Schlagwortarchiv für: Roger Schawinski

Im weiten Streubereich der Wahrheit

Gut, dass der alte Löwe Lebrument das nicht mehr wirklich mitbekommt.

Denn seine Sprösslinge haben, gelinde gesagt, nicht ganz seine Fähigkeiten geerbt. Aber den Somedia-Konzern, und das tut ihm nicht gut. Da wird Tochter Lebrument zur objektiven und unabhängigen Ombudsfrau für Leserbeschwerden ernannt, eine echte Lachnummer.

Dann ist der Lebrument-Clan schon seit einiger Zeit im Clinch mit dem Radiopionier Roger Schawinski. Der muntere 79-Jährige will’s nochmal wissen und hatte sich erfolgreich um die Radiokonzession von Somedia beworben. Der Clan meinte offensichtlich, nach 33 Jahren so eine Art Gewohnheitsrecht zu haben und formulierte sein Neugesuch entsprechend schlampig. Und schwups, schon schnappte ihnen Schawinski die Konzession weg.

Eigentlich möchte er auch den Namen haben, denn Somedia hat seiner Auffassung nach «Radio Grischa» seit mehr als fünf Jahren nicht mehr benützt, womit der Markenschutz erloschen wäre. Darüber balgt man sich inzwischen vor Gericht.

Nach erster Schockstarre versuchten es die Lebruments mit einer Petition «Radio Südostschweiz, ds Radio vu do bliibt do». Damit sollten Ressentiments gegen den Zürcher Radiomacher geschürt werden. Der konterte allerdings kühl, dass die Familie Schawinski ihre Wurzeln in Chur viel weiter in die Vergangenheit zurückverfolgen könne als die Lebruments. So von wegen frömder Fötzel.

Auch mit Ingrimm erfüllt die Lebruments, dass Schawinski die ehemaligen Studioräumlichkeiten von Radio Grischa, dummerweise in Radio Südostschweiz umbenannt, angemietet hat.

Aber damit nicht genug. Nun hat Schawinski seinerseits eine Petition gestartet. Neckischer Titel: «Bündner Zeitung und Bündner Tagblatt vu do bliben do». Hintergrund: offenbar mangels eigenen Fähigkeiten haben die Lebruments bereits die Gesamtleitung des Unternehmens an Joachim Braun übergeben. Wie der Vorname vermuten lässt: Braun kommt von der Zeitungsgruppe Ostfriesland nach Chur. Das ist der nördlichste Zipfel Deutschlands, bekannt nicht zuletzt für seine Ostfriesenwitze.

Kein Witz ist, dass die zukünftige Chefredaktorin von Somedia Nikola Nording dafür ihre Tätigkeit als Leiterin einer Lokalredaktion aufgibt. Genauer der Lokalredaktion der «Ostfriesen Zeitung». Nichts gegen deutsche Einwanderer und Fachkräfte, aber wer so mit Steinen schmeisst, sollte nicht im Glashaus sitzen.

In solchen Fällen läuft Silvio Lebrument, der Geschäftsführer Medien bei Somedia, zu besonderer Form auf. Allerdings nicht unbedingt zum Besten seines Unternehmens. Denn ihm fällt nichts Besseres ein, als zu behaupten, dass sein Verlagshaus auf «eine über 300-jährige Tradition in der Region zurückblicken» könne und sich zu hundert Prozent in einheimischen Besitz befinde.

Man muss sehr nachsichtig sein, wenn man das noch als im Streubereich der Wahrheit sehen will. Denn Hanspeter Lebrument wurde nicht etwa in Chur, sondern in St. Gallen geboren. Er amtierte seit 1982 als Direktor der Gebrüder Gasser, die die damalige «Bündner Zeitung» herausgaben. Erst 2000 gelang es Lebrument nach ziemlichen Misstönen und Prozessen um ein Testament, die Gasser AG vollständig zu übernehmen, die er dann zur Somedia AG umbaute und erweiterte.

Von einer über 300-jährigen Tradition des Verlagshauses Lebrument kann also keine Rede sein. Die Somedia AG befindet sich tatsächlich (noch) zu 100 Prozent im Besitz der Lebruments, ob man das allerdings als einheimisch bezeichnen will, ist Geschmacksache.

Als Tamedia-Konzernjournalist Philipp Loser im März 2018 einen bösartigen Verriss über den «Alten vom Berg» schrieb und behauptete, es kreisten bereits die Geier als Vorboten eines möglichen Bankrotts über dem Verlag, musste der Tagi auf Geheiss des obersten Bosses Pietro Supino das Schmierenstück zurückziehen, der Autor musste zu Kreuze kriechen und sich bei Lebrument Senior entschuldigen.

Wenn man das aktuelle Wirken der zweiten Generation Lebrument (und nicht etwa der zehnten, von wegen 300 Jahre) betrachtet, muss man sich allerdings doch Sorgen um die Zukunft von Somedia machen. Obwohl es normalerweise die dritte Generation ist, die ein vom Grossvater aufgebautes Unternehmen gegen die Wand fährt.

Sag niemals nie

Auch das Fallbeil vom Leutschenbach kümmert sich nicht um ihr Geschwätz von gestern.

Die Nervosität vor der Halbierungsinitiative steigt. Einerseits fällt SRF durch Fehlleistungen, einseitige Berichterstattung und richtige Kracher ins Aus auf – wie beim hochgezwirbelten Fall eines angeblichen Übergriffs eines Schaffhauser Anwalts.

Andererseits ist der Moloch so ausgewachsen, dass pro journalistisch tätigen Mitarbeiter zwei Sesselfurzer beschäftigt werden. Und dritterseits hat es SRF bislang geschafft, sich jede nationale Privat-TV-Konkurrenz vom Leib zu halten. Selbst Roger Schawinski scheiterte mit seinem «Tele 24».

Nun hat es SRF bislang geschafft, jede Ankündigung von Sparmassnahmen oder Stellenreduktion Lügen zu strafen. Die neuste lautet, dass 75 Vollzeitstellen gestrichen werden. Damit dürften schätzungsweise 10 Millionen Franken eingespart werden.

