Schlagwortarchiv für: Reza Rafi

Zufälle gibt’s,

die gibt’s gar nicht.

Beim «Blick» löst normalerweise in eher hoher Kadenz eine mässige Story die nächste ab. Der wertvolle Platz auf der Homepage wird natürlich nach Verweildauer der Konsumenten geregelt. In Echtzeit. Was nicht interessiert, wandert nach unten oder verschwindet.

Meistens innert Stunden. Da ist’s dann schon erstaunlich, dass ein am Sonntag veröffentlichtes Interview am Donnerstag noch zuoberst in der Rubrik «People» steht. Das muss ja dann mindestens ein Exklusiv-Gespräch mit Madonna im Spital sein. Oder die Homestory: Selinskyj ganz privat.

Nicht wirklich:

Es handelt sich um ein liebedienerisches Interview mit dem deutschen Anwalt des Rammstein-Sängers Till Lindemann, der nicht zuletzt vom «Blick» vorverurteilt wurde. Nun begab es sich, dass das Nicht-mehr-Boulevard-Organ einen dieser Schmierenartikel löschen musste und auch eine «strafbewehrte Unterlassungserklärung» abgeben. Also versprechen, das nie mehr zu tun.

Zudem gab der Flop-King Reza Rafi im SoBli Anwalt Schertz Gelegenheit, mit «den Medien abzurechnen». Und zwar vom Gröberen: «Ich finde diese Entwicklung, diese Form von Verdachtsberichterstattung, verheerend.» Rafi tat dabei das ganze Gespräch hindurch so, als ginge diese Abrechnung sein Blatt überhaupt nichts an.

Nun fragte man sich, wie um Himmels willen der «Blick» auf die Idee kommt, sich eins in die Fresse hauen zu lassen und dazu noch ein freundliches Gesicht zu machen.

Inzwischen ist sonnenklar – und hier handelt es sich um Verdachtsberichterstattung unter Berücksichtigung der Unschuldsvermutung –, dass es sich bei dem Interview um einen Teil eines Deals handeln dürfte, mit dem der «Blick» schmerzliche Kostenfolgen seiner Berichterstattung vermeiden konnte.

Dass finanziell schmalbrüstige Organe wie ZACKBUM oder «Inside Paradeplatz» gelegentlich in die Knie gehen, wenn sie juristisch mit einem finanziellem GAU bedroht werden, ist verständlich. Das nennt man einen Vergleich, der horrende Gerichts- und Anwaltskosten abwendet.

Dass aber ein trotz Auflagenschwund immer noch potentes Organ wie der «Blick» ebenfalls in die Knie geht, dass sich der frischgebackene Chefredaktor Rafi dafür hergibt, das ist hingegen bedenklich.

Aber es gilt natürlich die Unschuldsvermutung, versteht sich.

«Blick» schielt

Der Serbel-SoBli treibt die Heuchelei auf die Spitze.

Journalismus, vor allem in seiner niedrigsten Ausprägung, zeichnet sich durch eine gute Portion Unverfrorenheit, Chuzpe, das ansatzlose Wechseln von Positionen, grossmäulige Behauptungen und kleingedruckte Korrekturen aus. Zudem fehlt ihm jede Form der Selbstkritik.

Eigentlich wollte ZACKBUM über den Konzernbüttel Reza Rafi kein Wort mehr verlieren, alleine schon aus hygienischen Gründen. Aber dieser Provokation zu widerstehen, wäre übermenschlich:

«Rammstein-Anwalt Christian Schertz rechnet mit den Medien ab», überschreibt Rafi sein Interview. Daraus ergibt sich die besorgte Frage, ob der frischgebackene und von einem Flop zum nächsten eilende SoBli-Chefredaktor an galoppierendem Gedächtnisverlust leidet.

Launig beginnt Rafi seinen Text: «Christian Schertz: Ein Name, der in vielen Redaktionen Bibbern auslöst.» Allerdings. zum Beispiel auf der «Blick»-Redaktion. Dann lässt Rafi den Anwalt doch tatsächlich solche Sachen sagen:

«Wir haben immer wieder Fälle, in denen eine Person einseitig und ohne Belege Vorwürfe erhebt und die Medien das übernehmen. Dann kommt jeweils der Alibi-Satz: Es gilt die Unschuldsvermutung. Ich finde diese Entwicklung, diese Form von Verdachtsberichterstattung, verheerend.»

Genau solche Vorwürfe hat auch der «Blick» kolportiert und ausgeweitet. Auch der SoBli hat an dieser Schmutzkampagne mitgewirkt und ein paar Paparazzi-Fotos vor dem Hotel, in dem die Combo in Bern abstieg, zum «Wahnsinn von Bern» hochgepumpt.

Rafi spricht hier mit dem Anwalt, der gerade den «Blick» dazu gezwungen hatte, einen seiner Schmierenartikel über den Sänger der Band Rammstein zu löschen und eine «umfangreiche, strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben».

Ein Auszug, was da alles von «Blick» und «SonntagsBlick» geschmiert wurde:

«Rammstein: Betroffene berichtet von Row-Zero-Erfahrungen», «Rammstein: Rechtsanwältin zerlegt Statement um Till Lindemann», «Rammstein und die toxische Groupie-Kultur», «Drummer Joe Letz soll die Skandal-Partys organisiert haben», «Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Till Lindemann nach Missbrauchsvorwürfen», «Frauenverachtung, Nazi-Ästhetik und Gewalt als Erfolgsrezept», «Nora Tschirner hilft mutmasslichen Opfern», «Das System Row Zero: Wie Alena M. Groupies für Till Lindemann rekrutiert», «Trennt sich die Band nach Vorwürfen gegen Till Lindemann?»

Eine kleine Auswahl aus 58 Artikeln in den letzten 30 Tagen. Und immer galt und gilt natürlich die Unschuldsvermutung.

Man muss schon über ein sonniges Gemüt verfügen, dass man als Mitverantwortlicher für diese Verdachtsberichterstattung, für dieses Kolportieren unbelegter Anschuldigungen, für das Herauströten von «Staatsanwaltschaft ermittelt» und dem Unterlassen der Mitteilung, dass die Ermittlungen mangels Anfangsverdacht eingestellt wurden, dass man dann einfach den Anwalt von Rammstein interviewt, dem die Stichworte für seine Medienkritik liefert – und so tut, als ginge einen selbst das überhaupt nichts an.

