Lügen-Kosmos

Es ist offenbar alles noch viel schlimmer. Wer übernimmt Verantwortung?

Wie meist, wenn ein Potjemkinsches Gebäude zusammenkracht, kommt in der Ruinenlandschaft Hässliches zum Vorschein. So wie hinter der glitzernden Fassade des «Kosmos», wo sich Schickeria, reiche Erben und viele Dummschwätzer darin sonnten, hier ganz furchtbar alternativ eine Insel der guten Kultur, des Engagements für Unterdrückte und Beleidigte zu bewirtschaften, und überhaupt einen Beitrag zur Verbesserung der Welt zu leisten.

Allerdings spielte weniger eine Rolle, dass Gutsein auch kostet. Die Miete, der Unterhalt, die Events, eine Payroll, auf der sich bis zu 120 Mitarbeiter tummelten, was soll’s, irgend einer wird schon zahlen. Wir leben lieber unsere Flips aus, sagten sich die verantwortungslosen Verantwortlichen.

Matthias Ackeret von persoenlich.com steuert die Anekdote bei, dass er dort Veranstaltungen durchführte. Mit einer Ausnahme. Im Rahmen von «Zürich liest» wollte Ackeret über das Buch «Das Blocher-Prinzip» mit dem Namensgeber ein Gespräch führen. Feste Vereinbarung, gedruckte Plakate. Bis dann plötzlich Samir fand, «aus ideologischen Gründen» gehe das nicht.

Ort der Begegnung, Austausch, Inklusion, keine Ausgrenzung, selten demaskierte sich solches Gedöns klarer als hier.

Letztlich geht es auch den Linken, und vor allem denen, ums Geld. Denn wer räumt nun das Schlamassel auf, gibt es Haftbarkeiten? Wie «Inside Paradeplatz» berichtet, ist durch den Konkurs ein Gesamtschaden von rund 20 Millionen Franken entstanden. Da erhebt sich natürlich die Frage, ob jemand wenigstens für offene Handwerkerrechnungen oder das Schicksal der 71 Angestellten gerade steht.

Dass von der SBB 8 Millionen, von der ZKB 1,5 Millionen, ein noch offener Covid-Kredit von 1,5 Millionen und rund 8 Millionen von Aktionären durchs Kamin rauschen, ist das so? Muss da (Staatsknete!) der Steuerzahler die Rechnung zum Teil übernehmen?

Die wirtschaftlich nicht ganz unbeleckte Monica Glisenti, die vorletzte VR-Präsidentin, unter deren Herrschaft das «Kosmos» offenbar ungebremst in den Abgrund rauschte, versucht sich bereits in Schadensbegrenzung:

«Wenn nun Roberto Feusi und Valentin Diem (die letzten VR-Mitglieder, die die Bücher deponierten, Red.) beklagen, sie seien nicht ausreichend informiert gewesen, liegt es vermutlich eher daran, dass sie sich nicht informiert haben.»

Allerdings behauptet das auch François Chappuis: «Die fünf Frauen im alten VR stellten immer alles glänzend dar, doch der gezeichnete Zustand entsprach überhaupt nicht den Tatsachen.»

Hier wird die Story nun schräg, anrüchig und unappetitlich. Denn der Psychotherapeut Chappuis hatte still und leise die Aktienmehrheit am Kosmos übernommen und den neuen VR installiert, der dann Kassensturz machte und sofort Konkurs anmeldete.

Wer hatte verkauft? Laut IP in erster Linie Steff Fischer, Vorzeigelinker, Immobilienmillionär und Geburtshelfer des «Kosmos», aber auch Komiker Patrick Frey, sowie Ruedi Gerber, Sohn von Roche-Gerber und typischer Erblinker. Offenbar schwant hier einigen, dass es Zeit sei, das sinkende Schiff zu verlassen.

Auch der letzte VR Robert Feusi beschwert sich: «Uns wurde nie reiner Wein eingeschenkt, erst die externe Analyse brachte das gigantische Loch zum Vorschein. Die Zeche zahlen nun 71 Angestellte und viele Gewerbler.»

Vorher zugedecktes gigantisches Loch, fliehende und verkaufende Renommier-Linke, alles sei offen und transparent gewesen, sagt die vormalige VR-Präsidentin, einem blauäugigen Investor werden Schrottaktien angedreht, was stimmt nun? Vielleicht sollte man hier darauf hinweisen, dass Konkursverschleppung ein Straftatbestand ist …

Gleichzeitig beginnt bereits das grosse Zusossen, Rundquatschen, Nebelpetardenwerfen. Exemplarisch der Reserve-Co-Chefredaktor des Tagi. «Zu wenig Geld», konstatiert Mario Stäuble, «der Spirit des Anfangs» sei dann mal verpufft, und natürlich, «hinzu kam dann die Pandemie». Als sei «Kosmos» nicht dagegen versichert gewesen. Und «zu wenig Geld»? Im Gegenteil, zu viel Geld wurde ausgegeben. Aber eben nicht das eigene, sondern es wurde gebettelt und gemurkst, deswegen sitzen alleine die SBB auf 8 Millionen unbezahlter Miete.

Eine wichtige Frage muss hier beantwortet werden: wer übernimmt Verantwortung für dieses Desaster? Freiwillig oder gezwungenermassen?

Und: kümmert sich jemand um die offenen Handwerkerrechnungen und das Schicksal der Angestellten? Oder zeigen diese Linke mal wieder, dass wohlfeile Sprüche ihre Sache sind, die Konsequenzen des eigenen Versagens zu tragen, hingegen weniger?

Wird es eine Kollekte geben, wird Solidarität gelebt, werden Verwaltungsräte endlich einmal haftbar gemacht? Spannende Fragen.

So nebenbei: ob es den alten und dem frischgebackenen VR der «Republik» noch ganz wohl in der Haut ist? Denn auch hier könnten sich interessante Verantwortlichkeit- und Haftungsfragen stellen. Man denke an den ständigen Warnhinweis der Revisionsstelle über die Gefährdung der Weiterexistenz der «Republik». Die Lektüre würde sich vor allem für Roger de Weck lohnen  …

Doppelmoral gegen China

Der sich als moralisch überlegen gebärdende Westen zeigt sich solidarisch mit den chinesischen Demonstranten.

…während er seine früheren massiven Gräueltaten gegen China ignoriert.

Von Felix Abt

«White-Paper-Protesters» in China, die im Westen gut ankommen (Foto: Imago)

Natürlich ist das brutale Vorgehen der Polizei gegen friedliche Demonstranten in China und anderswo verwerflich und zu verurteilen. Wenn dies in China geschieht, ist es besonders abscheulich – zumindest aus Sicht der deutschen, schweizerischen und anderen westlichen Mainstream-Medien und Politiker, die sich besonders um die Menschenrechte in China sorgen. Nur ausnahmsweise wirft ein westliches Mainstream-Medium – so wie die amerikanische Zeitschrift «The Atlantic», der man ganz gewiss nicht vorwerfen kann, «chinafreundlich» zu sein, die entscheidende Frage auf: «Wie viele Covid-Tote werden die chinesischen Demonstranten akzeptieren?», und erklärt: «Ohne diese strengen Maßnahmen könnte eine massive Welle neuer Omicron-Infektionen die Intensivstationen überfluten und 1,55 Millionen Menschen töten.» Tatsächlich ist das chinesische Gesundheitssystem eines der schwächsten, mit einer der niedrigsten Krankenhaus- und Intensivstationsraten der Welt. Es wäre mit einem Ansturm vor allem älterer Patienten völlig überfordert.

