Schlagwortarchiv für: CH Media

Wo die Pressefreiheit wirklich gefährdet ist

Credit Suisse contra «Inside Paradeplatz»: Das Schweigen der Lämmer.

Tamedia faselt ständig von irgendwelchen Lecks, «Blick» will von niemandem beeinflusst sein, was normalerweise nur ausgesprochen verbohrte, arrogante und selbstgenügsame Medien von sich behaupten. Dann haben wir noch das WEF (wie sagte mal ein nicht unbekannter und sehr intelligenter Banker: «sollte ich einmal dorthin eingeladen werden, weiss ich, dass ich etwas falsch gemacht habe»), natürlich und selbstverständlich die Ukraine.

Also sind die beiden Zentralredaktionen, die mit ihren Erzeugnissen flächendeckend die Deutschschweiz beschallen, restlos ausgelastet.

Immerhin gibt es noch die NZZ, die innerhalb all dieses Wiederkäuens an eine Front erinnert, wo zurzeit die wirkliche Schlacht um die Pressefreiheit in der Schweiz stattfindet. Nämlich im Kampf der Credit Suisse gegen den Finanzblog «Inside Paradeplatz».

«Der Credit Suisse droht ein Pyrrhussieg», titelt sie gelehrt einen Riesenriemen von über 12’000 Anschlägen. Anfang Dezember machte der Finanzblog bekannt, dass ihm eine 264-Seiten umfassende Klageschrift der CS ins Haus geschneit sei. In der Zeit zwischen Ende Juli und Ende Oktober, also seit dem Amtsantritt des neusten Dreamteams bei der CS, werden rund 50 Artikel und über 200 Leserkommentare eingeklagt. Sie seien persönlichkeitsverletzend und/oder geschäftsschädigend, verstiessen also gegen das UWG.

Damit hat die CS sozusagen den juristischen Flammenwerfer, die Stalinorgel, das Maschinengewehr auf Dauerfeuer gegen IP gerichtet. Zur Sicherheit hat die CS auf die Zivilklage noch eine Strafanzeige draufgelegt, damit da kein Gras mehr wachse.

Da in einem Zivilverfahren nicht nur jeder Vorwurf akkurat aufgelistet und begründet werden muss, sondern genauso akkurat vom Angegriffenen widerlegt, kommen selbst im besten Fall happige Kosten auf IP zu. Obwohl die CS behauptet, sie klage hier «zum Schutz unserer Mitarbeitenden», ist wohl der Verdacht nicht von der Hand zu weisen, dass es ihr in erster Linie darum geht, den Finanzblog finanziell fertigzumachen.

In aller gebotenen Objektivität zählt die NZZ die Meriten auf, die sich der Betreiber Lukas Hässig zuschreiben kann, wofür er auch zum Journalisten des Jahres gewählt wurde, als dieser Titel noch etwas bedeutete. Die Aufdeckung eines Mulimillionen-Abgangsbonus für den damaligen Novartis-Chef Daniel Vasella, die Aufdeckung des Geschäftsgebarens des gefallenen Raiffeisen-Stars Pierin Vincenz im Alleingang – nur zwei Beispiele von Hässigs Wirken.

Als One-Man-Show hat er bereits dermassen häufig die verbliebenen Wirtschaftsredaktionen abgetrocknet, dass ihm deren tiefempfundener Neid gewiss ist. Daher wird in den Schweizer Medien nur zurückhaltend berichtet, während es Hässig dank der CS immerhin bis in den «Spiegel» und auf die Frontseite der «Financial Times» kam.

Dieser Bekanntheitszuwachs ist ein Punkt, wieso die NZZ einen möglichen Pyrrhussieg der CS vermutet. Dazu kommt natürlich die klassische David und Goliath Geschichte und schliesslich die Frage, ob die krisengeplagte und schlingernde Bank wirklich nichts Besseres zu tun habe, als einen unliebsamen Kritiker mit einer teuren Monsteranklage zu überziehen.

Auf der anderen Seite ist es so, dass Hässig tatsächlich gelegentlich eine Art Borderline-Journalismus betreibt. Er haut mal einen raus, wenn dann die Rechtsabteilung der betroffenen Bank anruft und aufheult, lässt er sich zu partiellen Löschungen überreden.

Aus langjähriger Erfahrung weiss er aber meistens, wo die Grenzen liegen, hinter denen die juristische Todeszone im Journalismus beginnt. Das gilt aber nicht für seine Leserkommentare. Hier toben sich unter Pseudonym eine ganze Latte von grösstenteils frustrierten Bankern und Ex-Bankern aus, für die eigentlich alle führenden Bankenlenker auf dem Platz Schweiz ausgemachte Pfeifen und Versager sind. Diese Auffassungen vertreten sie im Schutz der Anonymität recht ungeniert.

Es ist leider eine bekannte Tatsache, dass bei einem Kommentar nicht nur der Kommentator, sondern auch derjenige haftet, der ihm seine Plattform zur Verfügung stellt. Ausser auf sozialen Plattformen wie Facebook, aber das ist eine Schlaumeierei für sich.

Anonym macht mutig, das weiss jeder. Das ZACKBUM-Redaktor René Zeyer auch gelegentlich auf IP publiziert, kennt er die Kläffer und Belferer zur Genüge, die sich unter durchaus interessante Kommentatoren mischen. Wir sind immer der Auffassung, dass der, der kräftig austeilt, kein Glaskinn haben darf. Ausserdem geht uns das Gewäffel frustrierter Versager, auf die noch nie im Leben jemand gehört hat, schwer am Allerwertesten vorbei.

Wenn man aber übelnehmen will, und das will die CS, findet man dafür genügend Anlass. Wieso Hässig schon seit Jahren diese Flanke offenlässt, in geradezu fahrlässiger Weise Kommentare freischaltet, die auch für den Laien erkennbare Beleidigungen enthalten, bleibt sein süsses Geheimnis.

Prozessökonomisch wäre es klar die bessere Strategie für die CS gewesen, sich auf zwei drei Textstellen in Artikeln und fünf, maximal zehn Kommentare zu beschränken, wo es in jedem einzelnen Fall glasklar gewesen wäre, dass hier Recht verletzt wurde.

Es mag sein, dass der federführende Anwalt Daniel Glasl einfach möglichst viele Stunden aufschreiben wollte. Es ist aber wahrscheinlicher, dass sich dieser Wunsch mit der Absicht der CS traf, durch eine Monsterklage dem Finanzblog einfach das Wasser abzugraben. Völlig egal, welche Zahl an eingeklagten Textstellen die CS gewinnen wird – für IP bedeutet die Verteidigung horrende Ausgaben.

