Schlagwortarchiv für: Alexandra Föderl-Schmid

Die SZ und der Plagiatsverdacht

Wieso schweigt Tamedia zu einem brisanten Problem?

«Hetzjagd auf eine Journalistin», so lehnte sich die Oberchefredaktorin Raphaela Birrer in Verteidigung ihrer Kollegin Alexandra Föderl-Schmid aus dem Fenster. Die stellvertretende Chefredaktorin der «Süddeutschen Zeitung», von der Tamedia grosse Teile seines Inhalts übernimmt, «hat offensichtlich versucht, sich das Leben zu nehmen», war sich Birrer sicher, obwohl das nie bestätigt wurde.

Vielleicht hätte sie sich ein Beispiel an der aus der Schweiz importierten Quotenchefredaktorin Judith Wittwer nehmen sollen. Die schweigt bis heute eisern zu den Vorwürfen, dass Föderl-Schmid kräftig in ihren Texten plagiert haben soll.

Seither ist bei Tamedia Ruhe im Karton, in Deutschland verlagerte sich die Debatte mehr in die Richtung, dass der Plagiatsjäger und Ankläger Stefan Weber aus pekuniären Gründen eine Hetzjagd veranstaltet habe.

Aber auch das ist verstummt, seit er bekanntgab, dass die Vizechefin mindestens 34 SZ-Artikel teilplagiert habe. So habe sie einen taz-Kommentar fast eins zu eins kopiert. Auch wörtliche Zitate aus zurückliegenden Reportagen, wie beispielsweise des «Spiegel», seien ihr nachzuweisen.

Nicht nur Tamedia ist verstummt, auch in Deutschland herrscht eisiges Schweigen. Einzig die FAZ wagte es, darauf hinzuweisen, dass nun die SZ-Kommission, die untersucht, Kontakt zu Weber aufgenommen habe, nachdem der weitere Fundstücke publiziert hatte.

Offenbar wird es mit «untersuchen, aussitzen, kübeln» schwieriger. Je mehr sich der Verdacht verdichtet, dass Föderl-Schmid tatsächlich häufiger abgekupfert hat, desto peinlicher wirkt die Parteinahme von Birrer. Der SZ-Vizechefin, die immer noch ruht, fliegt derweil der Titel ihres Buchs um die Ohren: «Journalisten müssen supersauber sein». Bei erwiesenem Abschreiben müsste ein Journalist zurücktreten, dekretiert sie dort.

Es kann nun passieren, dass in der Hitze des Gefechts oder bei Schreibstau ein Journalist findet, dass es doch erlaubt sein müsse, mal da und dort eine Anlehnung zu machen, merkt doch keiner. Es ist schwer zu definieren, wo da die Schwelle zum Entlassungsgrund liegt. Aber gibt es tatsächlich mehr als 34 Plagiatsfunde in ihren Texten, dann wird sie Opfer ihrer eigenen Ankündigung. Dann handelt es sich eben doch nicht um eine «Hetzjagd», wie auch die Chefredaktion der SZ am Anfang markig verkündete.

Und einmal mehr erhebt sich die Frage, wie es denn um die Fehlerkultur auf Redaktionen bestellt ist. Dort gibt es doch immer genügend Scharfrichter, die auch das kleinste Fehlverhalten – vorzugsweise politisch unliebsamer Personen – streng verurteilen und nie müde werden, personelle Konsequenzen zu fordern. Aber wenn es mal eine der Ihren trifft, dann werden die Reihen geschlossen, es wird zurückgekeilt, der Ankläger zum Angeklagten gemacht, und völlig uninformierte Helfershelfer wie Birrer brabbeln etwas von «Hetzjagd».

Früher mal sollte ein Chefredaktor (das gilt auch für weibliche) ein Vorbild sein, vor allem bei seinen öffentlichen Äusserungen. Tempi passati, offensichtlich.

Die SZ kriecht zu Kreuze

Nicht mal Haltung bewahren geht.

In der Affäre um die mit Plagiatsvorwürfen konfrontierte stellvertretende Chefredakteurin Alexandra Förderl-Schmid (zurzeit aus dem «Tagesgeschäft» abgezogen) gibt es schon wieder eine neue Wendung.

Nachdem das Magazin «Medieninsider» diese Vorwürfe erhoben hatte, die Chefredaktor Wolfgang Krach von der «Süddeutschen Zeitung» als «Kampagne» zurückwies, veröffentlichte «Medieninsider» auch den Inhalt dieser Redaktionskonferenz. Anlass für die Chefredaktion, alle Mitarbeiter zu bespitzeln um herauszufinden, wer das durchgestochen haben könnte. Aber auch das gelangte an die Öffentlichkeit.

Chefredaktor Krach rechtfertigte diese Bespitzelung damit, dass die SZ ihr Redaktionsgeheimnis schützen müsse, das sei schliesslich das Herzstück und es könne nicht sein, dass Inhalte durchsickerten. Als Sahnehäubchen musste er dann eingestehen, dass der Lauschangriff leider kein Resultat gezeitigt hatte. Die ganze Zeit über blieb die aus der Schweiz importierte Quotenfrau und Co-Chefredaktorin Judith Wittwer stumm wie ein Fisch.

Leider folgte ihre Kollegin und Quotenfrau Raphaela Birrer diesem Vorbild nicht. Die Oberchefredaktiorin von Tamedia, Pardon, von «Tages-Anzeiger» (oder heisst das Ding nun wieder Tamedia?) keifte gegen die angebliche «Hetzjagd» gegen Föderl-Schmid los.

Sie sieht halt den Splitter im Auge von anderen, den Balken im eigenen nicht.

Nun hat die Groteske noch eine weitere Wendung genommen: «Die Verletzung des Redaktionsgeheimnisses ist für uns nicht hinnehmbar. Trotzdem war es nicht verhältnismäßig, mithilfe technischer Mittel nach demjenigen zu suchen, der diese Informationen nach außen weitergegeben hat.»

Was auf der Hand liegt, sieht nun auch der Chefredaktor ein: «wir haben zu wenig im Blick gehabt, dass uns als investigativem Medium vorgeworfen werden kann, mit zweierlei Maß zu messen: dass wir einerseits von Leaks journalistisch profitieren, aber andererseits versuchen, das Leck zu finden, wenn wir selbst Opfer eines solchen Angriffs geworden sind.»

Das kann man als Ausdruck des Bedauerns verstehen; Krach hat bereits Übung in Entschuldigungen (Jens Söring, Igor Levit, Hubert Aidinger, etc.). Während aber Birrer gegen einen angeblichen Hetz-Mob zu Felde zog, ist der Qualitätszeitung Tamedia (Pardon, «Tages-Anzeiger» oder wie das Ding immer heisst, vielleicht mal Müller von Blumencron fragen, den grossen Digitalstrategen) diese neue Volte der Kollegen von der SZ-Chefredaktion keine Zeile wert.

Ist das alles vielleicht peinlich.

Raphaela Birrer, die Letzte

Es bleibt noch etwas nachzutragen.

Die Tamedia-Oberchefredaktorin ist offensichtlich als Quotenfrau in diese Postion gerutscht. Denn Kompetenz und Qualifikation können es, gleich wie bei der nach München exportierten Judith Wittwer, sicher nicht gewesen sein.

Wer daran noch Zweifel hatte: die wurden mit ihrem Kommentar-Durchfall «Hetzjagd auf eine Journalistin» ausgeräumt, eine Philippika gegen die angeblich ungerechte Kritik an der stellvertretenden Chefredakteurin Alexandra Föderl-Schmid vom Schwesterblatt «Süddeutsche Zeitung».

Deren möglicher Suizidversuch sei «das Resultat einer Treibjagd durch den Online-Mob», weiss Birrer. Sie klopft sich selbst auf die Schulter, dass Tamedia ein ihr zugesandtes Gutachten des Plagiatsjägers Stefan Weber über die Dissertation einer SVP-Nationalrätin nicht veröffentlicht habe. Als aber die Kollegen von der SZ breit und hämisch über einen Plagiatsverdacht bei der Dissertation der AfD-Politikerin Alice Weidel berichteten (was sich dann als Humbug erwies), schwieg Birrer vornehm.

Auch die missglückte SZ-Hetzjagd auf den bayerischen Politiker Hubert Aiwanger von den Freien Wählern (die legten dann bei den Wahlen zu) war Birrer kein Wort der Kritik wert. Und wie steht es eigentlich mit dem umfangreichen Inhalt, den Tamedia per copy/paste und ß zu ss von der Süddeutschen übernimmt, ohne das dem Leser gegenüber auszuweisen? Ist bezahltes und daher erlaubtes Abschreiben kein Plagiat?

Oder erinnern wir an die Affäre Valérie Dittli. Der damals frischgewählten Waadtländer Finanzdirektorin wurde zuerst vom Radio, dann vom Tamedia-Organ «24 Heures» vorgeworfen, sie habe bei den Steuern getrickst und kurze Zeit ihren Doktortitel zu Unrecht getragen. Auch Tamedia beteiligte sich an der Hatz: «Erst als Politiker-Sensation gefeiert, nun in der Krise», bollerte der einschlägig bekannte Philippe Reichen los. «Wegen früherem Steuersitz in der Kritik», «Regierungsrätin zahlte ihre Steuern in Zug statt in der Waadt», legte er dann nach, inzwischen hatte die Kampagne bereits den Titel «Steueraffäre und Valérie Dittli» bekommen. Und dann noch: sie «dürfte ihren Doktortitel noch gar nicht verwenden».

