Der Heckenschütze im Journalismus

Neben allen anderen Fehlleistungen leidet das Ansehen der Medien vor allem unter einer Narretei.

Wie mir viele Gesprächspartner bestätigt haben, befindet sich Arthur Rutishauser in einer charakterlichen Sackgasse. Ein bedeutender Manager im Medienbereich sagte ganz klar, dass er Roger Köppel niemals und nicht einmal auf seiner Longlist für einen Chefredaktorposten vorschlagen würde.

Unzählige Fallbeispiele belegen, dass sich im Newsroom des «Blick» weibliche Mitarbeiter nicht mehr alleine auf die Toilette wagen. Auf der Reaktion von «watson» soll nach mehreren, übereinstimmenden Aussagen eine konstante Videoüberwachung sämtlicher Räume, inklusive Liftkabine, installiert worden sein, nachdem sich Mitarbeiterinnen über zunehmende Zudringlichkeiten von Mitarbeitern beschwerten.

Von mindestens drei Chefredaktoren aus dem Hause Tamedia ist bekannt, dass sie sich mit Absprunggedanken tragen; einer soll bereits konkrete Gespräche mit einem anderen Verlagshaus auf höchster Ebene geführt haben.

Nur was man selbst erfindet, hat man exklusiv

Woher ich das alles weiss? Na, einfach, ich hab’s gerade erfunden. Am Arbeitsplatz heisst ein solches Verhalten Mobbing, in der Politik Intrige. Wer solche anonymen Behauptungen und Anschuldigungen in Umlauf bringt, galt früher einmal als übler Heckenschütze, der aus eigenem Bedürfnis oder ferngesteuert angeblich anonyme Quellen benutzte – oder erfand, um mit Dreck um sich zu werfen.

Heute ist das im sogenannten Qualitätsjournalismus Gang und Gebe. Nicht nur, wenn es darum geht, das Wirken oder den Stellenwechsel von Kollegen neidisch, eifersüchtig oder überhaupt übellaunig zu begleiten.

Auf anonymen Quellen werden ganze Verleumdungskampagnen aufgebaut, wie der Feldzug der «Republik» gegen den grössten Betreiber von Kitas in der Schweiz. Sämtliche Vorwürfe wurden gerichtlich oder durch eine externe Untersuchung entweder widerlegt, oder als so vage beurteilt, dass eine Überprüfung gar nicht möglich war.

Mehr als eine Existenz wurde durch das Ausschlachten von gestohlenen Unterlagen vernichtet, verniedlichend Leaks oder Papers genannt. Hierbei verwenden ganze internationale Kollektive Hehlerware, ohne die geringste Ahnung zu haben, aus welchen Motiven die Dokumente gestohlen wurden, noch, wer das getan hat. Der Fall Jean-Claude Bastos ist der traurige Höhepunkt in der Schweiz. Tamedia ritt eine Attacke auf diesen Geschäftsmann, ausschliesslich unter Verwendung von der Redaktion zugespielten gestohlenen Unterlagen.

In all diesen Fällen vermeldeten die gleichen Medien, die aus voller Kehle Skandal geschrien hatten, das klägliche Scheitern aller Strafuntersuchungen, die nicht zuletzt wegen ihnen angestossen worden waren, höchstens im Kleingedruckten.

Passt dir jemand nicht, verleumde ihn

Auch ich selbst habe diesen Verleumdungsjournalismus schon erleben müssen, als der Oberchefredaktor von Tamedia mitsamt einem Schreibknecht fast eine ganze Seite darauf verschwendete, mir ein angebliche Doppelspiel vorzuwerfen. Hierbei kam noch eine weitere Fiesigkeit zum Einsatz, die heutzutage ebenfalls zum Standardrepertoire gehört.

Mir wurde eine unzulässige Vermischung von meiner journalistischen und meiner Beratungstätigkeit vorgeworfen. Konkretisiert an zwei angeblichen Beispielen. Obwohl sowohl die angeblich um finanzielle Unterstützung angegangenen Firmen – wie auch ich – das ganz klar dementierten. Diese Dementi wurden ausgespart, stattdessen die berühmten «voneinander unabhängigen Quellen» bemüht.

Das finstere Motiv für diese Dreckelei bestand darin, dass ich die Kampagne des Oberchefredaktors aufgrund von angefütterten vertraulichen Unterlagen gegen Pierin Vincenz mehrfach kritisiert hatte. Genauso wie die Attacken seines Schreibknechts gegen Bastos.

Frage herum, und suche dir die passenden Antworten aus

Es greift ebenfalls um sich, dass zwar ab und an noch recherchiert wird und für ein Porträt beispielsweise mit verschiedenen Personen Gespräche geführt werden. Oftmals ist aber der Spin, die Ausrichtung des Porträts schon von Anfang an festgelegt. Seltener eine Lobeshymne, häufig ein Fertigmacherporträt. In ein solches passen dann natürlich keine positiven Aussagen von Gesprächspartnern; die werden einfach weggelassen.

So wie eine entsprechende ausführliche Schilderung von Roger Schawinski als Gesprächspartner von Michèle Binswanger, die in einem Artikel das angebliche Unwohlsein der Redaktion der NZZaS über die Entlassung des bisherigen Chefredaktors beschrieb. Plus Aussagen von – Überraschung – einem anonymen Headhunter, dass er Jonas Projer niemals als Kandidaten für diesen Posten vorgeschlagen hätte.

Gemauschel und Gemurmel statt Transparenz

Statt Transparenz herrschen Gemauschel und Gemurmel, dürfen Heckenschützen aus sicherer Deckung und anonym nicht überprüfbaren Dreck schleudern. Wobei die Autorin nicht mal für Transparenz sorgt, dass ihr Lebensgefährte Peter Wälty einen Machtkampf mit Jonas Projer verloren hatte und gehen musste.

Statt aus eindeutiger Befangenheit dieses Thema nicht zu bearbeiten, statt diese Hintergründe transparent zu machen, verwendete auch Binswanger ausschliesslich anonyme Quellen.

Für den naiven Leser hört sich solcher Flüsterjournalismus meist beeindruckend an. Da hat der Autor doch mit vielen Zeugen Gespräche geführt. Logisch, dass die anonym bleiben wollen, aus Angst um den Arbeitsplatz.

Wer sein Kapital verspielt, geht unter

Was aber diese Journalisten nicht bedenken: nachdem sich in so vielen Fällen herausgestellt hat, dass anonyme Aussagen oder Anschuldigungen nichts wert sind, entweder aus persönlichen Motiven erfolgen, oder schlichtweg erfunden sind, blättert jedes Mal eine weitere Schicht Glaubwürdigkeit von ihnen ab.

Dabei sind Vertrauen und Glaubwürdigkeit beim Leser das einzige Kapital, das ein Journalist hat. Wenn er das verspielt, geht er über kurz oder lang unter. Zusammen mit seinem Medium. Wenn es eine ganze Horde von Journalisten ist, wie gerade bei Tamedia, die mit ausschliesslich anonymen Vorwürfen ein angeblich strukturelles Problem herbeireden wollen, geht’s noch schneller nach unten.

Mal positiv gesehen …

Schon wieder eine neue Rubrik. Ist alles schlecht im Journalismus? Nein, nur fast.

 

Würdigung für Pia Zanetti

In der Schweiz sind viele Fotografen stille Stars. Selbst René Burri, dem grossen Magnum- und Reportage-Fotografen, richtete seine Heimatstadt Zürich eine geradezu peinliche Hommage für seinen 80. Geburtstag aus. Viel würdiger wurde er in Havanna gefeiert, im zentral gelegenen Nationalmuseum der Schönen Künste.

Als Menschenfreund genoss er die Anerkennung in Havanna, und sah mit einem Lächeln über die Geschmacklosigkeit in Zürich hinweg.

Pia Zanetti, die grosse Menschenfotografin, bekommt jetzt, mit 77 Jahren, eine Hommage an ihr Lebenswerk in der Fotostiftung Schweiz in Winterthur. Kein Zufall, dass das eine private Stiftung und kein staatliches Museum ist. Zu den Stiftungspräsidenten gehörten unter anderem Manuel Gasser oder Hugo Loetscher.

Hier findet nun endlich, leider natürlich recht bedrückt durch Corona, eine Werkschau der seit 60 Jahren überall auf der Welt das Menschliche suchenden Fotografin statt.

Und, Wunder über Wunder, der «Blick» widmet ihr zu diesem Anlass ein Interview, das informiert, respektvoll und interessant geführt wird. Die Fotos dazu steuert Luca Zanetti bei, Sohn und ebenfalls Fotograf.

Dem «Schweizer Monat» ist’s noch aufgefallen, der WoZ und Swissinfo

 

Wirecard? War da mal was?

Ja, da war mal der typische Wisch-und-weg-Journalismus. Alle Spalten gefüllt, per copy/paste und Google jede neue Entwicklung nachgetickert. Und dann neues Thema, neues Spiel, ach ja, Wirecard.

Ist das überall so? Nein, das gibt es ein kleines gallisches Dorf, Pardon, eine kleine Trutzburg an der Falkenstrasse, wo ein Deutschland-Korrespondent Zeit und Musse hat, sich durch die Erkenntnisse des Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestags zu wühlen.

Diesmal greift er «das kriminelle Meisterstück» des flüchtigen Wirecard-Vorstands Jan Marsalek heraus, das Verbot von Leerverkäufen durch die deutsche Finanzaufsicht Bafin. Ein weiteres Meisterstück von Marsalek ist, dass er sich bislang der Verhaftung entziehen konnte.

Vom DAX-Konzernvorstand zum Fahndungsplakat. Eine Karriere.

Damals bestand es daraus, dass der Aktienkurs von Wirecard Anfang 2019 unter Druck geriet, weil die «Financial Times» (FT) unermüdlich kritische Artikel über das Geschäftsmodell des DAX-Unternehmens veröffentlichte. Da erfand Marsalek eine wahre Räuberpistole und speiste die bei der Münchner Staatsanwaltschaft via Anwaltskanzlei ein. Mitarbeiter der FT sollen demnach der Nachrichtenagentur Bloomberg angeboten haben, in die negative Berichterstattung einzustimmen. Daraufhin habe Bloomberg sich bei Wirecard gemeldet und 6 Millionen Euro gefordert, sonst werde man das Angebot der FT annehmen.

Tolle Story, nur: Beweislage null. Dennoch meldete sich die Staatsanwaltschaft bei der Bafin. Diese sah Gefahr in Verzug, dass Leerverkäufer, die auf fallende Kurse spekulieren, die arme Wirecard weiter ins Unglück stossen könnten. Die vor einem drakonischen Entscheid zu konsultierende Deutsche Bundesbank kam zwar zum Schluss, dass die Finanzmarktstabilität nicht gefährdet und daher ein Leerverkaufverbot nicht nötig sei.

Ein Beschluss über die Grenzen aller Vernunft hinaus

Auf Ebene Vizepräsidentin telefonierte man dann, und frau einigte sich darauf, dass die Bundesbank ihre Stellungnahme nicht publizieren – und die Bafin ein Leerverkaufverbot aussprechen werde. Ein Geschenk des Himmels für Wirecard. Die Schwindel-Firma konnte sich nun sozusagen amtlich unterstützt als Opfer eines Komplotts gebärden.

Das zögerte die eigentlich unvermeidliche Pleite noch um einige Monate hinaus. «Zusammenspiel von Nachlässigkeit, Fehleinschätzungen, allzu enge Auslegung von Zuständigkeiten und fehlende Gesamtschau», bilanziert René Höltschi NZZ-milde. Nein, das war wirklich ein kriminelles Meisterstück, das die Überforderung der staatlichen Kontrollstellen in aller Hässlichkeit demaskierte.

Und der Artikel gereicht der NZZ zur Ehre; die anderen Redaktionen, nun ja, wir wollen hier ja loben.

 

 

Es ist die Biologie, stupid

Ein Essay zur Klageschrift der Tagi-Journalistinnen. Rücksichtslos richtig.*

Warum gibt es mehr Boxer als Boxerinnen? Warum ist ein Basketballspiel von Männern um Welten spektakulärer als eines von Frauen? Warum ist es bis heute keiner Frau gelungen, in der Tour de France die Männer abzuhängen? Blöde Fragen. Der Mann ist anders gebaut als die Frau. Man nennt das: Biologie. Heikler wird es, wenn man sich Rankings anschaut, bei denen nicht Kraft und Geschwindigkeit über Sieg oder Niederlage entscheiden. Die erfolgreichsten Mathematiker, Chirurgen, Architekten, Schachspieler: Warum sind es Männer und nicht Frauen? Patriarchat? Nein, auch das nennt man Biologie.

Der Drang nach Machtpositionen

Das Streben nach Höchstleistungen und Rekorden – teils bis zum Exzess – ist bei Männern stärker ausgeprägt als bei Frauen. Das kann eine vorteilhafte Eigenschaft sein, muss aber nicht. Denn verbunden mit dem Drang nach Höchstleistungen sind oft auch Geltungssucht, Grössenwahn, Narzissmus. Man schaue sich nur Gestalten an wie Trump, Assad, Erdogan, Putin. Oder werfe einen Blick in die Wall Street. Dass wir in solchen Positionen kaum Frauen finden, hat weniger mit patriarchalen Strukturen zu tun, als vielmehr mit der Tatsache, dass in Frauen der Drang, solche Machtpositionen zu besetzen und derart autoritär zu agieren, weniger stark ausgeprägt ist. Glauben denn etwa jene, die «Nieder mit dem Patriarchat» schreien, tatsächlich, dass danach der Frauenanteil in Gefängnissen von 5 auf 50 Prozent steigt? Und dass es plötzlich Männer sind, die an jeder Ecke Yogastudios und Kinesiologiepraxen eröffnen?

