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«Blick» in die USA

Man kann die Berichterstattung wirklich nicht mehr ernst nehmen.

Von Tamedia hat sich ZACKBUM diesbezüglich schon verabschiedet. Nun sagen wir auch leise Servus zum einzigen Organ mit Regenrohr im Logo. Denn da gluckert nur verdünntes Wasser durch. Wie das geht? Keine Ahnung, aber es geht.

Da hätten wir den einschlägig bekannten «USA-Kenner» Peter Hossli. Der vernachlässigt seine Pflichten als Leiter der Ringier Journalistenschule und gurkt auf Redaktionskosten durch die USA. Und beglückt den Leser mit Erkenntnissen wie: «Der Verlierer der republikanischen Vorwahlen am Super Tuesday heisst: Joe Biden (81). Dabei stand der Präsident bei den Republikanern gar nicht zur Wahl.» Ist’s auch gaga, so hat’s doch Methode. Aber glücklicherweise schützt die Bezahlschrank fast alle «Blick»-Leser davor, damit belästigt zu werden.

Aber die News von gestern ist von heute aus gesehen schon längst versickert. Denn nun gilt:

Warum? Weil der Mann so schrecklich geliftet ist, dass er wie eine Mumie auf Urlaub aussieht? Auch hinter der Bezahlschranke verborgen, räsoniert Samuel Schumacher: «Der US-Präsident legte in seiner Rede zur Lage der Nation einen brillanten Auftritt hin.» Da fragt man sich zunächst: was erlauben sich Schumacher? Der ist kein Head, kein Chief, kein Leiter, kein Chef, der ist einfacher «Ausland-Reporter» mit einem Auslauf, der ungefähr so gross ist wie sein Desk in der Hölle des Newsrooms.

Was hat denn Joe Biden gewuppt? «Eine Stunde und sieben Minuten lang sprach, ja rief Biden seine Rede mit ganz wenigen Versprechern in den Saal, zeigte sich kämpferisch und witzig, gut gelaunt und zuversichtlich.»

Wahnsinn. Gibt es auch Wermutstropfen? Ach, kleine, ganz kleine:

«Klar: Biden musste sich hie und da räuspern (eine Folge seines Säurereflux, unter dem etwa jeder fünfte Erwachsene leidet). Klar: Hie und da verhaspelte sich der auffällig schnell sprechende Präsident. Aber: Biden war witzig.»

Säurereflux, hat fast jeder, kein Problem, sagt Dr. med. Schumacher. In Rücksichtnahme auf den angenommenen IQ des «Blick+»-Lesers (Devise: wie kann man nur so blöd sein, dafür Geld auszugeben), macht Schumacher immer schön ein Fazit: «Stark! Trump wird schäumen! Biden ergreift im Nahen Osten die Initiative.»

Wunderbar, der Mann ist in einen Gesundbrunnen gefallen und hat Rejuvenierungspritzen gekriegt. Oder doch nicht? «Über weite Strecken hielt sich der US-Präsident an die sorgfältig ausgearbeiteten Sätze seiner Rede.» Aber dann, oh je: «Sobald er improvisieren muss, wird’s rasch schwierig für Biden. Und: In den drei bereits festgelegten Debatten gegen Donald Trump im Herbst wird er keine Teleprompter haben

Da machen wir doch auch mal ein Fazit, dem «Blick»-Niveau angepasst. Der 81-jährige Präsident ist noch in der Lage, einen Text weitgehend stotterfrei vom Teleprompter abzulesen, den ihm die besten Wortschnitzer der USA gebastelt haben. Super Leistung. Weicht er einmal davon ab, kommt er ins Haspeln und Stolpern. Beunruhigend.

Fazit: Hossli und Schumacher sollten sich mal ins Vernehmen setzen. Fazit: ist ein geliftetes, weisse Gesicht unter schütterem und schlecht drapiertem Haar abschreckender oder ein mit zu viel Bräuner zugeklatschtes Gesicht unter einer hellorangenen Fantasiefrisur, auf die Kim der Dickere eifersüchtig ist?

Schwierige Frage. Aber nicht einmal darauf antwortet der «Blick». Thema erledigt.

«Blick» in die Glaskugel

Auch das noch. Das Organ mit dem Regenrohr im Logo schaut in die Zukunft.

