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Traumtänzerei

Was wäre, wenn der Journalismus funktionieren würde?

«Die Frage, wieweit Canonicas Opferhaltung glaubwürdig ist, soll nun auch im «Magazin» publizistisch «angemessen» thematisiert werden. Am Mittwoch waren zumindest entsprechende Aufforderungen an die Redaktion zu hören.»

Das schreibt Lucien Scherrer in der NZZ. Er will über den Verlauf einer Aussprache bei Tamedia informiert sein, die letzten Mittwoch stattgefunden haben soll. Bei ihr seien der Tamedia-Boss Pietro Supino und der Oberchefredaktor Arthur Rutishauser aufgetreten. Supino soll von einer «schmutzigen Geschichte» gesprochen haben, auf die «man jedoch korrekt reagiert habe», will die NZZ wissen.

Zunächst: korrekt reagiert? Wenn Supino das wirklich meint, muss man sich Sorgen um die Tx Group machen. Denn wenn der Chef den Kontakt zur Realität verliert, ist Feuer im Dach. Tamedia eierte sich kommunikativ (als Medienhaus!) geschickt in einen GAU hinein.

Zunächst der edle Verweis auf «Persönlichkeitsschutz», der leider weitere Informationen verbiete. Ausser, dass man die Vorwürfe von Roshani sehr ernst genommen habe. Bereits einen Tag später war es mit dem Schutz vorbei; ohne bei den Betroffenen ihr Einverständnis einzuholen, wurde fröhlich eine Zusammenfassung einer externen Untersuchung veröffentlicht. Zuerst an die Angestellten verteilt, im sicheren Wissen, dass sie so in einer Minute überall gestreut sei.

In dieser Zusammenfassung bekommen sowohl Canonica wie Roshani ihr Fett ab. Der Bericht forderte im Fall Canonicas nur Sensibilisierung, Coaching und Führungskurse. Stattdessen suchte er Mitte letzten Jahres keine neue Herausforderung, wie bislang das Wording war, sondern wurde gefeuert. Ebenso wie Roshani dann im September.

Wie auch die berühmten, nicht namentlich genannt sein wollenden Quellen ZACKBUM versichern, herrscht zurzeit bei Tamedia eine Bombenstimmung. Denn nicht nur Canonica, eigentlich alle Redaktoren kriegen zu hören, bei welchem Schweinebackenverlag sie denn arbeiten würden.

Vielleicht wäre der Vorwurf angebrachter, bei welchem Verlag von Inkompetenten sie ihre üppigen Saläre einstrichen. Denn in all diesen Fällen von Sexismus-Vorwürfen sind die Journalisten in keiner Weise ihrer angeblichen Kernkompetenz nachgegangen: recherchieren, untersuchen, Beleg sammeln, Zeugen finden, Artikel machen.

78 erregte Tamedia-Journalistinnen hatten einen Protestbrief unterzeichnet, der mehr als 60 verbale Übergriffe aufzählte. Fast zwei Jahre danach ist es in keinem einzigen Fall bekannt, ob er sich wirklich so zugetragen hatte – oder nicht. Das ist ein klägliches Versagen.

In der neusten Attacke behauptet die Autorin Anuschka Roshani, dass verbale Ausfälligkeiten ihr gegenüber nicht nur unter vier Augen oder Ohren stattfanden, sondern coram publico. Also in Anwesenheit von Zeugen. Canonica hingegen behauptet in einem Verteidigungsschreiben, dass das alles gelogen sei. Zudem habe die gesamte Redaktion einen Brief verfasst, in dem sie die Anschuldigungen Roshanis als «absurd» zurückgewiesen hätten und ihm den Rücken gestärkt. Dieser Brief sei an die Geschäftsleitung und den Verwaltungsrat gerichtet gewesen.

Es liegen also genügend recherchierbare Behauptungen vor. Eine klare Ja/Nein-Sache ist auch, dass die Verlagsleitung behauptet, Roshani sei der Inhalt des Untersuchungsberichts über ihre Anschuldigungen zur Kenntnis gebracht worden. Roshani bestreitet das.

Gibt es diesen Brief, gab es Ausfälligkeiten Canonicas vor Zeugen, hat Roshani den Bericht oder nicht, sind die von ihr belegten Beispiele aus dem Zusammenhang gerissen, wie Canonica behauptet, Ausdruck einer freundschaftlichen Scherzebene, über die beide gelacht hätten – oder sind es widerliche Ausrutscher?

Hat Canonica anzüglich mit einer Frauenbrust aus Plastik gespielt oder war es ein Brustimplantat, das er bei einer Reportage erhielt? Zumindest ein aus anonymer Quelle stammender Vorwurf ist weggeräumt: Big Boss Supino zwang CH Media zu einer «Korrektur und Entschuldigung». Der Wanner-Clan hatte dem Vertreter des Coninx-Clans schriftlich unterstellt, er habe Canonica nahegestanden und seine schützende Hand über ihn gehalten.

Ein weiteres Thema, die «anonymen Quellen». Der «Blick» arbeitet damit, CH Media arbeitet damit, die NZZ auch, sogar die «Zeit» will von gleich fünf ehemaligen Mitarbeitern dies und das bestätigt bekommen haben.

Auch das wäre ein Thema für Recherchen. Gibt es diese anonymen Quellen? Oder sind sie erfunden? Wenn es Ohren- und Augenzeugen gegeben haben soll, was sagen die? Wann wird dieser Solidaritätsbrief veröffentlicht, wenn es ihn gibt? Was kann man über die Arbeitstätigkeit von Roshani sagen? Stimmt es, dass sie eine Blindbewerbung auf die damals noch von Canonica besetzte Stelle des Chefredaktors «Magazin» bei der Geschäftsleitung deponiert haben soll?

Wie man sieht: es gäbe jede Menge Pisten, Hinweise, Andeutungen, Behauptungen, denen man nachgehen könnte. Dass feministische Schreihälse wie Franziska Schutzbach diese Anschuldigungen zum Anlass nehmen, sich mal wieder über die unerträgliche Machokultur im Journalismus zu beklagen, obwohl sie via ihren Partner und «Magazin»-Redaktor eigentlich aus erster Hand schon lange wissen sollte, wie es dort zuging – oder eben nicht –, geschenkt, das ist billiger Klamauk.

Aber wieso bildet die «Magazin»-Redaktion nicht eine Task Force, die diesen konkreten Fall aufarbeitet? Wäre das nicht eine Sache für das sogenannte Investigativ Desk, mal eine Abwechslung zum Ausschlachten von gestohlenen Geschäftsunterlagen?

Oder kurz gefragt: Wieso gehen die Hunderte von Journalisten im Hause Tamedia nicht einfach mal ihrem Beruf nach? Wieso lassen es alle anderen beim zitieren von angeblichen Quellen bewenden, die offenbar auch – anonym macht mutig – Stuss erzählen?

War es wirklich «noch viel schlimmer», sind Roshanis Anschuldigungen nur «die Spitze des Eisbergs», herrschte «Psycho-Terror»? Oder ist Canonica ein weiteres Opfer einer rachsüchtigen Untergebenen?

Das sollte doch rauszufinden sein. Aber eben, welcher Journalist arbeitet heute eigentlich noch als Journalist?

… aus den Löchern

Halali. Die Jagd auf Tamedia ist eröffnet.

Das muss man mal hinkriegen. Innerhalb von nur zwei Tagen ist die Affäre Canonica zu einem Tamedia-Skandal gereift. Dank selten unfähiger Kommunikation der Verlagsspitze.

Von einem verkniffenen Anschwärzen der ehemaligen «Magazin»-Redaktorin Anuschka Roshani mitsamt Verweis, dass man aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes nix mehr sagen könne, gelangte die Geschäftsleitung schnell zur Veröffentlichung einer Zusammenfassung des Untersuchungsberichts. Scheiss auf Persönlichkeitsschutz, sowohl bei Roshani wie bei Finn Canonica.

Man kann davon ausgehen, dass beide nicht um ihr Einverständnis angefragt wurden, bevor die hyperventilierende Geschäftsleitung das Papier öffentlich machte.

Darin wird die Kritikerin kräftig runtergebürstet, aber auch Canonica kriegt sein Fett ab. «Fäkalisierte Sprache», wunderbarer Ausdruck. So nebenbei haut sich die Tamedia-Spitze selber eine rein. Hiess es zuvor, Canonica habe von sich aus eine neue Herausforderung gesucht, wird nun klargestellt, dass man ihn gefeuert hat.

Aber es gibt noch einen kitzligeren Punkt, der wohl zu Köpferollen führen wird. Die GL behauptet, Roshani habe den Untersuchungsbericht bekommen. Sie bestreitet das. Einer von beiden sagt die Unwahrheit. Die Logik gebietet zu vermuten, dass sie in ihrem Anklageartikel sicherlich auf diesen Bericht eingegangen wäre, hätte sie ihn gekannt.

Wird also die GL dabei ertappt, zu allem zu auch noch die Unwahrheit gesagt zu haben, dann muss das personelle Konsequenzen haben. Der Newcomer Müller von Cronenblum würde sich anbieten. Allerdings steht Arthur Rutishauser eine halbe Etage unter ihm und war der direkte Vorgesetzte von Canonica. Müsste also mit staatstragenden Worten ein Sündenbock gesucht werden …

Es gibt allerdings schon zwei sehr widerliche Aspekte in der ganzen Affäre. Roshani behauptet, Canonica habe seine «fäkalisierte Sprache» und seine ständigen sexuellen Anspielungen auch coram publico vorgeführt, also vor der gesamten Redaktion. Es ist kaum anzunehmen, dass sie das erfunden hat.

Das bedeutet also, dass eine ganze Reihe von edlen Gutmenschen teilweise über Jahre diese Unappetitlichkeiten eines offenbar gestörten Menschen anhörte – und dazu schwieg. Alle diese Aufdecker von Skandalen, diese Kämpfer gegen Sexismus, diese tapferen moralinsauren Besitzer der Wahrheit, des Guten und moralisch Richtigen – die haben aus Feigheit oder Arbeitsplatzsicherung jahrelang zugehört und geschwiegen?

Sie tun es weiterhin; allen von ZACKBUM angeschriebenen Edelfedern des «Magazins» ist die Tinte getrocknet. Keiner von ihnen wagt es, etwas Mumm und Zivilcourage statt feigem Schweigen zu zeigen. Auch kein ehemaliger. Wo bleibt da Peer Teuwsen, wo bleibt Martin Beglinger, wo bleiben alle, die im Impressum des «Magazins» verzeichnet sind? Welche Bankrotterklärung.

Gleichzeitig kommen nun viele aus den Löchern, die niemals bereit wären, vor der eigenen Türe zu kehren, und ergehen sich in billigen Solidaritätsadressen oder Tamedia-Beschimpfungen. Patrizia Laeri, selbst immer schnell und vergeblich mit dem Sexismus-Vorwurf zur Hand, wenn man ihre dubiose Geschäftspolitik kritisiert, droht dunkel: «Nun bricht nach diesem Text aber gerade so viel auf, dass ich nicht mehr verdrängen kann und will.» Müssen wir uns hier auf neue Enthüllungen gefasst machen?

Christof Moser findet nach bitteren Worten über die von ihm mitgegründete «Republik» nun bittere Worte über die Tx Group und fordert dort Köpferollen, so wie seiner gerollt ist. Habe das keine Konsequenzen, sei «dieser Konzern noch verkommener als gedacht».

Währenddessen schweigt der neue Chefredaktor a.i. der «Republik» weiter eisern. Dabei müsste die schreibende Schmachtlocke Daniel Binswanger doch sehr gut wissen, wie sein Freund Canonica so drauf war. Ebenso wie der Kampffeminist Philipp Loser. Aber eben, mutig gegen andere wäffeln und ganz allgemein Missstände verbellen, ist das eine. Zivilcourage das andere.

Dafür kommen Leute aus den Löchern, die eigentlich ein Schweigegelübde einhalten sollten. So der «Kosmos»-Bruchpilot Patrick Frey, dem 72 von ihm mitverantwortete Arbeitslose zwar scheissegal sind. Der aber Zeit findet, sich darüber zu mokieren, dass Tamedia-Redaktorin Michèle Binswanger über die Entstehungsgeschichte ihres Buchs über die Landammannfeier zu Zug schreiben darf.

Dazu gab es am Sonntagabend im Kaufleuten die Vernissage. Das war dann ganz bitter für die hasserfüllte Kämpferin gegen Hass im Internet und ihren abbröckelnden Fanclub und Hassmob. Es ist halt etwas anderes, anonym im Netz zu keifen als sich zu trauen, an einer öffentlichen Versammlung zumindest eine Frage zu stellen. Obwohl düstere Ankündigungen durchs Netz schwirrten, dass man doch etwas unternehmen solle, verlief der Abend vollkommen friedlich und ungestört. Es wurden nur lammfromme Fragen gestellt. Was für eine feige Bande.

Ausser Konkurrenz sozusagen läuft Profi-Wäffler Hansi Voigt, der als gefeuerter «20 Minuten»-Mann selber noch ein Hühnchen mit Tamedia zu rupfen hat. Ebenso wie Salome Müller, die in den edlen Spalten der «Zeit» auch noch gegen ihren ehemaligen Arbeitgeber nachtritt. Natürlich mit lediglich anonymen Zeugen, wie es halt so ihre Unart ist. Obwohl ihr dortiges Wirken am Ende des Artikels vermerkt ist: im anständigen Journalismus hätte diese Interessenskollision verhindert, dass sie zu diesem Thema schreiben dürfte.

Ein besonders breite Schleimspur hinterlässt Kerstin Hasse. Kerstin who? Nun, die Quotenfrau der Chefredaktion, die bislang noch nie durch irgendwas anderes als durch lustige Ferienfotos aufgefallen ist und die angeblich irgendwas mit digitalem Storytelling machen soll.

Vielleicht nicht das: «Als Mitglied der Chefredaktion und nicht zuletzt auch als Frau kann ich dazu nicht schweigen.» Wäre aber besser gewesen: «Mobbing und Sexismus haben in einer guten und gesunden Unternehmenskultur keinen Platz.» Ach was, gut, dass es Hasse gibt, die uns darauf aufmerksam macht. Aber die Schleimspur geht noch weiter: «Ich möchte zudem nicht versäumen,» – das ist digital Storytelling at its best! – «dem tagi-magi meinen Dank auszusprechen. Die Redaktion hat im letzten Jahr viel durchgemacht und dennoch grossartige Arbeit geleistet.»

Das werden sich nun die stummen «Tagi-Magi»-Mitarbeiter einrahmen und an die Wand hängen, als Motivationsspritze, ja nicht so zu schwiemeln.

