Wumms: Annik Hosmann

Schluss mit dem Frauenverquoten!

«Ist dies schon Wahnsinn, so hat es doch Methode.» Zu Zeiten Shakespeares wäre niemand auf die Idee gekommen, völlig absurde Forderungen aufzustellen. Aber der Redaktorin im «Ressort Zürich Leben» ist eine kaum vorstellbare Steigerung gelungen.

Annik Hosmann fordert, dass «Schluss mit Ausflüchten» sein müsse. Gar ein «Teufelskreis» müsse durchbrochen werden. Worin besteht der? «Denn auf verschiedenen Schweizer Festivalbühnen spielen diesen Sommer bedenklich wenig Frauen.» Was tun? Da nimmt Hosmann gleich mal die Sponsoren in die Pflicht:

«Ist das Thema Nachhaltigkeit mittlerweile selbstverständlich, so scheint es die Diversität noch immer nicht zu sein. Wobei es hier nur um eine Geschlechterdiversität geht – von diversen Sprachregionen oder verschiedenen kulturellen Hintergründen wollen wir in diesem ersten Schritt einmal absehen.»

Diversität? Hier ist nur von Männlein und Weiblein die Rede, wie steht es aber mit den übrigen rund 164 Genderorientierungen? Was sollen die Sponsoren denn tun?

«Geld sollte nur dann vergeben und eine Zusammenarbeit eingegangen werden, wenn ein ausgeglichenes Line-up gewährt ist. In diese Planung sollten Sponsoren Einsicht haben – und sich im schlimmsten Fall, sollten die Veranstalter nicht einlenken und mehr Frauen buchen, zurückziehen.»

Aber wenn es zu wenig Homosexuelle oder Lesben hat? Hosmann hat auch für Festivalfans einen guten Rat: «Einen kleinen Beitrag könnte theoretisch jeder und jede leisten: Wenn Open Airs, die keine oder kaum Frauen in ihren Line-ups haben, nicht besucht werden.»

Das ist weder komisch, noch absurd, noch bescheuert. Das ist brandgefährlich. Das Quotenfrauen an Festivals auftreten sollen, notfalls auch ohne ein Instrument zu beherrschen oder singen zu können, das ist dermassen vernagelt, dass man sich wieder einmal fragen muss, wieso bei Tamedia alle Qualitätskontrollen versagen und so ein Unfug mehr als einer Million Lesern serviert wird.

Hosmann geht es, da verrät sie sich, ja nur «in einem ersten Schritt» um Frauenquoten. Anschliessend kämen noch Quoten für Sprachregionen, kulturelle Hintergründe, Körpergrösse und -umfang, Haarfarbe, Behinderungen, sexuelle Orientierungen, geographische Herkunft, usw. Bis der Festivalveranstalter sich den Kopf zerbrechen darf: ich bräuchte noch einen dunkelhäutigen, transsexuell orientierten Flötisten aus Asien, der unter einer Gehbehinderung leidet und Rastas trägt und auf Vietnamesisch summt.

Es ist verblüffend, dass Redaktorinnen wie Hosmann nicht merken, dass sie ihrem Anliegen einen Bärendienst erweisen. Es ist beelendend, dass sich bei Tamedia niemand traut, eine solche Autorin vor sich selbst zu schützen, damit sie sich nicht coram publico lächerlich macht.

Die Kommentarschreiber sind in Wallungen geraten, natürlich alles Sexisten; einer bringt es ziemlich gut auf den Punkt:

»Ich frage mich, wie Frauen wie Tina Turner, Aretha Franklin, Diana Ross, Mary J Blige, Joni Mitchell, Elke Brooks, Dolly Parton, Carmel, Kim Wilde, Debbie Harry, Cher, Neneh Cherry, Miriam Makeba, Celine Dion, Whitney Houston, Melissa Etheridge, Annie Lennox, Marla Glenn, Nina Simone, Nina Hagen, Joan Baez, Chi Coltrane, Marianne Faithful, Adele, Anastacia, Lady Gaga, Madonna, usw. die Liste könnte noch um viele erfolgreiche Sängerinnen erweitert werden, es geschafft haben, sich im Musikbusiness durchzusetzen, ohne die Hilfe der Gender Fraktion.»

Fürio auf der Halbinsel Au

Soll man den Preis «Deppen der Woche» verleihen?

Feuerlaufen. Teambuilding. Mutprobe. Geht doch. Wer Kohle machen will, muss Kohle aus dem Feuer holen. Oder mindestens drüberlaufen.

