Schlagwortarchiv für: Cédric Wermuth

Die WeWo hat zwei Probleme

Das eine heisst Tom Kummer.

Wenn der Cédric Wermuth porträtiert, weiss man nie, was sich tatsächlich so abgespielt hat und was erfunden ist. Also überblättert man die drei Seiten lieber.

Das zweite Problem heisst Roger Köppel. Nein, so kann man das nicht formulieren. Denn es gibt ja viele Köppels in der «Weltwoche». Genau das ist das Problem. Es gibt den Editorial-Schreiber. Den Chefredaktor. Den Verleger. Den Besitzer. Den SVP-Nationalrat. Den Energiebolzen. Und den Interviewer.

Das ist vielleicht der schlimmste Köppel. Denn er findet kein Ende. Diesmal ist er beeindruckt vom deutschen Alt-Philosophen Hermann Lübbe. Dem muss man lassen, dass er für seine 95 Jahre noch ziemlich kregel ist. In dieser Ausgabe scheint es Köppel überhaupt die Philosophie angetan zu haben. In seinem Editorial schwärmt er für den Schwulstschwätzer aus dem Schwarzwald, über den Nazi-Anhänger Martin Heidegger, vor dessen Holzhütte sich Köppel ehrfurchtsvoll begeben hat. Heidegger sei nach dem Krieg «fast wieder rehabilitiert» gewesen, habe ganze Generationen von Denkern und Dichtern beeinflusst.

Das wüsste man aber, wenn das so gewesen wäre. Wer gerne über Krampfbegriffe wie «Gestell» nachsinnieren möchte, bitte.

Aber das ist (glücklicherweise) nur ein Teil seines einseitigen Editorials. Sagenhafte 12 Seiten, immerhin mit Bildanteil, verwendet Köppel aber auf sein Interview mit Lübbe. Auch der war, allerdings erst ab 1944, Mitglied der NSDAP. Später fiel er durch seine Polemik gegen die deutsche Studentenbewegung auf, seit vielen Jahren eigentlich durch nichts mehr.

Nun, wie soll man den Inhalt, den Gehalt von 12 Seiten zusammenfassen? Was soll man zu über 60’000 Anschlägen sagen? Nun, es gibt gewisse Längen. Und Peinlichkeiten:

«Man könnte Ihren Gedanken weiterspinnen und sagen: Je ausgeprägter der Zivilisationsprozess, diese Verflechtung ist, desto leichtfertiger leistet sich der Mensch Feindbilder, weil er weiss, dass er letzten Endes sicher ist. Man wird vielleicht etwas leichtsinniger, auch mit der Sprache. Das ist für den Aufmerksamkeitsgewinn gut, aber man macht es letztlich nur, weil man sich sicher ist, dass die Welt nicht einstürzt.
Lübbe: Ja, besser hätte ich es nicht sagen können. Das halte ich für richtig. Natürlich, die Intellektuellen-Rolle ist eine Rolle für sich.»

Häufig beschränkt sich Lübbe auch auf ein knappes «so ist es», nachdem Köppel seine Frage gestellt hat. Manchmal leistet er auch hinhaltenden Widerstand bei der Beantwortung:

«Wie gross ist die Gefahr, dass bei den sendungsbewussten Amerikanern das Gute ins Böse überschiesst – zum Beispiel jetzt, im Krieg gegen Russland?
Lübbe: Das ist eine sehr harte Frage, und ich zögere, sie ebenso sicher zu beantworten, wie sie von Ihnen gestellt worden ist.
Weltwoche: Es ist ja einfacher, eine Frage zu stellen, als sie zu beantworten.
Lübbe: Ja. Nichtsdestoweniger würde ich, in der Zuversicht, zu der ich nicht gefühlsmässig neige, sondern für die ich Gründe zu sehen glaube, sagen, auch die amerikanische Zivilisation neigt doch im Vergleich zur europäischen eher zum Realismus.»

Aber eigentlich begegnen sich hier zwei Denker auf Augenhöhe, wie Lübbe immer wieder feststellt: «Richtig. … Richtig … Ja, so sehe ich das auch … Exakt … Die Frage ist anspruchsvoll … Ich stimme zu … Genauso war es … Damit bin ich voll einverstanden

An nicht wenigen Stellen sehnt man sich einen Redaktor herbei, der den Mut gehabt hätte, diese und viele andere Stellen zu streichen:

«Weltwoche: Vereinigte Staaten von Europa. Das wird’s nicht geben.
Lübbe: Das wird es nicht geben. Das habe ich auch geschrieben.
Weltwoche: Genau. Den europäischen Superstaat wird es nicht geben.
Lübbe: Ja, das meine ich.»

Ein nicht mehr ganz junger Herr liefert einem ziemlich alten Herrn die Stichworte, damit der sich entweder auf ein knappes «Richtig» beschränken kann oder ohne kritisches Hinterfragen befürchten zu müssen diese oder jene Lebensweisheit von sich geben darf.

Man weiss es nicht, aber vielleicht wäre das Interview um 50 Prozent gekürzt interessant geworden. Vielleicht auch um 75 Prozent gekürzt. Oder aber, ein radikaler Seinsvorschlag im Heideggerschen Sinn: vielleicht wäre ein Kürzung um 100 Prozent sinnvoll gewesen, damit ein Ge-Stell daraus geworden wäre  …

 

Was wollten Sie immer schon sagen?

