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Zzz …

Das Werbekunden-Abholmagazin der NZZ überbeisst.

«Die Lifestyle-Beilage «Z» der «Neuen Zürcher Zeitung» und der «NZZ am Sonntag» porträtiert Luxus in all seinen Facetten und Formen

Andreas Tobler würde das Magazin – wie das hauseigene «Encore» – niemals nicht anfassen, nichtmal mit Atemschutz und Chirurgenhandschuhen. Denn es ist randvoll mit – Werbung. Das fängt schon beim Cover an. Da prangt zwar ein Z in der Mitte, links NZZ, aber rechts «Anzeige». Cartier hat gemietet und gleich nochmal eine Doppelseite gepostet im Heft. Damit liegt der Brand knapp vor Chanel, ebenfalls Doppelseite. Und vor IWC, Doppelseite. Und vor Swatch (Doppelseite, what else). Chopard schmürzelet dann ein wenig, einfache Seite, allerdings rechts.

So eine Doppelseite kostet immerhin 62.500 Franken, eine einfache 29’500. Zweite Umschlagseite plus 3. sind für 74’500 zu haben. «Full Cover (2-seitig)» ist für die NZZ, die NZZaS, NZZ Folio, NZZ am Sonntag Magazin und Z erhältlich. Näheres regelt NZZone, einfach mal anrufen.

Nun ist das Problem in der neusten Ausgabe, dass die Redaktion offenbar der Ansicht ist, dass die Leser problemlos auch so viel Kleingeld locker im Sack sitzen haben. «Neues aus der Schweiz», was sorgfältig von der Redaktion für Sie ausgewählt wurde: ein stinknormales weisses Hemd, Baumwolle-Seide, schlappe 290 Franken. Eine «Fussbettsandale», in der sich vielleicht Tarzan wohl gefühlt hätte, 329 Franken.

Aber auch vor Dubiosem schreckt man nicht zurück. «On» bietet nun auch noch Tennis-T-Shirts und -Shorts an, für relativ bescheidene 100 Franken. Über den Herstellungspreis und die Arbeitsbedingungen dabei sagt «Z» aber nichts. Spitze ist dafür eine Gesichtscreme. «Schwarzer Perlenextrakt, Gelee Royale, pflanzliche Stammzellen» und die unvermeidliche Hyaluronsäure. 50 ml, ein besserer Klacks, für faltenfreie 820 Franken.

Ins Gebiet der reinen Leserverarsche begibt sich «Z» mit dem Angebot eines simplen Steins mit Hanfschnur drum. Und angeblich mit den Gebeten eines Zen-Mönchs «gefüllt». Wer sich nicht im nächsten Bachbett gratis versorgen will: 200 Franken für diesen Nonsens.

Schon sind wir beim Schwerpunktthema und dem grossen Problem, Armbanduhren immer wieder anders zu präsentieren. Hier erreichen die Zeitmesser allerdings preisliche Dimensionen, von denen man den Leser verschonen möchte; bei jedem zweiten Ticker steht «Preis auf Anfrage». Steht er mal da, können das locker 45’000 für eine IWC werden, vergleichsweise billige 21’100 für eine Rolex im Grossvaterlook oder 165’000 für eine TAG Heuer im Uralt-Monaco-Viereckgehäuse. Geradezu ins Läppische fällt dagegen eine Junghans ab, 965 Franken, so viel kostet bei Edelweckern einmal Ticken.

Aber es muss halt auch bei der NZZ gespart werden. In «Z» lobt Myriam Zumbühl die Morchel und bereitet sie mit Minze und eingelegter Zitrone zu. Im «NZZ am Sonntag Magazin» lobt Myriam Zumbühl die Morchel und bereitet sie mit einer fein gehackten Schalotte und Madeira zu. Frische Morcheln sind halt noch teurer als getrocknete, da muss eine für vieles hinhalten.

Sollte der Leser spätestens hier alles Geld ausgegeben haben, bleibt ihm nur noch die Hoffnung, eines der beiden «Wohlfühlen-Packages» im Hotel Muchele bei Meran zu gewinnen. Oder er delektiert sich am Poesiealbum-Spruch von Immanuel Kant, der in keinem Stand für Postkarten mit Lebensweisheiten fehlen darf: «Ich kann, weil ich will, was ich muss.» Oder er ärgert sich über die flache Auslegung durch Nicole Althaus: «Denn wie alle Menschen früher oder später erfahren, ist zu wollen, was man nicht kann, und zu müssen, was man nicht will, der kürzeste Weg ins Unglück». Wieso nimmt sie sich das nicht selbst zu Herzen und lässt das mit den Zitaten?

Macht’s KI besser?

Wie die NZZaS beweist: nein.

Diese Illustration ist, wie man mit der Lupe der Byline entnehmen kann, mittels KI hergestellt worden. Sie vermischt den angestaubten Groove der 70er-Jahre mit der Art, ein Gesicht zu modellieren, wie es im Anfängerkurs für Zeichner geübt wird. Prozentzeichen in den Augen, das rundet das Bild noch mit einem Schon-wieder-Effekt ab.

Aber wer weiss, vielleicht wäre eine hausgemachte Illu noch viel schlimmer herausgekommen. Aber das ist nur die Ouvertüre für noch viel Schlimmeres.

Mal im Ernst, lieber Beat Balzli, das soll die erste Doppelseite im Heft sein? Ein misslungener Wortscherz als Titel, ein riesengrosses, aber völlig inhaltsleeres Visual, umrahmt von einem ungeheuerlichen Textriemen, der zudem in seiner Aussage so dünn ist, dass man auch eine Kurzmeldung daraus machen könnte?

Seich und Scheich, Schleich und reich, wären das nicht wenigstens bessere Titel gewesen? Oder noch besser: hätte man den Platz nicht entschieden besser verwenden können?

Aber immerhin, auf Seite vier fährt die NZZaS mit einer Berichterstattung fort, die sonst kein Organ leistet: «Was tun die israelischen Siedler, während im Gaza gekämpft wird? Ein Besuch im Westjordanland». Denn häufig wird übersehen, dass in der illegalen Besiedlung und durch die massenweise Ermordung von Palästinensern auch hier Israel nicht wirklich darum bemüht ist, irgendwann einmal die Voraussetzungen für eine Verhandlungslösung zu schaffen.

Hier schwafelt die Direktorin einer NGO, die sich für die Interessen der Siedler einsetzt: «Es gibt ein palästinensisches Heimatland, das von den Vereinten Nationen geschaffen wurde. Es heisst Jordanien.» Und wer meint, religiöser Wahnsinn sei von der Hamas gepachtet, wird von ihr eines Schlechteren belehrt: «Es ist unsere religiöse Pflicht, das Land zu besiedeln, das Gott uns gegeben hat.»

Auf Seite 12 setzt die NZZaS dann ihr Tradition fort, mit einer denunziatorisch-unanständigen Fotografie das Niveau deutlich nach unten zu senken:

Selbst der Chefredaktor der NZZaS sähe ziemlich bescheuert aus, wenn man ihn so fotografierte. Das tat das Blatt schon bei einem AfD-Politiker, ohne sich dafür zu schämen. Da wir damals nur eine nassforsche Antwort der Unternehmenskommunikation bekamen, als ZACKBUM Beat Balzli anfragte, was er denn davon halte, verzichteten wir diesmal.

Obwohl hier nicht nur das Foto, sondern auch der Titel von einer unanständigen Häme ist, die nichts mit seriösem Journalismus zu tun hat.