Das kann eigentlich nicht gutgehen. Tut es auch nicht, diese gesicherte Prognose kann gewagt werden. Dabei ist immerhin ein Dreierteam am Gerät. Chiara Schlenz, Guido Felder und Samuel Schumacher. An deren Qualifikation kann es nicht liegen. Schlenz war zuvor «Video- und Newsjournalistin» für Nau.ch und arbeitet nun Teilzeit für den «Blick». «Ausland-Redaktor» Felder stellt sich so vor: «Gibts einen cooleren Job? Er sagt: No. 💪» Schumacher schliesslich ist «Ausland-Reporter» und war zuvor «Ressortleiter Ausland» bei CH Media. Das war der Job eines Häuptlings ohne Indianer.

Dieses Dreamteam eröffnet nun den «US-Wahlbeobachter» vom «Blick». Oder den «US-Wahlmonitor»; wie das Ding heisst, da ist man sich noch nicht so sicher. Anfangsschwierigkeiten, kann’s doch geben. Schlenz beantwortet gleich am Anfang eine Frage, die niemand gestellt hat. Ob das nicht ein wenig früh sei. Aber nein, «bei diesen Wahlen geht es um nichts Geringeres als das Überleben der ältesten Demokratie der Welt». Hoppla, das ist ja die Tonlage von Schwulstschwätzer Kornelius in der SZ und im Tagi. Aber gemach, Schlenz weist das schnell als Zitat von Joe Biden aus. Der diesen Satz immerhin stolperfrei über die Lippen brachte.

Also gut, Wahlbeobachter (oder Monitor oder so). Der muss natürlich mit einem Knaller beginnen. Nur: woher nehmen und nicht stehlen?

Nun, da probieren es die Drei mal mit einem Knallertitel:

Hui, bahnt sich da eine Sensation an, verliert Trump seinen Vorsprung, ist die Entscheidung wieder offen, wer für die Republikaner gegen Joe Biden antritt? Nicht wirklich:

Wie dieser Screenshot aus dem Wahlbeobachter (oder Monitor, aber lassen wir das) beweist, tendiert die Spannung gegen null. Die drei noch im Rennen verbliebenen Konkurrenten kommen zusammen auf etwa ein Drittel der Stimmen, die Trump alleine für sich einheimst, nach Umfragen. Das sieht im nächsten Caucus in Iowa nicht anders aus. Absolute Mehrheit für Trump, DeSantis krebst bei 17 Prozent herum, die vom Sterndeuter und Vermutungsjournalist Peter Hossli hochgeschriebene Nikki Haley gar bei unter 16 Prozent.

Also gibt es keinen Grund, einen solchen blödsinnigen Titel drüberzusetzen. Das sieht auch die Autorin des ersten «Livetickers» ein, der zudem überhaupt nicht live ist:

«Eigentlich sind die republikanischen Vorwahlen in Iowa wie ein Blick in eine trübe Kristallkugel. Und sie zeigen: Vergangene Wahl- oder Teilsiege sind in der US-Politik ungefähr so wertvoll wie gestern gekaufte Lottoscheine. Und es gibt nur eine Gewissheit im Rennen um das Weisse Haus: Alles ist ungewiss. Das macht es aber gerade so spannend. Ich packe schon mal das Popcorn aus.»

Das ist nun schon mal rein sprachlich, von den Gedankengängen ganz zu schweigen, mehrfach peinlich versemmelt. Ein Blick in eine Kristallkugel, selbst eine trübe, bezieht sich auf die Zukunft. Schlenz bezieht sich aber auf vergangene Wahlsiege. Wieso die so wertvoll – also wertlos – wie gestern gekaufte Lottoscheine sein sollen? Wenn die Ziehung morgen ist, können die durchaus den Hauptgewinn abräumen. Dann der Uraltkalauer, dass nur gewiss sei, dass alles ungewiss sei. Gähn. Das mache es spannend? Doppelgähn. Popcorn, schnarch.

ZACKBUM wagt nun selbst einen Blick in die Zukunft, bzw. hat ihn sich hier anfertigen lassen:

Die Illustration stammt übrigens, wie schon einige zuvor, von einer KI. Die ist nun entschieden intelligenter als dieses Trio Infernal vom «Blick», also ist die Prognose absolut sicher: Der «US-Wahlbeobachter» startet mit einem Flop, ist ein Flop und wird ein Flop bleiben.

