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Ach, «Blick»

Er schafft es wieder mal, Lachen und Weinen auszulösen.

Lachen, weil es so lächerlich ist. Weinen, weil es so lächerlich ist. Aber zunächst einmal eine Story, die an die gute alte Zeit des «Boulevard»-«Blick» erinnert. Wahrscheinlich bekommt der Verantwortliche dafür auch einen Rüffel von einem der vielen Heads, Officers, Chefs und Chiefs und Leitern:

Wagt sich der «Blick» allerdings ins gegendarstellungsfreie Ausland, wird’s kunterbunt:

Man wird ja wohl noch fragen dürfen. Überhaupt ist Putin und der Ukrainekrieg eine gewisse Obsession für den «Blick»:

Indem er Putin dieses Foto schickt?

Warum? Darum; das ist immer eine intelligente Ansage.

Bleibt natürlich die Frage, ob Trump das weiss – oder ob es ihm «Blick» erst mitteilen muss.

Nun in die Weiten des Weltraums, wo die völlige Leere und Gegendarstellungsfreiheit herrscht:

Aber Genaues weiss man nicht, darauf weist schon ein vorsichtiges «möglicherweise» hin. Erst wenn es Musk geschafft hat, zum Mars zu fliegen, wird man Genaueres wissen.

Nun eine schreckliche Story mit einem schrecklich verpixelten Foto, das in voller Grösse seine schreckliche Wirkung entfaltet:

Vielleicht wäre ein unverpixeltes Foto des Kühlschranks sinnvoller gewesen.

Jetzt kommen wir zur Jö-Story des Tages:

Oh, Pardon, diese herzigen Tierli sind ja aus einem Inserat, ZACKBUM meint diese hier:

Wenn man bedenkt, dass Cédric Wermuth neben diesen enormen Anstrengungen auch noch daran arbeitet, kein gewalttätiger und frauenunterdrückender Macho mehr zu sein – unvorstellbar, was der Mann leistet.

Dann aber lässt der «Blick» den Leser ratlos zurück:

Ja was denn nun? «Mit Video», aber «zum Wegschauen»? Das ist höherer Dada, das hätte das Cabaret Voltaire auch nicht besser hingekriegt.

Und als Absackerchen noch ein Beitrag aus der Rubrik «Ratgeber und Service», das zweite starke Standbein des «Blick», auch wenn er nicht alles selber machen kann:

Gebt es zu, liebe ZACKBUM-Leser, das habt Ihr Euch alle auch schon gefragt. Und, neugierig, was ist die richtige Antwort? Da sagen wir doch mit Douglas Adams: «42». Das ist nämlich die Antwort auf fast alles, die ein Supercomputer nach 7,5 Millionen Jahren Rechenzeit herausgefunden hat.

So lange dürfte es auch ungefähr dauern, bis aus 20 Franken im Monat ein Vermögen geworden ist. Ob und wann der «Blick» mal wieder zu sich kommt, eine Antwort darauf ist aber weder ZACKBUM noch einem Supercomputer möglich, daran verzweifelt selbst die KI.

ZACKBUM hat gefragt, das ist die Antwort, die beweist, dass auch KI ihre Grenzen hat:

«In den letzten Jahren wurden mehrere Maßnahmen ergriffen, um die Qualität der Berichterstattung zu verbessern. Ob und in welchem Maße diese Bemühungen von den Lesern als Verbesserung wahrgenommen werden, hängt von individuellen Präferenzen und Erwartungen ab.»

Horror-Kabinett

Der «Blick» unterbietet sich wieder selbst.

Peter Rothenbühler kann es in der «Weltwoche» nicht fassen: «Im Ringier-Verlag soll ein «Equal Voice Assistant» eingeführt werden, um «die Diversitätsverzerrungen in Echtzeit in Artikeln der Ringier-Medienmarken anzugehen». Schon nur dieser Begriff: «Diversitätsverzerrungen»! Muss man sich auf der Zunge zergehen lassen.»

Wie das gehen soll? So: «Diese KI-Lösung scannt Inhalte während ihrer Erstellung, identifiziert Geschlechterungleichgewichte sowie Stereotype und bietet konkrete Verbesserungsvorschläge.»

Was aber dem «Blick» in Wirklichkeit fehlt, ist menschliche Intelligenz. Denn all die Chiefs, Officers, Leaders und auch Chefs lassen eine Reihe von Nonsens-Meldungen durchgehen, dass der «Blick»-Leser selbst nach dem zuvielten Bier noch den Kopf schüttelt.

Denn das alles will kein Mensch sehen:

Auch Schleichwerbung nicht:

Die ist oben, unten ist richtige Werbung.

Das hier sind hingegen «Deal-Partner», also überhaupt keine Werbung:

Das hier auch nicht:

Dieser Flachsinn hingegen ist hausgemacht:

Dafür lohnt es sich doch, die Bezahlschranke zu überspringen.

Das hingegen ist wieder Werbung.

Das auch.

Das auch. Alles. Das Folgende hingegen ist eine bunte Mischung. Im Uhrzeigersinn von links oben: ein dümmlicher Ratgeber. Eine Nonsens-Meldung. Eine überholte Spekulation. Und eine echte Werbung.

In der Ukraine ist auch nicht wirklich was los. Das merkt man untrüglich daran, dass «Szenarien» feilgeboten werden und Fragezeichen in den Titeln stehen::

Und als Absackerchen der wohl überflüssigste Ratgeber des Tages:

Also im Ernst; wäre es nicht einfacher und billiger, die KI etwas umzuprogrammieren und ihr den Auftrag zu erteilen: schreibe Blödstorys am Laufmeter und knalle jeweils ein Foto dazu. Und streu das zwischen Werbung satt.

 

 

 

Darüber müsste selbst Seibt lachen

Er steht auf unserer Shitlist. Aber es gibt so wenig zum Grinsen heutzutage.

Es ist stärker als ZACKBUM. Wir versuchen krampfhaft, den Blick abzuwenden. Aber wie ein Magnet zieht ihn eine Schlagzeile an, die einfach brüllend komisch ist. Selbst Buster Keaton würde es nicht gelingen, mit unbewegter Miene darauf zu blicken.

Man liest, die Mundwinkel wandern unbeherrschbar nach oben und aussen. Zuerst verschafft sich ein leises Kichern Bahn, und dann wird’s unkontrollierbar. «Die alte Macht der Männer ist zurück». Boah, ey. War sie denn jemals weg? Und wenn sie zurück ist, ist sie dann weiterhin die alte Macht – oder eine neue alte? Prust. Auch daran ist Trump schuld. Gröl. «Auch Europa und die Schweiz kennen den Trend». Kicher, hier beginnt sogar die Sprache zu holpern, als Verstärkung des Lacheffekts. Und hier gerät sie völlig ausser sich: «Seine Folgen: potenziell schwer». Potenziell, schenkelklopf. Schwer, tränenabwisch. Spätestens hier winselt der Leser um Gnade und wälzt sich am Boden, mit Seitenstechen und Schnappatmung.

Das ist von dermassen strahlender, unverstellter Dummheit, wie man es nicht bei der «Republik», nicht bei der WoZ, nirgendwo sonst antrifft.

So platzt das Lachen heraus. Unkontrollierbar. Man liest die wenigen Wörter im Titel und im Lead. Und man weiss: mehr hält das Zwerchfell nicht aus.

Man wundert sich, wie so etwas entstehen kann. Da weiss KI Rat:

Der erste Schritt beim Lachen ist das Verarbeiten eines Reizes, z. B. eines Witzes, einer lustigen Situation oder einer absurden Begebenheit. Der präfrontale Kortex und das limbische System (insbesondere die Amygdala und der Hypothalamus) sind entscheidend, um humorvolle Inhalte zu bewerten.

Dann erfolgt Muskelaktivierung, der Herzschlag beschleunigt sich, die Atmung verändert sich und: Lachen führt zur Freisetzung von Endorphinen, Dopamin und Serotonin, die die Stimmung heben und ein Gefühl des Wohlbefindens erzeugen.

Und schliesslich: Lachen hilft, Stress abzubauen und Spannungen zu lösen.

Danke, Philipp Loser, danke. Mike Arschloch») Müller, der einzige Mensch, der Dick und Doof als Solist spielen kann, war gestern. Hier und heute kommt der neue Comedystar. Damit ist auch das Humorproblem von SRF gelöst. Late Night mit Loser. Der Aufwand ist absolut überschaubar. Er liest einfach aus eigenen Werken. Und wenn man nachts das Fenster aufmacht, hört man in der ganzen Schweiz Gekicher, Gelächter, Gegröle.

Das ist genau das, was die Seele in diesen schlimmen Zeiten braucht. Erholung und Labsal. ZACKBUM nimmt alles zurück, was wir jemals gegen diesen Giftzwerg gesagt haben. Völlig falsche Einschätzung. In Wirklichkeit ist er die grosse weisse Hoffnung der Schweiz, endlich einmal wieder eine befreiende Humorsendung hinzukriegen.

Was für ein Spassvogel. Harlekin. Pausenclown. Schalk. Schelm. Witzling. Scherzkeks. Spasskanone. Witzbold. Auch eine Witzfigur, ein dummer August, ein Hanswurst, eine Lachplatte, Witzblattfigur, ein Tünnes.

Hui. ZACKBUM wischt sich die Lachtränen ab, versucht an sich zu halten und bricht wieder in konvulsivisches Gelächter aus. Meiner Treu, was für ein Labsal.

Mach dir ein Bild

Seit es KI-bearbeitete Fotos gibt, ist das Gejammer gross.

1826 belichtete Joseph Nicéphore Niépce acht Stunden lang eine mit Asphalt beschichtete Zinnplatte. Et voilà, er hatte den Ausblick aus seinem Arbeitszimmer festgehalten.

Daraus entwickelte sich die Illusion, dass es nun endlich – im Gegensatz zur Malerei – gelungen sei, ein authentisches, wahrhaftiges Abbild der Realität zu geben. «So sieht’s dort wirklich aus», das war das Versprechen der Fotografie.