Völlig von der Rolle ist dann auch der Aufmacher der Kommentar-Seite. Der Fern-Korrespondent Markus Bernath aus Wien meldet sich zur Abwechslung nicht mit einem Aufruf zur Fortsetzung des Gemetzels in der Ukraine zu Wort. Aber er kann sich dennoch ins Absurde steigern: «Das Heilige Römische Reich muss Vorbild der EU werden». In Wien ist sicherlich die Toleranz gegenüber Bedepperten und Belämmerten grösser als anderswo auf der Welt. Wieso aber die NZZaS einen solchen Titel (vom Inhalt ganz zu schweigen) dem fassungslosen Leser vorsetzt, das muss das süsse Geheimnis eines neuen Chefredaktors bleiben, der seinen Laden offensichtlich noch nicht im Griff hat.

Das gilt auch für die Story «Krieg gegen die Frauen. … Sexualisierte Gewalt im Krieg ist uralt, über ihren Einsatz als Kriegstaktik spricht man aber erst seit kurzem». Es ist bis zu einem gewissen Grad erlaubt, eine verschnarchte Uralt-Story verbal im Lead aufzupumpen. Aber hier verlassen Gina Bachmann und Raphaela Roth definitiv den Streubereich der Wirklichkeit. Letztere nicht zum ersten Mal. Über Vergewaltigung als Bestandteil der Kriegsführung wird schon seit vielen Jahren geforscht und publiziert. Auch wenn das die beiden Damen vielleicht nicht mitbekommen haben sollten.

Der ungebremste Niedergang setzt sich auf Seite 23 fort. Hier versemmelt Nicole Althaus mal wieder ein im Prinzip interessantes Thema. Nein, es ist nicht dir Rede von Wechseljahren, sondern von Charisma. Spannende Sache, nur: charismatische Menschen überschritten Grenzen, weiss Althaus. Das ist noch ein – wenn auch langweiliger – Ansatz. Ungenießbar macht das Folgende dann der Nachsatz: «Aber warum sind das oft vor allem Männer?»

«Oft vor allem», deutlicher kann man die Unsicherheit der Autorin, ob sie da auf dem richtigen Weg sei, nicht ausdrücken. Immerhin: das warnt den intelligenten Leser davor, weiter seine Zeit zu verschwenden. Dass man die Seite ohne Erkenntnisverlust überblättern kann, beweisen auch Aline WannerFast wie die Werbung einer Sekte») und Rolf DobelliSeien Sie unzuverlässig») mit ihren Titeln. Danke schön.

«Wirtschaft»? Der reichlich vorhandene «Sponsored Content» ist mit Abstand das Interessanteste … Aber immerhin, die «Kultur» glänzt für ein Mal mit einer Abrechnung mit dem unfähigen Direktor von «Pro Helvetia». Nach dieser Breitseite ist es immerhin fraglich, ob er wirklich bis 2025 im Amt überleben wird.

Das beschwingt, bis man zur letzten Seite gelangt. «Die Summe aller Frauen, Teil 42». Das Grauen nimmt kein Ende.

 

Ist nicht lustig

Die NZZaS macht Gähn-Journalismus.

Neuer Chefredaktor, das verheisst eigentlich immer Neues. Neuer Auftritt, neuer Elan, neue Schwerpunkte. Neuer Auftritt, das ist Beat Balzli immerhin gelungen. Die Frontseite ist nun nicht mehr der Furz eines AD, sondern eine modernem Journalismus entsprechende Seite eins.

Aber sonst?

Büchertipps als Aufmacher, Nicole Althaus darf sich schon wieder ihrem Lieblingsthema, der Menopause, widmen. Ein parteipolitischer Schuss vor den Bug des SP-Kandidaten Beat Jans. Der Wolf. Die Armee. Gähn.

Ein Editorial als ordnungspolitischer Zwischenruf gegen Demokratiemüdigkeit. Schnarch. Kriegsgegurgel, die «prahlenden Russen» gegen die «kriegsmüden Europäer»: Stefan Scholl und Markus Bernath dürfen ihre Steckenpferde zu Schanden reiten. Wieder und wieder. Man reiche das Riechsalz.

Blätter, blätter. «Die Hälfte der Menschheit muss durch die Wechseljahre». Und das, seit es die Menstruation gibt. Aber muss das die andere Hälfte der Menschheit, dazu die Hälfte der Frauen, die es noch vor sich haben, die dritte Hälfte, die es hinter sich hat, wirklich lesen? Man reiche Streichhölzer für die Augenlider.

Bis Seite 22 durfte man hoffen, dass die Seite mit der Gastkolumne der «Scherz, du bist umzingelt»-Komikerin Patti Basler, dem leider immer noch nicht vollständig pensionierten Felix E. Müller und dem Rezyklier-Monster Rolf Dobelli gespült wurde. Aber nein, hier sind diese Schlafwandler.

Dann aber der Aufreger: «Eine gut getarnte Geldvernichtung», so fährt die NZZaS der Verteidigungsministerin Viola Amherd an den Panzer. Ob sie das auch täte, wenn die in der FDP wäre?

Zoé Baches und Jürg Meier machen den Sargdeckel über der Credit Suisse nochmal auf. Tapfer, aber völlig sinnlos. Neu-Kolumnistin Nicole Kopp hat herausgefunden, dass Smartphone, asoziale Medien und der E-Mail-Posteingang von der Arbeit ablenken. Ratschlag: «Hauptsache, die Konzentration kehrt zurück.» Oder das Schlafbedürfnis. Um diese uralte Erkenntnis lauwarm zu servieren, dafür sollte sie eigentlich gecancelt werden. Aber sie ist eine Frau, also wird das nicht geschehen.

Ach, und dann gibt es Ilja Trojanow immer noch. Gut zu wissen, gut für ihn. Schlecht für den Leser.

Apropos: «Die Summe aller Frauen, Teil 41». Zum Einschlafen noch ein Alptraum. Super.

 

Von Loch zu Loch

SoZ und NZZaS im Nahkampf.

Es ist ein gnadenloser Fight. Welche der beiden Sonntagszeitungen hat die schlechtere Sommerloch-Story? Der SoBli fällt unter unsere Auszeit, bis Christian Dorer zurückkommt. Pardon, nicht mehr zurückkommt. Wir würden sie nur dann unterbrechen, wenn Ringier erste Abozahlen von «B+» bekannt gibt. Also werden wir nicht unterbrechen.

Zurück zum Wettbewerb. Die «SonntagsZeitung» legt auf der Front vor:

Das ist eine Frage, die man sich bei der Lektüre der Schweizer Medien unablässig stellt. Aber leider findet sie hier keine Antwort.

Aber die NZZaS holt auf und ein:

Der «SUV der Linken», auch das ist ein Titel, der nur durch Hitzschlag, unmässigen Alkoholgenuss oder reine Verzweiflung erklärt werden kann.

Dann geht aber die NZZaS mit einem Schlag in Führung; ein solcher Titel, ein solches Thema kommt nur dann ins Blatt, wenn der Blattmacher zuvor dreimal fragte: und die einzige Alternative wäre eine weisse Seite, echt?

Die SoZ schwächelt – bis zum «Fokus». Dort weiss Bankenbüttel Peter V. Kunz ganz Erstaunliches zu vermelden:

 

Die Frage ist, ob die Tiere das auch stört. Sicher findet es das Schwein nicht schön, dass es zum Kotelett wird. Auf der anderen Seite: ohne diese Zweckbestimmung gäbe es gar nicht so viele Schweine. Schwieriges Terrain, aber damit holt die SoZ auf.