Es ist schon phänomenal. Bis am Freitag konnten sich die Mitarbeiter bei Tamedia noch an den Problemen delektieren, die Ringier-CEO Marc Walder dem «Blick» eingebrockt hatte. Und nun sind sie selber im Zentrum eines eigenen Skandals. Dumm gelaufen.

Widerliche Gutmenschen

Was ist nur im «Magazin» von Tamedia los?

Starker Tobak: «Als Finn Canonica 2007 »Magazin«-Chefredakteur wurde, begann er ein Regime des Mobbings. Ich war nicht die Einzige, er nahm auch Männer ins Visier. Eine Kollegin entließ er ohne Vorwarnung. Als ihr das Mutterblatt des »Magazins«, der »Tages-Anzeiger«, direkt danach eine Reporterstelle anbot, soll Canonica gesagt haben, man untergrabe seine Autorität, würde man sie dort anstellen. Sie trat die Stelle nicht an.»

Das schreibt die langjährige «Magazin»-Journalistin Anushka Roshani im «Spiegel». Sie war von 2002 bis 2022 dort angestellt, bis sie laut eigenen Angaben «im September 2022 ohne Angaben von Gründen die Kündigung erhielt». Gleichzeitig klagt sie «wegen Verletzung der Fürsorgepflicht aufgrund sexistischer Diskriminierung und Mobbings» gegen ihren ehemaligen Arbeitgeber.

Sie gehörte zu den erregten Frauen, die einen Protestbrief gegen angeblich unerträgliche, sexistische und demotivierende Zustände bei Tamedia unterzeichnet hatten. Ohne dass allerdings ihre oder andere Beispiele namentlich genannt wurden.

Also ist Roshani nicht gerade eine objektive Zeugin oder unbeleckt von Eigeninteresse. Und die Fähigkeiten des «Spiegel», die Plausibilität von Erzählungen zu überprüfen, ist auch nicht über jeden Zweifel erhaben. Laut persoenlich.com weise der Anwalt des ehemaligen «Magazin»-Chefredaktors die Anschuldigungen zurück. Und Tamedia lässt ausrichten, eine «externe Untersuchung habe Roshanis Vorwürfe «zum überwiegenden Teil» nicht bestätigt». Welcher Teil bestätigt wurde, bleibt offen.

Der «Spiegel» hat sich nach eigenen Angaben nicht alleine auf die Schilderungen von Roshani verlassen: «Der Redaktion liegen Aussagen ehemaliger Kollegen und Kolleginnen, Chatnachrichten, Korrespondenz und Dokumente vor, die die Vorwürfe stützen und insgesamt plausibel erscheinen lassen. Soweit einzelne Vorwürfe, etwa über den Inhalt von Vieraugen­gesprächen, allein auf Wahrnehmungen von Anuschka Roshani beruhen, hat sie diese eidesstattlich versichert.»

Auch hier gilt natürlich wie immer die Unschuldsvermutung.

Aber: Es pfiffen schon länger die Spatzen von den Dächern, dass der abrupte Abgang von Canonica nicht dadurch motiviert war, dass der «eine neue berufliche Herausforderung» annehmen wolle.

Roshani beschreibt eine Unkultur und ein geradezu toxisches Verhalten des Chefs: «Wer zum inneren Kreis gehörte, was sich allerdings jederzeit ändern konnte, genoss Privilegien, bekam Zeit und Platz für Artikel, wurde von Aufgaben freigehalten, musste aber auch, egal ob sie oder er es wollte, Details aus Canonicas Sexleben erfahren. Er mutmaßte über die sexuelle Orientierung oder Neigungen von Mitarbeitern. Äußerte sich verächtlich über jeden, der nicht im Raum war. Bezeichnete unliebsame Themen als »schwul«. Benutzte in Sitzungen fast touretteartig das Wort »ficken«. Erzählte Intimitäten, etwa, dass zwei Redakteure ihre Kinder nur durch künstliche Befruchtung bekommen hätten.»

Ihre persönlichen Erfahrungen schildert Roshani so:

«Im Wesentlichen aber entwürdigte er mich mittels verbaler Herabsetzungen. So unterstellte er mir in einer Konferenz, ich hätte mir journalistische Leistungen mit Sex erschlichen: Ich sei mit dem Pfarrer der Zürcher Fraumünster-Kirche im Bett gewesen, den ich für eine Recherche getroffen hatte. In einer SMS sprach mich Canonica als »Pfarrermätresse« an.
Das war nicht alles. Hinter meinem Rücken nannte er mich vor einer Kollegin »die Ungefickte«. Sagte coram publico zu mir, mein Mann habe »einen kleinen Schwanz«. Brüstete sich in meinem Beisein vor Kollegen mit einem scheinbaren Exklusivwissen über mein Liebes­leben: dass ich zu Beginn meiner »Magazin«-Zeit öfter die Männer gewechselt hätte.»

In dem Artikel dokumentiert Roshani einige ihrer Vorwürfe, so den, dass ihr Canonica bei angeblich zu deutschen Ausdrücken in ihren Manuskripten ein Hakenkreuz daneben gemalt hätte, sie als «Pfarrermätresse» bezeichnet oder ihr mit folgenden Worten zu einer Leistung gratuliert habe: «Obwohl Du eine Frau bist, hast du brilliert.»

Nun könnte man bis hierher sagen, dass hier ein unfähiger und unbeherrschter Diktator Chef gespielt habe, worunter seine Untergebenen zu leiden hatten. Zum systematischen Skandal wird aber diese Beschreibung dadurch, dass Roshani die gesamte Führungsriege von Tamedia beschuldigt, Canonica lange Jahre geschützt und gestützt zu haben:

«Wann immer ich mich zur Wehr setzte, gab er mir zu verstehen, dass ich niemanden im Verlag fände, der mir Gehör schenken würde. Er sitze bombenfest im Sattel und genieße sogar das große Wohlwollen des Verlegers Pietro Supino.»

Mitredakteure hätten gekündigt und teilweise Canonica als Grund bei der Personalabteilung angegeben – keine Reaktion. Nach dem Protestbrief hätten gegen aussen der damalige Geschäftsführer Marco Boselli und auch Oberchefredaktor Arthur Rutishauser Betroffenheit und Null-Toleranz behauptet, aber auf ihre wohldokumentierten Beschwerden sei man nicht eingegangen. Dabei hätte es genügend deutliche Skandale gegeben:

«Nicht mal Canonicas Affäre mit einer Untergebenen und den damit verbundenen Machtmissbrauch fand das Unternehmen als Vorwurf erheblich genug: Erst bevorzugte Canonica seine Geliebte, ohne da­raus einen Hehl zu machen, ging mit ihr auf Dienstreisen, dann, nach dem Ende des Verhältnisses, verbot er uns, mit ihr zu kommunizieren.»

Die Unternehmensleitung, immer laut Roshani, habe alles getan, um das Problem auszusitzen:

«Man ließ mich vollkommen allein in dieser Lage. Ich musste an einem Tisch mit Canonica sitzen, nachdem er schon über meine Vorwürfe informiert war. Vom Stand der Untersuchung erfuhr ich nichts. Längst wissen auch der Verwaltungsrat und der Verleger Pietro Supino von den Vorfällen.
Rutishauser, Canonicas Vorgesetzter, laut ihm sein enger Studienfreund, tat, als wäre ich das Pro­blem. Mein Arbeitgeber behandelt mich, als wäre ich eine Störung des Betriebsfriedens. Und als wäre es ein privater Zwist zwischen mir und Canonica.»

