zeyer.

Joyce sorgte damals dafür, dass alles seinen geordneten Gang ging und kümmerte sich um die vielen grösseren oder kleineren Probleme, die das Zusammenschreiben doch nicht ganz pflegeleichter Charaktere so mit sich brachte.

Dann schaffte Joyce als eine der ganz Wenigen der BaZ den Sprung in den Tamedia-Konzern, als der die Zeitung übernahm und begann, mit seiner Zürcher Einheitssosse abzufüllen. Seither hat die BaZ nur noch nominell einen Chefredaktor, der ängstlich darauf verwies, dass solche Entscheidungen nur in Zürich getroffen werden können, als ich ihm ein Stück mit Schwerpunkt Basel anbot.

Viviane Joyce, Überlebenskünstlerin.

Karriere war auch schon einfacher

Das ist nun alles verständlich, man muss heutzutage im Journalismus schauen, wo man bleibt. Ausserhalb von ZACKBUM gilt die Devise: ja nicht unangenehm auffallen, das könnte nicht nur die Karriere, sondern gleich den Job gefährden. Denn nach der Sparrunde ist immer vor der Sparrunde, nach dem grossen Rausschmeissen ist vor dem nächsten Rausschmeissen.

Immerhin blieb der BaZ das Schicksal der «Berner Zeitung» und des «Bund» erspart. Allerdings verfügt Tamedia am Platz auch nur über die BaZ, da kann nicht sonderlich zusammengelegt und gespart werden.

Aber Tamedia verfügt auch über die sogenannten Editorial Services. Also den Maschinenraum von Layoutern, Produzenten, Korrektoren, Bildredaktoren und allen, die für den ordentlichen Weg eines Artikels in die Abfüllmaschine Tamedia zuständig sind.

Alles so schön bunt hier, in der Selbstdarstellung.

Was bei einem Automotor eher ungut wäre, ist bei einer Zeitungsherstellungsmaschine scheinbar problemlos möglich: immer wieder ein paar Stücke abschrauben, wegschmeissen, geht auch so. Allerdings sind das keine Stücke, sondern Mitarbeiter, aber was soll’s.

Joyce ist inzwischen «Leiterin Editorial Services» und auch Mitglied der Geschäftsleitung von Tamedia. Das ist sicherlich ein verdienter Aufstieg einer kompetenten Frau. Allerdings gehört dann dazu, die neue Sparrunde nach der vorhergehenden Sparrunde möglichst schönzuschwätzen.

Schönreden statt schimpfen

Das tat sie gegenüber seidenweichen Fragen von persoenlich.com, als es darum ging zu erklären, dass der neuerliche Abbau von 710 Stellenprozenten eigentlich keinerlei Auswirkung auf die Qualität der Dienstleistung habe. Zurzeit werkeln noch «102 feste Mitarbeitende»; Joyce lenkt also einen ziemlich grossen Töff im Tamedia-Imperium. Dass sie die neuerliche Sparrunde nicht öffentlich als Riesensauerei beschimpft, ist verständlich. «Synergien nutzen», keinerlei Einbusse bei der Qualität, bessere Abstimmung, das übliche Blabla halt.

ZACKBUM hatte allerdings noch ein paar konkrete Nachfragen, unterbreitete die mit grosszügig bemessener Bedenkfrist:

  1. Nach der Sparrunde ist vor der Sparrunde. Wann ist die nächste geplant?
  2. Wie erklären Sie das Wunder, dass mit weniger Mitarbeitern gleiche Qualität geliefert werden kann?
  3. Sie haben sicherlich die Begriffe Synergie und Straffung und so weiter verwendet. Aber das würde ja bedeuten, dass zuvor Leerläufe und überflüssige Tätigkeiten existierten, oder nicht?
  4. Sie gehören zu den wenigen «Überlebenden» der BaZ ausserhalb der BaZ, aber innerhalb von Tamedia. Haben Sie bei Stellenantritt bereits geahnt, dass Sie vor allem Zeichen im Abbau setzen werden?
  5. Können Sie umreissen, ab welcher Work Force eine gleichbleibende Qualität nicht mehr garantiert werden kann?