Die Rettung für die NZZaS ist der Anarchistentreff in Saint-Imier. Gelegenheit für etwas Freakshow:

Die SoZ schlägt mit einem Essay zurück.

Sozusagen wider die ständige Anforderung von Scham. Aber leider, leider, muss disqualifiziert werden. Ist von der «Süddeutschen Zeitung» übernommen, und solches Doping können wir hier nicht gelten lassen.

Währenddessen sammelt die NZZaS weiter fleissig Punkte:

Arthur Rutishauser plädiert in der SoZ für das Daheimbleiben, während Nicole Althaus unglaublich tiefe Erkenntnisse auf den Leser regnen lässt: «Jede Reise, so bescheiden sie auch sei, beginnt mit dem Packen des Koffers … Zum Kern des Reisens gehört der Moment des Aufbruchs». Jede Kolumne, so bescheiden sie auch sei, beginnt mit dem Auspacken von Flachheiten, zu ihrem Kern gehört der Moment, in dem der Leser auf- und wegbricht.

Die SoZ nimmt natürlich auch Saint-Imier sehr gerne auf.

Das ist immerhin eine Reportage, die Dominique Eigenmann basses Erstaunen abnötigen würde. Da sie hausgemacht ist, gibt es hier für die SoZ die volle Sommerloch-Punktzahl.

Aber die NZZaS verteidigt ihren Vorsprung:

Sie lässt nämlich den von unzähligen Bundesämtern beschäftigten sogenannten unabhängigen Meinungsforscher Michael Hermann gleich eine ganze Serie zu den bevorstehenden Wahlen schreiben. Spart unmässig eigene Brainpower.

Dann geben beide Blätter auf der Zielgeraden nochmal Guzzi:

Das ist sehr Sommerloch, da kann die NZZaS nicht ganz mithalten:

Ist ein gültiger Versuch, aber ein Mü zu gehaltvoll für eine richtige Sommerloch-Story.

Das würde bei der NZZaS wieder die volle Punktzahl ergeben, muss aber auch disqualifiziert werden, weil die Serie schon vor dem Sommerloch begann – und einfach nicht aufhören will.

Ergebnis: 5 zu 4 für die NZZaS. Es war ein harter Kampf gegen den Leser; aber am Schluss setzt sich Qualität halt schon durch, wenn die Mehrheit der Mitarbeiter in der Sommerfrische weilt. Hinzu kommt sicher auch: Der Chefredaktor der SoZ, Arthur Rustishauser, ist sich ziemlich sicher, dass er nach dieser Degradierung als Bauernopfer hier seine Pensionierung erwarten kann, wenn er will. Die vier (!) interimistischen Nasen bei der NZZaS hingegen wissen genau, dass keiner von ihnen das Rennen am Schluss machen wird. Dementsprechend motiviert sind sie.

 

Sommer-Sauglattismus

Was ist die Steigerung von überflüssig?

Et voilà. Wobei:

Mehr Sauglattismus geht nicht. Dreiwöchige Sommerpause, in der es niemandem auffallen wird, dass es das «NZZ am Sonntag Magazin» nicht geben wird.

Christoph Zürcher, der in seiner neuen Rolle als Blattmacher immer noch Zeit findet, Locken auf der Glatze zu drehen, muss natürlich zum Thema «Der Dadaismus des Besitzens» gleich mal David Hume zitieren, damit den Philosophen Lambert Wiesing einleiten. Muss man den kennen? «Bilder können, sie müssen jedoch nicht als Zeichen fungieren» – nein, nicht unbedingt.

Um dann mit «einem leicht Marie-Antoinette-haften Move» zu schliessen. Das war nun Geschwurbel auf Niveau WeWo-Bahnerth, also eines Zürcher eigentlich unwürdig.

Wenn wir schon bei Wiesing sind, auch Christopher Kulendran Thomase muss man nicht kennen, obwohl der irgendwas in der Kunsthalle Zürich ausstellt und ebenfalls dem Sauglattismus frönt: «An welcher Weggabelung im Leben befinden Sie sich gerade? – Müesli oder Granola

Nun kommt der grosse Auftritt von Patrizia Messner, gerade zurück aus Uruguay und Autorin eines Lobliedes über Gülsha Adilji (nein, die muss man auch nicht kennen). Nun hat Messner, was denn sonst, einen neuen Trend entdeckt. Das hat sie ziemlich exklusiv, so wie jeder Trend, den es eigentlich nicht gibt, eine Weltsensation ist.

Der Beweis:

Und der fotografische Beweis: «Vom Bauerndorf zum Digitalhub

Dazu fehlt dann vielleicht doch noch ein Mü, aber immerhin, Elektrizität hat’s. Was für ein Nonsens. Geht’s noch nonsensiger? Aber ja:

Mitte Juli noch Ferientipps geben? Für die Winterferien? Die Herbstferien? Nein. Geht’s noch nonensiger? Aber sicher, es gibt doch das Thema Flugscham, nicht wahr? Kann man aus dem noch was Originelles ausmelken? Man kann’s versuchen – und daran scheitern:

Und wir schreiben mit der Klosettbürste.

Geht’s noch nonsensiger? Der Magazin-Kenner weiss: aber ja, denn es kommt ja noch «Bellevue». «Atelier- und Projekträume im historischen Kasernenareal», wobei auch jeder Nicht-Zürcher weiss, dass das in Zürich liegt, ein Fotoband über «Freiheit, Sexualität und Queerness», ein «Sihl-Stuhl» von «Studio Krach» (banales Holz in «Ubootgeld», schlappe 848 Franken, gepolstert dann 1’242, dafür als Hocker bloss 437), dafür kriegt man schon ganz anständige Ensembles. Und schliesslich ein «Roboterschuh», an dessen Sinn sogar «Bellevue» zweifelt.

Geht’s noch nonsensiger? Nun ja, wenn man eine neue Pizzeria in Zürich so anpreist, dass sie Tomatensauce und Mozzarella «schon mal mit Vanillebéchamel oder Petersilie, Dill und Zitrone auf Ricotta» ersetze. Beliebt sei auch «die Variante mit veganem Lahmacun, der türkischen Spezialität, überzogen mit Mayo» (in der Ei hoffentlich nichts zu suchen hat).

Geht’s noch nonsensiger? Nun, wenn «Hat das Stil» aus drei Fragen besteht, das Magazin aber nicht auf drei zählen kann. Die Frage Nochmal-Zwei lautet zudem: «Wie viel Nacktheit darf im Schlafwagen sein»? Problem: ein offenbar dem Fragenden nicht bekannter Mitreisender habe in Boxershorts genächtigt und erst noch geschnarcht. Ersteres ist aber erlaubt, zweiteres kann man ihm schlecht vorwerfen.

Geht’s noch …? Oh ja, wenn Nicole Althaus in die Tasten greift: «Auf der Bühne war Freddie ein Naturereignis». Zu seinem Glück ist Freddie Mercury schon tot. Denn damit gratuliert Althaus zum 50. des «Debütalbums «Queen»». Denn eigentlich geht es Althaus nicht um den Sänger, sondern um sich selbst. Was sie damals anhatte, wie sie das Konzert im Hallenstadion erlebte, dass sie «als Geigenspielerin sozialisiert» sei. Ach ja, und etwas backfischartige Beschreibung der Musik kommt auch vor.