So zeigt die chinesische Regierung einmal mehr ihr «brutales» Gesicht, in dem sie die meisten Demonstrationen gegen die bisherigen strengen Covid-Einschränkungen in 17 Städten «weitgehend friedlich aufgelöst» hat, wie sogar CNN vor Ort berichtete. Das «Regime» hat sich bereits einen schlechten Namen gemacht, indem es Kartelle und Monopole brutal zerschlägt (im Interesse der ungefragten Verbraucher und Arbeiter) und die armen Reichen zur Zahlung von Steuern zwingt, um seinem Ziel einer besseren Vermögensverteilung näher zu kommen, was als repressiv empfunden werden kann – vor allem von Milliardären wie Jack Ma, dem «Jeff Bezos Chinas», der beispielsweise gezwungen wurde, die in seinem Besitz stehende «South China Morning Post» zu verkaufen.

Westliche Doppelstandards

Da hat es Jeff Bezos in Amerika besser: Er kann die «Washington Post» behalten und seine Regierung wird ihn nicht daran hindern, wenig oder gar keine Steuern zu zahlen. Doch damit nicht genug: Jeff Bezos will und darf sich auch noch die Hände blutig machen mit den Milliardenaufträgen, die er vom US-Verteidigungsministerium erhält – was Jack Ma und seinesgleichen in China verwehrt bleibt: Der gerade verstorbene frühere chinesische Staatspräsident Jiang Zemin sah eine seiner vier größten Errungenschaften darin, «das Militär aus der Wirtschaft zu verbannen». Auf diese Weise hat er jedenfalls den Aufstieg eines weiteren allmächtigen militärisch-industriellen Komplexes verhindert und die Welt ein wenig sicherer gemacht.

Verschwinden Demonstranten in China im Konzentrationslager?

Die westlichen Medienkonsumenten müssen das Schlimmste für die chinesischen Demonstranten befürchten: Die Medien hypen die Proteste gegen die strengen Covid-Massnahmen und verdrängen die Tatsache, dass es in China immer wieder Proteste gibt. In der Regel führen diese Proteste dazu, dass die Behörden Anpassungen im Interesse der Protestierenden vornehmen. Vielleicht überrascht es die Leser, dass die Behörden in China empfänglicher für Kritik sind als die im Westen. Wenn in Amerika Millionen während vieler Monate auf die Strasse gehen, um gegen Polizeibrutalität zu protestieren, löst es dort keine Polizeireform aus. Wenn die Massen in Amerika gegen die übermächtige Wall Street protestieren, geschieht ebenfalls nichts.

Aber wenn in einem Land mit 1,4 Milliarden Einwohnern einige tausend Unzufriedene auf die Straße gehen, ist das für die westlichen Medien natürlich von allergrößter Bedeutung. Das erwähnte Verdienst des verstorbenen Staatsmannes Jiang Zemin ist dagegen keine Zeile wert!

Über grosse Telegram-Konten koordinierten einige Organisatoren der Demonstrationen ihre Bemühungen, wobei sie dieselbe Taktik wie bei den von den US-Geheimdiensten unterstützten Hongkong-Protesten im Jahr 2019 anwandten. Menschen wurden angeworben, um weisse Papiere zu halten, und erhielten 200 Dollar pro Kopf. Sie sollten gegen die chinesische Führung protestieren und die Proteste viel größer erscheinen lassen, als sie waren.  Die meisten der Rekruten stammten aus Hongkong und Taiwan. Ihr Akzent verriet sie schnell. Die Festlandchinesen kauften ihnen das nicht ab.

Bekannte in China von mir, die ebenfalls von der restriktiven Covid-Regelung genervt sind, haben mir gerade erzählt, dass sie befürchten, dass die Behörden, die die Kritik ernst nehmen, nun überreagieren und die Schleusen zu schnell öffnen könnten, was zu einer Überlastung des Gesundheitssektors führen würde und unter anderem eine ganze Reihe von Long-Covid-Fällen auslösen könnte.

Eine grosse Menge von Zuschauern umringte einige chinesische Demonstranten: Die westlichen Medienmagier haben die Demonstranten so präpariert, dass sie für die Fotos aus verschiedenen Blickwinkeln posieren. So sehen sie wie eine große Gruppe aus. Auf diese Weise täuschen sie das Publikum.

(Screenshot:NDTV)

Westliche Politiker und Medien «warnen» die chinesische Regierung oder geben ihr – natürlich wie immer selbstlos – «gute Ratschläge». Von besonderem Interesse sind in diesem Zusammenhang natürlich die Äußerungen von Rishi Sunak, dem britischen Premierminister indischer Abstammung: «Anstatt auf die Proteste ihres Volkes zu hören, hat die chinesische Regierung beschlossen, weiter hart durchzugreifen», tadelt er. Interessanterweise kündigte er nur zwei Tage nach dieser Kritik folgende Massnahmen zum Umgang mit «illegalen» Protesten im eigenen Land an:

(Screenshot:Twitter)

Die Beziehung zwischen dem Vereinigten Königreich und China ist allerdings eine ganz besondere: Im 19. Jahrhundert war Großbritannien ein «Narko-Staat», ein Land, das sich durch den Handel mit illegalen Drogen finanzierte. Während seiner imperialen Blütezeit war Opium, obwohl in Grossbritannien illegal, nach Land und Salz die drittgrößte Einnahmequelle des britischen Empire in Indien. Bis 1890 waren 15 Millionen Menschen aus allen Gesellschaftsschichten von dem von den Briten aus Indien gelieferten Rauschgift abhängig geworden, was 10 Prozent der damaligen chinesischen Bevölkerung entsprach und wohl den schlimmsten Fall von nationaler Drogenabhängigkeit aller Zeiten darstellte. Der chinesische Vizekönig Lin Zexu schrieb damals an Königin Victoria und forderte sie auf, die Opiumlieferungen nach China zu stoppen: «Wir haben gehört, dass Opium in Ihrem Land mit grösster Strenge und Härte verboten ist – ein starker Beweis dafür, dass Sie sehr wohl wissen, wie schädlich es für die Menschheit ist.»

Die «goldene» britische Vergangenheit

Aber solche Bitten stiessen in London auf taube Ohren – da die Gewinne der britischen Händler Vorrang hatten. Unter dem Deckmantel des «freien Handels» startete die britische Regierung 1839 den ersten Opiumkrieg gegen China, um die vollständige Öffnung der chinesischen Märkte für britische Drogenhändler zu erzwingen. Die jahrhundertelange wirtschaftliche Weltmacht China wurde von den Briten und anderen ausländischen Mächten gründlich zerstört.