Dass es mehr um fertigmachen als um Gerechtigkeit geht, beweist auch der Antrag der CS auf Gewinnherausgabe. Das ist im ZGB so vorgesehen und keinesfalls Neuland. Auch die hasserfüllte Kämpferin gegen Hass im Internet versucht das gegenüber Ringier. Aber alleine ihr Fall beweist, wie verdammt schwierig es ist, den Gewinn aus einzelnen Artikeln zu berechnen. Eine solche Berechnung ist aber die Voraussetzung, dass überhaupt die Forderung nach Herausgabe gestellt werden kann.

Seitdem JSH verkündete, dass sie Ringier zur Herausgabe von Zahlen und Unterlagen gezwungen habe, ist es eigenartig ruhig geworden. Im Vorfeld hatte ein völlig verpeilter Hansi Voigt noch behauptet, Ringier habe mit Artikeln über JSH über eine Million Gewinn gemacht, wobei das Finanzgenie Umsatz und Gewinn einfach gleichsetzte. Aber seitdem JSH über die geforderten Zahlen verfügt, gibt es Sendepause.

Auch die CS spekuliert nicht ernsthaft darauf, durch eine Gewinnherausgabe bei IP endlich ihre finanzielle Schieflache begradigen zu können. Es geht ihr einzig und alleine darum, eine weitere Kampffront zu eröffnen, um Hässig weitere Unkosten zu verursachen.

Hier fällt also ein ganz Grosser über einen ganz Kleinen her. Der daran zwar nicht ganz unschuldige ist. Aber dennoch von allen Medienorganen unterstützt werden müsste, die auch morgen noch wagen wollen, gelegentlich aufmüpfige Dinge über potente Finanzhäuser mit Geld zum Verstreuen zu sagen.

Aber offenbar ist Nabelschau, Neid und konstante Ablenkung auf Nebensächliches so verbreitet, dass ausser der nochmals ausdrücklich gelobten NZZ nach anfänglicher, dezenter Berichterstattung weder CH Media noch Tamedia es für nötig halten, diesem Anschlag auf die Pressefreiheit solidarisch entgegenzutreten.

Sich mit der weidwunden und daher brandgefährlichen CS anzulegen, das bräuchte Mut. Blau-gelbe Fahnen als Zeichen der Solidarität mit der Ukraine flattern zu lassen, das braucht überhaupt keinen Mut. So schaut’s aus.

Wo Welten klaffen

Wie behandeln Schweizer Medien die Gewaltorgien in Deutschland?

Der «Blick» brauchte drei Anläufe, um das unkorrekte Wort «Migranten» aus dem Titel zu kriegen. Zunächst steigerte er sich sogar zu «Migranten-Mob», dann wurde es ein gender- und hintergrundneutraler «Silvester-Mob».

Seither bemüht sich das ehemalige Boulevardblatt, dem Abflussrohr in seinem Logo alle Ehre zu machen:

Eine Fernanalyse der Schweizer Polizeibeamten-Präsidentin mit der überraschenden Erkenntnis, dass allgemein der Respekt abnehme und solche Zustände auch in der Schweiz möglich seien. Dann die politisch korrekte Meldung, dass immerhin «45 der 145 verhafteten Chaoten Deutsche» seien. Wie viele davon mit Migrationshintergrund, darüber schweigt das Rechercheblatt.

Aber immerhin, der meistens am Schreibtisch anzutreffende «Ausland-Reporter» Samuel Schumacher riskiert einen Karriereknick mit der klaren Aussage: «Nach allem, was bislang über die Ausschreitungen in Deutschland bekannt ist, handelt es sich bei einem signifikanten Teil der Täterschaft um junge, männliche Migranten

Wie eigentlich meistens bietet Tamedia das kläglichste Bild von allen Schweizer Bezahlmedien. Es lässt den völlig verpeilten Berlin-Korrespondenten der «Süddeutschen Zeitung» schwadronieren, der das Problem, dass fast ausschliesslich ein Migrations-Mob tobte, so schön- und wegschreibt, wie es halt nur einem Gesinnungsjournalisten einfallen kann.

Während er in einem ersten Artikel den «Migrationshintergrund» der Krawallanten noch völlig ausblendete, zieht er sich in einem zweiten hinter die Formulierung zurück: «Das deutsche Innenministerium jedoch verwies darauf, dass es noch keine Übersicht zu den Verdächtigen gebe

Das bringt sogar die gutmütigen Tagi-Kommentatoren in Wallungen, die überwiegend Klartext äussern und sich solche Schönschreibungen verbitten. Es ist mal wieder erbärmlich, wie ein Bauchnabel-Journalist an der Realität (und an seinem lesenden Zielpublikum) vorbeischreibt – und dass Tamedia das Geschwurbel unkommentiert stehenlässt.

Aber zum Gutmenschentum gehört auch eine gewisse Flexibilität. Plus ein Schuss Lächerlichkeit. Denn der Tagi legt nach: «ARD-Video befeuert Debatte über Nennung von Täter-Herkunft», berichtet das Blatt der korrekten Denkungsart. Damit ist gemeint, dass in der Hauptausgabe der deutschen «Tagesschau» der zugeschaltete Berlin-Korrespondent um eine klare Aussage zur Herkunft der überwiegenden Mehrheit der Chaoten und Gewalttäter herumstolperte: «Von den Tätern zu sprechen ist in solchen Kontexten immer ein bisschen schwierig», erklärte der Journalist im TV», referiert der Tagi.

Dann wird’s echt lustig. Die sich daraufhin in Deutschland entwickelnde Debatte, wie es mit der Nennung von Nationalitäten im Zusammenhang mit den Gewaltorgien in Berlin stehe, wird vom Tagi ausführlich dargestellt. Allerdings verliert das Tamedia-Kopfblatt kein Wort darüber, dass auch der eigene Spar-Korrepondent von der «Süddeutschen» anfangs kein Wort zu diesem Thema verlor und auch in der nachgeschobenen Story um das Problem Migranten-Mob herumeierte.

Ganz anders CH Media, die sich immer mehr als wohltuende Alternative zum Gesinnungsbrei aus dem Hause Tamedia positionieren. Beispielsweise im St. Galler «Tagblatt» darf Cornelie Barthelme kommentieren. Sie ist seit 20 Jahren Berlin-Korrespondentin für verschiedene Tageszeitungen und nimmt mit norddeutscher Zurückhaltung, aber auch Klarheit Stellung. Sie hat die Sachkompetenz einer Journalistin, die nicht erst seit gestern per Google von den Problemen weiss: «Gerade in Neukölln aber hatte schon in den Nullerjahren der damalige Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) vor dem Totschweigen der Probleme durch den hohen Anteil von Migranten gewarnt.»

