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Kornelius und die Kotztüte

Bis zum Überdruss, der Mann. Aber ZACKBUM gibt nicht auf.

Tamedia quält seine Leser wieder mal mit den absonderlichen Ansichten des Weltenlenkers Stefan Kornelius aus München. Eigentlich ist der Mann schon restlos disqualifiziert, aber er gibt nicht auf, ZACKBUM hat eine Berichterstatterpflicht und kriegt nicht mal Schmerzensgeld dafür.

Aber immerhin, diesmal äussert er ein paar kritische Ansichten zum neuen Märtyrer und Heiligen Alexej Nawalny: «Nichts an diesem Mann ist einfach. Seine Geschichte ist überladen mit Widersprüchen, Mythen und einer ungesunden Ideologisierung.»

Ja Wahnsinn, mag da der Leser denken, ein intelligent-kritisches Wort von Kornelius? Das darf ja nicht wahr sein. Damit hat der Leser recht, es ist nicht wahr:

Daher lautet das korrekte, ungekürzte Zitat: «Nichts an diesem Mann ist einfach. Die Geschichte des Wikileaks-Gründers, Hackers und Politaktivisten ist überladen mit Widersprüchen, Mythen und einer ungesunden Ideologisierung.»

Der Atlantiker Kornelius will nichts auf die recht bekleckterte Weste der US-Wildwestjustiz kommen lassen. Daher schäumt er gegen all die, die den Amis «eine Politisierung der Justiz unterstellen, die ein Verfahren in den USA unmöglich erscheinen lässt».

Unglaubliche Frechheit, ist Kornelius ausser sich: «Das ist eine groteske Unterstellung, die seit Jahren schon angestellt wird, um den Fall politisch aufzuladen.» Dass ein US-Verteidigungsminister seinen Tod gefordert hat, dass selbst Friedensnobelpreisträger Obama grimmig wurde, wenn es um Assange geht, dass von US-Politikern sein Tod ohne Prozess gefordert wurde, was soll’s. Kaum sonst wie in seinem Fall, sollte er tatsächlich seinen Häschern in den USA ausgeliefert werden, gälte das Wildwestprinzip: give him a fair trail. And then hang him. Gebt ihm eine faire Verhandlung Und dann hängt ihn auf.

Kornelius macht einen Zwischenschritt: «Natürlich hat dieses Leak auch gewaltige Missstände aufgedeckt. Doch …» Dann demontiert er aber alles, was noch an Vernunft vorhanden gewesen sein mag:

«Die Publikation von einer Viertelmillion Datensätzen hält keinem Vergleich stand, in ihrer Masslosigkeit und Radikalität widerspricht sie allen journalistischen Grundsätzen.»

Der Mann sollte kein Zeugs mehr rauchen. Ein Journalist der «Süddeutschen Zeitung», die schon ungezählte Male an der Ausschlachtung und Publikation von Millionen von gestohlenen Datensätzen beteiligt war, bezeichnet das, was Assange tat, als masslos und im Widerspruch zu journalistischen Grundsätzen?

Ein entsprechender Verdacht verdichtet sich zur Gewissheit, wenn man dieses Schmierenstück liest: «Offenbar ist er aber auch ein kranker Mann, der an sich, seiner Selbstisolation und der Verfolgungswelt zerbrochen ist.»

Assange sei an sich selbst zerbrochen, er habe sich selbst isoliert? Und was soll denn eine «Verfolgungswelt» sein?  Meint er etwa Verfolgungswahn?

Wenn ein Putin-Propaganda-Troll einen solchen Schwachsinn über Nawalny absondern würde, wäre das selbst dem Kreml so peinlich, dass er für sofortige Löschung besorgt wäre. Oder, wie das im Hause Tamedia heisst, für Depublikation.

ZACKBUM ruft mit ermatteter Stimme: gibt’s denn im Glashaus niemanden mehr, der solche Leserverarsche verhindern kann? Man spürt förmlich, wie Kornelius bedauert, das Wort Wehrkraftzersetzung nicht benützen zu dürfen. Aber vielleicht kommt das noch. Lieber Herr Supino, sind Sie nicht entsetzt, wenn Sie so etwas lesen? Halten Sie das wirklich für akzeptabel? Schämt sich da keiner mehr für nichts?

Entgleisungen

Wie ein Tod das Hässliche zum Vorschein bringt.

Natürlich ist das elende Sterben von Alexei Nawalny ein Ereignis, das niemanden unberührt lässt. Natürlich ist das Sterben von Nawalny eine ausgezeichnete Gelegenheit für Propagandagedöns. Natürlich ist das Sterben ein Anlass, Primitives, Hässliches, Unausgegorenes, Vorurteile und unverdauten Gedankenbrei auszuspeien.

