«Republik» kräht «unfair»

«Quelle angeben», fordert die «Republik» von der NZZaS. Aber selbst …

Sie ist «Co-Leiterin Inland» bei der «Republik», dazu «Dozentin» am MAZ und an der Uni Freiburg. Von einer dermassen qualifizierten Journalisten wie Bettina Hamilton-Irvine muss man gnadenlosen Qualitäts-Journalismus erwarten.

So zum Beispiel:

«Liebe @NZZaS, schön, dass euch unsere Recherche über die hohe von Zwangsmassnahmengerichten angeordnete Haft-Quote so gut gefällt, dass ihr einen substanziellen Teil davon übernommen habt. Aber die „Zeitung», die ihr als Quelle angebt, hat einen Namen: @RepublikMagazin.»

Ja hoppla, da habe doch die «NZZamSonntag» einfach eine «Recherche» der Demokratierettungsanstalt übernommen und als Quelle verschämt eine «Zeitung» angegeben. Ts, ts, das macht man doch nicht im seriösen Journalismus. Auch wenn die Kritik in wackeligem Deutsch abgefasst ist.

Das wäre ein starkes Stück, wenn an dieser Behauptung von Hamilton was dran wäre. Aber sie hält es nun auch nicht so genau mit der Wahrheit, bzw. will sich durch die Wirklichkeit doch keinen knackigen Tweet kaputtmachen lassen.

Denn in Wirklichkeit verhält es sich so: Sie nimmt Bezug auf einen Gastkommentar, ganz klar als «Der externe Standpunkt» gekennzeichnet. Hier nimmt sich der Strafverteidiger Andrea Taormina die Zwangsmassnahmengerichte und «ihre absurd hohe Haftquote» zur Brust.

In diesem Kommentar erwähnt er einleitend die Zahl von 1069 Entscheidungen über die Anordnung von Untersuchungshaft, wobei nur 47 Anträge der Staatsanwaltschaft abgelehnt wurden. Als Quelle gibt er an: «wie vor einigen Wochen aus einer Zeitung zu erfahren war».

Wir zählen mal die Fehler und Ungenauigkeiten bei Hamilton durch:

  1. Nicht die NZZaS hat das selbst so geschrieben, sondern ein Gastautor. Muss man da von der Sonntags-Tante wirklich erwarten, dass sie beim Strafverteidiger nachfasst, aus welcher «Zeitung» er denn diese Zahl habe? Wohl nicht.
  2. Natürlich ist dieser Gastkommentar in der NZZaS erschienen, insofern hat das Blatt eine gewisse inhaltliche Verantwortung. Aber so zu tun, als hätte die NZZaS selbst die Quellenangabe unterlassen, ist zumindest unredlich.
  3. Der dicke Hund kommt aber noch. Hamilton spricht von «unserer Recherche». Legen wir doch auch bei ihr das Beckmesser an. Denn in dem entsprechenden Artikel «Das düsterste Kapitel unser Justizpraxis», geschrieben mit dem üblichen dunklen Tremolo der «Republik», ausgewalzt auf 14’227 Anschläge, heisst es: «Die zwölf Zwangs­massnahmen­gerichte des Kantons Zürich erstellten die Statistiken erst, nachdem die Demokratischen Jurist*innen Zürich (DJZ) dies verlangt hatten – gestützt auf die kantonale Verfassung und das kantonale Gesetz über die Information und den Datenschutz.»
  4. Das heisst also auf Deutsch: Die angebliche «Republik-Recherche» bestand darin, die vom DJZ erkämpften Statistiken zu verwenden. Eine Quellenangabe, die Hamilton unterlässt.

Also ist nicht die «Republik» die Quelle, obwohl sie unbestritten diese Zahlen veröffentlicht hat, sondern die DJZ.

Ein typisches und übliches Soufflee aus der «Republik»-Küche. Ein Lufthauch der Realität, und schon ist’s nur noch ein hässlicher Bodensatz.

Apropos Statistiken und Zahlen: das steuerliche Problem der «Republik» scheint sich zu einem richtigen Skandal auszuwachsen. Denn dieser «Fehler» ist in Wirklichkeit eine Schlaumeierei, die nun dem Magazin ins Gesicht explodiert. Und ein ganz neues Licht auf die gesammelten Abgänge der letzten Zeit wirft. Von der Gründungscrew ist nun, nach dem Rücktritt von Constantin Seibt, niemand mehr im VR des Blatts. Der VR ist für die korrekte Rechnungslegung verantwortlich. Und haftbar

Wie man sich ins Elend rechthabert

Bei «Netzcourage» hat sich ein Dreamteam gefunden.

Es ist eine Tragödie, dass ein Verein mit einem durchaus lobenswerten Anliegen am Personal scheitert. Die Geschäftsführerin und hasserfüllte Kämpferin gegen Hass im Internet verschleisst Präsidenten und Vorstandsmitglieder à gogo.

Sie droht ihnen mit juristischen Schritten und anderem («Fülschi dir reichts auch langsam. Dass dies (und viele andere Aussagen der letzten Monate) justiziabel sind, dürfte sogar dir klar sein»), wenn mehr als ein ehemaliges Mitglied des Vereinsvorstands sich darüber beklagt, dass es keinen Einblick in die Buchhaltung gegeben habe.

Dass dort wohl ein dicker Hund begraben liegen könnte, dieser Verdacht drängt sich auf. Denn die Ex-Vorstandmitglieder begründen ihren Rücktritt damit, dass sie zwar für den Geschäftsbericht und die Buchhaltung haftpflichtig hätten unterschreiben sollen, das aber nicht wirklich guten Gewissens hätten tun können.

Das könnte auch der Grund dafür sein, dass der Verein in seiner kurzen Geschichte bereits drei Präsidentinnen verschlissen hat. Darunter eine, die in höchster Not ad interim antrat, nachdem ihre beiden Vorgängerinnen Knall auf Fall das Weite gesucht hatten. Nur, um dann selbst zurückzutreten, mit der bitteren Bemerkung: «Der Vorstand kann gar nicht strategisch arbeiten, weil Geschäftsführerin Spiess-Hegglin alles selbst machen will.»