Auch Barthelme schreibt Klartext: «Dass am 1. Januar noch nichts bewiesen ist, auch am 2. und am 3. vieles und das meiste über die Identität der Täter noch im Vermutungsbereich, dass also nicht in den Zeitungen steht, es handle sich ganz eindeutig um nicht-deutsche Gewalt, führt zu den ebenfalls üblichen Vorwürfen gegen Politik und Medien, hier solle gelogen und totgeschwiegen werden. Heraus ist bis Dienstag spätnachmittags aber nur, dass mindestens 103 der Festgenommenen wieder frei sind. In der öffentlichen Wahrnehmung passt das zur Forderung von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) nach Strafen «mit der ganzen Härte des Gesetzes» wie die Faust aufs Auge.»

Eine Steigerung nach oben ist hier höchstens noch in der NZZ zu konstatieren. Fatina Keilani, Redaktorin im Berliner Büro der NZZ, die alleine vom Namen her nicht wirklich sofort rassistischer Vorurteile verdächtigt werden kann, macht das, woran all die anderen Schweizer Journalisten (oder für Schweizer Organe schreibende deutsche Journalisten) nicht gedacht haben (oder sich nicht trauten): «ein forschender Spaziergang auf der Sonnenallee nach der Silvesternacht», überschreibt sie ihre Lokalreportage. Hier fanden die gröbsten Ausschreitungen des Migranten-Mobs statt.

Besonders ergiebig sind ihre Erkenntnisse nicht, aber auch ihr Bericht über Sprachlosigkeit, Ablehnung von Journalisten oder Verdrängung ist interessant. Sie begibt sich unerschrocken in ein «Albaner-Café» und reportiert: «Am Tresen steht eine junge, knochige Frau mit grossen Augen und eisigem Blick, mit der keine Verständigung möglich ist. Das Café war schon öfter Ziel von Razzien. Hier redet niemand mit der Presse.»

Kein Blatt vor den Mund nimmt im «anderen Blick» auch der Chefredaktor des NZZ-Büros in Berlin. «Wenn Politiker hilflos sind, aber entschlossen wirken wollen, dann kommen drei Mittel fast immer zum Einsatz: die Feststellung der eigenen Fassungslosigkeit, die scharfe Verurteilung und die Forderung nach einer Debatte», leitet Marc Felix Serrao seinen Kommentar ein.

Er hält mit klaren Zahlen dagegen:

«Die Gewalt mit Migrationshintergrund ist nicht unerwartet und plötzlich explodiert, wie die nun zur Schau gestellte Ratlosigkeit vieler Politiker insinuiert. Laut dem Bundeskriminalamt stellen Syrer, Afghanen und Iraker seit Jahren den grössten Anteil tatverdächtiger Zuwanderer in Deutschland, zuletzt lag er bei knapp 40 Prozent. Die Straftaten, um die es geht, sind vor allem «Rohheitsdelikte», also etwa Körperverletzung oder Raub.»

Er zögert auch nicht, Lösungsvorschläge anzubieten: «Was tun? Der erste Schritt wäre eine ehrliche Bestandsaufnahme. Die meisten Migranten und Deutschen mit Migrationshintergrund sind gesetzestreu; sie arbeiten und zahlen Steuern, und viele sind eine Bereicherung für das Land. Das bleibt wahr, wenn man zugleich feststellt, dass eine bestimmte Gruppe von Migranten ein immer grösser werdendes Problem darstellt. … Praktisch braucht es schnelle und abschreckende Strafen und eine Migrationspolitik, die die Interessen der Bevölkerung – der Einheimischen wie der gesetzestreuen Zuwanderer – in den Mittelpunkt stellt. Ganz konkret: Ein Land, das ein solches Problem mit jungen, ungebildeten Männern aus muslimischen Ländern hat, sollte aufhören, immer mehr von ihnen einwandern zu lassen.»

Aber davor schrecken seit 2015, seit den massenhaften Übergriffen auf der Kölner Domplatte, die meisten Politiker und die überwiegende Mehrheit der Medienschaffenden zurück. Also zieht Serrao das bittere Fazit: «Aber dazu wird es wohl nicht kommen. Schon die ehrliche Bestandsaufnahme hat in Deutschland kaum eine Chance. Dafür ist das öffentliche Gespräch über kriminelle Migranten zu verkorkst, zu angstbesetzt. Niemand will zu Unrecht als Rassist oder gar als Nazi gescholten werden, was hierzulande schneller als irgendwo sonst passiert. Also ist man lieber fassungslos. Oder man fordert eine Debatte, am liebsten «schonungslos» und mit «klarer Kante».»

Soweit sind die meisten Schönschreiben in der Schweiz nicht einmal. Dass aber das Verdrängen von Problemen, mit denen weite Teile der Bevölkerung konfrontiert sind, üble Auswirkungen hat und rechtsradikalen Brandstiftern wie dem AfD-Björn-Höcke Wähler und Zustimmung zutreiben – daher brandgefährlich ist –, zu dieser einfachen Erkenntnis sind all diese Schwurbler von Tamedia abwärts nicht in der Lage.

Fast wohltuend ist in diesem Kontext die «Republik». Ihr sind die Krawalle keinen einzigen Buchstaben wert.

IP: Das Schweigen der Belämmerten

Die Credit Suisse will ein unliebsames Medium killen.

Noch nie wurde so grobes Geschütz gegen einen Finanzblog, gegen ein Publikationsorgan in der Schweiz aufgefahren. Die Credit Suisse haut Lukas Hässig eine 265 Seiten dicke Klageschrift um die Ohren, plus unzählige Beilagen. Insgesamt 52 Beiträge und rund 200 Leserkommentare hätten ihre Persönlichkeitsrechte verletzt, Ruf- und Geschäftsschädigung verursacht.

Dafür will die CS Rache. In Form der Ansetzung des Streitwerts auf mindestens 300’000 Franken. Davon berechnen sich die Gerichts- und letztlich auch Anwaltskosten. Plus Gewinnherausgabe, was bislang nur eine hasserfüllte Kämpferin gegen Hass im Internet probiert hat. Eingehüllt ist das in Blabla, wie wichtig die Pressefreiheit sei, aber … Der Blog habe das Geldhaus «schlichtweg totgeschrieben», entblödet sich die Krisenbank nicht zu behaupten.

Hässig bemängelt zu Recht, dass sich die CS aber nicht traut, gegen die grosse «Financial Times» vorzugehen, die immer wieder auf Insiderinformationen beruhende Berichte veröffentlicht hat.