Das Bedürfnis nach Erkenntnisgewinn, Debatte, Auseinandersetzung mit dem Ziel, andere von der Richtigkeit der eigenen Meinung zu überzeugen, ist ungefähr so hoch wie die Temperaturen im Straflager Polarwolf.

Putinisten, Putin-Versteher, Putinknechte auf der einen Seite, Dummköpfe, die auf westliche Propaganda hereinfallen, Lakaien der USA, der EU, Gläubige der Lügenmedien  auf der anderen Seite. Dummköpfe natürlich hüben und drüben. Das Internet erweist sich mal wieder als Klowand, auf der jeder meist anonym herumkritzeln darf. Als Triebabfuhr, als Bedürfnisanstalt für das Absondern des Hässlichen im Menschen.

Früher regelte der Mensch solche Meinungsverschiedenheiten mit der Keule oder den Fäusten. Heutzutage ist man immerhin so zivilisiert, dass man verbale Keulen schwingt und beim Andersdenkenden dennoch am liebsten die Zähne rausfliegen sähe.

Selbstverständlich ist der Tod Nawalnys Anlass für eine Propagandaschlacht. Es wird ins Feld geführt, dass man sich doch fragen müsse, wer daraus Nutzen ziehe. Wie absurd es doch sei, Putin dafür verantwortlich zu machen, da die Tragödie doch nur seinen Gegnern nütze. Ausserdem sei Nowotny ungefähr so sehr demokratischer Oppositioneller gewesen wie die Ukraine ein demokratischer, freiheitlicher Staat sei.

Dann wird angeführt, wie es denn mit Julian Assange stünde, den rechtsfreien Zuständen auf der US-Militärbasis im kubanischen Guantánamo, mit den US-Folterknästen im Irak, mit der üblen Sitte, dass die USA Terrorismusverdächtige nach Polen oder Ägypten auslagern, wo sie dann kräftig gefoltert werden können. Es werden sogar Vergleiche zwischen dem US-Gefängnissystem und stalinistischem Gulag gezogen.

Selbstverständlich ist es richtig, dass beispielsweise der Tod von Assange ein gefundenes Fressen für alle Kritiker des Westens wäre. Selbstverständlich sind die Hinweise auf die zahlreichen schwarzen Flecke auf der vermeintlich blütenweissen Weste des Westens, der behauptet, tiefsten Respekt vor den Menschenrechten zu haben, korrekt.

Ebenso die Hinweise auf nicht so schöne Aussagen und Verhaltensweisen von Nawalty. De mortuis nil nisi bene, das gilt eigentlich nie, in solchen Fällen sowieso nicht.

Unverständlich ist aber, wie all diese Japser, Beisser, Kräher und Krakeeler meinen können, ihre Eruptionen brächten irgend jemanden zum Nachdenken, zum Überdenken seiner eigenen Position. Hier zeigt sich mal wieder, dass Kommunikation, so sinnvoll, hilfreich, unverzichtbar sie auch ist, ihre dunkle Seite hat. Sozusagen eine hässliche, verkrüppelte, übelriechende Schwester mit Fäulnis im Mund, die nur Gift und Galle speit.

Zu welchem Behuf? Um auszudrücken, dass alle anderen, zumindest alle, die nicht gleicher Meinung sind, Kretins seien, Vollidioten, entmündigt werden müssten, zumindest die Schnauze halten sollten? Oder gar als Schandfleck von der Erde getilgt?

Man liest dieses Gewäffel und muss wieder einmal ernüchtert feststellen, dass ein bedenklich hoher Prozentsatz der Menschheit so hohl in der Birne ist, dass die wenigen Hirnzellen sich im Vorbeiflug melancholisch zuwinken. Und dabei handelt es sich nur um die Minderheit, die überhaupt in der Lage ist, einigermassen verständlich ein paar Buchstaben aneinanderzureihen.

Das ist natürlich auch mit dem Holzhammer argumentiert. Aber ZACKBUM verteidigt sich damit, dass wir ja schliesslich hier auch eine Plattform gratis zur Verfügung stellen, wo sich der Mob austoben darf. Natürlich in den Grenzen des Spielfelds und nach unseren Spielregeln, aber wir sind bekanntlich liberal.

Wir können es uns auch leisten, das eigene Publikum zu beschimpfen, denn die Einschaltquote ist uns völlig wurst. Wir sind klare Anhänger des guten Satzes: lieber alleine als in schlechter Gesellschaft. Wir sind auch Befürworter davon, dass sich jeder öffentlich zum Deppen machen kann und darf. Wir fragen uns manchmal, was es wohl für Auswirkungen hätte, wenn nicht wenige, sondern alle Kommentatoren das unter ihrem richtigen Namen tun müssten. Denn anonym macht auch Feiglinge mutig.