Wie unter anderen Tamedia vermeldet, gab es auf der Halbinsel Au (Zürichsee, nomen est omen) 25 Verletzte, als ein Gang über heisse Kohle angetreten wurde. 13 von ihnen mussten sogar ins Spital. Rahmen war ein sogenanntes «Teamevent» des Werbevermarkters Goldbach, der wie der Tagi zur TX Group gehört. Wie der Tagi verschämt meldete, als sich in der «Weltwoche» Christoph Mörgeli darüber lustig machte, dass auch Mitarbeiter der TX Group nicht über physikalische Gesetze erhoben sind.

Das wiederum wurde ihm natürlich sofort als typische Häme ausgelegt.

Wie verhält es sich denn nun eigentlich mit dieser Mutprobe? Natürlich geht ausser ZACKBUM niemand dieser wichtigen Frage nach. Der Frage, ob der Mensch in der Lage ist, über glühende Kohlen zu laufen, ohne sich dabei die Fusssohlen zu verschmürzeln. Wenn ja, wie und vor allem: wie weit? Da es sich bei dieser merkwürdigen Betätigung nicht um einen anerkannten Sport handelt, sind Zahlen und Angaben naturgemäss mit Vorsicht zu geniessen.

Daher muss man sich natürlich auf die höchsten Ansprüchen genügende Quelle Wikipedia verlassen können. 2003 soll der noch heute gültige Weltrekord aufgestellt worden sein: 250 Meter! Der Versuch fand allerdings in Österreich statt, also sind Zweifel geboten.

Zum einen gibt es die gesamten esoterischen Versionen. Also Menschen versetzen sich in Trance oder in einen Geisteszustand, der angeblich verhindern soll, dass sich Brandblasen bilden. Wer’s glaubt, wird selig.

Dann gibt es die mehr naturwissenschaftliche Variante. Die brennende Holzkohle sollte von einer Ascheschicht bedeckt sein, die Füsse gut durchblutet, die Geschwindigkeit nicht zu schnell und auch nicht zu langsam. Dann sollte ein solcher Lauf möglich sein, ohne dass es wie hier zu gröberen Verletzungen käme.

Rein empirisch gesehen hat das was, sonst gäbe es ja ständig Meldungen, dass bei solchen Events anschliessend eine Anzahl Teilnehmer die Füsse ins Spital verlegen mussten. Natürlich melden sich auch gleich die Besserwisser zu Wort; Tamedia zitiert einen, der seit 36 Jahren Feuerläufe durchführe, aber natürlich nicht diesen hier.

««So etwas darf nicht passieren», sagt er. Verbrennungen dürften noch nicht einmal bei einer einzigen Person vorkommen – geschweige denn bei 25.»

Worin nun allerdings der Gewinn bestehen soll, wenn man über rund 700 Grand heisse Kohle latscht, erschliesst sich dem ansonsten feuerfesten ZACKBUM nicht. Was wir aber im Bericht von Tina Fassbind und Daniel Schneebeli vermissen und was wir von Recherchierjournalisten eines Qualitätsmediums erwarten könnten: der Selbstversuch.

 

Fantastillionen

Grosse Zahlen – grosses Problem.

Selbst der sackseriösen NZZ ist es wieder passiert: «Die Briten haben insgesamt 42 Trillionen Dollar aus Indien geschröpft», beklagt sich in einem Interview der Autor Pavan K. Varma.

Das hat er sicherlich so gesagt. Nur: es gibt einen kleinen, aber feinen Unterschied zwischen der englischen Zählung und der deutschen. Der besteht schlichtweg darin, dass es auf Englisch keine Milliarde gibt.

Also mal für alle gaaaanz laaaangsam zum Mitschreiben:

  1. deutsche Zählung: Million, Milliarde, Billion, Trillion
  2. englische Zählung: million, billion, trillion, quintillion

Schnellmerker sind dem Problem schon auf die Schliche gekommen: eine deutsche Milliarde ist eine englische Billion. Aber beides sind 1000 Millionen. Eine englische Trillion hingegen ist eine deutsche Billion. Was auch noch ganz schön viel ist.

Aber so ausbeuterisch die Briten auch waren, damit hätten sie ihre Insel vergolden können, wenn sie tatsächlich 42 Trillionen Dollar aus Indien herausgepresst hätten.

