11. September 2001

Afghanistan ist das vorläufige Ende einer fatalen Entwicklung.

Es fehlen noch 11 Tage, dann jährt sich einer der brutalsten Terroraktionen der jüngeren Geschichte zum 20. Mal.

Es sind Bilder, die sich ins kollektive Gedächtnis der Welt eingegraben haben. Jeder weiss noch, wo er war, als er das erste Mal die einstürzenden Zwillingstürme in New York am TV gesehen hat.

Wenn es – innerhalb der perversen Logik dieser religiösen Fanatiker – einen erfolgreichen Anschlag gegeben hat, dann war es dieser. Er führte zwar dazu, dass in Afghanistan die Steinzeit-Taliban von der Macht verjagt wurden, weil sie Osama Bin Laden und vielen anderen Terrororganisationen Unterschlupf gewährt hatten. 

Aber derselbe Bin Laden konnte dann unbehelligt viele Jahre in Pakistan leben. Nicht zuletzt deswegen, weil sich die USA nicht so leicht an ein Land herantrauen, das die Atombombe besitzt. Also wurde die logistische und sonstige Unterstützung islamistischer Terrororganisationen durch das pakistanische Militär und den Geheimdienst toleriert.

Der irakische Diktator Saddam Hussein hingegen konnte sich zu Recht darüber beschweren, dass er mit falschen Anschuldigungen («the guy who tried to kill my daddy», George W. Bush Junior) von der Macht vertrieben wurde.

Er hatte – unterstützt durch die USA – jahrelang einen mörderischen Angriffskrieg gegen den Iran führen dürfen. Er durfte Giftgas gegen die eigene Bevölkerung einsetzen. Ungestraft. Er hatte aber weder Osama Bin Laden, noch andere Terrororganisationen unterstützt, geschweige denn Massenvernichtungswaffen in seinem Besitz. Aber mit dieser Begründung wurde er gestürzt.

Chaos durch den Kampf gegen den Terrorismus

Und der Irak ins Chaos gestürzt, kurz darauf die halbe arabische Welt. Libyen, Syrien, eine Blutspur der Verwüstung, Zerstörung, begleitet von der wöchentlich durch den Friedensnobelpreisträger Präsident Obama abgenickten «Kill List», seine Autorisierung für die Liquidation angeblicher Terroristen, meistens mit Drohnenangriffen. Dass dabei Kollateralschäden wie die Bombardierung von Hochzeitsgesellschaften und gar anschliessender Trauerfeierlichkeiten hingenommen wurden, trieben den religiösen Fanatikern scharenweise Anhänger zu.

Die wichtigsten Unterstützer des islamistischen Terrors, die Staaten der arabischen Halbinsel, in erster Linie Saudi-Arabien und Katar, kamen aber immer ungeschoren davon. Verbündete des Westens, wichtige Öllieferanten, Verbündete im Kampf gegen den Iran.

Das Kalifat, der Islamische Staat, das Wiedererstarken einer mittelalterlichen Verliererreligion, all das hatte seinen Anfang im Terroranschlag von 9/11.

Ein Anschlag in dieser Dimension hat sich in den letzten 20 Jahren nicht mehr wiederholt. Das mag an den hochgerüsteten Sicherheitsmassnahmen liegen. Das mag an der Unfähigkeit der Terroristen liegen, eine vergleichbare logistische Leistung nochmal hinzukriegen. Aber vor allem in Europa wurden viele Staaten, darunter Grossbritannien, Spanien, Frankreich, Deutschland, mit brutalen terroristischen Kleinaktionen gequält.

Autos, Bomben, ja Messer kamen dabei zum Einsatz, plus ein Fanatismus entwurzelter Gläubiger einer Verliererreligion. Befeuert durch ihre Wiederauferstehung als vermeintlicher Halt in zerfallenden Staatswesen. Während die Kolonialisten im 19. Jahrhundert wenigstens noch Nation Building betreiben wollten, sorgte der Westen diesmal nur für den Zerfall jeglicher staatlicher Ordnungsmacht.