Allerdings gibt es hier eine gute Nachricht: damit hört das Magazin auf. Für diese Nummer. Für die nächsten drei Wochen. Aber vielleicht nicht für immer. Wobei es schwer vorstellbar ist, dass Eric Gujer einen solchen Quatsch schätzt.

 

 

 

 

 

 

 

Immer wieder Sonntag

Das übliche Morgengrauen …

Eigentlich wollte ZACKBUM mit der «NZZam Sonntag» beginnen. Aber wir rauschten, ohne durch bemerkenswerte Inhalte aufgehalten zu werden, bis zu Seite 16 durch. Dort lasen wir, dass Patti Basler abtrete. Doch zu früh gefreut: sie macht nur eine überlange Sommerpause. Aber man nimmt heutzutage, was man kriegen kann.

Das ist auch das Motto von Nicole Althaus. Sie erfreut den Leser mit einer bahnbrechenden Erkenntnis des «Verhaltensforschers Joonghwan Jeon von der University of Texas in Austin». Zu der kam er zwar schon 2007, dafür aber als Erster: «Mater semper certa est». Für die wenigen Nicht-Lateiner unter unseren Lesern: «die genetische Abstammung von der Mutter ist sicher, die des Vaters nicht.»

Was Althaus eigentlich sagen will: sofern es zu keiner Verwechslung im Spital kommt, weiss die Mutter, dass das ihr Baby ist. Der Vater so spontan nicht. Es geht hier allerdings nicht um die genetische Abstammung des Vaters, sondern vielleicht darum, dass es einen Gentest bräuchte, um seine Vaterschaft zu beweisen. Oder so. Aber mit bahnbrechend neuen Erkenntnissen ist es eben so eine Sache, da verrutscht die Sprache schon mal gerne. Oder aber, verflixt, es handelt sich hier um Frauensprache, die dem Mann weder genetisch noch sonst wie leicht erschliessbar ist.

Dann kommt eine Story, die sozusagen einen Kontrapunkt gegen den drohenden Hitzesommer setzen will: «Immer mehr Frauen lassen ihre Eizellen einfrieren». Also genauer: in einer Einfrierklinik waren es früher «eine Frau alle paar Monate», nun seien es pro Woche «zwischen fünf bis zehn Frauen». Wenn das mal kein Trend ist.

Voll im Trend ist auch R. James Breiding. Er will dem harmlosen Leser am Sonntagmorgen einen solchen Schrecken einjagen, dass dem das Gipfeli aus der Hand fällt: «Wie die Schuldenkrise die Welt in den Abgrund reissen könnte». Merke, lieber Leser: Titel die «wie Blabla könnte» enthalten, plus das Wort Abgrund, sind ein klarer Hinweis für: überblättern.

Putzig ist hingegen der Titel «Die Brust versiegt». Also nicht wirklich, industrielle Säuglingsnahrung ist einfach weiter auf dem Siegespfad. Schrecklich ist hingegen diese News: «Vögel meiden die Schweiz». Aber immerhin, der Eieranschlag auf eine «Autorperson» ist der NZZaS keine Zeile wert. Dafür hat sie halt Jan Weiler mit seiner unendlichen Fortsetzungsgeschichte. Also sie ist bei Folge 13 angelangt, kommt einem aber unendlich vor.

Während sich Patti Basler* wenigstens direkt, allerdings früh in die Sommerpause abmeldet, tut das die «SonntagsZeitung» ebenfalls früh, dafür indirekt:

Typisch Tamedia, die wollen einem auch alles vermiesen. Scheint mal die Sonne, wird der fehlende Regen bemängelt – oder die hohen Preise bejammert.

Dann fordert Arthur Rutishauser den Skalp von Barbara Schmid-Federer. Institution Schweizerisches Rotes Kreuz, überfordert, nicht denkbar, dass sie sich noch halten könne. Mal schauen.

Dann kommen wir zu einem Höhepunkt für jeden Schweizer Leser. Das grosse Interview, der Hammer, die Themen, der Gesprächspartner, der Wahnsinn. Boris Herrmann, Nicolas Richter und Robert Rossmann vereinen die guten Kräfte, um den Eidgenossen ein Gespräch zu schenken. Nun sind die Drei im Sold der «Süddeutschen Zeitung» in München, und nicht mal dort interessiert brennend, was der deutsche «Oppositionsführer» (so würde man ihn in Deutschland allerdings nicht nennen) Friedrich Merz so zu sagen hat. Ob er den Geist Adenauers beschwören wolle, wird Merz einleitend gefragt. Wetten, dass kaum ein Schweizer Leser sich für die Antwort interessiert? Überblättern …

Dann weiss Bettina Weber sozusagen Intimes vom frischgebackenen und fehlgestarteten republikanischen Präsidentschaftskandidaten Ron DeSantis, inzwischen schon gerne DeSaster genannt: er höre «nur auf seine Frau». Wahnsinn, da kommt endlich mal einer ohne grossen Beraterstab aus. Oh, DeSantis hat einen grossen Beraterstab? Ach was.

Woran merkt man sonst, dass anscheinend schon Ende Mai das Sommerloch gähnt? Wenn im «Fokus» der Chef-Butler (eine Frau, darf man die heute in der SoZ noch Chef-Butler nennen? Wo bleibt die Genderpolizei? Weiss das Birrer, wieso hat Tobler nicht eingegriffen) des Dolder Grand interviewt wird. Auch hier war das grosse Interview mal eine Institution. ZACKBUM rätselt aber: Chef-Butlerin? Chefin-Butlerin? ChefIn-Butler*? Wo bleiben die Gender-Päpste und -Päpstinnen, wenn man sie mal braucht.

Und so nebenbei. Dieser Gender-Lapsus erinnert doch daran, dass es auch der SoZ scheissegal ist, dass eine leitende Mitarbeiterin über Jahre hinweg von einem Hassmob verfolgt wurde, angeführt von der hasserfüllten Kämpferin gegen Hass im Internet, haarklein aufgezeigt in einer mehrteiligen Serie über interne Chatprotokolle. Aber  Jolanda Spiess-Hegglin ist halt nicht in der SVP

Die Spargelsaison neigt sich so langsam dem Ende zu; höchste Zeit, die jährliche Sommerlochstory zu schreiben: «Wie viel Arbeit wirklich hinter dem Trendgemüse steckt». Hinter? Hm.

Dann will Rutishauser, das Bauernopfer auf dem Kriegspfad, auch noch den Skalp von Tidjane Thiam. Beziehungsweise an dessen Bonus: «Karin Keller-Sutter hat fünf gute Gründe, seinen Bonus zurückzufordern.» Wetten, dass sie es nicht tut?

Apropos Sommerloch im Mai: «Richtig essen für ein langes Leben», abgestaubter Stehsatz.

Eigentlich wollte ZACKBUM die erste Ausgabe unter neuer Leitung des «SonntagsBlick» genauer anschauen. Aber:

Es gibt Gähnreflexe, die fast in einer Kiefersperre enden.

Kaum hat man die überwunden, liest man, was Reza Rafi höchstpersönlich recherchiert hat: «Schweiz will Andrei Melnitschenko loswerden», behauptet er. Und will wissen: «Der Russe verbringe zu viel Zeit im Ausland und nicht an seinem gesetzlichen Wohnsitz, womit er die Bedingungen (für eine Niederlassung C, Red.) nicht mehr erfülle

Nun wird’s etwas peinlich, wenn man dem Chefredaktor des SoBli Nachhilfeunterricht in Faktenkenntnis erteilen muss. Melnitschenko steht auf der EU-Sanktionsliste, die von der Schweiz gehorsam übernommen wird. Seine Frau übrigens auch, obwohl EU-Bürgerin. Also ist ihm die Einreise in die Schweiz verwehrt.