Schertz muss sich hingegen gesagt haben: putzige Kerlchen, diese Schweizer Journalisten. Eigenes Unrechtsbewusstsein null, beeindruckend.

Damit beenden wir nun wirklich und endlich das Thema Reza Rafi. Ausser, dass wir ein neues Mass definieren. Ein Hundertstel-Rafi ist eine Unverfrorenheit sondergleichen. Ein halber Rafi ist schon kaum mehr in Worte zu fassen. Und ein ganzer Rafi, nun ja, das sprengt jede Skala und jedes menschliche Fassungsvermögen.

Auf der anderen Seite, so gerecht ist ZACKBUM, entlassen wir einen Herrn für ein Mal aus der Quarantäne. Um ihn  zu loben. Doch, das ist kein Fake:

Und nein, das ist auch kein vergiftetes Lob des Hausgespensts von Ringier. Statt gegen den «Führer von Herrliberg» zu wüten, säuselt er über die SVP: Sie «muss dabei nicht sympathisch sein. Man muss ihr auch nicht zustimmen. Und ihre Schreihälse, die nach rechts aussen keine Berührungsängste kennen, sind dadurch nicht entschuldigt. Doch nützlich ist sie, diese Partei eines grossen und offensichtlich zunehmenden Volksteils

Meyer geht sogar noch weiter: «Die Wählerinnen und Wähler der SVP wählen falsch, sind also verantwortungslos, nämlich brandgefährliche Zündler. Der Bannfluch über die rechten Populisten läuft auf Wählerbeschimpfung hinaus, und zwar nicht nur in der Schweiz, sondern im ganzen nachbarlichen Europa, von Melonis Italien über Le Pens Frankreich bis zu Weidels Deutschland. Was aber, wenn etwas dran wäre am unbeirrbaren Beharren der rechten Rechten

Oh Zeichen und Wunder. Gott liess Hirn vom Himmel regnen. Und der eine hatte einen Eimer dabei, der andere nicht mal ein Löffelchen.

Reza Reinfall

Sprecht nicht mit diesem Mann!

Wer mit dem frischgebackenen Chefredaktor des «SonntagsBlick» ein paar Worte wechselt, tut das auf eigene Gefahr. Während seine Oberchefin Ladina Heimgartner gerade Loblieder auf die neue Bezahlschranke beim «Blick» singt, weil die angeblich Qualität garantieren würde, benimmt sich Reza Rafi – im Duett mit seiner interimistischen Chefin Steffi Buchli – qualitätslos unanständig.

Marco Rima machte den Fehler, mit Buchli und Rafi mehr als ein paar Worte zu wechseln, genauer, ein Interview zu führen. Rima ist nicht nur einer der erfolgreichsten Komiker der Schweiz, sondern wurde als Kritiker der Corona-Massnahmen vom «Blick» kräftig gebasht. Denn bekanntlich sorgte die Standleitung zwischen Ringier-CEO Marc Walder und dem damaligen Gesundheitsminister Alain Berset dafür, dass all dessen Fehlentscheide angehimmelt wurden, dagegen wurde Rima als angeblicher «Corona-Leugner», Verschwörungstheoretiker und auf Abwege geratener Irrwisch beschimpft.

Also dachte sich Rima, der leider an das Gute im Menschen glaubt, dass Ringier ihm hier eine Gelegenheit geben wollte, ein paar Dinge klarzustellen, schliesslich wurde ihm zugesichert, dass er frei reden dürfe und nicht zensiert werde.

Bei der Orthografie helfen Korrekturprogramme. Gedankenleere ist allerdings nicht korrigierbar. Zum banalen Anfängerwissen gehört, wie man ein mündlich auf Schweizerdeutsch geführtes Interview verschriftlicht. Das ist keine Kunst, sondern biederes Handwerk.

Manche Interviewpartner sprechen druckreif, andere mäandern, umkreisen eine Antwort, brechen ab, setzen neu an. Wie es halt in einem Gespräch üblich ist. Die Aufgabe des Journalisten ist dann, daraus eine schriftliche, lesenswerte Fassung zu destillieren, die den Wesensgehalt der Antwort möglichst nahe am Sprachgebrauch des Interviewten wiedergibt.

Das lernt der Journalist in Anfängerkursen. Falls er keine besucht hat, bringt es ihm ein erfahrener Kollege, ein Textchef, ein Produzent bei.

Wenn gleich zwei Chefs den Ständeratskandidaten Rima interviewen, sollte das Resultat chefwürdig sein. Insbesondere, da die Ausgangslage komplex ist. Hier Ringier mit seinem direkten Draht zum damaligen Gesundheitsminister Berset, mit seiner beflissenen und lobhudelnden Unterstützung aller staatlicher Massnahmen während der Pandemie.

Dort Rima, der sich vom Comedian zum besorgten Kritiker dieser Massnahmen wandelte. Dafür vom «Blick» mit Anlauf in die Pfanne gehauen und gebasht wurde. Als angeblicher Heuchler, der Corona-Entschädigungen bezog, aber die Regierung kritisiere. Dass es sich lediglich um eine ungenügende Ausfallsumme handelte, die allen Zuger Künstlern ausbezahlt wurde und mit der lediglich 80 Prozent des durch die Massnahmen entstandenen Schadens gedeckt wurde, verschwieg «Blick».

Bei dieser Vorgeschichte hätte man besondere Sorgfalt bei der Verschriftlichung erwarten dürfen. Schon alleine deswegen, weil Buchli und Rafi wussten, dass Rima ihre Fassung zum Autorisieren bekommt.

ZACKBUM konnte Einblick in die SoBli-Fassung nehmen. Es ist erschütternd. Es ist eine Verschriftlichung auf einem Niveau, die jedem Praktikanten um die Ohren geschlagen würde, begleitet von der Frage, ob er sich nicht vielleicht einen anderen Beruf suchen möchte.

Man will den beiden «Blick»-Heros fast zubilligen, dass sie absichtlich und bösartig mit dieser Holper-Stolper-Fassung Rima als Depp darstellen wollten. Es ist aber wohl noch schlimmer: sie können es nicht besser.

Ein Chefredaktor muss nicht schreiben können. Aber wenn er es tut, dann sollte er ein gewisses Vorbild sein. Ein Chefredaktor muss nicht interviewen können. Sollte er es tun, muss das Resultat Minimalansprüchen an Niveau und handwerklicher Beherrschung genügen.