Daraufhin ersetzte ad interim Hansi Voigt die Ex-Präsidentin a.i. Ob dabei alles mit rechten Dingen zuging, müsste ein Noch-Mitglied auf dem Klageweg austesten. Denn auch Vereine haben gewissen gesetzlichen Regeln zu folgen.

Auch bei der Entlassung von Mitarbeitern, damit die nicht «arbeitsrechtliche Auseinandersetzungen» führen müssen, wie ein «mit herzlichem Dank» Gefeuerter.

Aber das alles ist ja nur eine «querulantische Twitter-Verleumdungskampagne von vier Ex-Mitgliedern», die deswegen vom inzwischen frischgebackenen Präsidenten Voigt aus dem Verein gekübelt wurden.

Nun könnte natürlich Ruhe und Ordnung einkehren und sich der Verein endlich mal wieder um seinen Vereinszweck kümmern.

Da gibt es allerdings ein weiteres heikles Problem. In einem der letzten Prozesse, den Spiess-Hegglin noch nicht verloren hat, klagt sie bekanntlich gegen den Ringier-Verlag auf Gewinnherausgabe. Das kann sie, weil von fünf eingeklagten Artikeln vier als persönlichkeitsverletzend eingestuft wurden.

Nun ist es so, dass Ringier, um das lästige Problem vom Tisch zu haben, ein mehr als grosszügiges Vergleichsangebot machte (in der Höhe eines sechsstelligen Betrags, plus ein Propaganda-Interview im «SonntagsBlick» gratis obendrauf). Aber auf Anraten von Voigt lehnte JSH dieses Angebot ab.

Denn der angebliche Internet-Guru, der allerdings bislang eine Schneise der Zerstörung hinterliess, behauptet, dass Ringier an seinen Artikeln über JSH weit mehr als eine Million Franken verdient habe. Wie er das berechnet haben will, ist aber bislang sein süsses Geheimnis. Wenn es mit dem Geldverdienen per Klick so einfach wäre, würden doch weder «watson» noch «bajour» Millionengräber schaufeln …

Dass Voigt schon öffentlich eingestand, dass ihm der Unterschied zwischen Umsatz und Gewinn nicht klar ist, stärkt das Vertrauen in seine Rechenkünste ungemein.

JSH, applaudiert von einer wie meist inkompetenten Presse, verkündete vor einiger Zeit als grossen Triumph, dass Ringer gerichtlich dazu verpflichtet wurde, weitere Zahlen und Angaben zu den ersten vier eingeklagten Artikeln zu machen. Dadurch wurde der Eindruck erweckt, dass JSH nicht nur ein grosser Sieg zuteil wurde, sondern dass Ringier nun zur Kasse gebeten werde, und zwar vom Gröberen.

Die Wahrheit sieht etwas prosaischer aus, wie JSH inzwischen auch selbst kleinlaut einräumte. Sie habe diese Zahlen bekommen, teilte sie mit, aber die müssten nun von Spezialisten genauer analysiert werden. Denn hier kommt nun der entscheidende Punkt. Welche Gewinnsumme kann man aus diesen Zahlen extrahieren?

Tatsächlich mehr als eine Million Umsatz = Gewinn, wie Voigt behauptet? Oder lediglich ein paar Tausend Franken, wohlwollend gerechnet? Das ist nun die grosse Frage. Und da JSH etwas fordert, ist sie in der Pflicht, diese Forderung zu begründen. Sollte sie sich dabei tatsächlich auf die Rechenkünste ihres Vereinspräsidenten verlassen, dann gute Nacht.

Aber es könnte noch schlimmer kommen. Sollte sich in ein paar Jahren (schneller wird’s wohl nicht abgehen) herausstellen, dass dessen behaupteter Betrag aus einem Paralleluniversum stammt, dürfte sich JSH überlegen, wieso sie denn eigentlich auf das grosszügige Vergleichsangebot von Ringier nicht eingegangen war. Und sich daran erinnern, dass sie das auf dringliches Anraten ihres neuen Präsidenten tat.

Was das bilaterale Verhältnis in diesem Dreamteam sicherlich nicht verbessern dürfte.

Kamikaze-Rechnung

Es geht bergab. Also wird mehr Geld rausgehauen.

Wenn man einen Newsletter bekommt, der mit «Sehr geehrte Frau Verlegerin, Sehr geehrter Herr Verleger
and everybody beyond!» beginnt, hat man schon einen Verdacht. Der verfestigt sich zur Gewissheit, wenn man scrollt und scrollt, bis man das Ende von 14’000 Anschlägen erreicht hat.

Die «Republik» überschüttet unschuldige Leser mit einem weiteren Anfall von Sprachdurchfall. Ein klitzekleines Highlight in Form sanfter Selbstironie sei gleich am Anfang gelobt:

«An Erkenntnis warf das Jahr 12’573’576 Zeichen Text ab. Wir entschuldigen uns, dass es nicht weniger waren.»

Damit ist dann aber bereits fertig lustig:

  • «Die Verlagsetage blieb in etwa gleich: ein Jahr zuvor 28’695, dieses Jahr 28’338 Verleger. Die Zahl der Jahres­mitgliedschaften stieg leicht. Die Monatsabos nahmen um 600 ab. Hier haben wir Sorgen.
  • Seriösen Ärger macht höchstwahrscheinlich ein Formfehler aus der Vergangenheit, der uns teuer zu stehen kommt: Wir haben Steuer­rückstellungen von 930’000 Franken vorgenommen, die dieses Geschäfts­jahr ins Defizit reissen.»

Damit nicht genug. Nach diversen Rücktritten und Abgängen will die «Republik» die «publizistische Kompetenz» im Verwaltungsrat stärken. Dafür hat sie sich einen Veteranen ausgeguckt, der eine lange Tradition in der Unterstützung von jungen Start-ups hat und vor gefühlten 100 Jahren das letzte Mal journalistische Verantwortung auf den Schultern trug: Roger de Weck.

Wir wünschen allen Beteiligten viel Spass. Denn die Begründung für diesen Wahlvorschlag ist selten originell: «Aus exakt neun Gründen: erstens bis achtens, weil er er ist. Und neuntens: Sonst wäre unser strategisches Deck unterbesetzt.»

Nun dümpelt die «Republik» bekanntlich vor sich hin, was die Entwicklung der Abozahlen betrifft. Auch wenn man die Abonnenten Verleger nennt, ändert das nichts daran, dass das bei einem werbefreien Produkt die einzige Einnahmequelle ist. Laut eigenen Angaben seien rund 28’000 Abonnenten ausreichend, um ein Budget von 6,3 Millionen Franken zu finanzieren.

Das ist arithmetisch richtig; bei einem Preis des Jahresabos von 240 Franken braucht es haargenau 26’250 Vollzahler. Nun soll kräftig draufgesattelt werden: «Wir bleiben dabei und gehen nächstes Jahr bewusst ins kalkulierte Risiko. Und erhöhen das Budget von 6,3 auf 8,6 Millionen Franken.»

Dieser Zusatzbetrag soll für dieses und jenes verplempert werden, wobei sich die von der «Republik» präventiv gestellte Frage aufdrängt, «ob wir nicht zu viel am Apparat bauen. Anstatt zu sagen: Wichtig für das Produkt sind zwei, drei neue Reporter – und fertig».

Das wäre was, aber: «Nur war das die Todsünde vieler etablierter Verlage: nicht zu sehen, dass die Entwicklung, das Redigieren, die Ästhetik, Programmierung, Fehler­freiheit von Beiträgen ein schwieriger, zeitaufwendiger, nicht von vielen machbarer Job ist.»

Das ist im Prinzip richtig, und gerade bei der Fehlerfreiheit von Beiträgen könnte die «Republik» gewaltig zulegen. Man erinnere sich an eine ganze Reihe von Megaflops, von zu Skandalen aufgeblasene Storys wie über Mobbing an der ETH oder angeblich unerträgliche Zustände in einer Kindertagesstätte, die – nachdem sie wunschgemäss für Wirbel gesorgt hatten – wie ein Soufflee in sich zusammenfielen. Aber deshalb noch mehr Geld für den Overhead ausgeben?

Aber sei’s drum, auch die «Republik» akzeptiert zähneknirschend, dass Geld, bevor es rausgeschmissen wird, zuerst eingenommen werden muss. Also, so läuft’s: «Deshalb planen wir für Jahres­beginn eine Kampagne – mit dem Ziel, 5000 Verlegerinnen auf einen Schlag an Bord zu holen.»

5000 auf einen Schlag, das ist eine Ansage. Falls es gegen Jahresende nicht wie üblich mehr Abgänge als Aboerneuerungen geben sollte, hat die «Republik» also «28’338 Verleger an Bord». Plus 5000 macht nach Adam Riese 33’338.

Nun ist es aber so, dass die Finanzierung von 8,6 Millionen, bei einem Jahresabopreis von Fr. 240.-, ebenfalls nach Adam Riese haargenau 35’833 «Verleger» bräuchte; immer vorausgesetzt, alle schliessen tapfer ein Jahresabo ab.

Damit würden also, selbst wenn dieser kühne Plan funktionieren sollte, immer noch rund 2500 Abonnenten fehlen, also 50 Prozent der Zahl, die die «Republik» neu an Bord holen möchte. Also mal wieder ein fauler Zahlenzauber eines Kamikazes.

Angesichts dieser dramatischen Fehlkalkulation kann man der «Republik» nur empfehlen, statt einen teuren Ausbau von diesem und jenem zu finanzieren, einen simplen Taschenrechner anzuschaffen. Oder noch kostengünstiger, eigentlich jedes Smartphone bietet diesen Service, man muss ihn nur finden.

Stattdessen macht die «Republik» in Traumtänzerei: «Klappt das – grossartig. Wenn nicht, müssen wir ab Februar den Kurs ändern

Aber auch diese Aussage kollidiert mit der nächsten:

«Wir hoffen, dass Sie die Nerven bewahren und uns trotz oder wegen des ehrgeizigen Budgets die Treue halten. Und dass Sie uns helfen, bis Ende Geschäftsjahr auf 33’000 Verlegerinnen zu kommen – die dann jeden Herbst die Bürde (und das Privileg) des Geschäfts­berichts, der Urabstimmung und eines nicht überraschungs­freien Newsletters auf sich nehmen.»

Was denn nun, sollen 33’000 Verleger bereits ab Januar «an Bord» sein oder erst auf Ende Geschäftsjahr? Ist auch ein klitzekleiner Unterschied.

Wie soll man Vertrauen in den Inhalt eines Organs haben, das einen solchen Stuss über seine finanzielle Basis erzählt? Wie soll man Zahlenangaben in Artikeln vertrauen, wenn hier gezeigt wird, dass die «Republik» nicht mal die Grundrechenarten beherrscht? Wie soll man an Seriosität glauben, wenn das finanzielle Grundprinzip weiterhin lautet: sollten wir wieder mal feststellen, dass wir viel zu viel Geld ausgeben und viel zu wenig einnehmen, dann drohen wir doch einfach wieder mit Selbstmord.

Oder sie betteln ein paar reiche Säcke an, die ein fehlendes Milliönchen oder zwei aus der Portokasse zahlen können. Schliesslich rettet die «Republik» nach wie vor die Demokratie. In den letzten Monaten beispielsweise mit aufsehenerregende Artikeln über, öhm. Also zum Beispiel, hüstel. Da war doch, räusper. Unbedingt erwähnenswert ist, hm. Also gut, ZACKBUM nimmt den Telefonjoker und gibt auf.

Aber immerhin, dafür haben wir milde Spenden verdient, wir haben uns bis zum «PPPPPPPPS» durchgequält.

 

 

Es ist eine Sauerei

Übertretungen müssen bestraft werden. Aber so?