Vielleicht ist der britische Premierminister ja genauso geschichtsvergessen wie andere westliche Politiker und Medienvertreter? Sonst würde er sich gegenüber China vielleicht etwas mehr Zurückhaltung auferlegen.

Indien, auch ein Opfer des britischen Empire, erging es nur wenig besser als China: Indiens Anteil an der Weltwirtschaft betrug 23 %, als die Briten kamen, und als die Briten gingen, waren es nur noch 4 %. Außerdem lebten am Ende der britischen Kolonialherrschaft 90 % der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze, und die Lebenserwartung lag bei 27 Jahren. Die Alphabetisierungsrate in der britischen Kolonie betrug weniger als 17 %. Die Ausgaben vom Kindergarten bis zur Universität betrugen weniger als die Hälfte des Schulbudgets des Staates New York.

Indien wurde vollständig zugunsten Grossbritanniens regiert. Die industrielle Revolution Grossbritanniens basierte auf der Deindustrialisierung Indiens. So wurde beispielsweise die jahrtausendalte, weltberühmte indische Bekleidungsindustrie, deren Erzeugnisse schon von den Frauen des Römischen Reiches geschätzt wurden, durch eine Industrie auf britischem Boden ersetzt.

Grossbritannien zahlte keinen Cent an Reparationen und entschuldigte sich nicht einmal kostenlos bei China und Indien. Und nicht ohne Ironie erklärte Premierminister Sunak vor ein paar Tagen, die «goldene Ära» der Beziehungen zwischen Grossbritannien und China sei vorbei. Mit Blick auf die «goldene» Vergangenheit, die wohl nur für die Briten gilt, kommt dieses Eingeständnis freilich etwas spät.

Wumms: Joyce Küng

Anti-Rassismus und Wahn liegen eng beieinander.

Joyce Küng schreibt gelegentlich für die «Weltwoche». Das macht ja nix. Joyce Küng ist, laut eigenem Eingeständnis, Brasilianerin. Auch das spricht nicht gegen sie. Küng kandidiert für den Zürcher Kantonsrat. Dafür muss man keinen IQ-Test ablegen. Glück gehabt.

Denn Küng fühlte sich rassistisch angemacht. Nun wird’s einen Moment lang so kompliziert wie in einer brasilianischen Telenovela. Das sind Endlos-Serien, in denen drittklassige Schauspieler fünftklassige Drehbücher um Intrigen, Liebe und Verrat runterspuhlen. Aber am Ende siegt immer das Gute.

So ist’s auch in der Realität. Denn Küng fühlte sich durch diese Meldung rassistisch betroffen:

Von den Bolsonaro-Anhängern mit hochgereckter rechter Hand? Aber nein. von nau.ch, das dieses Foto samt Titel publizierte. Hä?

Nun, zitieren wir Küng: «Heute habe ich zwei Strafanträge wegen rassistischer Diskriminierung verfasst verschickt. Es ging um die Unterstellung – trotz besseren Wissens –, Brasilianer hätten einen Hitlergruss an einer Demo gemacht.» Hä?

Ist eben kompliziert. Also, laut Küng sei das gar kein Hitlergruss. Vielleicht heben Brasilianer die rechte Hand, wenn sie sich damit hinter dem linken Ohrläppchen kratzen möchten. Wie auch immer, aber wieso ist das rassistisch gegenüber Küng? «Ich bin als Brasilianerin direkt betroffen.» Aha. Also zweimal Strafanzeige, gegen nau.ch und gegen einen Schlingel, der diese Meldung retweetet hatte.

Aber, oh Schreck, vielleicht ist auch die Staatsanwaltschaft rassistisch. Denn die schreibt: es werden «auch nicht ansatzweise eines oder oder mehrere objektive Tatbestandsmerkmale von Art. 261bis StGB erfüllt. Und schon gar nicht kann behauptet werden, «diese Äusserung in diesem Kontext ist klar auf meine Herkunft bezogen und verletzt mich in meiner ethnischen Zugehörigkeit»».

Art. 261bis ist die Antirassismus-Strafnorm im Schweizer Strafgesetzbuch, bleibt nachzutragen. Dann erklärt die Staatsanwaltschaft noch gaaanz laaangsam, was man heutzutage unter einem Hitlergruss versteht und was es bedeutet, wenn einer den rechten Arm reckt. Der bringe «nach dem Eindruck eines unbefangenen durchschnittlichen Betrachters zum Ausdruck, dass er sich zum nationalsozialistischen Gedankengut zumindest in Teilen bekennt».

Nun mag ja sein, dass viele Brasilianer zu blöd sind, um den Symbolgehalt dieser Geste zu kennen. Das wollen wir aber nicht unterstellen, weil das tendenziell rassistisch wäre.

Nun wird es einen Moment ganz heikel. Denn wie soll man diese Verschwendung von Steuergeldern, diese an den Haaren herbeigezogene Aktion, diesen Missbrauch ad absurdum des Art. 261bis qualifizieren? Ohne selbst Opfer einer Strafanzeige von Küng zu werden?

Versuchen wir es mit einem Umweg. ZACKBUM-Autor René Zeyer ist von Haus aus Deutscher. Nehmen wir an, ein Schweizer Medium zeigt ein Foto einiger Deutscher, die mit der rechten Hand in der Luft fühlen wollen, ob es regnet. Behauptet aber dreist, die hätten den Hitlergruss gemacht. Und davon würde sich Zeyer in seiner «ethnischen Zugehörigkeit verletzt» fühlen und Strafanzeige einreichen.

Wäre dem so, würde ZACKBUM Zeyer als furzdoof, quietschblöd, beknackt, bescheuert, Sprung in der Schüssel, Wand draussen beschimpfen. Und fordern, dass man ihm sofort die Lizenz zum Schreiben wegnimmt, bis er sich dafür entschuldigt hätte und geschworen, so etwas nie mehr zu tun.

Kosmos: Stecker raus

Das Ende mit Schrecken eines schrecklichen Projekts.

Knapper geht’s kaum:

Die verlinkte Medienmitteilung hat den Charme des Unfertigen:

«Damit stellt die Kino-, Kultur- und Gastroinstitution an der Europaallee in Zürich den Betrieb per [ergänzen] ein. Der neue Verwaltungsrat sieht den Schritt als unausweichlich, das Unternehmen lässt sich nicht länger aufrechterhalten.»

Einer der neuen Verwaltungsräte, die das Schlamassel aufräumen sollten, das eine ganze Riege von selbstverliebten und unfähigen Vorgängern (und Vorgängerinnen) hinterlassen hatte, beklagt sich: «Die finanzielle Lage des KOSMOS wurde uns nicht transparent dargelegt

Wie schrieb ZACKBUM schon im Mai ganz richtig: Wenn vier Bestandteile zusammenkommen, dann kracht’s. Linke Gesinnung, Kultur, Subventionen und Geschäft.

Denn intrigieren kann man hier besser als wirtschaften. Als besonders hartnäckiger Stänkerer entpuppte sich der Filmemacher Samir, dessen wiederholte Putschversuche abgeschmettert wurden, der aber als Rache den für jeden Quatsch zu habenden Daniel Binswanger montierte, der in der «Republik» einen angeblichen Putschversuch rechter Kreise herbeifantasierte.