Auch hier gibt sich niemand der Illusion hin, dass Joyce als Mitglied der GL aus ihrem Herzen keine Mördergrube machen würde. Aber eine ernsthafte Befassung mit den Fragen wäre eigentlich nicht zu viel verlangt gewesen.

Geblubber und Geschwurbel statt Inhalt und Strategie.

Stattdessen kam das hier von Joyce:

«Grundsätzlich ist alles gesagt auf persönlich.com: Tamedia Editorial Services muss einen Beitrag an die Kostenreduktion leisten. Ich bedauere, dass die organisatorischen Veränderungen bei Tamedia Editorial Services personelle Massnahmen mit sich führen. Dies hat aber keine Auswirkungen auf die Qualität, auch mit den neuen Abläufen und Zuständigkeiten ist diese stets gewährleistet. Zudem gibt es Synergiepotenzial durch die Neuaufstellungen der Redaktionen in Zürich und Bern, aber auch mit einer Einführung des TES-Hubs an zwei Standorten.»

Da kann man nur noch sagen: oh je.

Knatsch zwischen Personalkommission und Tamedia

Es war zu erwarten. Die Vorstellungen liegen «weit auseinander».

Das «Berner Modell» mit den beiden Tamedia-Zeitungen «Berner Zeitung» und «Bund» ist bald Geschichte. Nach Inland, Ausland, Wirtschaft und Sport werden ab April 2021 auch der Lokalbund, regionale Kultur, Berichte über Berner Sportvereine und die lokale Wirtschaft zentral produziert. Unterschieden wird grosso modo nur noch die Titelseite. Etwas, was seit Anfang Jahr schon die Bündner Zeitung und das Bündner Tagblatt praktizieren. Eine ähnliche Fusion – vorerst im Regionalen – kommt sehr bald auch bei den Tamedia-Zeitungen im Grossraum Zürich: Tages-Anzeiger, Landbote, Zürichsee-Zeitung und Zürcher Unterländer legen ihre Regionalredaktionen zusammen. Dass es Entlassungen geben wird, ist ein offenes Geheimnis, auch wenn das der neue «Regio-Chefredaktor» Benjamin Geiger kürzlich im SRF-Medientalk etwas kleinreden wollte.

Sozialplan kommt, das spricht für eine Massenentlassung

Tamedia bestätigt nun gegenüber ZACKBUM: «Der Sozialplan wird bei allen betroffenen Mitarbeitenden zur Anwendung kommen.» Sprich: Es wird einen Sozialplan geben. Kenner sind überzeugt, dass Tamedia, respektive die TX Group unter Pietro Supino, nur dann eine soziale Ader entwickeln, wenn es nicht anders geht. Und das bedeutet Folgendes: Bei Entlassungen kommt nur dann eine gesetzliche Sozialplanpflicht zur Anwendung, wenn der «Arbeitgeber ab einer Grösse von 250 Arbeitnehmern innert 30 Tagen mindestens 30 Arbeitnehmern aus Gründen kündigt, die in keinem Zusammenhang mit ihrer Person stehen».

Auch wenn Tamedia immer etwas anderes zu sagen versucht: Es steht ein Kahlschlag bevor.

Zackbum weiss gemäss einem internen Schreiben: Momentan geht’s bei den Verhandlungen der Personalkommission mit Tamedia «konkret um die Höhe der Leistungen, also um Abgangsentschädigungen und Unterstützungen bei der Frühpensionierung». Dabei seien bei den bisherigen Verhandlungen einzelne Verbesserungen erreicht worden. Trotzdem «liegen die Vorstellungen der Arbeitgeberin und Mitarbeiter noch weit auseinander».

Es gebe sogar einen Dissens über das grundsätzliche Konzept eines Sozialplans.

Wenn es so weitergeht, will man innerhalb der Belegschaft eine Umfrage machen, was die Position der Tamedia wohl nicht stärken wird. Vor allem, wenn die Resultate des Stimmungsbarometers nach aussen dringen. Ziel sei nach wie vor,  «innert nützlicher Frist einen unterschriftsreifen Sozialplan zu haben. Wir sind aber noch mehr daran interessiert, einen Sozialplan zu erreichen, der diesen Namen verdient», so der Wortlaut der Peko im Schreiben.