Allerdings sucht SRF gleichzeitig Dutzende von neuen Mitarbeitern für die Ausrichtung des ESC in Basel. Aber gut, wieso widerspruchsfrei bleiben.

Damit auch der Zuschauer merkt, dass hier gespart wird, bis es quietscht, werden Informationssendungen zusammengestrichen. «Tagesschau» am Mittag und um 18 Uhr: neu «Newsflashs», verfilmtes Radio. Aber natürlich bleibe die Information ein Kernbereich von SRF, widerspricht sich Nathalie Wappler selbst.

Dann wird die Sommerpause ausgeweitet. Auch der «Club» macht neu Pause, nachdem er von Moderatorin Barbara Lüthi ins Zuschauerelend moderiert wurde. Zuschauerdurchschnitt 2020 125’000. 2021 noch 101’000. 2022 klägliche 87’000. Ein Schwund von fast einem Drittel. Das führt nur beim Schweizer Farbfernsehen (oder beim «Blick») nicht zu dramatischen Konsequenzen. Kontroverse Themen werden so behandelt, dass zu kantige Kritiker gar nicht erst eingeladen werden, könnte zu viel Stress für die schnell hektisch werdende Lüthi geben. Aber als Partnerin des Chefs ist sie halt unkaputtbar, wie ZACKBUM enthüllte.

Im Sinne von straffen und schrumpfen hat Wappler auch eine interessante Entscheidung bekannt gegeben: die getrennten Chefredaktionen von Video und audio/Digital werden zusammengelegt. Das ist insofern interessant, als Wappler noch vor fünf Jahren tönte, unter ihr als Direktorin «werde es immer zwei getrennte Chefredaktionen für Radio und Fernsehen geben», wie sie persoenlich.com genüsslich zitiert. Und Nick Lüthi fragte nach, ob Wappler daher als Chefredaktorin zurücktreten werde. Das sei nicht der Fall, knirschte die Medienstelle.

Obwohl sich die SRG eines jährlichen Zustupfes von über einer Milliarde Zwangsgebühren erfreut, dazu noch selbst Werbung generiert, quasi eine nationale Monopolstellung besitzt, ist das Gelieferte oft so amateurhaft und uninteressant, dass auch hier gespart werden muss.

Man könnte sich nun bemühen, mit den üppig vorhandenen Moneten schlichtweg ein interessanteres Fernsehen zu machen. Zum Beispiel Diskussion- und Talksendungen, bei denen der Zuschauer nicht regelmässig wegschnarcht. Wer aber auf Gredig statt Schawinski setzt, eine Lüthi fuhrwerken lässt, keine anständige Late Night Show hinkriegt, eine gelinde gesagt befremdliche Auswahl bei Newsthemen pflegt, in unglaublich aufwendigen Reportagestücken äussert fragwürdigen Thesenjournalismus betreibt und rechthaberisch verteidigt, der muss sich halt über Zuschauerschwund nicht wundern.

Auch hier gilt das Gleiche wie bei Tamedia und CH Media: wenn angeblich die gleiche Qualität und das gleiche Angebot, nur besser, mit viel weniger Mitarbeitern möglich sein soll, dann waren die ja völlig überflüssig vorher. Im Gegenteil, sie standen einer Qualitätssteigerung im Weg.

Also kann man aufatmend feststellen, dass der mündige Staatsbürger zukünftig noch besser, noch nachhaltiger, noch qualitativ hochstehender informiert werden wird. Das garantieren Nathalie Wappler und Simon Bärtschi und Steffi Bucheli. Ehrenwort.

Glatt gelogen

Unsere Qualitätsmedien. Faktencheck vor Publikation? Kä Luscht.

Am Anfang ist wie meist eine Ticker-Meldung der SDA. Gäbe es diese News-Quelle nicht, Schweizer Qualitätszeitungen wären noch dünner, als sie es ohnehin schon sind.

Und SDA vermeldete:

«Die Marke «Radio Grischa» bleibt in den Händen von Somedia
Das Handelsgericht Zürich lässt die Anträge von Roger Schawinski und Stefan Bühler, Initianten von Radio Alpin, abblitzen.»

Das übernimmt die «Südostschweiz», die am Samstag zusammen mit der «Schweiz am Wochenende» von CH Media erscheint und damit die grösste Wochenendzeitung ist, eins zu eins. Redaktionelle Leistung: nullkommanull. Quelle der Meldung: «Laut der Mitteilung von Somedia». Nun könnte es ja vielleicht sein, dass Somedia als Streitgegner von Roger Schawinski nicht ganz objektiv in der Darstellung ist. Möglicherweise.

Also würde doch eine Qualitätszeitung vielleicht zum Telefonhörer greifen und sich bei der Gegenpartei erkundigen, ob diese Mitteilung vollumfänglich der Wahrheit entspricht. Aber wahrscheinlich sind bei der letzten Sparrunde bei CH Media (oder bei Tamedia) auch die Telefone so wie die Papierkörbe entsorgt worden. Lenkt nur ab, macht Umstände, kostet extra, verschwendet unnötig Arbeitszeit des Redaktors in seiner Verrichtungsbox im Newsroom.

Also übernimmt es auch der «Blick»:

Kleines Problem dabei: das ist falsch. Denn es ist – wie meist im Leben – ein wenig komplizierter. Aber da wäre eben die Fähigkeit gefragt, etwas Komplizierteres zu verstehen und für den Leser vereinfacht, aber dadurch weiterhin richtig, herunterzubrechen.

Das wiederum würde voraussetzen, dass der moderne Journalist dazu in der Lage ist und die nötige Zeit dafür hätte. An beidem mangelt’s, aber genau dafür würde der Konsument sicher etwas bezahlen. Für solchen Unsinn hingegen nicht.

Also hat die SDA eine Neufassung der Meldung herausgegeben, diesmal erweitert um eine Stellungnahme von Schawinski, womit die Deutungshoheit nicht mehr bei der einen Partei Somedia liegt.