Gaussche Kurve mit Quoten zurechthämmern

Meisterleistungen und Superlative – nicht nur körperlich, sondern auch kognitiv – sind bei Männern statistisch häufiger zu finden als bei Frauen. Bevor nun ein Aufschrei des Entsetzens folgt, richte man den Blick auf das andere Ende der Skala. Auch im Schwachsinn, in abartigem Verhalten und in den tiefsten Abgründen der emotionalen und kognitiven Intelligenz tummeln sich mehr Männer. Wer die Gausssche Normalverteilung kennt, sieht die statistische Kurve vor sich: Die «Glocke» ist bei den Männern flacher und breiter. Nicht ein Patriarchat hat diese Glocke geformt, sondern die Natur. Sie bringt Männer hervor wie Mozart, da Vinci und Einstein. Und auch Männer wie Hitler, Saddam Hussein und Charles Manson.

Carl Friedrich Gauß (1777 – 1855), der Fürst der Mathematiker. Aber Mann.

Durchschnittlich also sind die kognitiven Leistungen bei Mann und Frau gleich. Aber an der äusseren beiden Enden der Skala sind die Männer in der Überzahl. Was im Feminismus nun geschieht, ist Folgendes: Man will einen Teil der Gaussschen Glocke mit Quoten zurechthämmern, bis die statistischen Kurven von Mann und Frau dem Anschein nach deckungsgleich sind. Aber das kann nicht gut herauskommen. Warum? Man nennt es Biologie. Sonst trete man den Gegenbeweis an und schmiede die ganze Glocke gleichmässig, etwa mit einer Frauenquote bei Obdachlosen, Drogenabhängigen und Suizidgefährdeten.

Warum kriegen Männer eine Glatze?

In einer Welt, die vom Wettbewerb geprägt ist – und das ist die unsrige nun mal –, gelangen jene an die Spitze, die sich tollkühn und mit Wonne in den Wettbewerb stürzen. Biologisch bedingt sind hier die Männer in der Überzahl. Selbstverständlich ist es die Aufgabe einer modernen Gesellschaft, Ungerechtigkeiten aus dem Weg zu räumen. Die Frage ist nur: Bis zu welchem Grad ist es sinnvoll, die Natur auszutricksen?

Man täte gut daran, sich ab und zu auf einige biologische Prämissen zu besinnen. Und dann einzusehen, dass der Vorwurf an Männer, sie würden sich ständig vordrängeln, den Weg nach oben in der Rangordnung suchen, Macht und Geld als zu hohe Güter betrachten, etwa so sinnvoll ist wie ihnen vorzuwerfen, dass sie eine Glatze kriegen.

*Der Autor Adrian Venetz arbeitet als Journalist.

Protestfrauen: mitgegangen, mitgefangen …

Unterwegs wie Lemminge: jetzt kommt das grosse Fragen und Zweifeln.

Der moderne Kampffeminismus hat ein paar gröbere Probleme. Er vergewaltigt die Geschlechterfrage, moderndeutsch Gender, zur Allzweckwaffe im Kampf um Positionen, Vorteile und Denunziationen.

Spätestens seit #metoo, aber auch schon vorher wusste jeder männliche Vorgesetzte, dass jede Art von Kritik – so sachlich und berechtigt sie auch sein mag –  an einer weiblichen Untergebenen ohne Umwege in Teufels Küche führen kann.

Diskriminierung, Chauvinismus, Frauenfeindlichkeit, männliche Arroganz sind noch die harmloseren Waffen. Die Atombombe sozusagen ist die Beschuldigung, sexuell belästigt worden zu sein. Sei das auch nur verbal, sei das auch nur im Empfinden der Frau so.

Berechtigte Forderungen gesteigert in Nonsens

Also beispielsweise die Frage ins Homeoffice an die Mitarbeiterin: «Warum kommst du nicht rein?», gemeint ist in ein Archiv oder ein Co-Working-Tool, kann problemlos als anzüglich, als diskriminierend kritisiert werden, weil das doch sicher als Anspielung auf angeblich mangelnde technische Fertigkeiten von Frauen gemeint sei.

So bis zum Nonsens gesteigert, reissen diese jüngeren Feministinnen ein, was ihre Vorgängerinnen mühsam und kämpferisch aufgebaut haben. Schlichtweg mit Forderungen nach Gleichbehandlung, nach Lohngleichheit, nach gleichen Rechten. Aber nicht als Mimosenwettkampf.

Alice Schwarzer, die grosse alte Dame des deutschen Feminismus, die für die Sache der Frau mehr getan hat als all ihrer Kritikerinnen hier in der Schweiz zusammen, setzte sich zum Beispiel bedingungslos für das Verhüllungsverbot ein, weil der Tschador, die Burka, der Nikap Fanale für die frauenfeindliche und mittelalterliche Ausprägung des islamischen Fundamentalismus ist.

Dagegen schrieben sich bei Tamedia sowohl Männlein wie Weiblein die Finger wund, dass man das ja nicht annehmen dürfe, das sei ein Anschlag auf die Grundrechte der Frau, das sei letztlich wieder ein Ausdruck der männlich dominierten Gesellschaft, die Frauen Vorschriften machen will.

Der Jungfeminismus ist häufig schlichtweg dumm

Das ist das zweite Problem des Jungfeminismus: er ist schlichtwegs in vielen Äusserungsformen dumm. Er hebt schnell ins Absurde ab, wenn er aus jeder noch so harmlosen Bemerkung einen frauenfeindlichen Unterton herausfühlen will. Und zu allem zu ist er noch von einer tiefen Humorlosigkeit geprägt, was Fanatiker immer auszeichnet.

Ganz anders sieht das die grosse alte Dame des Schweizer Qualitätsjournalismus. Margrit Sprecher beginnt ihre Antwort mit der fröhlichen Feststellung, dass sie über meine Zeilen herzlich lachen musste. Um dann weise zu sagen:

«Seltsam ist ja, dass nicht nur im Tagi, sondern auch beim Spiegel und in der NZZ plötzlich öffentlich über Machos und deren Führungsstil geklagt wird.  Nun gab es auf Redaktions-Chefetagen schon immer viele aufgeplusterte Egos. Doch seit sich die wirtschaftliche Lage derart verschlechtert hat, leben sie hemmungslos ihre Chef-Macht aus. Meine Vermutung: Nicht nur die Frauen leiden unter dem ruppig gewordenen Stil, auch empfindsamere Männer. Nur: Unter welchem Sammelbegriff sollen sie sich outen?»

Das ist das dritte Problem des pubertierenden Feminismus. Frauen sind Opfer, Männer sind Täter. Frauen können eigentlich niemals Täter werden, Männer niemals Opfer. Der weibliche Chef, der seinen männlichen Untergebenen quält? Ein Fantasma von sich verzweifelt wehrenden Chauvinisten.

Warum alle für sexuelle Belästigung zuständigen internen Meldestellen umgehen?

Das vierte und letzte Problem, das höchstwahrscheinlich den protestierenden Frauen bei Tamedia gröbere Schwierigkeiten machen wird, abgesehen davon, dass bislang keine einzige ihrer Behauptungen belegt oder verifiziert ist: Es gibt bei Tamedia, wie eigentlich in fast jedem modernen Unternehmen, Human Resources, Anlaufstellen für jede Art von Beschwerde. Und natürlich eine firmeninterne Meldestelle für sexuelle Belästigung oder Mobbing.

Aber laut Marco Boselli, Mitglied der Geschäftsleitung, wurde diese Stelle im ganzen Jahr 2020, was ja laut dem Protestschreiben ein weiteres Höllenjahr für Frauen bei Tamedia gewesen sein soll, genau nullmal kontaktiert. Null. Wenn nun die 61 Beispiele, die im Protestschreiben aufgeführt werden, nur ein kleiner symbolischer Ausschnit aus der männerdominierte, sexistischen, Frauen abwertenden, unerträglichen Firmenkultur sein sollen, wie ist das zu erklären?

Auf dem dafür eingerichteten Weg, auf dem solche Probleme intern, auch anonym gemeldet werden können, ging keine einzige Beschwerde ein. Aber stattdessen dieses Protestschreiben an Geschäftsleitung und Chefredaktion. Dann die Weitergabe an die Medien, um mehr Druck aufzubauen. Aus Mangel an Vertrauen in die internen Abläufe? Die ewiggleiche, uralte Ausrede.

Das stinkt nach Kalkül, nach Kampagne

Aber: eine Aktion, bei der die dafür vorgesehenen Kanäle umgangen werden, begründungslos, sondern man (und frau) sich lieber direkt an die Öffentlichkeit begibt und kräftig Erregungsbewirtschaftung betreibt, riecht immer zehn Meilen gegen den Wind übel. Ganz übel. Nach Kalkül, Kampagne, Arbeitsplatzsicherung der besonderen Art.

Dazu passt auch perfekt ins Bild, dass die Unterzeichner in dunkelsten Farben wahre Abgründe männlich dominierter Arbeitsatmosphäre malen, eine Unzahl von nichtssagenden, unbewiesenen, nicht verifizierbaren Anschuldigungen dazustellen – und dann eisern schweigen. Auf Anfragen von innen und von aussen.

Natürlich sind nicht alle Frauen mit Arbeitserfahrung beim Tamedia mit diesem Schreckensbild einverstanden. Natürlich fragen sich nun in der Wagenburg der gemeinsamen Unterzeichnung gefangene Frauen, die mit der Veröffentlichung weder einverstanden sind, noch vorher um ihr Einverständnis gefragt wurden, wie sie aus dieser Nummer wieder rauskommen. um nicht als Lemminge zu enden.

Das Ende einer Frauenbewegung?

Leider gilt da, auch bei diesen Kämpferinnen für Anstand und Höflichkeit: mitgegangen, mitgefangen, mitgehangen. Und Schnauze, Mädels, ihr wollt doch wohl unserer Sache nicht in den Rücken fallen?

 

Ein Mann, ein Wort

In dieser mit allen Tricks und Untergriffen geführten Debatte braucht es eine klare Position.

Was 12 Prozent aller weiblichen Angestellten von Tamedia mit einem einzigen Schreiben hinkriegen: das Thema Frauendiskriminierung, Sexismus in den Medien ist mal wieder in aller Munde.

Worum geht es? Wohl jeder, ich auch, hat schon glaubhafte Beschwerden von weiblichen Angestellten gehört, dass ein Vorgesetzter unter Ausnützung seiner übergeordneten Stellung unsittliche Angebote gemacht hat. Das gemeinsame Abendessen zum «Kennenlernen». Bei Kerzenlicht. Der forsche körperliche Übergriff beim gemeinsamen Glotzen in den Bildschirm. Die anzügliche, nach Altherrenmief riechende Bemerkung.

Wir sind uns wohl einig, was widerlich und übergriffig ist

Oder noch übler: das Ankündigen einer Positionsverbesserung, vorausgesetzt, die Person im Abhängigkeitsverhältnis sei bereit, ihre Kenntnisse in Positionen vorzuführen, vielleicht in Nylons? Begleitet von anzüglichem Blick und schmierigem Lächeln. Wem es dabei nicht übel wird, ist wirklich ein Idiot.

Männerfantasie oder konsensuale Erotik.

Das alles ist widerlich, verachtenswürdig, muss sanktioniert, publiziert, denunziert werden. Dafür muss es entsprechende Strukturen geben, die allen Beteiligten die Möglichkeit zur Stellungnahme gibt, verifiziert oder falsifiziert und entsprechende Autorität zum Sanktionieren hat.

Handelt es sich möglicherweise um ein gröberes oder – wie man neudeutsch sagt – strukturelles Problem, dann hilft nur eine unabhängige Untersuchung von aussen. Wie zum Beispiel exemplarisch bei der deutschen «Bild», wo der Chefredaktor schwer in den Kugelhagel von diversen Vorwürfen geraten ist. Nun soll die renommierte Firma Freshfields Klärung bringen. Von aussen natürlich.

Das ist, ebenso wie bei Sexualdelikten in der Ehe oder allgemein mit nur zwei Teilnehmern, eine heikle und schwierige Angelegenheit. Genau wie das Opfer, meistens weiblich, aber nicht immer, die Opferrolle nur spielen kann, während der Täter in Wirklichkeit keiner ist, gibt es natürlich auch das Umgekehrte. Aber wie beiden Beteiligten gerecht werden?

Wer ist Täter, wer Opfer? Nicht das einzige Problem

Das ist ein Problem. Viel gravierender ist aber ein anderes. Sexuelle Belästigungen jeder Art, von wem auch immer, gegen wen auch immer, Diskriminierung aus welchen Gründen auch immer, das ist widerlich, ein Kampffeld, verdient Verachtung und Bestrafung.