Das war von Anfang an die grosse Lüge der Fotografie. Zuerst fehlte ihr die Farbe, aber immer zeigt sie nur einen Ausschnitt der Wirklichkeit. Geschickte Fotografen malen mit Licht, komponieren ein Bild wie ein Maler, achten auf goldene Schnitte, helfen mit künstlicher Beleuchtung nach.

Einfach, einen Menschen zu dämonisieren, indem man sein Gesicht von unten anblitzt, Kontraste schärft, eine unvorteilhafte Grimasse verewigt.

Einfach, eine Idylle zu fotografieren, wenn der nebenan stehende Abfallkübel nicht sichtbar ist, der faulige Morast mit toten Fischen unterhalb des bunt angemalten Hauses auf Stelzen.

So schnell wie die Technik entwickelt sich auch die Technik der Retusche. Der Bildveränderung, schon früh vom Stalinismus perfektioniert, wo der unliebsame Trotzki dem grossen Stalin nicht in der Sonne oder neben Lenin stehen durfte. Allerdings wurde beim Retuschieren gelegentlich ein Bein oder ein Arm übersehen, das dann leicht dadaistisch in der Fotografie rumstand oder in der Luft hing.

Der Photoshop eröffnete dann neue, ungeahnte Möglichkeiten, vor allem in der Modefotografie. Falten verschwinden, Zähne werden geweisselt, Taillen verschlankt, Beine verlängert, Busen vergrössert, Hautfarben getönt; heller oder dunkler, je nach Zielpublikum.

Es werden ganze Beweisfotos gefakt. Unvergessen ein grosser Protestmarsch der französischen herrschenden Klasse gegen Terror, wo Regierungs-Chef und alle Noblen und Wichtigen mutig auf die Strasse gingen und Demonstration spielten. In einer abgesperrten und gut bewachten Strasse, vor sich eine Horde von Fotografen, die bis auf einen Verräter die Scharade mitmachten.

Bilder sind häufig mächtiger als Worte; der blutverschmierte Trump, trotzig die Faust gereckt, sich dem Zugriff seiner Bodyguards mutig entwindend – ist das noch real oder schon gestellt?

Der fotografische Beweis, das war schon immer ein starkes Argument – und ist es heute noch. Allerdings sind seiner Manipulation auch für den Laien kaum mehr Grenzen gesetzt. Das gilt auch für das bewegte Bild. Deep Fakes, man kann lippensynchron Personen etwas sagen lassen, mit ihrer eigenen, computergenerierten Stimme, was sie nie sagen würden. So kann Obama zur Wahl Trumps auffordern, während Trump zugibt, dass er als mehrfach Vorbestrafter für das Amt nicht geeignet sei.

Aus banalen Ferienfotos können Menschen herausretuschiert werden, damit der überfüllte Strand menschenleer wird, der verdreckte und mit Abfall übersäte Sand blütenweiss. Es gibt KI, die das Gesicht in Sekundenbruchteilen dreissig Jahre jünger machen, den Hängebauch verschwinden lassen, die Altersflecken auch.

Also kann man Fotografien nicht mehr trauen? Auch das ist natürlich Unsinn. Man kann ihnen so viel oder so wenig trauen wie immer. Der Begriff des Authentischen hat sich einfach verändert.

Der knallharte Kriegsfotograf, der niemals eine Szene inszenieren würde, den gibt es immer noch. Aber selbst ein James Nachtway bearbeitet seine Fotos nach, kitzelt im Labor eine Wucht heraus, die die Originale noch nicht haben.

Denn letztlich hilft es nichts. Ob ein Foto lügt, das muss manchmal genauso mühsam überprüft werden wie die Lüge in Worten. Die Lüge, dass die Erde flach sei, kann leicht widerlegt werden, obwohl die christliche Kirche Hunderte von Jahren an ihr festhielt. Dass die Erde nicht vor 6000 Jahren in einem göttlichen Akt geschaffen wurde, ist schon schwerer als Lüge zu überführen, aber es ist möglich.

Ob die Aussage «Die israelische Armee begeht Kriegsverbrechen» wahr oder falsch ist, das ist schon eine ganz andere Dimension der Wahrheitsforschung. Ob Fotografien das belegen können, ist nochmal eine andere Frage.

Aber letztlich ist die Verwendung von KI einfach eine neue Technologie für das ewig Gleiche. Die Interpretation der Wirklichkeit nach dem eigenen Gusto, ihre Verwandlung in etwas, was dem Bild des Betrachters entspricht, das er sich von der Realität gemacht hat.

Ob es eine von der menschlichen Betrachtung und Erkenntnis unabhängige, objektive Realität gibt – und ob es uns gelingen kann, genau sie abzubilden, in Bildern oder in Worten, damit befasst sich die Philosophie und Erkenntnistheorie schon seit über 3000 Jahren. Ohne zu einem endgültigen Ergebnis zu kommen.

Also ist jedes Gejammer über die realitätsverändernde Wirkung von KI so überflüssig wie das Gejammer über Photoshop oder Retusche oder das Metaversum.

Sonntag, Leidenstag

Am 7. Tag ruhte der Herr. Das merkt man.

