Wer hat’s erfunden?

Roger Schawinski bekommt Journalistenpreis. Schon wieder.

Es begab sich zu Weihnachten 2020, dass ZACKBUM die alternativen Schweizer Journalistenpreise verlieh. And the winner is: natürlich Roger Schawinski als Journalist des Jahres. Aus unserer Kurzlaudatio:

Roger Schawinski (Radio 1)

Schawinski trägt persönlich enorme Verluste wegen fehlenden Werbeeinnahmen, hat aber niemandem gekündigt. Hat sein Angebot sogar während der Krise ausgebaut. Und er ist als Moderator wegen Corona zu neuen Höchstleistungen aufgestiegen, mit seinem Talkradio. Zudem ist sein Doppelpunkt nach wie vor das Mass aller Interviews.

Allerdings wurde Roger Schawinski vom Schweizer Journalisten noch nie in dieser Funktion ausgezeichnet. Erstaunlich…

Auch sonst hielt es niemand für nötig, dem wohl bedeutendsten Medienmacher der Schweiz jemals einen Preis zu verleihen. Dafür ist er zu erfolgreich, zu eigenwillig, zu dominant. Ein Marathonläufer halt, der auch mit 77 noch wacher und jünger im Kopf ist als ganze Redaktionscrews.

Aber immerhin, nach jahrelangem, um nicht zu sagen jahrzehntelangem Ignorieren hat die Jury des Zürcher Journalistenpreises die Auszeichnung an Schawinski verliehen. Für sein Lebenswerk. Wobei ZACKBUM für einmal stolz sagen kann: Wer hat’s erfunden? Wir. Und wir haben nicht fürs Lebenswerk gelobt und gepriesen. Sondern für konkrete Taten in diesem Jahr.

Das Lebenswerk ist natürlich beeindruckend. «Die Tat», «Kassensturz», «Radio 24», «Tele Züri», «Tele 24», Leitung Sat 1 Deutschland, Talkshow «Schawinski», nachdem ihm das SRF den Stecker zog, nun bei Blue. Der «Doppelpunkt», legendär. Sein Talk Radio während Corona und nun zum Ukrainekrieg. Nicht zu vergessen sein erfolgreicher Ein-Mann-Aufstand gegen das Abschalten der UKW-Ausstrahlungen.

Der Mann ist so gross, dass selbst alle Neider und Kleinmacher nicht mehr umhin konnten, ihn auszuzeichnen. Ihr langes Zögern erklärt sich wohl damit, dass sie hofften, dass sie das Lebenswerk dann ehren können, wenn es vollendet ist – also wenn Schawi in die Pension abgezwitschert wäre. Aber den Gefallen tut er ihnen nicht. Obwohl ein Lob des Lebenswerks immer die Einleitung für einen Nachruf ist …

Ein wenig altersweise ist er geworden, aber nicht altersmüde. Auch wenn er im persoenlich.com-Interview gesteht: «Nach jeder längeren Sendung sehne ich mich heute nach einem Power Nap, einer Siesta. Früher war dies nicht nötig.»

Dann hoffen wir auf noch viele Siestas. Denn davor macht er immer irgendwas, das man sich ansehen oder anhören sollte. Wo Schawinski ist, da ist Leben im Äther. Das ist so wichtig wie nie, denn es ist so viel Narkosemittel im Äther.

Kritik musste er mehr als genug einstecken, nun ist er etwas erstaunt: «Belobigungen gab es eher wenige von Branchenkollegen und Konkurrenten. An die muss ich mich erst noch gewöhnen.»

Doch, ZACKBUM mochte und mag ihn schon sehr, bei allen Differenzen gibt es so etwas wie vertraute Nähe.

Lob mag er nach wie vor sehr; auf Kritik reagiert er nach wie vor eher ungnädig. Aber das sei ihm nachgesehen. Denn er ist etwas, was fast ausgestorben ist. Ein Radio Man. Mit Herzblut, Engagement, Kreativität. Er ruht sich nicht auf seinen Lorbeeren aus, obwohl er mit ihnen ein bequemes Lotterbett füllen könnte. Er macht jede Sendung, als wäre sie seine erste und seine letzte. Vielleicht ist er manchmal masslos, übermässig, a Man in Full halt. Aber das ist hundertmal besser als Mittelmass und Mainstream. Eigentlich hätte jemand vom Format eines Tom Wolfe seine Biographie schreiben sollen.

Natürlich ist ZACKBUM nicht ganz unparteiisch in dieser Sache. Na und?

Abrazo. Y adelante, compañero. Hasta la victoria siempre.

5 Kommentare
  1. Guido Kirschke
    Guido Kirschke sagte:

    Schawinski ist eine der lautesten Coronakreischen im Lande. Für mich hat er sich durch seinen «Haltungsjournalismus» überflüssig gemacht. Er ist auf meiner Ignore-Liste genau so wie SRF, Blick, Tagi und NZZ. Natürlich schmerzt ihn dies Tatsache ungemein, aber es ist wie es ist 😉

    Antworten
  2. Beth Sager
    Beth Sager sagte:

    Zufrieden (aber auch nachdenklich) stellt Roschee Schawinski im Tagesanzeiger fest, dass er zur glücklichsten Generation in der Menschheitsgeschichte gehöre. Jene Nachkriegs-Generation in Westeuropa, die nie einen grossen Krieg, nie eine Hungersnot, nie eine Hyperinflation oder eine Diktatur erlebt hat. Mit Wehmut bedauert er mit Blick zum Ukraine-Konflikt, dass dies nun alles infrage gestellt ist.

    Seine journalistische Haltung verdient grossen Respekt mit seiner Äusserung: «Mir ist eine Publikation, die den Fakten nachzugehen versucht, tausendmal lieber als ein Medium à la «Weltwoche», das aus Prinzip immer das Gegenteil von allen anderen verkündet. Sich aus dieser Haltung heraus sogar mit einem Diktator wie Putin gemein zu machen – das ist für mich brandgefährlich und verantwortungslos».

    Antworten
    • Oskar
      Oskar sagte:

      Die «Journalistische Haltung» interessiert mich überhaupt nicht. Ich will Berichterstattung über was ist und nicht was sein soll. Ich brauche kein betreutes Denken. Leider ist das heute die Norm.

      Antworten
      • Beth Sager
        Beth Sager sagte:

        «Ich brauche kein betreutes Denken». Grosse Worte. Auch im Unterbewusstsein wird ihre Art des Denkens von vielerlei Impulsen geprägt.

        Tagtäglich.

        Antworten
    • Klaus Traub
      Klaus Traub sagte:

      Erlauben Sie die Bemerkung, dass «nie einen grossen Krieg» «nie eine Hungersnot» «nie eine Diktatur» in der betreffeden Zeitspanne immer ganz schön weit weg waren. Kleine, mitnichten vollständige noch chronologisch exakte Eselsbrücken: Korea, Biafra, Vietnam, Argentinien, Brasilien, Chile, Griechenland, Kambodscha, Iran/Iraq, Rwanda, Afghanistan, Iraq v2.0

      Antworten

Dein Kommentar

An Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns Deinen Kommentar!

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert