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1. August ohne Feuerwerk

Das gilt auch fürs Mediale.

Nehmen wir als Beispiel das Mittelmass. Also CH Media. Das Wanner-Imperium profitiert normalerweise davon, dass es zwar nicht so intellektuell ist wie die NZZ, dafür aber auch nicht so gender-kreischig wie Tamedia. Das erspart es CH Media häufig, in die ganz grossen Fettnäpfchen zu treten.

In die kleinen schon gelegentlich, wenn es sich auf Art des Hauses an der Hatz auf den ehemaligen Chefredaktor des «Magazin» beteiligt, dafür den Big Boss von Tamedia anrempelt – und zerknirscht eine öffentliche Entschuldigung vor den gelöschten Artikel stellen muss.

Idealtypisch wird Mass und Mitte vom Überchefredaktor Patrik Müller verkörpert. Kein Zufall, dass er inzwischen der einzige Überlebende des Triumvirats Christian Dorer, Arthur Rutishauser und eben Müller ist. Dorer wurde in ein «Nie mehr»-Sabbatical geschickt, Rutishauser wurde als Bauernopfer auf den Rang eines SoZ-Chefredaktors zurückgestuft.

Müller hingegen leitet, zeigt sich im «Sonntalk» und absolviert überhaupt einen Marathonlauf. Und schreibt den obligaten Kommentar zum 1. August.

Der fängt harmlos an: «Die Neutralität ist genial – aber sie braucht dringend einen neuen Anstrich.» Es gab da allerdings schon mal so einen Anstreicher, aber gut, Bilder sind so eine Sache. Dann wird Müller geschickt persönlich, Familienferien im Norden, Zwischenstopp in Brüssel, der zehnjährige Sohn tippt als Wunsch für Europa ein: «Neutral sein wie die Schweiz

Wunderbar, Leser abgeholt, sich als Familienvater gezeigt, schon Sohnemann beweist mit zehn Jahren politisches Bewusstsein. Bis hierhin wäre es einfach ein 08/15-Kommentar. Aber leider muss Müller dann Gas geben.

Neutralität sei identitätsstiftend, «solange daraus nicht Selbstgefälligkeit und die Neutralität nicht zum Götzen wird». Ohä, und wie könnte sie dazu denaturieren? Na klar, Ukrainekrieg: «Eigentlich war klar, dass es bei einem solch krassen Verstoss gegen das Völkerrecht keine neutrale Haltung geben konnte

Zuvor vergleicht Müller die Invasion der Ukraine mit dem Überfall Hitler-Deutschlands auf Polen. Ohne sich bewusst zu sein, dass die Schweiz damals auch neutral war – und blieb. Aber mit historischen Vergleichen ist es halt so eine Sache, wenn Leichtmatrosen unterwegs sind.

Die aber mit starken Worten nicht sparen: «Es scheint, als wirke die Neutralität wie ein politisches Narkotikum, auch mehr als ein Jahr danach: Das Aufspüren russischer Oligarchengelder gehen unsere Behörden im Halbschlaf an. Da erstaunt es nicht, dass aus den USA Vorwürfe auf die Schweiz einprasseln, sie finanziere Putins Krieg.»

Dann legt sich Müller wieder in die Kurve, das sein «grösstenteils pure Polemik». Aber eben, bei den nachrichtenlosen Konti sei anfänglich auch unterschätzt worden, welche Bedeutung Kritik aus den USA habe – «was den Ruf der Schweiz beschädigte und den Anfang vom Ende des Bankgeheimnisses markierte».

Richtig wäre allerdings, dass das der erste Anschlag auf die Schweizer Rechtssouveränität war, dem weitere folgten, bis sich der Bundesrat tatsächlich entschloss, US-Gesetze auch in der Schweiz gelten zu lassen. Was damals im Übrigen von ebendiesem Müller scharf kritisiert worden war. Aber seither sind einige 1.-August-Feiern ins Land gegangen.

Aber dieses Geholper soll nur auf die Zielgerade führen; die Bevölkerung sei schon viel weiter «als manche Ideologen in der Politik:Neutralität als Mittel zum Zweck statt als Selbstzweck. Entwickeln wir sie nicht weiter, so wie das seit ihrer Begründung 1815 wiederholt geschah, verliert sie ihre Genialität – und wird zum falschen Zauber.»

Das ist wieder einmal ein Gedankenflug, dem nur schwer zu folgen ist. Neutralität war noch nie Selbstzweck, was sollte das auch sein? Sie solle weiterentwickelt werden? Wieso nicht, kann man darüber diskutieren. Aber einleitend meinte Müller ja, dass es bezüglich des Ukrainekrieg keine Neutralität geben könnte. Hätte die Schweiz auch 1939 diesem Prinzip nachgelebt, wären aber wohl Diskussionen über Neutralität überflüssig; wozu auch in einem durch den Krieg zerstörten Land.

Werde sie nicht weiterentwickelt, offenbar in Richtung partieller Aufgabe, verlöre sie «ihre Genialität», werde gar «zum falschen Zauber». Genial an der Neutralität war und ist allerdings, dass sie beinhaltet, dass sich die Schweiz mit nichts und niemandem gemein macht. Weder mit der guten Sache, noch mit der schlechten. Wenn die gute Sache aber behauptet, wer nicht mit ihr sei, unterstütze die schlechte, dann muss man das aushalten und als machtpolitischen Egoismus durchschauen.

Statt schon wieder auf den falschen Zauber der USA hereinzufallen. Die haben tatsächlich das Schweizer Bankgeheimnis geknackt. Und sind seither noch unbestrittener der sichere Hort für Schwarzgeld, für kriminelle Gelder, betreiben die grössten Geldwaschmaschinen der Welt, in denen Milliarden Drogengelder blütenweiss werden – und pfeifen auf jede Teilnahme an Informationsaustauschsystemen wie den AIA. Im Gegenteil, mit ihrer Datenkrake FATCA zwingen sie alle Finanzhäuser der Welt, mittels der Weltmacht Dollar, alle Informationen herauszurücken, auf die die USA lustig sind. Umgeht gilt allerdings nicht.