Zunächst die Triumphmeldung von Somedia laut SDA: ««Die Initianten von Radio Alpin, Schawinski und Stefan Bühler, hatten vergeblich versucht, das Handelsgericht Zürich dazu zu bringen, Somedia die Nutzung der Marke «Radio Grischa» zu untersagen», teilte Somedia am Freitag mit. Das Gericht habe aber sämtliche Anträge zurückgewiesen

Dagegen halten die beiden Radiopiraten fest:

«Es stimme nicht, dass der Markenrechtsstreit um Radio Grischa zugunsten der Somedia entschieden worden sei, widersprachen Schawinski und Bühler gleichentags in einer Stellungnahme. Vor dem Handelsgericht Zürich sei es allein um die Verwendung des Firmennamens Radio Grischa AG gegangen und den könne Somedia nun weiterhin verwenden.
«Über die Nutzung der Marke Radio Grischa befindet hingegen das Eidgenössische Institut für Geistiges Eigentum (IGE) und nicht das Handelsgericht. Das Verfahren vor dem IGE sei weiterhin hängig, schrieben Schawinski und Bühler.
«Wir haben unsere Firma unter dem Namen Radio Alpin Grischa AG vor einiger Zeit gegründet und im Handelsregister eintragen lassen. An der Marke Radio Grischa für unseren Sender halten wir fest», betonen die Radiomacher.»

Die «Südostschweiz» hingegen, das Graubündner Monopolblatt des Familienclans der Lebruments, ergänzte die SDA-Meldung durch weitere objektive Informationen: «Das Handelsgericht weist darauf hin, dass selbst Schawinski zugegeben hatte, dass «Radio Grischa» in der Bevölkerung noch «äusserst beliebt» sei.» Und fährt fort:

«Das Gericht kritisiert ausserdem das Verhalten der Initianten von Radio Alpin. «Entsprechend fragt sich vielmehr, ob es nicht Schawinski und Bühler sind, welche mit ihrem Geschäftsgebaren in die schutzwürdige Marktposition der Gesuchsgegnerinnen (Somedia) eingreifen beziehungsweise sich gar wettbewerbswidrig verhalten.» Schawinski und Bühler müssen nun die Gerichtskosten tragen und Somedia für das Verfahren entschädigen. Somedia begrüsst das Urteil und sieht sich in ihrer Strategie für die Marke «Radio Grischa» bestätigt, wie es in der Mitteilung weiter heisst.»

Also Somedia zitiert sich selbst ausführlich und lässt die Gegenpartei nicht nur mit keinem Wort vorkommen, sondern auch möglichst schlecht aussehen.

Analyse, Einordnung, Hintergründe. Aber nicht doch. Dabei wäre es gar nicht so schwierig.

Zum grossen Ingrimm der Lebruments hat sich Schawinski die Sendekonzession von ihnen geschnappt, womit dem Clan Millionensubventionen verloren gehen. Dagegen gehen sie mit allen rechtlichen Mitteln vor. Und versuchen zudem, mit Lobbyarbeit und allen Schikanen, den Entscheid rückgängig zu machen.

Als Nebenschauplatz ergab sich, dass Schawinski herausfand, dass Somedia den Namen «Radio Grischa» seit mehr als fünf Jahren nicht mehr verwendet. Also mietete er nicht nur die ehemaligen Senderäume von «Radio Grischa» in Chur, sondern beansprucht auch den Namen. Das tut man beim IGE, bei Institut für geistiges Eigentum. Dort versuchen die Lebruments, mit allen Mitteln diese Entscheidung so lang wie möglich herauszuzögern.

Daneben haben sie auf einem alten AG-Mantel die «Radio Grischa AG» aus der Taufe gehoben, während auch Schawinski eine «Radio Alpin Grischa AG» betreibt. Und gegen diese neue AG der Lebruments reichte Schawinski beim Handelsgericht Zürich Klage ein. Die abgeschmettert wurde.

Was bedeutet, dass beide Streitparteien den Namen «Radio Grischa» verwenden dürfen. Das bedeutet aber nicht, dass der Streit ums Markenrecht beendet oder gar zugunsten von Somedia ausgegangen wäre.

Das könnte man in wenigen Worten zusammenfassen und dem Leser darlegen. Wenn man wollte. Wenn man könnte.

«Somedia gewinnt Markenrechtsstreit mit Schawinski um Radio Grischa», diese Schlagzeile hingegen ist eindeutig Fake News. Das ärgert nicht nur Schawinski. Das muss jeden Leser ärgern, der so aufs Glatteis geführt wird, weil die Redaktionen der Qualitätsmedien einfach einen SDA-Ticker übernehmen, die erweiterte Fassung ignorieren (keine Zeit, keine Lust) und  sowieso nicht in der Lage sind, zu beurteilen, was eigentlich ein Markenstreit ist.

Rad ab, Kopf ab

Wieso sagt TX nicht einfach die Wahrheit?

Die Wahrheit über das Siechtum von Tamedia ist eigentlich ganz banal. Sie besteht zunächst einmal aus Zahlen. «Seit Pietro Supino im Jahr 2007 VR-Präsident der TX Group wurde, hat er mit seinem Unternehmen einen operativen Gewinn von genau 3174,7 Millionen Franken gemacht» hat Kurt W. Zimmermann in der «Weltwoche» vorgerechnet.

Allerdings muss damit ein riesiger, geldgieriger Coninx-Clan unterhalten werden. Dafür hat er das Familienmitglied Supino an die Spitze des Konzerns entsandt. Der hat tatsächlich dieses Spitzenresultat erzielt, Chapeau.

Dafür hat er den «Tages-Anzeiger» in eine Holding mit vielen einzelnen Proftcentern aufgesplittet. Zersplittert ist dabei die Urzelle des Konzern, die Publizistik. Sie ist nichts mehr als ein Feigenblatt, mit dem gewedelt wird, wenn mal wieder der meist untaugliche Versuch unternommen wird, noch mehr staatliche Subventionen rauszuleiern.