Ach, was ZACKBUM zum Tod von Nawalny zu sagen hat? Eigentlich nicht viel. Da ist ein Mensch zu Tode geschunden worden. Einer mehr der viel zu vielen, die natürlich nicht nur in russischen Straflagern leiden und darben. Man kann ihn als mutig oder tollkühn oder übergeschnappt bezeichnen, dass er sich freiwillig wieder in die Fänge des russischen Unrechtsstaats begab.

Aber hier ist ein tapferer Mensch gestorben, der sich offenbar nicht brechen liess, was zu respektieren ist.

Und Präsident Putin, das Schicksal des Autokraten, der vielleicht nicht an allem schuld, aber für alles verantwortlich ist, steht mal wieder als der Versager und Trottel da, der er halt ist. Denn er hätte es natürlich in der Hand gehabt, die Lebensumstände von Nawalny so zu gestalten, dass er triumphierend hätte sagen können: seht her, wie ihr mit Dissidenten wie Assange umspringt. Bei uns geniessen auch Oppositionelle wie Nawalny eine fürsorgliche, menschenwürdige Betreuung.

Aber dazu ist Putin halt, das könnte auch die «Weltwoche» mal einsehen, zu blöd. Er arbeitet lieber mit Killerkommandos, die im In- und Ausland unliebsame Gegner ausschalten. Die erst dadurch eine Bedeutung bekommen, die sie vorher nicht hatten.

Und bevor die Japser aufheulen: ja, auch Friedensnobelpreisträger Obama zeichnete in seiner Amtszeit wöchentlich eine Kill List ab; die Erlaubnis, im Ausland auch US-Bürger umzubringen, denen man vorwirft, Terroristen zu sein. Dass es bei den Drohnenangriffen Kollateralschäden gibt, nun ja, shit happens. Und ja, auch der Mossad beschäftigt Mordkommandos, die weltweit Menschen abmurksen, denen man vorwirft, Terroristen zu sein. Ebenfalls mit Kollateralschäden.

Denn auch das Gute muss halt mal böse werden, sonst wird es dem Bösen nicht Herr, nicht wahr.

Und ja, der umzimperliche Umgang mit echten oder eingebildeten Feinden der Herrschenden wird fast überall auf der Welt praktiziert, meistens kräht kein Hahn danach. Aber so sind halt die Spielregeln, wenn jemand wie Nawalny stirbt, gibt es ein Riesenhallo. Das weiss Putin natürlich, aber es ist ihm scheissegal. Auch deswegen ist er ein unfähiger Versager, zuallererst aber wegen des militärischen, wirtschaftlichen, politischen und internationalen Desasters in der Ukraine. Das Netteste, was man da über ihn sagen kann: er ist dem Westen in die sperrangelweit offene, deutlich sichtbare Falle getappt wie ein Anfänger. In der jüngeren Geschichte Russlands seit 1917 hatte das Land nie einen dermassen unfähigen Herrscher; Putin schlägt selbst Jelzin, und das will etwas heissen.

Wir sind alle Antisemiten

Endlich ein Club, in den man zwangsweise eingeliefert wird.

Gibt es Kriegsverbrechen minderer und grösserer Natur? Natürlich, so wie es auch bei individuellen Gewaltverbrechen zwischen Totschlag und Mord aus niederen Beweggründen Abstufungen gibt. Aber ein Tötungsdelikt bleiben alle.

Ist nun jemand, der einem Schwarzen einen Mord vorwirft, ohne darauf hinzuweisen, dass auch Weisse Morde begehen, ein Rassist? Ist Friedensnobelpreisträger Obama Antisemit, weil er in einem Telefonat mit dem israelischen Ministerpräsidenten eine sofortige, bedingungslose Waffenruhe im Gazastreifen forderte?

Ist die EU antisemitisch, weil sie das auch fordert und zudem darauf hinweist, dass die Abriegelung des Gazastreifens nicht mit dem Völkerrecht zu vereinbaren sei?

Ist die UNO antisemitisch, wenn sie mit Zweidrittelmehrheit  jegliche Gewalt gegen israelische und palästinensische Zivilisten verurteilt, die bedingungslose Freilassung aller Zivilisten, die «illegal festgehalten» werden, fordert und zu einer sofortigen Waffenruhe auffordert? Ist das eine «Schande» wie Israel sagt?

Ist selbst der Gutmensch Daniel BinswangerWir sind alle Israeli») ein Antisemit? Greta Thunberg? 2000 US-Künstler? Fridays for Future?