CH Media rollt für Cédric Wermuth den roten Sprachteppich aus.

Der Co-Präsident der SP Schweiz und Mitglied des Hobbyflieger-Clubs der Sozialdemokraten hat ein Problem. Trotz seines zarten Altes von 36 Jahren sitzt Wermuth bald einmal seit 12 Jahren im Nationalrat. Um Sesselkleber zu verhindern, hat seine Partei eine Amtszeitbegrenzung beschlossen. Aber es wäre keine sozialdemokratische Position, wenn sie nicht ein «im Prinzip, aber …» enthalten würde.

Im Prinzip ist Wermuth, wie auch der andere Vielschwätzer Fabian Molina, wie wohl auch deren Bundesrat Alain Berset, gegen unnötige Fliegerei. Aber so im Privaten oder für einen schnellen Besuch bei Genosse Scholz in Berlin …

Auf jeden Fall muss sich Wermuth nun einer Abstimmung der Delegierten der SP Aargau stellen, wo er eine Zweidrittelmehrheit braucht, um den Nordmann machen zu können. Also nochmal vier Jahre dranhängen, sollte er wiedergewählt werden. Das ist für ihn ziemlich existenziell, denn der Familienvater und Zeuger zweier Kinder hat sonst nicht viel gelernt im Leben, ausser Politik.

2005 machte er an der Kantonsschule Wohlen die Matur, zehn Jahre später wurde er «lic. phil./MA in Politikwissenschaft, Wirtschafts- und Sozialgeschichte und Philosophie an den Universitäten Zürich und Bern.» Jobmässig ist’s eine typische Funktionärskarriere. Zentralsekretär Juso Bern, Mitarbeiter eines SP-Parlamentariers, «Mitarbeiter Kampagnen und Kommunikation», «Beratung Kommunikation und Strategie», Juso-Präsident Schweiz, Vize-Parteipräsident, Co-Parteipräsident.

Sollte er seine Einkommensquelle Nationalrat verlieren, wäre er wohl ein Fall fürs RAV. Aber so weit will er es nicht kommen lassen, also frisst er in CH Media öffentlich Kreide. Dabei hilft ihm Rolf Cavalli mit Fragen nach dem Muster: dazu wollten Sie doch immer schon etwas sagen.

Wie steht es denn nun mit dieser Amtszeitbegrenzung? «Gut, dass wir das klären können – denn es ist eigentlich nicht so kompliziert: Nach 12 Jahren braucht man 2/3 der Stimmen, um nochmals antreten zu können.»

Ach so, das hat also Tradition bei den Genossen: «Es ist kein Zufall, dass die grossen Figuren in der Sozialdemokratie lange Amtszeiten haben: Helmut Hubacher war 34 Jahre im Parlament, Susanne Leutenegger Oberholzer auch 30 Jahre. 80 Prozent der Politik ist Erfahrung.»

Und welche Auswirkungen hat dann diese Erfahrung, diese zunehmende Reife, wie war Wermuth früher?

«Ich war wie die meisten jungen Männer: oft arrogant, oft ein Macho. Ich habe viele Menschen mit dieser Art auch brüskiert und verletzt, gerade auch Frauen. Das sehe ich heute klarer.»

Das ist mal eine Selbstkritik, wie man sie auch im Sozialismus nicht besser hinkriegte. War denn der Anfänger Wermuth gar überfordert? «Ja, und ich war ungeduldig. Es ging mir alles zu langsam. Ich fragte mich: Was soll ich da? Aber ich kam zum Schluss: Nein, du kannst nicht nach nur einer Legislatur wieder aufhören. Ich habe mich dann in die Details der Arbeit in der Finanzkommission reingekniet. Da habe ich enorm viel gelernt.»

Wermuth weiss, warum er sich als geläuterten Macho outet. Denn was naheliegend wäre, sich Cavalli aber nicht zu fragen traute: da gab es doch die hässlich Episode, als Frauenversteher und Feminist Wermuth 2019 den Ständeratssitz von Pascale Bruderer erobern wollte – und sich damit gegen die Mitbewerberin Yvonne Feri stellte. Da eierte er dann wirklich belustigend herum: «Ich greife keine Frau an, wir beide bieten der Partei eine Auswahl.» – «Was mich an der aktuellen Debatte stört, ist, dass nur noch die biologische Frage interessiert.» Und nach dem Sieg über seine Konkurrentin:«Ich muss jetzt beweisen, dass ich feministische Themen im Wahlkampf einbringen kann.»

Was sagt der reifere, erfahrenere Wermuth zu Kritikern, die ihm vorwerfen einfach eine grosse Klappe zu haben und noch nie etwas Anständiges gearbeitet? «Ich bin glücklicher Vater zweier Töchter und bis zur Wahl als SP-Co-Präsident habe ich neben dem Mandat als Nationalrat auch in anderen Jobs gearbeitet. Mit 36 vertrete ich heute einen Teil der Bevölkerung, der im Parlament sonst kaum noch abgebildet wird: eine junge Familie, die in einer normalen Wohnung in einem Block in einer Schweizer Kleinstadt wohnt.»

