Meinungsfreiheit

Wie unser wichtigstes öffentliches Gut vor die Hunde geht.

Man kann den Papst als senilen alten Knacker bezeichnen, der gegen seine übergriffigen Pfaffen nichts unternimmt. Man kann eine Kriminalgeschichte des Christentums schreiben, ohne auf dem Scheiterhaufen zu landen. Wenn man Mohammed als analphabetischen Pädophilen bezeichnet, kann das selbst in unseren Breitenkreisen Ärger geben.

Täte man das in einem vom Islam versklavten Land, wäre man gut beraten, vorher sein Testament zu machen. Das ist keine Nebensächlichkeit, sondern ein essenzieller Unterschied zwischen dunklem Mittelalter, Rückschritt, miefigem fortschrittsfeindlichem Glauben und einer prosperierenden Gesellschaft.

Ohne Meinungsfreiheit kein Wohlergehen, so einfach ist das.

Nun kann aber keine Freiheit grenzenlos sein, sonst wird sie zu Willkür und führt zu Perversionen. Die Forderung, alle Juden umzubringen, die Behauptung, Frauen seien Menschen zweiter Klasse und weniger wert als ein Kamel, die unsinnige Meinung, dass alle Schwarzen dümmer seien als alle Weissen, das ist nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt.

Dummheit hingegen ist nicht verboten und darf frei geäussert werden. Wäre das strafbar oder sanktioniert, würden die meisten Zeitungen mit grossen, weissen Flecken erscheinen. Die Scharfrichter der öffentlichen Meinung sind aber gnadenlos. Selbst eine Heilige wie Greta Thunberg wird vom Olymp gestossen, wenn sie Meinungen äussert, die nicht in den Mainstream passen.

Nun hat sich in den USA, dem Mutterland der freien Meinungsäusserung, Erstaunliches zugetragen. Denn auch an dortigen Eliteunis fanden pro-palästinensische Manifestationen statt, die beispielsweise dem Staat Israel sein Existenzrecht absprachen. Ist das nun von der Meinungsfreiheit gedeckt oder nicht?

Zu diesem Thema fand ein Hearing im US-Kongress statt. Vorgeladen waren die Präsidentinnen (ausschliesslich Frauen) der berühmten Unis Harvard, Penn und MIT.

Sie wurden dazu befragt, ob sie selbst judenfeindlichen Tönen ihrer Studenten entgegentreten wollten und solche Äusserungen ohne Wenn und Aber verurteilten. Oder ob sie der Auffassung seien, dass selbst Aufrufe zum Völkermord durch die Meinungsfreiheit gedeckt seien. Eine Trump-Anhängerin im Hearing verlangte dazu ein klares Ja oder Nein als Antwort.

Das blieben ihr die drei Präsidentinnen schuldig, was in den asozialen Plattformen für grosses Gebrüll sorgte. Ist es also erlaubt, «from the river to the sea, Palestine will be free» zu skandieren, kann das so interpretiert werden, dass es dem jüdischen Staat sein Existenzrecht aberkennt?

Nein, ZACKBUM will und kann hier keine höchstrichterlicher Antwort geben. Aber das Beispiel illustriert wunderbar, worum es bei der Meinungsfreiheit geht. Sie gilt nicht absolut, aber ihre Grenzen sind nicht klar und deutlich definierbar. Denn sicher, menschenverachtende, rassistische oder zu Gewalt aufrufende Äusserungen sind verboten. Nur: ab wann sind sie das? Wer definiert das? Wo fängt die notwendige Begrenzung an, wo schlägt sie in Zensur um?

Denkverbote, Sprechverbote, Schreibverbote, Einschränkungen des herrschaftsfreien Diskurses durch selbsternannte Wächter des Erlaubten – das ist Gift. Gift für unsere einzige Methode, unseren Königsweg zu Erkenntnis und Fortschritt: die nur durch das Strafgesetzbuch und ein allgemeines Verständnis von Anstand begrenzte öffentliche Debatte mit (fast) allem Denk- und Sagbaren.

Davon sind wir auch in den westlichen Gesellschaften so weit entfernt wie seit der Aufklärung noch nie.

 

2 Kommentare
  1. Guido Kirschke
    Guido Kirschke sagte:

    Bei der Rede- und Meinungsfreiheit gibt es nur Schwarz oder Weiss, kein Grau. Entweder man ist frei, zu denken und zu sagen was man will, oder man ist es nicht. Aus meiner Sicht haben wir keine Meinungs- und Redefreiheit in unserem Land, nur schon aus den von Ihnen selber geschriebenen Einschränkungen. Hand aufs Herz, warum soll ein Vollpfosten nicht denken können, dass Weisse dümmer sind als Schwarze und das auch aussprechen? Oh… Moment, das darf man sagen, aber das Gegenteil darf man nicht sagen, nicht maal denken. Es ist deppert, diese Einschränkungen zu machen. Das ist Zensur. Natürlich gibt es Länder und Kulturen bei denen es noch viiiiiiel schlimmer ist als bei uns, geschenkt. Es gibt diesen Spruch (weiss nicht mehr von wem): Ich bin mit deiner Meinung nicht einverstanden, aber ich gebe mein Leben dafür, dass du sie frei äussern kannst.

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  2. Niklaus Fehr
    Niklaus Fehr sagte:

    Geht mit Humorlosigkeit einher. Wer nichts mehr zu lachen hat, gönnt es auch anderen nicht. Schwere Zeiten. Wer fröhlich ist macht sich verdächtig.

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