Dabei arbeitet die schreibende Schmachtlocke auch für ein Organ, dass das Thema Geld nicht wirklich im Griff hat. Wie sagte schon der Geburtshelfer des ganzen Projekts, Steff Fischer, ganz richtig: «Ein etwas tiefer liegendes Problem beim ‹Kosmos› ist, dass das grosse Geld von Erb-Linken stammt.»

Was er damit meinte: hier wird Kohle aus schlechtem Gewissen verlocht, an so profane Dinge wie Gewinn, Ertrag, Gleichgewicht zwischen Einnahmen und Ausgaben wird natürlich nicht gedacht. Deshalb ist dieser Bankrott auch eine Bankrotterklärung all derer, die feinsinnig kulturästhetische Locken auf der Glatze drehten, während schon längst Feuer im Dach war, die Stützbalken krachten und das Erdgeschoss unter Wasser stand.

Nun ist der Stecker rabiat rausgezogen worden, und es herrscht dröhnendes Schweigen bei den sonst so beredten und jeglichen eigenen Quatsch schönquatschenden Salonlinken.

Der Stecker wurde so rabiat rausgezogen, dass selbst die E-Mail-Adresse medien@cosmos.ch nicht mehr funktioniert. Es ist ein Notstopp in brutaler Manier; vor Nikolaus haben 71 Mitarbeiter erfahren, dass es eher traurige Weihnachten werden. Denn ab sofort ist die Arbeitslosenversicherung für sie zuständig.

Die beiden erst seit drei Monaten amtierenden Totengräber-VR nehmen kein Blatt vor den Mund: «Das Kosmos ist illiquid und hoffnungslos überschuldet», sagt Roberto Feusi der NZZ. Er und sein Kollege Valentin Diem hätten gleich nach Amtsübernahme ein externes Gutachten erstellen lassen, «das unter anderem massiv zu hohe Personal- und Warenkosten im Verhältnis zum Umsatz ergeben habe».

Natürlich kann man als VR nicht allzu schlecht über das vertretene Unternehmen sprechen. Aber die Worte Sauhaufen, Misswirtschaft, Wolkenkuckucksheim, keine Ahnung vom Geschäft, aus dem Ruder laufende Kosten sind nicht fehl am Platz.

Doch interne Querelen und Sprüche wie, dass die Gefahr bestehe, dass der kulturelle Aspekt zugunsten der Gastronomie «marginalisiert» werde, waren den Beteiligten wichtiger als ein Kassensturz. Nachdem der vorherige, rein weibliche Verwaltungsrat unter Führung von Monica Glisenti im Frühling geschlossen zurückgetreten war, dümpelte das Kosmos führungslos vor sich hin.

Kein Grund für Samir und Konsorten, sich nicht in erster Linie um Machtansprüche zu kümmern oder beleidigte Leberwurst zu spielen. Dabei hatten SBB und Aktionäre und Darlehensgeber schon mehrfach einiges Geld ans Bein gestrichen, um eine drohende Überschuldung zu vermeiden. Auch sie stehen nun vor einem kompletten Scherbenhaufen.

Denn das «Kosmos» ist nicht etwa von Rechten gekapert worden, wie Schwurbler Binswanger behauptete. Sondern zum ersten Mal seit vielen Jahren haben zwei Geschäftsleute den Laden analysiert, sind tödlich erschrocken und haben sofort die Konsequenzen gezogen.

Was man an Gejammer von Beteiligten wie Samir («habe den Untergang kommen sehen»), Patrick Frey («vom Investor-Standpunkt war es nicht mehr machbar») oder Monica Glisenti («gibt diesen Leuchtturm nicht mehr») zu hören ist, ist unerträglich. Ein Wort zu den Veranstaltern eines Filmfestivals, die nun vor verschlossenen Türen stehen? Ach was.

Ein Wort zu den 71 Angestellten, die von einem Tag auf den anderen vor dem Nichts stehen? Vielleicht die Ankündigung eines freiwilligen Sozialplans, ein Zustupf, jetzt vor Weihnachten? Ein Beitrag gegen die Kälte des Kapitalismus, Solidarität mit den Lohnabhängigen, den Opfern des Kapitals? Gelebte Mitmenschlichkeit, von der doch so gerne gequatscht wird, bei einem Cafe Latte? Nichts von alledem. Die alternativen, linken, humanistischen, das Üble in der Welt beklagenden und das Gute fördernden Betreiber des Kosmos zeigen ihr wahres Gesicht: all das ist nur Gebrabbel. In Wirklichkeit, wenn’s mal darauf ankommt, sind den Erblinken die Schicksale der auf der Strasse stehenden Angestellten schlichtweg scheissegal.

Und wo sind all die, die ansonsten für die Rechte der Arbeiter die Faust erheben, gegen brutale Entlassungen polemisieren, sich über Rohheit und Gleichgültigkeit der Besitzer von Unternehmen beschweren? Sammelt Daniel Binswanger nun wenigstens mal nicht Kohle für die «Republik», sondern für die Gefeuerten? Dreht Samir einen Film über den Kosmos-Skandal? Macht Patrick Frey ein anklagendes Buch daraus?

Die Erblinken haben einiges Geld verlocht, was sie nicht sonderlich schmerzt. Sie werden allem und allen die Schuld für das Scheitern geben, nur nicht sich selbst. Die Konsequenzen ihrer Unfähigkeit müssen die Angestellten ausbaden. Solidarität, Kampf gegen Ausbeutung und brutalen Neoliberalismus – das findet natürlich nur ausserhalb des Kosmos statt. Und nur als Lippenbekenntnis.

Für all das gibt es leider nur ein Wort, beziehungsweise zwei: zum Kotzen.

Hilfe, mein Papagei onaniert: SoZ

Endlich zwei Artikel, die alles in sich vereinen.

Sicher, die «SonntagsZeitung» ist normalerweise kein Quell reiner Freude. Inhaltlich, niveaumässig, intellektuell, die SoZ hat immer weniger zu bieten. Viel Meinung, wenig Recherche, Angefüttertes, Abgestandenes und Beliebiges.

Aber an diesem Sonntag ist ihr ganz zum Schluss ein Doppelschlag gelungen. Informativ, hoher Nutzwert, zukunftsgerichtet, erhellend, hilfreich, einfach sackstarker Journalismus. Zunächst haut die SoZ der Teuerung eins in die Fresse:

Das ist echte Lebenshilfe. Sich die Welt wohlparfümiert schönsaufen, wir erwähnen nur 12.95 für einen 2011er «Faustino I», Weihnachten ist gerettet. Passend zur WM noch so riechen wie Cristiano Ronaldo, was will man mehr. Vielleicht noch den Hauptgewinn von Fr. 10’000.- gewinnen. Super Seite. Oh, Pardon, das scheint ein Inserat zu sein.

Aber auch die SoZ selbst kann’s:

«Die Schweizer Astrologin Elke Maria Müller sagt, was das neue Jahr bringt.» Endlich schauen nicht nur SoZ-Redakteure in die Zukunft und sagen voraus, was kommt. Sondern eine echte, zudem Schweizer Astrologin.