Dass hier ein saftiger Skandal geplatzt ist, scheint auch folgende Aussage von Roshani zu belegen: «So wie sich Canonica anstrengte, mich kleinzukriegen, versucht Tamedia, mich in die Knie zu zwingen. Deren Anwältin behauptet, dass ich alles nur inszeniert hätte, um Canonicas Chefposten zu bekommen.»

Ihre bittere Bilanz:

«Ende Juni gab der Verlag bekannt, Canonica verlasse »Das Magazin«, um eine »neue berufliche Herausforderung anzutreten«. Seitdem hat weder die Leserschaft noch die Redaktion erfahren, wo er ab­ge­blieben ist. Mir sagte man, ich solle mich unterstehen, Gerüchte in die Welt zu setzen, mit meinen Vorwürfen habe sein Weggang nichts zu tun. Aus der Redaktion hieß es, er habe eine hohe Abfindung erhalten.
Canonicas Posten hat sein Vize übernommen, er ist schlicht nachgerückt. Dabei hatte der Verlag nach dem »Frauenbrief« verkündet, dass ab sofort jede Stelle intern und extern zur Bewerbung ausgeschrieben werde. Das ist hier nicht geschehen. Im Editorial verabschiedete der neue »Magazin«-Chefredakteur den alten mit Glanz und Gloria.»

Sicherlich, es handelt sich hier um die Anklageschrift einer einzelnen Journalistin, die zudem offensichtlich mit ihrem ehemaligen Arbeitgeber ein Hühnchen zu rupfen hat. Es erscheint aber sehr unwahrscheinlich, dass sie sich all diese Geschichten aus den Fingern saugt. Denn im Gegensatz zu den bis heute unbewiesenen Behauptungen im Protestschreiben nennt sie konkrete Beispiele, will Zeugen haben und kann auch Belege vorweisen.

Textnachrichten von Canonica (Screenshot «Spiegel»).

Auf ganz üble Verhältnisse deutet diese Bemerkung von Roshani hin, denn viele seiner widerlichen Sprüche hätte Canonica coram publico gemacht. Reaktion: «In der Redaktion tat man trotzdem so, als wäre Canonica einfach nur ziemlich verquer. Als hätte er einen Spleen, mit dem man sich halt arrangieren müsse.»

Es scheint zumindest in der Redaktion des einstmals angesehenen «Magazin» eine toxische Unkultur geherrscht zu haben. Die Frage ist vor allem, wieso so viele auch männliche Mitarbeiter, die sich gegen aussen wortstark für die Sache der Frau und gegen Sexismus und Figuren wie Weinstein aussprechen, in der Reaktion feige die Schnauze gehalten haben.

Spannend wird auch zu beobachten sein, wie Tamedia um dieses Thema öffentlich herumeiern wird. Wetten, dass die Fürsorge des Arbeitgebers und der Persönlichkeitsschutz von Mitarbeitern leider jede offizielle Stellungnahme verhindern wird?

Dabei wäre es für die zahlenden Leser durchaus von Interesse, wie sich ein solch widerlicher Chefredaktor so lange halten konnte. Ob er wirklich Protektion von oben besass. Ob er Herrschaftswissen hatte, das ihn unantastbar machte. Wieso es ihn dann doch gelupft hat, am Schluss. Wieso auch Roshani – laut ihr ohne Begründung – gefeuert wurde. Wie sich das von ihr geschilderte Verhalten von Boselli, Rutishauser und der Tamedia-Führung mit deren Selbstdarstellung nach aussen verträgt.

Aber so gerne Tamedia auch bereit ist, vermeintliche oder echte Skandale anderswo aufzudecken, so verschlossen wie eine Auster ist das Haus, wenn es um den Dreck vor der eigenen Türe geht.

Hilfe, mein Papagei onaniert: Der Sonntags-Salat

Wöchentlich frisch serviert. Diesmal die SoZ und der SoBli.

Mit der NZZaS hat sich ZACKBUM gerade beschäftigt. Also geben wir dem zweiten Organ der gepflegten Nachdenke, des herrschaftsfreien Diskurses und der geistigen Höhenflüge die Ehre: wir sprechen natürlich vom «SonntagsBlick».

Und lassen sogar dessen Chefredaktor in Ruhe. Denn das Wochenblatt thematisiert, was uns allen unter den Nägeln brennt:

Für ganz Gwundrige: was ist wohl das süsse Geheimnis? Wer mehr als einen Rateversuch braucht, ist disqualifiziert. Aber viel wichtiger als eine Schwangerschaft, als die U-Haft für Bersets Medienchef Peter Lauener ist die schöne Idee, einen Streit vom Zaun zu brechen. Sollte das Gas knapp werden, wer kriegt mehr ab? Industrie oder Haushalte? Was wollt Ihr, frische Gipfeli oder warme Stuben?

Der SoBli fordert seine Leser zu seherischen Höchstleistungen auf:

ZACKBUM sagt ganz klar: ja. Im Winter ist es nicht unüblich, dass man friert. Vor allem im Freien und bei Temperaturen unter null Grad. Ausser natürlich, die Klimaerwärmung verhindert das.

Endlich. Der SoBli zeigt wieder einmal, was Boulevard von fein ziseslierter Analyse in Intelligenz-Blättern unterscheidet. Wobei der Titel sogar eine gewisse kulturelle Bildung durchblitzen lässt, denn er ist eine Anspielung auf den Romantitel «Herr der Fliegen». Hier geht’s dann unzimperlich zur Sache:

Soziopath, wütend, kindisch, plump, machtgierig, skrupellos, narzisstisch. Da stünden Boris Johnson sicher die Haare zu Berge, müsste er diese vernichtende Niedermache lesen. Schön, dass es der SoBli krachen lässt. Einziger Wermutstropfen: seine eigenen Schreiber sind bereits so «metoo»-gestrählt, auf Weichspüler geeicht, können vor Rücksichtnahme fast nicht mehr geradeaus laufen, dass es einen britischen Journalisten braucht, um Johnson fertigzumachen. Dass dessen Namen darauf hinweist, dass er nicht englischer, sondern irischer Herkunft ist, macht sein Rabaukentum verständlich.

Das war die Abteilung Hellebarde und Morgenstern, nun noch zum Meister des feinen Floretts, der geschmackvollen Anspielung. Nun ist es aber leider so, dass ihm ein anderer vor der Sonne steht. Denn obwohl er selbst begnadeter Welterklärer, Ratgeber und analytischer Einordner ist, steht da Erich Gysling, «ein weiser alter weisser Mann», im Scheinwerferlicht. Wird interviewt, befragt, in Funk, Fernsehen und auch im Print. Das weckert ungemein, also nimmt beleidigte Leberwurst Frank A. Meyer ein Kurzzitat unter die Lupe. Gysling sagte nämlich: «Der Westen glaubt, er stehe für gute Werte. Vielerorts sieht man das ganz anders.»

Ist das so, fragt Meyer rhetorisch, gibt es neben westlichen Werten auch andere, südliche, östliche zum Beispiel? Obwohl man den armen Gysling dort eher nicht verorten kann, schimpft Meyer drauflos: «Exakt darauf zielt die Infragestellung der westlichen Wertewelt durch die akademische Kulturlinke: Ihr marxistisches Fortschrittsprojekt ist gescheitert.» Nimm das, Gysling, du Kulturlinker mit gescheitertem Projekt.

