«Blick» plustert weiter

Von einem journalistischem Höhepunkt zum nächsten.

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Es gibt neu «Blick+» Das Plus steht nicht für eine Blutgruppe, sondern soll laut «Blick»-Oberchefin Ladina Heimgartner ein «Qualitätsstempel» sein. Die Idee: «Wer sich kurz informieren will, kann das weiterhin genauso tun wie bisher auf Blick.ch. Wer aber in ein Thema eintauchen möchte, kauft ein Abo

Dann tun wir das doch. Im Artikel mit Qualitätsstempel vermeldet «Blick» erschreckt: «Hier brennt ein Kinderwagen auf der Bühne.» In der Tat, das haben auch rund 40’000 Zuschauer so gesehen; ob die nun ein Abo lösen wollen?

Aber nun taucht «Blick» richtig ins Thema ein:

Das ist natürlich eine brennende Frage; schliesslich herrschte in Bern angeblich «zwei Tage Ausnahmezustand», weil Rammstein «rund um den Skandal-Sänger Till Lindemann» auftrat. Den hatte schon der «SonntagsBlick» beim Verlassen des Hotels «Schweizerhof» beim skandalösen Beissen in einen Apfel fotografisch überrascht. Allerdings weist das Kürzel «ZVG» – für «zur Verfügung gestellt» darauf hin, dass es nicht mal das Qualitätsorgan selbst war, dem dieser weltexklusive Wahnsinnsschuss gelang.

So verhält es sich auch beim «Beweisfoto» in Sachen von Rohr:

Hier marschiere der Alt-Rocker (hinten) «ins Berner Hotel Schweizerhof – wo auch Rammstein-Sänger Till Lindemann nächtigte». Da bleiben natürlich alle Fragen offen. Wollte von Rohr einfach einen neuen Haarschnitt? Oder eine Rasur? Oder wollte er einen «Afternoon Tea» für schlappe 45 Franken? «Heissgetränke à discrétion, 3-stöckige Etagere mit Sandwiches, süßen und salzigen Leckereien, Brotkorb mit Scones, Champagner (Blanc de Banc & Rosé, gegen Aufpreis zubuchbar)». Blanc de Banc in Original-Rechtschreibung des Luxushotels. Oder wollte er sich vielleicht – etwa gemeinsam mit dem «Skandalsänger» – eine «Entspannung in Gold» im Spa gönnen? «Diese Massage mit hochreinen 24-karätigen Goldflocken und 100% natürlichem Öl führt zu einer optimalen Balance von Körper und Geist». Schlappe 200 Franken für 75 Minuten, das könnte Lindemann doch brauchen.

Aber, schade auch, «Blick+» bleibt im Minus, was die Beantwortung der Frage betrifft. Alles nur zugetragen, alles nur aus zweiter Hand:

«Von Rohr wurde, gemäss Blick-Informant, von einem Mitarbeiter des Skandal-Sängers vor dem Eingang des Hotels empfangen. «Sie umarmten sich», sagt die Quelle und beschreibt weiter: «Es sah aus, als seien die beiden beste Freunde, die sich sehr darüber freuen, einander wiederzusehen. Danach führte der Mann, der auch Till Lindemann stets begleitete, Chris von Rohr in den Schweizerhof.»»

Aber halt, von Rohr gehört doch zum Inventar bei Ringier, dem muss doch ein Quote zu entlocken sein. In der Tat: «Chris von Rohr bestreitet gegenüber Blick nicht, Till Lindemann getroffen zu haben, behauptet allerdings: «Ich plane eine Recherche-Geschichte über den Fall Rammstein, dazu habe ich im Umfeld von Lindemann recherchiert.»»

Aber, oh je: «Die Fragen, wie er zu Lindemann und den Vorwürfen stehe, dieser habe Frauen mit K.o.-Tropfen für sexuelle Handlungen gefügig gemacht, will Chris von Rohr nicht beantworten.»