Denn im Gegensatz zu Migros oder Coop behauptet dann TX, und nicht nur dieser Konzern, dass Journalismus unverzichtbar für die Demokratie sei und als Vierte Gewalt furchtbar wichtige Kontrollaufgaben habe. Allerdings: wenn das wirklich ernstgemeint wäre, hätte der Coninx-Clan ja vielleicht auch so sein kleines Scherflein dazu beitragen können.

Stattdessen hat Supino etwas fatal Cleveres gemacht. Offiziell wird über die rückläufigen Werbeeinnahmen gejammert; im Print, aber auch online. Dabei hat Supino sämtliche Inseratequellen dem Tagi weggenommen. Stellen-Anzeiger, Auto- und Wohnungsmarkt, Verkaufsanzeiger, selbst Tauschbörsen, alles ist ins Internet abgewandert. Aber nicht nur das, diese Einnahmequelle wurde dem Tagi, der sie ja erst jahrzehntelang aufgepäppelt hat, weggenommen und in eigene Profitcenter ausgelagert.

Der Zusammenschluss mit Ringier auf diesen Gebieten hat einen Wertzuwachs in Milliardenhöhe in die Bilanz gespült, der mit einer Sonderdividende gefeiert wurde.

Dem Tagi werden die Räder abgeschraubt, und dann wundert man sich, wieso die Karre nicht mehr so rund läuft. Und verlangt gleichwohl, dass die Abteilung Publizistik die konzernübliche Marge von 8 Prozent Gewinn erreicht. Das geht natürlich nicht, und das wissen auch alle Beteiligten. Sie schwafeln dabei unaufhörlich von Qualitätsjournalismus, während sie in Wirklichkeit die Publizistik zu Tode sparen. Was wortwörtlich zu nehmen ist.

Ein Konzern, der dermassen brutal mit einer seiner Sparten umgeht, zeigt damit ganz klar: Tagi & Co. ist ein Auslaufmodell. Eine Schindmähre auf dem Weg zum Abdecker, und man kann nicht mal mehr Seife aus ihr herstellen. Vielleicht wird «20 Minuten» überleben, zumindest noch ein Weilchen. Aber der Qualitätsjournalismus ohne Qualität und Quantität hat mit dem neusten grossen Rausschmeissen sein Totenglöckchen läuten hören.

Alles andere ist dummes Gedöns, auf primitivsten Niveau von Simon Bärtschi dargeboten, bei dem man sich fragen muss, ob sich der Mann morgens noch im Spiegel anschauen kann, ohne rot zu werden. Die Antwort ist leider ja. Roger Schawinski hat die führenden Figuren vors Mikrofon gebeten. Pietro Supino, Jessica Peppel-Schulz, Simon Bärtschi. Und hat nur windelweiche Absagen kassiert.

Bärtschi war auch hier unschlagbar: er müsse nun auf die Mitarbeiter zugehen und es ihnen erklären, daher keine Zeit. Aber das Problem ist ein anderes. Nicht der Befrager Schawinski, vor dem alle Angst haben. Sondern die Tatsache, dass der «Doppelpunkt» live ist. Das Biden-Problem: man kann sich von Wortschnitzern watteweiche Statements bereitlegen lassen, die man in einem schriftlichen Interview absondert, wie das Peppel-Schulz und Bärtschi in der NZZ taten.

Aber vor dem Mikrofon muss man spontan auf Fragen reagieren können. Bidens Problem war, dass er zunehmend senil ist. Das Problem er Führungscrew von Tamedia ist, dass sie auf die banale Frage, wie denn mehr Qualitätsjournalismus mit ständig weniger Qualitätsjournalisten gehen soll, keine Antwort wissen. Da Schawinski sie nicht mit Wortwolken davonkommen liesse, so vor dem Mikrofon, müssten sie eingestehen: keine Ahnung, natürlich geht das nicht. Aber dazu sind sie zu feige.

Die gleichen Leute, deren Organe jeden interviewen und ihm kritische Fragen stellen wollen, sich bitterlich beschweren, wenn sich jemand dem entzieht. Aber die obersten Verantwortlichen kneifen allesamt. Vorbildlich. Oder: der Fisch stinkt immer vom Kopf.

Gut gebrüllt, alter Löwe

Die NZZ gibt Roger Schawinski die Möglichkeit, die neuerlich angekündigte UKW-Abschaltung in der Luft zu zerreissen.

Wie ZACKBUM bereits feststellte: einen so aufgelegten Ball verwandelt Schawinski im Schlaf. Überhaupt nicht schläfrig wirkt er, wenn er auf knapp 8000 Anschlägen eine dramatische Fehlentscheidung des Gebührensenders SRG zerlegt, zerschneidet, seziert und sorgfältig ein Trümmelargument nach dem anderen ins Reich des Unsinns verweist.

Mit gemessener Ironie und nur Spurenelementen von Sarkasmus fasst er die ärmlichen Argumente der SRG mit spitzen Fingern an, beäugt sie – und wirft sie in hohem Bogen in den Abfalleimer.

  1. «UKW sei eine «alte» Technologie.» Richtig, aber nicht veraltet. DAB+ ist neuer, aber schlechter. Ein Fachgremium habe neulich befunden, dass DAB+ «keine wirtschaftliche Rettung» sei, da wenn schon alles ins Internet abwandere.
  2. «Bereits im Jahr 2001 hatte deshalb der Radiotechnik-Experte Markus Ruoss eine ernüchternde Analyse von DAB unter dem Titel «Wie prügelt man ein totes Pferd durchs Ziel?» vorgelegt. Für die zu wählende Strategie brauche es nicht nur laufend höhere Subventionen und teure Werbekampagnen.»
  3. «Als ich 2021 eine Petition gegen die unmittelbar bevorstehende UKW-Schliessung lancierte, unterschrieb auch Doris Leuthard» (die zuvor als Uvek-Chefin grünes Licht für die Abschaltung gegeben hatte).
  4. Nicht mickrige acht Prozent nutzen heutzutage UKW, sondern ein Drittel aller Haushalte, natürlich nicht auschliesslich. «Noch tiefer ist die DAB-Abstinenz bei deutschen oder niederländischen Touristen, die das Transitland Schweiz durchfahren. Verkehrs- oder Katastrophenmeldungen werden auch sie in Zukunft nicht mehr erreichen.»
  5. Dass damit massig gespart werden könne, sei «grober Unfug». Denn: «Alle UKW-Sender sind seit langem abgeschrieben, es fallen nur Betriebskosten an. Zudem könnte die SRG die meisten ihrer 2000 (!) UKW-Sender stilllegen
  6. Dass der Verband Schweizer Privatradios den Entscheid begrüsst, bedeute: «Toll, dass die SRG den grossen Abschalt-Shitstorm allein erleben wird. Und wir freuen uns auf zusätzliche Hörer, die von der SRG nicht mehr bedient werden

