Blick TV undercover auf Toilette

Her mit dem Pulitzer-Preis!

Die Blick-Journalistin Selina Berner hat einmal «gehört, dass bis zu 80 Prozent der Putzfrauen in der Schweiz schwarz arbeiten.» Berner will daher wissen: «Stimmt das auch wirklich?» Um die Banalität zu überprüfen, arbeitete sie für Blick TV undercover als Putze.

Blick droht nun damit, gleich acht Folgen zum Thema auszustrahlen. Bereits in der ersten Folge muss man sich um die Äuglein von Berner Sorgen machen. Die drohen ihr bei jedem Satz auf den Boden zu purzeln. Aufgeregt berichtet Berner, wie sie ein Geschäftsmann anfragt, zweimal die Fenster zu putzen. Halt ohne Vertrag. Berner gackert: «Und das isch sooo typisch gsi!»

Vielleicht bin ich älter als gefühlt. Für mich ist eine illegale Putzfrau ein Pleonasmus. Und ich sage das jetzt mal ganz offen: Wenn ich jemanden suche, der mir zweimal die Fenster putzt, werde ich ebenfalls keinen Vertrag aufsetzen. So kriminell bin ich leider.

Dass Blick TV auf Wallraff macht, ist aber super. Taucht in der sechsten oder siebten Folge auch mal die Frage auf, ob Herr und Frau Ringier ihren Putzfrauen immer sämtliche Sozialleistungen bezahlt haben? Dann halte ich durch und gucke sämtliche Folgen an. Ich schwör bei meiner Toilette!

«Kassensturz» rät: Masken in den Ofen!

Sogar Daniel Düsentrieb ist näher an der Realität.

Normalerweise beschäftigt sich der «Kassensturz» mit – Pardon – Klugscheisser-Themen wie Brillentücher, Korkenzieher, elektrischen Zahnbürsten. Otto Normalschweizer interessiert sich nämlich brennend für solche Themen und geht am nächsten Morgen gleich die Testsieger kaufen.

Mit Corona hat sich natürlich auch der langweilige Redaktionsalltag beim «Kassensturz» geändert. Die Konsumententhemen befinden sich mittlerweile in der neunten Wiederholungsschlaufe. Stichwort elektrische Zahnbürsten: 1998, 2006, 2014 und 2020 widmete sich der «Kassensturz» dem Thema. 2028 steht wahrscheinlich der nächste Termin an.

Zur Abwechslung widmete sich die Sendung vom 2. Februar einmal den FFP2-Masken. Die Taschenrechner-Journalisten fanden heraus: «Ein Exemplar kostet je nach Anbieter zwischen 2 und 5 Franken das Stück; ein Vielfaches im Vergleich zu Hygienemasken für rund 30 Rappen.»

Wie kann man die teuren Masken also wiederverwerten? Einmal kräftig schütteln, in den Geschirrspüler legen, darauf herumtrampeln? Nein, das bringt alles nichts. Die Lebenspraktiker vom «Kassensturz» raten allen Ernstes:

«Eine Ausnahme gibt es, den Backofen: Eine Stunde Ober- und Unterhitze und genau 80 Grad, lautet hier das richtige Rezept. Bei 70 Grad können Keime überleben, bei 90 Grad und mehr verformt sich die Maske und die Filterleistung lässt nach.»

Angenommen, jemand legt tatsächlich seine Maske eine Stunde lang in den Backofen verbraucht er bei 80 Grad etwa eine Kilowattstunde. In der Schweiz kostet eine Kilowattstunde durchschnittlich etwa 20 Rappen. Zusätzlich zu den Kosten stellt sich aber auch die Frage nach der Energieverschwendung. Und: wie lecker schmeckt wohl das Ofengemüse danach?

Steuerzahler subventionieren Zeitungssterben

Kurz vor Weihnachten erhielten die begüterten Zeitungsverleger vom Bundesrat ein weiteres Geschenk. Jede Zeitungszustellung an Abonnenten wird neu mit 29 Rappen subventioniert. Eine Geldverschwendung, die verboten werden müsste.

 Ein Gastkommentar von Bruno Hug*

*Verleger und Präsident Verband Schweizer Online-Medien (VSOM)

Weil der Bundesrat und die Politiker von den Medien gern hofiert werden, treibt ihre Geldverteilung an die Verleger immer bedenklichere Blüten. Bis anhin mussten Frau und Herr Schweizer jede verteilte Zeitung via Post mit 27 Rappen mitfinanzieren. Am 18. Dezember machte der Bundesrat den Verlegern nun noch ein weiteres Geschenk und erhöhte die Subvention pro Exemplar auf 29 Rappen. Zu den Beschenkten gehören selbst börsenkotierte und an ihre Aktionäre Dividenden bezahlende Unternehmen wie die Tages-Anzeiger-Verlegerin TX Group, die NZZ-Gruppe, aber auch Verlegerdynastien wie die Wanners aus Baden mit ihren CH Medien, die Ringiers oder die Lebruments aus Chur mit den Südostschweiz-Medien.

Weniger Abos, dafür mehr Geld

 Weil die totale Auflage der Zeitungen stetig sinkt – gemäss Bundesverwaltung in der letzten Berichtsperiode um weitere 2,3 Millionen Exemplare – hätte der Bund eigentlich die Zeitungs-Subventionen zurückfahren können. Solches kommt dem Bundesrat aber offenbar nicht in den Sinn. Statt zu sparen, erhöhte er einfach den Beitrag pro verteiltes Exemplar. Zudem macht er zu den heute schon beschenkten 142 Zeitungen zusätzliche weitere neun vom Staatsgeld abhängig.