Es ist tatsächlich die Frage, was von einer Führungscrew zu halten ist, die mit existenzbedrohenden Problemen konfrontiert ist, Assetabflüssen in Milliardenhöhe, mit Baustellen in Milliardengrösse, mit Skandalen, Bussen und happigen Verlusten. Der nach langem Grübeln präsentierte «Rettungsplan» wurde weder von der Börse, noch von kompetenten Beobachtern goutiert. Die Aktie notierte teilweise unter 3 Franken, eine Schande. Das einzige, was üppig sprudelt bei der Bank, das sind die Boni. Eine zweite Schande.

Anstatt sich also um diese Unzahl von Baustellen zu kümmern, hält es die Bank für wichtig und nötig, eine teure externe Anwaltskanzlei zu beauftragen, einen Rundumschlag gegen «Inside Paradeplatz» zu führen. 265 Seiten plus Beilagen plus interne Zulieferdienste, für das Reiten dieses Steckenpferds hat die CS sicherlich um die 500’000 Franken ausgegeben. Bis jetzt.

Die Absicht ist dabei sonnenklar: persönlich betroffene Versager in der Chefetage wollen ihr Mütchen kühlen. Aber nicht bei einem einigermassen finanzstarken Gegner wie der FT, sondern bei der One-man-Show IP. Es geht ihnen auch überhaupt nicht um Persönlichkeitsverletzung, Geschäftsschädigung oder gar «totschreiben». Es geht um beleidigte Leberwurst, Nuggi rausgehauen, Exempel statuieren, hässig auf Hässig sein.

Das ist ein Frontalangriff auf die Medien in der Schweiz. Mit bislang ungekannter Energie, Wucht und Finanzstärke vorgetragen. Unabhängig davon, wie die übrigen Medien zu Hässig stehen: das sollte ein breites Echo, einen Aufschrei auslösen. Nicht, um die Inhalte von Hässig zu verteidigen. Sondern um die Absicht dieses Angriffs zu denunzieren.

Sollte. Aber natürlich kennen wir unsere Elendsmedien besser.

Tamedia: tiefes Schweigen bislang, abgesehen von einer Tickermeldung. NZZ: eine Kurzmeldung der Feuilleton-Redaktion (!). Offenbar hält man den Vorfall hier für ein Unterhaltungsprogramm. Das Demokratierettungsblatt «Republik»? Tiefes Schweigen. watson.ch: Immerhin «Monsterklage: Credit Suisse will 52 «Inside Paradeplatz»-Artikel gelöscht haben». Allerdings auch die spitze Anmerkung: «Das forsche Vorgehen der Bank lässt sich wohl auch mit Frust erklären. Hässig sei in den vergangenen Jahren regelmässig an seine Verantwortlichkeit ermahnt worden, heisst es aus dem CS-Umfeld. Und zwar auch in Bezug auf die inhaltliche Überwachung der Leserkommentare. «Allerdings ohne Erfolg.»» Das bedeutet: watson. ch liess sich von der Corporate Communication der Bank diese Sätze einflüstern.

Besser gesagt: watson.ch übernahm wortwörtlich, was Florence Vuichard, die Wirtschaftschefin von CH Media, dort publizierte. Kein Wunder, gehört beides dem Wannerclan. Auch der «Walliser Bote» schreibt von einer «Monsterklage». Er hat immerhin ein wenig recherchiert, zitiert einen Artikel des Medienanwalts Matthias Schwaibold und hat die Bank um Stellungnahme gebeten: «Auf Anfrage begründet die Grossbank ihr Vorgehen folgendermassen: «Credit Suisse hat sich entschieden, die Rechtmässigkeit von Leserkommentaren und Texten rechtlich überprüfen zu lassen. Dies geschieht zum Schutz unserer Mitarbeitenden, die auf dem Blog regelmässig beschimpft und verunglimpft werden.» Mehr will die CS nicht sagen, auch zur Frage nicht, wieso sie gerade jetzt aktiv wird. Und ob das forsche Vorgehen etwas mit Markus Diethelm, dem ehemaligen UBS-Rechtschef, zu tun hat, der nun seit 2022 für die CS in gleicher Funktion tätig ist.»

Aber sonst? Wo bleiben die Gutmenschen von Ringier? Interessiert das weder den «Blick» noch die versammelte Wirtschaftspresse von Axel Springer Ringier Mobiliar? Und die Staatsfunker von SRF? Sendepause, wichtiger scheint zu sein: «Reicht einmal Duschen pro Woche?»

Wieder einmal zeigen die Medien, dass sie weder zu Solidarität, noch zur Verteidigung ihrer ureigensten Interessen fähig sind. Denn ein solcher Angriff auf einen Blog ist eine Bedrohung für alle Newsmedien. Für alle, die kritische Berichte, auch über immer noch mächtige Banken, veröffentlichen.

Wenn Hässig diesen Prozess auch nur teilweise verliert, ist er pleite. Wenn ihn nicht schon vorher die Kosten seiner Verteidigung totgemacht haben. Selbst wenn er – oder frustrierte Banker, die bei ihm anonym in Kommentaren vom Leder ziehen – nicht nur die Grenzen des Anstands, sondern auch des gesetzlich Erlaubten überschritten haben sollten: es kann doch nicht sein, ihn dann einfach finanziell plattzumachen.

Gäbe es einen allgemeinen Aufschrei gegen dieses Vorgehen der CS, die Bank würde es sich nochmal überlegen, denn noch mehr Reputationsschaden kann sie wirklich nicht gebrauchen. Aber den wird es nicht geben …

Schein und Sein

Kein Verlegerclan bedient sich so ungeniert wie die Familie Coninx.

Eigentlich geht es nicht um Buchstaben oder News, sondern nur um Zahlen. EBITDA, Marge, Gewinn vor und nach Steuern. Das interessiert.

Die Schweiz wird von Organen von drei Verlegerclans beschallt. Da wäre CH Media vom Wannerclan. Die haben sich gerade von ihrem erfolgreichen Geschäftsführer getrennt, Platz da für einen Sprössling.

Dann gibt es den Ringierclan, dessen CEO Marc Walder trotz Familienferne Teilhaber werden durfte. Allerdings teilt er sich nur als Juniorpartner ein Stücklein Kuchen mit Springer und der Mobiliar.

Der Lebrumentclan beherrscht die Südostschweiz, bringt aber nicht genug Gewicht auf die Waage, um bei den ganz Grossen mitspielen zu dürfen.

Die NZZ ist die Ausnahme für die Happy Few. Sie gehört keinem Clan, sondern einem breit gestreuten Aktionariat.