Als unverbrüchlicher Anhänger des Rechtsstaats ist ZACKBUM selbstverständlich der sicheren Auffassungen, dass sich alle an alle gültigen Regeln und Gesetze zu halten haben.

Nun ist es dem Redaktor widerfahren, dass er eine 30er-Zone für eine 50er-Zone hielt. Dass das daraus entstandene Vergehen bestraft werden muss: keine Widerrede. Auch die Höhe der Busse von Fr. 410.- ist zwar beeindruckend, aber akzeptabel.

Was eine verdammte Schweinerei darstellt: Die Ausfertigung dieses Strafbefehls hat wohlwollend geschätzt 20 Sekunden gedauert, vorausgesetzt, das Stadtrichteramt der Stadt Zürich ist IT-mässig einigermassen à jour.

Dann werden nämlich die erhobenen Daten automatisch übertragen, des Ganze kriegt eine Nummer, wird ausgedruckt und per Gerichtsurkunde auf den Postweg gebracht. Der kostet Fr. 10.60. Nehmen wir an, dass an Stromkosten weitere 10 Rappen anfallen. 10.70. Nehmen wir weiter an, dass ein Beamter gelegentlich neben der Maschine steht, die diesen Strafbefehl eintütet. Kostet, inklusive Couvert, weitere 10 Rappen pro Strafbefehl. 10.80.

Nehmen wir schliesslich an, dass irgend ein Sesselfurzer stichprobenartig checkt, ob auch alles seinen ordentlichen Gang geht. Der Strafbefehl ist mit «Fachbearbeitung Recht» unterzeichnet, wo eine Unterschriftenmaschine ein Gekrakel und einen Namen draufgespuckt hat. Nehmen wir an, dass diese gesamte Mühewaltung mit Pensionsanspruch, 13. Monatslohn, Gefahrenzulage und überhaupt weitere Fr. 10.80 pro Strafbefehl kostet. Dann wären wir also bei Kosten und Gebühren von Fr. 21.60.

Falls das Stadtrichteramt keine komplizierten Zahlen mag, könnte man diese Summe grosszügig auf Fr. 30.- aufrunden.

Das sieht aber das Stadtrichteramt entschieden anders. Es rundet auch auf, stellt aber vor diese 30 Franken noch eine 4. Dadurch entsteht eine «Kosten- und Gebührenpauschale», die sogar noch höher als die Busse selbst ist. Nämlich exorbitante 430 Franken.

Lassen wir mal den Hinweis beiseite, dass bei einer «schuldhaften» Nichtbezahlung «eine unbedingte Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen» droht. Mit dieser kann man zwar die Busse absitzen, aber nicht die Kosten. Hingegen ist es möglich, sowohl Busse wie Kosten abzuarbeiten.

Nun könnte der Beschuldigte Einsprache erheben. Präventiv wird ihm aber mitgeteilt: «Das Einspracheverfahren ist kostenpflichtig

Wer also gegen diese überrissene, willkürliche, exorbitante, durch nichts zu rechtfertigende Pauschale vorgehen möchte, hat gleich zwei weitere Probleme. Das kostet noch mehr, und die Erfolgsaussichten sind mehr als unsicher.

Denn kann man hoffen, dass ein Gericht in der Stadt Zürich die hochwohllöbliche Entscheidung eines Zürcher Stadtrichteramts in Frage stellen würde? Kann man nicht.

Ist das Gequengel in eigener Sache, verursacht durch eine selbstverschuldete Übertretung? Nein. Denn die Ausfällung einer Busse – auch in dieser Höhe – wird nicht kritisiert oder gar bestritten.

Die horrende Geldmacherei durch eine völlig überrissene «Kosten- und Gebührenpauschale» hingegen schon. Insbesondere, weil hier jede Gegenwehr sinnlos ist. Obwohl es sonnenklar ist, dass das Ausfertigen, Ausdrucken und Auf-den-Weg-Bringen eines A4-Blatts mit angehängtem Einzahlungsschein selbst bei wohlwollender Betrachtung keine Kosten und Gebühren von mehr als 30 Franken verursacht.

Nun steckt sich das Stadtrichteramt diesen Betrag natürlich nicht in die eigene Tasche. Wenn man aber bedenkt, wie viele solcher Strafbefehle jährlich ausgestellt werden, läppert sich hier eine Summe zusammen, mit der man das Beamtenklo vergolden könnte. Da man diese Gebührenschneiderei nur kritisieren, aber nicht ernsthaft bestreiten kann, handelt es sich zudem um reine Willkür. Eines Rechtsstaats unwürdig.

Immerhin gibt das Stadtrichteramt rasant und ausführlich Antwort auf die Frage, wie dieser Betrag gerechtfertigt werden könnte: «Für den Kanton Zürich hat der Regierungsrat die Verfahrenskosten in der Verordnung über die Gebühren, Auslagen und Entschädigungen der Strafverfolgungsbehörden (GebV StrV) verbindlich festgesetzt.»

Dazu habe die Justizdirektion «separate Richtlinien und Pauschalgebühren erlassen. Hiernach werden der beschuldigten Person, die mit einer Busse zwischen 400 und 600 Franken bestraft wird, die Verfahrenskosten in der Höhe von pauschal 430 Franken auferlegt. Das Stadtrichteramt Zürich ist an die in der Verordnung und in den Richtlinien vorgesehenen Gebühren gebunden.»

Also mit anderen Worten: wir können nix dafür, wenden Sie sich doch ans Justizdepartement oder besser gleich an den Regierungsrat des Kantons Zürich.

Das lassen wir bleiben, aber auch diese Auskunft ist nicht ohne: «Im Jahr 2021 hat das Stadtrichteramt Zürich in rund 62’000 geführten Verfahren Gebühren von insgesamt 8.3 Mio Franken in Rechnung gestellt.» Das wären dann vergleichsweise schlappe 134 Franken im Schnitt. Offenbar ist also nicht der Aufwand, sondern die Höhe der Busse entscheidend. Macht Sinn. Oder?

Wumms: Hansi Voigt

Manchmal sagt ein Bild mehr als tausend Worte.