Das ist falscher Zauber, nicht das Festhalten an der Schweizer Neutralität. Vielleicht sollte sich Müller doch leichtere Themen für seinen 1.-August-Kommentar aussuchen.

 

Ein Klaps für CH Media

ZACKBUM ist gerecht und kritisiert alle.

Durch das Fehlen eines Leitmediums gerät CH Media immer wieder etwas aus dem laserscharfen Fokus von ZACKBUM. Hoppla, das war ja ein Bild, das die CS verwendete, als sie noch plapperte. Aber item, wie schlägt sich denn der Konzern der Träger von weissen Socken und Lederkrawatten, also der Aargauer, in der CS-Krise? Es geht.

Oberchefredaktor Patrik Müller (der letzte Überlebende des einstigen Triumvirats Dorer, Rutishauser, Müller) kommentiert sehr originell: «Bankenbeben. Zu dieser Katastrophe hätte es nie kommen dürfen.» Kam es aber, was sagst du nun. Seine Wirtschaftschefin Florence Vuichard ergänzt mit dem nächsten Stehsatz-Titel: «Erst scheitern, dann kassieren: Auf das CS-Ende folgt die Boni-Malaise».

Es folgen im «Tagblatt» die «Wandertipps», dann «Essen & Trinken», denn das muss ja auch sein.

Weiter oben berichtet das CH Media-Imperium über die «Rolle der Saudis im CS-Drama». Das hört sich nach einer guten Idee an, bis man liest, dass sie von «watson» stammt. Die Berichterstattung des Listicals-, Katzenvideos- und Blödel-Blatts sieht insgesamt so aus:

Wenn Philipp Löpfe einen Ratschlag gibt, ist man gut beraten, genau das Gegenteil zu tun. «40’000 Jobs auf der Kippe: Panische CS-Banker fluten Personalvermittler», so lautet eine weitere Schlagzeile. Die halten sich offenbar nicht an den Ratschlag von Löpfe. Um auf diese Horror-Zahl zu kommen, zählt «watson» einfach die Stellen der UBS und der CS in der Schweiz zusammen – und rundet schwer auf. Befindet sich also mal wieder im weiteren Streubereich der Wahrheit. Oder eigentlich ausserhalb.

Aber was weiss denn die Praktikantin Lea Oetiker über die Scheichs? Nun, all das, was sie aus meist englischen Quellen brav abschreibt. Dass die Scheichs im Allgemeinen zu den Grossaktionären der CS gehörten, dass die Saudi National Bank bei der letzten Kapitalerhöhung der CS zuschlug und mit knapp 10 Prozent der grösste Aktionär wurde. Und dass deren Präsident den berühmten Ausspruch auf die Frage tätigte, ob er weiter Liquidität einschiessen würde: «Absolut nicht, und zwar aus vielen Gründen, abgesehen vom einfachsten Grund, der regulatorischer und gesetzlicher Natur ist.»

Soweit, so bekannt und gähn. Das nennt man im Journalismus Rehash; man hackt Bekanntes, mixt es neu zusammen und serviert es dem Leser als Aufgewärmtes.

Interessant wäre allerdings gewesen, zu erfahren, warum der Bankenpräsident das sagte. Denn anscheinend machte die gleiche Saudi-Bank in letzter Minute ein 5-Milliarden-Angebot, um die CS zu retten. Das wurde angeblich abgelehnt, weil die Saudis die gleichen Garantien forderten, die die UBS dann bekam.

Spinnt also der Scheich? Keineswegs, denn sein Hinweis auf regulatorische Bestimmungen war natürlich völlig richtig. Beim Überschreiten bestimmter Grenzen sind in der Schweiz bürokratische Formalien zu erledigen, es gibt sogenannte Aktienschwellen, deren Überschreiten Meldepflichten nach sich ziehen. Davon gibt es jede Menge: bei mehr als 3, 5, 10, 15, 20, 25, 33⅓, 50 oder 66⅔ Prozent der Aktien.

Offensichtlich wollte die saudische Bank die Schwelle von 10 Prozent nicht überschreiten, aus welchen Gründen auch immer. Und genauso offensichtlich war sich der Bankpräsident nicht bewusst, in welch wackliger Verfassung sich die Bank bei seiner Aussage befand. Er hatte den Behauptungen der Bank und der Schweizer Behörden vertraut – ein schwerer Fehler heutzutage.

Also hört die Story von «watson», gleich von den anderen Medien von CH Media übernommen, dort auf, wo es eigentlich interessant werden würde. Irgendwie typisch.

Wumms: Arthur Rutishauser

Zugegeben, manchmal ist’s ein Scheissjob.

Die Medienkonzentration in der Schweiz, bei der Weniger und Sparmassnahmen als Mehr und Synergie verkauft wird, hat den Posten des Oberchefredaktors geschaffen.

Denn in den ganzen Kopfblättern, die lediglich noch Regionalberichterstattung betreiben, sitzen nur noch Pro-Forma-Chefredaktoren am Fenster und tun wichtig.

Bei Ringier hat Christian Dorer das letzte Wort über die gesamte «Blick»-Gruppe (also wenn man Marc Walder ausser Acht lässt, aber das wäre ein anderes Thema). Bei CH Media ist’s Patrik Müller (also wenn man den Wanner-Clan ausser Acht lässt, aber das wäre ein anderes Thema). Die NZZ ist sowieso ein anderes Thema, aber da ist Eric Gujer schon ziemlich nahe am God almighty.

Und schliesslich gibt es Arthur Rutishauser, Oberchefredaktor bei Tamedia und Immer-noch-Chefredaktor der «SonntagsZeitung». Der muss nun schauen, wie er aus dem «Magazin»-Schlamassel unbeschadet rauskommt.

Ein Kommunikationsgenie war er noch nie, also tut er mal das, was er kann. Er schreibt über Wirtschaft und Finanzen. Das hört sich dann so an: «Ein Management, das hilflos versucht, Zuversicht zu verbreiten, und sich ansonsten einigelt. Ungläubige Journalistinnen, Analysten und Anleger.»