Auch auf die Gefahr hin, als sexistischer Frauenunterdrücker gekreuzigt zu werden: vielleicht hätte man nicht – «Ladies first» – einer Teilzeitjournalistin den Start überlassen sollen.

Aber es gibt eine gute Nachricht: da er hinter der Bezahlschranke von «Blick+» stattfindet, wird er nur ganz wenige Leser quälen.

Kriegshetzer Schumacher

Hoffentlich werden diese traurigen Gestalten zur Verantwortung gezogen.

Mit markiger Stimme schliesst sich der «Ausland-Reporter» Samuel Schumacher dem Chor der Kriegsgurgeln an.

Der Schreibtischgeneral weiss:

Es ist offenbar langsam eine Massenbewegung unter Journalisten entstanden, auf so Peanuts wie Gesetze oder Rechtsstaatlichkeit zu scheissen.

In holprigen und schrägen Sätzen schnattert Schumacher Halbgares und ganz Falsches: «Die Wirkungsstätten der Zögerlichkeit in Berlin und Bern seien deshalb zu gleichen Teilen daran erinnert: Demokratie ist kein Selbstläufer. Sie kommt und bleibt nicht einfach so, wie das der US-Politologe Francis Fukuyama (70) einst prophezeit hatte.»

Das hatte der zwar nicht «einfach so prophezeit», aber für die Flughöhe eines «Blick»-Journalisten kann ein Blick in «Wikipedia» durchaus zu dieser Verkürzung führen.

«Demokratie ist kein Selbstläufer», welch ein Satz von erhabener Inhaltsleere, ungefähr so intelligent wie der Satz: «Schumacher ist kein Überflieger.» Und kein Sprachgenie: «Die Demokratie muss sich mit Waffengewalt gegen alles verteidigen können, was nach ihr trachtet.» Vielleicht erklärt ihm mal jemand ganz langsam, was «nach etwas trachten» bedeutet. Denn dagegen muss sich die Demokratie garantiert nicht verteidigen. Höchstens gegen Sprachvergewaltiger.

Aber es geht weiter im wilden Gestolper; die Ukraine sei in einer «mühsamen Metamorphose vom post-sowjetischen Korruptionshub zur westlich gesinnten Freiheitsnation». Ausser Schumacher hat diese Metamorphose aber noch niemand so richtig mitbekommen, vor allem das mit der Freiheitsnation.

Dann türmt Schumacher weiter Schräges auf Schräges: «Ohne Drohkulisse und massive Schutzvorkehrungen kann sich auch das moralische Richtige und Schöne nicht gegen die Hässlichkeiten dieser Welt durchsetzen. Selbst die Mona Lisa verschanzt sich hinter Panzerglas. Und der Papst liess die Schweizergarde gerade erst um 25 Spaliersteher auf ein Soll von 135 aufstocken.»

Die Mona Lisa und der Papst seien das «moralisch Richtige und Schöne»? Wobei die Mona Lisa ein Panzerglas bestellte, wohl mit ihrem unergründlichen Lächeln?

Wem’s schon schwindlig ist, der soll bitte den fulminanten Schlussquatsch ja nicht lesen, oder höchstens auf nüchternen Magen:

«Doch Panzerglas oder traditionell gewandete Hünen tun den Dienst für die Ukraine nicht. Sie braucht Kampfpanzer und Munition. Sie sind die «Impfung gegen die Tyrannei», wie Wolodimir Selenski (44) jüngst gesagt hat. Ohne sie wird die Pandemie des Bösen auch in diesem Jahr weiter wüten.»

Es gibt Unterschiede zwischen der Mona Lisa, dem Papst und Selenskyj. Das russische Regime lässt also die «Pandemie des Bösen» auf die Welt los, ganz so wie zu anderen Zeiten ein Volk bezichtigt wurde, die Pest und alles Schlimme über die Welt zu bringen. Während Selenskyj dann wohl das moralisch Richtige und Schöne sein soll. Obwohl sein Regime nicht weniger autokratisch und korrupt ist als das in Moskau.