Denn sind westliche Werte nur westliche Werte? Keinesfalls, behauptet Meyer, so sei beispielsweise der Kantsche Imperativ, also der Stehsatz von jedem, der sich das Mäntelchen eines philosophisch Gebildeten umhängen will, «ebenso universal wie die Erkenntnis, dass jeder Mensch als Gleicher geboren wird».

Wunderbare Formulierung, nur: als Kant diesen angeblich universal gültigen Imperativ formulierte, wäre es weder ihm noch den meisten Denkern seiner Zeit auch nur im Traum eingefallen, Frauen, Schwarze, fremde Völker im Allgemeinen als «Gleiche» anzusehen.

Aber statt sich um solche Kleinigkeiten zu kümmern, rauscht Meyer eine Baustelle weiter und wirft Kraut, Rüben, Gerübeltes und Gequirltes zusammen: «Mit der Idealisierung der «Edlen Wilden» aus dem «globalen Süden», die für jungfräuliche Reinheit stehen, tarnt die Rousseau-romantische Linke ihr reaktionäres Revoluzzertum und die Gegenaufklärung als hippe Rebellion gegen die verachtete Bürgerlichkeit.»

Nein, lieber Leser, weder aus poststrukturalistischer Sicht, noch unter Zuhilfenahme der Luhmannschen Systemtheorie, auch nicht mit Lacan oder Baudrillard, lässt sich das verstehen, selbst Sloterdijk würde sich vergeblich das zerzauste Haupthaar raufen – wir alle verstehen Meyer nicht.

Vielleicht versteht er auch sich selbst nicht, denn zum Schluss kommt es ihm in den Sinn, dass er doch eigentlich Gysling eine reinwürgen wollte. Also kommt er darauf zurück:

«Der hochverehrte Kollege Erich Gysling hat in besagtem Interview noch einen weiteren einprägsamen Satz formuliert: «Wir im Westen glauben immer, die ganze Welt ticke ungefähr so wie wir. Jetzt sehen wir: Das stimmt nicht.» Weil nicht die ganze Welt tickt wie wir, muss die westliche Welt – die offene Gesellschaft – auch für jene Menschen mitticken, die nicht so leben können, die nicht so leben dürfen wie wir. Die Freiheitsfahne flattert im Westen – aber sie flattert für alle.»

Hier verlassen wir den mittickenden Flattermann Meyer und wenden, leicht unfair, ein abgewandeltes Zitat auf ihn an. Denn er ist wohl der Meinung, am universalen westlichen Wesen müsse die Welt genesen. Aber die Zeiten dieser eurozentristischen Weltsicht sind, ausser bei einigen alten, weissen Männern, schon längst passé.

Als Absackerchen diesmal die «SonntagsZeitung». Beginnen wir mit einem bedenkenswerten Satz der Kriegsgurgel Arthur Rutishauser in seinem aktuellen Editorial:

«Würde der Westen die Ukraine fallenlassen und zu einem Diktatfrieden zwingen, nähmen wir die Kriegsverbrechen der Russen hin. … denn auch bei uns rufen Populisten wie Roger Köppel bereits dazu auf, möglichst rasch einen Frieden auszuhandeln, egal ob wir damit Putins Vorgehen legitimieren.»

Das ist so feine Demagogie, dass ZACKBUM sich fragt, ob Rutishauser das absichtlich so geschrieben hat – oder ob es Zufall war. Eigentlich niemand im «Westen», also zumindest in Westeuropa oder in den USA, was nicht ganz die ganze Welt ist, will die Ukraine «fallenlassen». Niemand will sie zu einem «Diktatfrieden zwingen». Nun kommt der Höhepunkt der Demagogie, er steckt in dem Wörtchen «denn». Damit wird ein kausaler Zusammenhang zwischen einer Forderung Köppels –möglichst schnell Frieden aushandeln – und einen die Kriegsverbrechen legitimierenden Diktatfrieden hergestellt.

Logische Schlussfolgerung: Köppel fordert einen Diktatfrieden, der die russischen Kriegsverbrechen hinnähme. Nicht schlecht für den Chefredaktor eines sogenannten Qualitätsmedienkonzerns.

Der ukrainische Ministerpräsident Denis Schmihal füllt in der SoZ problemlos die Lücke, die durch die Abberufung des ukrainischen Botschafters Melnyk entstand: «Die ganze zivilisierte Welt unterstützt uns.» Konkret unterstützen rund 35 Staaten die Ukraine. Damit will Schimhal offenbar sagen, dass die anderen 165 Staaten der Welt von unzivilisierten Wilden bewohnt oder regiert werden. Und ob sich der Regierungschef mit folgender Aussage noch im Streubereich einer realistischen Weltsicht befindet?

«Unsere Waffen schweigen erst, wenn wir das gesamte ukrainische Territorium zurückerobert haben.»

Das scheint doch, mit Verlaub, so wahnhaft wie der Glaube an einen deutschen Endsieg im Jahre 1944.

Aber, das sei erwähnt und gelobt, die SoZ bietet dem Gottseibeiuns Roger Köppel tatsächlich die Plattform eines grossen Interviews. Das auch der Chefredaktor höchstpersönlich führte. Wenn er allerdings in seinem Editorial so nachtreten muss, ist anzunehmen, dass er im Interview selbst sich den rhetorischen Fähigkeiten Köppel unterlegen fühlte.

Sonst nichts Nennenswertes. Höchstens, dass der «Gesellschaft»-Bund sich offenbar entschlossen hatte, einem Leitmotiv zu frönen. Denn durch faktisch alle Artikel mäandert sich das gleiche Wort. Sie handeln nämlich von Problemhunden, Problemkörpern, Problemgrillieren, Problemlieben und Problemportionen.

Schade, dass der Problembär fehlt.

Hanslis Interview mit Vitali

Auch ein Oberchefredaktor ist nicht in jedem Thema sattelfest.

2012 bestritt Vitali Klitschko seine letzten Kampf als Profiboxer. Er schlug 87 Prozent seiner Gegner k.o., eine beeindruckende Bilanz. 2014 wurde er zum Bürgermeister von Kiew gewählt.

Im Widerstand rund um Euromaiden ging Klitschko ein Bündnis mit der rechtsextremen Swoboda-Partei und Julija Tymoschenko ein. Nach anfänglichen scharfen Auseinandersetzungen mit Präsident Selenskyj ist Klitschkow heute ein wortmächtiger Botschafter ukrainischer Anliegen.

Noch 2019 vermeldeten die Medien: «Kaum hat seine Partei die vorgezogene Parlamentswahl am 21. Juli gewonnen, greift Präsident Wolodymyr Selenskyj gleich einen der bekanntesten Ukrainer weltweit an. Das Präsidentenbüro hat die Regierung gebeten, den Bürgermeister von Kiew und Ex-Boxweltmeister Vitali Klitschko als Chef der Stadtverwaltung zu entlassen.» Vergeben und vergessen.

Natürlich waren die Klitschko-Brüder am WEF anwesend, wo es dem Oberchefredaktor Arthur Rutishauser von Tamedia gelang, ein Interview zu ergattern. Das sind Prestigesachen, wo Chefredaktoren ihren Titel in die Waagschale werfen, um an eine begehrte Person heranzukommen.

Das Problem ist dann allerdings, dass sie relativ unbeleckt von Vorkenntnissen oder Hintergrundwissen durchs Interview stolpern und dem anderen eigentlich Carte blanche geben, seine Kernaussagen einmal mehr zu wiederholen.