Zusammenfassend: Schlitzohr, ist Finanzdirektorin, versteuert aber in der Oase Zug und verwendet einen akademischen Titel zu Unrecht. Affäre, Skandal. Dann aber: «Gutachten entlastet Waadtländer Regierungsrätin», muss Reichen knirschend einräumen. Denn: «Das entspreche auch der Steuerpraxis der Schweizer Gemeinden und der Rechtsprechung», resümiert der unabhängige Gutachter. Dass man einen Doktortitel nicht vor der Publikation der Dissertation verwenden darf, wer weiss das schon? Jemand ohne Doktor sicher nicht.

Aber hat sich Tamedia für diesen aufgeblasenen Furz jemals entschuldigt? Für diese mediale Hetzkampagne, wie das Birrer nennen würde, wäre es nicht im eigenen Haus passiert? Blöde Frage.

Richtig lachhaft sind zwei weitere Aussagen von Birrer: «Dazu muss man wissen: Weber fertigt gegen Geld Gutachten zu akademischen Arbeiten an.» Himmels willen, statt dass er diesen Dienst an der Allgemeinheit gratis verrichtet, so wie Birrer auf den grössten Teil ihres üppigen Gehalts als Oberchefredaktorin verzichtet.

Aber sie kann sich noch steigern und führt die «Analyse der österreichischen Journalistin Barbara Tóth» an, die «sämtliche … beanstandete Textstellen nach wissenschaftlichen Kriterien untersucht» habe. Es gäbe zwar «einige wenige ärgerliche Ungenaugigkeiten», zitiert Birrer die «Falter»-Journalistin, aber es handle sich um eine «eigenständige und verdienstvolle Arbeit». Tóth bezeichnet sich dabei einleitend als «promovierte Historikerin (und Begutachterin von Masterarbeiten an der FH Wien)». Das ist eine Fachhochschule, keine Universität.

Der ZACKBUM-Autor ist ebenfalls promoviert, küss die Hand, gnä Frau, hat Allgemeine Geschichte studiert und auch schon begutachtet. Trotzdem würde er sich ausserstande sehen, eine Dissertation darauf zu untersuchen, ob sie allen wissenschaftlichen Massstäben genügt.

Welche «wissenschaftlichen Kriterien» Tóth dabei angewendet haben will, das geht weder aus deren Artikel in der österreichischen WoZ, noch aus der Meinungs-Diarrhöe von Birrer hervor. Wie wissenschaftlich unvoreingenommen Tóth ist, kann man ihren übrigen Artikeln zur Affäre Föderl-Schmid entnehmen. An ihrer Position lässt Tóth keinen Zweifel aufkommen: «Frau, kritisch, exponiert – diese Kombination ist für die Far-Right-Bewegung und ihre Portale ein ideales Feindbild», schrieb sie im ersten Wutanfall. Als sich die Plattform «nius» erfrechte, auch die Dissertation von Föderl-Schmid einer Prüfung zu unterziehen, trat sie nochmals nach: «Radikale Portale wie «Nius» geben vor, Journalismus zu machen. Tun sie aber nicht

Tóth muss einräumen, dass ihr der Kritiker Weber auf Anfrage sofort sein Gutachten vollumfänglich zustellte. Mit welcher Methodik und welchen angeblich wissenschaftlichen Kriterien sie selbst die Dissertation von Föderl-Schmid untersucht haben will, das enthüllt Tóth hingegen nicht. Das hat mit «wissenschaftlich» so viel zu tun wie eine Kuh mit Quantenphysik.

Ein paar Duftnoten aus Tóths sonstiger, nicht gerade wissenschaftlicher Auseinandersetzung mit dem Thema: «rechte Kampagnenportale … verunglimpft worden … digitale Treibjagd … völlig unzutreffendes Urteil … Fehler passieren … immenser Output als «Playing Captain» …» usw.

Dann aber schreibt Tóth etwas, was sich Birrer unbedingt zu Herzen nehmen sollte: «Journalismus heißt, Behauptungen nie ungeprüft zu übernehmen.» Das könnte sich Tamedia doch endlich mal bei seinen ungezählten Schmierenkampagnen hinter die Ohren schreiben, wo aus gestohlenen Geschäftsunterlagen ganze Räuberpistolen herausgemolken und grossspurig als «Papers», «Leaks» oder «Secrets» verkauft werden. Allzu oft soll das zu einem Skandal aufgepumpt werden, der dann «keiner wurde», wie einer der beteiligten Pumper schon mal frustriert bemerkte.