Kostprobe? Bitte sehr. Die Eingangsfrage lautete, ob Rima wirklich Lust habe, sich als Ständerat in komplizierte Dossiers einzuarbeiten. Seine Antwort in der «Blick»-Version:

«Erstens müsste ich mich in gewisse Themen einlesen. Zweitens reagiere ich auf gewisse Entscheide, die gerade eben im Ständerat gefällt wurden. Windkraft in den Bergen, zu Null Stimmen! Aber ich komme von woanders her, ich bin nicht der klassische Politiker. Ich komme von einem Ort her, an dem die Familie zuvorderst steht. Die Familie ist der Anfang der Politik. Die Familie ist die Kinderstube, in der die Auseinandersetzung, der Umgang miteinander gelehrt wird.»

So ging’s dann holterdipolter weiter. Kein Wunder, dass dem Komiker hier der Hut hoch und der Humor verloren ging. Also redigierte er kräftig, was erlaubt ist. Zudem strich er Passagen und ersetzte sie durch ihm wichtigere Anliegen. Was grenzwertig ist.

Im professionellen Journalismus, das räumt sogar der SoBli ein, ist das durchaus üblich. Oder anders gesagt: wäre der Interviewtext so vom Kommunikationsfuzzi von Berset zurückgekommen, hätte der «SoBli» ihn ehrfürchtig unverändert abgedruckt.

Normalerweise greift sonst der Interviewer zum Telefonhörer und rauft sich mit dem Interviewten in einem manchmal länglichen und strapaziösen Gespräch zusammen. Ein Geben und Nehmen. Nur ganz, ganz selten gelingt das nicht.

Hier aber bekam Rima die trockene Antwort: «Nein, wir wollen dieses Interview nicht veröffentlichen.» Mit der freundlichen Bitte um Verständnis. Okay, dachte sich Rima, dann halt nicht. Wir haben’s probiert, hat nicht funktioniert. Shit happens. Deckel drauf.

Das dachte er solange, bis er am Sonntag das Schmierenblatt aufschlug und dort auf zwei Seiten eine Hinrichtung lesen musste. Er habe wild herumgefuhrwerkt im Text, verändert, so gehe das nicht. Auf einer Seite wurde nochmals mit ihm abgerechnet, was ein Leichtes ist, wenn das Opfer nicht widersprechen kann. Rima sei vom «Sonnenkönig zum Nachtschattengewächs» geworden, wird er angepflaumt.

Das ist schon mal unanständig. Widerwärtig wird’s, wenn das ausgelassen wird, was in den ganz seltenen Fällen sonst passiert, wenn eine Redaktion den Nicht-Abdruck eines Gesprächs publik macht und begründet. Dann wird das mit Beispielen untermauert, wieso solche massiven Veränderungen nicht akzeptiert werden konnten und auch keine Einigung über eine gemeinsame Fassung möglich war.

Rafi und Buchli verzichteten aber konsequent auf Beispiele. Wer die Originalversion gesehen hat, versteht, warum. Rafi und Buchli verzichteten auch darauf, mit Rima in den Clinch zu gehen, welche Veränderungen akzeptabel seien und welche nicht. Sie baten um Verständnis für ihren Entscheid – und hatten zeitgleich bereits die öffentliche Hinrichtung Rimas auf dem Schirm.

Das ist kein Beitrag zur Qualitätssteigerung. Das ist handwerklich ein Pfusch. Das ist zudem hinterfotzig und bösartig. Rima zitiert in diesem Zusammenhang einen grossartigen Gedanken des amerikanischen Verlegers Joseph Pulitzer, dessen Preis niemals in diesem Leben und im nächsten ein «Blick»-Schreiberling bekommen wird:

«Eine zynische, käufliche, demagogische Presse wird mit der Zeit ein Volk erzeugen, das genauso niederträchtig ist wie sie selbst

Daran arbeitet der Ringier-Verlag unermüdlich. Angeführt von Figuren wie Rafi und Buchli, denen man jegliche Kenntnis journalistischer Ehre absprechen muss. Dass sie Meinungsbüttel sind, ist nicht ihre schlimmste Eigenschaft. Sie beherrschen nicht einmal ihr Handwerk, sollten als Chefredaktor aber Vorbild sein.

Eigentlich müssten beide nach einer gewissen Schamfrist entlassen werden. Das wäre endlich mal ein Entscheid von Ladina Heimgartner, Marc Walder oder Michael Ringier, dem man aus vollem Herzen applaudieren könnte.

Rafi reimt sich

auf Reinfall. Schon als Stellvertreter konnte er es nicht.

Gieri Cavelty war ein armes Schwein. Als Häuptling fast ohne Indianer musste er jeden Sonntag einen Schatten des alten «SonntagsBlick» herstellen. Dabei jede Menge Vorgaben berücksichtigen. Feminismus, links, SVP pfui, Impfungen gut, Berset, Walder, Heimgartner, und dazu auch noch ein freundliches Gesicht machen.

Das hält man im Kopf nicht aus, also ergriff Cavelty offiziell die Chance, im Leben noch mal was Neues zu machen, nämlich Lehrer. Das ist der zweitoriginellste Abgang, seit Daniel Meier seinen Posten bei der NZZamSonntag gegen eine Lehre als Velomech vertauschte.

Ganze 31 Mal musste ZACKBUM sich mit Cavelty befassen, aber Abgegangenen wollen wir nichts Böses nachrufen. Immerhin auf 19 Erwähnungen bringt es Reza Rafi, davon 17 vor seiner Zeit als Chefdarsteller. Als Stellvertreter musste er natürlich noch beflissener das abliefern, was man höheren Ortes erwartete. Er kam damals nicht weiter als bis zur Wohnungsklingel, schrieb aber dennoch eine «Reportage» über «Das stille Netzwerk der Freiheitstrychler». ZACKBUM schrieb: «Wenn Journalisten zu Mietmäulern werden, ersäuft der Beruf in der Schmiere der verborgenen Parteilichkeit.»

So bediente er und diente er. Verdienter Lohn: jetzt ist er Chef geworden. Aber, leider, leider, schon in seinem ersten grösseren Artikel in dieser Eigenschaft zeigte er bedenkliche Kenntnislücken, was die Rahmenbedingungen für eine Schweizer C-Niederlassung betrifft.