ZACKBUM empfiehlt daher, eine der genialen Wortschöpfungen der deutschen Übersetzerin der Mickey Mouse Hefte zu verwenden. Da kann man nichts falsch machen, der gestresste Redaktor muss nicht an Fingern und Zehen Nullen nachzählen, es besteht keine Gefahr, sich lächerlich zu machen, und diese Zahlenangabe trifft auf eigentlich alles oberhalb einer Million zu:

Fantastillion.

Danke, Erika Fuchs.

Hoppla, Beni

Kommt eher selten vor, ist immer peinlich.

«Inside Paradeplatz» fährt gerne einen scharfen Reifen, wenn es um die Kritik an Finanzhäusern geht. Das gibt natürlich ab und an Ärger. Aber wenn die Zahlen stimmen, wird zwar mit den Zähnen geknirscht, der Anwaltskanzlei gedroht und überhaupt getobt. Aber das legt sich dann schnell wieder.

Auch bei Beni Frenkel stimmten die Zahlen, als er sich dem neusten Projekt von Patrizia Laeri annahm, ElleXX. Allerdings griff er dabei in die untere Schublade sexistischer Bemerkungen, die dann gelöscht werden mussten. Was schade war, weil die inhaltliche Kritik berechtigt und richtig blieb.

Etwas schummriger wurde es, als sich Frenkel das Ringier-Blatt «Fritz + Fränzi» zur Brust nahm. Die Herausgeberschaft fand das überhaupt nicht komisch: «Herr Frenkel hat der Stiftung Elternsein in der vergangenen Woche über verschiedene Kanäle drei Fragen schriftlich zukommen lassen. Wir haben diese Fragen ausführlich beantwortet und uns darüber hinaus Zeit genommen, auch Rückfragen zu beantworten. Wir sind ausserordentlich erstaunt, feststellen zu müssen, dass ganz offensichtlich vorsätzlich unsere Antworten in keiner Weise in den Text eingeflossen sind, sondern gezielt Falschinformationen gestreut werden.»

Was sagte dann Frenkel zu diesen massiven Vorwürfen? Leider hatte er per sofort ein Schweigegelübde abgelegt. Also haben wir uns die Mühe gespart, ihn zu seinem jüngsten Flop zu befragen. Denn diesmal behauptete er, dass «Blick TV» auch mal für haarscharf 25 Zuschauer sende, nicht etwa für ein Publikum, das in die Hunderttausende geht. Aber auf einem Instagram-Video sehe man die wahren Verhältnisse, höhnte Frenkel:

«Auf einem der Bildschirme im News-Room werden die Personen gezählt, die für Blick TV gerade den Vollbild-Modus einschalteten und den Ton auf hörbar einrichteten. Es sind: 25 Personen.»

Hammer. Weniger Zuschauer, als «Blick TV» Mitarbeiter hat. Die Moderatoren könnten jeden neuen Zuschauer persönlich begrüssen. Wäre das peinlich. Nun, peinlich wurde es wieder mal für Frenkel.

«Der Artikel basierte auf einer falschen Basis»,

hiess es dann plötzlich so stammelnd wie kleinlaut. «Er wurde gelöscht.» Ups.

Allerdings: wer sich die gelöschte Häme dennoch anschauen will, kleiner Geheimtipp: Im SMD ist sie noch in voller Pracht zu sehen …

Nts, nts, nts, bum

Wer nicht verurteilt, wird verurteilt.

Das Suworow-Denkmal im Kanton Uri erinnert an 1799 und wurde 1899 von einem russischen Fürsten errichtet. Seit einem Farbanschlag in Blau-Gelb ist es in Sippenhaft genommen. Wegputzen sollen die Sauerei übrigens die Russen selbst, denn denen gehört das Denkmal.

Russische Künstler, Komponisten, Schriftsteller aus längst vergangenen Zeiten, die zur Weltkultur gehören: weg damit. Selbst im kältesten Kalten Krieg, als sich die Sowjetunion und die USA atomar bis an die Zähne bewaffnet gegenüberstanden und überall auf der Welt Stellvertreterkriege führten, las man Tolstoi, hörte man Tschaikowski, betrachtete man Malewitsch, analysierte man Reflexionen von Bucharin, bewunderte man das wohntemperierte Klavier von Richter, und staunte man über Gagarin.

Schlimmer als die christliche Kirche in ihren finstersten Zeiten, als sei die Eigenschaft russisch gleichbedeutend mit des Teufels, satanisch, verderblich, böse, unerträglich, wird nun tabula rasa gemacht.