Das ist nun tatsächlich ein kafkaeskes Problem. Ein Besitzer der Niederlassung C darf sich, auf Antrag, bis zu zwei Jahre am Stück im Ausland aufhalten. Allerdings sollte er danach wieder zurückkehren. Wie kann das nun Melnitschenko tun, der zwar als langjähriger Aufenthalter, Mieter und bedeutender Steuerzahler, der sich in der Schweiz nie etwas zu Schulden kommen liess und jegliche Nähe zu, geschweige denn Unterstützung von Putin bestreitet, dieser Vorschrift seiner Niederlassung entsprechen?

Das wäre eigentlich die interessante Frage gewesen. Aber Rafi ist nicht für interessante Fragen zuständig, sondern blödelt halt im Text vor sich hin. Man kann also konstatieren, dass er das Niveau seines Vorgängers problemlos tieferlegt. Unter die Relevanzschwelle, unter jede Schwelle. Unterirdisch.

*Nach Leserhinweis korrigiert …

Wir haben’s gewagt

Eigentlich wollte ZACKBUM schon nach diesen Anrissen aufgeben.

Denn was haben eine Pizzaschachtel und Patti Basler gemeinsam? Sie sind beide nicht lustig. So viel Sexismus muss einleitend sein.

Aber vom Humorlosen zu einem wirklich ernsten Thema. Auf der Frontseite reisst die «NZZamSonntag» ein Doppelinterview an:

Das ist nun auch ein Stück perfide Demagogie. Demagogisch daran ist, dass die Aussagen von zwei EU-Botschaftern in der Schweiz zum Plural «EU-Länder» aufgepumpt wird, was beim Leser den Eindruck erwecken soll, dass alle EU-Mitglieder das so sähen. Perfid daran ist, dass dieses Interview die FDP-Wackelpolitik bezüglich Waffenexporten via Drittländer unterstützen soll.

Schauen wir mal genauer hin, wie Ladina Triaca und Simon Marti das Doppelinterview mit der holländischen und dem französischen Botschafter(in) in der Schweiz, denn das sind die «EU-Länder», geführt haben.

Natürlich ist es nicht die Aufgabe des Interviewers, den Interviewten in den Senkel zu stellen. Aber zu viel Unterwürfigkeit ist auch fatal. So sagt die holländische Botschafterin unverfroren auf die Frage, ob die EU Druck auf die Schweiz ausgeübt habe: «Wir gingen davon aus, dass der Bundesrat uns folgen würde. Die grosse Frage war, wie rasch.» Zu dieser klaren Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines souveränen Staates hätte man vielleicht etwas sagen können. Aber nur vielleicht …

Dann geht’s zur Sache, also zum neuen Versuch, klare Schweizer Gesetze auszuhebeln, die auch die Wiederausfuhr Schweizer Waffen in Kriegsgebiete glasklar verbieten, was auch alle europäischen Staaten vertraglich zugesichert haben. Aber neu heisst es: «Es geht hier um die Wiederausfuhr von Schweizer Waffen und Munition, die sich in den Beständen unserer europäischen Partner befinden. Sind diese blockiert, ist das ein Problem für Europa.»

Das schlucken die Interviewer widerstandslos, also legt der französische Botschafter nach:

«Wenn die Schweiz die Lieferung von Waffen und Munition blockiert, heisst das auch, dass sie ein europäisches Land daran hindert, seine eigene Sicherheit zu verteidigen.»

Spätestens hier hätte man von zwei gestandenen NZZaS-Journalisten erwarten dürfen, dass sie Widerspruch gegen diese absurde Behauptung einlegen. Aber nein, tun sie nicht. Also zeigt der Franzose, was diplomatischer Zynismus ist und antwortet auf die Nachfrage, ob der Druck auf die Schweiz anhalten werde: «Aber ich würde nicht von Druck auf die Schweiz sprechen, sondern von einer sehr starken Nachfrage.»

Vielleicht haben die beiden Journis nicht die abgefeimte Ironie verstanden, sie winken auch diese Frechheit durch. Da machen zwei Diplomaten klar, dass sie auf Schweizer Gesetze pfeifen, kokettieren ungeniert damit, dass man dieses Stachelschwein doch schon noch kleinkriegen werde, behaupten in Bezug auf russische Vermögen gar, «die Russen werden zahlen müssen für den Wiederaufbau der Ukraine, aber natürlich stellen sich rechtliche Fragen». Könnte man da nicht erwarten, dass der Interviewer nachhakt, ob damit gemeint sei, rechtsstaatliche Grundsätze samt Eigentumsgarantie in die Tonne zu treten? Könnte man, müsste man. Ist aber nicht.

Was für eine blamable Aufführung der Interviewer. Was für eine blamable Führung durch die oberen Hierarchiestufen, die diese mangelhafte Leistung ins Blatt durchwinkten. Man sollte die beiden Kolonialherren, womit auch die Dame gemeint ist, zu personae non gratae erklären; die beiden Journis am besten gleich mit.

Neben dieser Fehlleistung verblasst beinahe die Kehrtwende der England-Korrespondentin Bettina Schulz. Sie erweckt nämlich den Eindruck, mit dem Denken Lenins sehr vertraut zu sein. Der soll als erster gesagt haben: Was geht mich mein dummes Geschwätz von gestern an. So lästerte sie ausführlich über die angeblich ausweglose und kritische Situation ab, in die sich Britannien durch den Brexit begeben habe. Dazu noch dieser neue Premier, Himmels willen. Nun aber: «Drachentöter im Massanzug. Rishi Sunak lässt mit seinem EU-Coup ein ganzes Land aufatmen». Das ist schön für die Briten, nur: was soll man der Wetterfahne Schulz denn noch glauben?

Auf Seite drei dürfen wir dann eine Analyse des Schreibtischgenerals, des Sandkastenstrategen, der militärischen Koryphäe Markus Bernath lesen. Der hatte bekanntlich schon die Niederlage Russlands verkündet. Aber auch ihn geht sein dummes Geschwätz von gestern nichts an, aktuell analysiert er: «Die Russen wollen genau diese Stadt (Bachmut, Red.) erobern, weil sie überall sonst scheitern. Und die Ukrainer verteidigen den Ort bis zuletzt, weil auch sie nicht zu einer Offensive fähig sind.»

Frage eins: Stimmt das? ZACKBUM hat keine Ahnung und weiss sich damit mit Bernath einig. Frage zwei: wird diese Analyse in drei Monaten noch Bestand haben? Nein. Frage drei: wieso wird dann eine Seite darauf verschwendet? Gute Frage.

Der gebeutelte Leser wankt zu Seite 16 und kriegt auch dort eine volle Ladung Gedöns serviert. Zunächst sargt der schreibende Rentner Felix E. Müller «Das Magazin» ein. Immerhin schreibt nicht Aline Wanner, also bleibt ZACKBUM ungeschoren. Ist aber auch nicht nett von Müller, dass er das Magazin der NZZaS für völlig überflüssig erklärt. Oh, hoppla, er meint natürlich das Magazin der Konkurrenz. Sicher reiner Zufall, diese Schelte.

Gegen Schluss wird Müller dann etwas dunkel, was den Sinn seiner Kolumne betrifft. Nachdem er die Überflüssigkeit des Tagi Magi beschworen hat, fährt er fort: «Noch verfehlter ist es, auch Mobbingfälle auf diese Weise veredeln zu wollen. Sie wären genauso schlimm, hätten sie sich so, wie behauptet, beim «Entlebucher Anzeiger» zugetragen.» Mann o Mann, was will uns die schreibende Schnarche denn damit sagen? Das «Magazin» veredelt Mobbingfälle? Sie werden edler durchs Magazin? Wer würde bestreiten, dass sie beim «Entlebucher Anzeiger» genauso schlimm wären, hätten sie sich so zugetragen?

Ist halt schon blöd, wenn man ab und an den Faden verliert und Unverständliches murmelt. Aber eigentlich gäbe es dafür eine Redaktion, die das dem Leser erspart. Leider Konjunktiv. Aber der Leidensweg ist auf dieser Seite noch nicht abgeschritten, der Kelch nicht bis zur Neige geleert. Denn darin schwimmt noch Nicole Althaus. Sie schreibt, nein, lieber Leser, mehr als einmal raten ist nicht erlaubt, sie schreibt über weibliche «Hysterie» und – hübsche Formulierung – «Mensch mit Menstruationshintergrund».

Aber dann regt sie sich über die zunehmende Verwendung eines sensiblen Sprachgebrauchs auf, also statt «Armer» heisst es dann «Mensch mit limitierten finanziellen Ressourcen». Das sei ganz furchtbar und ändere nichts an der Realität. So weit, so gut. Dann bringt sie ein Beispiel einer klaren Reportersprache über Heiratsgebräuche in den Slums von Mumbai. So weit, auch so gut. Aber dann will sie diese klaren Sätze selber in eine «diskrimierungsfreie Sprache» übersetzen, um diesen Unfug zu entlarven. Nur: sie kann’s nicht, also wird’s zum peinlichen Eigentor.

Allerdings ist damit der Golgatha-Weg des Lesers, man muss leider zu solchen Metaphern greifen, noch nicht zu Ende. Peer Teuwsen, da zuckt der sensible Leser schon zusammen, interviewt Josef Hader. Das ginge ja noch, wenn Hader in Form wäre. Aber Teuwsen hat ihn, geschickt, geschickt, der völlig humor- und begabungsfreien Patti Basler an die Seite gestellt.

Wir sind bekanntlich bereit, für unsere Leser eine Leidensfähigkeit an den Tag zu legen, die ihresgleichen sucht. Aber wir lasen diesen Satz hier von Basler: «Aber ich persönlich bin je nach Körperstelle einer anderen Region zugewandt. Der Beckenboden zum Beispiel ist südostasiatisch tief im Om.» Seit wir uns das plastisch vorzustellen versuchten, kriegen wir das Bild nicht mehr aus dem Kopf, da nützt auch keine transzendentale Meditation mehr. Um weitere Beschädigungen zu vermeiden, gaben wir hier die Lektüre auf. So viel Selbstschutz muss sein.

War’s das wenigstens? Fast. Auf Seite 53 interviewt Peer Teuwsen, ja, wir zucken zusammen, Jan Weiler. Jan who? ZACKBUM gesteht: Wir haben noch nie von einem der «meistgelesenen Autoren deutscher Sprache» gehört. Hört sich auf jeden Fall besser als Bestsellerautor an. Das ist ein Mann mit einem bescheuerten Pseudonym auch, das war auch ein Konsalik, das sind auch die Autoren der Jerry-Cotton-Heftchen. Aber hier ist es Weiler. Dabei hat gerade Peter von Matt eine neue Essaysammlung veröffentlicht, vor der man niederknien muss. Dabei gibt es unzählige andere Neuerscheinungen, zum Beispiel das kleine Wunderwerk von Volker Reinhardt über Montaigne. Und, und, und. Aber Teuwsen hat den einschlägig bekannten Weiler dazu eigeladen, in der NZZaS einen «Fortsetzungsroman» zu schreiben.

Gut, wir haben den «Der erste Satz»-Test gemacht: «Als Peter Munk zwei Tage nach seinem einundfünfzigsten Geburtstag auf der Rolltreppe des Globus zwischen der zweiten und der dritten Etage einen Herzinfarkt erlitt, ergriff ihn weder Todesangst noch Verunsicherung, sondern reine Empörung.»

Um das Resultat vorweg zu nehmen: durchgefallen. Knackt in den Gelenken, weil ungelenkes Situieren, überflüssige Ortsangabe, «ergriff ihn» unmotiviert altertümlich, Substantivierung macht die Aussage behäbig, Verbalisieren wäre viel dynamischer gewesen. Und kann jemand, der gerade einen Herzinfarkt erleidet, darüber empört sein? Mediziner würden sagen: nein. Also ist’s auch noch ein unsinniges Setting.

Danach kommt übrigens die Rückblende, wir ahnten es und blendeten uns aus.

Also noch mal so eine Ausgabe der NZZaS, und ZACKBUM verlangt Schmerzensgeld. Und nein, liebe Leser, die Lektüre von SoZ und SoBli kann uns nun wirklich keiner zumuten, nach diesem Schmerzenspfad durch das Sonntagsblatt aus der Falkenstrasse, das endlich mal wieder eine Schreiboffensive starten sollte. Denn eigentlich hätte es doch die Mannschaft dafür.

 

Sag mir, wo die Mädchen sind

ZACKBUM fragt unerschrocken: Chefinnen, wo seid ihr?

Im Konkurrenzkampf um Posten und Karriereschritte gibt es seit einiger Zeit eine neue Waffe. Eine wahre Atombombe. Mit der verhält es sich aber etwa so wie nach Hiroshima. Nur eine Weltmacht ist im Besitz dieser schrecklichen Bedrohung.

Damals waren es die USA, heute sind es die Frauen. Der Vorwurf eines sexuellen Übergriffs ist diese Waffe. Der mag schon viele Jahre zurückliegen, spielt keine Rolle. Der mag schon längst verjährt sein. Völlig egal. Der mag verbal stattgefunden haben. Ohne Belang. Es gibt keine Zeugen dafür. Unerheblich. Der einzige Beweis besteht aus der Behauptung des weiblichen Beteiligten. Unschuldsvermutung ade.

Wenn eine mässig erfolgreiche Frau von der mickrigen Performance von ihr angepriesener Finanzprodukte ablenken will, die sie unter dem Label Feminismus verkauft, zieht sie die Sexismuskarte. Wenn die gleiche Frau sich mal wieder in die Medien bringen will, erzählt sie von einem x Jahre zurückliegenden Kussversuch. Den sie damals nicht meldete, obwohl es alle nötigen Institutionen gegeben hätte. Über den sie angeblich zuvor nie sprechen konnte. Der sie bis heute beschäftige.

Während man so einer Einlassung früher mit schallendem Gelächter begegnet wäre, müssen heute alle betroffene Gesichter machen und ohne loszuprusten Untersuchungen ankündigen. Und der damalige Küsser, wenn es ihn überhaupt gab, muss befürchten, dass er ernsthafte Probleme bekommen könnte. Heute.

Der Gipfel der Unverfrorenheit war der Protestbrief von 78 erregten Tamedia-Frauen. Indem sie nur anonymisierte Beispiele für ihre ruf- und geschäftsschädigenden Vorwürfe vorbrachten, stellten sie sämtliche männliche Tamedia-Mitarbeiter unter den Generalverdacht, sexistische Schweine zu sein. Kein einziger, ZACKBUM wiederholt, kein einziger dieser Vorwürfe ist bis heute erhärtet oder verifiziert. Wie auch, wenn er darin besteht, dass zu einem unbekannten Zeitpunkt ein nicht genannter Mann in einem nicht definierten Zusammenhang ohne Ohrenzeugen irgend etwas gesagt haben soll.