ZACKBUM fasst zusammen: könnte Birrer Latein, wüsste sie: si tacuisses, philosophus mansisses. Lässt sich aber googeln. Was wohl die Belegschaft von einer Oberchefredaktorin hält, die sich ohne Not dermassen lächerlich macht? Und wie lange schaut die obere Chefetage diesem Trauerspiel noch zu?

 

Birrer brabbelt

Hätte die Oberchefredaktorin Tamedia doch besser geschwiegen.

Zunächst ist der Fall noch alles andere als abgeschlossen. «Hetzjagd auf eine Journalistin» zu titeln, die Vermutung zu äussern, sie habe sich das Leben nehmen wollen, was sich dann im Text zu «hat offensichtlich versucht, sich das Leben zu nehmen» verfestigt – so etwas zu kommentieren, ist tollkühn. Um es höflich zu formulieren.

Raphaela Birrer hätte sich doch ein Beispiel an ihrer Kollegin Judith Wittwer nehmen sollen. Die aus der Schweiz importierte Quoten-Chefredakteurin der «Süddeutschen Zeitung» hat bislang keinen öffentlichen Ton zur Affäre um ihre Stellvertreterin Alexandra Föderl-Schmid gesagt oder geschrieben. Anteilnahme, gar Verteidigung? Ach was, so weit geht dann die Sensibilität und das Einfühlungsvermögen nicht.

Aber Birrer wirft sich tapfer in die Schlacht. Sie nennt ihren Meinungskommentar «Analyse». Wohl um nicht selbst Opfer ihrer eigenen einleitenden Verurteilung zu werden: «Sie ist die Seuche unserer digitalen Gesellschaft: die Meinungsdiarrhoe.» Was meint nun Birrer, welcher Durchfall plagt sie?

Die «im ganzen deutschsprachigen Raum bekannte Journalistin» habe sich nach Plagiatsvorwürfen entleiben wollen. Schön, dass eine Oberchefredaktorin auf solch dünner Faktenlage ausrutscht und einbricht, das sollte vorbildlich für ihre Untergebenen sein. Man weiss nix Genaues, na und, einfach mal draufhauen.

Allerdings muss dazu zunächst ein lustiger Slalom hingelegt werden: «Die Journalistin räumte Fehler ein. Es ist möglich, dass ihr in der mittlerweile von der SZ angestossenen Untersuchung weitere Plagiate nachgewiesen werden können.» Also haben sich die Vorwürfe bewahrheitet, wurden von Föderl-Schmid selbst bestätigt. Aber: «Selbst wenn die Verfehlungen ein grösseres Ausmass haben sollten: Das rechtfertigt nicht die digitale Hetze, der Föderl-Schmid zuletzt ausgesetzt war.»

Verstehen wir Birrer richtig? Selbst wenn die stellvertretende Chefredaktorin, die mit vernichtenden und schneidenden Urteilen und Besserwissereien immer schnell zur Hand war, reihenweise plagiert haben sollte, selbst ihre Dissertation wissenschaftlichen Massstäben des korrekten Zitierens nicht entspräche, was soll’s?

Statt an dieser angeblichen Hetze auf Föderl-Schmid teilzunehmen, hetzt Birrer lieber gegen den «bekannten «Plagiatsjäger» Stefan Weber». Der wurde nämlich von der Newsplattform des ehemaligen «Bild»-Chefredaktors Julian Reichelt damit beauftragt, die Doktorarbeit von Föderl-Schmid zu untersuchen. Wieso nicht? Pfuibäh, meint Birrer: «Dazu muss man wissen: Weber fertigt gegen Geld Gutachten zu akademischen Arbeiten an. Das Geschäftsmodell dürfte einträglich sein; Webers Analysen bringen regelmässig prominente Personen in Schwierigkeiten. Häufig erfolgen seine Anschuldigungen allerdings zu Unrecht.»

Das liegt nun allerdings höchstens im Streubereich der Wahrheit. Denn in der langen Liste der Personen, denen Weber Plagiate vorgeworfen hat, gibt es nur wenige Fälle, wo sich seine Behauptungen nicht erhärten liessen. Gelegentlich war die wissenschaftliche Institution, die den Titel verliehen hatte, einfach nicht bereit, ihn wegen den von Weber aufgedeckten Unsauberkeiten abzuerkennen. Im Fall der deutschen Aussenministerin Annalena Baerbock, in deren Buch ihr Weber in mehr als 100 Stellen nachwies, wortgleiche oder teilweise wortgleiche Sätze aus anderen Texten verwendet zu haben, führte die Kritik nicht nur zu ihrem Rückzug als Kanzlerkandidatin; sie nahm das Buch nach den Bundestagswahlen aus dem Handel.