Da geht doch noch was, dachte sich Rafi – und produzierte gleich den nächsten Reinfall. Unterstützt von der interimistischen Oberchefredaktorin Steffi Buchli versuchte er, Marco Rima zu interviewen. Bei solchen komplexen journalistischen Unterfangen gibt es drei mögliche Ausgänge.

Das Interview erscheint. Das Interview erscheint nicht. Plus die Rafi-Variante: das Interview erscheint nicht, aber es wird nachgetreten. Normalerweise passiert das, wenn eine Kommunikationsstelle das Gesagte völlig umschreibt, inklusive neue Fragen, die gar nicht gestellt wurden. So ein Interview erscheint einfach stillschweigend nicht – oder die Redaktion legt offen, was da alles rumgeschraubt wurde.

Die Rafi-Variante: das Interview erscheint nicht, weil rumgeschraubt worden sein soll. Jeglichen Beweis dafür (so sah unsere Variante aus, das wollte Rima) bleibt er allerdings schuldig.Woraus man bei der Glaubwürdigkeit und dem Vertrauen, das der SoBli geniesst, klar schliessen darf: da trat jemand auf die Bremse. Und der (oder die) hiess nicht Rafi. Und auch nicht Buchli.

Oder: mit Alain Berset wäre das nicht passiert.

 

Zwei Gescheiterte

Nicht einmal ein Interview können die Helden vom «Blick».

Normales Handwerk. Zwei Redaktoren empfangen einen Gesprächspartner zum Interview. Aus der mündlichen Aufzeichnung entsteht eine schriftliche Fassung. Im deutschen Sprachraum (im angelsächsischen nicht) wird die dem Interviewten zur Autorisierung vorgelegt.

Nun ist es das Normalste der Welt, dass die Verschriftlichung eine verdichtete, zusammengefasste Variante der Aufzeichnung darstellt. Normales Handwerk. Es ist auch normal, vor allem bei Kontroversen, dass der Interviewte an der ihm vorgelegten Fassung Änderungen vornehmen möchte.

Unter Profis macht man deswegen ab: es gilt das gesprochene Wort. Allerdings liegt das Recht an diesem Wort, wie das Recht am Bild, beim Sprecher. Also ist es eine Frage des Handwerks, dass man sich bei Änderungswünschen zusammenrauft.

Ausser, die interimistische Oberchefredaktorin Steffi Buchli und der frischgebackene SoBli-Chefredaktor Reza Rafi tun sich zusammen:

Auch das kommt ab und an vor. Normalerweise schmeisst man dann das Manuskript in den Papierkorb, bzw. versenkt es im elektronischen Archiv. Aber doch nicht die Restenverwertungsanstalt «Blick».

Wenn schon diese beiden Koryphäen ihre wertvolle Zeit aufwendeten, wenn schon Buchli ein gestelltes Blick TV-Interview mit Marco Rima machte, in der Abteilung Sauglattismus, wenn man dann eine geschlagene Stunde miteinander sprach (was normalerweise für eine Seite gedrucktes Interview reichen würde; beim SoBli wäre es sicherlich auf mindestens drei Seiten ausgewalzt worden), dann kann man dieses welterschütternde Ereignis dem Leser nicht vorenthalten.

Dann erzählt man gerne und hemmungslos die Geschichte des eigenen Versagens. Im Print steht nur Rafi als Autor da, online gesellt sich noch Buchli dazu, obwohl sich am Text nichts geändert hat.

Eingeleitet wird die Story eines gecancelten Interviews mit Nachtreten: «Die Mutation vom Sonnenkönig zum Nachtschattengewächs war nicht mehr zu stoppen.» Welch schiefes Bild, welche Bösartigkeit.

Aber das ist erst der Vorspann: «Am Abend meldete sich seine Frau und Managerin Cristina: So könne man das Stück unmöglich freigeben, ihr Mann werde absolut unvorteilhaft und oberflächlich dargestellt.»

Auch diese Reaktion ist nicht unbekannt, wie der SoBli sogar selber einräumt: «So weit, so gewöhnlich im Medienbetrieb. SonntagsBlick wartete die autorisierte Fassung ab. Am Samstag lag sie vor. Doch fanden sich im abgeänderten Manuskript wohlformulierte Sätze im Polit-Jargon, die der Befragte so nie gesagt hatte. Das ist bei Interviews nicht unüblich, allerdings eher bekannt von Bundesräten oder Firmenchefs; PR-Arbeit eben

Dann die Schlusspointe: «Die SonntagsBlick-Redaktion respektiert das – hält es aber für wenig sinnvoll, ein Gespräch abzudrucken, aus dem die streitbarsten Passagen nachträglich entfernt wurden

Auch das ist erlaubt. Rima darf – wenn eben keine professionellen Abmachungen getroffen wurden – am gesprochenen Wort rumfummeln. Der SoBli darf auf den Abdruck verzichten (was er bei einem Bundesrat zum Beispiel, wenn dessen Nachnamen mit B. beginnt – nein, nicht B wie Blocher – niemals tun würde).

Jetzt kommt aber das Problem. Der SoBli enthält dem Leser vor, worum es hier geht. Hat sich das Umfeld von Rima zu recht über eine unvorteilhafte und oberflächliche Darstellung aufgeregt? Hat Rima mit wohlformulierten Sätzen im Politjargon geglättet?

Man weiss es nicht, man erfährt es nicht.

Problem: bei der mangelnden Glaubwürdigkeit, die sich der SoBli mit viel Arbeit erwirtschaftet hat, nimmt doch kein mündiger Leser diese Erklärung ab. Abgesehen davon, dass ein solches Scheitern nicht dem Interviewpartner anzulasten ist.

Dass gleich zwei Chefredaktoren sich nicht entblöden, das eigene Versagen öffentlich zu machen, ist an Peinlichkeit schwer zu überbieten. Oder doch, durch das Editorial von Rafi. Aber das wäre dann eine echte Überdosis. Wir denken an die Gesundheit unserer Leser und lassen das.

Und dieses Bild ist so was von gestellt
(man beachte das Ladekabel).