Schlimmer als Inquisition und Islam

Schlimmer als der Islam, der das Zeugnis abfordert, dass Allah der einzige Gott sei und Mohamet sein Prophet, besteht die einzige Salvation für jeden Russen darin, sich mit Abscheu, deutlich und öffentlich vom Ukrainekrieg und seinem Regime zu distanzieren.

Halbheiten werden nicht geduldet. Behauptungen von im westlichen Ausland lebenden Russen, sie wollten ihre Verwandtschaft in der Heimat nicht gefährden, werden als faule Ausreden zurückgewiesen.

Der einzige Unterschied zu mittelalterlichen Bräuchen: der Putin-Leugner, der Nicht-Verurteiler landet nicht auf der Streckbank oder auf dem Scheiterhaufen. Da sind wir im 21. Jahrhundert immerhin etwas zivilisierter geworden. Die Vernichtung der sozialen Existenz reicht uns. Auch der Entzug der Einkommensgrundlagen. Ob Opernstar, Dirigent, Maler, Künstler: Bekanntheit, gar Prominenz war früher erstrebenswert, weil geschäftsfördernd. Inzwischen ist es zum Fluch geworden. Für Russen.

Und der Irrwitz feiert Urständ.

«Es ist eine Problematik, die bisher eher im Bereich der klassischen Musik zu finden war, wo ein Dirigent wie Waleri Gergijew oder eine Sängerin wie Anna Netrebko nach dem Einmarsch der russischen Truppen in die Ukraine nach ihrer Haltung zum Krieg und zu Wladimir Putin befragt wurden. Doch warum sollten in der Techno-Szene andere moralische Kriterien als in der Klassik gelten?»

«Moralische Kriterien»? Der «Spiegel» weiss wirklich nicht mehr, was er schreibt. Auf jeden Fall hat es jetzt auch die Russin Nina Kraviz erwischt. Die 34-jährige DJane ist eine grosse Nummer in der Techno-Szene, genauer Acid Techno, Minimal Techno und Deep House. Da produziert sie das für Nicht-Kenner ewiggleiche nts, nts, nts.

Damit begeistert sie die Fans – wenn man sie lässt. Denn auch sie stolperte über die inquisitorische Frage, wie sie es denn mit Putin und dem Ukrainekrieg halte. Seit sie es an der geforderten klaren Verurteilung mangeln liess, verliert sie Engagement auf Engagement, wird ausgeladen, ihre Plattenfirma distanziert sich. Keiner zu klein, Grossinquisitor zu sein. Ihre vergangenen und aktuellen Meldungen auf den Social Media werden seziert. Gewogen und für zu leicht befunden.

Verurteilung mit Inbrunst und aus voller Kehle

Ihre Verurteilungen des Krieges und des Regimes in Moskau erreichen leider nicht die geforderte Punktzahl, durchgefallen. Ihre Behauptung, ein unpolitischer Mensch zu sein: feige und untauglich. Auch bei ihr und an ihr muss ein Zeichen gesetzt werden. Denn die Verurteilung des verbrecherischen Putin-Kriegs hat in vorgeschriebener Lautstärke, mit vorgegebenen Worten, aber natürlich auch mit spürbarer innerer Beteiligung zu erfolgen.

Dem Sünder wurde von der heiligen Inquisition nicht einfach vergeben, wenn er ein paar laue und oberflächliche Worte des Bedauerns über seine Sünde verlor. Inbrunst ist gefordert, «ich mag den Teufel nicht», das ist ja nichts.

«Ich hasse ihn aus tiefster Seele, ich bereue abgrundtief, ihn nicht schon früher als solchen erkannt zu haben, ich leiste Abbitte, wandle in Sack und Asche, schultere das Kreuz, umwickle meine Taille mit einem Dornenkranz, kasteie mich und lobpreise den wahren Herrn, den freien Westen, den Helden Selenskij, alle heldenhaften Ukrainer, inklusive ukrainische Oligarchen.»

Das ist ja wohl das mindeste, was man heute von einem anständigen Russen verlangen darf.

 

Russentag auf ZACKBUM

Putzt es doch selbst!

Das Suworow-Denkmal in der Schöllenenschlucht gibt es seit 1899. Es erinnert an Kampfhandlungen aus dem Jahre 1799. Der Bundesrat hatte ein aufmerksames Auge auf seine Errichtung, damit die Inschrift auch mit der Schweizer Neutralität vereinbar sei.

Nun haben weder General Suworow, noch der Initiator Fürst Sergei Galitzin in irgend einer Form mit dem heutigen russischen Regime zu tun. Trotzdem wurde das Denkmal Opfer eines Farbanschlags. Aufgrund der gewählten Farbbeutel handelt es sich zweifellos um die Tat von Ukraine-Sympathisanten.

Über Sinn und Zweck kann man trefflich streiten. Aber: natürlich regte sich die russische Botschaft in der Schweiz fürchterlich auf und forderte die Bestrafung der Schuldigen sowie die Beseitigung des Schadens.

Trotz Zeugenaufrufen und anderen detektivischen Höchstleistungen ist es aber der Urner Polizei bislang nicht gelungen, die Vandalen dingfest zu machen. Und mit der Forderung nach Reinigung wurde die Botschaft von der Eidgenossenschaft an den Kanton Uri weitergereicht. Dessen Regierung beschied nun allerdings die erregten Russen, dass sie den Dreck selber wegmachen müssen.

Denn: Das Gelände war 1893 vom Besitzer, dem Korporationsrat Urseren, dem Russischen Kaiserreich unentgeltlich abgetreten worden. Daher ist der russische Staat, vertreten durch seine Botschaft, Besitzer der 563 m². Das bleibt wohl auch so, da dass Denkmal bislang auf keiner Sanktionsliste aufgetaucht ist. Daher ist der Besitzer selbst für die Reinigung zuständig und müsse für die Kosten aufkommen, meinen die Urner. Zum Wunsch der Botschaft nach besserer Bewachung liegt allerdings keine Antwort vor.

Ach, die Liebe

Männer ab einem gewissen Alter denken über die letzten Dinge nach.

«Muss der Mann die Frau mehr lieben?» Solche und ähnliche Gedanken macht sich Mann spätestens, wenn er die 50er-Altersschwelle überschritten hat. Normalerweise tut er das im stillen Kämmerlein, und das ist gut so.

Bei der «Weltwoche» fehlt es aber an Checks and Balances. Also gibt es keinen Herausgeber oder Verleger, der den Chefredaktor davon abhalten kann, sich öffentlich zu entblössen. Leider nicht nur ihn.

Schon in der letzten Ausgabe durfte Peter Wälty fast posthum Ursula Andress zur Ikone des Feminismus umschreiben. Bloss, weil sie vor genau 60 Jahren einen Auftritt im ersten Bond-Streifen «Dr. No» hatte. Da steigt sie aus dem Meer, zieht eine Schnute und lässt sich von Sean Connery beschützen und betatschen. Super.

Im aktuellen Editorial macht sich ein gewisser R. K. Gedanken über die «unausgeglichene Liebe». Das hätten Hedwig Courths-Mahler oder Rosamunde Pilcher nicht schlechter hingekriegt.

Schon im zweiten Satz verliert sich R. K. in einem Bandwurmsatz, der zumindest für Psychoanalytiker von gewissem Reiz ist. Wir steigen mal irgendwo ein und wieder aus:

«… sich uneingeschränkt hingebend, eintaucht in einen warmen Ozean des Vertrauens, der totalen Innigkeit, wo die Grenzen zwischen Ich und Du verschwimmen, …, zweisam vereint, auch in der körperlichen Verfliessung, … dem Materiellen, Fleischlichen entrückten Glückseligkeit …»

Kalte Dusche, kann man nur empfehlen. Und einen Mitarbeiter, der den Mut hat, den Chef vor sich selbst zu beschützen. Oder wie soll man anders als peinlich berührt solchen Sätzen gegenüberstehen: «Jede grosse Liebe beginnt mit einem Nein der Frau. Und nur der Mann, der die Kraft hat, durch den Todesstreifen seiner Verneinung zu marschieren, qualifiziert sich für das Glück, das die ersehnte Frau für ihn verkörpert.» Man wagt es sich nicht vorzustellen, was Ehemann Roger Köppel (57) dafür zu Hause zu hören kriegt.

Schliesslich brauche jeder Mann «eine Restmenge des nomadischen Abenteurers, der dem Besitzanspruch der Frauen (Plural!, Red.) trotzig widersteht». Dafür müsste es eigentlich eine Kopfnuss geben, plus schlafen auf dem Sofa.

