Unwohl

Neues aus Absurdistan der politischen Korrektheit.

Die spanische Klamottenfabrik Zara macht eine Werbekampagne mit künstlerischem Anspruch. Idee: wieso nicht ein Model in ein Künstleratelier stellen, in dem unfertige Skulpturen herumstehen.

Damit soll das Handwerkliche und das Künstlerische in der Massenproduktion des Kleidermultis betont werden. Also etwa so, wie die dicke italienische Mamma in ihrer altmodischen Küche im Sugo rührt, während die Pampe in Wirklichkeit in riesigen Bottichen mit Rührwerken hergestellt wird.

Der Transfer von Produkten in höhere Sphären als Kaufanreiz, uralte Masche, immer wieder gut. Ein Dauerbrenner, so wie das Verwenden von Prominenten, die eine bestimmte Uhr am Handgelenk tragen oder einen bestimmten Kaffee schlürfen. Als ob das dem Produkt eine besondere Wertigkeit gäbe. Aber solange es funktioniert …

Nun kann man über Idee und Ausführung des Niveautransfers von Zara durchaus geteilter Meinung sein. Aber in den heutigen Zeiten von Schneeflocken und multipel Verletzten, Betroffenen, sich unwohl Fühlenden kommt man so schnell wie unerwartet in Teufels Küche.

In den asozialen Medien meldeten sich alsbald Nutzer, die nicht einfach wegschauen konnten, sondern diese Werbekampagne als geschmacklos kritisierten. Protestierten, zu Boykott aufriefen. Sich nicht mehr einkriegten. Warum? Auf diese kranke Idee muss man erst mal kommen: die verhüllten Skulpturen erinnerten an Körper in Leichentüchern, wie man sie bei der Berichterstattung über den Krieg im Nahen Osten zu sehen kriege.

Statt ambulante oder stationäre psychologische Behandlung zu empfehlen, kroch Zara zu Kreuze; wies diese Assoziation weit von sich, unterstrich das Offenkundige, dass diese Kampagne lange vor dem Hamas-Massaker konzipiert und fotografiert worden sei – und zog sie zurück.

Das erinnert an den Aufschrei Hypersensibler, als die Zürcher VBZ darauf hinwies, dass es untersagt ist, in Tram und Bus die Passagiere mit dem Vortragen von Gesangskunst, begleitet von einem Instrument, zu belästigen. Als Piktogramm für Analphabeten hatten die Verkehrsbetriebe aber ein Symbolmännchen mit Sombrero gewählt. Dass es nur ein männliches Exemplar gab, erregte komischerweise nicht den Unmut der Überkorrekten, die offenbar den ganzen Tag nichts Besseres zu tun haben, als stellvertretend für andere nach Diskriminierung, Ausgrenzung, Rassismus und Schlimmerem Ausschau zu halten.

Nein, sie bemängelten, dass der Sombrero eine bestimmte Völkergruppe herausgreife und stigmatisiere. Flugs ersetzten die VBZ das Männchen mit Sombrero durch eines ohne.

Falsch.

Richtig.

Aber kann das die Lösung sein? Das Männchen ist schwarz (!). Scheint männlich zu sein. Spielt Gitarre (und keine Laute, keine Flöte, keine Trompete, usw.). Steht, hat zwei Beine und zwei Arme, ist Rechtshänder. Da bleibt noch viel Erregungspotenzial ungenutzt.

Das Absurde an all diesen Herumturnereien ist, dass jede Differenzierung immer eine Stigmatisierung enthält, was völlig normal und keinesfalls diskriminierend oder ausgrenzend ist. Oder sollte es in Frauen-WCs auch Urinoirs haben, weil es die bei den Männern gibt? Überhaupt ist auch die Toilettenfrage ein gutes Beispiel für diesen Wahnsinn. Wie viele sollen es denn sein? Männlein, Weiblein, schon. Aber die Diversen? Die rund 164 verschiedenen Gender, bei jedem neuen genderspezifischen Klo bleiben Dutzende von Gendern aussen vor, sind diskriminiert und ausgegrenzt.

Nachdem der Sprachwahnsinn unvorstellbare Formen annahm und vor allem von Tamedia als weiteres Mittel, die Leser zu vergraulen, fleissig angewendet wurde, gibt es hier endlich massive Gegenwehr. Verschiedene Medien und Amtsstellen verbieten schlichtweg die Verhunzung der deutschen Wörter durch Sprachverbrechen wie den Gender-Stern, Binnengrossschreibung oder das Setzen von Ausrufezeichen an Stellen, wo sie nichts zu suchen haben.

All diesen Pseudobetroffenen, die behaupten, körperlich und geistig zu leiden, wenn sie am Wort Mohr oder an der Zeichnung eines Mohren vorbeilaufen, haben drei Eigenschaften gemein. Sie leiden stellvertretend für andere, usurpieren schlichtweg das Leiden. Sie werfen sich auf das Einfache, den Kampf gegen Begriffe. Weil sie zu faul sind, das Schwierige, den Kampf gegen dahinterstehende Verhaltensweisen wie Rassismus, anzugehen. Und sie sind schlichtweg bescheuert.

10 Kommentare
  1. Andi V.
    Andi V. sagte:

    Ich liebe diese Artikel von Zackbum, die philosophische, werbetechnische und künstlerische Themen gleichzeitig streifen. Danke dafür.
    Persönlich ist mir die «heile Welt» aus Werbung und Retro-Mist z.B. à la italienische Mama die noch Saucen kocht auch in der Grossverteiler-Werbung aufgefallen. Migros und Coop wollen sich irgendwie an die woken, gutmenschlichen und gerechtigkeits-empfindenden Konsumenten anlehnen und veröffentlichen dauernd auch 50er- und 60er-Jahre Klischees, wobei die Produktion wegen Margendrucks bei den Produzenten schon längst industrialisiert und rationalisiert werden musste.

    Entfernt sich ein Unternehmen von seinen eigentlichen Werten, weiss die Führung am Schluss gar nicht mehr, was sie machen sollte und verirrt sich dann in solchen Kampagnen oder Aktionen. Ganz gut geschildert ist das am Beispiel von Panasonic, wo die Kernprinzipien des Firmengründers vom Nachfolgemanagement verlassen wurden und die Firma an der Grenze der Pleite steht: https://www.youtube.com/watch?v=oH7cBOPVvvg.

    Als weitere Werbe-Idee für Zara hätte ich übrigens Models empfohlen, die sich den Arm ritzen oder auf dem WC kotzen. Dann hätte man zugleich Skandal-Aufmerksamkeit wie in den 90er-Jahren mit den Bulimie- oder Tierzucht-Skandalen erreicht und sogar zwei Themen thematisiert, die unter Models noch aktuell sind. Auch die Marke Schiaparelli wollte mit Tierschädeln und Models den Erinnerungseffekt ins Gehirn einbrennen, wofür sie kritisiert wurde, aber dennoch ihre Aufmerksamkeit fand.

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  2. Manfred
    Manfred sagte:

    «BinnenGrossschreibung» ist keineswegs ein SprachVerbrechen. Weil im Deutschen zusammengesetzte Substantive grundsätzlich zusammengeschrieben werden – was zu echten WortMonstern mit 20 und mehr Buchstaben führt – ist die Verwendung von BinnenMajuskel eine Alternative. Ich finde, es sieht auch noch cool aus.

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  3. Martin Hefti
    Martin Hefti sagte:

    Ein wesentlicher Teil der Motivation scheint mir auch zu sein, dass die Woken mit ihren Forderungen und Aktionen sich gegenüber dem Rest der Welt ethisch überlegen fühlen können. Ergo zum Normengeber, Richter und Scharfrichter zwingend berufen. So wie einst die „arische Rasse“. Der weisse Mann ist heute der Jude von damals: Schuld an allem, was auf der Welt schiefläuft und schiefgelaufen ist. Ein eindimensionales, populistisch eingängiges Weltbild. Umso heller und makelloser kommt man sich selber vor.