Bund verteilt Zeitungen gratis

 Die Verleger profitieren gleich mehrfach vom süssen Subventions-Gift. Noch bis Ende Juni 2021 stellt die Post die Tages- und Wochenzeitungen den Abonnenten auf Kosten der Steuerzahler kostenlos zu. Der Bundesrat nennt dies ein Corona-«Notpaket». Hinter dieser angeblichen «Not» der gut situierten Medienhäuser stecken aber noch weitere Geschenke. So liess ihnen der Bundesrat schon am 20. Mai 2020 als Corona-Hilfe 57.5 Millionen Franken zukommen. Im letzten Herbst legte er nochmals 20 Millionen drauf. (Kommerzielle Lokalradios erhielten je 487’128 Franken überwiesen, nicht gewinnorientierte je 145’132 Franken, regionale TV-Sender sackten je 901’327 Franken ein und die Verleger wurden via Post mit 12.5 Millionen für die Zeitungsverteilung beschenkt.)

Das dicke Ende kommt erst noch

 Damit aber ist das Ende der Geldverteilung noch nicht erreicht. Im Gegenteil: Nachdem bereits das Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) durch Zwangsgebühren vom Staat abhängig ist, will der Bundesrat jetzt auch noch die Zeitungen dauerhaft unter die Geld-Knute nehmen. Die Parlamente haben faktisch schon das nächste Medien-Subventionspaket bewilligt. Sie wollen an die Medienhäuser – und dabei schwergewichtig an die aussterbenden Zeitungen – 10 Jahre lang, Jahr für Jahr, 178 Millionen Franken verschenken! Im Moment werkeln die Politiker noch an Details dieses Geldsegens herum. Danach sind auch die Verleger endgültig vom Staat abhängig und ihre Wächterfunktion ist zunichte gemacht. Von den Konsumenten werden sie dann noch mehr gemieden. Die Subventionen aber werden weiter sprudeln. Zum Wohl der begüterten Verlage.

Unsoziale Geldverschwendung

 Einzig Gratiszeitungen und Gratis-Online-News-Portale wie Linth24, «Die Ostschweiz» oder ZACKBUM.ch sind vom Staatsgeld ausgenommen. Und damit sind die von Bundesrätin Simonetta Sommaruga (SP) betreuten Mediensubventionen erst noch in höchstem Masse unsozial: Wer genügend Geld für ein teures Zeitungs- oder Online-Abonnement besitzt, wird subventioniert. Die weniger begüterten Bürgerinnen und Bürger gehen dagegen leer aus – oder werden bewusst von der staatlichen Information ferngehalten.

 

 

bruno.hug@linth24.ch

Was Pietro Supino antworten könnte

Die 12-teilige Republik-Serie über Pietro Supino musste ohne seine Antworten auskommen. Wir helfen nach.

«Tamedia Papers – eine Familie, Geld, Macht und Medien» heisst die Serie epischer Länge auf republik.ch (übersetzt) und auf heidi.news (en français). Die 12 Folgen wurden vor Weihnachten publiziert.

Immer wieder ist dort die Rede davon, dass «Tamedia-Verleger Pietro Supino» die ihm gestellten Fragen nicht beantworten wollte.

Bemerkenswert ist, dass Pietro Supino im Einstieg zur Artikelserie als «Tamedia-Verleger» bezeichnet wird. Dabei ist er Verwaltungsratspräsident TX Group mit den Unternehmenseinheiten Ventures, TX Markets, Goldbach, Tamedia und 20 Minuten. Alles selbstständige Firmenteile der TX Group. Wollte Supino den ellenlangen Fragenkatalog nicht beantworten, nur weil schon seine Funktion unrichtig bezeichnet wurde? Republik.ch und heidi.news argumentieren so: «Im August stimmte dieser einem Interview zu. Dann bat er darum, die Fragen im Voraus zu erhalten – diesem Wunsch sind wir nachgekommen. Schliesslich teilte er mit, er wolle zuerst die Veröffentlichung der Serie abwarten. Wir publizieren deshalb hier alle offenen Fragen».

Für ZACKBUM.ch ist klar: Die 32 Fragen wirken wie zufällig aneinander gereiht. Stringenz sieht anders aus. Zudem sind nicht wenige Fragen sehr suggestiver Natur. Das war wohl mit ein Grund, warum Pietro Supino bisher nicht antwortete. Oder er wollte sich einfach die langen Texte nicht antun, auch wenn sie in 12 Megabrocken aufgeteilt waren.

Keine Lust, keine Zeit? ZACKBUM bietet seine Hilfe an. Und hat- Achtung Satire – mögliche Antworten vorbereitet.

Persönliche Fragen:

  1. Herr Supino, Ihr Konzern hatte vor Ihnen nur vier Verlagschefs. Das ist bemerkenswert. Welcher Ihrer vier Vorgänger hat Sie am stärksten beeinflusst?

Ich möchte niemandem auf die Füsse treten. Aber hätte mich auch nur einer meiner Vorgänger beeinflusst, wären wir jetzt pleite.

  1. Stimmt es, dass Ihre erste wichtige Mission als Mitglied des Verwaltungsrates darin bestand, Tamedia im Oktober 2000 durch den Börsengang zu steuern?

Ja. Und weil viele Mitarbeitende Aktien zeichneten, war der finanzielle Flop verkraftbar.

Welche Rolle spielte der Berner Verleger Charles von Graffenried in Ihrem beruflichen und persönlichen Werdegang?

Er war für mich eine Art Vaterfigur. Da bin ich ähnlich gewickelt wie Roger Köppel.

  1. Gibt es eine Vorbildfigur in den Medien oder im Journalismus, der Sie Bewunderung entgegen­bringen und von der Sie sich inspirieren lassen?