Immer wieder Sonntag

Das übliche Morgengrauen …

Eigentlich wollte ZACKBUM mit der «NZZam Sonntag» beginnen. Aber wir rauschten, ohne durch bemerkenswerte Inhalte aufgehalten zu werden, bis zu Seite 16 durch. Dort lasen wir, dass Patti Basler abtrete. Doch zu früh gefreut: sie macht nur eine überlange Sommerpause. Aber man nimmt heutzutage, was man kriegen kann.

Das ist auch das Motto von Nicole Althaus. Sie erfreut den Leser mit einer bahnbrechenden Erkenntnis des «Verhaltensforschers Joonghwan Jeon von der University of Texas in Austin». Zu der kam er zwar schon 2007, dafür aber als Erster: «Mater semper certa est». Für die wenigen Nicht-Lateiner unter unseren Lesern: «die genetische Abstammung von der Mutter ist sicher, die des Vaters nicht.»

Was Althaus eigentlich sagen will: sofern es zu keiner Verwechslung im Spital kommt, weiss die Mutter, dass das ihr Baby ist. Der Vater so spontan nicht. Es geht hier allerdings nicht um die genetische Abstammung des Vaters, sondern vielleicht darum, dass es einen Gentest bräuchte, um seine Vaterschaft zu beweisen. Oder so. Aber mit bahnbrechend neuen Erkenntnissen ist es eben so eine Sache, da verrutscht die Sprache schon mal gerne. Oder aber, verflixt, es handelt sich hier um Frauensprache, die dem Mann weder genetisch noch sonst wie leicht erschliessbar ist.

Dann kommt eine Story, die sozusagen einen Kontrapunkt gegen den drohenden Hitzesommer setzen will: «Immer mehr Frauen lassen ihre Eizellen einfrieren». Also genauer: in einer Einfrierklinik waren es früher «eine Frau alle paar Monate», nun seien es pro Woche «zwischen fünf bis zehn Frauen». Wenn das mal kein Trend ist.

Voll im Trend ist auch R. James Breiding. Er will dem harmlosen Leser am Sonntagmorgen einen solchen Schrecken einjagen, dass dem das Gipfeli aus der Hand fällt: «Wie die Schuldenkrise die Welt in den Abgrund reissen könnte». Merke, lieber Leser: Titel die «wie Blabla könnte» enthalten, plus das Wort Abgrund, sind ein klarer Hinweis für: überblättern.

Putzig ist hingegen der Titel «Die Brust versiegt». Also nicht wirklich, industrielle Säuglingsnahrung ist einfach weiter auf dem Siegespfad. Schrecklich ist hingegen diese News: «Vögel meiden die Schweiz». Aber immerhin, der Eieranschlag auf eine «Autorperson» ist der NZZaS keine Zeile wert. Dafür hat sie halt Jan Weiler mit seiner unendlichen Fortsetzungsgeschichte. Also sie ist bei Folge 13 angelangt, kommt einem aber unendlich vor.

Während sich Patti Basler* wenigstens direkt, allerdings früh in die Sommerpause abmeldet, tut das die «SonntagsZeitung» ebenfalls früh, dafür indirekt:

Typisch Tamedia, die wollen einem auch alles vermiesen. Scheint mal die Sonne, wird der fehlende Regen bemängelt – oder die hohen Preise bejammert.

Dann fordert Arthur Rutishauser den Skalp von Barbara Schmid-Federer. Institution Schweizerisches Rotes Kreuz, überfordert, nicht denkbar, dass sie sich noch halten könne. Mal schauen.

Dann kommen wir zu einem Höhepunkt für jeden Schweizer Leser. Das grosse Interview, der Hammer, die Themen, der Gesprächspartner, der Wahnsinn. Boris Herrmann, Nicolas Richter und Robert Rossmann vereinen die guten Kräfte, um den Eidgenossen ein Gespräch zu schenken. Nun sind die Drei im Sold der «Süddeutschen Zeitung» in München, und nicht mal dort interessiert brennend, was der deutsche «Oppositionsführer» (so würde man ihn in Deutschland allerdings nicht nennen) Friedrich Merz so zu sagen hat. Ob er den Geist Adenauers beschwören wolle, wird Merz einleitend gefragt. Wetten, dass kaum ein Schweizer Leser sich für die Antwort interessiert? Überblättern …

Dann weiss Bettina Weber sozusagen Intimes vom frischgebackenen und fehlgestarteten republikanischen Präsidentschaftskandidaten Ron DeSantis, inzwischen schon gerne DeSaster genannt: er höre «nur auf seine Frau». Wahnsinn, da kommt endlich mal einer ohne grossen Beraterstab aus. Oh, DeSantis hat einen grossen Beraterstab? Ach was.

Woran merkt man sonst, dass anscheinend schon Ende Mai das Sommerloch gähnt? Wenn im «Fokus» der Chef-Butler (eine Frau, darf man die heute in der SoZ noch Chef-Butler nennen? Wo bleibt die Genderpolizei? Weiss das Birrer, wieso hat Tobler nicht eingegriffen) des Dolder Grand interviewt wird. Auch hier war das grosse Interview mal eine Institution. ZACKBUM rätselt aber: Chef-Butlerin? Chefin-Butlerin? ChefIn-Butler*? Wo bleiben die Gender-Päpste und -Päpstinnen, wenn man sie mal braucht.

Und so nebenbei. Dieser Gender-Lapsus erinnert doch daran, dass es auch der SoZ scheissegal ist, dass eine leitende Mitarbeiterin über Jahre hinweg von einem Hassmob verfolgt wurde, angeführt von der hasserfüllten Kämpferin gegen Hass im Internet, haarklein aufgezeigt in einer mehrteiligen Serie über interne Chatprotokolle. Aber  Jolanda Spiess-Hegglin ist halt nicht in der SVP

Die Spargelsaison neigt sich so langsam dem Ende zu; höchste Zeit, die jährliche Sommerlochstory zu schreiben: «Wie viel Arbeit wirklich hinter dem Trendgemüse steckt». Hinter? Hm.

Dann will Rutishauser, das Bauernopfer auf dem Kriegspfad, auch noch den Skalp von Tidjane Thiam. Beziehungsweise an dessen Bonus: «Karin Keller-Sutter hat fünf gute Gründe, seinen Bonus zurückzufordern.» Wetten, dass sie es nicht tut?

Apropos Sommerloch im Mai: «Richtig essen für ein langes Leben», abgestaubter Stehsatz.