Schliesslich noch der Coninxclan, dessen Interessen knallhart von Pietro Supino in der Tx Group vertreten werden. Knallhart heisst: «20 Minuten» verdient immer noch so viel Geld, dass es als eigenes Profitcenter aus den Printmedien ausgegliedert wurde. Die Tausch- und Handelsplattformen sind zwar unter anderem aus dem «Stellenanzeiger» des Tagi entsprossen, verdienen aber so viel Geld, dass keine Quersubvention mit den Printtiteln erlaubt ist. Schliesslich gibt es noch Tamedia, wo die gleiche Profitrate wie sonst auch erwirtschaftet werden muss.

Wie? Deren Problem, also das Problem von Oberchefredaktor Arthur Rutishauser, der unablässig Sparrunden als Beitrag zur Verbesserung von Inhalt und Qualität verkaufen muss, verängstigte und demotivierte Mitarbeiter bei der Stange zu halten hat.

Aber die Selbstdarstellung sieht ungefähr so geschleckt aus wie bei der Credit Suisse: «Wir sind TX. Wir wollen ein international führendes und anerkanntes Netzwerk von digitalen Plattformen werden, das den Menschen täglich Informationen, Orientierung, Services und Unterhaltung bietet.»

Interessant ist die Verwendung des Futurs. Und die Betonung, dass die Zukunft bei den «digitalen Plattformen» liegt. Deutlicher kann man den Printtiteln nicht sagen: Auslaufmodell, Dampflok, wir setzten auf die Elektrolok.

Noch mehr Beweihräucherung: «Wir sind in Bewegung und wollen es auch bleiben. Wir sind weitsichtig. Wir sind proaktiv. Wir sind mutig. Wir sind TX

Proaktiv? Nun, das gilt wohl in erster Linie für den Clan. Boss Supino ging allerdings grauslich baden beim Versuch, federführend eine Subventionsmilliarde aus Steuergeldern auf die Clans regnen zu lassen. Dank geschicktem Lobbying flutschte das im Parlament locker durch, aber als schon die Champagnerkorken auf der Coninx-Jacht knallten, verdarb ein kleines Grüppchen von Unentwegten die Party, indem es erfolgreich ein Referendum startete – und gewann.

Schon vorher hatte der Coninx-Clan gezeigt, dass ihm Dividenden wichtiger sind als staatliche Unterstützung. Denn zu Covid-Zeiten waren Mediensubventionen davon abhängig, dass keine Dividenden ausgeschüttet werden. Dann halt nicht, sagte der Clan. Nein, nicht zu den Dividenden …

Nun will Tx angeblich «in Bewegung» sein und es auch bleiben. Nur: wohin? Na, in die Zukunft natürlich, ins Digitale. In die Morgenröte. Dahin führen soll das Geheimprojekt «Aurora». Niemand weiss Genaues, ausserhalb des Clans. Nur scheint die Morgenröte nicht jeder zu vertragen. Gleich reihenweise sind führende Beteiligte an diesem Projekt zurückgetreten oder in eine Auszeit verschwunden.

Es ist ja so, dass Aurora der lateinische Name der griechischen Göttin Eos ist. Alles etwas kompliziert, wobei der Laie gerne einmal die Morgenröte mit der Abendröte verwechselt. Denn auch das Eindunkeln sieht fatal ähnlich wie das Morgengrauen aus. Wobei Grauen auch kein netter Ausdruck ist.

Also auf jeden Fall ist Tx sicherlich gut aufgestellt, den Herausforderungen der Zukunft gewachsen, wird ein führendes Netzwerk von digitalen Plattformen und sorgt überhaupt für das Wichtigste: dass die Dividenden fröhlich sprudeln.

Ach ja, dazu gibt es gratis staatstragende Töne von Informationsauftrag, Vierte Gewalt, unverzichtbar in einer Demokratie und ähnliches Geschwurbel.

Wie heisst es bei der Credit Suisse so schön: «Die Credit Suisse wurde 1856 gegründet. Heute sind wir ein führender Vermögensverwalter mit ausgeprägten Kompetenzen im Investment Banking und Asset Management.»

Tx und CS, das scheinen Brüder (oder Schwestern) im Geist zu sein …

Wumms: Axel Wüstmann

Wenn Würstchen an die Macht kommen, wird der Senf rationiert.

An diese alte Lebensweisheit erinnern die Zustände im Hause CH Media. Seit 2013 ist dort Axel Wüstmann als CEO am Gerät und spielte eine wichtige Rolle beim Aufblühen und Expandieren des Konzerns. Aufkauf einiger TV- und Radiostationen, die Übernahme aller NZZ-Beibootszeitungen, das waren ziemlich clevere Husarenstücke.

Nun rückt im Wanner-Clan die nächste Generation nach. Das hätte bedeutet, dass Wüstmann im März 2023 das Zepter an an Michael Wanner übergeben sollte. Der hatte zuvor versucht, den Voigt-Flop «watson» endlich aus den roten Zahlen zu holen. Nicht wirklich mit Erfolg.

Aber es ist klar: der Sohn vom Chef macht sich immer unaufhaltsam auf den Weg nach oben, wenn nicht Fürchterliches passiert.

Aber irgend etwas muss passiert sein, denn statt die angekündigte Stabsübergabe im März durchzuziehen, überraschte das Haus Wanner am Montag mit der Mitteilung, dass man sich per sofort von Wüstmann getrennt habe. Oder wie das offiziell immer heisst: man habe sich gemeinsam darauf geeinigt.

Viel an Gemeinsamkeiten kann es allerdings nicht mehr geben, wenn ein sowieso abtretender CEO per sofort den Badge abgeben muss. Nicht mal eine Würdigung von Mann und Werk wurde rechtzeitig fertig, so schnell fiel hier das Fallbeil.

Warum, was ist passiert? Nun, was innerhalb von Clans abgeht, ist ungefähr so transparent wie das Innenleben des Kreml. Schon die blitzartige Trennung von der journalistischen Leiter Pascal Hollenstein erfolgte ohne weitere Begründung und so schnell, dass Hollenstein ein Weilchen brauchte, bis er wieder ein sanftes Ruhekissen in der Bundesverwaltung fand.

Hier kann man höchstens vermuten, dass Wüstmann vielleicht nicht wirklich von den unternehmerischen Fähigkeiten von Wanner Junior überzeugt ist und das unziemlich durchblicken liess. Zumindest er dürfte kein Problem haben, eine neue Position zu finden. Ob Wanner allerdings CEO würde, wenn er Meier hiesse, das sei dahingestellt.