Tatsächlich hatte ich früher Vorbilder. Aber wenn man zuoberst steht, muss man sich jeden Tag von innen heraus inspirieren lassen.

  1. Was hat Sie während Ihrer Ausbildung an der Columbia Journalism School geprägt?

Mit Disziplin kommt der Erfolg.

  1. Sie wurden von den Mitgliedern Ihrer Familie, die durch einen Aktionärsbindungsvertrag gebunden ist, zum Präsidenten des Verwaltungsrates bestimmt. Ist dies eher eine Ehre oder eine Bürde? Und warum?

Würde bringt Bürde. Aber dank meinem Erfolg muss ich an den Verwandtentreffen nun nicht mehr am Cousinen-Tisch sitzen.

  1. Ein Medien- und E-Commerce-Konzern im Mehrheitsbesitz einer Familie – passt dieses Modell noch in die heutige Zeit?

Absolut. Nur Stämme werden überleben.

  1. Die Mitglieder Ihrer Familie wollen Dividenden, die Redaktionen würden gern in Inhalte investieren. Hat jemand von beiden recht, und wie schlichten Sie diesen Konflikt?

Nur mit schwarzen Zahlen lässt sich verhandeln. Inhalte bringen kein Geld.

  1. Sie gehören dem Verwaltungsrat von Gruppo Editoriale in Prato (Italien) an. Ist dies für Sie ein Mandat mit einer gewissen emotionalen Komponente, das sich mit Ihrer in Italien verbrachten Kindheit verbindet? Oder ist es eher ein Vorzeichen dafür, dass die Zukunft von Tamedia stärker europäisch geprägt sein wird?

Sie haben richtig kombiniert. Hervorragende Frage. Es ist tatsächlich beides.

  1. Nach der Übernahme der Publigroupe 2014 wurde Ihnen intern der Beiname «Smiling Knife» verliehen. Erkennen Sie sich darin wieder?

Kosenamen, auch negative, zeugen immer von einer besonderen Wertschätzung.

  1. Ihre Vergütung als Präsident des Verwaltungsrates beträgt seit mehreren Jahren 1,6 Millionen Franken. Laut der Ethos-Stiftung ist dies das Vierfache der Vergütung, die Leiter grössenmässig vergleichbarer Unternehmen wie Valora, Metall Zug oder Vetropack erhalten, die an der Schweizer Börse notiert sind. Wie begründen Sie diese Vergütung?

Wenn Sie die miesen Zahlen etwa von Valora anschauen, ist meine Vergütung mehr als gerechtfertigt. Oft schwingt bei solchen Diskussionen schlichtweg der Neid mit.

  1. In Ihrer beruflichen Laufbahn (vor 2007) waren Sie an der Gründung von Offshore-Unternehmen und Treuhandgesellschaften beteiligt. Sie haben über dieses Thema auch eine Doktorarbeit verfasst. Das Tamedia-Investigativ­Team hat an gross angelegten Operationen mit dem Konsortium ICIJ mitgewirkt, die diese Offshore-Konstruktionen anprangern. Wie ist es Ihnen gelungen, beides miteinander zu vereinbaren?

Bei uns sind Verlag und Redaktion strikte getrennt. Darauf bin ich sehr stolz. Daher habe ich keinerlei Probleme damit. Solange man mich dabei rauslässt.

  1. Warum stehen Sie der direkten Presseförderung inzwischen wohlwollend gegenüber, nachdem Sie lange den Standpunkt vertraten, diese sei nicht erforderlich?

Die wirtschaftlichen Zeiten haben sich geändert. Vor 12 Monaten war Corona noch eines jener ungeniessbaren Biere, mehr nicht.

  1. Warum stehen Sie der Förderung elektronischer Medien so ablehnend gegenüber?

Wer schiesst schon der Konkurrenz Geld in den Rachen? 

  1. Welche Bedeutung messen die Mitglieder der fünften Generation Ihrer Familie den Medien im Rahmen der TX-Group-Geschäfts-Tätigkeit zu?

Also diese sperrige Frage musste ich zweimal lesen. Schlussendlich geht’s um eine gewisse Rendite. Wir leben nicht von Luft und Liebe. Aber fragen Sie doch bei den anderen Mitgliedern der fünften Generation direkt nach.

Fragen zur TX Group

  1. Auch die Vergütung, die den Mitgliedern der Geschäftsleitung bezahlt wird, liegt über der Vergütung in grössenmässig vergleichbaren und an der Schweizer Börse notierten Unternehmen. Warum?

Nur so bekommen wir die besten Leute, wie schon der ehemalige SBB-Chef Andreas Meyer zu sagen pflegte.

  1. Im März 2013 setzte Tamedia seinen Redaktionen ein Gewinnziel von 15 Prozent pro Titel. Warum legt man ein solches Ziel fest und hält daran fest – wohl wissend, dass mehrere Titel dieses Ziel niemals werden erreichen können? Gilt dieses Gewinnziel noch? Wenn nicht – wann wurde es fallen gelassen und welches Gewinnziel gilt für die Titel gegenwärtig?

Nur hohe Ziele motivieren die Angestellten, dahingehend ihren vollsten Einsatz zu leisten. Die Ziele gelten nach wie vor, wobei 20Minuten wegen anhaltendem Erfolg nun ein machbares Ziel von 20% hat. Ich bin überzeugt, dass Gaudenz Looser und sein Team das mit Brillanz erreicht, ja sogar übertrifft.

  1. Mehrere Führungskräfte oder ehemalige Führungskräfte sagen, die Konzernkosten, die den Titeln von Tamedia/TX Group von den zentralen Diensten von Tamedia/TX Group in Rechnung gestellt werden – und insbesondere die IT- und Mietkosten – seien intransparent und überhöht. Wie werden diese Kosten berechnet?

