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Bern traut sich was

Wetten, dass das intern zu reden gab?

Juristin Rahel Guggisberg traut sich was. Sie thematisiert die massiv zunehmenden Ladendiebstähle und Taschendiebstähle in Bern. Das verzeiht man ihr sogar das Unwort «Ladenbesitzende».

Die Kantonspolizei sehe «einen massiven Anstieg an Vermögensdelikten», wie es im Behördensprech heisst. Nicht nur das, die Diebe gehen immer dreister vor. Pardon, die Diebe, Diebinnen und auch ihre nonbinären, hybriden, fluiden und Trans-Vertreter. Verlangen gleich das Öffnen der Kasse oder werden pampig, wenn man sie beim Diebstahl erwischt. Oder rempeln sogar Ladenpersonal an, das sie gestellt hat.

Guggisberg schleicht sich auch an die entscheidende Frage heran. Welchen, nun ja, welchen Migrationshintergrund haben die Diebe? Da zitiert sie vorsichtig:

«Auf der Plattform X konkretisierte die Kantonspolizei in der vergangenen Woche: Die Mehrheit der Angehaltenen stammt aus Maghreb-Staaten. Des Weiteren handelt es sich auch um Personen aus der Schweiz, Deutschland, Rumänien, Bulgarien Frankreich, Kosovo, der Türkei und Sri Lanka.»

Für den Nicht-Maghreb-Kenner: darunter versteht man Tunesien, Algerien, Marokko und Westsahara, allenfalls auch Libyen und Mauretanien. Ihr Problem: sie kommen mit völlig falschen Vorstellungen in die Schweiz und stellen einen meist erfolglosen Asylantrag.

«Sie zeigen dann aus Enttäuschung ein aggressives Verhalten. Es sind teilweise komplett frustrierte junge Männer, die frech und kräftig sind und nicht davor zurückschrecken, andere zu bedrohen», zitiert Guggisberg Jonas Weber, Professor für Strafrecht und Kriminologie an der Uni Bern.

Zudem stellt sich hier das gleiche Problem wie beim minderjährigen Messerstecher von Zürich: Das Schweizer Strafrechtssystem «schreckt diese Menschen nicht ab».

Das Problem ist nicht auf die Schweiz beschränkt, weiss der Professor: «Diese kriminellen jungen Männer aus Nordafrika reisen in der Regel in Westeuropa herum und kommen nicht extra in die Schweiz, um hierzubleiben, so der Strafrechtsprofessor. Sie sind auf Wanderschaft. Solange sie genügend Energie haben und sich ihnen keine anderen Optionen bieten, werden sie weiter reisen und sich mit Straftaten über Wasser halten

Also das, was man gemeinhin als Kriminaltouristen bezeichnet. Besonders perfid ist dabei noch die Methode, die vor allem von östlichen Diebesbanden angewendet wird. Sie schicken Kinder los zum Diebstahl. Die Beute müssen die dann den Erwachsenen aushändigen; werden die Kinder in flagranti erwischt, sind sie noch nicht strafmündig.

Es ist dem Berner Ableger von Tamedia hoch anzurechnen, dass er sich traut, auf dieses Thema aufmerksam zu machen. Wir sind gespannt auf die Reaktion der Gutmenschenfraktion in Zürich, die das Phänomen sicherlich konzeptualisieren, einordnen und vor dem soziologischen-kulturellen Hintergrund einer Diaspora, der Entwurzelung und der postkolonial verschuldeten Zukunftslosigkeit in den Maghrebstaaten schönschwätzen wird und fordern, dass die reiche Schweiz sich doch gefälligst mehr Mühe bei der Integration dieser Jugendlichen geben sollte.

Gesprächsangebote, Gruppentherapien, aufeinander zugehen, in Dialog treten, das muss die richtige Antwort sein. Eine Kommentator:in* zeigt tapfer den richtigen Weg: «Ein weiterer Grund dass die Polizei sofort aufhören soll kriminelle Taten nach Herkunft der Täter auzuschluesseln! Denn das fördert doch bloss die Vorurteile und Rassismus & Islamophobie gegen die doch meist friedlichen, integrierten & fleissigen Migrant*nnen

Der geneigte Leser fragt sich allerdings, ob das nicht fiese Ironie ist, verkleidet in diesem Geschwafel. Inklusive wackliger Beherrschung der deutschen Interpunktion. Ein anderer Kommentator bringt’s auf seine Art auf den Punkt: «Ja meint ihr denn wirklich, wir können hier einfach uns voll fressen und voll saufen, während der Maghreb zugrunde geht? Immer noch nicht begriffen dass die Welt so viel Reichtum auf der einen Seite und so viel Armut auf der anderen Seite nicht aushält

Wir hoffen für ihn, dass er sich nur in homöopathischen Dosen ernährt und bei seiner Forderung, dass «wir stinkreichen Schweizer von unserem Geld abgeben müssen», mit gutem Beispiel vorangeht.