Das liefe eigentlich unter übler Nachrede. Aber stattdessen entschuldigte sich der damalige Oberchefredaktor Arthur Rutishauser präventiv, und der Big Boss von Tamedia Pietro Supino zeigte sich furchtbar betroffen. Statt die Rädelsführerinnen sofort zu feuern und die Unterzeichnerinnen abzumahnen. Deren weibliche Solidarität zeigte sich zudem darin, dass sie kommentarlos hinnahmen, dass das eigentlich für den internen Gebrauch vorgesehene Protestschreiben via eine sehr fragwürdige Botin an die Öffentlichkeit getragen wurde. Zahllose Fragenkataloge von ZACKBUM blieben unbeantwortet; keine einzige der 78 Frauen hatte den Anstand, darauf zu reagieren. ZACKBUM fragte auch alle Nicht-Unterzeichnerinnen an, gleiche Reaktion.

Eine Führungsperson, Voraussetzung männlich, erfährt heute, dass gegen sie Vorwürfe wegen angeblicher sexueller Belästigung erhoben werden. Sollen angeblich schon viele Jahre zurückliegen. Am besten sucht sie sich vorausschauend gleich eine neue Stelle und betet, dass diese Vorwürfe nicht öffentlich werden. Gegenwehr ist völlig zwecklos.

Grauenhaft ist der aktuelle Fall, der dieses System auf die Spitze treibt. Eine Mitarbeiterin, die die Stelle ihres Chefs wollte, dann so massiv gegen ihn vorging, dass eine externe Untersuchung zum Schluss kam, dass eine weitere Zusammenarbeit nicht möglich sei, erreichte ihr Ziel nicht, sondern wurde sogar selbst gefeuert. Nachdem sie sich in der Illusion wiegen konnte, nach der Entlassung ihres Chefs doch noch seinen Sessel besteigen zu können.

Diese Frau darf dann immerhin im «Spiegel» über vier Seiten vom Leder ziehen, dass es nur so kracht. Das wird als «persönlicher Erfahrungsbericht» verkauft, weil die Gegenseite keine Gelegenheit zur Richtigstellung bekam. Dazu wird behauptet, dass die inzwischen grösstenteils widerlegten oder zumindest stark in Zweifel gezogenen Anschuldigungen der Anklägerin nachrecherchiert und so weit wie möglich mit Dokumenten und Aussagen untermauert worden seien.

Inzwischen stellt sich heraus, dass es sich höchstwahrscheinlich um das Aufwärmen uralter Vorwürfe handelt, um eine gemeinsame Racheaktion der aktuell und von damals Entlassenen. Was dem «Spiegel» – gefangen in Framing und Narrativen von Frauen als Opfer und Männern als Schweine – offenbar entgangen ist. Selbst die «Zeit», sonst immer noch der Leuchtturm von seriösem und verantwortungsbewusstem Journalismus, lässt eine einschlägig parteiische Kraft in ihrem Schulaufsatzstil unbelegte Behauptungen aufstellen, anonyme Zeugen zitieren und Ereignisse im Indikativ darstellen, die in einem ernsthaften Journalismus eigentlich im Konjunktiv, weil noch nicht bewiesen und blosse Behauptungen, stehen müssten.

Was auch niemandem auffällt: wenn Anuschka Roshani über Jahre hinweg angeblich diesen fürchterlichen Misshandlungen durch ihren Chef ausgesetzt war und damals zu den Unterzeichnerinnen des Protestschreibens gehörte, wieso benützte sie dann nicht diese Gelegenheit, um auf ihr schreckliches Schicksal hinzuweisen? Oder hatte sie damals noch die Hoffnung, Finn Canonica wegmobben zu können und selber Chefin zu werden?

Aber das ist noch nicht die ganze Misere. Wo sind eigentlich die weiblichen Führungsfiguren im Journalismus, die – Feministen, aufgepasst, Grund zur Erregung – nicht aus Quotengründen an ihre Stelle kamen und dort etwas wuppen? Eine der auffälligsten Aufsteigerinnen ist Ladina Heimgartner bei Ringier, die eine extralange Visitenkarte bräuchte, um all ihre Titel aufzuzählen. Die Darstellung ihrer Leistungen hätte ebenfalls auf einer Visitenkarte platz, aber im Normalformat. Die bestehen aus einer Kastrierung und Verweiblichung des «Blick», der sich damit als ernstzunehmendes Boulevard-Organ verabschiedete. Und im fleissigen Gebrauch des nichtssagenden Modeworts «Resilienz».

Kerstin Hasse, der «Digital Editor en Chief» von Tamedia, ist auch so eine Nullnummer ohne Anschluss an Leistungen, die niemals eine solche Karriere gemacht hätte, wenn es nicht konjunkturelle Umstände gäbe. Ähnliches gilt auch für die beiden Führungskräfte Aline Wanner und Nicole Althaus bei der NZZ. Während es im Hause Wanner bei CH Media interessanterweise kaum zu solchen Vorkommnissen kommt. Aber CH Media ist auch (bislang) bei der Sexismusdebatte ungeschoren davongekommen. Ob da ein Zusammenhang besteht?

ZACKBUM gönnt allen Menschen, auch weiblichen, jeden Karriere- und Einkommensschritt. Aber hier greift eine Entwicklung um sich, vor der nur gewarnt werden kann. Es gibt viele Gründe und Ursachen, wieso der Journalismus vor die Hunde geht. Die Anwendung der Sexismus-Atombombe ist einer davon, und nicht mal der unwichtigste. Denn wenn es Figuren wie eine Patrizia Laeri, eine Salome Müller, eine Raphaela Birrer, von der hasserfüllten Kämpferin gegen Hass im Internet ganz zu schweigen, die aus einem weinseligen Abend ein ganzes Geschäftsmodell aufbaute, wenn es also solche Randfiguren in die Medien und dort in wichtige Positionen spült, dann kann man nur recht hoffnungslos in die Zukunft der Presse blicken.

Wenn dann noch Dünnbrettbohrer wie Franziska Schutzbach, die immer mit zwei Rudern unterwegs ist, eines nach vorne, eines nach hinten, wenn Pseudowissensschaftler wie Marko Kovac ernsthaft und unwidersprochen zitiert werden, wenn «Fachexperten» nur noch so ausgewählt werden, dass sie ins vorgegebene Framing passen und die gewünschten Narrative abliefern, dann ist’s aschgrau.

Gibt es Hoffnung? Nun, genauso, wie sich in fünf Jahren niemand mehr an Werke eines Bärfuss oder gar eines Zwitterwesens mit bescheuertem Pseudonym erinnern wird, sollte auch hier passieren, was bei solchen Modewellen immer der Fall ist. Sie ebbt ab, und in fünf Jahren kann niemand mehr verstehen, welcher Wahnsinn auf dem Gebiet Sexismus, Gendern, Inkludieren und Kampf gegen kulturelle Aneignung tobte.

Aber der Schaden ist dann bereits angerichtet, und ob sich vor allem die Medien von dieser Enteierung jemals wieder erholen werden, wenn diese nur aus Quotengründen in Positionen der völligen Überforderung gespülten Frauen endlich entsorgt sind, das ist fraglich. Denn die Frage ist weiblich. Die Antwort allerdings auch, um aus diesem Genderschwachsinn noch einen müden Scherz zu melken.

