«Blick» in die Glaskugel

Auch das noch. Das Organ mit dem Regenrohr im Logo schaut in die Zukunft.

Das kann eigentlich nicht gutgehen. Tut es auch nicht, diese gesicherte Prognose kann gewagt werden. Dabei ist immerhin ein Dreierteam am Gerät. Chiara Schlenz, Guido Felder und Samuel Schumacher. An deren Qualifikation kann es nicht liegen. Schlenz war zuvor «Video- und Newsjournalistin» für Nau.ch und arbeitet nun Teilzeit für den «Blick». «Ausland-Redaktor» Felder stellt sich so vor: «Gibts einen cooleren Job? Er sagt: No. 💪» Schumacher schliesslich ist «Ausland-Reporter» und war zuvor «Ressortleiter Ausland» bei CH Media. Das war der Job eines Häuptlings ohne Indianer.

Dieses Dreamteam eröffnet nun den «US-Wahlbeobachter» vom «Blick». Oder den «US-Wahlmonitor»; wie das Ding heisst, da ist man sich noch nicht so sicher. Anfangsschwierigkeiten, kann’s doch geben. Schlenz beantwortet gleich am Anfang eine Frage, die niemand gestellt hat. Ob das nicht ein wenig früh sei. Aber nein, «bei diesen Wahlen geht es um nichts Geringeres als das Überleben der ältesten Demokratie der Welt». Hoppla, das ist ja die Tonlage von Schwulstschwätzer Kornelius in der SZ und im Tagi. Aber gemach, Schlenz weist das schnell als Zitat von Joe Biden aus. Der diesen Satz immerhin stolperfrei über die Lippen brachte.

Also gut, Wahlbeobachter (oder Monitor oder so). Der muss natürlich mit einem Knaller beginnen. Nur: woher nehmen und nicht stehlen?

Nun, da probieren es die Drei mal mit einem Knallertitel:

Hui, bahnt sich da eine Sensation an, verliert Trump seinen Vorsprung, ist die Entscheidung wieder offen, wer für die Republikaner gegen Joe Biden antritt? Nicht wirklich:

Wie dieser Screenshot aus dem Wahlbeobachter (oder Monitor, aber lassen wir das) beweist, tendiert die Spannung gegen null. Die drei noch im Rennen verbliebenen Konkurrenten kommen zusammen auf etwa ein Drittel der Stimmen, die Trump alleine für sich einheimst, nach Umfragen. Das sieht im nächsten Caucus in Iowa nicht anders aus. Absolute Mehrheit für Trump, DeSantis krebst bei 17 Prozent herum, die vom Sterndeuter und Vermutungsjournalist Peter Hossli hochgeschriebene Nikki Haley gar bei unter 16 Prozent.

Also gibt es keinen Grund, einen solchen blödsinnigen Titel drüberzusetzen. Das sieht auch die Autorin des ersten «Livetickers» ein, der zudem überhaupt nicht live ist:

«Eigentlich sind die republikanischen Vorwahlen in Iowa wie ein Blick in eine trübe Kristallkugel. Und sie zeigen: Vergangene Wahl- oder Teilsiege sind in der US-Politik ungefähr so wertvoll wie gestern gekaufte Lottoscheine. Und es gibt nur eine Gewissheit im Rennen um das Weisse Haus: Alles ist ungewiss. Das macht es aber gerade so spannend. Ich packe schon mal das Popcorn aus.»

Das ist nun schon mal rein sprachlich, von den Gedankengängen ganz zu schweigen, mehrfach peinlich versemmelt. Ein Blick in eine Kristallkugel, selbst eine trübe, bezieht sich auf die Zukunft. Schlenz bezieht sich aber auf vergangene Wahlsiege. Wieso die so wertvoll – also wertlos – wie gestern gekaufte Lottoscheine sein sollen? Wenn die Ziehung morgen ist, können die durchaus den Hauptgewinn abräumen. Dann der Uraltkalauer, dass nur gewiss sei, dass alles ungewiss sei. Gähn. Das mache es spannend? Doppelgähn. Popcorn, schnarch.

ZACKBUM wagt nun selbst einen Blick in die Zukunft, bzw. hat ihn sich hier anfertigen lassen:

Die Illustration stammt übrigens, wie schon einige zuvor, von einer KI. Die ist nun entschieden intelligenter als dieses Trio Infernal vom «Blick», also ist die Prognose absolut sicher: Der «US-Wahlbeobachter» startet mit einem Flop, ist ein Flop und wird ein Flop bleiben.

Auch auf die Gefahr hin, als sexistischer Frauenunterdrücker gekreuzigt zu werden: vielleicht hätte man nicht – «Ladies first» – einer Teilzeitjournalistin den Start überlassen sollen.

Aber es gibt eine gute Nachricht: da er hinter der Bezahlschranke von «Blick+» stattfindet, wird er nur ganz wenige Leser quälen.

2 Kommentare
  1. Victor Brunner
    Victor Brunner sagte:

    Felder, Schumacher, Schlenz, US-Wahlbeobachter? Ein Nightmare-Team, geballte Inkompetenz, fehlt nur noch die Schlittler Flavia mit Hauptfokus auf Melanie Trump, was trägt sie an den Wahlveranstaltungen, ist sie dabei, wo schläft sie. Die Blumenthal würde es freuen, nicht mehr so im Fokus von der Piiipl-«Journalistin».

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  2. Niklaus Fehr
    Niklaus Fehr sagte:

    Ob das jetzt wirklich ein Regenrohr darstellen soll, darüber kann man streiten. Aber der senkrechte Strich rechts im Logo ist ein Cursor, das Symbol für die Digitalisierung.

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