Nichtsdestotrotz behauptet Birrer pauschal: «In dieser Debatte – und bei solchen Gutachten – geht es längst nicht mehr um intellektuelle Redlichkeit oder universitäre Standards. Es geht um politische Motive, Rachefeldzüge, Rufmord.» Nein, es geht um ausreichend belegte Vorwürfe, die zu einer Aberkennung des Titels führen – und nicht ausreichende.

Nun habe laut Birrer eine andere Journalistin «sämtliche der in Föderl-Schmids Dissertation beanstandeten Textstellen nach wissenschaftlichen Kriterien untersucht und kommt zum Schluss, dass es «einige wenige ärgerliche Ungenauigkeiten» gebe, es sich ansonsten aber um eine «eigenständige und verdienstvolle Arbeit» handle». Na und? Ist diese Journalistin in irgend einer Form qualifizierter als Weber? Gibt es irgend einen Grund, wieso ihre Meinung seiner überlegen sein soll? Dumm auch: «Eine offizielle Prüfung der Universität Salzburg, um die Föderl-Schmid selber gebeten hatte, steht noch aus.»

Dann kommt die abschliessende «Analyse» Birrers: «Die Meinungen sind gemacht, davon wird nicht abgewichen. Die Undifferenziertheit und die Empörung im Fall Föderl-Schmid: Sie liefern unfreiwilligen Anschauungsunterricht für die degenerative Entwicklung digitaler Debatten. Und sie verdeutlichen, dass es im Moment schwierig bis unmöglich ist, Diskussionen – wie hier zu wissenschaftlichen oder journalistischen Standards – nüchtern zu führen.»

Zunächst einmal: sich darüber zu beschweren, dass der digitale Mob überall tobt, ist nun wirklich zum Gähnen. Jeder, der in der öffentlichen Debatte steht, hat das schon erlebt. Unter dem Schutz der Anonymität wird gepöbelt, gekeift, gekreischt, gerempelt, verleumdet und getobt. Das gibt es überall, auch bei ZACKBUM. Aber nicht auf ZACKBUM. Und was (auch von Tagi-Journalisten) auf Twitter und anderswo über den geistigen und körperlichen Zustand des ZACKBUM-Redaktors geblubbert wird, das sind doch völlig unerhebliche Fürze.

Dass aber Tamedia bei der Ausschlachtung von gestohlenen Geschäftsunterlagen schon mehrfach Rufmord betrieb, es sei nur an die Hetze gegen den verstorbenen Gunter Sachs oder gegen einen dadurch ruinierten schweizerisch-angolanischen Geschäftsmann erinnert, veranstaltet unter anderen von Christian Brönnimann, das ist und bleibt eine echte Schweinerei. Weil sich in diesen Fällen (und nicht nur in diesen) herausstellte, dass alle angedeuteten und juristisch abwattierten Insinuationen, Anschuldigungen und Behauptungen als haltlos, falsch, unrichtig herausstellten.

Hier haben sich Journalisten wiederholt zu Anklägern, Scharfrichtern und Exekutoren des eigenen Urteils aufgeschwungen, eine unerträgliche Usurpation.

Um diesen Wildwuchs in ihrem eigenen Biotop müsste sich Birrer vielleicht kümmern. Und dafür zu einer Affäre schweigen, die noch lange nicht zu Ende ist. Beides würde ihrem eigenen Image guttun.

Betroffenheit

Geben die Medien manchmal zu viel Gas?

Zunächst die gute Nachricht: Alexandra Föderl-Schmid ist lebend und ansprechbar aufgefunden worden. Nachdem man ihr Auto samt angeblichem Abschiedsbrief drin fand, wurde das Schlimmste befürchtet. Allerdings wird dadurch die Sache für die «Süddeutsche Zeitung» eher noch peinlicher.

Eigentlich meint man, dass vor allem Medienschaffende gepanzert sind gegen Kampagnen und Vorwürfe. Manchmal kommt wegen ihnen ein unerfahrener, unbeholfener Laie unter die Räder, der keine Ahnung hat, wie der Medienzirkus funktioniert. Besonders unappetitlich sind dabei sogenannte Investigativjournalisten wie Christian Brönnimann. Der richtete aufgrund gestohlener Geschäftsunterlagen einen schweizerisch-angolanischen Geschäftsmann öffentlich hin. Wegen seiner Artikel wurden diverse Strafuntersuchungen angestossen. Als sich überall und immer herausstellte, dass an den Vorwürfen nix dran war, das Opfer aber als gebrochener Mann zurückblieb, meinte Brönnimann nur arschkalt, dass er ja nichts dafür könne, was Untersuchungsbehörden so anrichteten.

Es ist bekannt, dass Medienschaffende im Austeilen gross sind, im Einstecken ganz, ganz klein. Mimosen halt. Das ändert nichts daran, dass sie selbst manchmal Opfer ihrer selbst werden. Das schlechteste Beispiel dafür ist der ewige Fälscher Tom Kummer, der unverständlicherweise bei der «Weltwoche» sein Gnadenbrot frisst.