Nach einer Liebeserklärung an die Schweiz und höflichem Dank für Flüchtlingsaufnahme und humanitäre Hilfe, kommt Klitschko ohne Umwege zur Sache:

«Aber jetzt stoppen Sie bitte die Wirtschaftsbeziehungen zu Russland. Jeder Dollar, jeder Franken und Euro, der nach Russland geht, ist Blutgeld. Dieses Geld nützt Putin nicht zum Wohle seiner Bevölkerung oder für die Weiterentwicklung der Wirtschaft, sondern für Waffen. Es klebt ukrainisches Blut an jedem Franken, den Sie dank dem Handel mit Russland verdienen.»

Also muss man es sich so vorstellen, dass Gasverteiler in der Schweiz metaphorisch gesehen ukrainisches Blut mitverfeuern.

Darauf erwidert Rutishauser lahm, dass die Schweiz aber neutral sein wolle und müsse und sich aus dem Krieg heraushalte.

Das bringt ihm gleich die nächste linke Gerade von Klitschko ein: «Sie müssen sich entscheiden, Schwarz oder Weiss? Unterstützt die Schweiz den Frieden und die Freiheit, oder ist sie auf der Seite des Aggressors, nämlich Russlands?»

Vielleicht versuche die Schweiz tatsächlich gerade, halb schwanger zu sein, zappelt Rutishauser dann in den Seilen, spuckt den Mundschutz aus und fragt, ob die Schweiz denn wirklich anfangen solle, «russische Medien zu zensurieren».

Linker Jab, rechte Schlaghand: «Ja, denn so, wie das jetzt läuft, haben Sie den Krieg im Inneren der Schweiz. Ich sah mir heute Morgen im Hotel die Website von «Russia Today» an. Die erklären, Mariupol sei durch die Ukrainer zerstört worden. Stoppen Sie diese Propaganda!»

Bereits schwer angezählt meint Rutishauser: «Die glaubt hier doch sowieso niemand.»

Um unter einem Schlaghagel zusammenzubrechen: «Unterschätzen Sie die Macht der Medien nicht, unterschätzen Sie die Propaganda nicht. Die Propaganda ist eine grosse Macht. Sogar mächtiger als Waffen. Das sage ich Ihnen als jemand, der in der Sowjetunion gross geworden ist.»

Schon ausgezählt taumelt Rutishauser in seine Ecke und murmelt noch: «Kann die Schweiz irgendetwas tun, um den Krieg zu stoppen?»

Klitschko hat schon beide Arme hochgerissen, um seinen Interviewsieg durch technischen K.o. zu feiern. Aber diese Gelegenheit lässt er sich natürlich nicht entgehen:

«Ja, ich sage es nochmals, es gibt zwei Dinge, die Sie tun können: Stoppt erstens die russische Propaganda und hört zweitens auf, mit den Russen zu handeln.»

Es ist sicherlich einschüchternd, einem 2,01 Meter grossen ehemaligen Boxweltmeister gegenüberzusitzen. Aber Fragen zu stellen und nicht nachzuhaken, als habe Rutishauser zu viele Kopftreffer abbekommen, darauf zu verzichten, sich solche Einmischungen in unsere Presse- und Handelsfreiheit zu verbitten, das hätte der Oberchefredaktor besser das Handtuch in den Ring werfen sollen. Also das Interview im Archiv seiner unveröffentlichten Werke versenken.

 

Wumms: Arthur Rutishauser

Bescheidenheit ist keine Zier für ihn.

Man fragt sich, was wohl die Kommentatoren machen, wenn sie sämtliche Superlative und ganz grossen Formulierungen aufgebraucht haben. Einfache Antwort: sie fangen wieder von vorne an.

Besonders gut sind Oberkommentatoren wie Arthur Rutishauser, wenn sie missliebige Ansichten in den Senkel stellen. Da haben es doch ein paar Politiker auf den Schutzstatus S abgesehen, den jeder Ukraine-Flüchtling unbesehen bekommt. Die – natürlich – SVP fordert, das zu überdenken, da sich die Kampfhandlungen inzwischen auf den Südosten der Ukraine konzentrieren.

Andrea Caroni, als FDP-Vizepräsident sehr, sehr scharf auf öffentliche Wahrnehmung, will nicht nur Oligarchengelder umverteilen, sondern auch den Schutzstatus «dynamisch ausgestalten», was immer das auch heissen mag. Auf jeden Fall schafft er es damit in der «SonntagsZeitung» auf die Front.

Aber schon auf der nächsten Seite faltet ihn Oberchefredaktor Rutishauser auf Appenzellergrösse zusammen: «Wer jetzt einknickt, verrät die Demokratie», donnert er in seinem «Editorial». Viele Flüchtlinge, reiche Schweiz, wird Milliarden kosten, Wohnungsnot verschärfen, aus anderen gefährlichen Gebieten nehmen wir nicht bedingungslos Flüchtlinge auf, nicht alle, die sich als Ukrainer ausgeben, sind auch welche.

So zählt Rutishauser alles auf, was dagegen spricht. Didaktisch geschickt mündet er in die Frage: «Haben also jene recht, die sagen, man müsse darüber nachdenken, die Aufnahme der Flüchtlinge zu beschränken?»

Bevor der Leser zur falschen Antwort kommen könnte, schreibt der Oberchef schneidend: «Nein, auf keinen Fall.» Denn es geht ja nicht um Kleingeld, es geht mal wieder um alles. Genauer:

«Es geht um die Verteidigung der freien Welt gegen den russischen Aggressor.»

Wer jetzte wieder sage, «das Boot ist voll», der spiele «direkt in die Hände von Putin und seinen Generälen».

Wenn die Schweiz schon keine Waffen liefere, dann sei Flüchtlingsbeherbung «das Mindeste, was wir tun können». Denn: «Es sind die Frauen und Kinder jener Männer, die für uns im Osten der Ukraine an der Front stehen und auch für uns ihr Leben aufs Spiel setzen.»

Mit Verlaub: Sie setzen ihr Leben im Kampf gegen einen Aggressor aufs Spiel, aber sicher nicht für «uns». Mit Verlaub: wer Politiker, die im Rahmen ihres demokratischen Mandats Meinungen äussern – ob die falsch oder richtig sein mögen –, die mit derjenigen von Rutishauser kollidieren, als «Demokratieverräter» tituliert, begibt sich selbst ausserhalb des erlaubten, demokratischen Diskurses.

Mit Verlaub: wie viele ukrainische Flüchtlinge hat denn Rustishauser selbst bei sich aufgenommen? Da verstummt der wortgewaltige Autor, keine Antwort auf eine Anfrage.

Keine mildernden Umstände

Es darf gelacht werden. Wie man um entscheidende Fragen herumrudert.

Die Ausgangslage war vertrackt. Bianca Lüthi, in der Wirtschaft zuständig für «Tourismus, Detailhandel und Immobilienmarkt», interviewt den Medienprofessor Urs Saxer zum Vincenz-Urteil. Nicht nur, dass sie frei von Sachkenntnissen ist. Es gibt noch ein zweites Problem. Denn das Thema ist die Frage, ob der Strafabzug von neun Monaten wegen medialer Vorverurteilung  zu recht erfolgte.