 

Tagi kann nix

Wie obrigkeitshörig soll’s denn sein?

Der Berner Regierungspräsident und Sicherheitsdirektor Philippe Müller (FDP) rechnete unter dem Vermerk «Verpflegung» oder «Znüni» ein Bio-Mehrkornbrötli für 95 Rappen ab, eine Banane für 20 Rappen oder ein «Laugenbrezeli mit Butter» für 3.20 Franken. Auch einen Adventskranz über 183 Franken zu «Repräsentationszwecken» verbuchte Müller über die Spesen.

Das ist zwar kein Skandal, aber jämmerlich, knausrig und zeigt einen kleinkarierten Geiz, der an den staatsmännischen Fähigkeiten von Müller zweifeln lässt.

Nun könnte man die Enthüllung vom «Kassensturz» noch etwas vertiefen oder ausweiten. Genügend (noch) beschäftigte Journalisten gäbe es doch.

Stattdessen entblödet sich Tamedia nicht, eine SDA-Tickermeldung ins Blatt zu heben, in der sich der Regierungsrat unwidersprochen mit absurden Behauptungen zur Wehr setzen darf: «Er selber habe nie solche Kleinspesen verrechnet. Aber es gebe diese Spesenbelege – und «wie sie genau in die Spesenbuchhaltung kamen, weiss man nicht». Er übernehme dafür selbstverständlich die Verantwortung – «es war mein Fehler, weil es in meinem Bereich stattfand.»»

Tja, wie kamen denn nun die Pipifaxspesenbelege in die Buchhaltung? Müller behauptet, er selbst habe «nie einen einzigen Spesenzettel für Kleinstspesen abgeliefert». Also hat sie ihm ein übereifriger Mitarbeiter aus dem Portemonnaie gezogen und hinter seinem Rücken abgeliefert? Und als Müller dieser Pipifax erstattet wurde, hat er sich nicht gefragt, was das soll?

Aber nicht nur Müller, auch seine Partei kennt nix. So berichtet SDA und Tamedia übernimmt: «An der Mitgliederversammlung der Stadtpartei gab es zu der Angelegenheit nur eine Wortmeldung: Eine Freisinnige bezeichnete die Medienberichte als «bodenlose Frechheit von Presse, Journalisten und ‹Kassensturz›». Die Frage sei, was man gegen die Leute unternehme, die solches verbreiteten.»

Müller soll staatsmännisch geantwortet haben, dass man das «am Mittwoch in der Regierung» anschaue.

War es bis hierhin nur eine Schmonzette über einen peinlich-geizigen Pünktlischiisser, der ohne jedes Schamgefühl selbst Rappenbeträge vergütet bekommt, wird es hier zu einem Politskandal. Die Rüpelei der Freisinnigen, die aufgeblasene Antwort Müllers, die sei von den FDP-Mitgliedern «mit spontanem Applaus» quittiert worden.

20 Rappen für ein Banane als Spesen einreichen und zurückbekommen. Das ist peinlich.

Behaupten, man könne sich das nicht erklären und habe selber sicher nicht so einen Beleg eingereicht, das könnte für einen Rücktritt reichen, wenn es sich als Unwahrheit herausstellt. Aber dass Parteidelegierte dann nicht ihrem Exponenten die Kappe waschen, sondern die Enthüllung bedenklichen Verhaltens als «bodenlose Frechheit» beschimpfen, das ist mehr als bedenklich. Was meinen diese abgehobenen FDPler eigentlich?

Wohlgemerkt bekommen Müller und seine Miträte zusätzlich zu ihrem üppigen Gehalt noch eine Spesenpauschale von 8000 Franken im Jahr. Müller als Präsident nochmals 6000 Franken obendrauf. Aber selbst die 2000 Franken den Feier-Apero dafür rechnete er separat ab. Dazu kommen Dutzende solcher Kleckerbeträge der Regierungsräte und Tausende von Franken Bewirtungskosten, die eigentlich in diesen Pauschalen abgedeckt sein sollten, aber dennoch separat eingereicht wurden. Was die Frage erhebt, wie und wofür sie denn die 8000, bzw. 14’000 Franken eigentlich ausgeben.