Schreibt er in einem SoZ-Editorial über die Credit Suisse. Könnte er aber genauso über Tamedia, bzw. die Tx Group schreiben. Schliesslich hat jetzt auch noch der Aktionärsvertreter Ethos angekündigt, möglicherweise dem Big Boss Pietro Supino die Decharge verweigern zu wollen. Peinlich.

Denn auch für die Führungsriege bei Tx gilt: «die Ratlosigkeit ist mit Händen greifbar». Zuerst schweigen, dann dementieren, dann lamentieren, dann abwiegeln und den Fall für ordentlich erledigt erklären. Ansonsten habe man natürlich nichts gewusst, bzw. erst spät.

Das soll alles sein, was ein Medienhaus an Krisenkommunikation hinkriegt? Da ist Feuer im Dach, Und wo es raucht, erhebt sich immer die Frage: wer war das? Dabei ist aber nicht der Brandstifter oder der versagende Feuerwehrmann (Pardon, der Feuerwehrmensch) gemeint. Sondern: wer eignet sich als Sündenbock?

Der Dachstock brennt bereits so lichterloh, dass eigentlich nur vier Personen in Frage kommen. Die beiden Mitglieder der Geschäftsleitung, der Big Boss himself oder Arthur. Man könnte sich nun vom deutschen Neuzuzug trennen, der für den ebenfalls abgängigen Boselli an Bord geholt wurde. Der kann nämlich nicht viel, hat keine grosse Ahnung von der Schweiz und ist bislang mit nichts aufgefallen. Also der Klassiker: er würde eine Lücke hinterlassen, die ihn vollständig ersetzt.

Auf der anderen Seite, neu an Bord, sähe schon blöd aus, wenn der nun die Verantwortung für teils Jahre zurückliegende mögliche Verfehlungen übernehmen müsste. Das andere GL-Mitglied: denkbar, aber nicht direkt zuständig für das Tamedia-Schlamassel. Der Big Boss? Niemals, ausgeschlossen, unmöglich. Der und Verantwortung übernehmen? So weit kommt’s noch.

Also bleibt, nach dem Prinzip Ene, mene, muh, nun ja, tut uns ja Leid: da bleibt eigentlich nur Rutishauser. Denn jemand aus dem Overhead, aus der Administration, Human Resources oder so, das dürfte nicht mehr reichen.

Wir drücken Arthur die Daumen, denn verdient hätte er es nicht. Wir wollen ihn aber ausdrücklich nicht loben, wenn das von ZACKBUM käme, wäre das fatal.

Die WoZ spinnt

Das Gefäss «Die Welt spinnt» ist gestrichen. Das erledigt die WoZ selbst.

Eigentlich sollte man die Lektüre einstellen, wenn ein Artikel so beginnt: «Der Mann ist ein intimer Kenner der SVP, einer aus der parteinahen Presse. «Berset ist die grösste Trophäe!», meint er im Lärm des Zürcher Schützenhauses Albisgüetli.»

Eigentlich sollte man die Lektüre einstellen, wenn dieser Satz auftaucht: «Die WOZ sprach mit Dutzenden Beteiligten und Expert:innen aus Politik, Justiz und Medien.» Die aber leider alle anonym bleiben wollten.

Eigentlich sollte man gar nicht mit der Lektüre beginnen, wenn der Artikel so ausgestattet ist:

Treibjagd? Zu Fall bringen? Niederungen der Zürcher SVP? Schön, dass von Anfang an klargestellt wird, dass hier ergebnisoffen recherchiert wurde.

Selbstverständlich wird auch nicht mit maliziösen Unterstellungen in Frageform gearbeitet: «Der Druck auf Marti ist immens. Endet seine Karriere mit einem komplett verpfuschten Verfahren? Und ist das schon ein Motiv für die Weitergabe von Untersuchungsakten

Auch absurde Forderungen wie die, dass ein Journalist seine Quellen offenlegt, haben im Text der WoZ nichts zu suchen: Patrik «Müller (Oberchefredaktor bei CH Media, Red.), der in allen seinen Texten gegen Berset zielt, will nicht offenlegen, ob er weiss, auf welchem Weg die Dokumente zu ihm gekommen sind, wer dahintersteckt und was das Motiv ist.»

Neu ist auch, dass Müller in «all seinen Texten» gegen Berset ziele, aber wenn’s die WoZ sagt, die in all ihren Texten gegen die SVP zielt …

So nebenbei werden auch noch Hiebe gegen unliebsame Konkurrenz ausgeteilt: «Warum führt er (Untersuchungsrichter Marti, Red.) sein Verfahren so treffsicher in Richtung Lauener, Ringier und Corona? Ein Motiv, das sagen verschiedene Auskunftspersonen, könnte darin bestanden haben, dass Marti eine Art Coronaverschwörung witterte. Er habe bei den Verhören auch aus dem Schwurblerportal «Die Ostschweiz» zitiert».

Schwurblerportal? Abgesehen davon, dass ZACKBUM-Redaktor René Zeyer dort schwurbelt: eine so bösartige Unterstellung aus Corona-Zeiten sollte dann vielleicht schon ein wenig belegt sein, oder nicht, Kollegen von der Wäffel-WoZ.

Wunderbar sind auch immer geschwurbelte Unterstellungen, die sich auf Hörensagen und angebliche persönliche Verbindungen abstützen: «Offen ist auch, ob Marti Getriebener war oder Geschobener, ob er also für seine Ermittlungen Anstösse von aussen erhalten hat. Schliesslich ist er Teil eines Zürcher SVP-Bekanntenkreises, zu dem Alexia Heine gehört, die Präsidentin der Aufsichtsbehörde der Bundesanwaltschaft, ebenso wie Nationalrat Alfred Heer, Mitglied der Geschäftsprüfungskommission.»

Es gab vor vielen Jahren vor allem in Italien die Tradition des Politthrillers, der immer so anfing, dass in Neapel einer tot vom Fahrrad fällt, in Mailand ein Untersuchungsrichter knapp einem Attentat entgeht, und in einem Hinterzimmer üble Gestalten ein Komplott ausbrüten.

