Wats-off
«watson» ist die Kriegserklärung an den Journalismus. Der Nocebo-Effekt.
Schädliche Auswirkungen von Journalismus, obwohl gar kein Journalismus drin ist: das ist «watson» in einem Wort.
Vor einigen Jahren war die Idee neu, zur Leserbespassung sogenannte Listicals zu machen. Nach der einfachen Devise: einmal ist langweilig. Zehnmal ist lustig. Oder so. Problem: bei aller Fantasie gehen irgendwann mal die Ideen aus. Das sieht dann so aus:
Vielen Dank, zwei genügen, um Brechreiz auszulösen.
Der grosse Vorteil des Internets gegenüber dem Print besteht darin, dass jederzeit aktualisiert werden kann. Also wäre es zum Beispiel möglich, am Mittwochmorgen mit dieser Story auf einen bevorstehenden Gerichtstermin aufmerksam zu machen:
Dazu ist «watson» tatsächlich in der Lage. Nun endete der Prozess so gegen 11.30 Uhr am Vormittag. Das muss allerdings der «watson»-Crew entgangen sein, denn auch noch am Abend des Tages hing diese Meldung unverändert auf der Webseite.
Aber nun mal ernsthaft, «watson» ist natürlich zu «Analysen» fähig. Wo Analyse draufsteht, ist Philipp Löpfe drin. Das tut allerdings weder der Analyse, noch dem Leser gut. Denn für Löpfe besteht eine Analyse darin, der Realität mal wieder zu zeigen, wie sie zu sein hat. Nämlich so, wie sie ihm passt. Nun hat Löpfe seit Jahren etwas gegen den Ex-US-Präsidenten Donald Trump.
Das ist nicht unverständlich, allerdings sollte es einen nicht dazu verführen, sozusagen in Traumanalyse überzugehen.
Oder auch nicht, erklärt Löpfe dann im Kleingedruckten.
Wir kämpfen uns durch eine Portion Geeiertes. So verkündet Löpfe, dass auch Trump-Anwalt «Rudy Giuliani eine Vorladung erhalten» habe, «als Zeuge auszusagen». Das wird dann doch eng. Oder doch nicht: «Es ist wenig wahrscheinlich, dass Giuliani je aussagen wird. Doch symbolisch ist seine Vorladung von grosser Bedeutung.» Sagt Symboldeuter Löpfe.
Überhaupt wird seine analytische Kraft bei «watson» sehr geschätzt:
Nichts zu klein, um nicht analysiert zu sein.
Aber natürlich kann «watson» nicht ununterbrochen seriös und analytisch sein. Schliesslich muss ja auch Geld reinkommen:
«Rente verbringen würden»? Links Gestammeltes, rechts Beworbenes.
Es gibt aber noch mehr Einnahmequellen, wobei dieser Versuch eher humoristisch gemeint ist:
«Unseren Journalismus»? Was soll denn das sein?
Schliesslich haben wir noch Einnahmequelle Nummer drei. Also den Versuch, ins Portemonnaie des Steuerzahlers zu greifen. Vorteil: der könnte sich nicht dagegen wehren, «watson» zu unterstützen. Dafür dient ein sogenanntes «Erklärvideo», wo mal ganz objektiv und ausgewogen erklärt wird, was es denn mit dem Mediengesetz auf sich hat.
Das diene nämlich dazu, das Zeitungssterben zu unterbinden:
70 verstorbene Zeitungen, verkündet «watson» mit Trauermiene.
Komisch, der Medienexperte Kurt. W. Zimmermann kommt in seiner Zählung auf eine leicht abweichende Zahl: zwei.
Aber wie auch immer, nennen wir das den Streubereich der Wahrheit. Woran liegt das denn bloss?
Diese bösen, bösen US-Konzerne greifen sich doch alle Inserate im Netz ab.
Das ist sogar nicht falsch. Nur: woran liegt das? Könnte es sein, dass die Schweizer Medienclans schlichtweg die digitale Zukunft verschnarcht haben? Könnte es daran liegen, dass der Wanner-Clan bereits Multimillionen in «watson» verröstet hat? Nein, niemals.
Und woran liegt wiederum das? Wir haben so einen Verdacht:
35 plus 16 Prozent ergeben laut «watson» 76 Prozent.
Vielleicht rechnet das Management ähnlich. 35 plus 16 Prozent Verlust ergeben 76 Prozent Gewinn. Oder so. Das nennt man dann wohl den Placebo-Effekt.
Gibt’s denn gar nichts Positives zu vermelden? Doch:
Echt jetzt? Hört wirklich auf? Wahnsinn.
Dass auch die «Kulturjournalistin des Jahres» Simone Meier («Juden canceln») den Griffel weglegt, darauf wagen wir aber doch nicht zu hoffen.
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