Heisst diese Fragen stellen bereits, dass irgend ein Würstchen den Zeigefinger heben kann und auch ZACKBUM des Antisemitismus bezichtigen? Ist jede Kritik an Israel antisemitisch? Wenn nein, wer bestimmt, in welcher Form sie geäussert werden darf, ohne die Antisemitismuskeule übergebraten zu bekommen?

Es ist wieder die Zeit der aufgeregten Intellektuellen, die mit ungeheuerlicher Sensibilität jede Äusserung zum Nahen Osten abhorchen, sensibel erspüren, ob im dritten Oberton, in einer falsch gesetzten Konjunktion, in einer Auslassung, im Verzicht auf die Verurteilung mit Abscheu der Bluttaten der Hamas eine Haltung durchschimmert, die eindeutig antisemtisch sei. Die den Israeli unterschieben will, sie seien selbst schuld daran, dass sie wieder zum Opfer werden.

Die das barbarische Massaker der fundamentalistischen Wahnsinnigen der Hamas ungeschehen machen will. Wer wagt, auch nur zu sagen, dass dieses Massaker nicht im luftleeren Raum stattfand, nachdem er es ausdrücklich und mit Abscheu verurteilt hat, wird von selbsternannten Semitismus-Beauftragten übel beschimpft.

Der einzige Ort, wo sich’s aushalten lässt, wo man redlich und anständig stehen sollte, ist mal wieder zwischen allen Stühlen. Die dümmlichen «Free Palestine»-Skandierer, alle, die «from the river to the sea» summen, sind Idioten. Machen sich gemein mit den Ayatollen im Iran, die Israel vernichten wollen und mit ihrem religiösen Wahnsinn (und viel Geld) die Sache der Palästinenser gekapert haben. Al Fatah, ihr Witzpräsident Abbas, ausrangiert, ohne Einfluss, eine klägliche Impotenzveranstaltung.

Das Sagen haben die Hamas, die Hetzbolla, Anhänger einer Todesreligion, die jeden europäischen Intellektuellen mit tiefster Abscheu erfüllen sollte.

Wer leichtfertig sagt, dass die Palästinenser im Gazastreifen sich doch gegen diese märtyrergeilen Wahnsinnigen zur Wehr setzen sollten, stelle sich einmal konkret die Situation vor. Man wohnt in einem Wohnblock und sieht des Nachts, wie eine Bande Vermummter Raketenwerfer das Treppenhaus hinauf aufs Dach schleppt. Sollte der friedliebende Palästinenser denen nun entgegentreten, um dann wie die Vertreter der Al Fatah gleich vom Dach geschmissen zu werden? Oder fliehen, nur wohin und womit?

Sind diese Fragen auch schon antisemitisch? Sind wir also alle Antisemiten, denn ausser vielleicht Markus Somm ist eigentlich niemand davon überzeugt, dass die Israelis per Definition die Guten sind. Und ihre Gegner daher unbezweifelbar die Bösen.Während ein Guter nie böse und ein Böser nie gut sein könne.

Statt den verbalen Zweihänder gegen alle zu schwingen, denen auch nur ein schräger Blick auf Israel vorgeworfen werden kann, wäre es doch sinnvoll, Lösungsvorschläge auszudenken. Denn weder der Vorwurf des Antisemitismus gegen fast alle, noch dumme Slogans wie «Free Palestine» beinhalten auch nur den Hauch eines Lösungsansatzes.

Eine Liquidierung der Hamas, sollte sie denn gelingen, schafft nur ein neues Reservoir von rachehungrigen jungen Palästinensern, die sich von einer Verliererreligion einreden lassen, dass zum Märtyrer werden, indem man Israelis tötet, das höchste Ziel im Leben wäre.

Israel ist von Staaten umgeben, die mehr oder minder intensiv einer Religion anhängen, die voraufklärerisch, mittelalterlich untaugliche Rezepte und Verhaltensvorschriften für eine moderne Zivilisation anbietet und dabei Staatsreligion ist, also kein Korrektiv kennt. Da Israel sie nicht alle vernichten kann, muss sich das Land arrangieren. Daran führt doch kein Weg vorbei, das kann ja nicht so schwer zu verstehen sein.