Man fragt sich wieder einmal, wo eigentlich noch Qualitätskontrolle im Journalismus stattfindet. Die Lieferung von Waffen und Panzern von den «Wirkungsstätten der Zögerlichkeit» zu fordern, ist das eine, antidemokratische und rechtsstaatverachtende. Das mit ins Unverständliche ragenden, kruden Sätzen unter Misshandlung des Deutschen zu tun, das ist das andere.

Beides zusammen ist unerträglich.

Wahnsinniger Putin

Die Auslandchefs von CH Media und Tamedia: zwei traurige Gestalten.

Samuel Schumacher ist Ressortleiter Ausland bei CH Media. Der zweitgrösste Vertreiber von Tageszeitungen in der Schweiz leistet sich was. Nämlich eine Auslandredaktion, die aus zwei Nasen besteht. Also ein Häuptling und ein Indianer.

Die Welt ist ziemlich gross und bunt und kompliziert. Daher ist es sehr gut, dass sich die Aufmerksamkeit meistens auf ein, zwei Orte konzentriert. Genau, Stichwort Ukraine. Das hat wiederum den Nachteil, dass nach ein paar Wochen intensiv-oberflächlicher Berichterstattung so ziemlich alles gesagt ist, oder kommt jemand der Satz «die Lage spitzt sich dramatisch zu» unbekannt vor?

Da ist es erfrischend, wenn Schumacher Neuland betritt: «Wahnsinniger Putin». Das ist originell. Ex-KGB, Machtmensch, Diktator, aggressiv, Provokateur, das hatte wir alles schon. Aber «wahnsinnig», ergänzt durch «gefährliche Hetzrede», damit betritt Schumacher endgültig das weite Feld der verantwortungslos-bescheuerten Berichterstattung.

Da will Christof Münger von Tamedia nicht nachstehen.

Dieser Weltstratege weiss über die NATO: «Die Militärallianz bedroht Russland nicht», plus: «Auch hinter der sogenannten Osterweiterung der NATO steckte keine offensive Strategie.» Eine defensive Ausdehnung nach Osten, gegen alle Zusicherungen bei der deutschen Wiedervereinigung. Für wie blöd hält der Mann seine Leser?

Münger ist auch um Ratschläge nicht verlegen: «Auch die Regierung in Bern sollte die neue Realität anerkennen.» Wer sagt das? Ein «promovierter Historiker», den «Reportagereisen in den Irak, nach Haiti oder in den Kongo führten». Fantastische Voraussetzungen, um den Ukrainekonflikt zu analysieren.

Was macht der Mann sonst noch? «Zusammen mit seinem Team plant und produziert er den Auslandteil.» Das liegt etwa so nahe an der Wahrheit, wie wenn man den Truppenaufmarsch um die Ukraine als Frühlingserwachen bezeichnen würde. Münger nimmt alle Germanismen aus den von München angelieferten Ausland-Artikeln raus (wenn nicht ein Euro oder ein Parken stehenbleiben) und füllt sie unter neuen Titeln (meist schlechter als im Original) ab.

Als sein Beitrag zur verantwortungslos-bescheuerten Berichterstattung.

 

Tag der Abrechnung

Heute ist Judgement Day für Donald Trump. Terminator Arnold Schwarzenegger hatte in einem Video schon vorgelegt.

Vier Jahre lang haben die Mainstream-Medien auf diesen Tag gebangt. Gehofft, ihn herbeigesehnt. Manche, wie der «Spiegel», wollten Trump sogar aus dem Amt schreiben. Mit allen Mitteln. Das hat ihm nicht gross geschadet, der Glaubwürdigkeit des «Spiegel» allerdings gewaltig.

Seine vorher hochgelobte Dokumentationsabteilung, die angeblich den Namen jedes Baumes nachprüft, der in einem Artikel erwähnt wird, sah vor lauter Bäumen den Lügenwald des Starreporters Claas Relotius nicht.

Auch in der Schweiz ist es an der Zeit, dem scheidenden Präsidenten noch hämische Worte nachzurufen. «Beim letzten Abflug blickt Trump auf Trümmer», versucht Tamedia etwas holprig zu alliterieren. Zu einem Nachtfoto des Platzes vor dem Kapitol, bei dem eine Illuminierung auffällt, die von Leni Riefenstahl stammen könnte, fällt dem USA-Korrespondenten nur auf, dass «eine friedliche Machtübergabe» anders aussehe.