Das abschreckendste Beispiel ist Claas Relotius, der der Reputation des «Spiegel» einen nicht reparablen Schaden zufügte.

Aber jetzt gibt es offenbar den Fall Alexandra Föderl-Schmid. Zur Rekapitulation: sie ist stellvertretende Chefredaktorin der «Süddeutschen Zeitung» und als besserwisserische Vielschreiberin bekannt. Als die deutsche Plattform «Medieninsider» mit Beispielen belegte, dass sie ungehörig Quellen ohne Zitate in ihren Artikeln verwendete, wurde das von der Chefredaktion zunächst als «Kampagne» rechter Kreise gegen die «Süddeutsche Zeitung» abgetan.

Daraus entwickelte sich erst recht ein Skandal, als herauskam, dass diese Chefredaktion mittels Bespitzelung vergeblich herausfinden wollte, wer diese Informationen durchgestochen hatte. Obwohl die SZ ansonsten immer gerne bereits ist, gestohlene Geschäftsunterlagen zu verwenden und das als investigativen Journalismus auszugeben.

Föderl-Schmid hatte dabei schon selbst eingeräumt, dass ihr Fehler unterlaufen seien. Dann wurden auch noch Plagiatsvorwürfe bezüglich ihrer Dissertation bekannt, sie wurde daraufhin eiskalt fallengelassen und von der gleichen Chefredaktion, die sie zuvor noch verteidigt hatte, aus dem «Tagesgeschäft» abgezogen.

So hat auch ZACKBUM das Thema aufgenommen und der Unschuldsvermutung nicht wirklich Platz eingeräumt. Vor allem hat ZACKBUM angenommen, dass jemand, der wie Föderl-Schmid seit vielen Jahren in den oberen Etagen des Journalismus verkehrt, eine dicke Hornhaut hat, an der all diese Vorwürfe abtropfen.

Dann wurde aber laut Pressemeldungen das Auto der Journalisten gefunden. Von ihr selbst fehlte mehr als ein Tag lang jede Spur. Inzwischen ist sie lebend gefunden worden, und die Chefredaktion der SZ, die sie zuvor abservierte, heult vor Freude. Also der Chefredaktor tut das; wie eigentlich immer und überall bleibt die aus der Schweiz importierte Quotenfrau Judith Wittwer stumm wie ein Fisch.

Also war an all den Vorwürfen sogar noch mehr dran, als bislang eingeräumt wurde. Anscheinend steht auch ihre Dissertation unter verschärfter Beobachtung, sowie ihre vielen, vielen Artikel, die sie in den letzten Jahren herstellte.

Plagiate gehen gar nicht, besonders nicht, wenn man so einen scharfen und rechthaberischen Reifen fährt wie Föderl-Schmid, wie ZACKBUM schon kritisieren musste. Aber es gilt nicht nur, die Qualität ihrer Artikel aufzuarbeiten. Sondern auch das Verhalten der Chefredaktion in dieser Affäre. Das ist mehr als dubios.

Spitzel-Süddeutsche

Und was sagt Tamedia zum Skandal?

Tamedia ist dauererregt, wenn es um Überwachung oder Bespitzelung in Unrechtsstaaten geht. China, Russland, furchtbar.

Wenn die Kollegen von der «Süddeutschen Zeitung» bespitzelt werden? Skandal! Skandal? Kein Skandal. Denn sie wurden von der eigenen Redaktionsleitung ausgeforscht.

Oder wie nicht nur der «Spiegel» hämisch berichtet: «Die Chefredaktion der »Süddeutschen Zeitung« hat E-Mails und Telefonverbindungen ihrer Mitarbeiter nach Kontakten zum Branchendienst »Medieninsider« durchsuchen lassen, nachdem Informationen aus einer internen Redaktionskonferenz von diesem veröffentlicht worden waren.»

Worum geht’s? Nun, die stellvertretende Chefredakteurin Alexandra Föderl-Schmid steht im Plagiatsverdacht. Die Vielschreiberin aus Österreich haut gerne dem deutschen Bundeskanzler Scholz eins über die Rübe und weiss – gut eingewöhnt in Deutschland – sowieso alles besser.

Nun räumte die Chefredaktion der SZ intern ein, dass die Dame mit dem lustigen Doppelnamen tatsächlich einen «fehlerhaften Umgang» mit fremden Textstellen pflege. Das ist nun oberpeinlich, weil die ja wohl doch Vorbild sein sollte. Allerdings war der Chefreddaktor Wolfgang Krach schnell mit der Behauptung zur Stelle, es handle sich hier um – was sonst – eine «Kampagne» gegen die SZ. Das Allerweltsschlagwort, wenn einem nichts Besseres einfällt.