Wird man bei etwas so Peinlichem erwischt und steht mit offenem Hosenschlitz im Scheinwerferlicht, dann sollte man den Anstand haben, rot anzulaufen, sich zu schämen und um Verzeihung zu bitten. Stattdessen schaue man sich an, was man gegen eine solche Berichterstattung unternehmen könne? Und Tamedia bringt diesen Unfug kommentarlos, anstatt tiefer zu bohren?

Sackschwach, peinlich. Für alle Beteiligten.

Die Selenskyj-Show

ER ist gekommen. Wahnsinn.

Deutsche schwadronieren in solchen Fällen vom Mantel der Geschichte, der weht. In der Schweiz hat man’s eine Nummer kleiner, aber man merkt deutlich, dass die Schweiz etwas aus dem Häuschen ist. Also die Eidgenossen nicht, aber viele Politiker und die Massenmedien.

Denn er ist gekommen, er ist da. Der grosse Freiheitsheld, der unerschrockene Kämpfer gegen Russland und gegen die Korruption. Auf beiden Gebieten ist Wolodymyr Selenskyj letzthin nicht sonderlich erfolgreich; vielleicht muss er bald seine Luxusvilla im Exil in Italien beziehen. Oder vielleicht sein Pied-à-terre in London.

Wie auch immer, nun ist er erstmal in der Schweiz. In Bern hat ihn unsere frischgebackene Bundespräsidentin Viola Amherd empfangen. Gemeinsame Pressekonferenz, der Mann in seiner gewohnten olivgrünen Kampfausrüstung, Bart, ernster, entschlossener Blick, von den besten PR-Profis der Welt gedrechselte Reden, super. Allerdings wollte sich der chinesische Ministerpräsident, obwohl auch in Bern, nicht mit ihm treffen. Blöd auch.

Das ändert nichts daran, dass die Schweiz und der ukrainische Präsident einen grossen Friedensgipfel ankündigen. Endlich kann die Schweiz wieder ihre Rolle als neutraler Vermittler wahrnehmen, oder nicht? Dass sie sämtliche US- und EU-Sanktionen gegen Russland mitmacht, obwohl sie dazu nicht verpflichtet wäre, kann doch wohl nicht hinderlich im Weg stehen, oder? Dass sie dabei sogar den Rechtsstaat aushebelt, indem von diesen Sanktionen in der Schweiz betroffene Russen keinerlei Möglichkeit haben, sich dagegen auf dem Rechtsweg zu wehren – macht doch nix, neutral ist neutral, Matterhorn, Heidi, Swiss Chocolate und die Rolex nicht vergessen.

Nun macht ein «Friedensgipfel» eigentlich nur Sinn, wenn alle Kriegsparteien sich an einen Tisch setzen. Nur fehlt hier Russland. 2021 trat Präsident Putin noch per Videoschaltung am WEF auf, darauf verzichtet er dieses Jahr.

Im Vorfeld des WEF fand schon mal eine Konferenz mit mehr als 80 Delegationen in Davos statt, bei der über ukrainische Vorschläge für einen «dauerhaften Frieden» palavert wurde. Immerhin fiel dem Schweizer Aussenminister Ignazio Cassis ein und auf: «Es braucht einen Schritt, Russland auf die eine oder andere Weise einzubeziehen.» Denn die Kriegspartei nahm nicht an dieser Konferenz teil, ebenso wenig wie China.  Womit sie nur dem Motto genügte «Schön, haben wir drüber geredet». Russland bezeichnet die ganze Veranstaltung als «Farce», was nicht gerade nach einem Gesprächsangebot aussieht.

Grundlage für die Besprechung ist die sogenannte «Friedensformel», mit der Selenskyj bereits seit Ende 2022 hausieren geht. Sie beinhaltet zehn Punkte, darunter: Beendigung der Feindseligkeiten und der Abzug der russischen Truppen, internationaler Sondergerichtshof zur Untersuchung aller russischen Kriegsverbrechen, Wiedergutmachung, Schutz der Umwelt, internationale Garantien für die territoriale Integrität der Ukraine, Verhinderung einer weiteren Eskalation und Bestätigung des Kriegsendes.

Welche Gegenleistungen die Ukraine erbringen würde, ist nicht bekannt. Dass Russland das nicht als ernst gemeinte Einladung zu Friedensverhandlungen versteht, ist sonnenklar.

Während sich also die Schweizer Medien mit Berichten, verwackelten Videos von der Ankunft Selenskyjs mit dem Zug in Davos und überhaupt überschlagen, sieht die Lage in der Ukraine in Wirklichkeit ganz anders aus.

Nachdem die überlebenswichtige weitere US-Militärhilfe nach wie vor gesperrt ist, geht der ukrainischen Armee langsam, aber sicher die Munition, das Kriegsmaterial und die Mannschaft aus. Demgegenüber ist Russland weiterhin in der Lage, auch horrende Verluste auszugleichen, seine Kriegsproduktion läuft auf Hochtouren. Sollte Donald Trump wieder Präsident werden, ist es sowieso mit der militärischen Unterstützung der USA vorbei. Auch die EU hat zunehmend Mühe, Milliardenhilfsleistungen gegenüber der eigenen Bevölkerung zu vertreten.

Ein Beitritt der Ukraine zur EU oder gar zur NATO ist völlig illusorisch; das Land erfüllt keine der Voraussetzungen. Korruption, Meinungsfreiheit, Demokratie, Opposition, Legitimität des Regimes, der Schönheitsfleck, dass Selenskyj von einem reichen ukrainischen Oligarchen der Wahlsieg gekauft wurde, der sich dann mit einer Generalamnestie für begangene Milliardenbetrügereien bei ihm revanchierte – all das macht solche Schritte unmöglich.

Erschwerend kommt noch hinzu, dass es Selenskyj immer schwerer fällt, neben dem Krieg im Gazastreifen mit seinen Wünschen und Bitten Gehör zu finden; möglicherweise hat er seine 15 Minuten Ruhm bereits ausgereizt. Einzig interessant wird sein, welche finanziellen Zusagen sich der ukrainische Präsident von der Schweiz und anderen Ländern abholt.

Und bislang ist der mediale Jackpot noch nicht geknackt: welches Medium schafft das Exklusivinterview?

«Hauptstadt»? Bern.

Eben. Weitere Folge der Serie «Unsere Leichen leben noch».

Die Idee war naheliegend. Als Tamedia mal wieder eines seiner Versprechen brach und die Redaktionen von «Berner Zeitung» und «Der Bund» weitgehend zusammenlegte (die beiden Organe unterscheiden sich heute durch den Abopreis und dass in der BZ Hebeisen schreibt), sollte eine Alternative entstehen.

Schon ein Jahr später war es so weit. Am 7. März 2022 ging’s mit der «Hauptstadt» los. Der hohe Anspruch: mit zehn Nasen pro Tag einen Artikel rauspusten. Kleiner Dreisatz: wie viele Mitarbeiter bräuchte die «Hauptstadt», um auf den Output von ZACKBUM zu kommen?

Heute sind es auf jeden Fall 13 Mitarbeiter, Pardon, Mitarbeitende, die sich nach wie vor 5 Vollzeitstellen und ein Praktikum teilen. Sie ist nach wie vor werbefrei und «mehrheitlich leser*innenfinanziert». Das Online-Magazin ist im Netzwerk von we.publish. Dort trifft es sich mit «bajour», «Tsüri» und «Kultz». «Kultz» bettelt gerade um 300 neue Zahler, sonst sei dann mal Ende Gelände. «bajour» wird von einer reichen Mäzenin ausgehalten. Passt.

Nach vier Jahren soll keine «Anschubfinanzierung von Stiftungen und Privaten» mehr nötig sein. Falls doch, «bajour» fragen. «Kultz» eher weniger fragen.

Aber wichtiger als all das ist natürlich der Inhalt. Nun ist das gerade ein etwas blöder Moment dafür:

Verständlich, dass nach der übermenschlichen Anstrengung, pro Tag die Welt mit einem Artikel zu überraschen, mal drei Wochen Füssehochlegen angesagt ist. Hoffentlich ohne Flugscham.

Aber zuvor, mit welchen heissen News vermochte die «Hauptstadt» zu punkten? Nebenbei: Das Organ ist ja nicht ganz alleine auf dem Platz, es gibt das «Megafon» und «Journal B». Aber die haben natürlich nicht solche Hammerthemen:

Da hat einer in Wabern einen Verlag gekauft, der das Gratisblatt «Könizer Zeitung» herausgibt. Und will «hinter Bund und BZ zur Nummer drei werden». Diesen Anspruch hat die «Hauptstadt» realistischerweise nicht.

Womit punktet sie denn noch so?

Ba, Ba, Ballenberg. Immer wieder gut, wenn Not herrscht. Jetzt aber mal ernsthaft, wo ist denn der Content?

Nein, hier versteckt er sich auch nicht. Dann vielleicht «SP legt Finanzen offen»? Nun ja, die News haben andere herausgekitzelt, hier wird einfach nachgeschrieben. Oder dann das hier? «Abgewiesene Asylsuchende können im Kanton Bern bei Privaten wohnen. Eine Gesetzesänderung sollte ihre Situation verbessern. Doch Gäste und Gastfamilien erleben das Gegenteil.» Gut, das kann man gelten lassen.

Aber so als monatlicher Ausstoss, für 120 Franken Jahres- oder 240 Franken Gönnerabo? Oder gar das «Gönner-Abo Plus» für 600? Oder doch lieber «Ich kann mir das Abo nicht leisten, möchte aber gerne nach meinen Möglichkeiten für das Abo bezahlen»? Da kann man immerhin mit 1 Franken anfangen, das scheint eine realistische Einschätzung des Gegenwerts zu sein.

Man sei inzwischen bei knapp über 4000 Abos, vermeldete die «Hauptstadt» nach neun Monaten. Nach einem Jahr waren es dann noch 2650 «aktive Abos». Leider betrage die Erneuerungsrate nur 55 Prozent. Frohgemut wurde verkündet, dass man «weiter und nachhaltig wachsen wolle». Das nennt man wohl negatives Wachstum, das ist nie nachhaltig. Es wurde auch eingeräumt, dass man «leicht unter dem Businessplan» liege.

Das ist schönster Business-Bullshit. Eigentlich will man 6000 Abos nach vier Jahren. Nach einem Jahr hat man die Zahl fast halbiert. Läuft also super. Da kann man beruhigt mal in die Ferien gehen. Hat man nach dem Start schliesslich auch schon gemacht. «Nume nid gsprängt», sagt man zu Bern gerne. Auch auf dem Weg zum Friedhof.

 

Armes Rammstein

Alles nur geträumt? Tom Kummer will in Bern gewesen sein.

Früher hatten seine Storys bei der «Weltwoche» wenigstens einen Warnhinweis als Packungsbeilage: «Basierend auf wahren Begebenheiten». Oder auf Deutsch: kann so gewesen sein, muss aber nicht.

Wenn man bei einer Reportage nicht weiss, was erlebt und was erfunden, erschwindelt, halluziniert, gedichtet ist, wieso soll man sie dann noch lesen? Also stellte ZACKBUM die Lektüre von Kummertexten als Zeitverschwendung ein. Schlimm genug, dass die «Weltwoche» ihren kostbaren Platz darauf verschwendet.

Nun will Kummer beim Konzert von Rammstein in Bern gewesen sein und schreibt darüber. Das hat – was immer man vom Sänger und von der Musik und den Texten halten mag – die Band nicht verdient. Schon im Lead türmt Kummer Geschwurbel aufeinander: «Überwältigungskunst, deutsche Seele, Richard Wagner, «Blade Runner», Friedrich Nietzsche».

Hier beschleicht einen zum ersten Mal der Verdacht: ist Kummer eine KI? Oder hat er einen Chatbot diesen Text schreiben lassen?

Denn genauso schwülstig geht’s weiter: «Deutsches Bombergeschwader, Heimatkrieg, Bern brennt!» Interessant, dass solche Beschallung ermüdend langweilig sein kann, obwohl der Autor atemloses Stakkato imitieren will. «Hier ist jetzt alles möglich. Auch der Untergang», fabuliert Kummer. Jeglicher Reporterstolz ist bereits untergegangen.

Sieht er aber anders: «ich denke bereits ein wenig wie vielleicht der deutscheste aller Komponisten, Richard Wagner». Denken wie Wagner? Auf eine solche Sottise muss man erst mal kommen. Einzig gesicherte Tatsache ist: so hat Wagner nie gedacht.

«Filmästhetik von Leni Riefenstahl … ewige Strahlkraft der Nazi-Ästhetik, die im Pop nie verschwunden sei … Schlachtenszenen aus «Herr der Ringe»… Bomben fallen! Das Feuer breitet sich jetzt aus … jene vorderste Front, wo in einem wahren Krieg der Fleischwolf beginnt.»

Was wohl Kummer vom wahren Krieg weiss? Wohl so viel wie von Wahrhaftigkeit. Dafür schwurbelt Kummer hemmungslos alles durcheinander: «Es ist jene magische Stelle, von wo aus Helmut Rahn im alten Wankdorf beim WM-Finale 1954 mit dem linken Fuss das Tor schiesst, das heute noch ein Zeichen des Aufbruchs nach dem verlorenen Weltkrieg und den Entbehrungen der Nachkriegszeit gilt.»

Während Kummer wie Wagner denkt und wie ein Irrwisch schreibt, muss nun auch noch Nietzsche dran glauben. Der ist im Banalduktus nie weit: «Er hätte seine wahre Freude an Rammstein gehabt.» Weiss Kummer, der nun wohl auch wie Nietzsche denkt. Aber eigentlich ist er ja an einem Konzert. Oder auch nicht. Weiss man’s? «Es regnet gerade K.-o.-Tropfen – so jedenfalls sieht’s aus, als der Anführer eine Wasserflasche ins Publikum wirft und einige Mädchen auf die Knie fallen, um die Flasche kriechend aufzuspüren.» Check, sagt man da in Kummers Wahlheimat, auch dieser Punkt ist abgehakt.