Sie müssen verstehen, dass solche Internas nicht an die Öffentlichkeit gehören. Nur soviel: Von intransparent und überhöht kann keine Rede sein. Zudem ist es jeder Unternehmenseinheit freigestellt, bessere externe Offerten einzuholen.

  1. Mehrere Führungskräfte oder ehemalige Führungskräfte sagen, der Konzern habe die Kosten für die Feier zum 125-Jahr-Jubiläum des Unternehmens den Medientiteln entsprechend ihrem jeweiligen Personalbestand in Rechnung gestellt, und diese Kosten hätten sich auf bis zu mehrere Zehntausend Franken pro Redaktion belaufen. Ist das zutreffend?

Es ist eher befremdend, solche Diskussionen zu führen. Sehen Sie, einmal wird die Intransparenz kritisiert, dann wieder die Transparenz. Früher wurde die ganze Belegschaft auf eine Mittelmeerkreuzfahrt eingeladen. Da gab es auch Diskussionen. Und bezahlt hat immer der Konzern, wie auch immer intern verrechnet wurde.

  1. Trifft die Behauptung der erwähnten Führungskräfte oder ehemaligen Führungskräfte zu, dass der Konzern – vollkommen rechtmässig – die liquiden Mittel aus seinen Titeln abgezogen hat, um insbesondere die Investitionen des Konzerns in andere Geschäfts­bereiche zu finanzieren?

Sie schreiben schon in der Frage «vollkommen rechtmässig». Also erübrigt sich eine Antwort.

  1. Mehrere Quellen sprechen von der Existenz einer Strategiedebatte im Verwaltungsrat. Müssen die Kleinanzeigen, die sich zu den Online-Plattformen verlagert haben, wie in der Vergangenheit auch künftig weiterhin die Presse finanzieren? Die Quellen geben weiter an, die Diskussion sei dahingehend entschieden, dass die Marktplätze nicht die Presse finanzieren und die Titel ihre eigenen Rezepte entwickeln müssen, um ihren Fortbestand zu sichern. Können Sie bestätigen, dass diese Debatte stattfand und in der beschriebenen Weise entschieden wurde? Und welche Einstellung hatten Sie persönlich zu diesem Thema?

Erster Teil der Frage: Ja. Und ich persönlich? Ich dachte, dieser Fragenkatalog sei weiter oben. Nun gut. Meine Meinung tut nichts zur Sache. Entschieden wurde einstimmig.

  1. Sehen Sie sich als Architekt der Diversifizierungsstrategie des Konzerns, die darauf abzielt, die Tätigkeit der TX Group über den Medien­bereich hinaus auszuweiten – insbesondere durch die Akquisition von Marktplätzen?

Architekt gefällt mir. Sehr schöne Frage. Ja.

  1. Glauben Sie angesichts der Diversifizierung der TX Group und ihrer profitabelsten Aktivitäten, dass der Konzern ein Medienkonzern bleiben wird?

Absolut. Medien ist ein breiter Begriff. Oder würden Sie bei Ringier von etwas anderem sprechen?

  1. Tamedia wurden mehrere Unternehmensübernahmen respektive Management-Buy-outs angeboten – insbesondere für «Le Matin», «Bilan» und «Finanz und Wirtschaft». Diese wurden systematisch abgelehnt, obwohl die betreffenden Titel in Schwierigkeiten steckten. Warum haben Sie diese Buy-outs abgelehnt? Können Sie Beispiele für Investitionen nennen, die konkret zugunsten der genannten Titel getätigt wurden?

Wir setzen stets alles daran, dass unsere Titel florieren. Bei Anfragen für Management-Buy-outs werde ich oft stutzig. Warum wollen die Chefs nun selbstständig weitermachen? Was lief denn bisher falsch? Oft müssen diese sogenannten Chefs dann gehen.

  1. Wird die TX Group im Jahr 2030 noch Print-Zeitungen herausgeben?

Selbstverständlich. Mir schwebt eine Art Cicero vor. Herrlicher Gedanke!

  1. Warum ist «20 Minuten» nicht Teil des Unternehmens Tamedia?

Jeder soll für sich seines Glückes Schmid sein.

  1. Im Jahr 2018 beschleunigte Tamedia den Konkurs von Publicitas, indem Tamedia als erster (und wichtigster) Kunde die Geschäfts­beziehungen zu Publicitas aufkündigte. Im Geschäftsbericht 2018 schreibt CEO Christoph Tonini: «Im Ergebnis enthalten ist unter anderem auch eine Wertberichtigung auf Forderungen in der Höhe von 6,0 Millionen Franken infolge des Konkurses von Publicitas.» Die Verluste bei anderen Verlagshäusern waren mitunter sehr erheblich und im Verhältnis höher als die von Tamedia erlittenen Verluste. Manche dieser Verlagshäuser behaupten, es wäre möglich gewesen, branchenintern eine gemeinsame Lösung zu finden. Haben Sie in Ihrer Eigenschaft als Präsident des Verbands Schweizer Medien alles versucht, eine gemeinsame Lösung zu finden, um die Verluste der anderen Publicitas-Kunden zu minimieren?

Ein sehr sperrige Frage. Nun ja. Das eine hat mit dem anderen nun wirklich nichts zu tun. Als Verbandspräsident habe ich selbstverständlich alles im Rahmen der Möglichkeiten unternommen.