Nicht mal mehr der Schein …

Nirgends zeigte sich das brutaler als in Afghanistan. Es sollte der Schein gewahrt werden, dass eine Zentralregierung in Kabul das Fortschreiten in eine moderne Gesellschaft leite. In Wirklich beherrschte diese Marionette, korrupt und durch und durch morsch, kaum die nähere Umgebung der Hauptstadt.

Wie selten in der Militärgeschichte erwies sich die afghanische Armee als reiner Popanz, als Showveranstaltung. Teuer ausgerüstet, aber schlecht bezahlt, gut ausgebildet, aber schlecht motiviert. Die Kämpfer der Taliban mussten kaum Waffengewalt anwenden, um diese Karikatur einer Armee in Staub zu verwandeln.

Eine Billion Dollar (das sind 1000 Milliarden) und viele Tausend Tote später wiederholt sich in Afghanistan die Geschichte. Nicht einmal einen anständigen Abzug kriegen die westlichen Alliierten hin. Gedemütigt haben sie Tausende ihrer Unterstützer verraten, die im Vertrauen darauf, am Aufbau einer modernen Gesellschaft mithelfen zu können, unter dem militärischen Schutzschirm der NATO, sich engagierten und nun erkennen müssen, dass der Westen einen Scheiss auf ihr Schicksal gibt.

Strahlende Sieger auf allen Kampfplätzen sind bislang die Taliban. Mit kaum mehr Aufwand, als aufs Gaspedal von ihnen in die Hände gefallenen Militärfahrzeugen der aufgelösten Armee drücken zu müssen, haben sie die Macht in der Hauptstadt übernommen.

Dem kläglichen Rest der Invasionsarmee überlassen sie den Flughafen. Die Elendsbilder von verzweifelten Massen entschädigen die Taliban für den Verlust von ein paar tausend gutqualifizierten Afghanen. Ausserdem ist nun Schluss mit der Scharade,  ein blutiger Anschlag sorgte noch für den letzten Tritt in den Hintern, damit keiner auf die Idee kommt, das Ende der Evakuierung heute noch hinausschieben zu wollen.

Im Elendstal der modernen Medien

Während verzweifelte lokale Helfer zurückgelassen werden, laden die USA gegen deren Willen Journalisten in die letzten Flieger – als wollten sie Hand in Hand mit den Taliban eine weitere Berichterstattung nach Möglichkeit verhindern. Darunter eine Reporterin des «Guardian» und einer des «Spiegel».

Die Elendsgestalten zum Skelett heruntergesparter deutschsprachiger Medien versuchen, die Lage in Afghanistan mit dem Fernrohr oder dem Teleskop zu beobachten. Aus Unkenntnis oder Unfähigkeit geben sie Lautsprechern der Taliban Gelegenheit, von einer neuen Regierung mit menschlichem Antlitz zu schwafeln. Aus Unkenntnis oder Unfähigkeit bieten sie alle Zukunftsperspektiven von «könnte was werden» bis zu «wird grauenhaft».

Über die eigentlich entscheidenden Entwicklungen und Kräfte, also die Atommächte China, Pakistan und Indien und deren Absichten, wird kaum ein Wort verloren.

Kümmert sich jemand um die Frage, ob der Westen zum 20. Jahrestag von 9/11 mit einem neuerlichen grossen Terroranschlag rechnen muss? Nein, all das liegt ausserhalb der intellektuellen Reichweite und hat vor allem nichts mit der Bauchnabelschau zu tun, der sich in Schweizer Medien die meisten Journalisten vornehmlich widmen.

 

5 Kommentare
  1. René Küng
    René Küng sagte:

    Für 9/11 gibt es Schrägdenker, die andere Interpretationen anbieten, als das von den erwachsenen Schreibsoldaten seit 20 Jahren betonierte ’so war das›. Afghanistan ist in der Tat weit weg, da nützt kein Teleskop. Aber vielleicht ist es vielsagend, dass ’no news› von Augenzeugen vielleicht sogar gewollt ist?