Der israelische Ministerpräsident Rabin und der Palästinenserführer Arafat waren einer möglichen Lösung schon sehr nahe. Aber dann wurde Rabin von einem rechtsradikalen Israeli ermordet. Kurz zuvor sagte Rabin in seiner letzten Rede vor Hunderttausenden:

«Ich bin überzeugt: Eine Mehrheit des Volkes will Frieden – und will für einen Frieden auch Risiken in Kauf nehmen. Denn die Gewalt zerstört die Grundlage der israelischen Demokratie. Wir müssen Gewalt verurteilen und zurückdrängen. Sie gehört nicht zu Israel. In einer Demokratie gibt es Meinungsverschiedenheiten. Aber Entscheidungen werden in demokratischen Wahlen getroffen. Deshalb haben wir das Mandat, das zu tun, was wir tun. Und wir werden diesen Weg fortsetzen

Damals sagte der heutige Ministerpräsident Netanjahu, damals Fraktionschef des Likud, einen Monat vor dem tödlichen Attentat: «Dieser niederträchtige Mörder wird von der Regierung hofiert. Diese israelische Regierung ist blind und erlaubt Arafat, seinen Plan zu verwirklichen: Die Vernichtung des jüdischen Staats

Ist es antisemitisch, auf diesen entscheidenden Moment in der israelischen Geschichte hinzuweisen? Wäre es nicht sinnvoller für uns europäische Intellektuellen, die sowieso aufgeregt mit dem Zeigefinger fuchteln können, aber rein gar nichts zu sagen haben und bewirken können, dass wir uns wenigstens Gedanken über Lösungen, Auswege machen, bevor vielleicht ein Atomkrieg den Nahen Osten unbewohnbar für alle macht?

Die Debatte über die jüngsten Entwicklungen dort ist bereits dermassen entgleist, dass es sinnlos geworden ist, weiter mitzudebattieren. Deshalb gibt es hier eine Nahost-Pause.

Liste der Ehre und Schande

Der Friedensnobelpreis wurde Würdigen und Unwürdigen verliehen.

Sicherlich, Henri Dunant, der erste Preisträger im Jahr 1901, hat ihn verdient. An den Mitpreisträger Frédéric Passy hingegen erinnert sich kaum einer mehr. An die folgenden auch nicht, bis Bertha von Suttner. Viele, viele Unbekannte, dann 1935 Carl von Ossietzky, was ihn aber auch nicht davor schützte, von den Nazis ermordet zu werden.

1952 Albert Schweitzer, 1961 postum Dag Hammarskjöld, 1964 Martin Luther King. 1971 Willy Brandt, 1984 Desmond Tutu, dann Gorbatschow, Mandela. Eine Liste der Würdigen.

1973 begann die Liste der Unwürdigen, als Erster erscheint auf ihr der mutmassliche Kriegsverbrecher Henry Kissinger. Sein nordvietnamesischer Verhandlungspartner hatte den Anstand, den Friedensnobelpreis abzulehnen. 1992 bekam ihn Rigoberta Menchú, die ihre ganze Biographie erfunden hat. Ob ihn die Vereinten Nationen (2001) oder Jimmy Carter (2002) verdient haben? Schon präventiv wurde er 2009 Barack Obama verliehen, der etwa so unwürdig ist wie Kissinger, da er wöchentlich eine Kill List abzeichnete, damit die Ermordung von mutmasslichen Terroristen autorisierte. Inklusive Hunderte von «Kollateralschäden», wenn zum Beispiel eine Hochzeitsgesellschaft mit einer Versammlung von Fundamentalisten verwechselt wurde.

Was die Europäische Union dafür getan haben soll, 2012 den Friedensnobelpreis verliehen zu bekommen? Aber eigentlich alle an Unwürdigkeit überstrahlt der äthiopische Friedensnobelpreisträger Abiy Ahmed vom Jahr 2019. Er wurde für seine Friedensbemühungen mit Eritrea geehrt. Aber 2020 fing er einen grausamen Krieg mit der abtrünnigen Provinz Tigray an. Fast unbemerkt von der Weltöffentlichkeit starben und sterben hier Hunderttausende, Millionen leiden bis heute Hunger.

Gleichzeitig ist Ahmed offensichtlich grössenwahnsinnig geworden und plant einen neuen Regierungspalast. Auf 503 Hektaren. Das sei «grösser als Windsor, das Weisse Haus, der Kreml und Chinas Verbotene Stadt zusammen», entrüstet sich eine afrikanische Zeitschrift. Laut Abiy soll der Wahnsinn bis zu 10 Milliarden Dollar oder mehr kosten, fast so viel wie das gesamte Staatsbudget.

Der Letzte, der einen solchen Wahnsinnsplan hatte, war der rumänische Diktator Ceausescu. Sein monströser «Parlamentspalast» wurde tatsächlich mehr oder weniger fertig, bevor der Potentat 1989 hingerichtet wurde.

Aber immerhin bekam Ceausescu nicht noch vorher den Nobelpreis. Das lag aber wohl daran, dass er ein kommunistischer Diktator war. Denn 2022 wurde ein belarussischer Menschenrechtsaktivist, die russische Organisation Memorial und das «Center for Civil Liberties» in der Ukraine ausgezeichnet. Das hätte eigentlich alle Hände voll zu tun, denn um die bürgerlichen Freiheiten ist es in der Ukraine nicht viel besser bestellt als in Russland.