Genauso aber auch, ein überhaupt nicht sinnvolles Kriterium anzuwenden, um Quotengleichheit, angebliche Gleichberechtigung und das Recht, jeden Zweifel an Anklagen als weiterer Ausdruck von Diskriminierung zu denunzieren, für sich in Anspruch zu nehmen.

Das ist schlichtweg Unsinn, negative Diskriminierung, eine Waffe im Kampf um bessere Positionen, mehr Geld, mehr Einfluss, mehr Macht.

Es ist das übliche rassistische Missverständnis, nur auf den Kopf gestellt.

Der da drüben ist blöd. Warum? Weil er dunkler Hautfarbe ist. Absolut bescheuerte Korrelation von zwei Eigenschaften, die überhaupt nichts miteinander zu tun haben. Vor allem nicht im individuellen Fall.

Selbstverständlich gibt es auch Dunkelhäutige, die blöd sind. So wie es Blödis jeder Hautfarbe, in jeder gesellschaftlichen Stellung, in jedem Land, in jedem Alter – und bei jeder sexuellen Zuordnung oder Einordnung oder Selbstempfindung gibt.

Blöde gibt es überall, falsche Verknüpfungen aber auch

Es ist aber schlichtweg unlogisch, unhaltbar, eine contradictio in adjecto, ein Widerspruch in sich selbst, ein Junktim zu knüpfen nach dem Modell dunkelhäutig = dumm. Das Gleiche gilt für weiblich = diskriminiert. Das gilt noch mehr für weiblich = alleine berechtigt, sich als Opfer zu empfinden.

Das denaturiert und degeneriert zu diesen altbekannten Hilfskonstruktionen: hier wird nicht eine Tätigkeit oder ein Resultat kritisiert, sondern das Geschlecht der Tätigen ist ausschlaggebend. Der berühmte Satz zum männlichen Vorgesetzten: das kritisiert du nur, weil ich eine Frau bin. Oder der noch dümmere Satz: das kannst du als Mann gar nicht beurteilen.

Wenn nur gemeinsame, willkürlich gewählte Eigenschaften einen weitgehend herrschaftsfreien Diskurs zulassen würden, dann wäre Ende Gelände mit gesellschaftlicher Debatte zwecks Erkenntnisgewinn und Verbesserung der Welt.

Die Problematik der anonymen Beschwerde

Eine ganz üble Rolle spielt dabei die anonyme Anklage, die anonyme Beschreibung eines Übergriffs, einer Diskriminierung via Geschlecht. Greifen wir aus der jüngsten Auflistung ein Beispiel heraus: «Bis heute finden Kollegen es lustig, Sätze zu sagen wie:

«Da bei dir im Hintergrund schreit ein Kind, habe ich das mit dir gezeugt?»»

Gibt es solche Idioten wirklich bis heute? Im Plural? Wie heissen die? Gibt es mehr als eine Zeugin? Wieso wurde das nicht auf den vorhandenen Kanälen denunziert? Wurde das vielleicht nur deswegen aufgeführt, weil es das perfekte Titelquote abgibt, das dann auch prompt der «Spiegel» verwendete?

Wenn man diese Fragen stellt, wenn man das ganze Vorgehen für höchst problematisch hält, kann man dann auch guillotiniert werden, da man offenbar ein Sexist, Macho, Patriarch mit einem mittelalterlichen Frauenverständnis sei? Das kann ganz leicht passieren.

Gefangen im System

Und das ist dann die dritte und letzte Absurdität. No way out. Innerhalb dieses Systems kann man nur zustimmen. Oder schweigen. Aber Widerspruch welcher Art auch immer ist nicht möglich. Damit wären wir wieder völlig im Bereich des Glaubens, des Kanons, der unbezweifelbaren und nicht hinterfragbaren absoluten Wahrheiten angelangt.

Wohin das führt, wissen wir aus der Geschichte mehr als genügend. Hinzu kommen in diesem aktuellen Tamedia-Fall noch eine ganze Reihe von Ungereimtheiten, Merkwürdigkeiten, Gruppenzwängen, Wortführerinnen und Mitläuferinnen, die wir noch aufarbeiten werden.

Da hier der Besitz der einzig richtigen Wahrheit zu Hause ist? Aber nein. Im Gegenteil. Hier ist der Zweifel, das Hinterfragen, die Kritik an zu leicht Akzeptiertem zu Hause.

Coming soon: DACHelles

Das Warten hat sich gelohnt.

Liebe Leserinnen und liebe Leser

Vor etwa zwei Monaten lief unsere letzte Episode auf Youtube. Unglaubliche 1787 Zuschauerinnen und Zuschauer haben zugeguckt. Und es werden täglich vier bis fünf mehr. Dieser Erfolg bestärkt uns, weiterzumachen und Ihnen spannende Wirtschaftsnews aus nächster Nähe zu liefern. Wir sind auch schon im Gespräch mit namhaften Investoren, die sehnlichst darauf warten, unsere Sendung zu finanzieren.

Wir nehmen natürlich nicht jeden und auch nicht den, der am meisten zahlt. Stichwort wie Woman accountability und Social Awarness Score sind uns wichtig. In meinem sehr erfolgreich abgeschlossenen Wirtschaftsstudium habe ich gelernt: Till the drop you flop. Später beim Fernsehen, wo ich die Beliebteste von allen war, habe ich ausserdem erfahren: The next thing is bigger.

Was wir heute schon verkünden dürfen, sind die Themen der nächsten sechs Episoden Wie Sie wissen, haben wir Sie danach gefragt, was Ihnen am meisten unter den Nägeln brennt. And here we are:

Episode 1: Flexilitility in der Arbeitswelt
Episode 2: Awarenesity in der Arbeitswelt
Episode 3: Prioritriosity in der Arbeitswelt
Episode 4: Socialisility in der Arbeitswelt
Episode 5: Sustanibility in der Arbeitswelt
Episode 6: Accountability in der Arbeitswelt

Nice to know: Mit Ackermann konnten wir einen herausragenden Kleider-Ausstatter gewinnen. Valencio Couture wird uns weiterhin föhnen, Dosenbach stiftet die Stilettos, Coop hat uns eine Kaffeemaschine gesponsert und C-Date übernimmt den Limo-Dienst.

Also, nicht mehr lange schlafen und get ready for Entertainment plus Sustanibility!

Eure Pati

Exklusiv: Die Antworten von Eric Gujer

Achtung Satire. Zackbum beantwortet für NZZ-Chef Eric Gujer die Fragen des «Schweizer Journalisten».