Nun hat ein deutsches Pendant zu ZACKBUM namens «Medieninsider» diese Affäre ans Licht gebracht. Und die haltlosen Behauptungen des Chefredaktors. Das fand nun die SZ überhaupt nicht lustig. Nein, nicht das Fehlverhalten von Föderl-Schmid, auch nicht den schwachen Auftritt von Krach. Sondern: Wer war das? Wer hat diese Interna an den «Medieninsider» durchgestochen?

Hier sei «das Herz einer Redaktion abgehört» worden, fabulierte die SZ weiter, und «das können wir nicht hinnehmen», polterte Krach und macht die Sache noch schlimmer. Denn es wurde nicht abgehört, es wurde schlichtweg ein Vorgang, der den Leser der SZ interessieren sollte, ans Licht der Öffentlichkeit gebracht.

Aber nun wird’s aschgrau. Was macht die Chefreaktion der SZ? Sie hat doch tatsächlich Telefon- und Maildaten ihrer Mitarbeiter durchsucht. Das ist nun nicht unbedingt illegal, wenn das in den Anstellungsverträgen ausbedungen wird. Denn der Verlag ist der Besitzer dieser Kommunikationsmittel.

«Redaktionsausschuss, Betriebsrat und Chefredaktion sind sich einig, dass der Schutz des Redaktionsgeheimnisses für unsere Arbeit unabdingbar ist. Deshalb steht es für uns außer Frage, dass wir Kolleginnen und Kollegen, die das Redaktionsgeheimnis verletzen, versuchen ausfindig zu machen.»

Das ist schon mal schräg, wenn man bedenkt, dass die SZ schon x-mal zu diesen internationalen Konsortien gehörte, die gestohlene Geschäftsunterlagen als Hehlerware merkantilisierten und zu «Leaks» und «Papers» umlogen. Da ist’s erlaubt im Sinne der Aufdeckung, aber im eigenen Hause? Pfuibäh.

Dann wird’s noch ganz schräg:

«Die ›Süddeutsche Zeitung‹ toleriert keinerlei Angriff auf den Schutz der Pressefreiheit, weder von außen noch von innen.»

Es soll ein Angriff sein, wenn ein Medienorgan darüber berichtet, wie die Kritik an einem Fehlverhalten eines Mitglieds der Chefredaktion intern abgebügelt wird?

Aber das Sahnehäubchen ist: auch diese Bespitzelungsaktion wurde an «Medieninsider» berichtet. Die SZ ist nicht ganz dicht. Schlechte Nachricht für alle, die sich mit einer vertraulichen Information unter Quellenschutz an das Organ wenden wollen.

Inzwischen sind noch weitere Vorwürfe gegen Dr. Föderl-Schmid erhoben worden. Sie habe möglicherweise auch bei ihrer Dissertation nicht sauber gearbeitet. Als Konsequenz hat sie sich (bzw. wurde sie) «aus dem Tagesgeschäft zurückgezogen», was immer das bedeuten mag. Von einer «Kampagne» ist offenbar nicht mehr die Rede.

Ach, was hat das mit der Schweiz zu tun? Na, der Qualitätsmedienkonzern Tamedia übernimmt bekanntlich grosse Teile seines Inhalts aus München. Ausland, Wirtschaft, Kultur, usw. Immerhin erspart das häufige Auftritte von Nora Zukker. Aber sonst? Erspart das dem Schweizer Leser nichts, wenn er gezwungen wird, die Welt durch deutsche Augen zu sehen.

Nun stellt sich noch heraus, wie es so intern beim Qualitätsorgan in München zugeht. Wie sich die Chefredaktion einigelt, wird einer der ihren kritisiert. Und wie die Chefredaktion sich nicht scheut, die eigenen Mitarbeiter zu bespitzeln.

Ein Doppelschlag ins Wasser. Der «Maulwurf» wurde nicht gefunden, auch die peinliche Aktion kam ans Tageslicht. Und der Tagi? Das «Recherchedesk»? Wo bleiben Brönnimann oder Zihlmann? Wo bleibt die harsche Kritik? Wo bleibt die Winzmeldung? Ist das wieder peinlich …

Desaster Meinungsseite

«Tages-Anzeiger» beim Tieftauchen.

Mehr Grauen auf einer Seite geht kaum. Zunächst der Leitartikel, geschrieben von Alexandra Föderl-Schmid:

Die stellvertretende Chefredaktorin der «Süddeutschen Zeitung» watscht gerne Regierungschefs ab. Nach einem etwas misslungenen Empfang für den Palästinenserführer Abbas war der deutsche Bundeskanzler Scholz dran: «Er verabschiedete Abbas sogar noch mit Handschlag – eine Geste, die völlig deplatziert war und für die er allein verantwortlich ist.» Dazu «inhaltlich zu wenig eingearbeitet», «Vertrauen erschüttert», «Beziehungen zwischen Deutschland und Israel in schwieriger Phase», «Gefahr, dass dem Eklat im Kanzleramt ein weiterer folgt». Interessierte den Schweizer Leser ungemein.