Aber es ist mal wieder Zeit, beliebig Namen regnen zu lassen. «Goethe, Brecht und KraftwerkTheodor Fontane und die Gebrüder GrimmWilhelm Busch.» Ob da die KI wieder mal mit den Namen deutscher Autoren gewürfelt hat? Wieso ist ihr dann nicht «Dichtung und Wahrheit» eingefallen? Ist doch von Goethe. Hätte Nietzsche auch gefallen. Wagner wollte es vertonen. Busch zeichnen. Alles wahr.

Aber nun schlüpft Kummer aus dem Kopf von Wagner, Nietzsche und wem auch immer. Dafür in den Kopf von Konzertbesuchern: «Es sind auch ältere Menschen darunter, die aussehen, als hätten sie sehr viel Zeit mit Videospielen verbracht, wo sie in Rollen von folternden und tötenden Figuren geschlüpft sind.»

Nun ist Kummer auf Betriebstemperatur: «Die Wankdorf-Frauen, die mich einkreisen, fordern jetzt den totalen Krieg.» Obwohl er an einem Rammstein-Konzert ist, hat er nicht kapiert, wo der Unterschied zwischen künstlerischer Provokation und kunstloser Geschmacklosigkeit liegt.

Aber he, Kummer ist nicht einfach ein normaler Besucher: «Schliesslich gibt’s auch im Wankdorf einen Backstage-Bereich, konnte mich selbst davon überzeugen.» Natürlich gibt’s den, nur: wenn Kummer das behauptet, ist man geneigt, an seiner Existenz zu zweifeln.

Aber leider ist er immer noch nicht fertig, er muss ja noch zur Apotheose kommen, zum Erhabenen, wie das Nietzsche im wagnerischen Sinne mit den Worten Fontanes und in den Zeichnungen von Busch sagen würde. Oder so: «Die deutschen Bomber sind nach Bern gekommen, um uns mit Stechschritt und Poesie, Brachialität und Innerlichkeit, Feuer und Detonationskringel zu unterhalten.»

Das mag ja sein. Aber sie haben vergessen, Kummer Stadionverbot zu erteilen. Oder sie haben es gemacht und er war gar nicht dort. Oder er hat’s Konzert verpasst. Man weiss es nicht. Aber man weiss, dass dieser Text unerträgliches Hypern ist, ein abschreckendes Beispiel dafür, was herauskommt, wenn ein Nichtkönner versucht, New Journalism und Gonzo zu kreuzen. Und Gonzo konnte höchstens Hunter S. Thompson, aber auch der nicht immer.

 

Dampf ablassen

Ist’s auch Wahnsinn, so hat’s doch Methode.

Der schöne Schein: «Die Dampfzentrale Bern versteht sich als kultureller Begegnungsort sowohl für das Publikum als auch für die Kunstszene.»

Die hässliche Wirklichkeit: Tanzperformance, Nachgespräch für

«BIPoC (Black, Indigenous und People of Colour) only».

Richtig gelesen, Weisse müssen draussen bleiben. Erklärung: «Das Schaffen von Safer Spaces als eines der möglichen Mittel auf dem Weg zu einer rassismusärmeren Gesellschaft.» Oder auf Deutsch: Apartheid gegen Weisse.

Das hier ist das «Team» der «Dampfzentrale» in Bern, das jährlich mit 2,5 Millionen Steuerfranken unterstützt wird.

Fällt etwas auf? Genau, nur weisse Dumpfbacken schauen uns an.

Sie sind gut unterwegs zu einem völlig ausser Rand und Band geratenen umgekehrten Rassismus. Arroganter und paternalistischer als die schlimmsten Kolonisatoren meinen sie, man müsse armen Farbigen in der Schweiz Schutz und Rettung zukommen lassen. So berichtet Bettina Weber in der SoZ.

Würden sie diesen Unsinn selbst finanzieren, könnte man es bei Gelächter bewenden lassen. Aber mit Millionen von Steuerfranken unterstützt?

«Hauptstadt»-Hype?

Mal wieder ein Crowdfunding. Mal wieder Jubel. Allerdings auf bescheidenem Niveau.

Wenn man die Latte tief legt, kann man sie ohne gewaltige Anstrengung überspringen. Das Projekt «Hauptstadt» hat die Latte niedrig gelegt.