Allerdings: es gibt eine Elke-Maria Müller (mit Bindestrich), die in Winterthur «astrologische Beratung und Therapie», dazu auch noch «Gesundheitsberatung» anbietet. Mangels Webseite oder anderer Angaben muss man aber selber Hellseher sein, um beurteilen zu können, wie kompetent diese Dame ist oder worin Beratung und Therapie bestehen.

Auf jeden Fall: so kann das Jahr 2023 kommen.

Sonntags-Blues

Spass und Tollerei am Wochenende? Denkste.

Wir dachten, zur Abwechslung verpassen wir uns und unseren Lesern ein Wechselbad. Also NZZaS und «SonntagsBlick» als Gegenpole.

Aber oh Schreck, die NZZaS beginnt auch nicht viel besser als der SoBli. Nämlich mit dieser Schlagzeile:

Der unrasierte Herr rechts ist übrigens so ein Tschütteler, der sich wie Michael Jackson selig in den Schritt gefasst hat, was anscheinend die Serben nicht lustig finden. Ob das ein Grund ist, ihn von hinten (da fehlt dann sozusagen das Corpus Delicti) auf die Front zu hieven?

Aber von noch bescheidenerem Niveau ist der Aufmacher links. Dass das – nun ja – der FDP nicht feindlich gegenüberstehende Blatt den schwachen FDP-Aussenminister verteidigen will, verständlich. Aber drei Fachkräfte aus der Redaktion braucht es, um nicht in dröhnendes Gelächter auszubrechen, wenn der Urheber dieses Ersatzversuchs genannt wird: «SP-Aussenpolitiker Fabian Molina bläst vier Tage vor der Bundesratswahl zum Angriff auf die FDP», bangt und zagt die NZZaS.

Molina wage sich mit dem «Plazet der Parteileitung aus der Deckung», diesen Schluss lägen «Recherchen» nahe. Im Kaffeesatz? Oder hat die NZZaS etwa eine Wanze im Sitzungszimmer der Genossen platziert? Aber abgesehen davon, mal unter Erwachsenen: Wenn Molina, der Fan des Schwarzen Blocks und die ewige «ich fordere hier sofort»-Tröte etwas sagt, dann weiss man doch, dass ein Sack Reis in China, der umfällt, mehr Auswirkungen auf die Bundesratswahlen hat.

Ganz oben auf der Front wird’s allerdings schön bunt, tendenziell ausländerfeindlich und schrecklich:

«Brotlose Paradedisziplin Germanistik»? Das wüssten wir aber, da wir diese einzig wahre Wissenschaft studiert haben und in unserem Leben durchaus dem einen oder anderen Brotkanten begegneten. Dass dort die Studenten fehlen, nun ja, dass korrektes Deutsch, die Kenntnis einiger Schriftsteller und eine Ahnung von Stil aussterbende Kompetenzen sind, das merkt man auch ausserhalb der Germanistik. Dazu reicht es, jede beliebige Zeitung aufzuschlagen oder auch nur einen Artikel von Nora Zukker zu lesen.

Wobei auch Bettina Schulz aus London, die Brexit-Untergangssirene, mal wieder Schreckliches aus good ol› England zu vermelden hat. Da fragte doch eine Hofdame ein paar Mal nach, woher eine Teilnehmerin an einem royalen Empfang stamme, damit sie die allenfalls korrekt Mitgliedern der königlichen Familie vorstellen könnte.

Eine dunkelhäutige Trägerin von Dreadlocks (soweit politisch korrekt) gab spitz an, dass sie die Vertreterin einer Londoner Hilfsorganisation sei. Das reicht der Hofdame verständlicherweise nicht, und erst nach mehrfachem Nachfragen rückt die Schwarze damit heraus, dass sie ursprünglich aus Barbados sei. Soweit, so banal. Aber natürlich fühlt sich die Dreadlocks-Trägerin «verletzt» und twittert das auch. Dann kommt, was kommen musste. Geschrei, Entschuldigungen, die Hofdame tritt nach 60 Jahren im Amt zurück. Auch ein Ereignis, mit dem ein umfallender Reissack in China durchaus bedeutungsmässig mithalten kann.

ZACKBUM gesteht, nie hätten wir das erwartet: der SoBli verspricht zumindest auf der Front mehr:

Schneekanone, nette Fotomontage des Rennzwergs gegen den abgehalfterten Super-Ronaldo, eine fiese Attacke gegen die SP-Bundesratskandidatin Eva Herzog, und nur anschliessend riecht es etwas nach alten Socken mit der sich ewig über Rassismus beklagenden SRF-Quotenfrau Angélique Beldner und dem ewigen Anfängerthema «Unterwegs mit einem Blindenhund».

Auf Seite zwei geht’s dann aber niveaumässig in den Keller. Richtig geraten, Chefredaktor Gieri Cavelty ordnet in einem «Editorial» mal wieder die Welt als Wille und Wahn. Auch er muss sich an «30 Jahre EWR-Nein» abarbeiten. Natürlich findet er das auch heute noch ziemlich scheisse. Das muss er auch, denn ohne Blocher-Beschimpfung (natürlich gegen Papa und Tochter, die beide im Gegensatz zu Cavelty sowohl politisch wie unternehmerisch erfolgreich unterwegs sind) geht’s nicht. Sonst würde aus dem fernen Berlin der Blitz herniederfahren und Cavelty würde dem RAV anheim fallen.

Das will er verhindern, indem er sich am Schluss zu einem kühnen Vergleich ermannt: «Der Schweiz bleibt nur noch eine Wahl, die keine ist.» Hä? Nein, nicht grübeln, das ist halt Cavelty. Welche bleibt ihr denn nicht? «Möchte sie mit «fremden Richtern» kooperieren oder mit fremden Henkern?» Hä? Wer damit gemeint ist, kann man aus der Fussnote erahnen: «Unsere Berichterstattung zu China finden Sie auf den Seiten …»

Wir versuchen vergeblich zu verstehen. Die Schweiz hat eine Wahl, die keine ist. Also keine Wahl. Oder doch die Wahl zwischen Richtern oder Henkern. Richter ist die EU, Henker China. Wir hätten da einen Schweizer Kompromissvorschlag: wieso kooperiert die Schweiz nicht wahllos mit richtenden Henkern oder henkenden Richtern?

Anschliessend kommt ein Beitrag zum Thema «so genau wollten wir das gar nicht wissen». Aber wenn man wenig Platz hat, noch weniger Ideen, ihn aber dennoch füllen muss, dann kommt so eine Seite heraus:

Immerhin schön bunt.

Doch vom Blatt der Richter und Henker zurück zum Blatt der Dichter und Denker. Dort weiss Nachwuchs-Journalist Fabian Kretschmer aus Peking wieder etwas ganz genau:

Bange Frage: ob Xi das auch weiss? Noch bangere Frage: wird Xi das freiwillig tun, oder muss Kretschmer ihn dazu zwingen?

