Zeuselnder Zensor
Der stellvertretende Ressortleiter Kultur beim «Spiegel» Rainer mieft vor sich hin.
Intellektuelle sind immer für Hirnrissiges gut. Zur umstrittenen Entscheidung der der deutschen Innenministerin Nancy Faser, das Magazin «Compact» zu verbieten, schreibt Anton Rainer: «Die Skepsis ist gut, aber das Verbot ist besser.»
An seinem Salto mortale lässt sich exemplarisch darstellen, wie verpeilt und verbohrt diese Art von Journalisten inzwischen sind.
Seinen Salto ins Bodenlose beginnt Rainer mit der üblichen Einleitungsfloskel:
«Wann immer der Rechtsstaat mit voller Härte gegen Journalisten und Journalistinnen ausreitet, ist Vorsicht angesagt. Deutschlands Presseorgane, egal wie unappetitlich sie in der Öffentlichkeit manchmal auch auftreten mögen, genießen schon aus historischen Gründen besonderen Schutz.»
Dann kommt eine lange Leier von Bedenkenträgern und halbherzigen Einwänden gegen das Verbot. Das lobt Rainer noch: «Es ist gut, dass dieses Unbehagen formuliert wird, es ist Ausweis einer selbstbewussten Presse.»
Aber das ist alles nur ein langer Anlauf für den Todessalto:
«Muss ein wehrhafter Rechtsstaat ein Magazin wie »Compact« aushalten? Das Gegenteil ist richtig: Ein Magazin wie »Compact« muss den Rechtsstaat aushalten.»
Ein rhetorischer Kniff, eine Leerformel, in der Tradition des berühmten Kennedy-Spruchs: Frag nicht, was dein Land für dich tun kann …
Als erste Drehung im Salto folgt nun eine Beschreibung des teilweise wirklich unappetitlichen Inhalts von «Compact». Dann wird der Chefredaktor niedergemacht:
«Das Ziel seiner Arbeit formulierte Elsässer so: »Wir wollen dieses Regime stürzen«. Das mache sein Medium »einzigartig«, sagte der Chefredakteur im Juni 2023, und er hat recht. Kein anderer Journalist spricht so – weil es nicht die Sprache von Journalisten ist, sondern von Populisten und Guerilla-Kämpfern.»
Beinharte Schlussfolgerung: «Wer aber in einem demokratischen Land einen Umsturz anstrebt, kann sich nicht hinter der Pressefreiheit verstecken. Er muss selbst gestürzt werden.» Rainer liebt diese Dichotomien. Wer stürzen will, muss gestürzt werden. Hört sich irgendwie gut an, ist aber einfach eine hohle Phrase.
Rainer befürwortet also, dass eine deutsche Ministerin ein Medienorgan verbieten kann. Er hat auch nichts dagegen, dass morgens um sechs eine Horde schwerbewaffneter Polizisten vor dem Haus des Verlegers auftaucht, um dort eine Durchsuchung zu starten. Rein zufällig ist auch noch ein Fotograf dabei, der das festhält und in Umlauf bringt.
Das findet Rainer alles prima. Damit outet er sich als Antidemokrat und als unfähig, Selbstkritik zu üben. Antidemokrat deswegen, weil beispielsweise der Verfassungsrechtler und ehemalige deutsche Verteidigungsminister Rupert Scholz dieses Verbot per Ministererlass für «eindeutig verfassungswidrig» hält.
Die Verbote der russischen Medien «RT» und «Sputnik» in ganz Europa (glücklicherweise nicht in der Schweiz) gaben auch zu «gesunden Bedenken» Anlass, behauptet Rainer. Allerdings nicht bei ihm.
Nun arbeitet der Mann bei einem Organ, das schon mal selbst von einem Minister verboten worden war. Er arbeitet bei einem Magazin, das nach der ersten Wahl Trumps zum Präsidenten als seine vornehmste Aufgabe formuliert hatte, ihn «wegzuschreiben». So grössenwahnsinnig wie unsinnig. Oder um es in Rainers Duktus auszudrücken: wer wegschreiben will, muss selber weg.
Der Mann arbeitet bei einem Organ, das wie kaum ein anderes gegen Trump gehetzt hat. Nicht nur mit einer ganzen Reihe von mehr als geschmacklosen Titelblättern:
Natürlich ist das zwar abstossend, aber selbstverständlich von der Pressefreiheit gedeckt. Wer deswegen ein Verbot des «Spiegel» fordern (oder gutheissen) würde, wäre völlig verpeilt.
Was ist aber von einem stellvertretenden Kulturchef zu halten, der sich nicht einmal an die Grundregeln der Pressefreiheit halten will, der über ein nicht in sein Weltbild passendes Organ herzieht, dessen Verbot begrüsst, obwohl das – gerade in Deutschland – auf sehr wackeligen Füssen steht – und der den Balken im eigenen Auge nicht sieht?
Ziemlich niveau- und kulturlos, der Mann.