Eigentlich ist das Cover der SonntagsZeitung durchaus vielversprechend. Eine attraktive «Wein-Weise», ein launiger Vergleich zwischen Deutschland und der Schweiz als Einstimmung auf das Spiel, und Gelegenheit für den den Migros-Chef, aufmunternde Worte zu der Krise in seinem Haus zu sagen.

Allerdings ist dann leider nicht alles Gold, was glänzt. Zum Thema Migros muss Chef Arthur Rutishauser in seinem Editorial die grossen Linien ziehen und erklären, wieso der orange Riese wankt. Schlichtweg wegen hausgemachten Problemen grössenwahnsinniger Manager, die Milliarden in den Sand setzten.

Das Interview von Edith Hollenstein und Christopher Gilb verläuft dann aber leider nach dem Motto: was wollten Sie schon immer mal unwidersprochen sagen, und das erst noch glattgestreichelt von der Corporate Communication, denn Christian Dorer versteht natürlich sein Handwerk.

Daraus entstehen dann wunderprächtige Antworten auf vermeintlich kritische Fragen: «Ich habe keine schlaflosen Nächte, denn ich zweifle nicht am eingeschlagenen Weg. Es belastet mich jedoch, dass unsere Entscheidungen das Schicksal vieler Menschen beeinflussen. Insbesondere weil diejenigen, die nun die Migros verlassen müssen, nicht schuld sind an der aktuell schwierigen Situation.» Und er als neuer Boss natürlich auch nicht …

Woran erkennt man ein grottenschlechtes Interview, nebenbei? An solchen Fragen: «Was heisst das? … Und was leiten Sie daraus ab? … Will die Migros zu einem Discounter werden? … Warum?» Ein Vorschlag zur Güte: wieso lässt die SoZ so ein Interview nicht von einer KI machen? Die würde das genauso, wenn nicht besser hinkriegen, und alle Beteiligten hätten viel Zeit gespart.

Immerhin ist Rutishauser mal wieder für einen (kleinen) Knaller gut. Nachdem «Inside Paradeplatz» darüber berichtet hatte, dass die kantonale Volkswirtschaftsdirektorin Carmen Walker Späh ihren Chefbeamten nicht nur hochkant entsorgt hatte, sondern auch noch eine Strafanzeige nachschob, rätselte man: warum denn das? Rutishauser weiss mehr: er «soll Löhne unterschlagen haben». Also Einnahmen aus seiner Vorgesetzten bekannten Nebenjobs. Sieht eigentlich verdächtig nach Nachtreten und Rache aus.

Dann erreicht der «Fokus» einen neuen Tiefpunkt. «Wir müssen platonisch splitternackt sein». Wer will bei einem solchen Titelzitat dann noch das Gähn-Interview mit einer Psychologin über das Allerweltsthema Freundschaften lesen? ZACKBUM nicht. Die Bebilderung hilft übrigens auch nicht.

Und eine Seite mit Markus Somm und Jacqueline Badran ist auch nur was für ganz starke Nerven.

Das gross auf der Front angepriesen «Duell» erweist sich dann als müde halbe Seite. Die mal wieder beweist: Humor will gekonnt sein. «Bratwurst vs. Currywurst … Heidi vs. Winnetou … Deutsche Bahn vs. SBB … Aromat vs. Liegestuhl» usw. Ist das vielleicht komisch. Gleich sechs Geistesriesen der SoZ haben sich hier bemüht. Dafür kann es nur eine Antwort geben: rote Karte!

Dass sich Klaus-Michael Kühne öffentlich ins Hemd heulen darf «Ich habe mich von Herrn Benko einlullen lassen», nun ja, auch Milliardäre spüren den Schmerz, wenn ihnen ein paar Dutzend Millionen abhanden kommen.

Problemlos zum Millionär wird man hingegen, wenn man die Anlagetipps des Geldonkels Martin Spieler beherzigt: «Bei Investieren in Private die Risiken nicht ausblenden». Hätte doch Kühne nur auf ihn gehört.

Anschliessend begibt sich die SoZ aber auf ganz dünnes Eis:

ZACKBUM enthüllt die Antwort: einen «eiskalten Chablis». Das beweist aber mal wieder, dass Frauen halt doch nicht so viel von Wein verstehen. Denn erstens kommt das darauf an, zweitens sollte man einen Grand Cru bei 12 bis 14 Grad zum Mund führen.

Aber das Hauptproblem hier ist doch, dass der Titel samt Foto schwer nach Sexismus riecht, schmeckt, kantig im Abgang ist und im Oberton nach Altherrenschweiss müffelt.

Völlig gaga ist diesmal die Autoseite. Immerhin wird kein Zwölfzylinder für 250’000 angepriesen. Denn es geht noch absurder:

Kommt halt davon, wenn man den Artikel sparsam aus der «Automobil-Revue» übernimmt, wo die Schmonzette über ein Unikat neben anderen Autostorys mit Nutzwert sicher Sinn macht.