Ein ganz anderes Schicksal hat Markus Bernath zu schultern. 18 Jahre lang schrieb er für den Wiener «Standard», seit 2018 sitzt er am Futtertrog der NZZaS. Obwohl bei ihm harte Fränkli im Kässeli klingeln und er leiwand in Wien lebt, hat er’s nicht leicht. Denn er leidet und jammert. Muss man sich mal vorstellen, welche Härten dieser Mann durchstehen muss:

«Ich schlafe mit Schal und in Skiunterwäsche … Wir heizen nur noch zweimal am Tag – morgens eine Stunde zum Frühstück, bis die Kinder fertig für die Schule sind, abends eineinhalb Stunden zum Nachtessen. Eine warme Wohnung ist Luxus geworden.»

ZACKBUM bittet seine Leser inständig, das von der NZZaS sicherlich demnächst eingerichtete Spendenkonto «Schenkt Wärme für Bernath» in weihnachtlicher Stimmung zu berücksichtigen. Aber immerhin, für eine Bestellung bei Amazon hat’s noch knapp gereicht.

«Eine ukrainische Fahne steckte im Päckchen, blau-gelb, eineinhalb Meter breit. … Ich werde sie aus dem Fenster im Wohnzimmer hängen, damit ich weiss, warum ich in dieser Wohnung fröstle.»

Man kann nur hoffen, dass Bernath das Fenster wieder schliesst, nachdem er sein Wissen, wieso er fröstle, aus dem Fenster gehängt hat. ZACKBUM als Schiedsrichter sagt: SoBli-Cavelty gegen NZZaS-Bernath: eins zu eins.

ZACKBUM fügt hinzu: Wir wussten gar nicht, dass das Haus NZZ seine Redakteure so lausig entlöhnt. Hoffentlich sorgt der 13. bei Bernaths für beheizte Weihnachten. Sonst könnte vielleicht der Weihnachtsbaum, kleingehackt …

Dass es auch Menschen mit echten Problemen auf der Welt gibt, illustriert die NZZaS dann gleich auf der nächsten Seite:

ZACKBUM spielt leise mit dem Gedanken, ob die Einführung der Scharia im Journalismus etwas nützen würde; also zum Beispiel zehn Schläge auf die nackten Fusssohlen bei unterirdischen Artikeln. Aber als Gegner jeder körperliche Züchtigung …

Wobei, auf der Seite «Meinungen» schreiben Aline Wanner und Patrick Imhasly. Der beweist wieder einmal einen alten Satz von Karl Kraus: keinen Gedanken haben und den nicht ausdrücken können, das macht den Journalisten aus. Duftmarke: «Weihnachten steht an, und wenn man durch die Innenstädte schlendert, spürt man, wie die Konsumlust …» Man fragt sich, wie oft dieser Satz in der stolzen und langen Geschichte der NZZ bereits rezykliert wurde. Nein, man will sich lieber nicht fragen. Und der Gedanke an Scharia keimt wieder auf …

Ach, hier noch ein Artikel zum Nachdenken für Bernath:

Nun sind wir gespannt, ob der SoBli noch etwas Tiefergelegtes nachlegen kann. Er kann:

Offensichtlich hat das Haus Ringier etwas gegen diese SP-Bundesratskandidatin. Ob man die Niederlage mit dem Basler «Blick» noch nicht verdaut hat? Man weiss es nicht. Aber man weiss: wenn die «Blick»-Koryphäe Reza Rafi mit der «bajour»-Koryphäe Andrea Fopp eine «Recherche» präsentiert, hilft nur eins: schnell umblättern.

Aber damit kommt man vom Regen in die Jauche:

Wie ein Bezahlorgan einen solchen Unsinns-Satz noch hervorgehoben und unwidersprochen publizieren kann, lässt nun wirklich ernsthaft am IQ aller Beteiligten zweifeln:

Endlich, der Goldesel lebt, König Midas lebt, schon vor Weihnachten ist ein Wunder geschehen. Und morgen erzählen wir ein anderes Märchen.

Jetzt aber geben wir erschöpft auf und machen uns daran, weniger einzuzahlen und dafür mehr zu erhalten. Ach, oben steht mal wieder unser Spendenaufruf …

 

Wumms: Philipp Loser

Ein Kleiner nähert sich grossen Fragen.

Konzernjournalist Philipp Loser gedenkt auf seine Art dem 6. Dezember 1992. So lange ist’s her, dass die Schweiz nein zum EWR sagte. Nicht zuletzt deswegen, weil der damalige Bundesrat Adolf Ogi sich einflüstern liess, dass es eine gute Idee sei, ein Ja als Vorstufe zum Beitritt in die damalige Europäische Gemeinschaft zu bezeichnen.

«Les neiges d’antan», würde François Villon dazu sagen, aber den kennt Loser nicht. Also nimmt er den Rapper Stress, den nicht viele kennen, der aus Wut über dieses Nein «Fuck Blocher» gerappt habe. So geschmackvoll sind Rapper halt, wenn sie links sind.

Seither sei auf jeden Fall die Schweiz gespalten zwischen Isolation und Öffnung, diagnostiziert Loser. Und beide Lager seien etwa gleich gross, fantasiert er. Weil er nicht mitbekommen haben will, dass sich die Befürworter eines EU-Beitritts inzwischen dermassen in der Minderheit befinden, dass sich selbst die SP – trotz Parteiprogramm – nicht traut, das offen zu fordern. Nur noch Vereine wie «Operation Libero» stehen dazu, aber die haben ja auch Sanija Ameti als Co-Präsidentin.

Loser meint, eine Konsequenz dieser Uralt-Abstimmung sei «die umfassende Lähmung in allen Fragen, die die Rolle der Schweiz in Europa betreffen».

Aber Loser weiss Abhilfe, wie diese Lähmung, die allerdings nur er verspürt, überwunden werden könnte. Indem man sich die grundlegende Frage stelle:

«Gehört die Schweiz zu Europa? Und wenn ja – wie

Gehört Loser zu den denkenden und schreibenden Menschen, und wenn ja – wie?

Das ist nun so bodenlos simpel, so über jedes Mass einfältig, so unsagbar blöd, dass jeder anständige Tamedia-Leser sein Geld zurückverlangen – und bekommen sollte.

Credit Suisse: schöntrinken?

Wie man bänglich auf Banglisch kommuniziert.

Es ist eine allgemeine Unsitte geworden, schlechte Nachrichten so aufzuhübschen, dass am Schluss das Wording, die Kommunikation des Absenders kaum noch etwas mit der Realität zu tun hat.

Dabei sind so wunderliche Ausdrücke wie «negatives Wachstum» für Rückgang entstanden. Ganze Horden von Sprachschnitzern sind damit beschäftigt, aus betrüblichen, peinlichen, schlechten und schlimmen Nachrichten etwas zu basteln, das den Verantwortlichen für ein Desaster oder Schlamassel wie Öl runtergeht.

Beim Publikum hingegen unverständiges Kopfschütteln auslöst. Insbesondere Finanzhäuser sind berühmt-berüchtigt dafür, sich das Orchester auf der Titanic als Vorbild zu nehmen. Das spielte bekanntlich beruhigende Weisen, bis der Dampfer in die Tiefe rauschte.