Sumpfgebiete

Es gibt Abgründe. Und dann gibt es «watson».

Mal wieder ein Beitrag für Leser mit einem starken Magen. Eigentlich wollten wir diese hässliche Karikatur von allem, was Journalismus sein könnte, hinkünftig mit Missachtung strafen. Aber «watson» ist sogar stärker als die besten Vorsätze.

Schuld daran ist der hier. Oder das hier:

Ben sei single, behauptet «watson», Mitte 30 und lebe in einer WG. Das ist natürlich alles erfunden, aber es nimmt schon Wunder, welche kranke Fantasie sich die Texte für seine Kolumne ausdenkt. Wir halten uns kurz die Nase zu, unterdrücken tapfer jeden Brechreiz und zitieren:

«Es gibt drei Arten von Frauen, die mir suspekt sind. Erstens: Frauen, die Blowjobs nicht mögen. Einfach so per se nicht. Oder die miserabel darin sind.»

Okay, wir leisten uns ein Bäuerchen und einen Schnaps. Denn Ben kann den Arschloch-Faktor noch steigern:

«Es war das erste Mal, dass sie seit der Scheidung Sex hatte. Und für mich war es das erste Mal, dass ich mit einer Frau Sex hatte, die sich gerade hat scheiden lassen. Der Sex war denn auch so, wie er mit einer Person ist, der eigentlich egal ist, mit wem sie gerade Sex hat. Sie ritt mich, als wäre ich gar nicht wirklich anwesend.»

Nein, das kann man nicht erfinden, nur zitieren. Unter Missachtung alles Hygienevorschriften kommt nun noch der grausliche Schluss:

«Sie hat mir am nächsten Tag geschrieben, ob wir uns wiedersehen wollen. Wir könnten auch den Drink-Part weglassen und uns einfach treffen. «Für ein bisschen Spass …» Ich antwortete, ich würde wohl etwas anderes suchen. Sie schrieb: «Okay».»

Das ist erschreckend und erschütternd. Aus einer Vielzahl von Gründen. Zunächst einmal: welches kranke Hirn denkt sich das aus? Dann: welche kranke Redaktion publiziert das? Aber es kommt noch schlimmer. Dieser Schrott hat doch tatsächlich 292 Kommentare ausgelöst.

Darunter solche Highlights: «Du schreibst gut. Direkt und kurzgefasst. So empfinde ich viele Männer und es gefällt mir. So unkompliziert.»

ZACKBUM schliesst den Deckel über diesem Abfallhaufen und schwört aufs Neue, dass es ihn nun aber drauflässt. Eine dringende Bitte an den Wanner-Clan: Das ist doch rufschädigend, sowas. Damit noch Geld verlochen, das ist doch pervers. Oder etwa nicht?

Peinlich

Qualitätskontrolle war gestern. Ungehemmtes Geschwätz ist heute.

Weil der Qualitätsmedienkonzern Tamedia fast alles von der «Süddeutschen Zeitung» in München rezykliert und seinen Lesern als Eigenleistung präsentiert, für die sie gefälligst happig zahlen sollen, übernimmt er auch sämtlichen Unsinn.

So weiss der «Zentral- und Osteuropa-Korrespondent» Florian Hassel Erstaunliches aus der Ukraine zu berichten: «Die Ukraine lebt vom Export, vor allem von Getreide, Stahl und Eisen. Ihre Bauern brauchen neben ihren fruchtbaren Böden gewöhnlich nur genug Regen.» Verblüffend, überall sonst braucht es auch noch Düngemittel, Herbizide, eine Aussaat und noch so ein paar Kleinigkeiten. Aber wahrscheinlich wird in der Ukraine Stahl einfach fertig aus dem Hochofen gezogen.

Auch aus diesem Bereich vermeldet Hassel Oberflächliches: «Das Kronjuwel der ukrainischen Metallindustrie, zu dem auch eigene Eisenerzgruben gehören, ist Arcelormittal in Kriwi Rih, der Heimatstadt von Präsident Wolodimir Selenski. 2005 verkaufte die Ukraine das Staatsunternehmen an den indischen Stahlmilliardär Lakshmi Mittal». Das ist der, der auch in den indischen Kohleskandal verwickelt ist, was ein Blick in Wikipedia enthüllt hätte. Recherche war gestern.

Aber immerhin widmet sich Hassel einem Thema, das in der Kriegsgurgel-Berichterstattung weitgehend vernachlässigt wird. Wie steht es eigentlich um die ukrainische Wirtschaft? Ums BIP, die Wertschöpfung, die Arbeitsstellen, das Einkommen? Denn nicht jeder Ukrainer ist Multimillionär wie ihr Präsident. Da weiss Hassel: «Doch der Krieg könnte noch Jahre dauern – und damit auch die Notwendigkeit für mindestens Dutzende weitere Milliarden aus dem Westen, Hunderte Milliarden Euro für den Wiederaufbau der zerstörten Infrastruktur noch gar nicht eingerechnet.»

Dutzende weitere Milliarden? Der Mann sollte mal einen Grundkurs in Volkswirtschaft besuchen.

Auf ihre Art widmet sich CH Media dem Thema Sparen. Genauer gibt Wirtschaftsredaktor Niklaus Vontobel wertvolle Tipps als «Hilfe zur Selbsthilfe». Zum Beispiel: «So sollten Autofahrende darauf achten, in welcher Region und an welcher Tankstelle sie einkaufen. Denn die Benzinpreise sind in der Schweiz hoch und variieren stark. Tankstellen auf der Autobahn zum Beispiel verlangen oft höhere Preise als kleine Tankstellen.»

Darauf muss man ja erst mal kommen. Aber auch bei der Ernährung gibt es ungeahnte Sparmöglichkeiten: «Wer mehr Gemüse isst, dafür weniger Fleisch, der entlastet sein Budget. Ein Kilo Fleisch kostet im Schnitt an die 21 Franken, Gemüse hingegen weniger als 6 Franken.»

Aber leider muss Vontobel am Schluss noch eine bittere Pille verabreichen: «Bis die Inflation wieder zurück ist auf jenem Niveau, wo sie die Notenbanken haben wollen, wird es noch ein langer Kampf werden.»

Auf höherem Niveau scheitert Bettina Weber in der «SonntagsZeitung». Sie widmet sich dem beliebten Thema: ein Fall, zwei Fälle, eine Welle. Dass der Titel «Der Russinnen-Trick» im diskriminierungssensiblen, vom Genderwahn geplagten Tamedia-Konzern durchging – ein Zeichen nachlassender Kontrolle?