Eigentlich wollte ZACKBUM die erste Ausgabe unter neuer Leitung des «SonntagsBlick» genauer anschauen. Aber:

Es gibt Gähnreflexe, die fast in einer Kiefersperre enden.

Kaum hat man die überwunden, liest man, was Reza Rafi höchstpersönlich recherchiert hat: «Schweiz will Andrei Melnitschenko loswerden», behauptet er. Und will wissen: «Der Russe verbringe zu viel Zeit im Ausland und nicht an seinem gesetzlichen Wohnsitz, womit er die Bedingungen (für eine Niederlassung C, Red.) nicht mehr erfülle

Nun wird’s etwas peinlich, wenn man dem Chefredaktor des SoBli Nachhilfeunterricht in Faktenkenntnis erteilen muss. Melnitschenko steht auf der EU-Sanktionsliste, die von der Schweiz gehorsam übernommen wird. Seine Frau übrigens auch, obwohl EU-Bürgerin. Also ist ihm die Einreise in die Schweiz verwehrt.

Das ist nun tatsächlich ein kafkaeskes Problem. Ein Besitzer der Niederlassung C darf sich, auf Antrag, bis zu zwei Jahre am Stück im Ausland aufhalten. Allerdings sollte er danach wieder zurückkehren. Wie kann das nun Melnitschenko tun, der zwar als langjähriger Aufenthalter, Mieter und bedeutender Steuerzahler, der sich in der Schweiz nie etwas zu Schulden kommen liess und jegliche Nähe zu, geschweige denn Unterstützung von Putin bestreitet, dieser Vorschrift seiner Niederlassung entsprechen?

Das wäre eigentlich die interessante Frage gewesen. Aber Rafi ist nicht für interessante Fragen zuständig, sondern blödelt halt im Text vor sich hin. Man kann also konstatieren, dass er das Niveau seines Vorgängers problemlos tieferlegt. Unter die Relevanzschwelle, unter jede Schwelle. Unterirdisch.

*Nach Leserhinweis korrigiert …

SoBli: Neuer Chefredaktor …

Reza Rafi schafft Transparenz im Hause Ringier.

Nein, das ist natürlich ein Scherz. Wieso genau wurde Rafis Vorgesetzter Christian Dorer in den sechsmonatigen Ruhestand versetzt? Wieso genau hat sich Rafis direkter Vorgesetzter Gieri Cavelty «entschieden, das Unternehmen zu verlassen»*? Wodurch qualifiziert er selbst sich als neuer SoBli-Chefredaktor? Da gibt’s grosse Sendepause.

Aber man ist gespannt, wie sich der frischgebackene Häuptling mit ganz, ganz wenig Indianern so metzget. Schauen wir mal auf sein erstes längeres Stück in seiner neuen Funktion:

Also das Titelzitat entspricht eigentlich nicht der neuen Sensibilität im Hause Ringier. Sehr gewagt, Rafi. Aber während andere ohne grosse Mühe den Untersuchungsbericht gelesen haben, musste sich der SoBli-Chef «durchkämpfen». Leseschwäche?

Die Vorwürfe der gefeuerten «Magazin»-Journalistin Anuschka Roshani (für Rafi allerdings vornehm zurückhaltend «die ehemalige») seien «zeitgeisty», lässt Rafi seine Englischkenntnisse aufblitzen. Weil er das Wort auf Deutsch nicht kennt?

Dann arbeitet sich Rafi an Schawinski ab. Zwar «Altmeister», aber dann «das Wort Ich kommt auf den 172 Seiten schwindelerregende 377-mal vor», hat Rafi gezählt. Schawinski habe auch – unglaublich – kräftig für sein Buch geweibelt, um dann beim Journalisten und «Schawinski-Gefolgsmann» Matthias Ackeret sich gerührt vom «grossen Interesse» zeigen zu können.

Dann plaudert Rafi etwas aus dem Nähkästchen: «Die Absage des SonntagsBlicks kam bei ihm schlecht an.» Die NZZaS, weiss der SoBli-Chef, habe eine Buchbesprechung «wieder aus dem Blatt gekippt», die SoZ habe ein Interview «wieder aus dem Programm gestrichen», schreibt er ZACKBUM ab. Wieso zogen eigentlich diese drei Sonntagsblätter den Schwanz ein? Insbesondere der SoBli? Wäre doch Gelegenheit für Transparenz.

Rafi gibt einen merkwürdigen Grund an: «Allzu eindeutige Schwarz-Weiss-Antworten lösen Skepsis aus.» Ausgerechnet der Chef eines Blatts, das prinzipiell für Schwarz-Weiss-Antworten zuständig ist, auch in seinem anfänglichen Applaus für Roshani?

Aber was ergab denn nun der Kampf von Rafi mit dem Untersuchungsbericht? Er muss einräumen: «Nimmt man das 244 Seiten dicke Dokument zum Gradmesser, sieht es nicht rosig aus für Roshani. Die Autoren gingen mehr als 30 Vorwürfen gegen den ehemaligen «Magazin»-Leiter nach. Für die Mehrheit der Anschuldigungen fanden die Ermittler keine Beweise, mehr noch: Bei manchen hätten die Abklärungen «zu ganz anderen Ergebnissen» geführt.

Aber, im Kampf gegen Schwarz-Weiss: ein Vorwurf Canonicas gegen Roshani habe sich auch nicht erhärten lassen, dann die wohlbekannte Hakenkreuze natürlich, sowie Canonicas Wortwahl. Hier wird Rafi eher grenzwertig. So wurde der Ausdruck «Fuck Anushka» im Bericht kritisiert, ausdrücklich aber klargestellt, dass Canonica keinesfalls wie von Roshani behauptet ständig das Wort «ficken» verwendet habe, sondern gelegentlich das englische «fuck», aber nicht etwa im sexuellen Sinn, sondern als übliches Schimpfwort. Was der «zeitgeisty»-Rafi eigentlich wissen müsste, hätte er sich richtig durchgekämpft, aber dem Leser vorenthält.

Also muss Rafi einräumen, dass der Bericht, wie nicht nur von Schawinski bereits konstatiert, fast alle Behauptungen und Vorwürfe von Roshani zurückweist. Mit mehr oder minder starken Worten. Würde Rafi das aber so stehenlassen, könnte er ja seinen Thesenjournalismus nicht durchziehen.