Offenbar haben die WoZ-Redaktoren zu viel solcher Filme gesehen: Der Generalsekretär des EDA Markus «Seiler stand wiederholt im Verdacht, Urheber der Leaks gegen Berset zu sein. Tatsächlich gibt es zeitliche Parallelen: Wann immer Seiler unter Druck geriet, gab es ein Leak zu Berset. «Die Luft wird dünn für Seiler», hiess es wegen des Crypto-Untersuchungsberichts am 11. November 2020 im «Tages-Anzeiger». Nur zehn Tage später sprachen alle Medien nur noch von der Erpressungsaffäre gegen Berset».

Zufälle aber auch. Wobei, wenn’s nicht Seiler war, könnte es auch so gewesen sein: «Durchaus denkbar, dass ein SVP-Maulwurf sie weitergab.»

Und wenn sich die WoZ schon im Konjunktiv der Verschwörungstheorien verliert, kann sie auch gleich völlig ins Gebüsch fahren: «Falls die Kampagne gegen Berset in den hohen Berner Regierungssphären oder in den Zürcher SVP-Niederungen ihren Ursprung hätte, käme das einem politischen Skandal gleich.»

«Falls hätte, käme gleich», welch ein Geschwurbel.

Am Schluss setzt die WoZ dann noch ein letztes Glanzlicht. Den Autoren ist nämlich doch noch aufgefallen, dass sie eigentlich die Einzigen sind, die solchen Verschwörungstheorien nachhängen. Das könnte nun, um eine Konjunktiv-Vermutung zu äussern, damit zu tun haben, dass man bei abstrusen Konstrukten immer ziemlich alleine auf weiter Flur steht.

Aber das kann natürlich nicht sein, also gibt es laut WoZ einen schlimmen Verdacht, wieso sich nur die aufrechten und furchtlosen Zwei, das Dream-Team Renato Beck und Kaspar Surber, unter Lebensgefahr an eine solche Recherche wagen: «Die Frage, ob es nicht mindestens so zwingend wäre, die jetzige Kampagne gegen Berset politisch zu untersuchen, hat bisher niemand in Bern offen gestellt. Den Grund, den man im Off hört, ist durchaus beunruhigend: Wir wollen nicht selbst plattgewalzt werden.»

Da sind wir aber beunruhigt und platt. Und hoffen, dass den beiden nichts zustösst, bevor ihnen die Tapferkeitsmedaille für angst- schwindel- und realitätsfreien Journalismus verliehen wird.

Alles Müller ohne was

Patrik Müller ist der Alleinherrscher im Reich CH Media.

Natürlich thront über ihm noch der Wanner-Clan, angeführt vom Patriarchen Peter Wanner. Darunter füllte Pascal Hollenstein die Position des «publizistischen Leiters» aus. Nicht zuletzt wegen seiner Doppelfunktion als Sprachrohr einer Beteiligten am Zuger Sexskandal (ZACKBUM kritisierte das mehrfach) wurde Hollenstein Ende Januar 2022 ziemlich abrupt entfernt: «Über die Gründe der Vertragsauflösung wurde Stillschweigen vereinbart.» Denn auch intern sorgte Hollenstein für rote Köpfe.

Patrik Müller, der mit Hollenstein das Heu überhaupt nicht auf der gleichen Bühne hatte, übernahm interimistisch, die Nachfolge werde später geregelt, hiess es damals.

Nun ist geregelt; Müller muss sich eine extrabreite Visitenkarte drucken lassen. Denn er ist nun, wir holen kurz Luft, Chefredaktor aller CH Media Zeitungen, und das sind jede Menge Kopfblätter. Zudem von deren Onlineportalen. Zudem ist er Chefredaktor des gemeinsamen Mantelteils und der «Schweiz am Wochenende», der zur Sparausgabe geschrumpften ehemaligen Sonntagszeitung des Hauses Wanner. Und schliesslich ist er noch der nicht mehr interimistische publizistische Leiter.

«Neue und klare Struktur», so nennt das der Verwaltungsrat. Machtmonopol für Müller ist’s in der Realität. Die Frühstücks-Chefredaktoren der einzelnen Kopfblätter dürfen sich ausschliesslich noch um das Lokale kümmern, alles andere erledigt Müller. Publizistische Leitlinien und Prinzipien kann er nun mit sich selber besprechen.

Ideal auch: fürs Wirtschaftliche ist er nicht zuständig. Genauso wenig für die versammelten TV- und Radiostationen. Dafür, dass mehr Kohle reinkommt als rausgeht, ist der Wanner-Clan verantwortlich. Mit 47 Jahren hat «alles Müller» den Zenith der Macht erklommen. Von hier aus kann’s eigentlich nur noch in die Geschäftsleitung, den Verwaltungsrat – oder zu einem Kommandoposten bei der Konkurrenz gehen.

Falsches Pathos

Ganz schlimm wird es, wenn sich minderbemittelte Schreibkräfte um Pathos bemühen.

«Man mag verzweifeln ob Wladimir Putin und der Grausamkeit der Welt. Man muss aber nicht. Hoffnung gibt es auch in dieser dunklen Stunde der Menschheit.»

Philipp Loser, der Superstar der schräg-dunklen Formulierungen.

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Daniel Schneebeli spricht auch bei Tamedia ein wahres Wort in eigener Sache gelassen aus: «So verlangt die SVP zum Beispiel Sprachkenntnisse, die auch ein grosser Teil der Schweizerinnen und Schweizer nicht erfüllen.» Daher sollte man die Beherrschung der deutschen Sprache, an der auch gestandene Journalisten scheitern, bei Einbürgerungen nicht zur Voraussetzung machen. Denn Ausländer «sorgen hier für Wohlstand, sind vielen Schweizerinnen und Schweizern zu Freunden geworden. Mit ihnen wollen wir keine Spielchen treiben.»

Also, Spielen mit Ausländern verboten, meint Sprachkenner Schneebeli.

Auch «Blick»-Oberchefredaktor und Busfahrer Christian Dorer weiss, wie man in die Harfe greift. Soll der Staat helfen? Schliesslich sei genug Flüssiges vorhanden, bei den Kantonen und dem Bund: «Dieses Geld könnten sie für Inflationshilfe einsetzen – gezielt für jene, die es brauchen. Alle anderen sollten sich bewusst werden: Freiheit, Demokratie und Frieden haben ihren Preis. Und der wird gerade etwas höher.»