Noch mehr mittelalterliche Männer mit Schreibinkontinenz

Köppel ist in dieser Ausgabe nicht alleine; auch der bekennende Katholik Matthias Matussek (68) gönnt sich unkeusche Gedanken und hat sich als Objekt der Begierde Romy Schneider ausgeguckt. Er behauptet, jeweils an Weihnachten versammeln sich «die Deutschen» vor der Glotze, um sich die drei «Sissi»-Filme reinzuziehen. Er übersieht dabei, dass die Mehrheit der Deutschen jünger ist als er. Und ein Jugendlicher fragen würde: Was ist Sissi? Wer ist Romy Schneider? Und was ist ein TV-Gerät?

Es gibt weder Anlass, noch Begründung, wieso Matussek eine Seite vollschwärmen darf: «Romy war ein Klang, eine goldene Wolke.» Altherrenfantasien haben unangenehm «Hautgout», wie der Franzose sagen würde. So macht sich Matussek schwüle Gedanken über den Film «Das Mädchen und der Kommissar» (nur ältere Semester erinnern sich noch): «Wir sehen Romy Schneider über das Trottoir eines schmutzigen Pariser Aussenbezirks laufen in Lackledermantel, Stiefeln und dekolletiertem Kleid, und in der Gefühlsgrammatik dieses Films kann man nur in die Knie sinken und den Boden küssen, den dieser Engel betritt.»

In der Gefühlsgrammatik dieses Geschreibsels kann man nur den Wischmop nehmen und das Gesabber und Gespeichel vom Boden wischen.

Geht da noch einer? Leider ja, denn es gibt den «literarischen Korrespondenten» der «Weltwoche». Der beschreibt – angeblich «basierend auf wahren Begebenheiten» – eine pubertäre Verliebtheit «nach zwei toten Jahren» wegen Corona. Auch hier regiert die Herzschmerzdichtung auf unterstem Niveau: «Zwei Jugendliche stehen vor einem Feld mit blühenden Narzissen. Sie sind achtzehn und frisch verliebt.»

Blumenreigen quer durch die Schweiz

Dann packt Tom Kummer (61) seine botanischen Kenntnisse aus und führt die beiden durch eine Reise durch die Schweiz, die sich durch viele Blumennamen und Banal-Dialoge auszeichnet, die zu Zeiten der «Nouvelle Vague», Teil zwei, ihren Höhepunkt hatten. Schauspieler tauschen aufgeladene, aber völlig belanglose Sätze aus. Kummers Version: «Wir haben uns», sagt er. «Bald ist Sommer!» Zugegeben, Lukas Bärfuss wäre das nicht eingefallen, und es steht zu befürchten, dass Nora Zukker das mit Literatur verwechselt.

Nebenbei benützen die beiden frisch Verliebten noch Papas Kreditkarte und seinen Tesla. Was beides eher unwahrscheinlich ist, und der dichterischen Freiheit ist geschuldet, dass das Elektrogefährt offensichtlich über unerschöpfliche Energiereserven verfügt.

Aber so unter Erwachsenen: Selten wurden vier Seiten der Weltwoche dermassen sinnlos verschwendet. Drei Seiten Kummer, daran schliesst sich «in Zusammenarbeit von BMW Motorrad Schweiz und der Weltwoche» eine Seite über die Midlife-Krise «Traumtöff» an: «Das Leben als grosse Fahrt, aber mit Stil.» Nein, der Journalismus auf den Felgen, als stilloser Werbetext.

Aber immerhin, dafür zahlt BMW. Wieso aber der Leser für viel Altherrenschweiss und Schreibinkontinenz doch stolze 9 Franken abdrücken soll? Gut, es gibt noch andere Inhalte im Blatt. Neben Überflüssigem und Verzichtbarem.

 

Wohin mit dem Geld?

Börse, Krise, Zähneklappern? Die NZZ ist gefordert.

Die alte Tante ist nunmal das Organ des Kapitals. Also muss sie Kapitalisten gute Ratschläge geben, was die mit ihrem Kapital anfangen sollen. Besonders in turbulenten – Finanzspezialisten bevorzugen den Ausdruck volatil – Zeiten, wo die Anlagemärkte Achterbahn fahren.

Leider verfügt aber nicht einmal die NZZ über eine Glaskugel, mit der sie in die Zukunft sehen kann. Das machte sich schon schmerzlich bemerkbar, als sie beim Grounding der Swissair einen grossen Stiefel voll rauszog.

Aber zurück in die Gegenwart und die Zukunft. Auch in volatilen Zeiten, wo ein Atomkrieg alle Anlagechancen unangenehm beeinflussen könnte, ist in erster Linie Optimismus gefragt:

Lobenswert und viel optimistischer als der Titel auf der Front.