Dann schildert Weber einen dramatischen Einzelfall, um den Aufschwung ins Allgemeine zu wagen. Denn Anwälten und auch dem Chef des Zürcher Migrationsamt sei dieser Begriff bekannt. Dessen Verwendung auch nicht besser wird, wenn Weber erwähnt: «Es geht beim Phänomen mit dem politisch unkorrekten Namen nicht um die Nationalität, nicht einmal zwingend um das Geschlecht, da es auch schon afrikanische Männer gegeben haben soll, die ihre Schweizer Frauen der Gewalt beschuldigten, um auf diese Weise eine B-Bewilligung zu erhalten.»

Allerdings muss Weber dann einräumen: «Wie häufig der «RussinnenTrick» vorkommt, kann niemand sagen. Zahlen fehlen, da die Fälle weder vom Migrationsamt noch von der zweiten Instanz, dem Verwaltungsgericht, nach Artikeln erfasst werden.» Also wenden ihn eine unbekannte Anzahl Russinnen, afrikanischer Männer und ähnlich zwielichtiger Gestalten an.

Diese unbekannte Menge von Gesocks versucht, sich mittels eines Gutmenschen-Gesetzesartikels das Aufenthaltsrecht in der Schweiz zu erkämpfen, wenn eine Ehe mit einem Schweizer schnell in die Brüche geht, was normalerweise zur Ausweisung führt. Das Benutzen eines Gesetzes ist nicht strafbar; allerdings macht ein solcher Missbrauch die entsprechende Bestimmung fragwürdig.

Doch darauf geht Weber nicht weiter ein, sie erzählt lieber ein tragisches Einzelschicksal in allen Details aus. Wobei sie naturgemäss nur die Position des betroffenen Schweizer Mannes unkritisch übernimmt. Offenbar hat sie nicht einmal den Versuch unternommen, die andere Seite, also die der Frau, zu hören. Eine unselige Tradition bei Tamedia.

Qualität war gestern, heute wird an ungefiltertem Flachsinn nicht gespart.

 

Kriegsgegurgel

Die Sandkasten-Strategen haben Hochkonjunktur.

Gut, das Aufmacherfoto hat nicht wirklich etwas mit dem Thema Ukrainekrieg zu tun. Aber es ist zurzeit der absolute Liebling von ZACKBUM. Und Symbobilder sind doch überall im Schwang.

Aber zum Thema:

In der Kinderzeitung «watson» ist Chefstratege und Oberanalyst Philipp Loepfe immer schnell zur Hand, wenn es darum geht, loszugaloppieren. Er zitiert fröhlich drittrangige «Analysten» aus den fernen USA und ukrainische Militärs, die sich in aller gebotenen Objektivität über die russischen Truppen lustig machen.

Auch Loepfe selbst wagt sich mit seiner «Analyse» weit vor: Der ukrainische Vorstoss «dürfte auch dazu führen, dass der Westen seine Waffenlieferungen wieder intensivieren wird. Der Beweis, dass die Russen alles andere als unbesiegbar sind, ist damit endgültig erbracht und die oft wiederholte Behauptung von Präsident Wolodymyr Selenskyj, seine Soldaten würden sämtliche besetze Gebiete befreien, mit Fakten belegt».

Wir sind schon jetzt gespannt, mit welchen Mätzchen Loepfe den ungeordneten Rückzug antreten wird, sollte sich das Kriegsglück wenden.

Der Sparkonzern Tamedia leistet sich nur noch beschränkt eine eigene Meinung zum Ukrainekrieg. Also übernimmt er einfach die Meinung aus München und lässt sie ungefiltert auf seine zahlenden Leser los:

Die Auslandredaktion gibt immerhin ein Lebenszeichen und ändert den Titel des Originalkommentars: «Befreit ist die Ukraine noch lange nicht». Diese Ansicht des SZ-Chefstrategen Stefan Kornelius war den Kriegsherren an der Werdstrasse offensichtlich zu pessimistisch. Dabei glänzt Kornelius, im Gegensatz zu Loepfe, mit militärischen Insights: «… überdehnte Invasionstruppe, … demoralisierenden Angriffe auf russische Basen, … personell ausgedünnte Truppe, … was die russische Invasionsarmee prompt zu einer Vernachlässigung des Nordens verleitete».

Doch Kornelius weiss, wie man sich an den Flanken absichert: «Aber wird dieser Erfolg von Dauer sein?» Nach dieser bangen Frage setzt er zu einem geradezu lyrischen Höhenflug an: «Diese durch Kommandoversagen, Arroganz und bewusste Lügengebilde erzeugte Scheinrealität bildet ja nur einen Teil des russischen Spiegelzimmers, in dem sich die vermeintlichen Wahrheiten unendlich oft brechen, überschneiden und verzerren. Die größte Gefahr für den Kreml liegt darin, dass nun die Spiegel zerbersten und selbst die beste Propaganda die Scheinwelt nicht mehr aufrechterhalten kann.»

Um schliesslich mit einer allgemeingültigen Erkenntnis zu enden: «Kriege werden nur beendet, indem sie unführbar und vor allem ungewinnbar werden.» Unsagbar, wie die deutsche Sprache hier das erste Opfer der Kriegsführung von Kornelius wird.

Bei den Kriegern von der Dufourstrasse würde eine solche Ansicht glatt als Defätismus beschimpft:

Aber immerhin, hier wird nicht einfach Geschehenes nachgekaut, man wagt sogar einen «Blick» in die Zukunft.

Der zweite grosse Medienkonzern CH Media verwendet die Stimme der journalistischen Allzweckwaffe Inna Hartwich. Die schreibt für die «Stuttgarter Nachrichten», die «taz» und alles, was nicht bei drei auf den Bäumen ist:

Sie schreibt nicht nur für diverse Organe, sie will auch zehn Sprachen fliessend sprechen und berichtet gerne ebenfalls aus Peking. Das alles spricht natürlich für eine vertiefte und objektive Berichterstattung, was man auch den Titeln ihrer jüngsten Werke entnehmen kann: «Heimatliebe steht jetzt auf dem Stundenplan», «Vorhang auf für Putins Propagandashow».

Und was sagt die Stimme der Vernunft und des gepflegten Nachdenkens?

Wunder gibt es immer wieder, trällert die alte Tante, sie fordert zwar nicht «Germans to the front», die NZZ ermahnt aber unseren Nachbarn im Norden streng, dass er gefälligst mehr Waffen liefern solle. Etwas unsensibel, da die letzten Waffenlieferungen der Deutschen vor rund 80 Jahren in der Ukraine nicht so gut ankamen. Da tobten nämlich die deutschen Barbaren, fleissig unterstützt von ukrainischen Kollaborateuren und lokalen Faschisten, während die Rote Armee unter gewaltigen Opfern die Ukraine vom hitlerdeutschen Joch befreite. Aber das wäre wieder eine andere Geschichte, und wir leben in geschichtsvergessenen Zeiten.