  1. Eine weitere Frage zu Publicitas: Am 11. Mai 2018 sagte Konzernsprecher Christoph Zimmer gegenüber der Nachrichtenagentur SDA, Tamedia habe zwei Jahre vor dem Konkurs (22. Juli 2016) eine Vereinbarung zur Forderungsabtretung mit Publicitas geschlossen. Dies erkläre den Umstand, dass Tamedia seine Verluste im Vorhinein habe minimieren und gleichzeitig bei der Befriedigung aus der Konkursmasse von einer differenzierten Behandlung profitieren können, die vorteilhafter gewesen sei als die Behandlung der anderen Verlags­häuser. Aus den Unterlagen, die wir einsehen konnten, geht allerdings hervor, dass in dem genannten Vertrag von 2016 die Klausel über die Forderungs­abtretung nicht enthalten war. Diese Klausel soll erst am 16. Januar 2018 in Anhang 6 des zwischen Tamedia und Publicitas abgeschlossenen Rahmen­vertrags hinzugefügt worden sein. Können Sie die Aussagen, die Zimmer gegenüber der SDA getätigt hat, bestätigen?

Absolut. Nächste Frage.

Fragen zum Arbeitskampf bei «Le matin»

  1. Am Abend des 4. Juli 2018 trafen Sie am Rande des Montreux Jazz Festival mit Nuria Gorrite, der Präsidentin des Waadtländer Staatsrats, zusammen. Dieses Zusammentreffen veranlasste Sie, sich grundsätzlich mit einer Vermittlung zwischen der damals im Streik befindlichen Belegschaft von «Le Matin» und der Unternehmensleitung von Tamedia bereit zu erklären. In einem von Serge Reymond unterzeichneten Schreiben schlug Tamedia in der Folge diese Vermittlung aus, ohne sich beim Staatsrat zu bedanken. Der Staatsrat ging so weit, zu behaupten, Tamedia habe die Behörden benutzt, um dem Streik ein Ende zu bereiten. Wie bewerten Sie im Rückblick Tamedias Haltung in diesem Vorgang? Gibt es etwas, das Sie bedauern?

Leider kann ich mich an besagtes Treffen im Detail nicht erinnern. Ich bin mir aber sicher, dass ich keinerlei Versprechungen abgegeben habe. Das ist ein Prinzip, das ich eisern pflege. Und ich fahre gut damit.

  1. Trifft es zu, dass Pierre Ruetschi, der damalige Chefredaktor der «Tribune de Genève», von Tamedia entlassen wurde, weil er sich weigerte, die Namen der Streikenden in seiner Redaktion zu nennen?

Nein.

  1. Der Rechtsstreit zwischen der Redaktion von «Le Matin» und Tamedia dauerte fast zwei Jahre und endete mit einem Entscheid des Schiedsgerichts, der den entlassenen Beschäftigten vorteilhaftere als die von Ihnen angebotenen Bedingungen zusprach. Welche Lehren ziehen Sie daraus mit Blick auf etwaige zukünftige Massenentlassungen?

Kennen Sie den Vergleich mit der Wurst? Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei. Und: scheibchenweise wird sie auch kleiner.

  1. Steht das Ausscheiden von Serge Reymond bei Tamedia in Zusammenhang mit seinem Umgang mit dem Arbeitskampf bei «Le Matin»?

In keiner Weise. Er war den Anforderungen des elektronischen Transformationsprozesses schlicht nicht mehr gewachsen. Erlauben Sie mir noch ein Feedback zu Ihrer Recherche rund um die TX Group. Bitte kürzen Sie das Ganze auf eine erträgliche Länge zusammen. Dann bin ich durchaus bereit, es zu lesen. Und eine Frage noch: Da ich nun geantwortet habe, schreiben Sie Ihren Text neu?

Aufgefallen I (Anna Rosenwasser)

Aus der Reihe: wichtige Texte aus der Schweiz

In loser Abfolge wollen wir kurz vor Jahresende herausragende Texte erwähnen, die in diesem schönen Jahr besonders aufgefallen sind. Mich hat vor allem ein Text der Journalistin Anna Rosenwasser erheitert. Die junge Frau hat in der «Annabelle» einfühlend über ihre Brüste geschrieben.

Rosenwassers Problem: Die beiden Dinger sind gross, enorm gross: 80D. Im Motorsport wären das 400 PS. Die Journalistin versichert der Leserschaft mehrmals, dass sie über ihren Busen eigentlich nicht schreiben will. Das macht den Artikel aber nur noch spannender.

Das Problem von Riesenbrüsten ist anscheinend: «In Zürich ist es einfacher, an Koks ranzukommen als an einen passenden BH.» Das wusste ich nicht. Aber stimmt diese Information wirklich? In der Migros gibt es den «Sloggi BH B-Cup Sensual Fresh weiss» sogar in der Körbchengrösse 85C. Und der Manor verkauft den BH Doreen auch in der Grösse 95B. Der jüngste Kommentar einer anscheinend glücklichen Kundin lautet: «Sitzt angenehm, schneidet nicht ein.»

Trotzdem finde ich den Text sehr gelungen. Rosenwasser hat eine provokative Schreibe und wagt sich an Themen heran, an die sich Frauen normalerweise nicht getrauen.

Die Journalistin lässt auch die Bemerkungen nicht aus, die sie leider immer wieder hören muss. Ich finde es schrecklich, dass Männer im Jahr 2020 diffamierende Bemerkungen wie «Riesenglocken» verwenden. Der Ausdruck «Rosenglocken» wäre passender, finde ich.

Rosenwasser schreibt: «Grosse Brüste sind keine Einladung. Erst eine explizite Einladung ist eine Einladung.» Das stimmt.  Am besten schriftlich. «Ob Brüste hot, praktisch oder irrelevant sind, bestimmt in jedem einzelnen Moment einzig und allein die Person mit den Brüsten.»

Da bin ich wieder anderer Meinung. Als «irrelevant» würde ich weibliche Brüste nicht nennen. Auch nicht als Frau. Ich wünsche mir für das kommende Jahr aber noch mehr solche Texte. Bravo!