Laut Mediensprecherin Nicole Bänninger (sie ist auch stellvertretende TX-Group-Konzernsprecherin) will sich Tamedia (noch) nicht in die Karten blicken lassen.

Den überschaubaren Fragenkatalog von ZACKBUM.ch beantwortet Bänninger «thematisch zusammengenommen», wie sie schreibt.

Wissen Sie schon, wieviele Stellenprozente wegfallen in Zusammenhang mit der Fusion BZ und Bund, sowie Regionalredaktion Tagi/ Landbote/ ZSZ und Zürcher Unterländer? Wie ist der Zeitplan des Abbaus?
Dazu können wir noch keine Aussage machen. Wir versuchen, notwendige personelle Massnahmen soweit wie möglich über Fluktuation, interne Verschiebungen oder andere Anschlusslösungen zu vollziehen. Für die von einer Kündigungen betroffenen Mitarbeitenden kommt ein übergreifender Sozialplan zur Anwendung.

Wie beurteilen Sie die Verhandlungen mit dem Personal in dieser Causa? Bis wann rechnen Sie damit, dass ein Sozialplan steht? Gibt es schon Details, wie hoch sich die Abgangsentschädigungen und die finanziellen Unterstützungen bei Frühpensionierungen belaufen?  
Es finden regelmässige Verhandlungssitzungen mit der Personalkommission statt. Der Austausch ist vorwiegend konstruktiv, es liegt jedoch in der Sache der Natur, dass die Vorstellungen zwischen Arbeitnehmenden und Arbeitgeberin nicht immer identisch sind. Es geht uns nicht primär darum, die Verhandlungen so rasch wie möglich abzuschliessen, sondern die von einem Stellenabbau betroffenen Mitarbeitenden mit einem guten Sozialplan bestmöglich unterstützen. Inhaltliche Details können wir vor Abschluss der Verhandlungen nicht geben. Der Sozialplan wird bei allen betroffenen Mitarbeitenden zur Anwendung kommen.

Der Stellenabauf von SRF

Ein doppelter Wappler. 

Der Eskimo kennt 40 verschiedene Wörter für Schnee. Unter anderem: Matsch, Pflotsch, Rutsch. Wer Kinder aufzieht, weiss: Es gibt 40 verschiedene Formen von Kinderweinen. 39 davon darf man guten Gewisses überhören.

Das gilt auch für die Tränen von SRF. Wegen fehlenden Werbeeinnahmen und «Transformationsprozess» müsse jetzt sogar der Staatssender sparen, hiess es im Herbst 2020. Es war vor allem ein politisches Weinen.

Vorgestern informierte der Sender, wie der geplante Stellenabbau vorankommt: «Stellenabbau bei SRF: Umsetzung der ersten Etappe».

Minus 84, plus 148

84 Stellen werden abgebaut, das ist die traurige Nachricht. Ist also auch das SRF in der Wirklichkeit angekommen? Nein, natürlich nicht. «Gleichzeitig ist auch der Bedarf an neuen Mitarbeitenden in einigen Bereichen – beispielsweise in der Technologie – höher als angenommen. Dadurch erhöht sich der Stellenaufbau auf 110 Vollzeitstellen, geplant war ein Aufbau von 89 Vollzeitstellen.»

SRF entlässt also 84 Stellen und baut 110 Vollzeitstellen aus. Zackbum wollte von SRF wissen, wie viele Voll-und Teilzeitstellen diese 110 bedeuten. «Diese Frage», so die Pressestelle, «lässt sich noch nicht beantworten, da die Stellen im Verlaufe der kommenden Monate besetzt werden.»

Gemäss Personalstatistik von SRF entspricht in Leutschenbach eine Vollzeitstelle etwa 1,35 Stellen. Im Klartext: Im ersten Stellenabbau der SRF werden unter dem Strich 64 Stellen zusätzlich geschaffen.

Im Herbst soll es übrigens zum zweiten Stellenabbau kommen. Für Lacher ist also gesorgt.