Wer es braucht, muss den Preis für Freiheit, Demokratie und Frieden nicht zahlen, weil der gestiegen ist. Also tanken für den Frieden. Heizen für die Freiheit. Kochen für die Demokratie. Gezielt geholfen oder reich genug, um diese Preise selbst zahlen zu können.

Pascal Tischhauser, stellvertretender «Blick»-Politikchef, verliert sich hingegen in eher dunklem Geraune: «Wie ernst es der Schweiz mit eigenen Sanktionen ist, zeigt sich erst dann, wenn – hoffentlich nie mehr – wieder ein Staat einen anderen überfällt. Dann aber kann sich die Regierung kein Zaudern mehr erlauben.»

Also, der Ernst zeige sich dann, wenn wieder ein Staat einen anderen überfällt. Was aber nie mehr geschehen sollte. Womit es dann nicht ernst wäre. Auf jeden Fall dürfte dann nicht gezaudert werden. Oder so, oder ganz anders.

Auch Patrik Müller, der Oberchefredaktor bei CH Media, versucht sich am hohen C: «Dank Bidens Brillanz gibt es berechtigte Hoffnung, dass die Ukraine gewinnen wird – und mit ihr die Freiheit und Demokratie.»

Denn: «Historiker vergleichen Joe Biden bereits mit Harry Truman, dem US-Präsidenten von 1945 bis 1953, der die Friedensordnung nach dem Zweiten Weltkrieg massgeblich prägte

Alt, senil und vertrottelt? Gar nicht, schwärmt Müller: «Es zeigt sich nun, wie wertvoll jahrzehntelange Führungserfahrung und auch ein hohes Lebensalter in Krisen von epochaler Dimension sein können.»

Da passt natürlich ein Hinweis auf die persönliche Krise Bidens mit der Ukraine weniger ins Heldeneopos. Dass der vor ein paar Jahren ultimativ verlangte, dass ein ukrainischer Staatsanwalt («that son of a bitch») umgehend gefeuert werde – weil der krummen Geschäften seines Sohnes Hunter Biden auf den Spuren war. Der drogenabhängige und sexsüchtige Tunichtgut hat zu allem Übel vertrottelt sein Laptop zum Reparieren gegeben – und vergessen, abzuholen. Worauf nun genüsslich der kompromittierende Inhalt an die Öffentlichkeit verklickert wird.

Ob dagegen ein genauso korrupter «US-Präsident Trump ein Horrorszenario» wäre, wie Müller meint?

In der NZZ tritt Ulrich Speck in grosse Fussstapfen. Er darf stellvertretend für Eric Gujer dessen Lieblingsgefäss «Der andere Blick» bespielen. Daher bemüht sich Speck um den richtig georgelten, staatsmännischen Ton: «Die SPD muss sich daher fragen lassen, inwieweit sie sich unwillentlich zum Handlanger des Machterhalts eines autokratischen Regimes hat machen lassen, das jetzt mit einem Angriffs- und Eroberungskrieg die europäische Friedensordnung attackiert.»

Ja, das muss sich die SPD fragen lassen, wird aber nicht antworten. Dabei sind die Folgen besorgniserregend: «Diese Erbschaft macht es der SPD äusserst schwer, heute als zentrale Regierungspartei eine neue Russlandpolitik auf die Beine zu stellen. Doch nur wenn die Fehler der Vergangenheit eingesehen werden, können die richtigen Lehren daraus gezogen werden – was wiederum nötig ist, um der Führungsverantwortung der Partei, die den Kanzler stellt, gerecht zu werden. Inmitten einer internationalen Krise, in der es auf Deutschland ankommt wie selten zuvor

Aus Fehlern lernen, Führungsverantwortung, internationale Krise, auf Deutschland kommt es an wie selten. Keine Worthülse, die Speck auslässt, um seinen Kommentar so ernsthaft wie gleichzeitig lächerlich ausklingen zulassen.

Bei pathetisch Geschwurbeltem darf natürlich der Champion aller Klassen des sprachlich Geholperten und inhaltlich Verstolperten nicht fehlen. Genau, Daniel Binswanger liefert das Absackerchen heute.

Er kümmert sich auch mal wieder um die grossen Linien, also um die Ukraine, Atomkrieg und das Schreiben von deutschen Intellektuellen an Kanzler Scholz, das bislang von mehr als 230’000 Bürgern (darunter auch der Autor dieser Zeilen) unterschrieben wurde. Obwohl:  Der Brief «strotzt nur so von absurden Verkürzungen und Einseitigkeiten». Zum Beispiel? «Die Forderung, den Atomkrieg zu vermeiden, wird weiss Gott niemand infrage stellen. Doch daraus für die Ukrainer eine Art Verpflichtung zur Kapitulation abzuleiten, ist argumentativ absurd und moralisch beschämend.»

Auch für Binswanger gilt leider, dass der Dreisprung «lesen, verstehen, kommentieren» nur selten gelingt. Aber immerhin, Jürgen Habermas findet Gnade vor dem strengen Auge des Kritikasters Binswanger: «Habermas benennt das «Dilemma», mit dem der Westen umgehen muss, sehr adäquat.» Ein Dilemma adäquat benennen? Vielleicht sollte es Binswanger mit weniger Fremdwörtern versuchen.

Aber immerhin, am Ende seiner endlosen 10’000 Anschläge gibt er dann klar den adäquaten Tarif durch: «Verhandlungen werden erst zielführend sein, wenn auch für Russland die Kosten zu hoch werden. Deshalb sind Lieferungen von schweren Waffen an die Ukraine das dringende Gebot der Stunde. Alles andere ist zu riskant.»

Lieber einen Atomkrieg riskieren als Appeasement. Was für ein verantwortungsloser Schwätzer.

Tamedia und CH Media: Fusion!

Eine kurzfristig anberaumte PK mit vier Teilnehmern.