    Aber ‹den Zerfall jeglicher staatlicher Ordnungsmacht›, zumindest im Sinn von Verfassungs-konform oder demokratisch, könnten wir zur Zeit direkt vor unseren Haustüren verfolgen.
    In vielen Aspekten, vom wirtschaftlichen Blickfeld allein schon von der Verschuldung, ‹Ausverkauf› der Nationen auf Generationen hinaus.
    Die menschlichen Bankrotterklärungen, Hetzereien, die wir täglich steigernd lesen und hören müssen, hallooooo, wir haben den KristallHerbst kurz vor uns, die Hetzjagd der betrogenen Gespritzen wird befeuert. Die brauchen ja Schuldige, sonst müssten sich die Gutgläubigen ja noch mit den Tatsachen auseinander setzen, dass sie mit hochgiftigen Substanzen gespritzt wurden, die ihre Immunität schwächt.
    ‚no news‘, nicht hinsehen, mit oder ohne Fernrohr, passiert in Afghanistan wie bei uns.
    Im Aargau fahren Impfbusse vor Schulen vor, Polizei bewacht, damit Kindern niemand eine andere Sicht der Dinge darlegen kann.
    Hey, wir vergiften Kinder (für alle die jetzt aufbrüllen, macht Euch mal schlau was drin ist in den ‚Dosen‘) und nur eine diffamierte, belächelte Minderheit brüllt auf.
    Der Terrorakt gegen noch einigermassen freie Menschen, gegen den 9/11 wahrlich wie Peanuts aussieht, läuft gerade live seit März 2020. Genau so zynisch, verlogen, Menschen verachtend wie damals, aber X-tra large, fast global, so monströs, dass sich viel zu viele gar nicht getrauen, hin zu sehen.

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    • Ueli Signer
      Ueli Signer sagte:

      Mir ist auch zweimal lesen nicht klar an was genau Sie leiden. Aus Glauben wird Meinung, aus Meinungen werden Fakten oder wie war das mit den Querdenker? Und was genau schauen wir schlimmeres als 9/11 vor unserer Haustüre?
      Um schonendes Anhalten wird gebeten.

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  2. Martin Arnold
    Martin Arnold sagte:

    Osama Bin Laden wurde von der Polizei nie gesucht wegen dem 11.September. Grund: keine Indizien/Beweise für Mittäterschaft. Zum 9/11 Thema empfehle ich das Buch von Ansgar Schneider: «Stigmatisierung statt Aufklärung».

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  3. Sam Thaier
    Sam Thaier sagte:

    Denken wir bei dieser Gelegenheit an den inhaftierten pakistanische Arzt Shakil Afridi, der dem US-Geheimdienst CIA 2011 beim Aufspüren von Al-Qaida-Chef Osama bin Laden half. Kurz danach wurde er in Pakistan inhaftiert und in Isolationshaft gesteckt. Mehrmals war der 1962 geborene Mediziner bereits im Hungerstreik.

    Im Frühjahr 2011 soll Afridi dem CIA geholfen haben, bei der pakistanischen Garnisonsstadt Abbottabad mit einer fingierten Impfkampagne gegen Hepatitis B an DNA-Proben zu kommen. So soll er bei der Identifizierung des damals meistgesuchten Terroristen geholfen haben.

    Afridi wurde wegen Landesverrats angeklagt, schließlich aber wegen der fadenscheinigen Finanzierung einer islamistischen Terrorgruppe zu 33 Jahren Haft verurteilt. Er soll der Gruppe Lashkar-e Islam eine Million Rupien gezahlt haben. Laut Afridi war dies das Lösegeld für seine Freilassung, weil die Gruppe ihn zuvor entführt hatte.

    Donald Trump hatte im Wahlkampf 2016 grossmaulig erklärt, als US-Präsident werde er „in Minuten“ die Freilassung von Shakil Afridi bewirken. Noch heute ist der Arzt an einem geheimen Ort in Pakistan festgehalten, wo er als Landesverräter gilt.

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