Vernichtendes Fazit: «Vor allem in einer Zeit, in der die SRG auf den Goodwill von möglichst vielen Schweizerinnen und Schweizern angewiesen ist, kann ich nicht verstehen, weshalb man aus teils falschen, teils fadenscheinigen Gründen solche Entscheide fällt. Wer sich so verhält, soll sich hinterher nicht über den Schaden beklagen.»

Bleibt nachzutragen, dass das bereits der zweite Versuch der SRG ist, die UKW-Übertragung auszuknipsen. Der erste scheiterte, als Schawinski dagegen innert kürzester Zeit 60’000 Unterschriften für eine Petition sammelte, für die er einzig in seinem nicht gerade übergrossen Radio 1 Werbung machen konnte.

Damals wurde gesichtswahrend eine «Übergangsphase» bis 2026 beschlossen. Wer nun für diesen neuerlichen Rückzieher vom Rückzieher verantwortlich ist, sollte wegen erwiesener Unfähigkeit entlassen werden. Ist aber beim Sesselfurzerverein SRG ausgeschlossen.

 

UKW ade?

Roger Schawinski prognostiziert Riesen-Shitstorm.

Es scheint so, als ob im Radiobereich allgemeiner Infantilismus ausgebrochen ist. In der Südostschweiz tobt der Lebrumentclan dagegen, dass der alte und ewig junge Radiopirat Schawinski ihnen die Sendekonzession weggeschnappt hat. Zu sicher fühlten sich die Quasi-Monopolisten, dass ihre Radiolizenz bestätigt wird, ein entsprechend schlappes Konzessionsgesuch reichten sie ein. In der sicheren Erwartung, dass der Steuerrubel weiterhin rollen werde.

Ätsch, sagte da Schawinski, wer hat’s besser gemacht? Zur Weissglut trieb er dann die zweite Lebrument-Generation damit (normalerweise setzt es erst die dritte in den Sand), dass er nicht nur die alten Senderäume von «Radio Grischa» anmietete. Sondern auch noch gleich den Namen kaperte. Genauer gesagt, er machte sich zunutze, dass ein Markenrecht erlischt, wenn es fünf Jahre lang nicht mehr benutzt wird. Damit soll verhindert werden, dass Mitbewerber einfach Namen auf Vorrat blockieren.

Nun wird getobt und geklagt, als hätte Schawinski den Lebruments Schäufelchen und Eimerchen weggenommen. Das wäre wirklich lustig, wenn diese Sabotageaktionen lediglich aussichtslos und ärgerlich wären. Aber sie kosten Geld, und diese Schädigung ist die einzige Absicht dahinter.

Aber was Lebruments recht ist, kann der SRG nicht unrecht sein. In einem ersten Anlauf› wollte der Gebührensender die Ausstrahlung seiner Radioprogramme auf UKW schon mal beenden. Auch dagegen protestierte Schawinski und sammelte in kurzer Zeit über 60’000 Unterschriften für eine Petition. Abschaltung per 2022 gebodigt.

Der Verband der Privatradios (und die Vertreter der zweiten Generation Wanner, wo ein ähnliches Problem wie bei Lebruments existiert) stellte sich damals schon hinter den Entscheid der SRG – und ging zusammen mit dem Gebührensender baden. Wie höhnte damals Florian Wanner, von Beruf Sohn, daher Leiter Radio von CH Media: «Ich musste schmunzeln und war nicht überrascht. Es ist eine schöne Geschichte für ihn. Er war der Erste unter den Privaten – und möchte offensichtlich auch der Letzte sein.»

Im Gegensatz zu Wanner Junior hat sich Schawinski aber nicht in ein gemachtes Bett gelegt – und hat mit 79 noch mehr Pfupf als alle Wanners der zweiten Generation gemeinsam.

Auch diesmal ist der Verband Schweizer Privatradios (Lernkurve flach, sehr flach) auf dem falschen Dampfer: «Für den VSP ist der Entscheid der SRG, auf Ende 2024 aus UKW komplett auszusteigen, ein mutiger, aber wichtiger Schritt auf dem Weg in die rein digitale Radioverbreitung.»

Dabei ist es doch banal trivial: DAB+ hat sich nie richtig durchgesetzt. wer den Umstieg darauf propagiert, verursacht nur unnötige Unkosten. UKW ist als Übertragungsmedium noch lange nicht vorbei; richtig lustig würde es, wenn ausländische Autofahrer in der Schweiz keinen Verkehrsfunk empfangen könnten. Abgesehen von den 30 Prozent der Radiohörer, die eben auch UKW verwenden.

Dass die SRG davon spricht, dass schliesslich lediglich 10 Prozent ausschliesslich UKW hören, grenzt schon an Rosstäuscherei.

Dass die SRG das zwar abstreitet, aber die Abschaltung als Ausdruck ihres unerbittlichen Sparwillens verstanden haben will, macht das Desaster komplett. Solche aufgelegten Schüsse ins Schwarze verwandelt Schawinski heute noch im Schlaf, das wird ihm einen weiteren Vitalisierungsschub verschaffen.