Also der nette Nachbar von nebenan, Familienvater, Blockbewohner, trägt sicher den Abfall selber runter, nachdem er beim Abwasch geholfen hat. Natürlich nur dann, wenn ihn seine zahlreichen Ämter und Ämtchen dafür Zeit lassen. Denn das läppert sich:

 – Mitgründer und Co-Präsident des Komitees «Bahnanschluss Mittelland»
– Organisationskomitee «Fest der Solidarität» im Arbeiterstrandbad Tennwil
– Stiftungsrat Arbeiterstrandbad Tennwil
– Stiftungsrat Solifonds für die SP Schweiz
– Vorstand des Unterstützungsvereins der «Archive der Aargauer Arbeiterbewegung»
– Siedlungskomitee der Wohnbaugenossenschaft Trilogie, Zofingen
– Co-Präsident der Parlamentarischen Gruppen Schweiz-Kosovo (mit Nationalrätin Doris Fiala, FDP und Nationalrat Alfred Heer, SVP) und Schweiz-Suryoye (mit Nationalrat Lukas Reimann, SVP)

– Diverse Patronats- und Unterstützungskomitees, darunter: Swiss Comittee on Reparations for Slavery SCORES; Verein «Doppeltür – lebendig vermittelte Schauplätze jüdisch-christlichen Zusammenlebens in der Schweiz», etc.
– Moderation einer eigenen Radiosendung auf Kanal K «Wermuth fragt»

Also, liebe SP-Delegierte: habt ein Einsehen, ihr wollt doch nicht etwa dieser glücklichen Durchschnittsfamilie schnöde die Existenzgrundlage entziehen?

 

Verzichtet! Sofort!

Die Verlogenheit politischer Führer ist bedenklich.

Angeblich sind die Medien die Vierte Gewalt. Unerbittlich schauen sie den Herrschenden über die Schultern. Klopfen ihnen auf die Finger. Kritisieren, korrigieren, leuchten in Dunkelkammern.

Wenn sie nicht gerade damit beschäftigt sind, das welterschütternde Problem von weissen Dreadlocks-Trägern durchzukauen.

Dabei entgeht ihnen zunehmend eine Tendenz, die dramatische Auswirkungen auf die Gesellschaft haben kann. Denn Regierende haben die Macht, den von ihnen Regierten Vorschriften zu machen.

Und Forderungen aufzustellen. Eine Forderung der Stunde lautet: übt Verzicht. Der böse Russe dreht am Gashahn, sein Öl boykottieren wir sowieso, und dank des beschlossenen, aber noch nicht ganz zurückgenommenen Ausstiegs aus der Atomenergie laufen wir zusätzlich in eine Energiekrise hinein.

Dagegen kann auch die selbst von den Grünen, also den braunkohlegeschwärzten Grünen, favorisierte Wiederinbetriebnahme von Kohlekraftwerken nicht viel ändern. Was die Grünen aufführen, ist schlimm. Sie verraten locker alle Prinzipien, mit denen sie mal angetreten sind. Aber dass Politiker in der Lage sind, tapfer zu sagen: «Das habe ich schon immer gesagt» – und dann das Gegenteil davon zu sagen, das ist nichts Neues.

Eher neu und schlimmer ist hingegen, Wasser zu predigen und Wein zu saufen. So überbieten sich Exponenten der Schweizer SP darin, eine Einschränkung des Flugverkehrs zu fordern. Die beiden Vielschwätzer Wermuth und Molina sind dafür, hier knallhart Verzicht zu üben oder sogar alle innereuropäischen Flüge zu Destinationen, die mit Zug in unter 10 Stunden erreicht werden können, zu verbieten.

Dass ihr Bundesrat gerne mit dem Privatflieger den französischen Luftraum unsicher macht, nun ja, das ist seine Privatangelegenheit. Dass Wermuth und Molina mal kurz nach Berlin fliegen, um ein unscharfes Rotlichtfoto mit dem damaligen Wahlsieger Olaf Scholz zu knipsen, nun ja, das war nicht anders möglich. Dass der Genosse Andi Gross regelmässig den Vielfliegerrekord aller Parlamentarier aufgestellt hat – unabdingbar in seiner Funktion als Wahlbeobachter im Wilden Osten.

Dass der deutsche Grüne Özdemir einen peinlichen Flugmeilenskandal überlebte, nun ja, auch Politiker sind doch Menschen.

Aber inzwischen hat diese Doppelmoral eine neue Qualität erreicht. Denn von allen Politkanzeln tönt es: Verzichtet! Schränkt euch ein. Spart Energie. Spart Strom. Gas. Öl. Senkt im kommenden Winter die Raumtemperatur. Vermeidet unnötige Autofahrten. Mit frischen 18 Grad im Wohnzimmer lässt es sich auch leben, wozu gibt es warme Pullover und so.

Sparen, sparen, sparen. Ihr schon, wir nicht. So hat die deutsche «Bild» herausgefunden, dass der Reichstag, das Parlamentsgebäude, voll in Betrieb ist. Erleuchtet, klimatisiert, laufende Rolltreppen. Dabei ist Sommerpause, kein Parlamentarier in Sicht.

Mit dem Dienstwagen in den Urlaub? Aber sicher. Schliesslich will nicht nur unser Bundesrat Berset sich standesgemäss in der Staatslimousine von einem Liebesabenteuer im deutschen Freiburg nach Bern kutschieren lassen. Oder hätte er etwa fliegen sollen?

Lustig sind auch Politikerreisen zum Fototermin nach Kiew. Während der normale Deutsche immer noch dazu verpflichtet ist, in öffentlichen Verkehrsmitteln Maske zu tragen, lassen sich zwei deutsche Minister fröhlich im Schlafwagenabteil ablichten – ohne Maske.

Auch leuchtende Vorbilder fürs Gürtelengerschnallen.

Geht da noch einer drüber? Offensichtlich sehr erschüttert vom Erlebten müssen sich die beiden Minister mit Bürgermeister Klitschko und einem Gläschen Nuttendiesel erholen:

Wollt Ihr auch einen Schluck?

Die Stimmung muss bombig gewesen sein, wenn dieses Adjektiv in diesem Zusammenhang erlaubt ist. Es geht doch nichts über ein Glas Champagner auf dem Balkon mit Aussicht auf ein Kriegsgebiet.

Natürlich sind nicht alle Politiker oder Regierenden dermassen skrupellose Heuchler. Natürlich müssen nicht alle Entscheidungsträger sämtliche Einschränkungen selbst mitmachen, die sie ihren Untertanen auferlegen.

Aber das Problem ist: jeder einzelne führende Politiker, der dabei ertappt wird, wie er selbst fröhlich geniesst, was er anderen verbieten will, beschädigt die Glaubwürdigkeit von allen Herrschenden. Unterspült das Vertrauen, das nötig ist, um Sparappelle und Aufrufe zum Verzicht einsichtsvoll zu befolgen.

Wenn sich der Staatsbürger sagt: Wieso soll ich Verzicht üben, wo diejenigen, die ihn mir abfordern, sich selbst darum fouttieren? Wieso soll ich mich einschränken, wenn die schrankenlos herrschen und geniessen? Wenn er darauf keine befriedigende Antwort findet, dann wird er ranzig, störrisch und unleidlich.

Letztlich ist es ganz einfach. Ein dicker, ein fetter Regierender, der seinen hungernden Untertanen Trost spenden will, ist nicht glaubwürdig, sondern lächerlich und peinlich. Ein Regierender, der Abstinenz vom Fliegen fordert, um dann die Business Class im nächsten Flieger zu besteigen, ist nicht vertrauenswürdig, sondern gefährlich. Ein Regierender, der den Verzicht auf Klimaanlagen im Sommer predigt und eine deutliche Absenkung der Raumtemperatur im Winter, während er selbst im kühlen Luftstrom badet oder mollig warm in seiner Stube hockt, der ist nicht vorbildlich, sondern abschreckend.

Es ist eine Erfindung, aber es war ein subversiv böser Satz, der vor der französischen Revolution der damaligen Königin Marie-Antoinette in den Mund gelegt wurde. Als die gehört habe, dass es Hungerproteste in Paris gebe, weil die Getreidepreise in unerschwingliche Höhen kletterten und das Grundahrungsmittel Brot zum Luxusprodukt wurde, soll sie gesagt haben: Wenn sie sich kein Brot leisten können, sollen sie doch Kuchen essen.

Wer den Gürtel enger schnallen soll oder muss, reagiert renitent, wenn er merkt, dass diejenigen, die ihm das auferlegen, den Gürtel kaum mehr über dem fetten Bauch schliessen können.

Dass die Massenmedien nicht häufiger und aufmerksam auf solche Verlogenheiten aufmerksam machen, verschärft das Problem deutlich.

Wumms: Cédric Wermuth

Der Dummschwätzer duckt sich weg.

In einem unseligen Triumvirat mit Balthasar Glättli und Bastian Giroud lässt der SP-Co-Präsident Wermuth keine Gelegenheit aus, in den Medien präsent zu bleiben. Jungstar Fabian Molina muss noch viel üben, um mitzuhalten.

Wer viel redet und fordert, dem fliegt das manchmal um die Ohren. So verkündete Wermuth im Rahmen seines Aufmerksamkeitsmanagements 2019:

«Flüge an Ziele, die in zehn bis zwölf Stunden mit dem Zug erreichbar sind, müssen künftig verboten werden.»

Das war für einen kurzen Lacher gut. Als Vielschwätzer hatte das Wermuth längst vergessen, als er für ein unscharfes Foto mit dem deutschen Wahlsieger Olaf Scholz mal kurz nach Berlin flog. Sei leider nicht anders gegangen, meinte der Verbotskünstler, denn solche Verbote gelten natürlich nur für die anderen.

Während die Zürcher SP sich nicht entblödet, fürs nächste Züri Fäscht Flugshow und Feuerwerk verbieten zu wollen, glüht ihr Bundesrat Alain Berset offenbar schon seit Jahren mit einem Privatflieger durch die Gegend. Während er offiziell die Ferien mit seiner Familie in der Schweiz verbringen will, hüpft er schnell mal nach Frankreich. Dummerweise kam er dabei einer militärischen Sperrzone zu nahe, wurde vom Himmel geholt und seine CO2-Bolzerei kam ans Tageslicht.

Das wäre nun für den SP-Co-Präsidenten eine Gelegenheit, Rückgrat zu beweisen und tapfer ein paar tieffliegende Tomaten für seinen Bundesrat abzufangen. Aber: Wermuth ist in den Ferien, zwar erreichbar, aber er duckt sich weg und reicht die heisse Kartoffel lieber an seine Co-Präsidentin weiter. Und die teilt mit, dass sie nichts mitzuteilen habe.

Wundert es noch jemanden, dass Politiker mit Journalisten darum wetteifern, wer am wenigsten glaubwürdig erscheint, am wenigsten Vertrauen verdient? Dummschwätzen, heucheln und schweigen, was für ein überzeugender Dreisprung.

Wumms: Cédric Wermuth

Auffallen um jeden Preis. Das kann der Wahldauerverlierer.

Die SP wird bei einer Wahl nach der anderen abgewatscht. Dringlicher Handlungsbedarf für die Parteispitze. Analyse, neue Strategie, Zurückerobern von Wähleranteilen?

Ach was, das könnte doch in Anstrengung ausarten. Und wozu sieht Cédric Wermuth immer so adrett aus, mit seinem sauber gestutzen Bart und sogar mit Pochettli, womit er hier Frank A. Meyer die Pole Position streitig machen will.

Aber das sind Äusserlichkeiten, reden wir von Inhalten:

Der Mann kann nicht viel, aber wie man in die Schlagzeilen kommt, das weiss er. Schliesslich liefert er sich schon lange ein Fernduell mit Fabian Molina, wer schneller die absurderen Forderungen aufstellen kann.

Nun hat wieder Wermuth die Nase vorn. Ukrainische Flüchtlinge dürfen gratis den ÖV benutzen. Findet Wermuth super, aber: was ist mit anderen Asylanten? Mit russischen Oppositionellen? Und überhaupt:

«Niemand darf das Gefühl haben, benachteiligt zu werden. Weder Flüchtlinge aus anderen Ländern noch Einheimische.»

Also freie Fahrt für alle Bedürftigen. Niemand darf zurückbleiben. In der reichen Schweiz kann es doch nicht sein, dass ein Sozialhilfeempfänger traurig den Schlusslichtern des abfahrenden Zuges nachschaut. Und Schwarzfahren kann ja auch keine Alternative sein, abgesehen davon, dass das ein verdammt rassistischer Begriff ist.

Allerdings ist seine Forderung, wie meist bei Wermuth, nicht zu Ende gedacht. Denn auch Menschen, die keine Sozialhilfe empfangen, leiden unter den steigenden Preisen. Wieso nicht freie Fahrt für freie Bürger? Gratis-Transport für alle? Die SBB schieben bloss einen Schuldenberg von 11 Milliarden Franken vor sich her. Das können wir uns doch noch leisten.

Molina, übernehmen Sie!

Verbietet alles!

Tabak? Legal, aber verboten. Fleisch? Legal, aber …

Immerhin, den jungen Grünen kann man eine gewisse Konsequenz nicht absprechen. Sie fordern gleich ein allgemeines Werbeverbot für Konsumgüter. Es wäre allerdings nur konsequent, auch den Konsum überhaupt zu verbieten.

Nach der Annahme der Initiative «Kinder ohne Tabak» wachsen die Träume von Verbotsliebhabern in den Himmel. Kinder ohne Zucker, Kinder ohne Fett, nichts ist zu kindisch, um nicht verboten zu werden.

CO2-Ausstoss? Verbieten. SUV? Verbieten. Kaffee in kleinen Schlucken im ÖV konsumieren? Verbieten. Schokolade? Verbieten. Bei Rot über die Strasse laufen? Verbieten. Oh, das ist ja schon verboten. In Schwimmbäder urinieren? Verbieten. Der SP-CO-Präsident Cédric Wermuth, der bei Wahlen von einer Niederlage zur nächsten eilt, hat dennoch Zeit gefunden, sich ein besonders putziges Verbot einfallen zu lassen: generelles oder partielles Werbeverbot für – Schönheitsoperationen im Genitalbereich.

Da hat Tamedia endlich mal ein Recherchestück vorgelegt, das dem Leser ein Schmunzeln ins Gesicht treibt.

Allerdings fehlt ihm vielleicht ein wenig die analytische Durchdringung. Denn solche Verbotsorgien sind Ausdruck einer verpeilten Weltsicht. Zum einen beinhalten sie die Auffassung, dass der Mitmensch zur gefälligen Lebensart erzogen werden muss. Da er zu blöd ist, selber einzusehen, was für ihn gut ist und was schlecht, muss er mit sanftem Zwang auf den rechten Weg geführt werden.

Dass für verbotene Substanzen keine Werbung gemacht werden darf, versteht sich von selbst. Dass es Kinderschutzgesetze gibt, ebenfalls. Tabak ist aber, wie Alkohol, legal. Der Konsum ist legal. Der Verkauf und somit der Kauf. Dass Tabak gesundheitsschädigend sein kann, ist so wahr wie die Tatsache, dass das für das ganze Leben zutrifft.

Dass übermässiger Alkoholkonsum ebenfalls gravierende Auswirkungen haben kann, ist bekannt. Auch Fettleibigkeit als Folge von übermässiger Nahrungszufuhr ist nicht gesund. Sich Sonnenstrahlen ohne Schutzcreme auszusetzen, kann Hautkrebs verursachen.

Die Fälle sind Legion, dass auch fitte Mitmenschen beim Joggen vom Herzinfarkt gefällt werden. Schlafmangel ist überhaupt nicht gut. Wutanfälle können ungesunden Bluthochdruck verursachen. Wer dem Mitmenschen ein langes Leben wünscht, muss für Verbote von all dem sein.

Zum anderen beinhaltet diese Verbotsmentalität eine verkniffene, lebensfeindliche Rechthaberei. Es genügt den Befürwortern von Verboten nicht, dass sie selbst für sich wissen, was im Leben richtig gemacht werden muss und was falsch wäre. Sie wollen diese Meinung auch allen anderen aufzwingen.