Wenig Sinn macht dann die abschliessende Werbestory über «Korfus kleine Schwester». Objektiv, kritisch, unabhängig. Obwohl: «Diese Reise wurde unterstützt von Edelweiss und Visit Greece». Besonders launig ist hier der Ess-Tipp: «In der Taverne … wird nicht bestellt, sondern gegessen, was auf den Tisch kommt. Eine frühzeitige Reservierung ist erforderlich.» Also absolut ein Must für alle Hungrigen. Auswahl null, dafür früh reservieren. Und nicht nur der Flug, auch der Aufenthalt ist gesponsert. Unglaublich.

 

«Blick» wird intelligent

Wo die Zukunft des Journalismus schon heute stattfindet.

«Blick» hat bekanntlich ein wenig Probleme mit der Aktualität. So verkündete das Organ mit dem Regenrohr noch am Montag, dass die Resultate der russischen Präsidentschaftswahlen noch nicht bekannt seien. Obwohl es sie unter diesem Lead doch vermeldet.

Das ist eher blöd. Aber hier soll es darum gehen, dass Blick intelligent wird. Doch, daran kann es keinen Zweifel geben. Hier ist der Beweis:

Gut, man hätte vielleicht noch irgendwo das Wort Vietnam unterbringen können, aber he, so wenig Platz und so wenig Zeit in der Verrichtungsbox in der Hölle des Newsrooms.

Aber wieso intelligent? Der Artikel ist am 18. März gegen Abend auf «Blick» online erschienen. Fast zwei Tage, nachdem genau die gleiche Story in der «SonntagsZeitung» stand:

Aha, aber was soll denn an copy/paste intelligent sein? Nun, wir lösen das Rätsel auf, es verbirgt sich ganz am Schluss des Artikels. Da ist als Autorenkürzel «nim» angegeben. Aber danach, kursiv und abgesetzt: «Mit Unterstützung von KI für dich erstellt».

Oha. Abgesehen davon, dass hier der Leser ungefragt geduzt wird: was soll denn das heissen? Wurde einer KI der Artikel der SoZ gefüttert, plus ein paar weitere Meldungen zum Thema, und dann sollte sie auf Länge einen «neuen» Artikel basteln? Wurde «Sprachniveau niedrig» eingegeben, wurde «ja nicht boulevardesk» verlangt? Was hat denn dieser (oder diese) «nim» gemacht, denn der Autor wurde von der KI ja nur «unterstützt»? Hat sie ihm Kaffee gemacht, den Nacken massiert – oder die Tasten geführt?

Auf jeden Fall wollten wir «Blick» von da an Intelligenzblatt der neuen Art nennen. Aber dann macht halt der weitere Inhalt (fast) alles wieder kaputt.

Das soll das Beste von «Blick+» sein? Geldwert?

Und die Tipps, Himmels willen:

Aber immerhin, es kommt kein Klodeckel vor.

ZACKBUM fasst zusammen: «Blick» sollte mehr KI verwenden. «Blick» sollte überhaupt mehr Intelligenz verwenden. Aber erst mal haben, sagten die Schwaben …

I’ve seen the future, baby

Sang einst Leonard Cohen. Ist das die Zukunft des Journalismus?

Hier ist nichts echt, oder eben alles:

«Channel 1 will alles nutzen, was KI kann, um damit die Nachrichtenbranche zu verändern», berichtet die NZZ.

Zwei Ami-Unternehmer haben das Startup «Channel 1» gegründet. Die Moderatoren, die hier gezeigt werden, gibt es zum Beispiel wirklich. Sie haben an Channel 1 das Recht verkauft, aus ihnen Atavare machen zu dürfen. Die gezeigten Ereignisse sind entweder «echt», oder es wird ausgewiesen, dass die Bilde von einer KI generiert wurden.

In weiteren Ausbaustufen sollen Algorithmen das Verhalten des einzelnen Users messen – und ihm entsprechend seiner Präferenzen eine individuelle Auswahl von News präsentieren – samt entsprechender Kommentierung und politischer Färbung.

Nun kann man einerseits vor einer zunehmend fragmentierten Realitätswahrnehmung warnen, wo jeder sich nur noch in seiner Gesinnungsblase bewegt und nicht mehr mit ihr widersprechenden News belästigt wird. Auf der anderen Seite hat es sogenannte objektive Nachrichten noch nie gegeben. Auch was die Schweizer «Tagesschau» serviert, ist eine kommentierte Auswahl von Ereignissen rund um den Globus und in der Schweiz. Häufig unangenehm verfärbt.

Die NZZ gibt ein Beispiel, was so generierte News bedeuten könnten: «Es ist gut vorstellbar, dass etwa im jetzigen Krieg genug Menschen in Israel und Gaza dazu bereit wären, vor Ort Videos und Statements aufzunehmen, die mit einer Tiktok-artigen News-App gestreamt werden könnten

Dass immer wieder TikTok erwähnt wird, hat seinen guten Grund. Denn wie auf immer mehr Gebieten hat auch hier China die Nase vorn:

«Bereits vor Tiktok gab es von dem chinesischen Konzern dahinter, Bytedance, eine Nachrichten-App. Sie heisst Toutiao und hat in China 300 Millionen monatliche Nutzer. Die meisten sind unter 35 Jahre alt und verbringen im Durchschnitt 70 Minuten täglich mit der App. Dabei konsumieren sie aber nicht nur Nachrichtenvideos. Die Beiträge stammen aus traditionellen Medienhäusern, von Live-Streams, aber auch von persönlichen Accounts. Die Ersteller bekommen einen Anteil der Werbeeinnahmen.»

Wo führt das hin, wo soll das enden? Ist das das Ende der Nachrichten, wie wir sie kennen? Ist das reiner Orwell, wo der Big Brother mitten im Satz plötzlich den Feind von eben zum Freund von jetzt macht, wo nichts mehr feststeht, keine Überprüfung an einer Wirklichkeit mehr möglich ist?

Auf der anderen Seite: das ist doch auch heute schon so. Noch niemals zuvor in der Geschichte war der normale Nutzer dermassen schlecht darüber informiert, was sich beispielsweise im Ukrainekrieg oder im Gazastreifen abspielt. Ganz zu schweigen davon, dass viel schlimmere Schlachtfelder völlig aus dem Fokus der Medien in Europa oder im deutschsprachigen Raum geraten sind.

Ist es nicht heute schon so, dass beispielsweise Tamedia ganz extrem die Teilnehmer an einer bestimmten Gesinnungsblase mit ihnen genehmen News füttert, allen Berichten über Hassfiguren wie Donald Trump oder Viktor Orban oder Präsident Putin einen Spin, eine Einfärbung gibt, die von einem Bemühen um handwerklich korrekte Darstellung meilenweit entfernt ist?

Es ist wohl so: KI ist «the next big thing», wie Steve Jobs selig das genannt haben würde. Wie bei allen fundamentalen Umwälzungen (siehe Internet) ist am Anfang überhaupt noch nicht absehbar, welche Anwendungsmöglichkeiten sie hat und welche Auswirkungen.

Nur eines scheint bereits klar zu sein: 08/15-Journalismus wird schon bald nicht mehr von Menschen generiert. Schlechte Nachricht für 08/15-Journalisten aller Orten …

Macht’s KI besser?

Wie die NZZaS beweist: nein.

Diese Illustration ist, wie man mit der Lupe der Byline entnehmen kann, mittels KI hergestellt worden. Sie vermischt den angestaubten Groove der 70er-Jahre mit der Art, ein Gesicht zu modellieren, wie es im Anfängerkurs für Zeichner geübt wird. Prozentzeichen in den Augen, das rundet das Bild noch mit einem Schon-wieder-Effekt ab.

Aber wer weiss, vielleicht wäre eine hausgemachte Illu noch viel schlimmer herausgekommen. Aber das ist nur die Ouvertüre für noch viel Schlimmeres.

Mal im Ernst, lieber Beat Balzli, das soll die erste Doppelseite im Heft sein? Ein misslungener Wortscherz als Titel, ein riesengrosses, aber völlig inhaltsleeres Visual, umrahmt von einem ungeheuerlichen Textriemen, der zudem in seiner Aussage so dünn ist, dass man auch eine Kurzmeldung daraus machen könnte?

Seich und Scheich, Schleich und reich, wären das nicht wenigstens bessere Titel gewesen? Oder noch besser: hätte man den Platz nicht entschieden besser verwenden können?

Aber immerhin, auf Seite vier fährt die NZZaS mit einer Berichterstattung fort, die sonst kein Organ leistet: «Was tun die israelischen Siedler, während im Gaza gekämpft wird? Ein Besuch im Westjordanland». Denn häufig wird übersehen, dass in der illegalen Besiedlung und durch die massenweise Ermordung von Palästinensern auch hier Israel nicht wirklich darum bemüht ist, irgendwann einmal die Voraussetzungen für eine Verhandlungslösung zu schaffen.

Hier schwafelt die Direktorin einer NGO, die sich für die Interessen der Siedler einsetzt: «Es gibt ein palästinensisches Heimatland, das von den Vereinten Nationen geschaffen wurde. Es heisst Jordanien.» Und wer meint, religiöser Wahnsinn sei von der Hamas gepachtet, wird von ihr eines Schlechteren belehrt: «Es ist unsere religiöse Pflicht, das Land zu besiedeln, das Gott uns gegeben hat.»

Auf Seite 12 setzt die NZZaS dann ihr Tradition fort, mit einer denunziatorisch-unanständigen Fotografie das Niveau deutlich nach unten zu senken:

Selbst der Chefredaktor der NZZaS sähe ziemlich bescheuert aus, wenn man ihn so fotografierte. Das tat das Blatt schon bei einem AfD-Politiker, ohne sich dafür zu schämen. Da wir damals nur eine nassforsche Antwort der Unternehmenskommunikation bekamen, als ZACKBUM Beat Balzli anfragte, was er denn davon halte, verzichteten wir diesmal.

Obwohl hier nicht nur das Foto, sondern auch der Titel von einer unanständigen Häme ist, die nichts mit seriösem Journalismus zu tun hat.

Völlig von der Rolle ist dann auch der Aufmacher der Kommentar-Seite. Der Fern-Korrespondent Markus Bernath aus Wien meldet sich zur Abwechslung nicht mit einem Aufruf zur Fortsetzung des Gemetzels in der Ukraine zu Wort. Aber er kann sich dennoch ins Absurde steigern: «Das Heilige Römische Reich muss Vorbild der EU werden». In Wien ist sicherlich die Toleranz gegenüber Bedepperten und Belämmerten grösser als anderswo auf der Welt. Wieso aber die NZZaS einen solchen Titel (vom Inhalt ganz zu schweigen) dem fassungslosen Leser vorsetzt, das muss das süsse Geheimnis eines neuen Chefredaktors bleiben, der seinen Laden offensichtlich noch nicht im Griff hat.

Das gilt auch für die Story «Krieg gegen die Frauen. … Sexualisierte Gewalt im Krieg ist uralt, über ihren Einsatz als Kriegstaktik spricht man aber erst seit kurzem». Es ist bis zu einem gewissen Grad erlaubt, eine verschnarchte Uralt-Story verbal im Lead aufzupumpen. Aber hier verlassen Gina Bachmann und Raphaela Roth definitiv den Streubereich der Wirklichkeit. Letztere nicht zum ersten Mal. Über Vergewaltigung als Bestandteil der Kriegsführung wird schon seit vielen Jahren geforscht und publiziert. Auch wenn das die beiden Damen vielleicht nicht mitbekommen haben sollten.

Der ungebremste Niedergang setzt sich auf Seite 23 fort. Hier versemmelt Nicole Althaus mal wieder ein im Prinzip interessantes Thema. Nein, es ist nicht dir Rede von Wechseljahren, sondern von Charisma. Spannende Sache, nur: charismatische Menschen überschritten Grenzen, weiss Althaus. Das ist noch ein – wenn auch langweiliger – Ansatz. Ungenießbar macht das Folgende dann der Nachsatz: «Aber warum sind das oft vor allem Männer?»

«Oft vor allem», deutlicher kann man die Unsicherheit der Autorin, ob sie da auf dem richtigen Weg sei, nicht ausdrücken. Immerhin: das warnt den intelligenten Leser davor, weiter seine Zeit zu verschwenden. Dass man die Seite ohne Erkenntnisverlust überblättern kann, beweisen auch Aline WannerFast wie die Werbung einer Sekte») und Rolf DobelliSeien Sie unzuverlässig») mit ihren Titeln. Danke schön.

«Wirtschaft»? Der reichlich vorhandene «Sponsored Content» ist mit Abstand das Interessanteste … Aber immerhin, die «Kultur» glänzt für ein Mal mit einer Abrechnung mit dem unfähigen Direktor von «Pro Helvetia». Nach dieser Breitseite ist es immerhin fraglich, ob er wirklich bis 2025 im Amt überleben wird.

Das beschwingt, bis man zur letzten Seite gelangt. «Die Summe aller Frauen, Teil 42». Das Grauen nimmt kein Ende.

 

Inseln des Flachsinns

Ätsch, reingefallen. Mogelpackung.

In Wirklichkeit geht es um die Berichterstattung der «Republik» in den ersten sechs Tagen des Hamas-Massakers in Israel. Insgesamt hat das Qualitätsorgan in dieser Zeit ganze 15 Stücke veröffentlicht. Stücke, weil dazu auch das «Briefing aus Bern», der «7-Uhr-Newsletter» und die Selbstanpreisung des mageren Tagesausstosses gehören. An echten Artikeln sieht’s so aus:

Am 7. 10. rhabarbert Daniel Binswanger über das Thema Krankenkassen. Kann man spülen. Am gleichen Tag macht sich Theresa Hein quälend lange 20’000 A Gedanken über ihr Älterwerden. Welche Lebenszeit das den Leser kostet und wie alt der sich nach der Lektüre fühlt, darüber schreibt sie nichts. Israel? Hamas? War da was?

Selbst «Blick TV», das ja eigentlich komatös ist, stemmte am Samstag eine Sondersendung. Wer im Journalismus etwas auf sich hielt, versuchte mit mehr oder minder gelungenen Beiträgen auf dieses Massaker zu reagieren. Bei der «Republik» war’s aber wohl so: 55 Nasen sind natürlich viel zu wenig, um an einem Samstag in die Gänge zu kommen. Und dann war ja Sonntag, auch blöd. Und am Montag, nun ja, da begann man zu brüten, was man denn nun dazu wohl machen könne. So neben den schon ewig vorgesehenen Gähn-Artikeln.

Also erschienen rasend interessant 18’000 A über das «Geschäft mit Wahlprognosen». Gähnfaktor zehn. Aber dann, am 10. Oktober, Dienstag, immerhin, Trommelwirbel, «Die Barbarei der Hamas». Ah, Analyse, Hintergründe, Recherchiertes? I wo, «der Philosoph Daniel Strassberg erklärt, welche Gefühle der Angriff bei ihm auslöst». Wollen wir das wissen? Will jemand wissen, welche Gefühle das bei ZACKBUM auslöst? eben.

Dann 22’000 A über die möglichen Gefahren durch KI. Nun gut, nicht gerade brennend neu, aber immerhin. Allerdings: ist keine Eigenleistung der 55 «Republik»-Nasen, sondern eingekauft. Kann man ja auch nicht gelten lassen.