Camouflage

Die halbe Miete im modernen Journalismus.

Beginnen wir mit dem Paradebeispiel. Tamedia übernimmt einen grossen Teil seines Contents aus München. Von der Auslandberichterstattung bis zu Gedanken über Katzen des ehemaligen Münchner Oberbürgermeisters.

Ist allerdings Deutschland die Schweiz? Bayern der Kanton Bern? München wie Zürich? Nicht ganz, eher nicht. Also betreibt der Medienkonzern Camouflage, räumt die ß aus den Texten, schweizert ein oder schreibt um, was sich zu sehr nach Germanismen anhört. Werden die Texte dadurch besser, lesenswerter, kann man es verantworten, von einem Schweizer Publikum dafür Geld zu verlangen?

Probieren kann man’s.

Zwei Autoren der Süddeutschen Zeitung echauffieren sich, nachgedruckt von Tamedia, über angeblich raue Sitten im englischen Journalismus, inklusive Hacken von Mailaccounts. Dass das Gleiche in der eigenen Redaktion von der eigenen Chefredaktion getan wurde – Camouflage, kein Wort drüber.

Judith Wittwer wurde 2020 nach München in die Chefredaktion der SZ entsorgt. Seither tritt sie öffentlich kaum in Erscheinung, schwieg auch beharrlich bei der Plagiats-Affäre ihrer Stellvertreterin. Sie ist offenbar eine Camouflage-Chefin.

Ringier betreibt zusammen mit Tamedia (also mit Tx oder wie das im Moment heisst) monopolähnlich Homegate, Autoscout, Ricardo. Bewertung für einen Börsengang der Firma Swiss Marketplace Group (SMG) 3 Milliarden; bei Tx regnete es eine Sonderdividende rein (und killte die Subventionsmilliarde, nebenbei).

Aber zu viel Gier ist auch nicht gut. Wie «Inside Paradeplatz» als erster meldete, hat der Schweizerische Verband der Immobilienwirtschaft (SVIT) beschlossen, «keine Werbe-, Sponsoring- und sonstige Leistungsvereinbarungen mit der Swiss Marketplace Group AG und seinen Organisationen» mehr abzuschliessen, bestehende zu kündigen. Damit reagiert der SVIT auf freche Preiserhöhungen der SMG, die meinte: bei uns muss man inserieren, so what.

Nun bleibt als Hoffnung der Verlegerclans noch eine Neuauflage des Medien-Förderungsgesetzes, die ihnen dringend benötigte Kohle (so eine neue Yacht ist nicht billiger als ein neuer Privatflieger) in die Kassen spülen soll. Denn Qualitätsjournalismus kostet.

Liest man darüber etwas bei den vielen Kopfsalatblättern oder bei Ringier? Camouflage.

Der Lebrument-Clan in der Südostschweiz ärgert sich mit dem ewigen Radiopiraten Roger Schawinski herum. Der hatte dem siegessicheren Clan die lokale Radiokonzession vor der Nase weggeschnappt. Und gibt seinem neuen Sender den Namen «Radio Grischa», weil den die Lebruments mehr als 5 Jahre lang nicht mehr benutzt haben. Nun versuchen sie mit allen Mitteln, also vor allem mit juristischen Winkelzügen, Schawinski Kosten zu verursachen und den Sendestart zu verzögern. Liest man darüber etwas in ihren lokalen Monopolblättern? Camouflage.

Die «Weltwoche» veröffentlicht seitenlang ein Gespräch des Chefredaktors Roger Köppel mit Wladimir Solowjow. Der sei «der Superstar des russischen Polit-Fernsehens». Und darf nun ungebremst hanebüchenen Schwachsinn in der WeWo verbreiten. Camouflage: «Mit den Russen redet niemand. Das ist falsch. Als Schweizer muss man allen Seiten zuhören, sonst ergibt sich ein einseitiges Bild.» Allerdings hat Köppel das mit dem Zuhören etwas zu wörtlich genommen. Denn immerhin unterscheidet sich westlicher Journalismus von russischem doch dadurch, dass in Interviews manchmal kritische Fragen gestellt werden.

Aber gut, ein Text von Daniel Ryser wäre noch schlimmer, so ist alles relativ. Dafür hat’s in der gleichen WeWo einen von Tom Kummer. Sehr relativ …

Bislang war der Text eher traurig, daher ein paar Schmonzetten Solowjows zur Erheiterung:

«Ich bin die reinste Form eines Journalisten … Ihr (Europäer, Red.) tut uns leid … Europa führt wieder einmal Krieg gegen Russland, zum dritten Mal seit Napoleon und Hitler … Wir sagten Selenskyj, er solle aufhören, Menschen zu töten. Dann begannen wir unsere begrenzte militärische Operation … Gemäss den Verträgen, die wir unterzeichnet haben, war das zu 100 Prozent legal … Alles, was wir tun, tun wir auf der Grundlage des Völkerrechts, auf der Grundlage von Verträgen … Es spielt keine Rolle, wie lange es dauert. Wir werden gewinnen.»

Gut, ZACKBUM will ein Einsehen haben und das Zwerchfell schonen. Doch, ein Absackerchen geht noch; wie tickt eigentlich Putin? «Es geht ihm nicht um Geld. Nicht um Eigentum. Sie finden keine Korruptionsskandale. Die Russen sehen, wir er lebt, arbeitet, was er besitzt. Bei Putin geht es um Werte.»

ZACKBUM wälzt sich auf dem Boden vor Lachen, japst um Hilfe. Und bittet inständig: weniger Camouflage im Journalismus. Please. Bitte. пожалуйста.

Roshani und kein Ende

Tamedia wehrt sich. Gut so.

Der Fall Roshani ist bis in jedes Detail ausgeleuchtet worden. Tausendsassa Roger Schawinski hat sogar ein Buch darüber geschrieben. Immer noch lesenswert.