Das hat etwas Fundamentalistisches und Inquisitorisches. Alle sollen die Milch der frommen Denkungsart schlürfen. Der einzige Lustgewinn entstünde in einer solchen Gesellschaft durch ein strafendes und donnerndes «das ist verboten!». Aus der Befriedigung, den armen Sünder ertappt zusammenzucken zu sehen.

Dass das zutiefst menschenfeindlich, übergriffig und selbstgerecht ist, sehen diese Anhänger von Verbotsorgien nicht. Man sollte sie verbieten.

Bibber, schlotter

Könnte das Undenkbare passieren? Ein Referendum angenommen werden? Jaul.

Zuerst war Geschimpfe gegen Covid-Leugner, Massnahmen-Skeptiker und andere Idioten. Antidemokraten wie der SoZ-Politchef Denis von Burg forderten beherztes Durchgreifen und Zwangsmassnahmen gegen Impfverweigerer, diese fahrlässigen Gesellen.

Dann gab’s Geheul, als ein Harvard-Professor mit grösserem wissenschaftlichen Aufwand belegte, dass es keine signifikante Korrelation zwischen Anzahl Geimpfter und Neuinfektionen gibt. Also viele Geimpfte bedeutet überhaupt nicht wenig Neuansteckungen.

Aber inzwischen werden die Kommentatoren etwas bleich um die Nasenspitze. Könnte es denn etwa sein, dass das Referendum gegen das Covid-Gesetz am 28. November angenommen wird?

Patrik Müller, Oberchefredaktor bei CH Media, macht sich ernsthaft Sorgen:

«Zertifikats-Befürworter unterschätzen den Widerstand: Wenn sie nicht aufwachen, droht ein Volks-Nein»

«Weckruf, in Sicherheit wiegen, Wirtschaftsverbände schlafen weiter», Müllers Blick ist düster umwölkt. Denn: «Die Demonstration am Samstag in Bern war grösser als vermutet, und es marschierten nicht nur Trychler und die erwartbaren Skeptikergruppen mit, sondern auch Linke.»

«Erwartbare Skeptikergruppen», was für eine gewundene Umschreibung von «übliche Idioten». Sollten sich hier wohl wieder rechte und linke Fäuste vereinen und die von der SRG gemessene Zustimmung von über 60 Prozent zum Gesetz kurz und klein schlagen?

Über diese Seufzerbrücke musst du gehen.

Mit liberaler Gelassenheits sieht’s (noch) die NZZ: «Pflegeinitiative und Covid-19-Gesetz sind auf Ja-Kurs». Allerdings erteilt das Forumsblatt auch einem Professor für öffentliches Recht an der Uni Zürich als Gastkommentator das Wort:

Verfassungswidriges Vorhaben: starker Tobak vom Professor.

Aber eigentlich schlottert die Medienbranche aus einem ganz anderen Grund. Es gibt da noch ein zweites Referendum, das ihr viel mehr Kopfschmerzen verursacht als die Möglichkeit, dass das Covid-Gesetz bachab geschickt wird. Ausser für ein paar Corona-Kreischen ist das eigentlich nicht so das Thema. Denn auch die Medien verfolgen hier das Geschehen eher schlapp. Hoffen natürlich auf einen Inserateschub durch zahlungskräftige Befürworter des Gesetzes. Das ist der tiefere Grund fürs Gejammer.

Zur Sache geht es beim Referendum gegen die Steuermilliarde für Medienclans

Aber das Halszäpfchen beim Jammern sieht man, wenn’s um das Referendum gegen die zusätzliche Steuermilliarde für reiche Verlegerclans geht. Auch da sieht Müller inzwischen dunkelgrau:

««Jetzt haben wir den Salat»: Alle bürgerlichen Parteichefs bekämpfen das Mediengesetz»

Hoppla. Auch hier ist die Lage parteipolitisch unübersichtlich: «Ausgerechnet SP-Co-Präsident Cédric Wermuth, der die privaten Verlage gern kritisiert, weibelt für ein Ja. Kann das gutgehen?»

Nun, wenn Wermuth weibelt, geht’s meistens nicht gut, das weiss auch Müller. Er setzt mal auf Pfeifen im Wald, gegen die Angst: «Die Verleger sagen, sie würden an ein Volks-Ja glauben.»

Das Problem der Befürworter, muss Müller einräumen, ist ein gravierendes: «In der Sendung «Medientalk» von Radio SRF warben Andrea Fopp von Bajour.ch, Urs P. Gasche von Infosperber.ch und Beat Glogger von Higgs.ch für das Medienpaket, nicht ohne wiederholt zu betonen, dass sie sich daran stören, dass die grossen Verlage am meisten Geld erhalten würden, «die dann wie Supino auch noch Dividenden ausschüttet», wie Fopp sagte. Auch sie sprach von Wesen eines Kompromisses und «vielen Nachteilen»».

Publizisten im Sold von Multimillionären wäffeln gegen Multimillionäre

Damit aber nicht genug. Tiefflieger wie Hansi Voigt sind auch für die Medienmilliarde; er beschimpfte die Gegner schon mal als «Freund:innen des Faschismus». Um dann zurückzurudern, er sei absichtlich missverstanden worden, er habe nicht alle gemeint, dann löschte er vorsichtshalber seine Rüpelei. Wer solche Kampfgefährten hat, braucht eigentlich keine Feinde.