Bei der Credit Suisse ist, gelinde formuliert, Feuer im Dach und Wasser im Maschinenraum. Dieser Zustand scheint aber in der Bonusetage und auf der Kommandobrücke nicht wirklich angekommen zu sein. Oder vielleicht schon. Das ist zumindest für die Aktionäre und Stakeholder der CS zu wünschen. Denn wenn dort alle rosarote Brillen tragen würden, wäre das fatal.

Allerdings lässt die CS keine Gelegenheit aus, in ihrer Kommunikation einen Spalt zwischen Wordings und Wirklichkeit aufklaffen zu lassen, den früher höchstens Triumphmeldungen sozialistischer Parteimedien hinkriegten.

Nehmen wir zum Vergleich einen der letzten Überlebenden dieser unsäglichen Tradition, das Zentralorgan der Kommunistische Partei Kubas:

Das ist die Frontseite der einzigen legalen Tageszeitung auf der letzten Insel des Sozialismus. «Das Epos der Granma, oder das Bollwerk der nationalen Verteidigung», bollert der Titel über der Fotomontage, die an längst vergangene Heldentaten erinnert. Rechts davon behauptet der Präsident Kubas, 2023 müsse ein «besseres Jahr» werden. Darunter wird die «Stärke der Verbindungen zwischen Russland und Kuba demonstriert», und schliesslich wird der «Wiederaufbau von Behausungen als wichtigste Herausforderung» nach einem längst vergangenen Wirbelsturm erklärt.

Für die Kubaner ist zu hoffen, dass 2023 besser wird. Denn dieses zu Ende gehende Jahr zeigte schmerzlich, dass die korrupte und unfähige Führungsclique auch nach 64 Jahren an der Macht nicht in der Lage ist, fundamentale Bedürfnisse wie Strom- und Wasserversorgung zu befriedigen, die Bereitstellung von genügend Lebensmitteln, die Erhaltung der Infrastruktur, medizinische und schulische Versorgung sicherzustellen.

Die Kummer gewohnten Kubaner leiden wie kaum zuvor; selbst der período especial, euphemistische Umschreibung für die schwere Wirtschaftskrise nach dem Zusammenbruch des sozialistischen Lagers, hat die Bevölkerung nicht so schwer getroffen wie alle Mängel im Jahr 2022.

Daher regen sich die meisten Kubaner nicht einmal mehr über die Schönfärbereien in diesem Blatt auf.

Etwas anders sieht es allerdings bei der CS aus, denn die hat nicht die Lufthoheit über die Interpretation ihres Zustands.Die Selbstschau könnte das allerdings problemlos in einer Banken-«Granma» erscheinen.

Während der Aktienkurs unterhalb jeglicher Peinlichkeitsschwelle auch noch die Limite von 3 Franken nach unten durchschlagen hat, die geplante Kapitalerhöhung zumindest gefährdet ist, rote Zahlen die Quartalsergebnisse begleiten, ist ein besorgniserregender Abfluss von Kundengeldern im Gange.

Im Paralleluniversum der CS-Kommunikation ist dagegen von einer «Stabilisierung» der Kundenabflüsse die Rede, was immer das bedeuten mag. Dazu behauptet der Schweiz-Chef André Helfenstein in Wohlfühlen-Interviews, dass «nur sehr wenige Kunden ihre Konten wirklich geschlossen» hätten. Also nur unwirklich? Sein Präsident Axel Lehmann geht sogar noch einen Schritt weiter und fantasiert in der «Financial Times» davon, dass sich die Abflüsse inzwischen schon wieder «umgekehrt» hätten, sie seien sowieso nur durch ein Stürmchen in den Social Media verursacht worden.

Realität ist: alleine im Wealth Management hat die CS in sechs Wochen über 63 Milliarden Franken Kundenvermögen verloren, ein Aderlass von 10 Prozent. Auf Konzernebene sind es gar 84 Milliarden. Laut den jüngsten erhältlichen Zahlen; aktuelle Auskünfte will die Bank nicht erteilen.

Lehmann spricht auch von einer «fantastic Franchise», was immer das bedeuten mag. Insbesondere, nachdem eine Gewinnwarnung vom Donnerstag klares Indiz dafür ist, dass das Wealth Management auch im vierten Quartal rote Zahlen schreiben wird.

Während der Schönsprech der Bank fabuliert, dass es wenn schon vielleicht ein paar kleine Probleme im Investmentbanking geben könnte, zeigt sich hier, dass diese paar kleinen Probleme längst auch auf andere Abteilungen übergegriffen haben.

Mindestens so abgehoben war die Kommunikation über eine Kapitalerhöhung. Als der normalerweise stockseriöse Nachrichtendienst Reuters von einer kommenden Kapitalaufnahme berichtet hatte, dementierte das die CS via einen grossen Artikel in der «NZZ am Sonntag». Das Blatt muss sich nun in den Hintern beissen, denn nur drei Wochen später kündigte die CS eine Kapitalerhöhung um 4 Milliarden an.

Damit nicht genug, auch hier harzt es. Ein grosser Batzen davon ist von arabischen Scheichs garantiert, aber einen weiteren Teil will die CS beim Publikum und bei bestehenden Aktionären aufnehmen. Dafür bietet sie Bezugsrechte bei einem Kurs von Fr. 2.52 an. Wäre doch eigentlich was. Aber der Kurs der Aktie fällt von Tiefststand zu Tiefststand, wodurch sich die Nachfrage nach solchen Bezugsrechten, die bei Nichtgebrauch verkauft werden können, in überschaubaren Grenzen hält.

Das wiederum bedeutet, dass immer mehr potenzielle Käufer daran zweifeln, oben der Kurs der Aktie zukünftig über 2.52 bleiben wird.

Die Bank hat also auf ihre Art ähnliche Probleme wie das kubanische Regime. Die objektive Lage ist bedrohlich, beunruhigend und unbefriedigend. Normalerweise führt das im Sozialismus dazu, dass die triste Wirklichkeit bunt angemalt und als fantastisch beschrieben wird, wobei es zugegebenermassen vielleicht noch ein bisschen besser werden könnte.

Normalerweise führt das im Kapitalismus dazu, dass die Führungsetage mit ernster Miene den Ernst der Lage einräumt und energische Massnahmen ankündigt. Dabei selbstverständlich auf jeglichen Bonus verzichtet, denn das wäre doch etwas obszön.

Aber genau wie die kubanischen Mitglieder der obersten Führungsetage sogar vorübergehende Probleme bei der Lebensmittelversorgung einräumen, dabei aber ungeniert dicke Bäuche vor sich herschieben, räumt die Chefetage der CS vorübergehende Probleme ein und kassiert weiterhin Topgehälter plus Bonus.

Das ist so unverdient wie demotivierend für alle, die unter dem kubanischen Regime oder der Führungsclique der CS zu leiden haben. Eine Auswechslung wäre dringend geboten. Aber der Leidensdruck der kubanischen Bevölkerung und der CS-Aktionäre ist offenbar noch nicht hoch genug.

Man fragt sich allerdings, wann es beiden mal reicht …

Alles so schön bunt hier …

 

 

Wumms: Roger de Weck

Der schrägste VR von allen.