Blöd aber auch. Die wahre Skandalstory versemmelt der «Blick+» allerdings jämmerlich:

Vorne läuft Rammstein-Gitarrist Paul Landers. Er schaut offensichtlich demonstrativ in die falsche Richtung. Denn: wer steht denn da hinten an die Wand gelehnt? Ist das ein Groupie mit Handy in der Hand, das auf den Einsatz wartet? Eine nichtöffentliche Person, deren Gesicht eigentlich verpixelt gehört? Das wären doch Recherchen, die einem «Blick+» gut anstünden.

Aber eben, auch hier heisst es «***NO CREDIT***» beim Foto, auch das wurde dem Qualitätsorgan zugespielt.

Schauen wir uns mal die +-Ausbeute am Montag an. Da wäre mal diese versemmelte Story. Dann ein Interview mit dem «EasyJet-Europachef». Hoffentlich hat «Blick+» für diesen Werbespot Geld kassiert: «Haben Sie auch mehr Flüge im Angebot? – Was sind die beliebtesten Ziele der Schweizer? – Sie lancieren ein eigenes Reiseportal. Was muss man dazu wissen?»

Heisst + also, dass hier das verbraten wird, was früher Publireportage hiess? Und sonst? Nun, bereits der dritte «Blick+»-Artikel ist nicht mehr ganz taufrisch, er stammt vom 18. Juni. Wenn «Blick+» diese Schlagzahl beibehält, wird es dann etwas eng mit den versprochenen «200 exklusiven Storys pro Monat». Denn das wären im Schnitt zwischen 6 und 7. Pro Tag.

Was «Blick+» nicht beantwortet: kriegt man sein Geld zurück, wenn nicht plus, sondern minus geliefert wird? Da erwarten wir einen «Ratgeber-Artikel», der «diese brennendste Frage» beantwortet. Angeblich «präzise, verlässlich, lebensnah».

Aber immerhin: für Spass, Tollerei und Gelächter ist schon mal gesorgt.

Ob «Blick+» allerdings auch mal so viele begeisterte zahlende Gäste haben wird?

(Screenshot «Blick+»)

4 Kommentare
  1. M. Lüthi
    M. Lüthi sagte:

    Besonders interessant ist, dass die Tickets für Rammstein, via Ticketcorner verkauft wurden und werden.
    Einer Firma, die zur Hälfte Ringier gehört.
    Sich über eine Band empören und gleichzeitig mit ihr Geld verdienen…

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  2. Ruedi Rudolf
    Ruedi Rudolf sagte:

    Zitat: «Diese Massage mit hochreinen 24-karätigen Goldflocken und 100% natürlichem Öl führt zu einer optimalen Balance von Körper und Geist». Schlappe 200 Franken für 75 Minuten, das könnte Lindemann doch brauchen.

    Ist da der Corona Impf-Booster für Körper und Geist mit inbegriffen im Schweigerhof?

    «American Woman»
    https://www.youtube.com/watch?v=bBM-OHamzzY

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  3. Niklaus Fehr
    Niklaus Fehr sagte:

    Tatsächlich funktoniert B+ mit NoScript im Firefox nicht und man kann alles normal lesen. Das Script von tinypass.com schaltet anscheinend die Sperre ein. Das ist natürlich keine Paywall, nur ein Mäuerchen. Vielleicht auch Absicht, weil man einfach Angst hat, den Niedergang zu beschleunigen. Mauert euch ein bei Blick, dann haben wir Ruhe!

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  4. Vergissmeinnicht
    Vergissmeinnicht sagte:

    Wäre doch interessant zu erfahren wie viele Abos generiert werden?

    Der Blick war früher mal eine gute Zeitung. Boulevard vom Feinsten. Interessante Sport Reportagen. So wie versierte Gerichtsberichte nach Alter Schule, wie es Viktor Dammann pflegte.

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