Klares Verdikt Saxers:

«Ich finde die neun Monate Strafmilderung nicht angemessen»

Er fügt zwar hinzu: «Gewisse Medien hätten in der Berichterstattung zurückhaltender sein können und sich das eine oder andere genüssliche Detail sparen können.» Auf der anderen Seite habe aber Vincenz selbst als Prominenter immer das Licht der Öffentlichkeit gesucht. Es ist allerdings schon ein kleines Kunststück, um die entscheidenden Fragen in einem längeren Interview herumzureden.

Aber wir verstehen das als Arbeitsplatzsicherung von Lüthi, bei der anhaltenden Sparwelle bei Tamedia. Zunächst einmal hatten die beiden Hauptangeklagten von der Staatsanwaltschaft einen Maulkorb bekommen; sie durften sich während der ganzen Strafuntersuchung und sogar noch nach Einreichung der Klage vor Gericht nicht zu den Vorwürfen öffentlich äussern. Ein absolutes medien- und prozessrechtliches Unding.

Erst kurz vor dem Prozess traute sich Beat Stocker aus der Deckung und gab der NZZaS ein eher verunglücktes Interview; Vincenz schwieg die ganzen vier Jahre lang, abgesehen von einem kurzen Statement nach der drakonischen U-Haft. Da hätte doch interessiert, was der Medienrechtler dazu gesagt hätte. Aber man müsste ihn halt fragen.

Um den ganz grossen Elefanten im Raum wird auch herumgeredet. Denn das Thema in diesem Fall ist ja nicht eine allfällige Vorverurteilung durch breite mediale Berichterstattung. Angesichts der Person des Angeklagten und seiner ehemaligen Position ist es klar und selbstverständlich, dass ausführlich berichtet wird.

Aber was überhaupt nicht thematisiert wird: wie steht es denn mit der kontinuierlichen Veröffentlichung von strikt vertraulichen Dokumenten aus der Strafuntersuchung? Die unter Bruch von Amts- und Geschäftsgeheimnis an die Öffentlichkeit gelangten? Was könnte ein Medienprofessor dazu sagen, dass selbst die Anklage vollumfänglich schneller in den Medien war als bei den Angeklagten?

Dazu könnte er sicherlich einiges sagen. Hätte man ihn gefragt. Kleines Problem für Lüthi: Ihr Oberchefredaktor Arthur Rutishauser war an vorderster Front, wenn es um die Veröffentlichung möglichst saftiger Details, Dokumente, Verhaltensweisen, Spesenabrechnungen von Vincenz ging. Genüsslich zitierte er Mal um Mal aus Unterlagen, die ihm zugespielt worden waren.

Dabei fragte er sich nicht einmal, in wessen Interesse es denn liegen könnte, damit den Ruf von Vincenz schon vor der Verhandlung restlos zu ruinieren. Denn in der ganzen Strafuntersuchung hatten ja nur drei Parteien Zugang zu diesen Akten. Die Staatsanwaltschaft, die Angeklagten – und Raiffeisen als Zivilkläger im Prozess. Nebenbei ist da noch ein Zivilprozess zwischen Raiffeisen und Vincenz/Stocker im Gange, bei dem es um richtig viel Geld geht; um über 100 Millionen Franken.

Das wären doch interessante Fragen an einen Medienrechtler gewesen; wie einfach sich heutzutage Medien instrumentalisieren lassen. Wie leicht sie sich anfüttern lassen. Wie hemmungslos sie aus ihnen zugespielten, eigentlich strafbewehrten Dokumenten zitieren. Aber eben, auch das hätte die interessante Medienfrage aufgeworfen, ob sich eine Redaktorin trauen darf, solche Fragen zu stellen – und das im Amt überlebt.

Verständlich, wenn auch bedenklich, dass Lüthi das nicht gewagt hat.

Tamedia und CH Media: Fusion!

Eine kurzfristig anberaumte PK mit vier Teilnehmern.

Das ist eine faustdicke Überraschung. Mit ultrakurzer Frist luden heute Morgen Tamedia und CH Media zu einer Pressekonferenz per Videocall. Weil die falschen Zugangsdaten verschickt wurden, gelang es nur wenigen Medien, darunter ZACKBUM, teilzunehmen. Obwohl eine Sperrfrist bis 8 Uhr verhängt wurde, setzen wir uns im Stile von publizistischen Leitern darüber hinweg.

Im geviertelten Bildschirm sah man Peter Wanner und Patrik Müller von CH Media. Dazu Pietro Supino und Arthur Rutishauser als Vertreter von Tamedia.

Die Vier von der Geldtankstelle.

Wanner, Alter vor Schönheit, wie er launig bemerkte, eröffnete die Veranstaltung und liess sofort die Katze aus dem Sack.

«Angesichts eines anhaltend herausfordernden Umfelds haben Tamedia und CH Media beschlossen, unsere Printaktivitäten im Bereich Tageszeitungen zu bündeln.»

Supino übernahm und führte aus, dass ein Gewinn von über 800 Millionen Franken und eine Sonderdividende in der TX Group nur dann nachhaltig garantiert werden könne, wenn in der Business Unit Tamedia die Verluste gekürzt und die Gewinne verlängert würden. Das sei aber nicht weiter durch Sparmassnahmen realisierbar.

«Wir versprechen uns davon eine deutliche Qualitätssteigerung des Angebots», fügte Rutishauser, Oberchefredaktor Tamedia, hinzu. «Wir bringen das Korrespondentennetz und das Know-how der «Süddeutschen Zeitung» ein, ausserdem wird nun «Das Magazin» auch sämtlichen Printtiteln von CH Media beigelegt.»

Supino erläuterte, dass natürlich «TX Markets», «Goldbach» und «20 Minuten» nicht fusioniert werden. «Bei uns bleibt «watson» ausserhalb der Fusion», ergänzte Müller; «unsere TV- und Radiostationen werden wir ebenfalls in Eigenregie weiterbetreiben».

«Leider wird diese Fusion nicht ohne die Freistellung einiger Mitarbeiter genügend Synergien schaffen», sagte dann Supino routiniert. «Es ist eine lineare Kürzung von 25 Prozent auf allen Hierarchiestufen vorgesehen.»

«Das neue Unternehmen wird logischerweise CH Tamedia heissen», erwähnte Wanner; «mein Freund Pietro und ich werden uns das Präsidium des VR teilen, die Geschäftsleitung werden Arthur und Patrik gemeinsam bespielen. Mittelfristig ist hier vorgesehen, dass es dann nur einen CEO geben kann und wird. Möge der Bessere gewinnen.»

Dann setzten die Vier noch einen Akzent zum Schluss, der nicht bei allen Zuschauern gleichgut ankam. Supino schnippte mit den Fingern und sagte leise an «eins, zwei, drei.» Darauf riefen alle im Chor:

«Wir sind CH Tamedia. Wir bleiben dran. Wir finden’s raus. Stoppt den Krieg in der Ukraine.»

Chäfs auf dem Kriegspfad

Der eine Verleger und Besitzer, der andere Oberchefredaktor. Beide Kriegsgurgeln.

Wenn Peter Wanner in seinem Herrensitz zum Griffel greift, dann werden die Frontseiten seiner Kopfblätter freigeräumt. Von Patrik Müller abwärts stehen die Chefredaktoren Gewehr bei Fuss und sondern Ergebenheitsadressen ab.

«Ich habe sehr viele Komplimente aus der Redaktion erhalten. Die denken gleich in dieser Frage», sonnt sich Wanner im Lob seiner Untertanen. Die folgen dem alten Indianersprichwort:

«Der Häuptling singt immer am schönsten.»