Mit jeder Verleihung an einen Unwürdigen, jeder Verleihung aus kurzatmigen politischen Gründen, jeder vorschnellen Verleihung entwertet sich eine der wertvollsten Auszeichnungen der Welt.

Friedensnobelpreisträger, wenn das einen Nelson Mandela, einen Willy Brandt, einen Martin Luther King ziert, dann ist das ehrfurchtgebietend und wohlverdient. Aber leider wird die Liste von Fehlgriffen und fragwürdigen Ausgezeichneten immer länger. Das ist eine Schande. Und dabei sind Persönlichkeiten, die ihn verdient hätten und nicht bekamen, wie Mahatma Gandhi, noch gar nicht erwähnt.

Born to kill

Ein Terrorist weniger auf der Welt. Super. Oder?

In seltener Einmütigkeit wird in eigentlich allen Massenmedien von der «gezielten Tötung» des Al-Kaida-Chefs Ayman al-Sawari berichtet. Die USA haben ihn nach verschiedenen Berichten auf dem Balkon seines Hauses in Kabul mit zwei von einer Drohne abgeschossenen Hellfire-Raketen erwischt. Kollateralschäden habe es keine gegeben.

Wer nicht zur Fraktion der fundamentalistischen Wahnsinnigen gehört, empfindet darüber kein Bedauern. Wer zur Fraktion der Anhänger des Rechtsstaats gehört, hat ein paar Fragen.

Wenn sich im Film «Full Metal Jacket» der Armeereporter Joker das Peace-Zeichen und den Slogan «Born to kill» auf den Helm heftet, dann will er damit auf Widersprüchlichkeiten hinweisen. Um welchen Widerspruch handelt es sich hier?

Eine Tötung ausserhalb von Kriegshandlungen, zudem noch auf dem Territorium eines fremden Staates, gegen den die USA keinen Krieg erklärt haben, ist Mord. Es ist Mord, wenn die Opfer unschuldige Zivilisten sind, die an einer Hochzeit teilnehmen, was die USA mit einer Versammlung von Terroristen verwechselten. Es ist Mord, wenn das Opfer der Anführer einer Bande von blutrünstigen Terroristen und Massenmördern ist.

Dieser Mord ist Bestandteil einer sogenannten «Disposition Matrix». Diese Matrix, welch schönfärberischer Ausdruck, wird im Slang der CIA auch als «Kill List» bezeichnet. Denn sie enthält die Namen von Personen, die nach Auffassung der US-Geheimdienste umgebracht werden sollten. Unabhängig von ihrem Aufenthaltsort, ihrer Nationalität und den damit verbundenen weiteren Opfern.

Diese Matrix wurde vom Friedensnobelpreisträger Barak Obama entwickelt und ersetzte vorherige Zusammenstellungen, die eher umkoordiniert waren. Dem Friedenspräsidenten wurde – wie auch seinen Nachfolgern – jede Woche ein Auszug dieser Liste vorgelegt, worauf er die vorgesehenen Attentate absegnen durfte.

Das gezielte Töten ohne Prozess ist die letzte Steigerung der US-Massnahmen, extraterritorial auf Kuba ein Gefangenenlager zu unterhalten, in dem keine rechtsstaatlichen Garantien existieren. Obama hatte an gekündigt, es schliessen zu wollen. Es existiert noch heute. Genau wie der Brauch, Gefangene ausserhalb der USA foltern zu lassen; meistens in östlichen Staaten wie Polen, die sich für solche Handlangerdienste hergeben.

Nicht nur die gezielte Tötung ist schlichtweg illegal, das Inkaufnahmen von zivilen Opfern dabei ist ein Verbrechen. Alleine in Pakistan sollen nach Angaben des Innenministers bei 336 Drohnenangriffen über 2300 Menschen getötet worden sein, davon seien über 80 Prozent unschuldige Zivilisten gewesen. Für den Jemen sieht die entsprechende Statistik laut einer US-NGO so aus:

Diese Morde im Ausland stellen die Steigerung des US-Wildwest-Gerichtsverfahrens dar, das nur mit leichter Ironie so dargestellt wird: «give them a fair trial – then hang them». Gebt ihnen einen fairen Prozess, dann hängt sie auf.

Bei besonders abscheulichen Verbrechen wird in der Bevölkerung immer wieder auch in den Staaten, in denen die Todesstrafe schon lange abgeschafft ist, der Tod des Täters gefordert. Es ist eine ausserordentliche zivilisatorische Errungenschaft, dass diesen Forderungen nicht nachgegeben wird. Die USA gehören zu den Ländern auf der Welt, in denen die Todesstrafe bis heute praktiziert wird.