Als Markttest, ob es in der Nicht-Hauptstadt Bern einen Bedarf nach einer Alternative zum Einheitsbrei aus dem Hause Tamedia gibt, wirft ein Kollektiv nach nur einem Jahr Brützeit eine Alternative auf den Markt.

1000 Abos sollten es schon sein, damit das Online-Blatt weiterverfolgt wird. Denn existieren tut es noch nicht. Preisvorstellungen hat es hingegen klare:

120 Franken im Jahr ist der Minimal-Obolus, Firmen und Gönner dürfen bis zu 600 Fr. hinlegen. Dann gibt es noch die putzige Möglichkeit

«Ich kann mir das Abo nicht leisten

Hier kann man einen «freien Betrag» wählen, um dabeizusein. Freundlicherweise wird versprochen, dass bei einem Scheitern des Crowdfundings die Einzahlung – minus Transaktionsgebühr – zurückerstattet wird.

Aber eigentlich wussten die Macher natürlich, dass man sich in der Schweiz schon ziemlich blöd anstellen muss, wenn man für ein alternatives Projekt nicht 1000 Zahlungswillige zusammenkratzen kann. Inzwischen (Stand Dienstag) sind es schon knapp 2000; ab dieser Schwelle wird dann sogar noch ein «Ausbildungsplatz» versprochen.

Alle guten Kräfte sind natürlich dabei

Alle guten Kräfte sind natürlich an Bord, selbst der «Hauptstädter» Alec von Graffenried, eigentlich «Stadtpräsident von Bern», liefert mit vielen anderen ein Testimonial ab.

Bei 4000 Abos sei man dann «fast selbsttragend», im Fall. Das wären dann also, machen wir eine Mischrechnung und sagen 200 Franken pro Hauptstädter, im Jahr 800’000 Budget. Es kann wohl davon ausgegangen werden, dass noch ein paar vermögende Menschen ein Extra-Batzeli springen lassen, damit wäre die «Hauptstadt» sicherlich über der Millionenschwelle.

Das alles ist wunderbar, und ZACKBUM begleitet immer neue Versuche, etwas Qualität und Content in den Medieneinheitsbrei der Schweiz zu werfen, mit grosser Sympathie. Bis wir dann bitterlich enttäuscht werden, wie vom Fehlalarm-Skandalblatt «Republik», das trotz dem grossmäuligen Anspruch, die Demokratie retten zu wollen, einfach zur Selbstbespassungsmaschine von Gesinnungstätern für Gesinnungstäter denaturiert ist.

Heisse Luft oder Heissluftballon?

Aber davon ist die «Hauptstadt» noch weit entfernt; vom Inhalt ist nur eher Wolkiges bekannt: «Die «Hauptstadt» berichtet über die Stadt und die Agglomeration Bern mit ihren 400’000 Einwohner*innen. Neben einem Newsletter, der den Leser*innen das Sortieren der lokalen Nachrichten erleichtert, sind Recherchen, Reportagen und Kolumnen die publizistischen Kernelemente. Die «Hauptstadt» ist werbefrei und verzichtet auf Klick-Journalismus. Wir werden täglich präsent sein, versprechen aber nicht eine bestimmte Anzahl Artikel pro Tag.»

Vielleicht kriegen die das mit der deutschen Rechtschreibung auch noch hin bis zum echten Erscheinen.

Leichter Dämpfer für den Optimismus

Nimmt man die Vorbilder der «Hauptstadt» zur Hand, dann dämpft sich der Optimismus schon deutlich. Es sind ausschliesslich gesinnungsfinanzierte Organe, meist auch noch von reichen Mäzenen alimentiert. Also keinerlei Notwendigkeit, sich mit einem überzeugenden Angebot am Markt bewähren zu müssen, wo einzig Angebot und Nachfrage herrschen, reguliert durch den Preis, der einen Mehrwert für den Käufer beinhaltet.

Falsches Vorbild: Millionengrab «bajour».

Das ist beispielsweise bei «bajour», auch auf der Liste, nicht der Fall. Hier blödelt eine aufgepumpte Redaktion weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit langweilig und ohne Aktualitätsanspruch vor sich hin. Solange der Rubel einer Milliardärin rollt, konkret eine Million pro Jahr, lässt es sich angenehm davon leben, anschliessend wird die Arglist der Zeit beklagt, und Basel ist nach der «TagesWoche» um eine Medienleiche reicher, die nur als am Tropf hängender Zombie überhaupt eine Weile Untoter spielen konnte.

Geht das der «Hauptstadt» auch so? Wir hoffen es inständig nicht. Denn selbstverständlich ist es ein Skandal, dass Tamedia auch dieses Versprechen, «Berner Zeitung» und «Bund» nebeneinander bestehen zu lassen, gebrochen hat. Normalerweise hat jede Hauptstadt in Europa und in Demokratien weltweit mehr als eine Zeitung. Meinungspluralismus und so, das gilt auch für eine Bundesstadt wie Bern.

Also alles Gute für die «Hauptstadt». Vielleicht machen wir ja auch von dieser Möglichkeit Gebrauch, ein Abo abzuschliessen:

«Es gibt auch nach Abschluss eines Abos keinen Zwang, die «Hauptstadt» zu lesen. Man kann auch einfach einen jährlichen Beitrag zahlen, damit es den «Neuen Berner Journalismus» überhaupt gibt und unabhängige Journalist*innen den Mächtigen auf die Finger schauen und den Nicht-Mächtigen Gehör verschaffen.»

Wir empfehlen dieses Modell auch anderen Dienstleistern. Zum Beispiel Fitnessclubs. Schliesse ein Abo ab, dann fühlst du dich besser, und andere kriegen neue Geräte zum Trainieren. Superidee.

Bundeshaus im Sturm

Ist Trump überall? Was geschah in der Nacht zu Bern? Ein Sturm im Wasserwerferglas?

Berset, Amtsmissbrauch, Staatsaffäre? I wo, es gibt Schlimmeres. Nämlich demonstrierende Corona-Skeptiker. Leugner, Aluhutträger. Verschwörungstheoretiker. Gewaltbereite Staatsfeinde. Erst noch Tausende davon versammelten sich am Donnerstagabend zu einer unbewilligten Demonstration in Bern.

Normalerweise sieht man dann solche Fotos:

Hoppla, das obere stammt von einem der Krawalle vor der Berner Reitschule.

Wie man aber auf dem unteren Foto sieht, gab es ernsthafte Versuche, das Bundeshaus zu stürmen. So sieht das zumindest der «Blick».

Im Thurgau gelungen, zu Bern verhindert.

Brechen in der Schweiz nun auch amerikanische Verhältnisse aus? «Sturm aufs Bundeshaus», das liegt brandgefährlich nahe beim «Sturm aufs Kapitol». Wir erinnern uns: nach seiner Wahlniederlage stimulierte der Loser Donald Trump seine Anhänger dazu, zum Kapitol zu marschieren. Was dann dort geschah, das wollte er natürlich nicht verantworten.

Ist es nun in der Schweiz auch so weit? War das der erste, untaugliche Versuch, Hand an das Symbol der Schweizer Demokratie zu legen? Gehen geistig verwirrte Coronaleugner den gleichen Weg wie enthemmte Trump-Anhänger? All diese Fragen stellen sich die Mainstream-Medien schreckensbleich.

Auch Tamedia befürchtete das Schlimmste.

Für ein Mal fasst «watson» die der Massendemonstration folgende verbale Aufrüstung gut zusammen:

Dem «Blick» ist es zudem gelungen, einen Hintergrund zu den Ausschreitungen auszuleuchten:

Wir fragen uns: haben denn wieder die «Freiheitstrychler» des Grauens die Massen aufgepeitscht, möglicherweise angeführt von Bundesrat Maurer? Musste die Sondereinheit Tigris der Bundespolizei eingreifen? Man weiss nichts Genaues, aber das hier ist dokumentiert:

War das der Anfang der Ausschreitungen?

Können wir wieder eine Linie ziehen:

Lärm von Kuhglocken – Ueli, der Treichler – Gewalt und Chaos vor dem Bundeshaus – Sturm auf die Bundeskuppel?

Aber immerhin, diesmal setzt CH Media die richtigen Prioritäten, muss lobend erwähnt werden:

Das «Tagblatt» verknüpft die Ostschweiz mit dem Triumphbogen in Paris.

Aber zurück zur Nacht des Grauens; wie war es denn wirklich in Bern? Schliesslich haben doch die grossen Medienkonzerne allesamt Bundeshausredaktionen. Das gehört schliesslich zur Grundversorgung mit Informationen, dafür müssen die Verlegerclans dringend eine weitere Subventionsmilliarde erhalten. Die sind doch sicherlich alle ausgeschwärmt, um die Schweizer Bevölkerung mit Informationen aus erster Hand zu versorgen.

Im Prinzip ja. In der Praxis zitiert der «Blick» einen «SDA-Reporter», der offenbar mutterseelenallein vor Ort war. Alles andere wurde in den Verrichtungsboxen im Newsroom aus dem Internet gesaugt. Das ist der Qualitätsjournalismus von heute.

Wie endete dann die Krawallnacht? Nun, ungefähr so:

Pardon, das ist schon wieder ein Foto einer Krawallnacht der friedliebenden Anhänger der Berner Reitschule.