Die Krake des Grauens

Wie eine Heldin wegen einer Krake in einen Shitstorm gerät.

So schnell kann’s gehen. Greta Thunberg wurde schon als die neue Jeanne D’Arc der Klimabewegung gehandelt. Wie auch mit Selenskyj rissen sich Politiker und Möchtegerns darum, mit Thunberg auf einem Foto verewigt zu werden. Die leicht autistische 20-Jährige hatte mir ihrer Körpergrösse von 1.49 m eine internationale Übergrösse erreicht.

UNO, WEF, kein Anlass, an dem sie nicht als Rednerin eingeladen war; Millionen hingen und hängen an ihren Lippen, dieser vorbildlichen Kämpferin für eine gesunde Umwelt und angenehme Temperaturen, auch für Eisbären und Pinguine.

Aber nun das:

Die Journaille ist entsetzt. «Greta Thunberg teilt israelfeindlichen Aufruf», schüttelt die «Welt» den Kopf. «G.T. empört mit Solidaritätsaufruf», empört sich das ZDF. «Aufschrei nach Solidarisierung mit Palästina», kreischt die «Süddeutsche Zeitung», sie macht gleich Du mit der Aktivistin und rempelt sie noch in einem Kommentar mit dem Titel «Du, Greta?» an. «Bild» bringt’s mit wenig Buchstaben auf den Punkt: «Klima-Greta teilt Israel-Hass-Aufruf». Und «Tichys Einblick» lässt gleich jede Vernunft fahren: «Greta Thunberg unterstützt die Hamas und wirbt mit Nazi-Symbol», beschimpft das «liberal-konservative Meinungsmagazin» die «Klimaschulschwänzerin». Natürlich ist da auch die «Weltwoche» nicht weit: «Israelischer Armeesprecher sagt: «Wer sich in Zukunft auf irgendeine Weise mit Greta identifiziert, ist meiner Meinung nach ein Unterstützer des Terrorismus»». Und wenn das ein israelischer Militärsprecher sagt, ist’s sicher die objektive Wahrheit.

Ein wenig zurückhaltender ist Tamedia: Die Aktivistin gerate «in gefährliche Nähe zu antisemitischen Slogans und Symbolen», weiss ein Michael Schlegel. Er weiss halt auch nicht viel. Da loben wir uns doch SRF News und die NZZ: die sehen hier keine Berichterstatterpflicht.

Was ist in Wirklichkeit passiert? ZACKBUM ist sicherlich dafür das geeignete Medium, denn unsere Sympathien für Thunberg, den Hype um sie, ihre Ziele und die Methode Schulschwänzer halten sich in ganz überschaubaren Grenzen.

In der ersten Version des Tweets (oder X) sah man doch neben dem Kopf von Thunberg eine Spielzeugkrake aus Stoff. Jö. Nix jö, sofort wurde messerscharf geschlossen, dass Thunberg jetzt auch noch nationalsozialistische Symbole verwende, die kenne ja nix mehr. Nun ist der Krake nicht nur ein ziemlich intelligentes Weichtier, sondern auch ein Schreckenstier in vielen Horrorstorys, wo angeblich Riesenkraken sogar ganze Schiffe in den Abgrund reissen. Und dann gab es noch Paul, der Krake, der den Ausgang aller WM-Fussballspiele mit deutscher Beteiligung und sogar des Endspiels korrekt «voraussagte».

Aber hier ist der Krake als Symbol gemeint, das tatsächlich die Nazis in ihrer Propaganda gegen das «jüdische Finanzkapital» verwendeten. Dumm nur für alle, die Thunberg daher das Verwenden von Nazisymbolen unterstellen: auch die deutsche Propaganda im 19. Jahrhundert verwendete gegen das zaristische Russland die Krake als Symbol. Auch die USA, die UdSSR, China und viele andere Staaten oder Bewegungen wurden schon in Karikaturen als Krake dargestellt.

Noch blöder: auch Israel verwendet das Symbol des Kraken – allerdings als Propaganda-Bezeichnung gegen den Iran. Eine Sprachregelung, die übrigens da und dort in den Medien gerne übernommen wird.

Dass Thunberg sagt, dass ihr dieser Symbolgehalt nicht bekannt gewesen sei, für Autisten wie sie solche Tiere zum Ausdrücken von Gefühlen verwendet würden und dass sie flugs ein neues Foto ohne Krake publizierte: tut nichts, sie «wirbt mit Nazi-Symbol».

So weit, so schlecht. Nun hat Thunberg auch einen Aufruf auf Instagram geteilt, in dem zu einem «globalen Generalstreik in Solidarität mit Palästina» aufgerufen wird. Dahinter steht «Palästina spricht», laut Selbstbeschreibung eine «politische, feministische, demokratische, anti-rassistische Bewegung in Deutschland für palästinensische Rechte». Allerdings verwendet die Organisation auch schon den Slogan «from the river to the sea», eine Metapher dafür, dass der Landanspruch Palästinas sich auf das ganze Gebiet zwischen dem Jordan und dem Mittelmeer beziehe – womit dann für Israel kein Platz mehr wäre.