Da die USA auch über eine kritische Öffentlichkeit verfügen, werden immer wieder Fälle publik, in denen sich die Unschuld des zum Tode Verurteilten herausgestellt hat. Nach der Hinrichtung.

Aber dieser gezielten Tötung ging immerhin ein Prozess vor einem ordentlichen Gericht voraus. Wer auf diese Matrix, diese Tötungsliste kommt, das ist dem Belieben der US-Geheimdienste überlassen. Natürlich handelt es sich in der Mehrzahl der zum Tode Verurteilten um üble Gestalten. Um Terroristen, Massenmörder, um Verantwortliche für den Tod von unschuldigen und unbeteiligten Zivilisten. Es gibt wohl keinen Einzigen unter ihnen, der nicht Abscheu, Widerwillen und Verachtung auslösen würde.

Dennoch kann eine zivilisierte Gesellschaft ihre Überlegenheit gegenüber solchen Verbrechern nicht darin zeigen, dass sie technologisch so fortgeschritten ist, dass sie an jedem beliebigen Ort der Welt jemanden ausfindig machen und umbringen kann. Es ist eben die Bürde der Zivilisation, dass man es sich nicht so einfach machen kann wie diese terroristischen Wahnsinnigen.

Dass das Abarbeiten dieser Kill List, das Absegnen von Tötungen unter Inkaufnahme von zivilen Opfern durch den US-Präsidenten nicht zumindest in der Öffentlichkeit thematisiert, problematisiert und diskutiert wird, ist ein weiteres Armutszeichen der modernen deutschen Massenmedien. Stattdessen wird einfach pseudo-neutral berichtet, wie von einem chirurgischen Eingriff, mit dem ein störender Fremdkörper beseitigt wird.

Darf man sich darüber freuen, dass al-Sawari nicht mehr lebt? Natürlich. Darf man seine Tötung auf diese Art akzeptieren? Natürlich nicht.

11. September 2001

Afghanistan ist das vorläufige Ende einer fatalen Entwicklung.

Es fehlen noch 11 Tage, dann jährt sich einer der brutalsten Terroraktionen der jüngeren Geschichte zum 20. Mal.

Es sind Bilder, die sich ins kollektive Gedächtnis der Welt eingegraben haben. Jeder weiss noch, wo er war, als er das erste Mal die einstürzenden Zwillingstürme in New York am TV gesehen hat.

Wenn es – innerhalb der perversen Logik dieser religiösen Fanatiker – einen erfolgreichen Anschlag gegeben hat, dann war es dieser. Er führte zwar dazu, dass in Afghanistan die Steinzeit-Taliban von der Macht verjagt wurden, weil sie Osama Bin Laden und vielen anderen Terrororganisationen Unterschlupf gewährt hatten. 

Aber derselbe Bin Laden konnte dann unbehelligt viele Jahre in Pakistan leben. Nicht zuletzt deswegen, weil sich die USA nicht so leicht an ein Land herantrauen, das die Atombombe besitzt. Also wurde die logistische und sonstige Unterstützung islamistischer Terrororganisationen durch das pakistanische Militär und den Geheimdienst toleriert.

Der irakische Diktator Saddam Hussein hingegen konnte sich zu Recht darüber beschweren, dass er mit falschen Anschuldigungen («the guy who tried to kill my daddy», George W. Bush Junior) von der Macht vertrieben wurde.

Er hatte – unterstützt durch die USA – jahrelang einen mörderischen Angriffskrieg gegen den Iran führen dürfen. Er durfte Giftgas gegen die eigene Bevölkerung einsetzen. Ungestraft. Er hatte aber weder Osama Bin Laden, noch andere Terrororganisationen unterstützt, geschweige denn Massenvernichtungswaffen in seinem Besitz. Aber mit dieser Begründung wurde er gestürzt.

Chaos durch den Kampf gegen den Terrorismus

Und der Irak ins Chaos gestürzt, kurz darauf die halbe arabische Welt. Libyen, Syrien, eine Blutspur der Verwüstung, Zerstörung, begleitet von der wöchentlich durch den Friedensnobelpreisträger Präsident Obama abgenickten «Kill List», seine Autorisierung für die Liquidation angeblicher Terroristen, meistens mit Drohnenangriffen. Dass dabei Kollateralschäden wie die Bombardierung von Hochzeitsgesellschaften und gar anschliessender Trauerfeierlichkeiten hingenommen wurden, trieben den religiösen Fanatikern scharenweise Anhänger zu.

Die wichtigsten Unterstützer des islamistischen Terrors, die Staaten der arabischen Halbinsel, in erster Linie Saudi-Arabien und Katar, kamen aber immer ungeschoren davon. Verbündete des Westens, wichtige Öllieferanten, Verbündete im Kampf gegen den Iran.