CH Media lässt Mitarbeiter im Ungewissen

CH Media informierte am Donnerstag die Medien mit ihrem «Effizienzprogramm»: Bis Ende 2022 sollen 30 Millionen Franken eingespart werden. Bluten müssen alle. Grund ist für einmal nicht (nur) die Coronakrise und das serbelnde Werbegeschäft. «Die Weiterentwicklung des Bereichs Entertainment erfordern weiterhin hohe Investitionen», heisst es in der Mitteilung. Die im Herbst übernommene Fernsehgruppe 3+ reisst anscheinend noch tiefere Löcher als gedacht.

Im Unterschied zu anderen Medienkonzernen und ihren Sparübungen, lässt CH Media ihre Angestellten im Ungewissen. Die Stimmung auf der Redaktion muss momentan ziemlich mies sein. Auf die Frage hin, wie viele gehen müssen, weiss selbst die Medienstelle keine Antwort. «Der Grund ist, dass wir das noch nicht wissen. Auch die Geschäftsleitung nicht.» Die Geschäftsleitung soll keine Ahnung habe, wie viele Leute ungefähr gehen müssen? Weiss sie immerhin, wie viele Eier sie hat?

 

Ringelreihen und Rausschmeissereien

Ringier baut ab. Tamedia baut ab. CH Media baut ab. NZZ baut ab.

Als festangestellter Redaktor muss man sich in der Schweiz als unfreiwilliger Teilnehmer am Kinderspiel Reise nach Jerusalem sehen. Die Musik hört immer häufiger auf zu spielen, und immer hat es einige Stühle zu wenig.

Gerade hat es die «Schweizer Illustrierte» erwischt. Ihr Ableger «Style» wird eingespart, online und Print zusammengestöpselt. 35 Stellen fallen weg. Damit spart Rasch, also Ringier Axel Springer Schweiz, über den Daumen gepeilt rund 3,5 Millionen Franken pro Jahr ein.

Originelle Begründung: allgemein sinkende Werbeerträge und dann noch Corona. Damit stimmt Ringier in den allgemeinen Chor ein, der wie in einem Abzählreim singt: Stellenabbau, Stellenabbau, Stellenabbau.

Die Chöre singen immer die gleichen Strophen

Gleichzeitig wird der Gegenchor in Stellung gebracht: Content, Qualität, vierte Gewalt. So leiern beide Chöre vor sich hin, um sich am Schluss zum Finale zu treffen: Hilfe, wir brauchen Geld, Geld, Geld.

Subventionen, staatliche Hilfe, Anteil am Gebührentopf für SRF, schliesslich erbringen die privaten Medienhäuser eine gesellschaftlich relevante Dienstleistung. Denn hier werden ja keine Schrauben gedreht, sondern es wird kompetent, seriös und vertrauenserweckend recherchiert, analysiert, kommentiert.

Ach ja? Bei CH Media, der einen Hälfte des Duopols, das den Deutschschweizer Tageszeitungsmarkt unter sich aufteilt, arbeiten laut Selbstauskunft 45 Redaktoren in der Zentralredaktion in Aarau. Gleich beim Zusammenschluss der ehemaligen NZZ-Lokalzeitungen mit dem Wanner-Konzern fielen mal 5 Stellen weg. Natürlich bedauerlich, aber wie sülzte der publizistische Leiter Pascal Hollenstein: «Das Angebot wird besser, der Journalismus gestärkt.»

Stärken durch Einsparen

Deutlich gestärkt ist zum Beispiel das Ausland; laut Impressum bestreichen hier zwei Allrounder die ganze Welt. Von Norwegen bis Südafrika. Von Alaska bis Chile. Von Moskau bis Peking. Zu einer anderen Lösung hat sich Tamedia entschieden. Im Impressum sieht das Auslandressort wohlbestückt aus. 5 Redaktoren, 22 Korrespondenten. Immerhin. Nur: Die Auslandberichterstattung wird weitgehend von der «Süddeutschen Zeitung» aus München übernommen. Sind ja auch grösstenteils deren Korrespondenten.

Beim «Blick», Pardon, bei der «Blick»-Verlagsgruppe ist gar kein Ausland mehr separat ausgewiesen. Eine Liga für sich ist immerhin noch die NZZ. Aber: Wie soll das gehen, mit ständigen Rausschmeissrunden den Journalismus stärken? Mit immer weniger Redaktoren immer mehr Output, online und Print, rauspusten?