Dann spricht ein Mann darüber, wie er als junger Mann vergewaltigt wurde. Ist nicht schön für ihn, aber wollen wir das wissen? Eher nicht.

War’s das? Das war’s. Ist das ein Witz? Nun ja, vielleicht, aber ein schlechter. Vielleicht hat die «Republik» ja bis zum Erscheinen dieses Beitrages noch nachgelegt.

Roger Schawinski, quicklebendig wie ein Junger, wiederbelebte sein «Talk Radio».

Die ganze Welt schreibt, spricht, analysiert, behauptet, beschäftigt sich mit dem Überfall der Hamas auf Israel. Und die «Republik»? Veröffentlicht ein besinnliches Stück ihres Hofphilosophen, der tief in sich hineingehört hat. Und sonst: sonst nix. Nada, null.

Ist das peinlich? Das ist so peinlich, dass ZACKBUM nur noch in Ausnahmefällen diesen Totalflop einer Magazins in seiner Berichterstattung berücksichtigen wird. Auch Fremdschämen hat seine Grenzen.

Reiche Reichweite

Die wahren Reichweitenkönige sind nicht die üblichen Verdächtigen.

«Schweiz am Wochenende»? Nicht schlecht, über eine Million. «20 Minuten» auf Deutsch? Etwas weniger, 864’000. Das sind die beiden Stars bezüglich Reichweite (immer alles im Print), die jeder kennt.

Die richtigen Kings sitzen aber ganz wo anders. Der Platzhirsch hat eine Reichweite von 2,57 Millionen. Sein kleiner Bruder 2,29 Millionen. Die kleinere Schwester immer noch 1,30 Millionen. Gemeint ist die «Coopzeitung», das «Migros-Magazin» und «Betty Bossi». Wer also wirklich viele Leser erreichen will, muss hier publizieren, nicht etwa in den Tageszeitungen.

Geht da noch was drüber? Aber locker. LinkedIn hat 4,1 Millionen aktive Nutzer, Instagram 4 Millionen und Facebook 3,5 Millionen. Dann gäbe es noch WhatsApp und YouTube und so. Oder Telegram. Ach, und TV verzeichnet 4,2 Millionen tägliche Nutzer, Radio 4 Millionen, digitale News (90 Prozent aller Konsumenten nutzen digitale News, nur 20 Prozent zahlen dafür) ebenfalls 4 Millionen. Selbst der gute, alte Teletext hat eine tägliche Einschaltquote von 0,8 Millionen.

Interessant ist auch, dass der «Ktipp» inzwischen den «Beobachter» weit abgehängt hat. 759’000 für den Tipp, lediglich 583’000 für den Klassiker.

Wiederum etwas anders sieht das alles aus, wenn man – was natürlich die einzig wahre Währung ist – die Reichweite im Print und Online zusammenzählt. Da schwingt dann «20 Minuten» obenauf mit 1,54 Millionen. Gefolgt von «Blick» (975’000) und «Tages-Anzeiger», im Vergleich eher schlappe 432’000.

Natürlich wäre es interessant, diese Zahlen für alle bedeutenden Titel zu kennen. Wäre, denn es gibt sie nicht. Mittelalter, aber Schweizer Realität.

Die vom WEMF zweimal jährlich erhobenen Zahlen verlieren jedes Jahr weiter an Aussage. Sie berücksichtigen Social Media nicht, inzwischen für die Mehrheit aller Jugendlichen Informationsquelle Nummer eins. Sie berücksichtigen – mit wenigen Ausnahmen – nicht die Total Audiance, also alle Leser im Print und Online. Und sie sagt kein Wort zu der Verwendung von KI in den Medien.

Aufgrund solch unvollständigen Daten sollen nun also Werbeplaner den Einsatz der Mittel berechnen, Medienhäuser sich Zukunftsstrategien überlegen. Die Umsätze von Online-Werbung haben sich zwischen 2017 (1,61 Milliarden) bis 2023 (2,93 Milliarden) fast verdoppelt; die Printwerbung schrumpft und schrumpft; im Jahr 2021 betrug sie noch 556 Millionen Franken.

Insgesamt wurden 2022 rund 4,3 Milliarden Franken in Werbung investiert. Warum das so wichtig ist? Weil die Anzahl zahlender Leser – trotz Bezahlschranke im Internet – schrumpft und schrumpft. Genau wie die Werbung in den Printmedien. Während die Newsbeschaffung im Internet nur von 20 Prozent aller Nutzer auch bezahlt wird.

Ist es also eine gute Idee, Printtitel aufzukaufen? Ein Füllhorn voller Heads und Officers auszuschütten? Eine Sparrunde nach der anderen durchzugeben, nachdem man die hauseigenen Tageszeitungen ihrer wichtigsten Einnahmequelle, den Stellen- und Verkaufsplattformen, beraubt hat? Ist es richtig, auf eine Trinität von Print, elektronischen und digitalen Medien zu setzen? Oder sollte man weiterhin Content is King sagen?

Unübersichtliche Zahlenbasis, unfähige Teppichetagen, wildes Geruder und Gerate. Genau so muss es sein, wenn eine ganze Branche den Bach runtergeht und nach Staatshilfe kräht.