Das ist eine faustdicke Überraschung. Mit ultrakurzer Frist luden heute Morgen Tamedia und CH Media zu einer Pressekonferenz per Videocall. Weil die falschen Zugangsdaten verschickt wurden, gelang es nur wenigen Medien, darunter ZACKBUM, teilzunehmen. Obwohl eine Sperrfrist bis 8 Uhr verhängt wurde, setzen wir uns im Stile von publizistischen Leitern darüber hinweg.

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Im geviertelten Bildschirm sah man Peter Wanner und Patrik Müller von CH Media. Dazu Pietro Supino und Arthur Rutishauser als Vertreter von Tamedia.

Die Vier von der Geldtankstelle.

Wanner, Alter vor Schönheit, wie er launig bemerkte, eröffnete die Veranstaltung und liess sofort die Katze aus dem Sack.

«Angesichts eines anhaltend herausfordernden Umfelds haben Tamedia und CH Media beschlossen, unsere Printaktivitäten im Bereich Tageszeitungen zu bündeln.»

Supino übernahm und führte aus, dass ein Gewinn von über 800 Millionen Franken und eine Sonderdividende in der TX Group nur dann nachhaltig garantiert werden könne, wenn in der Business Unit Tamedia die Verluste gekürzt und die Gewinne verlängert würden. Das sei aber nicht weiter durch Sparmassnahmen realisierbar.

«Wir versprechen uns davon eine deutliche Qualitätssteigerung des Angebots», fügte Rutishauser, Oberchefredaktor Tamedia, hinzu. «Wir bringen das Korrespondentennetz und das Know-how der «Süddeutschen Zeitung» ein, ausserdem wird nun «Das Magazin» auch sämtlichen Printtiteln von CH Media beigelegt.»

Supino erläuterte, dass natürlich «TX Markets», «Goldbach» und «20 Minuten» nicht fusioniert werden. «Bei uns bleibt «watson» ausserhalb der Fusion», ergänzte Müller; «unsere TV- und Radiostationen werden wir ebenfalls in Eigenregie weiterbetreiben».

«Leider wird diese Fusion nicht ohne die Freistellung einiger Mitarbeiter genügend Synergien schaffen», sagte dann Supino routiniert. «Es ist eine lineare Kürzung von 25 Prozent auf allen Hierarchiestufen vorgesehen.»

«Das neue Unternehmen wird logischerweise CH Tamedia heissen», erwähnte Wanner; «mein Freund Pietro und ich werden uns das Präsidium des VR teilen, die Geschäftsleitung werden Arthur und Patrik gemeinsam bespielen. Mittelfristig ist hier vorgesehen, dass es dann nur einen CEO geben kann und wird. Möge der Bessere gewinnen.»

Dann setzten die Vier noch einen Akzent zum Schluss, der nicht bei allen Zuschauern gleichgut ankam. Supino schnippte mit den Fingern und sagte leise an «eins, zwei, drei.» Darauf riefen alle im Chor:

«Wir sind CH Tamedia. Wir bleiben dran. Wir finden’s raus. Stoppt den Krieg in der Ukraine.»

Vermisst!

Wo ist Pascal Hollenstein, die redaktionelle Leiter nach unten?

Gerne machte er den Lautsprecher und Boten für Jolanda Spiess-Hegglin. Dabei hielt er sich nicht mal an gerichtliche Sperrfristen, um der Erste zu sein. Kein Anlass zu niedrig, um seiner Vorbildfunktion bei CH Media nachzuleben: schaut, Mitarbeiter, so sollte man das nicht machen.

ZACKBUM musste sich schon mehrfach mit dieser Schande des Journalismus befassen. Der auch sonst gerne auf allen Gebieten dilettiert. Als staatstragender Kommentator, als aufrechter Genderspezialist.

Aber als es seiner Schutzbefohlenen Spiess-Hegglin dreckig ging, ihr wegen unangemessenem Verhalten und Nichterfüllen von Auflagen Staatssubventionen gestrichen wurden: wo war Pascal Hollenstein? Man hörte kein Wort von ihm. Kein Wort des Bedauerns, der Verteidigung. Wegducken, tiefes Schweigen.

Noch Anfang Oktober hatte sich Hollenstein zum gewichtigen Thema «Gendergerechte Sprache: so macht es CH Media» geäussert. Und eine Lanze für korrekten Umgang mit Leserinnen gebrochen:

«Der generische Maskulin ist zwar praktisch, denn er ist kurz. Aber er taugt nicht mehr zur Beschreibung einer Welt, in der Frauen einen gleichberechtigten Platz einnehmen sollten. Er ist oft unpräzise. Und vor allem: Er stösst viele Leserinnen unnötig vor den Kopf.»

Einleitend definierte Hollenstein, wie die journalistische Sprache zu sein habe: «Präzise, verständlich und elegant sollten die Formulierungen sein.» Das wäre das Ziel, die Verwendung der richtigen Formulierung «das generische Maskulinum» wäre ein Schritt in diese Richtung.

Was macht Hollenstein den lieben, langen Tag?

Dann fiel Hollenstein noch bei einer Podiumsdiuskussion zum Mediengesetz, also zur umstrittenen Ausschüttung von einer Milliarde Steuerfranken an Medienclans, mit solchen Plattitüden auf: «Medien wird es immer geben, auch Journalisten und unabhängigen Journalismus.»

Aber sonst? Wo ist die «Leiter Publizistik» bei CH Media? Der zweitwichtigste Mann nach Clan-Chef Peter Wanner? Unter dessen Leitung Oberchefredaktor Patrik Müller arbeitet? Der Mann verdient doch ein Heidengeld, in dieser Position. Was tut er eigentlich in den letzten Monaten dafür?

Nicht, dass der Qualitätsjournalismus ohne ihn ärmer geworden wäre. Es mag sogar Leser geben, die es als Erleichterung empfinden, dass er verstummt ist. Die Sendepause gibt. Uns mit neuen Erkenntnissen von und über die hässige Chefin einer Organisation gegen Hass und Hetze verschont.

Oder leidet er unter Schreibstau? Ein Mann ohne Mission? Burn-out gar? Spielt Corona eine Rolle? Müssen wir uns Sorgen machen?

