Lausiger Tagi

In der Schule hätte das ein «flüchtig!» abgesetzt. Aber im Qualitätsjournalismus …

Es gibt eine neue Welle im Schweizer Medienzirkus. Also neu ist sie nicht, aber neu gewellt: Missbrauchsvorwürfe in der katholischen Kirche. Lange Zeit war Ruhe, jetzt ist mal wieder Rudelbildung im Journalismus.

Da will natürlich auch der «Tages-Anzeiger» nicht abseits stehen und schraubt schnell einige Stücke zusammen. Das sieht dann mal so aus:

KKK? Ku-Klux-Klan? Keine katholische Kirche? Aber immerhin, der Name der Autorin scheint richtig geschrieben zu sein, ist doch was im Qualitätsjournalismus.

Illustriert ist der Qualitätsartikel mit aktuellen Fotos:

Am 11. Juli 2019 aufgenommen, wozu sich die Mühe einer neuen Fotografie machen, wenn man doch über ein Archiv verfügt …

Es ist ja nicht zu viel verlangt, dass der Tagi-Leser auch die zweite Landessprache beherrscht:

Soleure, le 1 avril 2021, ohne Scherz wurde damals der Évêque de Bâle vom «Le Matin Dimanche» abgelichtet, auch aus dem Archiv gezaubert, wieso auch die Bildlegende auf Deutsch übersetzen …

Auch beim nächsten Würdenträger hat sich die Bildredaktion nicht überanstrengt:

Hier wurde der Churer Bischof Vitus Huonder auf dem «Weg zur Chrisammesse» abgelichtet, haargenau am 18. April 2019. Aber immerhin ist diese Ölmesse auf Deutsch abgehandelt …

Aber hier wird’s wieder etwas anspruchsvoller:

Flüssig französisch Parlierende können der Bildlegende entnehmen, dass es sich hier um den eveque de Lausanne handelt, abgelichtet am Mittwoch, 15. Juli 2020, in Fribourg. Wieso es allerdings nicht korrekt «Évêque» heisst, bleibt ein süsses Geheimnis des Tagi …

Nun greifen wir aber ganz, ganz weit in die Geschichte zurück und gehen zum Jahr des Herrn 2006, wo es immerhin schon die Farbfotografie gab:

Die beiden frommen Kirchenmänner wurden am 17. September 2006 in der Kathedrale St. Gallen geknipst. Eine wunderbare historische Reminiszenz …

Wir gehen näher an die Gegenwart, zum 24. Februar 2020. Allerdings ist hier bei der Bildlegende ein kleines Malheur passiert:

Schon blöd, wenn sich Anführungs- und Schlusszeichen halt in ein à und ein Ò verwandeln, und keiner merkt’s …

Aber immerhin, beim Schlussbild ist alles gut:

Wenn der Tagi auf eine Datumsangabe verzichtet, könnte das Foto sogar aktuell sein.

Verfasst ist der Zusammenschrieb übrigens von der «Co-Leiterin des Recherchedesks», Meisterin der «investigativen Recherche». Die besteht hier darin, dass sie einen Forschungsbericht der Uni Zürich gelesen und ausgeweidet hat, zudem offensichtlich fleissige Leserin des SoBli ist. Und natürlich des Archivs des Tagi, wozu ist man investigativ und weiss zu recherchieren.

Der Text ist – immerhin – fehlerfreier und aktueller als die begleitenden Fotos, auch wenn er mit einem dreifachen Krachlaut im Lead beginnt. Zudem ist er nicht hinter der Bezahlschranke verborgen. Aber ob so etwas den Leser animiert, auch noch Geld auszugeben?

Bei einer Schularbeit hätte das früher ein «flüchtig!» mit entsprechenden Notenabzug abgesetzt. In den heutigen Zeiten der Inklusion und der Sensibilität wäre sicherlich das Bemühen gelobt worden. Aber im Journalismus gibt es dafür ein härteres Wort: Leserverarschung.

6 Kommentare
  1. Robert Holzer
    Robert Holzer sagte:

    «Wieso es allerdings nicht korrekt «Évêque» heisst, bleibt ein süsses Geheimnis des Tagi …»
    Ganz einfach, auch an Tastaturen wird gespart. An Intelligenz übrigens schon länger.

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  2. Karl Warth
    Karl Warth sagte:

    Von Sensibilität kann beim Tagi keine Rede sein. Was da gestern an Kommentaren freigeschaltet wurde, war richtig unchristlich. Kommentare, die alle Katholiken zu „Mittätern“ gemacht haben, geprügle auf alles Religiöse, obwohl das Problem eine Kirche und eben nicht den Glauben betrifft, die Katholische Kirche sei ohnehin eine Sekte usw. Mehrfach mutmasslich strafrelevante Kommentare, die auch nach Meldung nicht entfernt wurden.
    Man stelle sich das Ganze nach einem islamistischen Terrorangriff vor – der Tagi würde als erstes mahnen und warnen, jetzt nicht die Moslems zu pauschalisieren. Bei den Katholiken aber offenbar kein Problem. Woher nur dieser Hass auf alles Christliche? War der Konf-Unti so schlimm für die Tagi-Journis und -Leser? Natürlich sind die Taten scheusslich und das Ausmass dramatisch. Über die vielen tausend Gläubigen, die Halt und Hoffnung finden, die Senioren-Nachmittage organisieren und Gutes tun, oder im Gefängnis oder in sonst schwerer Zeit zum Glauben finden und eine Umkehr zu einem besseren Leben finden, über die wird nirgends geschrieben. Klar, dass die Medien-Opfer den Eindruck bekommen, die Kirche sei schlecht und böse und sowieso altes Zeug, gehöre abgeschafft und verboten. Schlimm.

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  3. Victor Brunner
    Victor Brunner sagte:

    TA Titelseite heute:
    «Über 1000 Fälle: Studie erschüttert die Schweiz».
    Die Schweiz erschüttert, was haben die «Seismologen» an der Werdstrasse registriert? Die wenigsten sind erschüttert und Tagesgespräch sind die Missbrauchsfälle nur bei ganz naiven. Seit Jahren ist bekannt das vieles vertuscht wird, TA und Magazin haben schon daüber berichtet und warum sollen katholische Geistliche anders getaktet sein als in Deutschland, Frankreich oder Grossbritannien.
    Birrers ntionales Leitmedium wird zu einer ernsthaften Konkurrenz für das Schwachsinnportal von der Dufourstrasse.

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