Zackbum presents Patrizia Laeri

Liebe ZACKBUM-Leserinnen und Leser

Mein Name ist Patrizia Laeri. Sie haben sicher aus den Medien erfahren, dass ich bald auf Youtube gehe. Ich habe aus der Konkursmasse von CNN das Label «DaChelles*?+!!» retten können und will bald auf Sendung gehen. In den letzten Wochen habe ich mehr über Mikroökolonie gelernt als während meines ganzen Studiums an der Universität Zürich. Zuerst galt es, die beiden Schuldprioritäten Economy sustable und Hedge maintable zu fächern. Dann musste ich bei CNN World die Claims und Nuts sheeds abklimatisieren. Das hört sich furchtbar kompliziert an. Vor allem junge Frauen rennen vor solchen «Dingen» davon. Mit der bereits implantierten Netzwerk-Strategie «Equality woman» versuche ich, die verängstigten Hühner aber wieder einzusammeln.

Sicher fragen Sie sich, welcher Topshot als erster in unsere Sendung «DaChelles*?+!!» kommt. Na, gut, ich verrate es: der äusserst attraktive Björn Rosengren, CEO von ABB! Rosengren ist mein totaler Wunschpartner. Er ist sexy, gebildet und hat etwas zu erzählen. Zum Beispiel über Turbinen, Generatoren und High fidelty.

Ich habe aktuell 128‘987 Follower auf Facebook und 654‘000 auf Instagram. Zusammen mit meinen beiden anderen Moderatorinnen (blond und brünett) kommen wir auf insgesamt 23‘987‘000 Followers. Die meisten kommen aus Indien und heissen Singh zum Vor- oder Nachnamen.

Der Vorteil bei Youtube ist, dass Sie «DaChelles*?+!!» jederzeit konsumieren können. Zum Beispiel um 12:15 Uhr. Aber auch 16:30 oder sogar 19:30 Uhr. Wie finanzieren wir uns? Gute Key-Question. Einerseits durch die nervige Werbung, andererseits durch Produkte, die ich noch gerne einführen möchte. Meine brünette und blonde Mitmoderatorinnen LIEBEN (!) Martin Frat-Installer aus London oder Björn Fraser, ein aufstrebender Modedesigner aus Stockholm, beziehungsweise Finnland.

Wir senden übrigens aus dem Zürcher Steinfelsareal. Wegen Corona können maximal 50 Zuschauer zugucken. Auch auf Youtube. Wir streben aber einen höheren Frauen- als Männeranteil an. Also mindestens 26 Weiber und 24 Männer. Es würde mich persönlich rühren, wenn ich Sie bald so begrüssen darf:

«This is «DaChelles*?+!!», herzlich willkommen – und Grüezi!»

Frauen bis in die Niederungen

Patrizia Laeri schreibt Geschichte

Für einmal reichen die Superlative nicht. Was am 26. November in der Messehalle Oerlikon über die Bühne ging, darf als historisch bezeichnet werden. Knapp 100 Frauen (Rekord!) verfassten an einem Nachmittag über 32 neue Beiträge (Rekord!) über Frauen. Und über solche, die häufig vergessen gehen.

ZACKBUM.ch wollte sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen und besuchte den Anlass, der corona-bedingt in der grössten Messehalle stattfinden musste. Patrizia Laeri, die Veranstalterin, empfang uns gleich beim Eingang und führte durch die weit auseinanderstehende Tische. «Ich kann es immer noch nicht glauben», flüsterte sie, «dass sich so viele Frauen angemeldet hatten.»

Mit «Edit-a-thon» will die erfolgreiche Ex-CNN-Chefredaktorin den Frauen «ein Gesicht im Internet» geben. 87,9 Prozent sämtlicher Wikipedia-Artikel werden von Männern geschrieben. In den meisten Fällen handelt es sich «natürlich» um Männer. «Nur 18,9 Prozent thematisieren Frauen», so Laeri. «Edit-a-Thon» will das ändern. Die 32 erstellten Texte handeln von Frauen, die in der Schweiz Grosses erreicht haben, aber eben nicht sichtbar sind.

Alle Kantonsrätinnen 

Zum Beispiel Edit Goodimbed. Die Luzerner Kantonsrätin sass für die CVP zwischen 2002 bis 2008 im Parlament und brachte 7 Vorstösse ein. Laeri: «Ohne unsere Arbeit wäre Goodimbed vergessen gegangen.» Den Artikel verfasst hat Vanessa Longleg. Die bekannte AZ-Journalistin hat sich viel vorgenommen. Sie will sämtliche weibliche Kantonsrätinnen aus Luzern, Zürich und Bern erfassen. Finanziert wird die Arbeit von der Aargauer «Frauenbar-sichtbar-Stiftung».

Laeri zieht uns zum nächsten Tisch. «Das müsst ihr sehen!» Eine junge Frau sitzt vor einem Stapel alter «Sport»-Jahresbücher aus den 1970er-Jahren. Die Frau heisst Emmanuelle Schwarz. Sie tippt sämtliche Daten von Frauen ab, die in den Jahren 1971-1979 irgendwo in der Schweiz unter die ersten zehn gekommen sind.» Wir blicken ihr über die Schultern und nehmen am Ereignis teil, wie gerade die Daten von Annakäthi Gümpfler-Böckler für immer gespeichert werden. Die Bernerin errang 1978 bei den Berner Ping-Pong-Meisterschaften den 8. Rang.

Geschenke von Ringier und SRF

Wer so viel arbeitet, hat auch etwas Erfrischung verdient. Es ist nämlich schon 20 Uhr. Livrierte Kellner (!) gehen von Tisch zu Tisch und überraschen die Ladys mit einem Cüpli und einer Tüte Salznüssli. «Alles von Ringier gesponsert», so Laeri. Von SRF erhielten die Frauen eine schicke Schreibmappe und Lippenpromenade.

Der Abend neigt sich langsam dem Ende zu. Man sieht lauter zufriedene Frauen. Die Welt ist ein Stückchen weiblicher geworden. Der Anlass soll im Frühling 2021 wiederholt werden. Wieder mit SRF und Ringier an Bord.

SRF begeistert Komapatienten

Zuerst aber drei Kopfnüsse für den Staatssender

Menschenjunges, für einmal zeigt sich SRF fast übermutig! Über die Weihnachtstage verführt der Sender sein Publikum mit Filmen aus dem allseits beliebten Giftschrank. Die ZACKBUM-Filmredaktion ist sich einig: Mit diesem Programm wird Netflix in den Senkel gestellt: «Sissi» (23.12.), «Der kleine Lord», «Drei Haselnüsse für Aschenbrödel», «Römisch-katholische Christmette» (alle 24.12.), «Patti Basler Talk» (25.12.), «Unser Garten Eden – Geschichten aus dem Schrebergarten» (29.12.) usw.

Die meisten dieser Knüller laufen nicht auf Netflix, wahrscheinlich nie. Kinohits aus der jüngsten Vergangenheit werden nicht aufgeführt. Ist auch nicht nötig. Die «Silvestershow mit Jörg Pilawa und Francine Jordi» schlägt Hollywood 5:1. Warnung an alle Autofahrer: Am Samstagabend (2.1.2021) werden die Strassen wie leergefegt sein. Denn es läuft «Samschtig-Jass: das grosse Jass-Finale 2020». Wie geil wird das denn?

Der ewige Konkurrent ORF bringt wieder einmal das falsche Programm über die Weihnachtstage. Hier die langweiligen Filme: «Creed – Rocky’s Legacy» (25. Dezember), der Cyber-Thriller «Blackhat» (27. Dezember), «Jurassic World» (1. Januar), «The Walk» (3. Januar), «Daddy’s Home» (4. Januar) und «Sicario» (7. Januar).

Und: «Lange erwartet», so die Österreicher, komme am 26. Dezember «Honig im Kopf». «Lange erwartet» –  ein schöner Begriff. Kennt man in Leutschenbach wohl kaum.

Reden wir über Trump

Die Medien erhöhen die Schlagzahl. Und senken das Niveau.

«Sonnenkönig Trump», «Maryanne Trump Barry nannte ihren Bruder in Gesprächen mit Mary Trump einen «Lügner» und «grausam».» Ferndiagnosen über den Parteitag der Republikaner eines deutschen Korrespondenten im «Tages-Anzeiger».

«Die Reden am ersten Tag enthielten mehr Lügen und Unwahrheiten als der gesamte Event der Demokraten in der Vorwoche.» Das Blatt der Wahrhaftigkeit, der «Blick», wendet den Lügendetektor an.

«Müssen abwarten, was passiert», kolportiert das «die 20 wichtigsten Irgendwas»-Medium «watson» Trumps Antwort auf die Frage, ob er eine friedliche Machtübergabe garantieren könne. «Maduro bezeichnet die USA als Gefahr für den Weltfrieden», bringt die NZZ eine Sicht von aussen ins Spiel.

Bahnbrechende Erkenntnisse aus Luzern

«Fake News sind falsche Nachrichten oder die verzerrte Darstellung von Teilwahrheiten.» Diese bahnbrechende Erkenntnis von zwei Forschern der Hochschule Luzern verbreitet die «Luzerner Zeitung», denn «der Begriff ist spätestens seit Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump in aller Munde».

«Das ist der letzte Beweis: Dieser Präsident übernimmt keine Verantwortung und lebt von der Schuldzuweisung», weist ein Kommentator der Süddeutschen Zeitung im «Tages-Anzeiger» den US-Präsidenten streng zurecht.

Zusammenfassung: Ein Totalversager auf allen Gebieten

Vielleicht fassen wir mal zusammen: Donald Trump ist ein Egomane, ein Narziss, lügt, wenn er den Mund aufmacht. Er betreibt Vetternwirtschaft wie keiner zuvor, ein Versager auf allen Gebieten. Nicht nur ein Belastungstest für die US-Demokratie, sondern eine echte Gefahr.

Er ist ein Brandstifter, spaltet die Gesellschaft, ein Rassist, befürwortet das harte Durchgreifen der Polizei, bringt sogar Bundesbeamte gegen den Willen der Bundesstaaten zum Einsatz.

Ich gebe zu, dass ich nicht alle 10’000 Treffer gelesen habe, die das Medienarchiv SMD ausspuckt, wenn man den Suchbegriff Donald Trump eingibt. Immerhin noch 156 sind es, wenn man das Begriffspaar Trump und Lügner wählt.

Militante Gegenwehr wird gefordert

Der Vorreiter im Bemühen, Donald Trump eigenhändig wegzuschreiben, wird sogar militant. Zunächst räumt der «Spiegel», so viel Objektivität muss sein, immerhin ein: «Das Vorgehen Donald Trumps und seiner Gefolgsleute ist rechtlich in Ordnung.»

Na und, fährt das Sturmgeschütz der Demokratie fort, «aber nicht alles, was legal ist, ist auch moralisch gerechtfertigt». Deshalb sei es nach dem Tod der Bundesrichterin Ruth Bader Ginsburg «Zeit zum Gegenschlag», ruft der «Spiegel»-Redaktor aus der Ferne zum letzten Gefecht.

Darf ich mich anschliessen? Trump ist tatsächlich wohl der schlechteste Präsident, den die USA je hatten. Und die Latte liegt tief. Ist meine Meinung. Meine völlig unerhebliche Meinung. Ich habe auch keine Berichterstatterpflicht.