In den USA werden Milchtüten dafür verwendet, Fotos von vermissten Personen unter die Leute zu bringen. Vielleicht wäre es an der Zeit, diesen Brauch auch in der Schweiz einzuführen.

Schliesslich hatte sich Hollenstein mit viel Mühe und Schweiss einen festen Platz im Personal von ZACKBUM erobert. Und wir kümmern uns um unsere Leute.

 

Darf man das?

Korrekt ist, wenn’s gegen die Unkorrekten geht. Auch unkorrekt.

Darf man Andrea Stauffacher (71), lebenslängliche Revolutionärin, «Krawall-Grosi» nennen? Das Blatt mit dem Regenrohr im Titel meint: ja.

«Es ist zwar überzogen, wenn die FPÖ zetert: «Österreich ist ab heute eine Diktatur!», aber immerhin weniger absurd, als wenn die SVP in der Schweiz davon schwafelt.» Patrik Müller von CH Media im Einsatz gegen Schwafler. Nur: schwafelt die SVP von Diktatur? Mit Ueli Maurer als Mitdiktator?

Ist die Weste des Knaben blutrot?

Die Leihgabe der Bührle Stiftung habe «sich nicht nur zum grössten PR-Desaster des Kunsthauses entwickelt, sondern erweist sich in Anbetracht der heftigen Gegenwehr von Historikerinnen und Kunsthistorikern auch als kolossaler strategischer Fehler. Die Verantwortung dafür tragen sowohl die Stadt- und Kantonsregierung, also Corine Mauch und Jacqueline Fehr, als auch der Direktor des Kunsthauses Christoph Becker und der inzwischen zurückgetretene Präsident der Kunstgesellschaft Walter Kielholz».

Darf man so auf die mitgefeierte Eröffnung des Neubaus eindreschen, wobei gleich noch das hier nachgeschoben werden musste: «Korrektur: Im obigen Beitrag wurde ausgeführt …» Will Tamedia, dass die wohl bedeutendste Sammlung impressionistischer Kunst den gleichen Weg geht wie diejenige des Schweizers Thyssen-Bornemiza, an der sich Madrid erfreut?

Darf man ausserhalb einer Skipiste dermassen Slalom fahren, wie es die NZZ tut? «Die Leihgabe der Stiftung Bührle ans Kunsthaus ist eben nicht nur ein Geschenk, sondern auch eine Verpflichtung. Für beide Seiten.» Das ist wohl wahr, aber kann man gleichzeitig bestätigen, dass Leihverträge vertraulich sind, hier aber Transparenz fordern? Nur dem Glauben schenken, was man schwarz auf weiss sehe, aber Behauptungen der «Republik» kolportieren, die noch nie selbstrecherchierte Vorwürfe erhob, die auch Bestand hatten?

Kann es sein, dass CH Media einen Artikel von Florian Schmidt-Gabain veröffentlicht und immerhin erklärt, dass der Anwalt mit seiner Kandidatur für das Präsidium des Kunsthauses scheiterte. Aber der darf unwidersprochen die alte Story eines Bildverkaufs von Max Emden an Bührle aufwärmen. Obwohl der Anwalt die Position der Bührle Stiftung kennen muss:

«Die Stiftung hat der Familie Emden 2012 die Ergebnisse ihrer Nachforschungen bei einem Gespräch in Zürich präsentiert und sie um eine Stellungnahme ersucht. Die ist bis heute nicht eingetroffen

Darf man das dem Leser vorenthalten?

Bibber, schlotter

Könnte das Undenkbare passieren? Ein Referendum angenommen werden? Jaul.

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Zuerst war Geschimpfe gegen Covid-Leugner, Massnahmen-Skeptiker und andere Idioten. Antidemokraten wie der SoZ-Politchef Denis von Burg forderten beherztes Durchgreifen und Zwangsmassnahmen gegen Impfverweigerer, diese fahrlässigen Gesellen.

Dann gab’s Geheul, als ein Harvard-Professor mit grösserem wissenschaftlichen Aufwand belegte, dass es keine signifikante Korrelation zwischen Anzahl Geimpfter und Neuinfektionen gibt. Also viele Geimpfte bedeutet überhaupt nicht wenig Neuansteckungen.

Aber inzwischen werden die Kommentatoren etwas bleich um die Nasenspitze. Könnte es denn etwa sein, dass das Referendum gegen das Covid-Gesetz am 28. November angenommen wird?

Patrik Müller, Oberchefredaktor bei CH Media, macht sich ernsthaft Sorgen:

«Zertifikats-Befürworter unterschätzen den Widerstand: Wenn sie nicht aufwachen, droht ein Volks-Nein»

«Weckruf, in Sicherheit wiegen, Wirtschaftsverbände schlafen weiter», Müllers Blick ist düster umwölkt. Denn: «Die Demonstration am Samstag in Bern war grösser als vermutet, und es marschierten nicht nur Trychler und die erwartbaren Skeptikergruppen mit, sondern auch Linke.»

«Erwartbare Skeptikergruppen», was für eine gewundene Umschreibung von «übliche Idioten». Sollten sich hier wohl wieder rechte und linke Fäuste vereinen und die von der SRG gemessene Zustimmung von über 60 Prozent zum Gesetz kurz und klein schlagen?

Über diese Seufzerbrücke musst du gehen.

Mit liberaler Gelassenheits sieht’s (noch) die NZZ: «Pflegeinitiative und Covid-19-Gesetz sind auf Ja-Kurs». Allerdings erteilt das Forumsblatt auch einem Professor für öffentliches Recht an der Uni Zürich als Gastkommentator das Wort:

Verfassungswidriges Vorhaben: starker Tobak vom Professor.

Aber eigentlich schlottert die Medienbranche aus einem ganz anderen Grund. Es gibt da noch ein zweites Referendum, das ihr viel mehr Kopfschmerzen verursacht als die Möglichkeit, dass das Covid-Gesetz bachab geschickt wird. Ausser für ein paar Corona-Kreischen ist das eigentlich nicht so das Thema. Denn auch die Medien verfolgen hier das Geschehen eher schlapp. Hoffen natürlich auf einen Inserateschub durch zahlungskräftige Befürworter des Gesetzes. Das ist der tiefere Grund fürs Gejammer.