In der «Weltwoche» hingegen zeigt sich immer deutlicher, was alles geplaudert wird, wenn sich niemand traut, dem Chefredaktor, Verleger, Herausgeber und Besitzer das Mikrophon wegzunehmen:

Ist schon schrecklich, was so passiert, wenn die Nato provoziert. Da sieht sich doch selbst der friedlichste Autokrat im Kreml gezwungen, mal alle Verträge zu brechen und präventiv ein Land zu überfallen. So wie es keinen Krieg ohne Putin gibt, gebe es auch keinen Frieden ohne ihn, weiss Roger Köppel.  Dafür wird auch er verleumdet von den Medien. Aber hier nicht. Wir machen uns nur ein wenig über ihn lustig.

 

Fürs Falsche demonstrieren

Eine Meldung und ihre Geschichte.

In Prag haben nach offiziellen Schätzungen rund 75’000 Menschen an einer Demonstration teilgenommen. Und niemand schaut hin. Niemand? Doch, zunächst muss man dem «Blick» ein Kränzlein winden:

Zwar die Anzahl leicht tiefer gelegt, und gleich mit der Meinung eines Gegners der Veranstaltung garniert, statt vielleicht eine Forderung oder Position der Demonstranten wiederzugeben. Aber immerhin.

Es ist auch nicht so, dass diese gewaltige Manifestation in den Medien nicht zur Kenntnis genommen worden wäre:

Allerdings fällt hier auf, dass ausschliesslich Medien aus Deutschland versammelt sind. In der Schweiz haben immerhin die SDA, nau.ch und bluewin.ch berichtet. Wenn wir allerdings das Augenmerk auf unsere grossen Qualitätsmedien richten, dann sieht die Berichterstattung so aus:

Tamedia, CH Media, NZZ: nichts. Mattscheibe. So zumindest der Stand am Montagmorgen.

Ob das daran liegt, dass Plakate getragen wurden, auf denen stand: «Das Beste für die Ukraine und zwei Pullover für uns»? Ob das daran liegen mag, dass eine beeindruckende Menschenmenge der Meinung Ausdruck gab, dass die Tschechei die Ukraine gegen Russland unterstütze, schon 400’000 Flüchtlinge aufnahm, aber nichts für die Unterstützung der eigenen Bevölkerung tue, die unter steigenden Energiepreisen leide?

Der tschechische Ministerpräsident verurteilte natürlich die Demonstration: «Es ist klar, dass es auf unserem Territorium russische Propaganda und Desinformationskampagnen gibt und manche Personen einfach darauf hören.»

Sollte es in der Schweiz zu ähnlichen Unmutsäusserungen kommen: wetten, dass das dann auch die Position der sogenannten Leitmedien sein wird? Die sich aber vorläufig in vornehmes Schweigen hüllen. Denn was es wert ist, berichtet zu werden, das bestimmt immer mehr die ideologische Scheuklappe, weniger die Wirklichkeit.

Wumms: Stefan Schmid

Früher hatte das «Tagblatt» noch Niveau. Heute hat es Stefan Schmid.

Als das St. Galler «Tagblatt» noch der NZZ gehörte, legte man Wert auf ein gewisses Niveau. Seit es zu CH Media gehört, amtiert zwar immer noch der gleiche Chefredaktor. Aber der ist längst zum Mann am Fenster runtergestuft; die Inhalte (ausser Lokales) kommen von der Zentralredaktion in Aarau. Das Einzige, was zur Frustbekämpfung bleibt, ist der Kommentar.

Bundesrat Ueli Maurer ist einer der Lieblingsfeinde von Schmid, und der hat sich doch tatsächlich zur SVP Ausserrhoden begeben, also ins Terrain von Schmid. Das muss der natürlich verbellen und verbeissen. Gnädig kanzelt Schmid den Bundesrat ab, denn dessen «Lageanalyse, die in den Grundzügen zwar nicht falsch» sei, «in der Substanz aber keineswegs in Einklang mit der Aussenpolitik des Bundesrats ist». Logische Folgerung: dann ist die Aussenpolitik des Bundesrats in den Grundlagen und in der Substanz falsch. Aber Schmid und Logik, wahrscheinlich bei Geburt getrennt.

Ginge es nach Schmid, «Maurer wäre seinen Posten im Kabinett wohl längst los». Leider geht es aber nirgendwo mehr nach Schmid, obwohl der doch die ganze Welt ordnen könnte. Maurer sehe im Ukrainekrieg nur einen «Stellvertreterkrieg», wo es doch in Wirklichkeit «ein gefährlicher Angriff auf eine europäische Ordnung» sei, «der im Kern auch einen Kleinstaat wie die Schweiz bedroht».

Wie steht es denn um die guten Dienste des Kleinstaats, nach Schmid? «Es scheint, vorsichtig formuliert, naiv, dem skrupellosen Zyniker Putin ein Schutzmachtmandat in der Ukraine anzubieten. Das gab diesem bloss die Gelegenheit, der Schweiz genüsslich einen vermeintlichen Neutralitätsbruch wegen der Übernahme der EU-Sanktionen vorzuhalten.»

Frechheit aber auch von Putin, die folgsame Übernahme ohne Prüfung von EU-Sanktionen ist doch kein Neutralitätsbruch. Überhaupt: «Schutzmachtmandate, also die Vertretung konsularischer Interessen anderer Staaten, sind wie andere gute Dienste schön und nett.» Aber eigentlich «von untergeordneter Bedeutung», urteilt Weltenkenner Schmid wegwerfend.

Vergesst Russland, rät er, denn: «Die Schweiz muss sich stattdessen im Grundsatz neu positionieren. Der Elefant im Raum ist der Umgang mit China.» Diesen Elefanten meint nur Schmid zu sehen, daher hat er noch weitere Ratschläge parat: «Neutralität gegenüber autokratischen Herrschern ist weder in unserem Interesse, noch liegt sie realpolitisch drin.»  Hurra, wir haben eine Neudefinition der Schweizer Neutralität. Erfunden von Schmid.

Zum Schluss hat er einen geschmackvollen Vorschlag auf Lager: «Ja, wir werden auch den Chinesen den Finger zeigen müssen.»

Wie gut, dass niemand auf Schmid hört und der so unbedeutend ist, dass man ihm nicht mal den Stinkfinger zeigen mag.