Dabei ist es ein recht garstiger Gesang, den Wanner angestimmt hat. «Klare Kante» müsse der Westen zeigen, die Nato sei «feige». Offensichtlich hat Wanner einen gut ausgerüsteten Bunker unter seinem Schlösschen: «Nur weil der russische Machthaber droht, Atomwaffen einzusetzen, darf man noch nicht in die Knie gehen

«Erbärmliches Schauspiel», MiG-29-Kampfjets hätte man doch einfach «still und heimlich liefern» sollen, dagegen gab es einen «weinerlichen Auftritt» des deutschen Vizekanzlers in einer Talkshow.

Und wenn Wanner schon so schön in Fahrt ist, als gehöre er zum Ensemble des Geniestreichs von Kubrick «Dr. Strangelove», nimmt er sich auch noch die Schweiz zur Brust: «Selbstverständlich muss sie die Handelsdrehscheibe für Öl-und Gaslieferungen und die damit verbundenen Geldströme sofort stilllegen und die Vermögenswerte einfrieren, auch jene der russischen Oligarchen, denn sonst macht sie sich mitschuldig an der Finanzierung von Putins brutalem Krieg.»

Was kann die Schweiz sonst noch tun? Natürlich, «sich solidarisch zeigen, Flüchtlinge aufnehmen und helfen, wo sie nur kann». Wunderbar, Herr Multimillionär, und was tun Sie denn so, traut sich persoenlich.com zu fragen.

Da wird’s dann allerdings peinlich. Sehr peinlich:

«Ich werde sicher Geld spenden für die Flüchtlinge und wenn es um den Wiederaufbau des Landes geht.»

Man beachte: Futur. Von der Frage kalt erwischt, schnell sich was ausgedacht. Als ob es auf dem Herrensitz nicht jede Menge Platz für die Unterbringung von Ukraine-Flüchtlingen gäbe. Aber gross mit Forderungen auftrumpfen, klein mit eigenen Taten werden, wie peinlich ist das denn.

Ganz abgesehen davon, dass es Wanner offenbar schnurz ist, ob die Befolgung seiner Forderungen einen Dritten Weltkrieg auslösen würde oder nicht. Schliesslich geht der ansonsten zu Vernunft fähige deutsche Medienmanager und Mitbesitzer des Springer-Verlags noch einen Schritt weiter: «Die Nato-Mitglieder müssen jetzt ihre Truppen und Waffen dahin bewegen, wo unsere Werte und unsere Zukunft noch verteidigt werden», schrieb Mathias Döpfner, eine Ansicht, die Wanner «weitgehend» teile.

Jede Menge Kriegsgurgeln kommen aus den Löchern

Damit sind die beiden Kriegsgurgeln nicht alleine. Nachdem sich Big Boss Pietro Supino noch etwas von der krachenden Niederlage im Kampf um eine zusätzliche Steuermilliarde erholen muss, springt bei Tamedia Arthur Rutishauser in den Schützengraben. Allerdings bleibt sein «Editorial» hinter der Bezahlschranke verborgen.

«Flugverbotszone errichten, wirksame Waffen liefern, die Nato vielleicht sogar Truppen.»

Die Schweiz muss sofort den Rohstoffhandel stoppen und alle Russengelder «sperren». Also ist auch Sandkastengeneral Rutishauser bereit, den Weg in den Dritten Weltkrieg zu befehlen. «Mir nach», kräht er aus der mit russischen Erdgas wohlbeheizten Redaktionsstube. Für ihn ist es ein hinnehmbarer Kollateralschaden, dass er gleichzeitig den Rechtsstaat Schweiz zu Kleinholz verarbeiten möchte. Wo bislang selbst für Russen eine Eigentumsgarantie galt und selbst für Rohstoffhandel die Gewerbefreiheit.

Manchmal hilft historische Distanz zur Einschätzung von Gegenwärtigem. Wer sich bislang angewidert fragte, wieso die Massenmedien spätestens ab dem Ersten Weltkrieg zu üblen, chauvinistischen Hetz- und Propagandaorganen denaturierten, wo der Gegner entmenschlicht und für verrückt erklärt wurde, versteht das angesichts von aktuellem Anschauungsmaterial viel besser.

Wer sich fragte, wieso denn damals die Massen dieser hysterischen Kriegspropaganda glaubten und martialische Forderungen bejubelten, von Schreibtätern und Schreikräften, die andere in die Schützengräben beorderten – auch der findet hier seine Antworten.

Freie Presse

Kommentar? Kommentar fast überflüssig. Die neue Rubrik.

«Oder ob die Bevölkerung endgültig genug hat von Putins wichtigstem Trojaner im Westen.»
Wolfgang Rössler in der NZZaS über Ungarns Präsident Viktor Orban.

«Ich möchte, dass Sie Ukrainer sind
Wolodimir Selenskyj zu Demonstranten in Bern. Es gab Applaus.

«Die Politik kommt nicht umhin, bei der Förderung der Erneuerbaren ein paar Gänge höher zu schalten.»
SoBli-Chefredaktor Gieri Cavelty mit einer wunderbaren Auto-Metapher in seinem Editorial über «Blochers bizarre Neutralitätsdebatte».

«Der Westen kann den neuen Kalten Krieg gewinnen».
Der heisse Krieger Martin Suter in der «SonntagsZeitung».

«Die Historikerin Anne Morelli hat zehn eherne Regeln der Kriegspropaganda definiert.»
Daniel Friedli in der NZZaS. Man stelle sich vor, welches Gebrüll erschallen würde, hätte Friedli Arthur Ponsonby als geistigen Urheber dieser zehn Regeln bezeichnet, während es in Wirklichkeit Morelli gewesen wäre. Aber da es umgekehrt ist …

«Insbesondere gilt es, jene Kräfte zu bekämpfen, die jetzt auf Putins Logik einsteigen und seinem chauvinistischen Grössenwahn geradezu defätistisch mehr Nationalismus, Protektionismus und Aufrüstung entgegensetzen wollen. Angesagt ist vielmehr ein entschlossenes Vorantreiben multilateraler Lösungsansätze auf globaler Ebene, eine Stärkung der Uno, das Zur-Rechenschaft-Ziehen von Kriegsverbrechern und eine internationale Abrüstung, die Ressourcen freisetzen kann, die anderswo dringend gebraucht werden.»
Der emeritierte Professor für Geschichte Jakob Tanner im SoBli. Das haben wohl nicht nur die Leser dort nicht verstanden.

«Was sollen die USA tun, um den Ukrainern zu helfen? Eine Flugsverbotszone errichten und wirksame Waffen liefern. Die Nato vielleicht sogar Truppen. Was soll die Schweiz tun, um der Ukraine zu helfen? Den Rohstoffhandel stoppen, der zu 80 Prozent über unser Land läuft. Und natürlich das Geld von Putin, seiner Entourage und seinen Helfern, den russischen Oligarchen, sperren, das sind 180 Milliarden Franken, die bei uns vermutet werden.»
Arthur Rutishauser, der Oberchefredaktor bei Tamedia, in seinem Editorial in der «SonntagsZeitung». Er möchte also gerne den Dritten Weltkrieg ausrufen und nebenbei noch den Rechtsstaat Schweiz zu Kleinholz verarbeiten.

«Das 700 PS Finale. Auf dem Weg ins E-Zeitalter lässt es der britische Hersteller Aston Martin nochmals krachen: Der Vantage feiert sein letztes Comeback als V12».
Autor spx. In der «SonntagsZeitung» über zeitgemässe Automobiltechnik.