Das ist ein gefundenes Fressen fürs ZACKBUM-Ressort Satire. Entscheidungsträgern Worte in den Mund legen, weil sie auf diverse Fragen nicht antworten wollten. Das Ressort haben wir schon länger eingeführt, vor Markus Somm mit seinem Nebelspalter und vor der Republik. Vielleser erinnern sich: Die Republik brachte uns in Zusammenhang mit der Recherche rund die TX Group und den ungeliebten CEO Pietro Supino darauf. Im eben erschienenen Branchenblatt «Schweizer Journalist» nun wird «NZZ»-Chefredaktor ziemlich kritisiert. Bezeichnenderweise aber von Markus Wiegand, einem Journalisten, der seine Brötchen nicht in der Schweiz verdient. Immerhin aber war Wiegand von 2005 (Gründung des Hefts) bis 2016 Chefredaktor des SJ. Trotz der Distanz wollte das Gespräch zwischen Wiegand und Gujer aber nicht ins Rollen kommen. Wir helfen nach – die Fragen sind original, die Antworten nicht.

Herr Gujer, aktuelle und ehemalige Mitarbeiter kritisieren Ihren Führungsstil als ungewöhnlich autoritär. Wie charakterisieren Sie Ihr Führungsverhalten?

Ja wäre antiautoritär besser? So wie beim Tages-Anzeiger, wo jegliche Eckpfeiler zerfallen? Für einmal halte ich es wie die SRF-Chefin Nathalie Wappler. Sie sagte kürzlich in meinem Blatt: «Jetzt bewegt sich etwas, und es ist auch nicht recht». Die Frau gefällt mir – auch als Mensch.

Aktuelle und ehemalige Mitarbeiter geben an, dass sie sich vor Ihrer teils scharfen Kritik fürchten oder gefürchtet haben. Wie erklären Sie das?

Vielleicht hat das mit der Erziehung gewisser Mitarbeiter zu tun. Berechtigte Kritik hat noch niemandem geschadet. Für mich gilt bei der Mitarbeiterführung Christoph Blochers Führungsprinzip: «Du sollst Deine Mitarbeiter lieben wie Dich selbst, dann kannst Du von diesen auch viel verlangen – so viel wie von Dir selbst.»

Ehemalige Mitarbeiter geben an, dass sie die NZZ wegen Ihres Führungsstils verlassen haben. Wie gehen Sie damit um?

Auch da halte ich mich an Christoph Blocher und seine Führungsprinzipien: «Du sollst wissen – gerade in Zeiten, in denen Teamgeist in aller Leute Mund ist -, dass Verantwortung unteilbar ist». Wer das nicht teilen kann, dem lege ich keine Steine in den Weg. Oder anders gesagt: Reisende soll, ja kann und darf man nicht aufhalten.

Sehen Sie einen Anlass, Ihr Führungsverhalten gegenüber Mitarbeitern künftig zu ändern?

Hüst und Hott in einer 241-jährigen Institution? (wechselt auf Mundart) «Das isch NZZ! Rekordmeister! Was meinsch eigentlich, wer du bisch, he? Rekordmeister! Rekordmeister! Dir isch gar nöd bewusst, um was es gaht da! Das isch Super League vom Rekordmeister! Än Institution, hey! Hey, chli Konzentration, he! Mir gähnd alles für dä Klub und du … läck du mir hey! Chli Respekt!» (beruhigt sich wieder)

Aktuelle und ehemalige Mitarbeiter geben an, dass Ihre Ehefrau Claudia Schwartz Einfluss auf die Gestaltung der NZZ nimmt, die über ihre Position als Redaktorin hinausgeht. Sie haben dies in der Vergangenheit mehrfach bestritten. Wie erklären Sie sich, dass diese Kritik von aktuellen und ehemaligen Redaktoren beständig wiederholt wird?

Ich empfinde diese Frage als frauenfeindlich und respektlos. Im übrigen verletzen Sie eine journalistische, ja zwischenmenschliche Grundregel. Nie über jemanden reden, der nicht da ist. Oder anders gesagt, fragen Sie meine Gattin doch selber.

Zum Schluss: Sie waren zwei Wochen für eine Fastenkur in Österreich. Sie haben dem Hotel ein Interview gegeben, das zu Werbezwecken auf der Website und in einem Corporate-Publishing -Magazin eingesetzt wird. Wie ist das mit den Compliance-Regeln der NZZ vereinbar?

Zuerst einmal: Saubere Recherche, vom ZACKBUM.ch. Oder von wo wissen Sie sonst davon? Aber egal. Sie haben die Sache nicht verstanden. Der Clou war, dass in meiner Samstagausgabe vom 13. Februar ein ganzseitiges Interview mit dem «Kurarzt Wolfgang Moosburger» erschien. Einigermassen stolz bin ich, dass die Interviewerin meine geliebte Gattin war. Dass sie auch die vorherige Seite füllte, war das Sahnehäubchen. Der Bericht «Viel mehr als nichts essen» hätte in jedes Weltblatt gepasst, Compliance-Regeln hin oder her.

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Fairerweise hier noch die Originalantwort der «NZZ» an den «Schweizer Journalisten»: «Von einem Interview möchten wir absehen. Es handelt sich vor allem um Fragen, die in den letzten Jahren wiederholt von der NZZ beantwortet wurden. Insofern ist dem nichts Neues hinzuzufügen. Gerne nehmen wir aber noch einmal und zusammenfassend zum Fragenkomplex wie folgt Stellung. Um unseren Nutzerinnen und Nutzern rund um die Uhr hochwertigen Qualitätsjournalismus anbieten zu können, sind seitens der Chefredaktion das Wahrnehmen der umfassenden Verantwortung und Führung mit klaren Zielsetzungen gefragt. Gefragt ist zudem eine offene Feedbackkultur in beide Richtungen. Dass diese im Unternehmen gelebt wird, bestätigt eine aktuelle Umfrage bei den Führungskräften der NZZ. Gemäss dieser Umfrage nimmt zudem ein Grossteil der Führungskräfte die Unternehmenskultur bei der NZZ als wertschätzend wahr. Als Redaktorin nimmt Frau Schwartz in der Tat Einfluss auf die Gestaltung der NZZ – so, wie das alle NZZ-Redaktorinnen und -Redaktoren im Rahmen ihrer Arbeit tun. Was das Interview betrifft, das Eric Gujer für ein Fastenkur-Hotel gegeben hat: Die Frage nach Compliance stellt sich insofern nicht, als Herr Gujer dieses Interview während seiner (selbst bezahlten) Ferien und auf Anfrage der Hotelleitung gegeben hat – dies im Rahmen einer Serie für das hauseigene Magazin, wo Persönlichkeiten, die in Jobs mit hohem Stressfaktor tätig sind, zu ihrem Umgang damit befragt werden.»

Weiss auf schwarz

Es darf gelacht werden. Wohin Antirassismus-Wahnsinn führt.

Der Mohrenkopf ist gegessen. Was solche aufwallende Erregung über angeblich ganz fürchterliche Manifestationen von Rassismus immer an sich haben: sie schäumen hoch wie dieses Schaumgebäck, und schluck, weg sind sie.

Höchste Zeit, aus gegebenem Anlass mal wieder an einige Höhepunkte (ich weiss, es gibt ein Meer mehr) solcher Anfälle zu erinnern. Obwohl die rassistische Verwicklung der Schweiz in Sklavenhandel und ideologischer Rechtfertigung dieses schlimmen Tuns noch nicht restlos aufgearbeitet ist. Aber auch da hat der Virus (welcher Rasse gehört der eigentlich an, wenn er maskulin ist, werden dadurch nicht weibliche Viren diskriminiert?) für Entspannung gesorgt. Aber Vorhang auf beim Panoptikum.

Prinzessin Tiana küsst Frosch. Na und?

Wer so reagiert, outet sich schon ganz am Anfang als unreflektierter Rassist. Dieser Disney-Film wurde nicht zuletzt nur mässig als neue Form des Blackfacing beschimpft, weil man vorsichtshalber Oprah Winfrey gebeten hatte, eine kleine Sprechrolle zu übernehmen. Und wenn Oprah damit dem Werk ihren Segen gibt, na gut. Da kann man nur noch hoffen, dass der Frosch kein Rassist ist.

Als Disney dann allerdings mit Pocahontas und Mulan weiter Inklusion und Diversität vorantreiben wollte, wurde der Konzern aber schwer beschimpft. Kulturimperialismus, unerlaubte Aneignung anderer Sitten und Gebräuche, Andersartige immer aus weisser Sicht, furchtbar.

Pfui, pfui, pfui. Dafür sollte sich der Globus heute noch schämen.

Uns fehlen die Worte, aber dieses Verhalten von Globi ist ja leider kein Einzelfall aus dunklen Zeiten:

Auch Asterix war Rassist. Leider.

Denn sonst hätte der Gallier eine solche Darstellung des Ausgucks auf dem Piratenschiff niemals akzeptiert.


Der Weisse am Steuer, der Hund aufmerksam, der Neger grinst.

Auch dieses düstere Struppi-Kapitel der belgischen Kolonialgeschichte ist noch nicht restlos aufgearbeitet.

Wer sieht hier die Anspielungen nicht?

Nichts harmloser (und hirnloser) als die Schlümpfe? Vorsicht, hier werden Kinderseelen ganz subtil rassistisch beschallt. Denn es ist doch offenkundig, wieso die Schlümpfe, mit einer Ausnahme, diese weissen Kappen tragen. Groschen noch nicht gefallen? Ku-Klux-Klan, Himmels willen. Erschwerend kommt noch hinzu: Werden die Schlümpfe krank, färben sie sich immer dunkler. Das ist doch unbestreitbar: damit wird dunkle Hautfarbe als Zeichen von Kranksein missbraucht.

Unerhört: das soll ein japanischer Cyborg sein?

Scarlett Johannson in «Ghost in a Shell». Etwas merkwürdig geschminkt, denkt da vielleicht der rücksichtslose Rassist, denn das sei doch eindeutig «modernes Blackfacing», erregten sich japanische Schauspieler. Blackfacing? Nun, so hiess der absurde Brauch, in «weissen» Clubs oder Bars, in denen in den USA keine Schwarzen auftreten durften, sie mit weissen Darstellern zu substituieren, die einfach schwarz angemalt wurden.

Wäre heute auch nicht mehr möglich: Orson Welles als Othello.

Nun gefiel es William Shakespeare (weiss, Mann), ein unsterbliches Theaterstück über den Mohren von Venedig zu schreiben. Dessen reales Vorbild war nun mal schwarz, also schminkten sich Schauspieler auch schwarz für die Rolle. Darunter auch mein absoluter Liebling Orson Welles, die herausragende Verkörperung der übergrossen Shakespeare-Figuren. Zudem war der Film ja noch schwarzweiss. Nein, mit einem solchen Kalauer käme heute weder er noch ich durch. Deshalb sind wir natürlich entrüstet.

Beschränkt sich diese beschränkte Suche nach Anzeichen von Rassismus nur auf Bilder und Filme? Aber nein. Es gibt einen aktuelle Anlass auf literarischem Gebiet. Also gut, literarisch wäre dann noch die Frage. Auf jeden Fall hat sich in den Niederlanden (und das wird überschwappen), ein Streit entwickelt, wer denn eigentlich dazu legitimiert ist, das Gedicht «The Hill we Climb» zu übersetzen. Für Kulturbanausen: Das trug Amanda Gorman bei der Inaugurationsfeier für Joe Biden vor.

Schwarz, jung, fantastisch gekleidet, klare Aussprache.

Ich würde ja sagen: jeder ist legitimiert, der es im Kopf aushält, sich mit diesem spätpubertären, aufgeblasenen Geraune zu befassen, bei dem man eine ganz grosse Portion Gesinnung drüberstreichen muss, will man es als Lyrik bezeichnen. Aber natürlich – der Leser ahnt es schon – geht die Debatte darum, ob jeder, der dazu qualifiziert ist, übersetzen darf. Auch ein Mann? Ein weisser Mann? Ein schwuler, weisser Mann? Oder ein schwarzer? Nicht besser eine schwarze Frau? Aber bitte nicht zu alt? Und überhaupt, schwarz ist doch nicht gleich schwarz, sollte es nicht jemand mit dem gleichen ethnischen Hintergrund sein? Wieso überhaupt? Na, sonst könnte es doch passieren, dass fürchterliche Dinge wie Kulturimperialismus, Aneignung, lyrisches Blackfacing, neuerliche Diskriminierung passieren könnten.

Aha. Wer dagegen einwendet, dass es keine schwarze oder weisse Mathematik gibt. Nur richtige oder falsche. Keine schwarze oder weisse Küche. Nur gelungene oder missratene. Keine schwarze oder weisse Lyrik. Nur solche, die dem Anspruch Hölderlins genügt: «Was bleibet aber, stiften die Dichter». Und solche wie die von Gorman, die dem nicht genügt: in jeder Hinsicht disqualifiziert. Schämen und ab in den Sensibilisierungskurs.

All das dürfte ich als älterer, weisser, privilegierter, dazu auch noch Bildung diskriminierend ausspielender Mann gar nicht sagen. Wobei ich noch errötend gestehen muss, dass ich zu allem zu heterosexuell bin, mich weder vegan, noch vegetarisch ernähre, ein Auto besitze (Diesel!), und mein E-Chopper reisst es da auch nicht mehr raus.

Hilfe, mein Papagei onaniert I

Hier sammeln wir bescheuerte, nachplappernde und ewig die gleiche Leier wiederholende Duftmarken aus Schweizer Medien. Subjektiv, aber völlig unparteiisch.