Man kann sich tatsächlich fragen, wieso sich eine sicherlich mit der komplexen Situation im Nahen Osten nicht sonderlich vertraute Aktivistin hier zum Fenster raushängen muss. Man kann sich auch wie Jutta Ditfurt fragen:

Vielleicht disqualifiziert dieses einseitige Einstehen auch die Aussagen, die Thunberg zum Thema Klimawandel macht. Vielleicht sollte auch sie lernen, dass Berühmtheit nicht vor Dummheit schützt und auch nicht dazu verpflichtet, zu jedem Problem auf der Welt seinen Senf zu geben.

Vielleicht hätte sie den Kraken knuddeln sollen und das dumme Bekenntnisfoto sein lassen. Aber ihr gleich hysterisch die Verwendung von Nazi-Symbolik um die Ohren zu schlagen, um damit einmal mehr bedenkliche Kenntnislücken zu offenbaren, das ist mindestens so peinlich wie der Auftritt Thunbergs.

 

 

8 Kommentare
  1. Ludwig Detusch
    Ludwig Detusch sagte:

    «Man kann sich tatsächlich fragen, wieso sich eine sicherlich mit der komplexen Situation im Nahen Osten nicht sonderlich vertraute Aktivistin hier zum Fenster raushängen muss.» Kann man schon, aber wozu? Thunberg ist und bleibt ein dummes, kleines und erst 20-jähriges Mädchen. Daran hat sich nichts geändert, bloss weil die Medien weltweit sie einst zu einem Symbol für irgendwas aufgeblasen haben und bloss weil ein paar Mediensüchtige darauf reingefallen sind und weiter darauf herumreiten.

    Antworten
  2. Guido Kirschke
    Guido Kirschke sagte:

    Die mediale Schelte betreffend des Kraken mag ja ggf. übertrieben sein, aber sie gibt den Gretchens dieser Welt ein wenig von der Medizin zurück, welche sie laufend selber verteilen. Und sie haben an Ansehen eingebüsst durch ihre Parteinahme. Ich finde das eigentlich nicht so schlecht.

    Antworten
  3. Ruedi Rudolf
    Ruedi Rudolf sagte:

    «Krake, Octopus, Flintentisch…äh…Tintenfisch (Oktopoden)»

    Wunderbare Tiere. Bei einem Tauchgang in Südthailand hatte ich das sehr seltene Vergnügen, ein eng umschlungenes Pärchen, bei der Hochzeit zu beobachten. Es war unglaublich und faszinierend. Die zwei Tintenfische blinkten in allen Regenbogenfarben, wie in einer Lichtshow in einer Diskothek.

    Im folgenden Video (Hurghada) sieht man einen Tintenfisch, wie er sich auf Verstecksuche farblich der Umgebung anpasst. Das Traurige, in diesem Korallenriff wurde wie die vielen verstreuten Korallen Bruchstücke zeigen, mit Dynamit gefischt. Oft gibt es auch Ankerschäden, wo keine oder zu wenig Boyen zum anlegen vorhanden sind. Die Schattenseiten des Sporttauchens, wo Horden von schlecht ausgebildeten Tauchern, die mit ihren Flossen, zappelnd und strampelnd auf den Korallen rumtrampeln.

    Ein Meister der Farbwechsel – Ein Oktopus am Hausriff:
    https://www.youtube.com/watch?v=TwC3lNfCo7E

    The Mimic Octopus:
    https://www.youtube.com/watch?v=vkGKyLBPYHQ

    Ps. Der Mensch über und unter Wasser – ein Meister der Zerstörung.

    Antworten
  4. Reto Studer
    Reto Studer sagte:

    na ja – jetzt tun sie dümmer als sie sind. wer ein foto so arrangiert, weiss genau was sache ist oder zumindest ihre hintermänner/frauen

    Antworten
  5. Martin Hefti
    Martin Hefti sagte:

    Bei Greta ist nie etwas inszeniert. Ihre Organisation ist PR-mässig unbedarft. Die Krake war also rein zufällig auf dem Bild. Sie ist einfach so knuddelig, Darum hab ich im Büro auch eine kleine auf den Monitor geklebt, zur Versüssung meines Arbeitsalltags.

    Antworten
    • Dominik
      Dominik sagte:

      Bist du Autist?
      Diese Krake, die Gefühle ausdrücken kann ist ein Hilfsmittel!
      Und diese Art von Krake hat auch keine langen Tentakel wie die Krake des Stürmers.

      Antworten
  6. Peter Bitterli
    Peter Bitterli sagte:

    Derlei Und/Aber/Auch dürfte für die Jüngerinnen und Jünger schwierig werden zum Kommentieren, äh Reproduzieren.

    Antworten

Dein Kommentar

An Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns Deinen Kommentar!

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert