Beiträge

Förderung des Antisemitismus

So hört sich ein Rohrkrepierer an.

Die Tochter von Maxim Biller100 Zeilen Hass») lädt unreflektiertes Geschimpfe in der NZZ ab. Selbst ihr jugendliches Alter von 26 Jahren kann sie nicht vor dem Vorwurf schützen, dass sie mit einem Brandkommentar den Antisemitismus schürt und befördert. Schon der Titel von Zelda Billers Wutausbruch ist und soll ein Schlag in die Fresse sein: «All diese Menschen, die gerade aus ihren Löchern gekrochen kommen und immer so getan haben, als würden sie nur Israel hassen, hassen in Wahrheit Juden».

Nun mag es Wahnsinnige geben, die Israel hassen, die Juden ganz allgemein hassen. Dazu gehören islamistische Fanatiker, Anhänger der Hamas, der Hetzbolla, des Islamischen Staates. Dazu gehört auch die Führungsclique des Irans, dazu gehören auch viele Araber.

Wer aber versucht, jede Kritik am Vorgehen Israels als Äusserungen von Israelhassern, Judenhassern, Antisemiten abzuqualifizieren, entwertet diese Begriffe, missbraucht sie, disqualifiziert sie. Und sich selbst, wenn so brachial-banal argumentiert wird wie von Biller.

Reichen diese Zeilen schon, um von Biller oder ähnlichen Kleingeistern als aus einem Loch gekrochener Israelhasser, Judenhasser, Antisemit beschimpft zu werden? Locker. Muss man deswegen so herumeiern wie der sonst konzisere NZZ-Chefredaktor Eric Gujer in seinem aktuellen Leitartikel?

Braucht es zunehmend Mut, sich so öffentlich zu positionieren? Schon, aber es braucht das redliche Festhalten an unserem einzigen erkenntnisfördernden Prinzip, das uns seit der Aufklärung sehr viel genützt hat: weder Kirche noch Staat, und erst recht nicht ein Einzelner darf aus irgendwelchen Gründen sich dazu aufschwingen, im Rahmen des rechtlich Erlaubten Sagbares zu denunzieren, zu disqualifizieren, als indiskutabel zu etikettieren.

Wer Meinungen mit Haltungen kurzschliesst, wer den leider modischen Kurzschluss macht «wer das sagt, ist deswegen links, rechts, Veganer, Nazi, Antisemit, Kommunist, Verschwörungstheoretiker» usw., der argumentiert unredlich, unfruchtbar. Will nicht debattieren, sondern zensieren, scheut die intellektuelle Auseinandersetzung.

Besonders abscheulich wird das, wenn Worte entwertet werden. Wer dümmlich «Zürich nazifrei» lallt, wer von «Endlösung» faselt, wem das Wort «Holocaust» bei jeder Gelegenheit locker von den Lippen geht, wer jeden, dessen kritische oder differenzierte Meinung zu Handlungen der israelischen Regierung ihm nicht passt, als Judenhasser oder Antisemiten beschimpft, ist ein unerträglicher Flachdenker. Er beschimpft nicht Antisemiten, sondern im Nachhinein die Opfer, in deren Gedenken diese Worte geprägt wurden.

Schlimmer noch: solche Menschen verrichten – mit der Sinnentleerung und Entwertung solcher Begriffe – das Geschäft von wahren Antisemiten oder Judenhassern, die es durchaus gibt.

Welch verquere und kaputte Wutlogik bricht hier aus Biller hervor?

«Kann es sein, dass der Antisemitismus durch das Hamas-Pogrom endlich wieder seine ursprüngliche, mörderische Bedeutung zurückerlangt hat? Und wäre das vielleicht sogar etwas Gutes? Weil es dadurch ab jetzt so leicht wie noch nie sein wird, jeden einzelnen als Antizionisten getarnten schlechten Gangster, der es sich wie Varoufakis einfach nicht verkneifen kann, seine Freude über den bestialischen Mord an 1400 Juden auszudrücken, als erbarmungslosen Antisemiten blosszustellen

«Gehirngewaschene Linke … Sie heissen Judith Butler, und Greta Thunberg und haben es kürzlich alle geschafft, den Hamas-Terror auf ihre eigene perfide Art zu relativieren … Klar, Greta, wir lassen uns von Terroristen massakrieren, tun nichts, lassen 200 Geiseln in Gaza verrecken und warten einfach brav auf das nächste Massaker!»

Weiss Biller eigentlich, was «Pogrom« bedeutet? Ist es redlich, jeden, der auf das völkerrechtswidrige Vorgehen israelischer Truppen, auf die illegale Siedlungspolitik, auf andere Massaker wie in Sabra und Schatila hinweist, auf tote palästinensische Kinder, die Gräueltaten der Hamas in Israel um die Ohren zu hauen, um ihn dann gleich als Antisemiten zu beschimpfen?

Besonders masslos in ihrem unreflektierten Wutausbruch wird Biller bei der Intellektuellen Judith Butler: «so relativiert diese am Limit ihres linken Denkhorizonts angekommene Jüdin die Greueltaten der Hamas-«Gruppe», wie sie den palästinensischen IS verharmlosend nennt, indem sie sie als Reaktion auf die israelische Besatzungspolitik darstellt.»

Dass Biller sie in eine Reihe mit Ernst Nolte stellt, kann man ihr nur mühsam angesichts ihrer jugendlichen Unreife und Unkenntnis verzeihen, mit der sie sehr schnell am Limit ihres Denkhorizonts ankommt.

Unverzeihlich ist dann dies: «Damit es keine Missverständnisse gibt: Thunberg, Žižek und Butler sind nicht einfach nur Relativierer. Sie sind Antisemiten, weil sie, jeder auf seine Art, versuchen, Terroristen zu entlasten, die Juden getötet haben, allein aus dem Grund, weil es Juden waren. Damit machen sie sich zu Komplizen aller von dem Hamas-Geballer aus ihrem Dornröschenschlaf geweckten Pöbel-Antisemiten, die gerade weltweit auf den Strassen dafür sorgen, dass Juden im Jahr 2023 wieder Babi-Jar-Alpträume haben.»

Sie meint wahrscheinlich Babyn Jar, ein Massaker, das von deutschen Nazi-Truppen 1941 in der Nähe von Kiew verübt wurde und bei dem innerhalb von 48 Stunden mehr als 33’000 Juden, Männer, Frauen und Kinder, ermordet wurden. Was für eine rotznäsige Frechheit einer pöbelnden Göre.

Was tun? Eines sicher nicht: «Argumentieren mit Antisemiten» habe «noch nie etwas gebracht». Das mag sein, aber argumentieren mit solchen Wutbürgern, die sich in ihrer Verblendung anmassen, die Beschimpfung «Antisemit» wie Konfetti auf jeden herabregnen zu lassen, dessen Meinung ihnen nicht passt, macht auch keinen Sinn.

Man muss aber vor den Folgen ihres Krakeelens warnen. Obama, Blinken, Biden, Guterres, die EU, Regierungschefs vieler Länder, besorgte Stimmen von Intellektuellen: sind sie allesamt Judenhasser und Antisemiten, in dem Moment, in dem sie nicht ihre bedingungslose Zustimmung zu allen Handlungen der israelischen Regierung äussern? Nützt ihnen selbst eine bedingungslose Verurteilung der babarischen Taten der Hamas nichts? Sobald sie eine Kritik an Israels Vorgehen anschliessen, werden sie in Billers Verquerlogik zu Antisemiten.

Man ist versucht, die Dame zu fragen: wie, bitte schön, darf man denn die israelische Regierung kritisieren? Überhaupt nicht? Aber glücklicherweise muss man sie dafür nicht um Erlaubnis fragen.

Biller ist nicht nur dumm, das wäre entschuldbar. Sie ist eine Brandstifterin, die jegliche nötige und sinnvolle Debatte über Lösungen verhindern will. Nicht nur, weil sie selber keine hat. Sondern weil sie selber auch hasst, und das vernebelt die Sinne. Wieso allerdings die NZZ mit klarem Verstand die Jungautorin nicht vor sich selbst schützt, ist unerklärlich.

NZZ: Es darf gelacht werden

Das Blatt verliert Mass und Mitte und macht sich lächerlich.

Ob die von allen einmal angehimmelte Greta Thunberg, die grosse Ikone der Klimabewegung, gut beraten war, sich in den Nahost-Konflikt einzumischen («Stand with Gaza») ist tatsächlich eine berechtigte Frage.

Dass «Fridays for Future International» ihr Kernthema verlässt und gerne scharfe Israelkritik äussert, ist auch bedenklich. Ob das schon antisemitismuskeulenwürdig sei, ist die Frage. Entsprechende Posts haben sicherlich Anklänge an Verschwörungstheorien und sind etwas wirr: «The western media is capitalizing the sh*t out of the ongoing genOzide in gaza

Nun greift Alexander Kissler, Redaktor der NZZ in Berlin, zum verbalen Zweihänder; damit inzwischen in bester Tradition seines Blatts. Er fordert die führende deutsche Klimaaktivistin ultimativ auf: «Luisa Neubauer muss sich im Namen ihrer deutschen Mitstreiter von der Dachorganisation lossagen.»

Denn: ««Fridays for Future International» ist eine linksextremistische Organisation geworden, die den Klimaschutz als Hebel benutzt, um gegen den Westen, gegen die Marktwirtschaft und gegen Israel hetzen zu können. Da genügt es nicht, wenn sich die deutsche Organisation in ermüdender Vorhersehbarkeit abgrenzt.»

Vielleicht sollte Kissler erst mal sich selbst gegen eigene frühere Aussagen abgrenzen. So schrieb er 2014 in der Politpostille «Cicero»: «Die Kommentatoren sind sich einig: Sibylle Lewitscharoff habe in Dresden eine menschenverachtende Polemik gehalten. Nein, es war eine poetische Rede nach allen Regeln der Kunst.»

In dieser «poetischen Rede» geriet die inzwischen verstorbene Lewitscharoff völlig von der Rolle, wird aber von Kissler zustimmend zitiert: «Horror sah sie bei den „Methoden, auf künstlichen Wegen eine Schwangerschaft zustande zu bringen“, ja „abscheulich“ seien diese. Weil ihre Abscheu in solchen Fällen größer sei als ihre Vernunft, nannte sie Menschen, die auf solche Weise im Labor entstanden sind, „zweifelhafte Geschöpfe, halb Mensch, halb künstliches Weißnichtwas“ ». Das habe sie dann später zurückgezogen, kommentiert Kissler fast bedauernd.

Dass sich die irrlichternde Dame auch für ein «Onanieverbot» ausgesprochen hatte, das waren alles Mosaiksteine, um diese Rede als geistige Entgleisung zu verurteilen, nicht als «allen Regeln der Kunst» entsprechend zu lobhudeln. Auch den absurden Prunk des Limburger Bischofs Franz-Peter Tebartz, der zu dessen Entbindung von seiner Position führte, interpretierte Kissler als «Hatz auf Tebartz», die obszönen Kosten eines von Tebartz errichteten sakralen Baus war für Kissler lediglich eine «Provinzposse».

Und so jemand fordert nun von Neubauer ultimativ nicht nur klare Worte, sondern auch eine Abspaltung des deutschen Ablegers von «Fridays for Future International». Auch zu Thunberg selbst findet Kissler klare Worte: «Thunbergs fahrlässige Identifikation mit der «Free Palestine»-Bewegung, auf einem von ihr geteilten Foto zudem unter Verwendung einer als antisemitisch deutbaren Krake, lässt die Bewegung implodieren.»

Antisemitisch deutbare Krake? Der Mann hat doch – mit Verlaub – einen an der Waffel. Um in seinem altestamentarischen Duktus zu bleiben: er sieht den Splitter im Auge des anderen, aber den Balken im eigenen nicht. Dabei müsste er sich doch nur an seinen eigenen Satz gegen Schluss dieses masslosen Sirachens halten: «Jeder Diskurs ist immer so gut wie die Menge an begründeten Gegenmeinungen, die er einbindet

Gute Formulierung. Messen wir sein Geschreibsel daran. Begründete Gegenmeinungen in seinem Diskurs? Null. Wert: null. Eigentlich unter null. Denn er polemisiert nicht nur, sondern versteigt sich zu harschen Befehlen, was andere tun und lassen sollte.

So weit würde ZACKBUM nie gehen. Aber sagen wir mal so: die NZZ wäre gut beraten, solche kreischigen Kommentatoren mit dubioser Vergangenheit etwas zurückzubinden. Sie muss sich ja nicht gleich von ihnen distanzieren …

 

 

 

Die Krake des Grauens

Wie eine Heldin wegen einer Krake in einen Shitstorm gerät.

So schnell kann’s gehen. Greta Thunberg wurde schon als die neue Jeanne D’Arc der Klimabewegung gehandelt. Wie auch mit Selenskyj rissen sich Politiker und Möchtegerns darum, mit Thunberg auf einem Foto verewigt zu werden. Die leicht autistische 20-Jährige hatte mir ihrer Körpergrösse von 1.49 m eine internationale Übergrösse erreicht.

UNO, WEF, kein Anlass, an dem sie nicht als Rednerin eingeladen war; Millionen hingen und hängen an ihren Lippen, dieser vorbildlichen Kämpferin für eine gesunde Umwelt und angenehme Temperaturen, auch für Eisbären und Pinguine.

Aber nun das:

Die Journaille ist entsetzt. «Greta Thunberg teilt israelfeindlichen Aufruf», schüttelt die «Welt» den Kopf. «G.T. empört mit Solidaritätsaufruf», empört sich das ZDF. «Aufschrei nach Solidarisierung mit Palästina», kreischt die «Süddeutsche Zeitung», sie macht gleich Du mit der Aktivistin und rempelt sie noch in einem Kommentar mit dem Titel «Du, Greta?» an. «Bild» bringt’s mit wenig Buchstaben auf den Punkt: «Klima-Greta teilt Israel-Hass-Aufruf». Und «Tichys Einblick» lässt gleich jede Vernunft fahren: «Greta Thunberg unterstützt die Hamas und wirbt mit Nazi-Symbol», beschimpft das «liberal-konservative Meinungsmagazin» die «Klimaschulschwänzerin». Natürlich ist da auch die «Weltwoche» nicht weit: «Israelischer Armeesprecher sagt: «Wer sich in Zukunft auf irgendeine Weise mit Greta identifiziert, ist meiner Meinung nach ein Unterstützer des Terrorismus»». Und wenn das ein israelischer Militärsprecher sagt, ist’s sicher die objektive Wahrheit.

Ein wenig zurückhaltender ist Tamedia: Die Aktivistin gerate «in gefährliche Nähe zu antisemitischen Slogans und Symbolen», weiss ein Michael Schlegel. Er weiss halt auch nicht viel. Da loben wir uns doch SRF News und die NZZ: die sehen hier keine Berichterstatterpflicht.

Was ist in Wirklichkeit passiert? ZACKBUM ist sicherlich dafür das geeignete Medium, denn unsere Sympathien für Thunberg, den Hype um sie, ihre Ziele und die Methode Schulschwänzer halten sich in ganz überschaubaren Grenzen.

In der ersten Version des Tweets (oder X) sah man doch neben dem Kopf von Thunberg eine Spielzeugkrake aus Stoff. Jö. Nix jö, sofort wurde messerscharf geschlossen, dass Thunberg jetzt auch noch nationalsozialistische Symbole verwende, die kenne ja nix mehr. Nun ist der Krake nicht nur ein ziemlich intelligentes Weichtier, sondern auch ein Schreckenstier in vielen Horrorstorys, wo angeblich Riesenkraken sogar ganze Schiffe in den Abgrund reissen. Und dann gab es noch Paul, der Krake, der den Ausgang aller WM-Fussballspiele mit deutscher Beteiligung und sogar des Endspiels korrekt «voraussagte».

Aber hier ist der Krake als Symbol gemeint, das tatsächlich die Nazis in ihrer Propaganda gegen das «jüdische Finanzkapital» verwendeten. Dumm nur für alle, die Thunberg daher das Verwenden von Nazisymbolen unterstellen: auch die deutsche Propaganda im 19. Jahrhundert verwendete gegen das zaristische Russland die Krake als Symbol. Auch die USA, die UdSSR, China und viele andere Staaten oder Bewegungen wurden schon in Karikaturen als Krake dargestellt.

Noch blöder: auch Israel verwendet das Symbol des Kraken – allerdings als Propaganda-Bezeichnung gegen den Iran. Eine Sprachregelung, die übrigens da und dort in den Medien gerne übernommen wird.

Dass Thunberg sagt, dass ihr dieser Symbolgehalt nicht bekannt gewesen sei, für Autisten wie sie solche Tiere zum Ausdrücken von Gefühlen verwendet würden und dass sie flugs ein neues Foto ohne Krake publizierte: tut nichts, sie «wirbt mit Nazi-Symbol».

So weit, so schlecht. Nun hat Thunberg auch einen Aufruf auf Instagram geteilt, in dem zu einem «globalen Generalstreik in Solidarität mit Palästina» aufgerufen wird. Dahinter steht «Palästina spricht», laut Selbstbeschreibung eine «politische, feministische, demokratische, anti-rassistische Bewegung in Deutschland für palästinensische Rechte». Allerdings verwendet die Organisation auch schon den Slogan «from the river to the sea», eine Metapher dafür, dass der Landanspruch Palästinas sich auf das ganze Gebiet zwischen dem Jordan und dem Mittelmeer beziehe – womit dann für Israel kein Platz mehr wäre.

Man kann sich tatsächlich fragen, wieso sich eine sicherlich mit der komplexen Situation im Nahen Osten nicht sonderlich vertraute Aktivistin hier zum Fenster raushängen muss. Man kann sich auch wie Jutta Ditfurt fragen:

Vielleicht disqualifiziert dieses einseitige Einstehen auch die Aussagen, die Thunberg zum Thema Klimawandel macht. Vielleicht sollte auch sie lernen, dass Berühmtheit nicht vor Dummheit schützt und auch nicht dazu verpflichtet, zu jedem Problem auf der Welt seinen Senf zu geben.

Vielleicht hätte sie den Kraken knuddeln sollen und das dumme Bekenntnisfoto sein lassen. Aber ihr gleich hysterisch die Verwendung von Nazi-Symbolik um die Ohren zu schlagen, um damit einmal mehr bedenkliche Kenntnislücken zu offenbaren, das ist mindestens so peinlich wie der Auftritt Thunbergs.