Die «Republik» hat ihren Verwaltungsrat verschlankt. Das ist keine schlechte Idee, nachdem dieses Gremium doch satte 170’000 Franken für sein Wirken im letzten Geschäftsjahr einzog. Nun sind’s also noch drei, aber was für welche.

Da wäre mal die Präsidentin Sylvie Reinhard. Tätig als «Schweizer Unternehmerin», Gründerin der Firma «crstl», dann war sie früher mal dies und das. Ob man ihr zu nahe tritt, wenn man sie als Quotenfrau bezeichnet?

Dann kommen wir zum vornehmen Teil des republikanischen VR: weiterhin «an Bord» ist Alfonso von Wunschheim. Auch so ein Wirbelwind; die letzte feste Anstellung hatte er bei local.ch. Er verwaltet und rät aus dem fernen Hamburg, wobei zu hoffen ist, dass VR-Sitzungen per Call stattfinden oder er wenigstens nicht den Flieger nach Zürich besteigt. Ansonsten setzt er sich intensiv für einen Vaterschaftsurlaub ein. Dafür hat er genügend Zeit, denn seine Firma FutureVents GmbH, als deren Gründer und CEO er gerne auftritt, wurde bereits 2010 liquidiert.

Neu «an Bord» ist nun noch Roger de Weck. Der 69-Jährige bringt sicherlich als Digital Native, Kenner von Start-ups und gewiefter Stratege die nötigen Voraussetzungen mit. Er habe «bereits ziemliche Tanker gefahren», schwurbelt die «Republik», ideal geeignet, um ein unziemliches Beiboot zu steuern. Was genau spricht für ihn?

Insgesamt neun Gründe: «erstens bis achtens, weil er er ist. Und neuntens: Sonst wäre unser strategisches Deck unterbesetzt.» Überzeugender kann man einen Mann nicht anpreisen.

Und was spricht de Weck?

«Eine Erfolgsgeschichte braucht Dynamik und Stabilität. An beidem wird weiter zu arbeiten sein: im Hinblick auf eine stabile Chefredaktion und Geschäftsführung – zugunsten einer Publizistik, die dynamisch ihr Potenzial ausschöpft. Viel Arbeit, so wie mir jetzt viel Vertrauen zuteilgeworden ist.»

Das ist dieser staatstragende Kammerton, mit dem man prima heisse Luft verkaufen kann. Dynamik und Stabilität? Brise und Windstille? Bewegung und Stillstand? Ein besonderer Lacher ist die «stabile Chefredaktion». Seit dem unstabilen Abgang von Christof Moser ist sie wackelig mit Oliver Fuchs, einem Chefredaktor a.i., besetzt. Dem traut man so viel zu, dass für Moser gleich eine Position mit Alleinstellungsmerkmal geschaffen wurde: «Stabsstelle Chefredaktion». Seitdem auch Constantin Seibt vom VR zurück- und in diese Stabsstelle eingetreten ist, gibt’s da mehr Stäbe als Chefredaktoren …

Wobei, im «Impressum» der «Republik» ist Seibt als «Reporter» aufgeführt, im Handelsregister als amtierender Verwaltungsrat. Aber wieso soll denn eine Behauptung im Newsletter der «Republik» plausibler sein als viele Behauptungen in ihren Machwerken?

Wir sind auf jeden Fall gespannt, in welcher Form der neue VR Verantwortung für die kleinen Steuerprobleme in der Höhe von 930’000 Franken Rückstellungen übernehmen wird. Zumindest de Weck ist nicht ganz unbemittelt …

Starkes Stück

NZZ trifft Lorraine. Volltreffer.

Man erinnert sich? Berner Alternativ-Beiz, Auftritt der Band «Lauwarm», Weisse mit Rastalocken, anonyme Nörgler im Publikum fühlten sich wegen angeblicher kultureller Aneignung «unwohl», Abbruch des Konzerts nach der Pause.

Danach Riesengebrüll mit internationalem Echo. Dialogfreier Austausch von Schnöseleien. Mitten drin das Kollektiv der Beiz, das mit der Situation heillos überfordert war.

So naheliegend wie schwierig, nach dem Sturm eine Reportage über das Lorraine zu schreiben. Besonders, wenn man Redaktor der NZZ ist. Aber Nadine A. Brügger beweist, was man mit Hartnäckigkeit und Sensibilität erreichen kann.

Rund vier Monate nach dem Skandal beginnt sie, per Mail um ein Gespräch mit den Beizern nachzusuchen. Einen Monat später und nach Aussprachen in kleiner und grosser Runde des Kollektivs bekommt sie am 14. November die Antwort: «Wir machen mit. Wänn chunsch?» Einen Tag später steht sie auf der Matte, beziehungsweise vor der Türe des Lorraine.

Auch in dieser Schlüsselszene zeigt Brügger, wie man szenische und reflektierende Passagen miteinander verbindet:

«15. November, Bern. Abends ist die Lorraine ein dunkles Quartier. Vor der Tür der Brasserie steht eine Frau, den Hund an der Leine, die Zigarette in den letzten Zügen. Aus einem Fenster fällt Licht auf die Strasse. Am Tisch dahinter sitzt eine fröhliche Männerrunde, Jasskarten in den Händen.
Drinnen hängt ein Kronleuchter von der Decke. In den Zeitungsständern ist die Auswahl bunter als an manchem Kiosk. In der Gaststube riecht es nach Essen. Zum Gespräch geht es in einen ruhigeren Raum. Auf dem Tisch dampft ein Zitronen-Ingwer-Tee.
Die Kollektiv-Mitglieder sind etwas nervös. Das legt sich erst, als sie davon erzählen, wie das so ist: im Kollektiv arbeiten.»

Das ist nicht anbiedernd, aber auch nicht im Nachhinein denunzierend. Denn nichts ist leichter, als durch geschickt gesetzte Adjektive oder maliziöse Bemerkungen eine Situation zu karikieren, ohne dass der Karikierte sagen könnte, man habe ihm das Wort im Mund umgedreht.

Leider hinter der Bezahlschranke, aber ein starkes Stück ganz einfacher Journalismus. Hingehen, hinhören, für den Leser die Zusammenhänge herstellen, nicht werten, einfach berichten.

Man erfährt auch, wie’s denn genau war. Die Band trat auf, in der Pause meldeten sich anonyme Schneeflocken beim Kollektiv und äusserten ihr Unwohlsein. Das wurde der Band mitgeteilt, wodurch die Stimmung dann futsch war. Man wollte mit den Unwohlen sprechen, aber die waren nach ihrer Denunziation bereits verschwunden. Welch ein feiger und peinlicher Auftritt. Dann Abbruch. Auch später hatte keiner der Verursacher des Skandals die Eier, sich öffentlich hinzustellen.

Ist eigentlich gar nicht so schwierig. Aber völlig aus der Mode gekommen. Verdrängt von Nabelschau, Rechthaberei, wohlfeilem Umschreiben der Wirklichkeit, wie sie dem Schreiber passt. Oder wie sie sein sollte. Daher ist dieser Artikel eine Oase in der Wüste.