In der gleichen Flughöhe bewegt sich Andrea Fopp von «bajour.ch»: «Wenn wir aus diesen Gründen Nein sagen, dann haben wir am Ende gar keine Lokalmedien mehr. Oder nur noch solche, die von irgendwelchen Milliardären bezahlt werden.»

Genau wie bei den 50 Nasen der «Republik» ist das Problem, dass sich Fopp selbst von einer Milliardärin aushalten lässt. Beim Rettungsblatt der Demokratie handelt es sich immerhin nur um Mulitmillionäre, das ist dann was anderes.

Schwache Befürworter, starke Gegner

Das Mediengesetz hat also eine ganze Phalanx von Gegnern. Einen bedeutenden Teil der Bevölkerung, der nicht einsieht, wieso man Versäumnisse der Medienhäuser, die lieber ihre Eigentümer mit Geld zuschütteten, als dringend nötige Investitionen in Digitalisierung und Content zu machen, nun mit Steuergeldern diese «Transformation» schenken soll.

Alle, die das Todeslied über Lokalmedien singen, sollten die nicht Staatsknete kriegen, singen dran vorbei, dass – genau deshalb nicht genau ausgewiesen – wohl über 70 Prozent in den Taschen der grossen Drei landen würden; für Lokalblättchen blieben dann nur noch Krumen übrig.

Inzwischen sind sämtliche bürgerlichen Parteien – aus durchaus unterschiedlichen Gründen – gegen das Gesetz, dem sie zuvor zustimmten.

Schliesslich hat die Medienmilliarde eine ganze Reihe von Befürwortern, die sich die Gegner nicht schöner schnitzen oder wünschen könnten. Vehemente Kritiker von Monopolmedien wie Wermuth werden plötzlich zu deren besten Freunden; Vollpfosten krähen gegen die angebliche Finanzierung von Lokalblättern durch – natürlich rechte –Milliardäre. Damit meinen sie immer nur einen, den Gottseibeiuns aus Herrliberg.

Richtig putzig wird das, wenn diese Schreihälse selber vom Portemonnaie von reichen Mäzenen leben. Der Gipfel an Blödheit ist wohl hier erreicht:

«Rechtspopulisten und ihre Financiers greifen nach der politischen Macht. Nicht nur in den USA, wo Trump und Foxnews die Demokratie fast zum Einsturz gebracht haben. Auch in der Schweiz geben vermögende Freunde des Populismus inzwischen verschiedentlich Medien heraus, die aber grösstenteils gar nicht erst versuchen, nach journalistischen Kriterien zu berichten.»

Das ist allerdings sehr wahr, wenn man sich «bajour», «Republik», «Saiten», «Megafon» und Konsorten anschaut, die – gesponsort von Multimillionären oder nicht – nur gelegentlich versuchen, journalistischen Kriterien zu genügen – wie beispielsweise einem Angepinkelten Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

Der Stimmbürger ist vielleicht nicht der Hellste, aber …

Was all diese Tiefflieger übersehen: Die Bevölkerung ist vielleicht nicht die Hellste und auch nicht bis ins Detail über Medienförderung informiert. Aber solche Dummheiten lösen immer den gleichen Reflex aus: die Antwort ist nein. Was war schon wieder die Frage?

Voigt läuft ausser Konkurrenz, aber wie SP-Co-Chef Wermuth seinen Genossen erklären will, dass er plötzlich für milde Gaben Richtung Coninx-Supino, Wanner und Ringier ist, damit die genügend Sprit für Privatjets, Yachten und Wagenflotten haben, wir sind gespannt.

Wieso Steuergelder in Konzerne geschüttet werden sollen, die trotz Riesengejammer auch in Coronazeiten nette operative Gewinne machten? Wieso die schon gesprochenen Sondersubventionen nicht ausreichen? Wieso staatsabhängige Medien staatskritisch bleiben könnten? Alles Fragen ohne gute Anworten.

Weltmeisterschaft der Heuchler

Es sollte eine olympische Disziplin werden. Pflicht, Kür, Medaille im Heuchel-Wettkampf. Verliehen wird ein Tartuffe in Gold, Silber oder Bronze.

Ich sage Afghanistan. Was sagst du? Die Flüchtlingsorganisation der UNO sagt: «UNHCR ruft aufgrund der humanitären Krise in Afghanistan zu einem dauerhaften Waffenstillstand und einer Verhandlungslösung im Interesse des afghanischen Volkes auf.»

Was sagt die UNICEF, die Kinderhilfsorganisation der UNO? «Wir fordern die Taliban und andere Parteien auf, dafür zu sorgen, dass UNICEF und unsere humanitären Partner sicheren, rechtzeitigen und ungehinderten Zugang haben, um Kinder in Not zu erreichen, wo immer sie sind. Darüber hinaus müssen alle humanitären Akteure die Möglichkeit haben, nach den humanitären Grundsätzen der Menschlichkeit, Neutralität, Unparteilichkeit und Unabhängigkeit zu handeln.»

Was sagt CH Media? «Deutscher Afghanistan-Veteran: «Die Menschen fürchten die Rache der Taliban – sie haben Todesängste»»

Was meldet der «Tages-Anzeiger»? «James Dobbins war der erste US-Botschafter in Afghanistan nach der Invasion von 2001 und Berater von Bush und Obama. Er sagt unter Tränen: Ich trage eine Verantwortung.»»