Zur Sache geht es beim Referendum gegen die Steuermilliarde für Medienclans

Aber das Halszäpfchen beim Jammern sieht man, wenn’s um das Referendum gegen die zusätzliche Steuermilliarde für reiche Verlegerclans geht. Auch da sieht Müller inzwischen dunkelgrau:

««Jetzt haben wir den Salat»: Alle bürgerlichen Parteichefs bekämpfen das Mediengesetz»

Hoppla. Auch hier ist die Lage parteipolitisch unübersichtlich: «Ausgerechnet SP-Co-Präsident Cédric Wermuth, der die privaten Verlage gern kritisiert, weibelt für ein Ja. Kann das gutgehen?»

Nun, wenn Wermuth weibelt, geht’s meistens nicht gut, das weiss auch Müller. Er setzt mal auf Pfeifen im Wald, gegen die Angst: «Die Verleger sagen, sie würden an ein Volks-Ja glauben.»

Das Problem der Befürworter, muss Müller einräumen, ist ein gravierendes: «In der Sendung «Medientalk» von Radio SRF warben Andrea Fopp von Bajour.ch, Urs P. Gasche von Infosperber.ch und Beat Glogger von Higgs.ch für das Medienpaket, nicht ohne wiederholt zu betonen, dass sie sich daran stören, dass die grossen Verlage am meisten Geld erhalten würden, «die dann wie Supino auch noch Dividenden ausschüttet», wie Fopp sagte. Auch sie sprach von Wesen eines Kompromisses und «vielen Nachteilen»».

Publizisten im Sold von Multimillionären wäffeln gegen Multimillionäre

Damit aber nicht genug. Tiefflieger wie Hansi Voigt sind auch für die Medienmilliarde; er beschimpfte die Gegner schon mal als «Freund:innen des Faschismus». Um dann zurückzurudern, er sei absichtlich missverstanden worden, er habe nicht alle gemeint, dann löschte er vorsichtshalber seine Rüpelei. Wer solche Kampfgefährten hat, braucht eigentlich keine Feinde.

In der gleichen Flughöhe bewegt sich Andrea Fopp von «bajour.ch»: «Wenn wir aus diesen Gründen Nein sagen, dann haben wir am Ende gar keine Lokalmedien mehr. Oder nur noch solche, die von irgendwelchen Milliardären bezahlt werden.»

Genau wie bei den 50 Nasen der «Republik» ist das Problem, dass sich Fopp selbst von einer Milliardärin aushalten lässt. Beim Rettungsblatt der Demokratie handelt es sich immerhin nur um Mulitmillionäre, das ist dann was anderes.

Schwache Befürworter, starke Gegner

Das Mediengesetz hat also eine ganze Phalanx von Gegnern. Einen bedeutenden Teil der Bevölkerung, der nicht einsieht, wieso man Versäumnisse der Medienhäuser, die lieber ihre Eigentümer mit Geld zuschütteten, als dringend nötige Investitionen in Digitalisierung und Content zu machen, nun mit Steuergeldern diese «Transformation» schenken soll.

Alle, die das Todeslied über Lokalmedien singen, sollten die nicht Staatsknete kriegen, singen dran vorbei, dass – genau deshalb nicht genau ausgewiesen – wohl über 70 Prozent in den Taschen der grossen Drei landen würden; für Lokalblättchen blieben dann nur noch Krumen übrig.

Inzwischen sind sämtliche bürgerlichen Parteien – aus durchaus unterschiedlichen Gründen – gegen das Gesetz, dem sie zuvor zustimmten.

Schliesslich hat die Medienmilliarde eine ganze Reihe von Befürwortern, die sich die Gegner nicht schöner schnitzen oder wünschen könnten. Vehemente Kritiker von Monopolmedien wie Wermuth werden plötzlich zu deren besten Freunden; Vollpfosten krähen gegen die angebliche Finanzierung von Lokalblättern durch – natürlich rechte –Milliardäre. Damit meinen sie immer nur einen, den Gottseibeiuns aus Herrliberg.

Richtig putzig wird das, wenn diese Schreihälse selber vom Portemonnaie von reichen Mäzenen leben. Der Gipfel an Blödheit ist wohl hier erreicht:

«Rechtspopulisten und ihre Financiers greifen nach der politischen Macht. Nicht nur in den USA, wo Trump und Foxnews die Demokratie fast zum Einsturz gebracht haben. Auch in der Schweiz geben vermögende Freunde des Populismus inzwischen verschiedentlich Medien heraus, die aber grösstenteils gar nicht erst versuchen, nach journalistischen Kriterien zu berichten.»

Das ist allerdings sehr wahr, wenn man sich «bajour», «Republik», «Saiten», «Megafon» und Konsorten anschaut, die – gesponsort von Multimillionären oder nicht – nur gelegentlich versuchen, journalistischen Kriterien zu genügen – wie beispielsweise einem Angepinkelten Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

Der Stimmbürger ist vielleicht nicht der Hellste, aber …

Was all diese Tiefflieger übersehen: Die Bevölkerung ist vielleicht nicht die Hellste und auch nicht bis ins Detail über Medienförderung informiert. Aber solche Dummheiten lösen immer den gleichen Reflex aus: die Antwort ist nein. Was war schon wieder die Frage?

Voigt läuft ausser Konkurrenz, aber wie SP-Co-Chef Wermuth seinen Genossen erklären will, dass er plötzlich für milde Gaben Richtung Coninx-Supino, Wanner und Ringier ist, damit die genügend Sprit für Privatjets, Yachten und Wagenflotten haben, wir sind gespannt.

Wieso Steuergelder in Konzerne geschüttet werden sollen, die trotz Riesengejammer auch in Coronazeiten nette operative Gewinne machten? Wieso die schon gesprochenen Sondersubventionen nicht ausreichen? Wieso staatsabhängige Medien staatskritisch bleiben könnten? Alles Fragen ohne gute Anworten.