Zu besichtigen ist heute ein Trümmerfeld. Offensichtlich aus Rache hatte Anuschka Roshani mit einer Breitseite im «Spiegel» die Affäre losgetreten. Darin beschuldigte sie ihren ehemaligen Chefredaktor, sie über Jahre hinweg und auch vor der ganzen Redaktion übel verbal attackiert zu haben, inklusive abfällige Bemerkungen über ihr Sexleben.

Kein einziger dieser Vorwürfe konnte in einer von Tamedia in Auftrag gegebenen Untersuchung erhärtet werden; Roshani verweigerte nach kurzer Zeit die Teilnahme, als sie sich in Widersprüche zu verwickeln begann. Einzig belegt werden konnte, dass ihr Chefredaktor bei Germanismen in ihren Texten mit falsch gezeichneten Hakenkreuzen darauf hinwies und das offensichtlich komisch fand.

Endergebnis: der Chefredaktor wurde wegen ungebührlichen Verhaltens «im gegenseitigen Einvernehmen» gefeuert. Seine Karriere liegt in Trümmern, ihm ging das Geld aus, sich gegen die Verleumdungen im «Spiegel» juristisch zu wehren.

Roshani wollte an seiner Stelle Chefredaktor werden und hatte sich auf seine Stelle beworben, während er noch im Amt war. Stattdessen wurde auch sie entlassen, weil natürlich auch solches Intrigantentum nicht toleriert werden kann.

Auch ihre Karriere liegt ihn Trümmern, wer will schon mit einer so toxischen Person zusammenarbeiten. Dank ihres Mannes muss sie sich im Gegensatz zum Chefredaktor materiell keine Sorgen machen.

Eine besonders üble Rolle spielte die Gutmenschenredaktion des «Magazin», angeführt vom heutigen Co-Chefredaktor der «Republik» Daniel Binswanger. Roshani hatte unter anderem behauptet, ihr Chefredaktor habe sie auch vor versammelter Mannschaft verbal attackiert. Also wäre es für diese mutigen Verteidiger der Frauenrechte ein Leichtes gewesen, das zu bestätigen – oder zu dementieren. Aber sie waren allesamt zu feige, schwiegen auf Anfrage verkniffen oder verwiesen auf die Medienstelle von Tamedia. Auch ein Trümmerfeld angeblich edler Gesinnung.

War’s das endlich? Nein, es wird munter prozessiert. Denn Roshani fordert nicht weniger als ihre Wiedereinstellung, eine Anerkennung ihrer angeblichen Diskriminierung und eine Genugtuungssumme von 10’000 Franken.

Am Montag fand vor dem Arbeitsgericht Zürich ein öffentlicher Prozess in der Sache statt. Immer noch wird munter auch in den Medien Partei ergriffen, so schreibt «persoenlich.com», dass Roshani im «Spiegel» beschrieben habe, «wie sie während Jahren sexualisiertem Mobbing durch ihren Chefredaktor … ausgesetzt war». Indikativ wohlgemerkt. Solange es im Journalismus solche Schludrigkeiten gibt, hat Roshani doch noch gewonnen.

Roshani behauptet inzwischen, dass sie sich auch für die 72 erregten Tamediafrauen wehre, die mit einem Protestschreiben über angeblich unerträgliche Zustände via Jolanda Spiess-Hegglin an die Öffentlichkeit gelangt waren. Obwohl die beiden Initiantinnen behauptet hatten, dass das Schreiben nur für internen Gebrauch bestimmt sei. Auch hier liess sich kein einziger der anonymisierten Vorwürfe erhärten.

Die Lachnummer hier war, dass sich sowohl der damalige Oberchefredaktor Arthur Rutishauser wie der weiter amtierende Konzernboss Pietro Supino präventiv schon mal entschuldigten und sich betroffen zeigten. Obwohl damals und bis heute kein einziger Vorwurf belegt wurde (Indikativ).

Immerhin ist Tamedia offensichtlich nicht bereit, sich auf Vergleichsverhandlungen einzulassen. Damit wird üblicherweise möglichst geräuschlos ein solches Problem abgetischt. Die «Republik», immer stilbildend, ging unter Co-Chefredaktor Binswanger sogar noch einen Schritt weiter. Um jegliches Aufsehen und einen Prozess zu vermeiden, zahlte sie einem ehemaligen Mitarbeiter, der aufgrund anonymer Anschuldigungen fristlos und ohne Anhörung gefeuert worden war, bis zu 30’000 Franken.

Es scheint allerdings so, ein Lichtblick, dass diese anonyme oder persönlich vorgetragene Denunziationsmasche langsam an Wirkung einbüsst. Immerhin.

 

Vom Steinbock getreten?

Somedia geht unter die Gürtellinie, um Roger Schawinski zu schaden.

Wenn man sich als Provinzfürst fühlt, an dem keiner vorbeikommt, ist es sehr bitter, wenn man einer sicher geglaubten Pfründe verlustig geht.

Denn im zweiten Anlauf hat es der alte Radiopirat Roger Schawinski geschafft, dem Lebrument-Clan die Sendekonzession für das Bündner Privatradio zu entwinden. Er hatte offenbar einfach das bessere Konzessionsgesuch eingereicht, während Lebruments wohl meinten, dass ihnen keiner könne.

Nun ist der Katzenjammer gross, und Silvio Lebrument, VR-Präsident und Geschäftsführer von Somedia-Medien, benimmt sich so, als hätte ihn ein Steinbock getreten.

Schon im Januar nach dem Entscheid behauptete er «blankes Unverständnis» der Hörerschaft. Und kündigte an, mit allen rechtlichen Mitteln vorgehen zu wollen. Was er auch inzwischen getan hat.

Aber man reizt Schawinski nicht ungestraft. Der hat nämlich herausgefunden, dass Somedia nicht nur sein traditionelles Radio Grischa vor fast zehn Jahren in «Radio Südostschweiz» umbenannt hatte. Offensichtlich hatte ein Kommunikationsfuzzi den Lebruments weissgemacht, dass eine Ein-Marken-Strategie das Beste sei, weg mit alten Zöpfen.