Wenn die Realität weniger zählt als die Meinung

Für das Gute und Richtige darf alles behauptet werden.

«Weil eine Frau weniger zählt als ihr Ungeborenes», schäumt Nicole Althaus in der NZZamSonntag in einem Kommentar zur Entscheidung des obersten US-Gerichts, auf Bundesebene das Recht auf Abtreibung faktisch aufzuheben.

Das ist ihr gutes Recht, und dass in den USA das Thema Abtreibung von kirchlichen und rechtsgewirkten Kräften ohne Rücksichten bewirtschaftet wird, ist unbestreitbar.

Althaus schiebt auch den Demokraten die Schuld in die Schuhe; zudem habe die linksliberale Bundesrichterin Ruth Bader Ginsburg die Chance verpasst, noch zu Amtszeiten von Obama zurückzutreten. Mit ihrem Tod habe sie dann Präsident Trump ermöglicht, die liberale Mehrheit zu kippen. Nett von Althaus, im Nachhinein und post mortem Bader Ginsburg noch eine reinzuwürgen.

Aber hier geht es ums Faktische. So schreibt sie unter anderem: «In Texas sitzen schon heute elfjährige Mädchen in der Notaufnahme und sehen sich gezwungen (,) eine Schwangerschaft nach einer Vergewaltigung auszutragen.»

Eine Riesensauerei. Wenn’s so wäre. Möglichkeit eins: Althaus verwechselt Texas mit Brasilien. Möglichkeit zwei: Althaus kommentiert faktenfrei. Zitieren wir dazu als unverdächtigen Zeugen die ACLU. Der «American Civil Liberties Union» kann man seit 1920 nicht vorwerfen, sich nicht unermüdlich für Bürgerrechte einzusetzen.

Die schreibt in einem Q&A:

Can I get an abortion in Texas if I’m under 18 years old?
Yes. If you are under 18, Texas law generally requires you to get the consent of your parent or legal guardian. 

What if I don’t have consent for an abortion from my parent or legal guardian?
A minor under 18 can get an abortion without the consent of their parent or legal guardian by filing an application for judicial bypass. Judicial bypass is a judge’s permission for you to have an abortion without your parent or guardian’s consent. The process is entirely confidential.

Abtreibung auch unter 18 ist legal in Texas; wer keine Einwilligung seiner Eltern erhält, kann vor Gericht vertraulich eine Bewilligung beantragen. Ob das in jedem Fall funktioniert, ist sicher die Frage. Die allgemeine Behauptung von Althaus ist sicher falsch.

Ein zweites Horrorgemälde: «Oder es liegen Schwangere im Spital, die keine adäquate Behandlung für eine Vergiftung bekommen, weil das Herz des Fötus noch schlägt.»Auch diese Behauptung im Plural lässt sich nicht untermauern, obwohl es richtig ist, dass die drakonischen texanischen Abtreibungsregeln die Behandlung von Schwangeren erschweren, wie die «Texas Tribune» schreibt.

Althaus erinnert hier an die ehemalige ukrainische Generalstaatsanwältin, die einräumen musste, mit Fake Storys von Vergewaltigungen Minderjähriger vor den Augen ihrer Eltern durch russische Soldaten, die Bereitschaft des Westens steigern wollte, militärisch zu intervenieren.

Solche Verleumdungen des Gegners sind so alt wie kriegerische Auseinandersetzungen. Das herausragendste jüngste Beispiel war sicherlich die «Brutkastenlüge». Eine tränenüberströmte kuwaitische Krankenschwester erzählte der UNO und allen Medien, dass sie gesehen habe, wie entmenschte irakische Soldaten Kinder aus den Brutkästen gerissen und auf den Boden geworfen hätten. Die Welt war schockiert.

Erst später stellte sich heraus, dass die «Krankenschwester» die Tochter des kuwaitischen Botschafters in den USA, die Story frei erfunden und eine Stunt der US-PR-Bude Hill & Knowlton war.

Dass die NZZaS zulässt, dass solche Räuberpistolen ungeprüft ins Blatt rutschen ist nicht gerade ein Ausdruck von hoher Qualität.

Althaus endet ihren Kommentar mit der Behauptung: solche wilden Geschichten müssten zukünftig erzählt werden, denn der Kampf um das Recht auf Abtreibung sie nur zu gewinnen, wenn endlich klar sei, «dass der Fötus auf Gedeih und Verderben vom Wohlbefinden der Person abhängt, die ihn gegen ihren Willen austragen muss.» Abgesehen davon, dass das für jeden Fötus gilt: wem sollte das unklar sein?

Wumms: Nicole Althaus

Rechnen mit der «Chefredaktorin Magazine bei der NZZaS».

Die eigenen journalistischen Leistungen sind, aus Angst vor Sexismusanklagen ganz sanft formuliert, bescheiden. Nur in Spurenelementen vorhanden. Wir machten uns schon so unsere Gedanken darüber, und ja, der Männeranteil bei ZACKBUM beträgt haargenau 100 Prozent.

Aber Althaus ist natürlich viel genauer beim Zählen als wir.

«Der Nobelpreis für Literatur ging in den letzten zwanzig Jahren dreizehnmal an einem Mann. Aber drei der letzten sechs Preise erhielten Frauen.»

Bevor sich der (sicherlich männliche) Leser von seiner Verwirrung erholt hat, was uns Althaus mit diesem Kabinettsstückchen im Zahlenzoo sagen will, legt sie mit einem Bandwurm- (männl.) Satz (männl.) nach, der nun endgültig die Spreu (weibl.) vom Weizen (männl.) trennt:

«Solange weibliches Empfinden und Erleben marginalisiert und in eine Schublade gesteckt wird, die sicher kein Mensch anderen Geschlechts irrtümlich öffnet, womit er ungewollt in ein Neuland aus manchmal verstörend anderer Wahrnehmung und mitunter blutigen körperlichen Vorgängen tappen könnte, so lange bleibt die Frau und ihre Realität die Abweichung von der Norm.»

Also sagen wir mal so: wir haben als Mensch anderen Geschlechts die Schublade Althaus keinesfalls irrtümlich geöffnet. Dass damit Neuland aus verstörend anderen Wahrnehmungen betreten wurde, kann ZACKBUM bestätigen. Von blutigen körperlichen Vorgängen ist uns hingegen nichts bekannt. Worüber wir auch sehr froh sind.

Aber bei all dieser Zahlenbeigerei über den Anteil von Männlein und Weiblein an irgendwas, fällt uns doch sehr störend auf: wieso diese Dichotomie? Wieso diese Geschlechtsfixierung? Und wenn schon, es gibt inzwischen rund 164 verschiedene Gender, liebe Frau Althaus. Schon mal an die Repräsentanz von noch nicht geouteten Transgender mit unklarem Zugehörigkeitsgefühl gedacht?

Wie steht es denn mit verschiedenen Hautfarben? Den Homosexuellen? Körperlich Behinderten? Glatzeträgern? Ü-60? U-30? Veganern? Kannibalen? Moslems? Vertretern indigener Völker? Analphabeten? Kurzsichtigen? Einbeinigen? Rollstuhlfahrern? Trägern weisser Socken?

Das müsste doch alles auch berücksichtigt werden, wenn schon. Sonst ersetzt frau doch eine Ausgrenzung nur durch die nächste. Eine Inklusion durch eine Unzahl von Exklusionen. Und das geht doch nicht, wenn wir eine männliche Perspektive einbringen dürfen.