Was sagen die USA über das Schicksal der bereits Ausgeflogenen, die in Doha zwischengelagert werden? «Man sei sich der «schrecklichen hygienischen Zustände in Katar» bewusst, die dort geherrscht hätten, sagte der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, John Kirby. Man habe bereits daran gearbeitet, sie zu verbessern», berichtet «20 Minuten».

Die St. Galler Stadträtin Sonja Lüthi:

«Ich bin persönlich – wie auch der gesamte Stadtrat – tief betroffen von den erschütternden Bildern, die uns aus Afghanistanerreichen.»

Auch Balthasar Glättli, Präsident der «Grünen», ist aufgewacht und will das Feld nicht Afghanistan-Kreische Fabian Molina und seiner SP überlassen: «Der Bundesrat zeigt sein kaltes Herz: 230 Personen aufzunehmen, während Millionen Menschen in Gefahr sind, ist ein Hohn. Wir GRÜNE fordern die Aufnahme von mindestens 10’000 Menschen, die besonders bedroht sind.»

Hauptsache gut im Bild: Balthasar Glättli.

Das sieht die Schweizerische Flüchtlingshilfe auch so:

«Afghanistan: Die Schweiz muss mehr leisten für den Schutz der Flüchtlinge»

Neben diesem Maulheldentum, was passiert denn konkret? In Deutschland versucht ein EU-Abgeordneter der Grünen, einen Charterflug nach Kabul zu organisieren und sammelt dafür Spenden ein. Leider hatte der gleiche Erik Marquardt schon rund 300’000 Euro für das Chartern eines Bootes zur Seenotrettung im Mittelmeer gesammelt. Zu einem Einsatz des Schiffes kam es nicht

Aber Marquardt unterscheidet sich von den fordernden Heuchlern immerhin dadurch, dass er etwas Konkretes auf die Beine stellen will. Er antwortet allerdings nicht auf journalistische Anfragen; man sei zu sehr mit der Organisation des Charterflugs beschäftigt. Mangels anderer Nachrichten ist es wohl eher ausgeschlossen, dass der vor dem 31. August noch stattfinden wird.

Reine Heuchelei, absurde Forderungen

Alles Betroffenheitsgesülze ist reine Heuchelei. Konkrete Hilfe ist gar nicht so einfach. Vielleicht sind da alle unter talibanartigen Zuständen bei Tamedia leidende Frauen konsequent, wenn sie zum Thema Afghanistan und Frauen einfach schweigen. Betrifft ja nicht ihren eigenen Bauchnabel, und der interessiert sie halt schon am meisten.

Es ist schwierig, konkret etwas zu tun. Angesichts all dieser hohlen Forderungen, Solidaritätsadressen, dem mehr oder minder lyrischen Ausdruck der Erschütterung kann man nur festhalten: das ist alles so widerlich, dass es eine neue Wettkampfdisziplin geben sollte. Wir schlagen den Namen «Radfahrer-Dreisprung» vor. Gemessen werden die Sprungweite, die Haltung dabei und die Eleganz der Landung.

Dabei gibt es eine Pflicht- und ein Kürnote. Pflicht bewertet die obligatorischen Sprünge, Kür besondere Einlagen dabei.

Gehupft wie gesprungen: leiden und fordern.

Der erste Sprung besteht in der möglichst eindrücklichen Darstellung der eigenen Betroffenheit. Der zweite ist das Anprangern des allgemeinen Versagens, ausgenommen das eigene. Der dritte Sprung besteht schliesslich aus einem Forderungskatalog.

Kürnoten gibt es für Zusatzsaltos, Schrauben und besonders beeindruckende Luftblasen beim Springen. In der Schweiz sind zurzeit Cédric Wermuth, Fabian Molina und neu Balthasar Glättli in den Medaillenrängen. Aber eine endgültige Bewertung steht noch aus; alle Sprünge bis zum 31. August zählen für die Wertung.

Von links nach links: Wermuth und Molina sowie Molina.

Der Wettbewerb steht auch für Frauen, Transgender oder Non-Binäre offen, obwohl wir hier noch keine beeindruckenden Leistungen gesehen haben; vielleicht mit Ausnahme von Sibel Arslan oder Tamara Funiciello. Aber beide haben noch keinen gültigen Versuch hingelegt, nur unkoordinierte Kurzsprünge.

Wenn du für alle kämpfst, kämpfst du für niemanden …

Nur meckern und polemisieren?

Natürlich ist die Frage erlaubt: Was macht dann ZACKBUM eigentlich? Wir haben gespendet, obwohl wir nicht sehr optimistisch sind. Wir setzen uns zudem für den in die Schweiz geflüchteten ehemaligen BBC-Bürochef in Kabul ein, der verzweifelt versucht, seine Familie aus Afghanistan herauszukriegen. Es ist bekannt, dass die fundamentalistischen Irren hinter ihrer freundlichen Fassade für blöde westliche Medien schon längst dabei sind, Listen abzuarbeiten, auf denen auch kritische Journalisten oder deren Familienangehörige stehen.

Dafür halten wir uns mit Betroffenheitsgesülze zurück, stellen keine absurden Forderungen auf und schimpfen auch nicht über das Versagen des Westens in Afghanistan, nachdem wir jahrelang nichts zu diesem Thema sagten. Uns hält das, im Gegensatz zu den Berufsheuchlern, etwas von Verurteilungen ab.