Da hat selbst der Muskelprotz Arnold Schwarzenegger, der auf seine alten Tage sein Hirn wiederentdeckt, eine stimmigere und unterhaltsame Abrechnung vorgelegt. Der ehemalige Gouverneur von Kalifornien erinnert sich an seine Kindheit und an die Kristallnacht, während er Trump als «den schlechtesten Präsidenten aller Zeiten» fertigmacht.

Schönes Bild gefunden, um Verachtung auszudrücken

Als Schlusspointe erwähnt der tiefblickende Analytiker Alan Cassidy von Tamedia, dass das Weisse Haus tiefengereinigt wird, für eine halbe Million Dollar. Biden habe ja den Kampf gegen die Pandemie zur obersten Priorität erklärt: «Ein sauberes Weisses Haus wäre da ein guter Anfang.» Ein abtretender Präsident, von fast der Hälfte der Stimmbürger beinahe wiedergewählt, als Virus, Schmutzfink?

Der «Blick» fiel schon vorher durch die geistig tiefergelegten «Analysen» seines USA-Korrespondenten auf. Aber man will ja von einem 25-Jährigen, der von seiner Wohngemeinschaft in San Diego aus den Überblick zu bewahren versucht, nicht viel mehr erwarten. Nicht viel mehr als ein donnerndes «Nie wieder!».

Nicola Imfeld räumt zwar ein, dass 74 Millionen US-Stimmbürger Trump wiederwählen wollten. Trotz dieser «überraschend hohen Zahl» ist es nun aber so, dass nun «endlich!» Joe Biden seine Nachfolge antritt; «die grosse Mehrheit der Amerikaner wird erleichtert aufatmen», weiss Imfeld. Wohl die berühmte schweigende Mehrheit.

Und ob es bis nach San Diego vorgedrungen ist, dass sein Oberchefredaktor Christian Dorer sich nicht einkriegen konnte, als er am letzten WEF in Davos dem «dear Mr. President» eine Unterschrift auf der Titelschlagzeile «Welcome to Switzerland» abnötigte? Leider konnte ihm Dorer nicht mehr als ein «cool! I like it» entlocken, aber man merkte ihm an, dass er vor Bedeutung fast platzte: Der US-Präsident hat mit mir gesprochen! Er kennt mich! Vielleicht nimmt er ab, wenn ich das Weisse Haus anrufe.

Tropfend vor Häme

Auch die Allzweckwaffe von CH Media, Samuel Schumacher, tropft vor Häme: «Er geht als Karikatur seiner selbst: Donald Trump fliegt heute einer sehr ungewissen Zukunft entgegen.» Das muss Schumacher irgendwie bekannt vorkommen, denn als Auslandchef mit einem einzigen Mitarbeiter muss er ein Überflieger sein, der rastlos zwischen Washington und Peking, Moskau, Tokio, Paris, London, Berlin, Singapur, Südafrika, Lateinamerika hin und her hopst

Das Urteil der «Experten» über Trump sei verheerend, weiss er. Wahrscheinlich die gleichen Experten, die eine Wahl Trumps 2016 für absolut ausgeschlossen erklärten. Bis tief in die Wahlnacht hinein. Immerhin gesteht ihm Schumacher zu: «In seinen vier Jahren an der Macht hat er nicht alles komplett falsch gemacht.» Man spürt, wie er diesen Satz mit Mundschutz schreibt.

Erfolge, Misserfolge, dunkle Wolken

Dann folgt immerhin eine Auflistung einiger Erfolge. Als Einleitung zur Abrechnung mit all seinen Misserfolgen. In deren Fortsetzung natürlich nach dem Verlust der Immunität als Präsident dunkle Wolken über dem giftgelben Haupthaar auftauchen. Nicht nur ein weiter mögliches Impeachment, es könnte sogar sein, raunt Schumacher, dass Trump als erster US-Präsident in den Knast wandert.

Wie es sich für die NZZ gehört, sieht sie die Sache differenziert: «Der feuerspeiende Drache Trump tritt ab – die Ursachen für seinen Erfolg bleiben». Ein etwas gewagtes Bild, der Ritt der Depravierten, des «baskets of deplorables», wie Hillary Clinton selbst die Hauptursache für ihre Niederlage bezeichnete, lange vor dem Wahltag.

Ein souveräner Rückblick der NZZ

Es ist dann ein souveräner Ritt durch vier Jahre Trump-Regierung, mit ihren Erfolgen und Niederlagen, inklusive Beschreibung der «Charakterschwächen» dieses Präsidenten, sein «Flirt mit Sumpfblüten am rechten Rand der Gesellschaft». Aber auch der richtige Hinweis von Peter Winkler, dass die Frage nicht war: «Wie könnt ihr bloss so einen wählen», sondern: «Wie gross muss das Leiden und die Wut sein, dass Millionen von vernünftigen Männern und Frauen einen derart unvernünftigen Präsidenten in Kauf nehmen?»

An der Beantwortung genau dieser Frage scheiterten fast alle deutschsprachigen Medien in erbärmlicher Weise. Die einäugigen «Kenner» der Süddeutschen, von der sich Tamedia fast die gesamte Auslandberichterstattung ausleiht, raunten nur immer wieder, dass die Gefahr einer Diktatur drohe, dass das Ende der Demokratie vielleicht gekommen sei, dass Trump nicht freiwillig das Weisse Haus verlassen werde.

Von Anfang bis Ende falsch gelegen

Also von Anfang «wird niemals gewählt» bis zum Ende «droht ein Putsch, ein Bürgerkrieg?» falsch gelegen. Mit ganz wenigen löblichen Ausnahmen. Nur die NZZ – und die WoZ – sehen die wirkliche Gefahr in der Zukunft: Trump verschwindet, seine Wähler nicht. «Ein fähiger Nachahmer könnte wirklich gefährlich werden», warnt die NZZ.

Die verbohrte Unfähigkeit, statt Gesinnungsjournalismus endlich wieder Versuche zu starten, die Wirklichkeit abzubilden und zu analysieren, gefährdet die Glaubwürdigkeit der Medien schon lange nicht mehr. Die liegt bereits im Koma.

Aufgefallen II (Samuel Schumacher)

Schumacher ist ein kleiner Tausendsassa. Allerdings nicht ganz sattelfest.

Zunächst eine kurze Würdigung von Mann und Werk. In seinem noch jungen Leben war Schumacher bereits Mitbegründer der Quatsch-Zeitschrift «Das Lamm», Reporter und nun Leiter Auslandredaktion bei CH Media. Da sind seine leitenden Funktionen allerdings überschaubar, bei einem weiteren Mitarbeiter.

Deshalb pumpt er sich bei Linkedin mächtig auf: «Als Auslandchef bei CH-Media koordiniere ich die Zusammenarbeit mit 40 KorrespondentInnen rund um den Globus. Dazu kommen gelegentliche Auftritte in TV-Diskussionssendungen.»

Unglaublich, dass ihm zudem nicht nur Zeit dafür bleibt, über die USA, China und den Nahen Osten zu schreiben. Ein wirkliches Multitalent, dessen wahre Fähigkeiten nur dann zu ermessen sind, wenn man weiss, dass er auch noch «als Trekking-Guide beim Wanderreise-Anbieter Imbach Reisen regelmässig zweiwöchige Touren durch China, das Königreich Bhutan und Palästina/Israel» leite.

Eine Nicht-Glosse zu einem Nicht-Thema zu einem Nicht-Moment

Wahrscheinlich braucht der Mann keinen Schlaf, denn selbst an Weihnachten rafft er sich dazu auf, sich mit einem brandaktuellen Thema zu beschäftigen, über das allerdings schon so ziemlich alles gesagt und geschrieben wurde. Aber nicht von allen, also muss sich auch ein Ausland-Chef noch zu Wort melden, mit einer «Glosse zu Donald Trump». Wahnsinn, darauf hatte die Welt so lange vergeblich gewartet.

Er will zwar seinen Mitbürgern mehr als das Parlament helfen, aber das wäre wohl eine Fake News.

Nun fangen aber seine Probleme schon beim ersten Wort an. Entweder weiss bei CH Media keiner, was eine Glosse ist, oder man hält seinen Beitrag tatsächlich für komisch oder satirisch. Der erste Satz mag da vielleicht noch durchgehen:

«Donald Trumps Unterschrift sieht ein bisschen aus wie die zittrige Aufzeichnung eines Seismographen nach einem mittelschweren Erdbeben.» Nach diesem Brüller wischen wir uns die Lachtränen aus den Augen und erwarten mehr. Das ist aber im heutigen Elendsjournalismus fast immer die falsche Einstellung. Denn es kommt nichts mehr an Glosse.