Wir beginnen die neue Reihe mit einem etwas, nun ja, speziellen Thema. So für uns Männer:

Schon länger verfolgt Magdalena Pulz aus München für Tamedia einen «bahnbrechenden Schritt für die Gleichstellung». Vor ziemlich genau einem Jahr jubilierte die SZ-Autorin im Tagi plus Kopfblätter: «Gratis-Tampons und -Binden für alle». Zumindest bei den sparsamen Schotten. Kampf der «Period Poverty», wie das alliterierend heisst, also der Periodenarmut.

Denn es gäbe viele Frauen, die zwar menstruieren, aber kein Geld dafür haben, die dadurch entstehende Sauerei mit geeigneten Mitteln aufzufangen. Allerdings, schon Kurt Tucholsky, der alte Macho, wusste: Frauen menstruieren. Wir Männer aber müssen uns rasieren. Und da schenkt uns ja auch keiner eine Rasierklinge; und mit einem Gratis-Tampon, ehrlich gesagt, wüsste ich nichts anzufangen.

Ein weiterer Sieg der Gleichberechtigung

Aber, Tamedia vermeldet einen weiteren Sieg im Kampf um Gleichberechtigung: «Studentinnen in Frankreich erhalten Gratis-Binden». Offenbar soll es auch im Land von «oh la, la» so sein, dass sich viele arme Studentinnen zwischen einer warmen Mahlzeit oder einer hygienischen Regel entscheiden müssten. Von Anstrengungen, auch etwas für arme Männer zu tun, beispielsweise Gratis-Abgabe von Viagra, ist aber keine Rede.

Der Boulevard hält immer den Nutzwert hoch

«So einfach ist shoppen per Video», bemüht sich der «Blick» um hohen Nutzwert für seine Leser. Nun ja, eigentlich ist «Blick» hier nur der Papagei, der nachplappert, was «präsentiert von den Migros Fachmärkten» vorgesagt wird. Ganze «7 Vorteile» hat hier die Ringier-Voliere, Pardon, das «Ringier Brand Studio» eifrig «im Auftrag eines Kunden» herausgefunden.

Die nächste News des «Blick» entspringt leider auch nicht eigener Recherche, sondern purem Nachplappern. Immerhin, ein Papagei würde da die Federn spreizen, der «Blick» rührt die «top secret»-Trommel: «Palast lüftet Geheimnis. Deshalb liegt Prinz Philip im Spital». Hm, vielleicht, weil er mit 99 nicht mehr ganz der Jüngste ist? Weil er über einen seiner geschmacklosen Scherze gestolpert ist? Weil ihm beim Anblick seiner Enkelkinder ganz anders wurde? Nein, «er wird wegen einer Infektion medizinisch versorgt», teilt der Palast mit. Ist halt auch immer so verdammt zugig in diesen Schlössern, und dann erst noch schlecht beheizt.

Das wäre selbst dem schärfsten Papagei zu viel

Kreischend abwenden würde sich hingegen jeder Papagei, der zwar Lust, aber auch Anstand im Leib hat, wenn er diese Schlagzeile sähe: «History Porn Teil LXX: Geschichte in 33 Wahnsinnsbildern». Blöde Frage, das ist natürlich aus «watson». Die Leser fragen sich hingegen ahnungslos: Ist LXX irgend eine scharfe Stellung? Da kann auch ein Papagei nicht weiterhelfen.

CH Media hingegen spielt den Papagei für Ringier, «digitalswitzerland» und alle, die an der E-ID gerne verdienen wollen. «Mehr Chancen als Risiken», wärmt der Konzern in einem «Leitartikel» pro E-ID einen Titel auf, bei dem es selbst dem konservativsten und traditionsbewusstesten NZZ-Produzenten die Schirmmütze lupfen und die Ärmelschoner hochrollen würde. So uralt, verstaubt und verschnarcht ist der.

Diese Sorgen möchte man haben

Andreas Kunz, Redaktionsleiter der Sonntagszeitung, enerviert sich.

«Statt teure Strategien und neue Organigramme zu erarbeiten, sollte sich der Detailhändler auf die kleinen Sachen konzentrieren», schreibt die Nummer 2 der Sonntagszeitung hinter Arthur Rutishauser.

Recht hat er. Hinschauen, sich für die Probleme im Alltag einsetzen. Die sogar gegenüber Lidl tiefen Verkäuferinnenlöhne. Der Alkohol- und Zigaretten-Verkauf beim Migros-Partner Voi. Das energetische Klumpenrisiko bei Migrol. Alles «kleine» Themen, die unter den Nägel brennen, und für die ein Sonntagsblatt die ideale Plattform wäre.

Aber nein. Andreas Kunz interessiert sich für etwas ganz anders. Aber nicht einmal für die vielen überflüssigen Plastikverpackungen. Nein, ganz auf dem Egotrip für eine ganz spezielle Verpackung. Für ihn «das Beispiel für die Lieblosigkeit der Migros im Umgang mit ihren Produkten ist diese elende blaue Kilopackung Meersalz, deren durchsichtiges Plastik-Sichtfenster früher oder später immer reisst – sodass sich das verdammte Salz beim Spaghettikochen jedes Mal über den ganzen Küchenboden verstreut».

Andreas Kunz hat zu diesem wirklich skandalösen Problem sogar eine Umfrage gemacht «bei Freunden und Bekannten». Sein Fazit: «Das doofe Sichtfenster reisst bei allen. Und alle kämpfen mit der gleichen Sauerei.»

Das rot umrahmte Sichtfenster soll immer reissen. Dem Autor, der auch solches Salz benutzt, ist das aber noch nie passiert. 

Die Vorstellung, dass sich irgendwelche gut bezahlten Redaktionschefs täglich mit der Salzsauerei auf ihren blitzblanken Böden beschäftigen müssen, ist schier unerträglich. Denn darunter leiden offensichtlich die Inhalte der Zeitungen. Dabei ist Salz ein ganz gefährlicher Stoff. Salz, von Experten Natriumchlorid genannt, kann sehr schädlich sein. Darum werden in einschlägigen Magazinen die vielen Fertigprodukte, etwa von der Migros (Anna’s Best) oder von Coop (Betty Bossi) kritisiert. Denn sie haben zuviel Salz drin. Eine solche Mahlzeit, und fast schon hat man den täglichen, maximalen Salzbedarf intus. Das Darüberhinaus sorgt für erhöhte Nierenbelastung und ungesund hohen Blutdruck. Und schlussendlich sterben wir alle.

Am besten verzichten Andreas Kunz und seine Kollegen künftig ganz auf Salz. Und konzentrieren sich auf brennendere Probleme dieser Welt.