Da hätten wir von ZACKBUM nur zwei Fragen: wieso gibt es eigentlich keinen internen Untersuchungsbericht bei Ringier, und wenn doch, wann wird uns Rafi seine Resultate präsentieren? Stichworte Walder, Dorer, weitere unmotivierte Abgänge?

Zweite Frage: wann lesen wir von Rafi eine Zusammenfassung der Ungeheuerlichkeiten, die «#hateleaks» ans Tageslicht befördert hat? Verein Netzcourage, unterstützt mit Steuergeldern, kämpft gegen Hetze im Internet, hetzt aber selbst wie der Weltmeister, knackt sogar den Mail-Account der eigenen Präsidentin. Wär› doch was, Herr Chefredaktor.

Ach, wir verstehen, Sie wollen den Posten gerne ein Weilchen behalten. Alles klar. Aber noch eine handwerkliche Frage, denn auch da stinkt der Fisch bekanntlich vom Kopf.

Ausgangslage: Chefredaktor Rafi bekommt einen Text vorgelegt. Der gibt den Inhalt des Untersuchungsberichts über die Vorwürfe von Roshani wieder. Ergebnis: eigentlich alle Anschuldigungen und Behauptungen über ihren ehemaligen Chefredaktor und den Verlag Tamedia haben sich als haltlos erwiesen. Dem Chefredaktor wird ein Führungscoaching und eine sensiblere Wortwahl nahegelegt. Bei Roshani ist das Ergebnis, dass eine gedeihliche Zusammenarbeit mit ihr kaum mehr vorstellbar sei. Darüber schreibt Roger Schawinski ein Buch, das diese Inhalte zusammenfasst und vor allem auch das Versagen der Medien nach dem öffentlichen Rufmord Roshanis thematisiert.

Als Titel schlägt der Redaktor (generisches Maskulin) vor: «Fuck Anuschka» ist zukünftig zu unterlassen. Was würde Rafi dazu sagen? Da gibt es nur zwei Möglichkeiten: handelte es sich um eine Redaktorin, würde er «super, so machen wir das» sagen. Wäre es ein Redaktor, würde Rafi den grossen, roten Chefkuli zücken und den Titel mehrfach durchstreichen. Mit der Bemerkung: schon mal davon gehört, dass ein Titel etwas mit dem Inhalt des Artikels zu tun haben sollte?

*In einer früheren Version stand, Cavelty sei abserviert worden. Auf seine Bitte hin wurde das korrigiert.

 

 

 

Eine Frau sieht rot

Das grosse Aufräumen in der glücklichen «Blick»-Familie.

Die Zahlen sprechen eine klare Sprache. «Blick» und «SonntagsBlick» sind die einzigen beiden Schwesterorgane in der Schweizer Medienlandschaft, die beide 10 Prozent ihrer Leser verloren haben. Das ist weder den Markumständen, noch der Pandemie, noch dem unerforschlichen Ratschlag der Götter geschuldet.

Sondern das Ergebnis einer zum Scheitern verurteilten Strategie einer überforderten Quotenfrau. Ladina Heimgartner meinte, mit dem Wort «Resilienz» plus einigen kampffeministischen Versatzstücken durchzukommen. Dem «Blick» wurde ein völlig verunglücktes Redesign verpasst (neu mit Regenrohr im Logo, das aus Klötzchen zusammengesetzt ist). Schlimmer noch war, dass das Boulevard-Medium kastriert wurde. «Blut, Busen, Büsis», von diesem alten Erfolgsrezept überlebten knapp die Büsis.

Inzwischen berichtet sogar der Tagi boulevardesker als der «Blick», der seinerseits seine Leser mit Gutmenschen-Attitüde, nachgewiesener Staatsnähe und willfährigem Nachplappern der offiziellen Corona-Politik quält.

Da liegt also strukturell einiges im Argen; es bräuchte dringend eine Neujustierung der Strategie, um den dramatische Leser- und Bedeutungsschwund zu stoppen. Im Verlag des Mitbesitzers Springer zeigt das die «Bild»-Zeitung exemplarisch, man müsste nur das Know-how dort abholen und auf Schweizer Gepflogenheiten anpassen. Aber das würde ja strategisches Denken und andere Fähigkeiten voraussetzen, über die Heimgartner nicht verfügt.

Aber sie weiss, wie man versuchen kann, vom eigenen Versagen abzulenken. Also köpfte sie aus heiterem Himmel den Oberchefredaktor Christian Dorer – aus nichtigem Anlass. Denn dessen Vorliebe für eine gewisse Schicht Mitarbeiter war schon seit seinen Zeiten bei CH Media bekannt – und gab niemals Anlass zu Beschwerden, denn er achtete bei seinen Annäherungen immer sorgfältig darauf, seine Machtposition als Vorgesetzter nicht auszunützen.

Er konnte noch nicht einmal als Sündenbock hinhalten, denn er sorgte für eine reibungslose und skandalfreie Umsetzung einer falschen Strategie. Das tat auch Gieri Cavelty in unverbrüchlicher Loyalität zu den linksgrünen Vorlieben im Hause. Er führte den SoBli mit einer Rumpfmannschaft und schwindenden Ressourcen skandalfrei und erlaubte dem Recherchegenie Fabian Eberhard, einen Flop nach dem anderen zu landen, bei dem die Gesinnung stimmte, wenn auch sonst nicht viel. Da Heimgartner anhaltend unfähig ist, neue Strategien zu entwickeln, geht das Köpfen halt weiter.

Nun darf Reza Rafi ans Gerät. Der hingegen ist einschlägig bekannt als Meinungsbüttel, der wunschgemäss Denunziatorisches abliefert, Duftmarke: «Nationalräte der SVP überbieten sich gegenseitig mit Trychler-Huldigungen. Der grösste Fan ist und bleibt indes Finanzminister Ueli Maurer.»

Von ihm kann man mit Fug und Recht eine grosse Flexibilität erwarten, was seine Meinung betrifft. Allerdings ist auch Rafi noch nie in seiner Funktion als Stellvertreter durch einen gestalterischen Muskel aufgefallen. Er ist einfach der nächste Verwalter des Elends. Bis es einen weiteren Kopf braucht, der fallen muss, damit weiter oben nichts fällt.

Es darf gelacht werden

Der «Blick» als Gesundheits-Sprechstunde.