Wo bleibt die Berichterstatterpflicht?

Hätte ich die, würde ich mich schämen. Denn das Versagen von Trump wird exakt gespiegelt am Versagen der deutschsprachigen Medien. Selbst im Fall der USA würde es doch Sinn machen, den Leser darüber zu informieren, für welche Politik Trump in seiner zweiten Amtszeit stehen wird, welche Alternativen der Herausforderer Joe Biden anzubieten hat. Deshalb kann der wohlinformierte Leser sicherlich die Eckpunkte der Wahlprogramme auswendig zitieren. Oder etwa nicht?

Den Leser könnte es auch interessieren, wie es denn den USA wirtschaftlich in den letzten vier Jahren so ergangen ist. Ob Polizeigewalt gegen Schwarze wirklich die Ursache für Unruhen, Plünderungen und die Herrschaft des Mobs in verschiedenen Innenstädten der USA ist.

Den Leser würde es – aber ist nur meine Meinung – vor allem interessieren, wieso Trump zumindest gute Chancen hat, wiedergewählt zu werden. Sicher, White Trash, Waffennarren, religiöse Fundamentalisten sind für ihn. Aber warum bekommt er die Stimmen von weiteren 40 Prozent der Staatsbürger?

Dominieren nur Fake News die Medien?

Sein Haussender «Fox News» ist das wohl schlimmste Lügenmedium seit Erfindung des Farbfernsehens. Aber die USA haben immerhin auch den Public Broadcasting Service (PBS) und das National Public Radio (NPR). CNN, andere grosse Newssender, die bedeutendsten Tageszeitungen der USA sind eindeutig Anti-Trump.

Sie beschallen täglich und stündlich ihre Leser mit einer ständigen Aufzählung von allen Lügen, allem Versagen, aller Widersprüchlichkeit, Wankelmütigkeit, Konzeptlosigkeit, Korruptheit ihres Präsidenten.

Niemand weiss, wie die Löcher in den Käse kommen

Kurt Tucholsky hat ein wundervolles Feuilletonstück geschrieben, das sich um die unschuldige Frage eines Kindes dreht, wie denn die Löcher in den Käse kommen. Die Erwachsenen wollen ihrem Bildungsauftrag nachkommen und versteigen sich zu hanebüchenen Erklärungsversuchen, bis das Kind schliesslich weinend ins Bett geschickt wird, ohne seine Frage beantwortet zu haben.

Keine Angst, ich fange nicht an zu weinen, aber ich habe auch eine einfache Frage, die mir bislang noch kein einziges Medium in der Schweiz beantwortet hat: Warum ist es durchaus denkbar, dass Donald Trump wiedergewählt wird?

Träumen mit Patrizia Laeri

Das Ausnahmetalent geht seinen Weg weiter!

Was für eine Veränderung! Beim letzten Treffen fanden wir eine Patrizia Laeri vor, die am Boden zerstört war. Die Chefin von CNN Money Switzerland musste ihren Leuten mitteilen, dass alles vorbei ist. Laeri: «Erst am Abend realisierte ich, was da eigentlich abgelaufen war. Ich konnte nur noch schreien und Schokolade-Trüffel essen.»

Zackbum traf Laeri nochmals im Traum, diesmal aber unter ganz anderen Vorzeichen. Im Zürcher «Terrasse» sitzt sie an der Wand. Sie trägt oben ein Kleid und unten ein Rock. Als sie uns sieht, spielt sie mit ihren Haarspitzen. Auf dem Tisch liegen drei komplizierte Wirtschaftsbücher. Laeri kommt gleich zur Sache: «Nach dem Aus bei CNN musste ich mich zuerst einmal neuorientieren.» Geholfen haben der blitzgescheiten Wirtschaftsfachhochschulabsolventin ihr Bekanntenkreis. «Mir ist aufgefallen», sagt sie ohne abzulesen, «dass nur 12,5 Prozent des oberen Kaders weiblich ist. Beim noch höheren Kader sind es sogar nur 8,4 Prozent, beim noch noch höheren Kader 4,8 Prozent. Das ergibt zusammen nur 25,7 Prozent. Das bedeutet: 74,3 Prozent des oberen, noch höheren und noch noch höheren Kaders sind männlich!»

Laeri geniesst die Pause. Die Zahlen stimmen, das ist der Journalistin der letzten Jahre wichtig. Ihr Vater war Buchhalter in einer Metzgerei, die Mutter im oberen Kader eines Nagelstudios. «Ich habe schon früh gelernt, dass das Geschlecht nicht unmännlich ist. Das ist übrigens ein Zitat der Frauenrechtlerin Simone de Belvoir. Schreiben Sie es ruhig auf.»

Aber wie geht es nun weiter? Laeri schnalzt mit der Zunge. Eigentlich ist es noch nicht spruchreif, aber so viel will sie ihren zahlreichen Fans verraten: «Ich plane auf Blick TV eine neue Wirtschaftssendung von und für Frauen.»

Wann soll die erste Sendung kommen und wie heisst sie? Laeri gackert vergnügt. Die ausgestandene Wirtschaftsjournalistin kennt natürlich alle dämlichen Fragen. «Das alles ist noch geheim. Nur so viel: In der Sendung wollen wir mindestens 76,8 Prozent Frauen haben. Das beginnt bei der Visagistin und hört bei der Schminke-Frau auf.»

Sie guckt auf ihre Uhr und springt auf. Der nächste Termin hat vor 10 Minuten begonnen. Laeri läuft zielstrebig zum Ausgang und ruft ein Taxi. Wir gucken ihr fasziniert nach. Hoffentlich wird es etwas mit Blick TV.