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  4. Simon Ronner
    Simon Ronner sagte:

    «All diesen Pseudobetroffenen […] Sie leiden stellvertretend für andere, usurpieren schlichtweg das Leiden. Sie werfen sich auf das Einfache, den Kampf gegen Begriffe. Weil sie zu faul sind, das Schwierige, den Kampf gegen dahinterstehende Verhaltensweisen wie Rassismus, anzugehen. Und sie sind schlichtweg bescheuert.»

    Es geht bei all diesem Quatsch nie um echte Hilfe angeblich marginalisierter Gruppen (BIPoc, LGBTQIA2S+, Migrant:innen…). Auch scheinbares «Unwohlsein» beim Anblick einer «als weiss gelesenen Person» mit Rastas oder eines Gebäudes mit «Mohr»-Inschrift: alles bloss perfide rhetorische Finten mit niederträchtigen Absichten.

    Das einzige was diese linken Narzissten wollen, ist Macht. Mit gezielten Verwirrungen, Vorwürfen, Beschämungen, Beschimpfungen, Manipulationen, Dreckspielchen wollen sie gezielt Chaos und Unsicherheit stiften. In diesem Zustand ergreifen sie Oberhand über die Situation um das Bewährte, Solide und Vernünftige, welches diese nutzlosen Lebensversager so abgrundtief hassen, zu zerstören. Es ist ihnen völlig egal, wenn alles in Chaos versinkt. Denn Hauptsache, sie haben gesiegt.

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    • Victor Brunner
      Victor Brunner sagte:

      Interessant die gleichen Linken die von anderen immer Toleranz verlangen bevormunden wo sie nur können. Beispiel dafür in Zürich, die Stadtpräsidentin

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    • C. Wallens
      C. Wallens sagte:

      Vielleicht geht es dabei auch um den Kampf gegen den Individualismus und das Bestreben nach Kollektivismus und Gleichmacherei – das Ziel aller Sozialisten. Man will den perfekten, hörigen und gehirngewaschenen Einheitsbürger und wer nicht spurt, wird gecancelt, diffamiert, ausgegrenzt oder sogar, wie die Geschichte zeigt, noch Schlimmeres. Leider scheint das auch für eine Mehrzahl aller Journalisten und den sorgfältig ausgewählten Lesern in den Kommentarspalten ein durchaus erstrebenswertes Ziel zu sein.

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    • Niklaus Fehr
      Niklaus Fehr sagte:

      Das Wort, das ich eigentlich nicht mehr verwenden möchte heisst Überbevölkerung. Zu viele Menschen fühlen sich heute nutzlos. Wollen auch teilhaben und etwas tun. Wahrgenommen werden. Aufmerksamkeit. Das führt dann zu solchen Gruppierungen die jenen ein Zuhause geben die sonst einfach in ihrer Clique herumhängen und diejenigen provozieren die es besser haben. Es wird immer schwieriger ein sinnvolles, erfülltes Leben zu führen. Dabei sind es nicht die Geburten der eigenen Bevölkerung im Land die dazu führen. Die Massen verschieben sich auf der ganzen Welt und bringen das Gefüge aus dem Gleichgewicht. Der Technik sei dank. Bevor der Satz über das goldene Zeitalter wahr wird, «wenn Arm und Reich sich nicht mehr würgt», müssen wir da durch.

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    • Niklaus Fehr
      Niklaus Fehr sagte:

      Habe ich auch schon gedacht. Kritik an Unverbesserlichen ist eigentlich Zeitverschwendung. Man sollte die Aufmerksamkeit jenen schenken die es wert sind. Die Kritik annehmen und verwerten können. Die «Habaschen» ignorieren.

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    • Andi V.
      Andi V. sagte:

      Absolut zutreffend. Es gibt im deutschen Sprachraum vielleicht noch Apolut.net, welches als Medienportal auch noch eine andersartige Ausrichtung verfolgt, als nur zu «berichten».

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