Die Diagnose des geistigen Zustands von Wladimir Putin ist längst erstellt. Er ist wahnsinnig, kriminell, bösartig, hinterlistig, ein notorischer Lügner und geht als Soziopath über Leichen. Da ist nun nicht mehr viel hinzuzufügen.

Aber dann gibt es natürlich noch seine körperliche Befindlichkeit. Auch da klaffen sein Selbstempfinden und diagnostische Fähigkeiten des Boulevardblatts mit Regenrohr im Logo etwas auseinander:

 

So sieht er sich gerne selbst; «Blick» hingegen schaut mit ärztlichem Blick auf den Kremlherrscher:

Also mehr so Richtung Lähmungserscheinungen unklarer Herkunft. Aber inzwischen scheinen die überwunden zu sein, wobei Putin aber offenbar in die andere Richtung übertreibt:

Wobei natürlich auch beides gleichzeitig möglich ist: der rechte Arm hängt weiter schlaff herunter, aber nun wackelt er auch noch mit den Beinen. Als ob das noch nicht lachhaft genug wäre, fragt sich der «Blick» auch noch, ob das vielleicht ein Morse-Code sei.

Eine berechtigte Frage; damit will Putin vielleicht seinen Anhängern im Westen, also Habermas, Schwarzer, Wagenknecht und der halben Million Putin-Versteher, die das Manifest für den Frieden unterzeichnet haben, neue Direktiven geben.

Wohl genau aus diesem Grund hat sich «Blick» nicht die Mühe gemacht, das Video von den restless legs einem Morse-Spezialisten vorzulegen. Denn so leicht will es das Friedensblatt, das für den Export Schweizer Waffen in die Ukraine ist, so leicht will es das Schandblatt («Habermas mit Hasenscharte») Moskaus Fünfter Kolonne nicht machen.

Übrigens, weil der Blöd-«Blick» diese menschenverachtende Rüpelei des stellvertretenden Chefredaktors Reza Rafi online gelöscht hat, sei sie hier in der Print-Version wiedergegeben, bevor das vielleicht mit einem schwarzen Balken abgedeckt wird:

So nahe liegen hier Lachhaftes, Lächerliches und Liederliches beieinander.

Irrlichternde Journis

Der SoBli durchstösst die letzten Schranken nach unten.

Wenn Gieri Cavelty das Wort zum Sonntag ergreift, muss Vernunft und Rationalität in Deckung gehen: «Mit seiner Weigerung, die Neutralitätspolitik neu auszurichten, hat der Bundesrat nicht einfach nur seinen Aussenminister desavouiert, sondern auch einen historischen Fehler begangen.»

Denn da umweht ihn der Mantel der Geschichte, Cavelty muss seine Landesregierung streng tadeln. Auf seinen Spuren wandelt auch sein Stellvertreter Reza Rafi. Unter dem Titel «Irrlichternde Ikonen» muss er mal kurz dem Philosophen Jürgen Habermas die Knöpfe reintun: «Deutsche Geistesgrössen wie Jürgen Habermas spielen mit teilweise bedenklichen Aussagen die Friedensengel – und damit Putin in die Hände.»

Das ist nun einfach strohdumm von Rafi, aber was er dann unter sich lässt, ist an Geschmacklosigkeit nicht mehr zu unterbieten: «Via «Süddeutsche Zeitung» griff der Intellektuelle, der wegen seiner Hasenscharte unverständlich nuschelt und vielleicht gerade deshalb sein Leben der Kommunikationsforschung gewidmet hat …»

Kennt dieses Drecksblatt wirklich keinen Anstand mehr? Dem 93-jährigen Philosophen ernsthaft seine Hasenscharte vorwerfen; ob Rafi noch so viel Ehre im Leib hat, sich für diese grobe Geschmacklosigkeit in aller Form zu entschuldigen?

Aber er macht sich nicht nur über körperliche Gebrechen lustig, er zweifelt auch am Geisteszustand des Geistesriesen: «So halluziniert Habermas vom «bellizistischen Tenor einer geballten veröffentlichten Meinung», der es entgegenzutreten gelte.» Halluziniert? Dabei meint Habermas doch genau solche Kläffer wie Rafi.

Rafi halluziniert nicht, er verliert seinerseits in seiner Masslosigkeit jeglichen Kontakt zu Mass und Mitte: «Dass sich Habermas zu dieser Art des «Victim Blaming» hinreissen lässt, ist auch deshalb tragisch, weil er als Absender ein ungleich grösseres Schwergewicht ist als Talkshow-Figuren wie die «Emma»-Gründerin Schwarzer, die Linke-Politikerin Wagenknecht oder der Vulgärphilosoph Precht («Wer bin ich – und wenn ja, wie viele?»)

Schwarzer eine «Talkshow-Figur», Precht ein «Vulgärphilosoph»? Dann hält Rafi in seinem Lauf weder Ochs noch Esel auf: «Dass sich auch die begnadete Schriftstellerin Juli Zeh (48, «Über Menschen») in die Reihe der unheimlichen Friedensengel gesellt, überrascht indes mehr als das Engagement der Linke-Ikone Gregor Gysi (75). Während beim Ostdeutschen mit seiner DDR-Vergangenheit wohl eine alte Moskau-Orientierung hervortritt …»

Beim «Ostdeutschen» trete eine «Moskau-Orientierung» hervor? Wehe, wer nicht mit Rafi einer Meinung ist. Da nützt einem weder der Titel «begnadete Schriftstellerin» noch «lebendes Denkmal» über Habermas etwas. Da wird verbellt, gebelfert und Unappetitliches abgesondert.

Es ist wirklich unfassbar, was inzwischen im Hause Ringier veröffentlicht werden darf, ohne dass eine ordnende Hand eingreift. Wo bleiben hier Frank A. Meyer, Marc Walder oder Michael Ringier? Wollen die wirklich zusehen, wie ihr Organ mit solchen Sätzen besudelt wird: 

«Das Lebenswerk von Habermas ist zu gross, um zerstört zu werden. Aber ein Taubenschiss auf dem Denkmal bleibt.»

Das Lebenswerk von Rafi ist zu klein, als dass ein solcher dampfender Haufen Sprachdurchfall noch etwas daran verkleinern könnte. Aber ein übler Geruch bleibt.

PS: In der Online-Version hatte jemand einen Anfall von Anstand und löschte die «Hasenscharte» aus dem Gebellter von Rafi …