Nun, die Arglist der Zeit, das Internet, die Pandemie, wer konnte das denn ahnen? Jeder, ausser, er ist Medienmanager. Der Bankier Julius Bär machte sich in seiner Zunft äusserst unbeliebt, als er richtig feststellte, dass das Bankgeheimnis zwar fett, aber auch impotent mache.

Über viele Jahrzehnte war der Besitz einer Druckerei eigentlich die Lizenz zum Gelddrucken. Stellenanzeiger, Wohnungsanzeiger, Werbung jeder Art: nur der Schlitz der Bezahlboxen und die Druckmaschinen waren die Grenze nach oben, was den Umfang betraf.

In den fetten Zeiten fett geworden

Chefredaktoren, vor allem, wenn sie erfolgreich waren, fuhren Porsche, Reporter flogen Business durch die Welt, beachtliche Gelage wurden als Informationsgespräch auf die Spesenabrechnung gesetzt, und keiner meckerte deswegen. Die drei Besitzerfamilien, die Coninx, Wanner und Ringier, waren mit Geldzählen beschäftigt, legten sich hübsche Kunstsammlungen zu und fuhren Aston Martin oder Rolls-Royce.

Schönwetterkapitäne halt. Dann rüttelte das Internet die ganze Branche durch, die ganzen schönen Kauf- und Tauschbörsen verschwanden ins Digitale, mitsamt einem immer grösseren Stück vom Werbekuchen. Geschäftsmodell kaputt, obsolet geworden. So wie die Kutsche beim Aufkommen des Automobils. So wie die Dampflok gegen die Elektrolok.

Was fällt den Schönwetterkapitänen ein?

Nun könnte man meinen, dass die Besitzer aufhörten, die Scheinchen zu zählen und mehr oder minder sinnvoll auszugeben, ihre Managerriege unter Beweis stellte, dass sie zu mehr taugt als zur Verwaltung des Althergebrachten.

Leider doppelte Fehlanzeige. Gesundbeten und totsparen. Das fällt ihnen bis heute ein. Um Subventionen betteln, das fällt ihnen auch noch ein. Ach, und ganz clevere Medienmanager kamen noch auf die grossartige Idee, den abschwirrenden Inseraten einfach nachzurennen. Und für teures Geld alle möglichen Plattformen im Internet zusammenzukaufen.

Dazu Radiostationen und TV-Stationen. Das verkauften sie dann dem staunenden Publikum als multimedial, als crossmedial, als ganz neue Wertschöpfungsketten. Online-Redaktionen wurden aus dem Boden gestampft und neben die traditionelle Printredaktion gesetzt. Multichannel, you know, verschiedene Geschwindigkeiten, verschiedene Medien, müssen alle spezifisch bespielt werden. Online-Marketing, ein Riesending.

Trennen und zusammenlegen

Als auch das nicht viel half, kamen die Manager auf die nächste uralte Idee: Legen wir zusammen, was wir getrennt haben. Online, Print, Radio, Video, ist doch kein Kunststück, wenn das der gleiche Journalist bespielt. Mikrophon und Handy-Kamera kann doch jeder Depp bedienen.

Das schon, aber wie gross ist das Ausmass der Dummheit in den Chefetagen der Medienhäuser? Das World Wide Web gibt es nun auch schon seit 30 Jahren. Eine Generation lang. Und ist den Medienmanagern eine Antwort dazu eingefallen? Nein. Vom Online-Werbekuchen schneiden sich die Platzhirsche Google und Facebook & Co. 90 Prozent der Einnahmen ab. Reaktion? Null.

Der Grösste räumt die Kleinen weg

Und die grossartigen Kauf- und Tauschplattformen von Tamedia und Ringier? Auch nicht mitgekriegt, dass im Internet gilt: the winner takes it all? Der Grosse macht den Kleinen platt. Google und Amazon räumen alles weg. Bis Alibaba die beiden wegräumt. Von den Zwergplattformen in der Schweiz gar nicht zu reden.

Also zurück zum Sesselspiel. Lassen wir die Journalisten mal wieder im Kreis laufen. Und nehmen ihnen ein paar Stühle weg. Nächste Rausschmeissrunde. Das stärkt den Journalismus.