Das Kalifat, der Islamische Staat, das Wiedererstarken einer mittelalterlichen Verliererreligion, all das hatte seinen Anfang im Terroranschlag von 9/11.

Ein Anschlag in dieser Dimension hat sich in den letzten 20 Jahren nicht mehr wiederholt. Das mag an den hochgerüsteten Sicherheitsmassnahmen liegen. Das mag an der Unfähigkeit der Terroristen liegen, eine vergleichbare logistische Leistung nochmal hinzukriegen. Aber vor allem in Europa wurden viele Staaten, darunter Grossbritannien, Spanien, Frankreich, Deutschland, mit brutalen terroristischen Kleinaktionen gequält.

Autos, Bomben, ja Messer kamen dabei zum Einsatz, plus ein Fanatismus entwurzelter Gläubiger einer Verliererreligion. Befeuert durch ihre Wiederauferstehung als vermeintlicher Halt in zerfallenden Staatswesen. Während die Kolonialisten im 19. Jahrhundert wenigstens noch Nation Building betreiben wollten, sorgte der Westen diesmal nur für den Zerfall jeglicher staatlicher Ordnungsmacht.

Nicht mal mehr der Schein …

Nirgends zeigte sich das brutaler als in Afghanistan. Es sollte der Schein gewahrt werden, dass eine Zentralregierung in Kabul das Fortschreiten in eine moderne Gesellschaft leite. In Wirklich beherrschte diese Marionette, korrupt und durch und durch morsch, kaum die nähere Umgebung der Hauptstadt.

Wie selten in der Militärgeschichte erwies sich die afghanische Armee als reiner Popanz, als Showveranstaltung. Teuer ausgerüstet, aber schlecht bezahlt, gut ausgebildet, aber schlecht motiviert. Die Kämpfer der Taliban mussten kaum Waffengewalt anwenden, um diese Karikatur einer Armee in Staub zu verwandeln.

Eine Billion Dollar (das sind 1000 Milliarden) und viele Tausend Tote später wiederholt sich in Afghanistan die Geschichte. Nicht einmal einen anständigen Abzug kriegen die westlichen Alliierten hin. Gedemütigt haben sie Tausende ihrer Unterstützer verraten, die im Vertrauen darauf, am Aufbau einer modernen Gesellschaft mithelfen zu können, unter dem militärischen Schutzschirm der NATO, sich engagierten und nun erkennen müssen, dass der Westen einen Scheiss auf ihr Schicksal gibt.

Strahlende Sieger auf allen Kampfplätzen sind bislang die Taliban. Mit kaum mehr Aufwand, als aufs Gaspedal von ihnen in die Hände gefallenen Militärfahrzeugen der aufgelösten Armee drücken zu müssen, haben sie die Macht in der Hauptstadt übernommen.

Dem kläglichen Rest der Invasionsarmee überlassen sie den Flughafen. Die Elendsbilder von verzweifelten Massen entschädigen die Taliban für den Verlust von ein paar tausend gutqualifizierten Afghanen. Ausserdem ist nun Schluss mit der Scharade,  ein blutiger Anschlag sorgte noch für den letzten Tritt in den Hintern, damit keiner auf die Idee kommt, das Ende der Evakuierung heute noch hinausschieben zu wollen.

Im Elendstal der modernen Medien

Während verzweifelte lokale Helfer zurückgelassen werden, laden die USA gegen deren Willen Journalisten in die letzten Flieger – als wollten sie Hand in Hand mit den Taliban eine weitere Berichterstattung nach Möglichkeit verhindern. Darunter eine Reporterin des «Guardian» und einer des «Spiegel».

Die Elendsgestalten zum Skelett heruntergesparter deutschsprachiger Medien versuchen, die Lage in Afghanistan mit dem Fernrohr oder dem Teleskop zu beobachten. Aus Unkenntnis oder Unfähigkeit geben sie Lautsprechern der Taliban Gelegenheit, von einer neuen Regierung mit menschlichem Antlitz zu schwafeln. Aus Unkenntnis oder Unfähigkeit bieten sie alle Zukunftsperspektiven von «könnte was werden» bis zu «wird grauenhaft».

Über die eigentlich entscheidenden Entwicklungen und Kräfte, also die Atommächte China, Pakistan und Indien und deren Absichten, wird kaum ein Wort verloren.

Kümmert sich jemand um die Frage, ob der Westen zum 20. Jahrestag von 9/11 mit einem neuerlichen grossen Terroranschlag rechnen muss? Nein, all das liegt ausserhalb der intellektuellen Reichweite und hat vor allem nichts mit der Bauchnabelschau zu tun, der sich in Schweizer Medien die meisten Journalisten vornehmlich widmen.