Der Mann ist ein Tausendsassa. Voigt präsidiert neu den Verein «Netzcourage». Ein Aufstieg vom «Präsident a.i.». Wer ihn allerdings in dieses Amt gehoben hat, ist geheim.

Voigt ist zudem «Co-Geschäftsleiter» von «we.publish». Noch nie davon gehört? Also bitte: «Die We.Publish Foundation fördert unabhängige journalistische Angebote und die Medienvielfalt in der Schweiz.» Wie sie das macht? Also man sollte auch mal aufhören, Fragen zu stellen.

Dann ist Voigt der Gründer von «watson». Das erwähnt er gerne in seinem Lebenslauf, die Umstände seines Abgangs lieber nicht. Etwas halsstarrig hält der Wanner-Clan an diesem Millionengrab fest.

Dann war Voigt mal bei «20 Minuten». Bis er auch dort die Machtfrage stellte und als zweiter Sieger vom Platz ging.

Schliesslich ist Voigt noch im Vorstand des «Verein Bajour» und auch noch in der Geschäftsleitung. Ob es daran liegt, dass dieses resonanzlose Produkt Million um Million einer reichen Pharma-Erbin verröstet? Mit Unterseiten wie der oben dargestellten; eigentlich sollte hier die «Bajour-Kollektion» locken. Aber wer sich nicht gross ums Geldverdienen kümmern muss …

Früher, ja früher gab es noch Angaben zur angeblichen Leser- und Abonnenten-Entwicklung. Vorbei, verweht, weg. Dafür zeigt das Seitenmenü mit dieser Hierarchie überdeutlich, worum es eigentlich geht:

Gegen diese Bettelei ist ein «Surprise»-Verkäufer geradezu ein Ausbund von Zurückhaltung und Seriosität. Beim Strassenmagazin weiss man aber wenigstens, wofür man etwas bezahlt. Bei «bajour» ist der Inhalt dermassen uninteressant, dass es sich eigentlich nur um eine Solidaritätsspende handeln kann.

Wo’s ihm in en Kram passt, fordert Voigt Transparenz und beschimpft reiche Menschen, die sich angeblich Medien halten. Ein kühner Vorwurf von einem, der auf Kosten eines reichen Menschen lebt.

Mit Transparenz in eigener Sache ist’s auch nicht weit her. Früher berichtete ZACKBUM einige Male über Voigt und wollte ihm immer Gelegenheit geben, zu Fragenkatalogen Stellung zu nehmen. Seine Antwort: tiefes Schweigen. Dabei hätten wir gerne gewusst, wie er auf die perverse Idee kam, Gegner der dann an der Urne abgelehnten Subvention-Milliarde für reiche Medien-Clans (wovon für «bajour» auch was abgefallen wäre) als «Freund:innen des Faschismus» zu beschimpfen. Vergewaltigte Sprache, vergewaltigter Begriff, widerlich.

So hält er es auch als frischgebackener Präsident eines Vereins gegen Hass und Hetze im Internet, dessen hasserfüllte Geschäftsführerin alle namentlich beschimpft («strafbar und Du weisst das», «Fülschi dir reichts auch langsam. Dass dies (und viele andere Aussagen der letzten Monate) justiziabel sind, dürfte sogar dir klar sein»), die eine Kritik an ihr oder ihrer Amtsführung wagen.

Interessiert hätte auch, was der Vereinspräsident dazu sagt, dass ein mit herzlichem Dank rausgeschmissener Mitarbeiter, trotz aller Solidarität mit dem Vereinszweck, öffentlich gemacht hat, dass er in arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen mit seinem ehemaligen Arbeitgeber steht.

Woher Voigt die Chuzpe nimmt, überhaupt jemand anderen oder irgend etwas zu kritisieren, bei diesem eigenen Leistungsausweis, das lässt sich wohl nur damit erklären, dass er in einem Paralleluniversum lebt.

Ins Glied zurück

Stühletausch bei «20 Minuten». Das ist originell.

Erinnert sich noch jemand, dass es mal ein Protestschreiben von 78 erregten Tamedia-Frauen gab, die sich über unerträgliche Arbeitsbedingungen, demotivierende männliche Kollegen, Sexismus und Diskriminierung beklagten?

Dazu behaupteten sie über 60 anonymisierte und nicht verifizierbare Vorfälle. Ist schon ein Weilchen her, und ausser grossem Geschrei ist nichts davon geblieben. Nur eine der Initiatorinnen machte eine Art Karriere, die andere leidet weiterhin unter diesen schlimmen Zuständen.

Gibt es denn gar keinen Lichtblick? Einige Frauen sind so weit nach oben befördert worden, dass ihre Inkompetenz ein abschreckendes Beispiel für jede Frauenförderung darstellt. Einige männliche Mitarbeiter haben das Haus verlassen, weil sie sicher waren, dass sie für eine weitere Karriere schlichtweg das falsche Gehänge zwischen den Beinen hatten.

Unserer Kenntnis nach ist bislang kein cleverer Tamedia-Journalist auf die Idee gekommen, mit einer schlichten Geschlechtsumwandlung (natürlich nur auf dem Papier) seine Chancen zu steigern.

Dass die meisten in führende Positionen berufene Frauen keinerlei Spuren in ihrer neuen Position hinterlassen – ausser bedenklich dummen Kommentaren –, das ist halt Schicksal.

Aber das leserstärkste Organ im Haus setzt nun ganz neue Zeichen. ZACKBUM ist kein vergleichbarer Vorgang im Journalismus bekannt. Der langjährige Chefredaktor von «20 Minuten», Gaudenz Looser, tritt zurück.

Für ihn rückt seine Stellvertreterin Desirée Pomper nach. Bis hierher ist das ein nicht ungewöhnlicher Vorgang. Looser war etwas mehr als drei Jahre auf dem Chefposten des Pendlerblatts und hat es in dieser Zeit geschafft, sowohl die Publikation wie sich selbst skandalfrei und geräuschlos am Laufen zu halten.