Nach starkem Anfang stark nachlassen

Sondern die übliche Latte an Vorwürfen. Trump habe doch tatsächlich 204 Executive Orders in seiner Amtszeit unterzeichnet. Damit könne er jeweils den Gesetzgebungsprozess im Parlament umgehen. Man muss allerdings sagen, dass Trump auch hier eher faul war; sein Vorgänger Obama unterzeichnete 276. Okay, der wurde auch wiedergewählt.

Aber wir wollen ja auf Glosse machen. Also pickt sich Schumacher eine «zunehmende Abstrusität» zeigende Order heraus: Die fordert, dass US-Stadtplaner zukünftig nur noch «schöne Amtsgebäude» bauen dürfen. Wer schon mal in den USA war und monströs hässliche Amtsbunker gesehen hat, kann diese Forderung durchaus verstehen.

Wer allerdings – sicherlich im Gegensatz zu Schumacher – diese Executive Order vom 18. Dezember liest, kann sich durchaus der Meinung der National Civic Art Society anschliessen. Die Non-Profit-Organisation spendet uneingeschränkt «Applaus» für diesen Versuch, Regierungsgebäude weniger Vertretern von Brutalismus oder anderen Modeströmungen zu überlassen.

Zahlreiche Begnadigungen durch Trump, aber an seinen Vorgänger kommt er bei Weitem nicht heran

Dann habe Trump auch noch «zahlreiche weitere Begnadigungen» unterschrieben. Wieso «weitere»? Hat er denn vorher Amtsgebäude begnadigt? Aber item, sein Vorgänger Obama hat an seinem letzten Amtstag noch schnell 330 Knastinsassen begnadigt, Rekord. Das waren mehr als durch seine 12 Amtsvorgänger zusammen. Plus die Reduktion von Haftstrafen bei weiteren 1715 Sträflingen während seiner Amtszeit.

Unvergessen auch die Begnadigung von Marc Rich durch Bill Clinton; der Hasardeur und Händler hatte sich vor der US-Strafjustiz in die Schweiz geflüchtet, aber mit einer kräftigen Spende gut Wetter gemacht. Also eigentlich business as usual, weder aussergewöhnlich, noch eine Glosse. Sondern reines Gewäffel. Aber, das weiss Schumacher aus seinen vielen Jahren journalistische Tätigkeit, nicht nur eine Glosse, eigentlich alles im Journalismus braucht eine Schlusspointe. Soweit richtig, aber bei einer Glosse sollte wenigstens die etwas lustig oder satirisch sein.

Trekking, Führung, Schreibe, Wirtschaft: Nichts ist vor Schumacher sicher

Auf der anderen Seite, so weit unten im Text erinnert sich Schumacher vielleicht nicht an die Kategorie, in der er angeblich schreibt. Aber er bleibt immerhin seinem Leitmotiv treu, der Unterschrift. Die verweigere Trump nämlich unter das 900-Milliarden-Hilfsprogramm, das die «gebeutelte US-Wirtschaft so dringend bräuchte», lässt Schumacher auch noch profunde ökonomische Kenntnisse aufblitzen.

Dann wagt er noch abschliessend den Blick in die Zukunft, dass Trump weiterhin seinen Stift zücken werde, um «weitere Freunde aus dem Knast zu holen und absurde Executive Orders zu unterschreiben».

Das würde man einem Volontär um die Ohren hauen

Wir finden, das ist eine Glosse, die man einem Volontär um die Ohren hauen würde, mit der Ansage: Lern erstmal, was eine Glosse ist, dann schreib eine. Aber weder die 40 Korrespondenten, verteilt über den ganzen Globus, noch sein einsamer Mitarbeiter würden es wagen, dem Auslandchef des Mitglieds des Tageszeitungsduopols CH Media anzudeuten, dass das weder eine Glosse, noch originell, noch interessant, sondern schlichtweg Schrott ist.

Daher hoffen wir, dass Schumacher mehr seine Kernkompetenz Trekking ausbaut, sich nur noch um das Redigieren von Korrespondenten-News kümmert und so dem Ausland eine kleine Chance gibt, einigermassen unbeschädigt in die Spalten von CH Media zu kommen.