Aber nicht nur das, offenbar verabsäumte es der Lokalhirsch, den Namen «Radio Grischa» weiter aktiv zu halten. Weswegen Schawinski unter Berufung auf die Klausel, dass Markenrechte bei Nichtbenutzung nach fünf Jahren erlöschen, genau diese Löschung und die Übertragung auf ihn beantragt hat.

Er hat auch genau die Räumlichkeiten in Chur angemietet, aus denen Jahre zuvor Radio Grischa sendete. Das alles ist offenbar zu viel für Lebrument Junior. Die Nachfahren des alten Löwen Hanspeter Lebrument zeigen allerdings, dass nicht immer die dritte Generation das in den Sand setzt, was die vorherigen aufgebaut haben. Denn wer auf die Idee kommt, die Lebrument-Tochter als angeblich völlig unabhängige Ombudsfrau einzusetzen, die die Interessen der Leser vertreten soll, hat einen leichten Wackelkontakt mit der Realität.

Nun ist Lebrument Junior ein richtiges Buebtrickli eingefallen. Ihm ist offenbar aufgefallen, dass seine Behauptung, Radio Grischa werde sehr wohl verwendet, zum Beispiel auf einer Petition, mit der der Verlag ein paar Stimmen gegen den Wechsel der Konzession sammelt, ziemlich windig ist.

Also hat Lebrument – etwas sparsam – seine «Obersee Nachrichten AG» in «Radio Grischa AG» umbenannt. Während aber der Partner von Schawinski, Stefan Bühler, in aller Ruhe die Pläne des neuen Radiostudios an dem Ort zeigt, wo Lebruments noch 2008 ihr Privatradio feierten, stammelt sich Lebrument in einem aktuellen Beitrag im Rätoromanischen TV (keine Angst, mit Untertiteln) durch die Erklärung, was das eigentlich soll.

2008 scheiterte Schawinski im ersten Anlauf, aber der Mann ist zäh. Lebruments hingegen sind offensichtlich schlechte Verlierer. Dieser Winkelzug mit der Umbenennung einer AG, das hat etwas Würdeloses. Wie heisst es über das Bündner Wappentier im Schweizer Nationalpark: «Kaum ein anderes Tier setzt seine Energie so sparsam ein wie der Steinbock.»

Den Lebruments hingegen wäre empfohlen, ihre Energie mal sinnvoll einzusetzen. Es gibt schliesslich genügend Baustellen im Haus.

Steinbock gegen Pirat

Fernduell zwischen Lebrument und Schawinski.

Der Lebrument-Clan mit Stammsitz Chur ist sich nicht gewohnt, dass ihm mediale Konkurrenz erwächst. Erfolgreich hat der alte Lebrument alles weggeräumt oder sich einverleibt, was es da an Konkurrenz gegeben haben mag.

Aber nun ist sein Sohn Silvio Lebrument am Gerät, und der hat nicht wirklich das gleiche Format. Ihm ist widerfahren, dass der alte Radiopirat Roger Schawinski ihm die auf sicher geglaubte Privatradiokonzession weggeschnappt hat. Zum weiteren Ärger will Schawinski dafür den Namen Radio Grischa verwenden. Der gehörte Somedia, bis dort 2015 alles auf Südostschweiz umgestellt wurde; wahrscheinlich glaubte man einem Beraterfuzzi, der USP, Ein-Marken-Strategie murmelte.

Dagegen geht Somedia juristisch vor, darum herum entspannt sich ein lustiges Interview-Battle auf persoenlich.com. Lebrument, VR-Präsident von Somedia, legte vor: «Wir rechnen uns gute Chancen aus, die Konzession zu erhalten.» Das werde auch von der Bevölkerung unterstützt, eine Petition für Radio Südostschweiz haben bereits mehr als 12’000 Unterschriften gesammelt. Dabei will Lebrument offensichtlich Antizürcher Reflexe bedienen: Die Unterzeichner wollten «nicht, dass Roger Schawinski hier ein Regionalradio betreibt und sie wollen auf keinen Fall, dass die Konzession faktisch nach Zürich vergeben wird.»

Aber Schawinski reizt man nicht ungestraft, ihm wurde Gegenrecht eingeräumt, und er fetzt zurück:

«Widerstand bin ich gewohnt und lasse mich nicht an die Wand klatschen, wie es die Lebruments mit den kleinen Verlegern im Bündnerland gemacht haben. Es ist grossartig, ein neues Medium zu kreieren, dies besonders in einer Zeit, wo überall gespart wird und Leistungen abgebaut werden müssen. Das ist reines Adrenalin für mich.»

Inhaltlich kann Schawinski darauf verweisen, dass seine familiären Wurzeln in Chur viel älter sind als die der Lebruments. Die Petition sei lächerlich, er habe schlichtweg das bessere Gesuch eingereicht. Der Name Radio Grischa werde von Somedia seit 2015 nicht mehr benutzt, damit sei das Markenrecht verwirkt. Dann würgt Schawinski Lebrument eine rein; wenn der behaupte, der Name Radio Grischa sei in den letzten Jahren oft gebraucht worden, dann sei das «klar gelogen».

Schawinski habe mehrere Kooperationsangebote gemacht, aber Lebrument habe ein Joint Venture gewollt, «das Radio sollte unter dem bisherigen Namen in ihren Studios weitersenden. Und mir bot er tatsächlich grosszügigerweise das Amt des Präsidenten eines Beirats an. Das war grotesk! Ich erkannte, dass die Lebruments überhaupt noch nicht begriffen haben, was passiert ist. Schade».

Sowohl im Hause Wanner wie im Hause Lebrument scheint es so zu sein, dass der Beruf Sohn nicht unbedingt für eine erfolgreiche Geschäftsfortführung garantiert. Während Schawinski im jugendlichen Alter von 78 immer noch so kregel und energiegeladen wirkt, dass ihm das Bakom eine zehnjährige Konzession ausstellte. Bei deren Ablauf dürfte Lebrument schon längst pensioniert sein. Ererbt gegen erarbeitet, da ist der Ausgang meistens klar.