Letzten Sommer gab es allerdings etwas Wirbel um einen Post auf Social Media, der offensichtlich von einer sich in einer Lebenskrise befindlichen Person stammte und Looser als Chef anschwärzte. Nachdem sich Verlag, Geschäfts- und Redaktionsleitung ohne Wenn und Aber hinter Looser stellten, verröchelte dieser sogenannte «Eklat» so schnell, wie er entstanden war.

Dass Looser das nicht ganz stressfreie Amt nach relativ kurzer Verweildauer aufgibt, mag persönliche Gründe haben. Was er aber als nächsten Karriereschritt unternimmt, damit betritt er eindeutig Neuland. Er wird nämlich Stellvertreter seiner vormaligen Stellvertreterin.

Richtig gelesen, Pomper erklimmt die nächste Stufe der Karriereleiter und wird Chefin. Looser hingegen steigt nicht aus dem Karussell aus und sucht sich auch nicht einen anderen Chefposten. Sondern er wechselt einfach zu einem etwas kleineren Schreibtisch, der ihm durchaus vertraut ist.

Nun wird natürlich gemutmasst und gerätselt, ob das überhaupt gehe. Kann ein Chef zum Untergebenen werden, eine Untergebene zu dessen Chefin? Verträgt das das Ego des Ex-Chefs? Kommt damit die Ex-Stellvertreterin klar?

Im Interview mit persönlich.com sagt Looser, dass dieser Wechsel auf seine Initiative hin erfolge; die Zeit sei dafür reif. Im Doppelinterview bestehen beide darauf, dass ein solcher Rollenwechsel funktioniere, wenn das Verhältnis von gegenseitigem Respekt geprägt sei, und der sei hier vorhanden.

Über die wahren Gründe könnte nur spekuliert werden, daher ist es sinnlos. Es ist höchstens vorstellbar, dass der Job, allen Mitarbeitern ihre Lieblingsbeschäftigung zu verbieten, auf die Dauer anstrengend werden kann. Denn die Lieblingsbeschäftigung des modernen Journalisten besteht bekanntlich darin, zu allem und jedem seinen Senf zu geben. Zu kommentiere, zu räsonieren, zu warnen, aufzufordern, zu verurteilen und zu loben.

All das gibt es bei «20 Minuten» nicht. Das wichtigste Körperteil jedes Journalisten, sein Ego, muss hier hinter der Sache, nämlich der Newsvermittlung, zurückstehen. Das verträgt natürlich nicht jeder. Und immer der Mister No zu sein, das kann natürlich ermüden.

Oder aber, es ist tatsächlich eine originelle Methode der Frauenförderung. Schon alleine die Tatsache, dass nun diverse Chefredaktoren zusammenzucken, die sich als feministisches Feigenblatt eine Stellvertreterin halten, ist natürlich den Spass wert.

Von den Oberchefredaktoren Rutishauser, Müller und Dorer abwärts könnte man nun doch den Lippenbekenntnissen für eine Frauenförderung Taten folgen lassen. Die Männer treten ins Glied zurück (Pardon), Stellvertreterinnen übernehmen.

ZACKBUM findet: wer ein reines Frauenticket für den Bundesrat als obligatorisch erklärt, muss diese wohlfeile Forderung durch ein knallhartes Ultimatum in eigener Sache ergänzen.

Vorläufig zieht ZACKBUM den Hut vor Looser; er gewinnt auf jeden Fall den ersten Preis im Wettbewerb  «wer macht den originellsten Karriereschritt?». Wie nachhaltig diese Aktion ist, man wird’s erleben.

Keine Medien, keine Kritik

Die «Medienwoche» gibt auf.

Medienkritik ist nötiger denn je. Unabhängige Medienkritik ist nur ausserhalb der Eingeweide der grossen Platzhirsche möglich. Wer bei Tamedia im Brot steht, ist im Verdacht des Konzernjournalismus, wenn er CH Media kritisiert. Nur indolente Lohnschreiber wie Philipp Loser bellen im Auftrag ihres Herrn Konkurrenzprodukte an.

Die NZZ trennte sich zuerst von ihrem langjährigen Medienbeobachter, dann stellte sie die Medienseite ein. Ringier kennt das gar nicht, bei CH Media und Tamedia kommt es auch nur alle Schaltjahre mal vor.

Dann gibt’s noch (dem Vernehmen nach, wir haben aufs Gratis-Abo verzichtet) den «Schweizer Journalist» (oder wie immer der sich inzwischen schreiben mag). Zum Skelett niedergespart, uninteressant, Listicals und Übernahmen aus Schwesterblättern ist der dünne Inhalt.

Persönlich.com pflegt den pfleglichen Umgang mit eigentlich allen und ist der Weichspüler unter den Branchenorganen. «Edito» ist inzwischen der Schatten eines Schattens seiner selbst. Und dann gab es noch die «Medienwoche».

Der Niedergang des «Schweizer Journalist» – und der «Medienwoche» – spielte eine entscheidende Rolle bei der Gründung von ZACKBUM. Wo konnte man noch kritische, auch angriffige, kein Rücksichten nehmende Medienkritik betreiben? Eben.

Schon länger röchelte die «Medienwoche» aus den letzten Löchern. Bubble-Journalismus, Anfänger-Gefäss; wenn der Tiefflieger Marco Kovic regelmässig zu Wort kommt, weiss man, dass da ein Medium steil auf dem Weg nach unten ist.

Auch Nick Lüthi liess immer mehr raushängen, dass auch er, einer der profundesten Medienkenner der Schweiz, nicht mehr wirklich etwas reissen will. Wahrscheinlich wusste er schon länger, dass sein Herausgeber und Besitzer nicht mehr gewillt ist, sich dieses Hobby zu leisten.

Wie sülzt Thomas Paszti zum Abschied: «Die Quersubventionierung von Journalismus aus dem Rubrikengeschäft, im Fall der MEDIENWOCHE aus dem Ertrag der Stellenanzeigen auf medienjobs.ch und ictjobs.ch, hat in der heutigen Medienwelt mehr mit Idealismus und dem Glauben an unabhängigen Journalismus zu tun, als mit der gängigen verlegerischen Praxis.»

Somit ist Paszti weniger idealistisch geworden und in seinem Glauben an unabhängigen Journalismus erschüttert. Lüthi hingegen sah sich wohl mehr als Schreiber, wo die Kohle für ihn und seine Mitarbeiter herkommt, das interessierte ihn herzlich wenig.

Geradezu Slapstick ist, dass der Abschiedstext des Besitzers damit untermalt wird:

Summa summarum: da bleibt nur noch eine einzige, wirklich unabhängige und mit Energie, Spass und Nachdruck betriebene medienkritische Plattform übrig.

Wir pflegen hier kurze Amtswege, also kann ZACKBUM frohgemut verkünden: Der Besitzer ist sich mit dem Herausgeber, dem Verleger, dem Chefredaktor und dem Redaktor einig, dass es ZACKBUM weiterhin geben wird. Ohne Quersubventionierung, werbefrei und in Fronarbeit hergestellt, sowie gratis angeboten.

Niemals war ZACKBUM so wichtig wie heute. Und alle die, die kein Gönnerabo bei der «Medienwoche» abschliessen wollen, denen sei hier ein dezenter Hinweis unverbindlich unterbreitet:

Wumms: Raphaela Birrer

Tagi verabschiedet sich von der Qualitätskontrolle.

Keine zu klein, Meinungsträger zu sein. Eingepfercht in seiner Verrichtungsbox, bei Tamedia zudem noch von lüsternen, sexistischen und demotivierenden Männern umzingelt, winkt die einzige kleine Freiheit im Kommentar.

Die «ausgebildete Lehrerin» auf Primarschulstufe Raphaela Birrer ist im Rahmen der Quotenfrauregelung in die Chefredaktion von Tamedia gespült worden. Sie wurde schon mehrfach mit Kommentaren verhaltensauffällig. Sie hat sich diesen oberlehrerhaften Ton bewahrt, mit dem der Diktator im Klassenzimmer aufmüpfige Kleine niedermacht. Allerdings wendet sie ihn beim falschen Objekt an.

Unsere Landesregierung konnte aufatmen, als Birrer gnädig konzedierte: «Der Entscheid des Bundesrats ist richtig – und schlicht alternativlos. Wir müssen uns in diesem Krieg entschieden auf die Seite des Rechts, der Freiheit und der Demokratie stellen.»

Wir wagen uns nicht auszudenken, wie Birrer reagiert hätte, wenn der Bundesrat nicht in ihrem Sinne entschieden hätte. Das hätte vielleicht Strafaufgaben abgesetzt.

Aktuell muss Birrer der SP den Tarif durchgeben. Da wagt es doch tatsächlich ein Pimmelträger, seinen Hut in die Arena zu werfen und für den Bundesrat zu kandidieren. Aber nicht mit Birrer: «Das Theater ist unerträglich», donnert sie schon im Titel. Um klarzustellen: «In der SP entbrennt ein Streit um die Gleichstellung im Bundesrat. Dabei hat die Partei keine andere Wahl, als Frauen zu nominieren.»

Keine Wahlfreiheit für die SP, eine interessante Forderung vom Spielfeldrand. Wieso denn das? Die Kandidatur von Jositsch zeige: «Selbstverständlich ist das numerisch gleichberechtigte Mitregieren der Frauen in der Schweiz offensichtlich noch nicht

Das begründet Birrer mit einem hoffentlich selbst gegoogelten Ausflug in die Geschichte: «Die Schweiz hatte bisher 121 Bundesratsmitglieder. Neun davon waren Frauen. Neun! Die SP stellte 14 Bundesräte. Drei waren Frauen

Das ist so brunzblöd, dass man versucht ist, den alten Kalauer aufzuwärmen, dass es deswegen doch auch Mitglieder heisse. Die absurde Forderung, eine geschlechtlich ausgewogene Mischung in Entscheidungsgremien herzustellen, zudem mit Verweis auf die Geschichte, ist schädlich und kontraproduktiv. Sie verhalf zwar Birrer zu einem Karrieresprung, mit ihren Kommentaren zeigt sie aber, dass sie oberhalb ihrer Gehaltsklasse angekommen ist.

Denn die Meinung eines Mitglieds (Pardon) der Chefredaktion des grössten Medienkonzerns der Schweiz sollte schon Hand und Fuss und Logik haben. Eine numerisch gleichwertige Vertretung aller gesellschaftlichen Schichten, sexuellen Orientierungen, Hautfarben und auch der beiden offiziellen Geschlechter ist schlichtweg sinnlos und unmöglich.

Die Forderung nach einer ausgewogenen Vertretung von Männlein und Weiblein schliesst die Diversen, die Queeren, die Schwulen aus. Und das wären nur einmal sexuelle Orientierungen. Wie steht es mit Dunkelhäutigen, Menschen mit Migrationshintergrund, Behinderten, Brillen- oder Bauchträgern? Und warum keine repräsentative Vertretung von Berufen; Bauern, Angestellte, wieso auch nicht Lehrer?

Hören wir nochmal O-Ton Birrer: «Aber der Zeitdruck ist nach Sommarugas überraschendem Rücktritt gross – da hätte der Umweg über männliche Pseudokandidaturen unnötig Ressourcen absorbiert. Denn diese Partei kann sich angesichts ihres Profils nicht erlauben, es ausgerechnet beim höchsten politischen Amt mit der Gleichstellung nicht so genau zu nehmen.»

Männliche Pseudokandidaten? Wir wagen uns für einen Moment vorzustellen, was in Birrer vorgehen würde, wagte ein zudem männlicher Kommentator von weiblichen Pseudokandidaturen zu faseln. Diesen verbalen Blutrausch möchten wir nicht erleben.

Also sagen wir mal so: Birrer selbst ist das beste Beispiel dafür, dass Karriere dank Geschlecht eine tragische Fehlentwicklung ist, die dringend korrigiert werden muss. Denn Tamedia hat’s ja auch sonst nicht leicht.