«Korrekturen, Einstiegschancen», so muss man das sehen. Korrekturen hört sich doch viel besser an als Massaker, und wer einsteigen kann, sollte das als Chance sehen – und nicht als Aufforderung, seine Kohle zu verrösten.

Die NZZ wirft gleich drei Fachredaktoren in die Schlacht: Michael Ferber, Lorenz Honegger und Werner Grundlehner. Geballte Kompetenz, grosse Vision, sattelfest, wunderbar. Allerdings: besser ist’s, die Ratschläge sogenannten «Experten» zu überlassen. Denn sollten auch die über keine Glaskugel verfügen, hat man nur berichtet, sollte es in die Hose gehen. Und wer hätte denn ahnen können, dass ausgewiesene Experten wie der «Chef des Research-Bereichs Schweiz bei Vontobel» und ein «Finanzprofessor und geschäftsführender Partner bei Zugerberg Finanz» nicht die Zukunft vorhersehen können.

Zunächst einmal tun sie ihr Mögliches, überlegenes Wissen zu versprühen: «Im Unterschied zum amerikanischen Leitbarometer S&P 500 befinden sich im Swiss-Market-Index weniger Wachstumstitel, daher sind die Kursverluste bei den Standardwerten im Durchschnitt bis jetzt eher verhalten ausgefallen.»

Gut, das ist der Blick in die Vergangenheit, das kann eigentlich jeder. Aber wie sieht’s in der Zukunft aus?

«Die Korrektur an der Börse eröffnet phantastische Einstiegschancen für Leute, die ihr Geld anlegen wollten und bisher von den hohen Bewertungen am Aktienmarkt abgeschreckt wurden.»

Das ist endlich mal eine optimistische Prognose, wunderbar. Schliesslich würden alleine in der Schweiz «700 Milliarden Franken darauf warten, am Aktienmarkt investiert zu werden».

Die wollen wir ja nun nicht weiter ungeduldig im Geldsäckel klimpern lassen. Obwohl, so viel Warnung muss sein: «Natürlich könne die Börse morgen oder übermorgen nochmals 5 Prozent nachgeben, meint der Finanzprofessor.» Das wäre natürlich blöd für die 700 Milliarden, denn  dann wären 35 futsch. Aber: «Wissenschaftliche Studien haben allerdings gezeigt, dass «Market Timing» – also das Ein- und Aussteigen an der Börse zu bestimmten Zeitpunkten – die Anleger im Allgemeinen Rendite kostet und diese nicht etwa verbessert.»

Wissenschaftliche Studien, das hört sich immer gut an, auch wenn man die Aussage nicht wirklich versteht. Aber man ist ja auch kein Wissenschaftler, nicht wahr.

Wohin denn nun mit all dem Geld?

Nun aber Butter bei die Fische, wie der norddeutsche Finanzwissenschaftler sagen würde, wohin mit dem Geld? «Am besten gehalten haben sich im bisher schwierigen Börsenjahr 2022 im SMI die Aktien des Telekomkonzerns Swisscom (+9,4 Prozent), die Titel des Versicherers Zurich (+8,4 Prozent), diejenigen des Pharmakonzerns Novartis (+6,7 Prozent) sowie die Papiere der Grossbank UBS (+3,8 Prozent) und jene des Zementkonzerns Holcim, die mit 0,8 Prozent im Plus notieren.»

Das ist enttäuschend, denn wir blicken in die Vergangenheit. Nun ist aber genau das das Problem jeder Prognose. Entweder hält der Prognostiker den feuchten Finger in den Wind, oder aber, er leitet aus Vergangenem mögliches Zukünftiges ab. Das macht allerdings nur dann Sinn, wenn etwas nicht passiert: das Unvorhergesehene. Aber leider passiert das ständig. Finanzkrise eins, Eurokrise, Ukraine-Krise, da kann man doch gar keine ordentliche Zukunftsprognose abgeben.

Zudem gibt es immer das «einerseits, andererseits»: «Allerdings haben sich nicht alle dieser defensiven Titel in diesem Jahr gut gehalten. Die Genussscheine von Roche haben beispielsweise seit Jahresanfang 16,4 Prozent an Wert verloren. Auch die ebenfalls schwergewichtigen Nestlé-Aktien haben mit 11 Prozent beinahe so stark nachgegeben wie der SMI.»

Höchste Zeit, wieder etwas Wissenschaft herabregnen zu lassen: «Grundsätzlich gilt: Je weiter das Gewinnwachstum eines Unternehmens in der Zukunft liegt, desto stärker reagieren seine Aktien auf Zinsänderungen

Noch verwirrender ist allerdings: «Einige der grössten Verlierer in diesem Jahr finden sich derweil in der Liste der grössten Gewinner der vergangenen fünf Jahre im SMI.»

Konkret: «Die Aktien des erfolgsverwöhnten Unternehmens Partners Group sind in diesem Jahr bei der Performance das Schlusslicht im SMI und verbuchen ein Minus von rund 34 Prozent. Hart erwischt hat es auch die Titel der Bauchemie-Gruppe Sika (–33 Prozent), des Sanitärtechnik-Unternehmens Geberit (–31,3 Prozent) sowie die Aktien von Lonza und Givaudan mit Verlusten von 29,9 Prozent beziehungsweise 27,4 Prozent seit Anfang des Jahres.»

Was schliesst denn der Experte daraus: «Für die Aktien von Sika, Holcim und Partners Group sieht der Research-Chef eine rosige Zukunft.»

Was lernen wir von den Experten?

Also, lieber anlagewilliger Leser. Wer gewann, verliert. Wer verliert, wird gewinnen. Also einsteigen und sich nicht irritieren lassen, wenn man sofort verliert. Denn anschliessend gewinnt man. Oder umgekehrt. Oder doch nicht. Aber das ist sicher. Wenn nicht, vorausgesetzt, dass. Und ein Atomkrieg würde natürlich alles ändern. Obwohl der, komisch aber auch, nicht ganz unvorhersehbar wäre.

Aber Zukunftsdeutungen sind nun wirklich nur was für Experten. Wie man hier sieht.

Unfair!

«Blick» vergreift sich an Bundesrat Berset.

Eigentlich ist er der Liebling der Ringier-Presse. Spätestens seit er sich als Dressman und Mitarbeiter von «Interview by Ringier» lächerlich machen durfte. Aber nun das:

Das ist ein starkes Stück. Es ist zwar schon zu spät, aber dermassen rüpelhaft darauf hinweisen, dass BR Berset obenrum ohne Haupthaar ist, also wirklich.

Ob sich «Blick» auch traut, dem Mitbesitzer und CEO Marc Walder den gleichen Ratschlag zu geben?

Wenn schon, denn schon, findet ZACKBUM.

So unsensibel sich der «Blick» gegenüber Haarproblemen zeigt, so feinfühlig wird er, wenn es um ein anderes Körperteil geht, das verlorenging. Denn oh Schreck, eine 16-Jährige findet einen abgetrennten Daumen. Abgebrüht, wie die heutige Jugend halt ist, machte sie gleich ein Foto, das der «Blick» als «zVg» – zur Verfügung gestellt – auch publizierte. Allerdings könnte es ja sein, dass Leser mit schwachem Magen so einen abgetrennten Daumen nicht vertragen. Was tun? Dem Ingeniör ist nichts zu schwör. Also verpixelt das Boulevardblatt den angeblichen Daumen, bis das Foto so ziemlich alles zeigen könnte. Einen Blumenstrauss, einen Nacktarsch-Pavian, ein rauchendes Campingfeuer – oder einen abgetrennten Daumen:

 

 

Kohle kaufen

Oops, he did it again.

Aus der Leserschaft wurde kritisiert, dass es etwas unfair sei, alt Bundesrat Christoph Blocher wegen eines Versprechers hochzunehmen. Er hatte nämlich gesagt, dass der deutsche grüne Vizekanzler nach Katar gefahren sei, um dort Kohle zu kaufen.

Bekanntlich bedeckt dort nur eine dünne Sandschicht die grössten Kohlevorkommen der Welt, die allerdings von einer Gasschicht umhüllt sind.

Nun, in der aktuellen Folge 766 kommt der ältere Herr wieder auf das gleiche Thema zu sprechen:

Kohle, Katar, Blocher und Ackeret.

Dieser Screenshot dokumentiert die Minute 21.35, als Blocher wörtlich sagt: «Da geht der grüne Vizepräsident (gemeint ist Vizekanzler Habeck) nach Katar Kohle kaufen.»

Matthias Ackeret schaut zwar im deutlich zu engen Anzug streng, greift aber wieder nicht ein. Es handelt sich also wohl doch nicht um einen Versprecher, sondern um die feste Überzeugung, dass man in Katar Kohle kaufen könne.

Vielleicht gelingt es Ackeret ja, in einer der nächsten Folgen eine kleine Richtigstellung anzubringen. Wenn er sich traut.