Nun nimmt sie sich Benjamin Netanyahu zur Brust. «Eskalation, … Eigennutz, … eigennützige Motive …». Das mag ja alles so sein, nur: wieso schreibt eine Österreicherin, die bei der SZ arbeitet, einen Leitartikel über Israel im Tagi? Der Konzern hat doch theoretisch noch eine Auslandredaktion. Oder ist Münger gerade mal wieder in den Ferien?

Dann meldet sich eine der neuen Kolumnisten zu Wort; das erkennt man an der schummerigen Farbgebung, die von Kim inspiriert zu sein scheint. Diesmal überschätzt die GLP-Nationalrätin Kathrin Bertschy vielleicht ein Mü ihre Bedeutung. Denn sie schreibt an «Lieber Emmanuel Macron». Sie schliesst staatstragend: «Und ich wünsche auch Ihnen, Monsieur le Président, dass Sie eine generationengerechte Altersvorsorge umsetzen können. Und es Ihnen vergönnt ist, die Bevölkerung wieder zu einen.» Zwei Schlusssätze, zweimal «und», na ja.

Bertschy sinniere «in ihrer Kolumne über politische Geistesblitze». Also war das einer, dem französischen Präsidenten ein paar Ratschläge zu geben, wie er seine Rentenreform besser über die Bühne bringe? Da müssen wir Bertschy allerdings möglichst sanft eine bittere Wahrheit näherbringen: ZACKBUM hat sich bis zum Schluss der ellenlange Kolumne durchgekämpft. Monsieur le Président wird nicht mal den Anfang lesen.

Damit ist die Meinungsseite schon fast voll, aber leider noch nicht ganz. Am rechten Rand hat’s noch etwas Platz für Mario Stäuble, der zur Abwechslung nicht über vegetarisches Geschnetzeltes in der «Kronenhalle» dilettiert:

Wahrscheinlich hat er sich gesagt: Wenn selbst Isabelle Jacobi darf, dann ist alles erlaubt. Dann darf doch auch der frisch degradierte Leiter Inland was zu einem Thema sagen, zu dem nun wirklich alle alles gesagt haben. Nur nicht so schlecht: «Nach dem Zusammenbruch der Credit Suisse (CS) stauen sich die Fragen.» Hoffentlich halten die Staumauern das aus.

Welche Fragen wären denn im Stau? «Wie konnte es so weit kommen?» Das ist doch schon längst, auch im eigenen Blatt, mehrfach und kompetent beantwortet worden, nicht zuletzt von Arthur Rutishauser. Aber Stäuble steht da etwas auf dem Schlauch und hält das für einen Stau. «Haben die betroffenen Behörden die Gefahr verkannt?» Auch diese Frage ist längst beantwortet, das ist nur bei ihm im Stau steckengeblieben.

Mit dem nächsten Satz betritt Stäuble nicht gerade erkenntnisreiches Neuland: «Eigentlich ist heute schon klar: Der CS-Crash muss sorgfältig aufgearbeitet werden.» Das ist nun bereits seit 10 Tagen klar, aber wenn es Stäuble erst heute klargeworden ist …

Nun soll eine Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) aufklären. Das befürwortet Stäuble aus ganzem Herzen: «Es ist darum völlig richtig, dass nun das Parlament die Führung übernimmt.» Vielleicht muss Stäuble in seine neue Funktion noch etwas hineinwachsen; Inland ist nicht ganz das Gleiche wie die Zürcher Lokalberichterstattung.

Eine PUK ist keinesfalls das Parlament, sondern eine nach Parteiproporz zusammengesetzte Kommission. Aber noch fataler: zur langen Reihe abgelehnter Anträge auf die Einsetzung einer PUK gehört der Antrag des gleichen Büros des Nationalrats, eine PUK zur Aufklärung der Problematik UBS/Finanzkrise einzuberufen, aus dem Jahre 2010.

Wenn man die Aufklärung der «Mirage-Affäre» im Jahre 1964 mitzählt, gab es bislang ganze 4 solcher Untersuchungskommissionen. Dem stehen 23 abgelehnte Anträge gegenüber. Vielleicht sollte da ein Inlandchef noch etwas Hausaufgaben machen. Oder lieber über kulinarische Genüsse schreiben; beim vegetarischen Geschnetzelten drückte doch etwas der Erbsengeschmack durch, da geht noch was Besseres auf diesem Gebiet. So bietet die «Kronenhalle» auch ein «vegetarisches Tatar» an. Hm, schmatz.