Sumpfgebiete

Es gibt Abgründe. Und dann gibt es «watson».

Mal wieder ein Beitrag für Leser mit einem starken Magen. Eigentlich wollten wir diese hässliche Karikatur von allem, was Journalismus sein könnte, hinkünftig mit Missachtung strafen. Aber «watson» ist sogar stärker als die besten Vorsätze.

Schuld daran ist der hier. Oder das hier:

Ben sei single, behauptet «watson», Mitte 30 und lebe in einer WG. Das ist natürlich alles erfunden, aber es nimmt schon Wunder, welche kranke Fantasie sich die Texte für seine Kolumne ausdenkt. Wir halten uns kurz die Nase zu, unterdrücken tapfer jeden Brechreiz und zitieren:

«Es gibt drei Arten von Frauen, die mir suspekt sind. Erstens: Frauen, die Blowjobs nicht mögen. Einfach so per se nicht. Oder die miserabel darin sind.»

Okay, wir leisten uns ein Bäuerchen und einen Schnaps. Denn Ben kann den Arschloch-Faktor noch steigern:

«Es war das erste Mal, dass sie seit der Scheidung Sex hatte. Und für mich war es das erste Mal, dass ich mit einer Frau Sex hatte, die sich gerade hat scheiden lassen. Der Sex war denn auch so, wie er mit einer Person ist, der eigentlich egal ist, mit wem sie gerade Sex hat. Sie ritt mich, als wäre ich gar nicht wirklich anwesend.»

Nein, das kann man nicht erfinden, nur zitieren. Unter Missachtung alles Hygienevorschriften kommt nun noch der grausliche Schluss:

«Sie hat mir am nächsten Tag geschrieben, ob wir uns wiedersehen wollen. Wir könnten auch den Drink-Part weglassen und uns einfach treffen. «Für ein bisschen Spass …» Ich antwortete, ich würde wohl etwas anderes suchen. Sie schrieb: «Okay».»

Das ist erschreckend und erschütternd. Aus einer Vielzahl von Gründen. Zunächst einmal: welches kranke Hirn denkt sich das aus? Dann: welche kranke Redaktion publiziert das? Aber es kommt noch schlimmer. Dieser Schrott hat doch tatsächlich 292 Kommentare ausgelöst.

Darunter solche Highlights: «Du schreibst gut. Direkt und kurzgefasst. So empfinde ich viele Männer und es gefällt mir. So unkompliziert.»

ZACKBUM schliesst den Deckel über diesem Abfallhaufen und schwört aufs Neue, dass es ihn nun aber drauflässt. Eine dringende Bitte an den Wanner-Clan: Das ist doch rufschädigend, sowas. Damit noch Geld verlochen, das ist doch pervers. Oder etwa nicht?

Wumms: Daniel Jositsch

Mann, o Mann. Da will einer Bundesrat werden.

SP-Ständerat Daniel Jositsch hat eigentlich alles getan, um Bundesrat zu werden. Er hat immer vorsichtig bis rechtsaussen in der SP politisiert. Er hat sogar einige Kilo abgespeckt, tritt immer staatstragend und im Anzug auf.

Nun ist Jositsch 57 Jahre alt; sollte Alain Berset, der ausser Politik ja auch nix kann, noch ein paar Jährchen bleiben und für den vakanten Sitz jemand Jüngerer gewählt werden, dann ist’s vorbei mit der Aspiration.

Also ergreift Jositsch mutig seine letzte Chance, auf den Bundesratssitz zu klettern. Dabei gibt es aber nur ein klitzekleines Problem, das die NZZ in ungewohnter Häme auf den Punkt bringt:

««Desperate Dani», wie er in Bundesbern inzwischen genannt wird, hat aber zum falschen Zeitpunkt das falsche Geschlecht.»

Denn leider, leider hat sich seine Parteileitung auf ein reines Frauenticket fixiert. Qualifikation, Erfahrung, der geeignetste Kandidat? Nein, so geht das heute in einer woken Partei nicht mehr. Vor allem, da sie mit diesem Kurs ständig Wähler verliert. Sollte sie bei den nächsten Parlamentswahlen von der FDP überholt werden, dann wackelt der zweite Sitz.

Also soll es eine Frau als Nachfolgerin für Sommaruga richten. Das finden nicht mal alle SP-Parteifrauen toll. «Ich finde die Fixierung auf ein reines Frauenticket demokratisch und strategisch ungeschickt», verrät Nationalrätin Franziska Roth der «SonntagsZeitung».

Andere halten eine Kandidatur von Jositsch für völlig aussichtslos, sogar das Wort von einem Kamikaze-Unternehmen macht die Runde.

Dabei gäbe es doch eigentlich eine elegante Lösung für dieses Problem. Einfach, praktisch, schnell gemacht. Es genügt ein Gang aufs Zivilstandsamt, dort ein kurzes, vertrauliches Gespräch, ein paar Unterschriften, und schon wird ein neuer Pass ausgestellt. Darin steht dann: Daniela Jositsch, Geschlecht: weiblich.

Kühn wäre hingegen der Versuch, dem abtretenden Ueli Maurer zu zeigen, wo Bartli den Most holt. Der hatte gescherzt, dass es ihm egal sei, ob er einen weiblichen oder einen männlichen Nachfolger habe. «Solange es nur kein Es ist

Damit könnte Jositsch nun wirklich ein Zeichen setzen, im Sinne eines echten Schweizer Kompromisses nicht als Pimmelträger gegen zwei Nicht-Pimmelträgerinnen antreten. Sondern als sozusagen überparteiliches, über solchen diskriminierenden Unterteilungen schwebendes Es.

Leider gibt es keine Volkswahl des Bundesrats; unsere Stimme hätte das Jositsch auf sicher.

Schliesslich hat er/sie/es völlig recht: «Ich lasse es mir nicht gefallen, dass man mich nicht einmal zur Kandidatur zulässt.» Das sind wahrlich Zustände wie vor der Einführung des Frauenstimmrechts. Nur umgekehrt.