Peinlicher Selbstdarsteller

Auf dem Jahrmarkt der Eitelkeiten.

Eine Professur ist eine schöne Sache. Ein Interview in der NZZaS ist eine schöne Sache, auch wenn dabei die Qualitätskontrolle versagt hat: solch aufgeblasener Mumpitz hätte niemals in diesem Qualitätsorgan erscheinen dürfen.

Besonders wichtig für die Imagepflege ist auch ein Eintrag auf Wikipedia. Hier sorgt (meistens) Schwarmintelligenz dafür, dass dieses Internetlexikon möglichst akkurat über Begriffe und Menschen informiert. Wird da Unfug getrieben, gibt es Korrektur- und Selbstheilungsmechanismen. Eitle Menschen fummeln auch schon mal gerne selber an ihrem Eintrag herum; dabei wurde schon Roger Köppel erwischt. Denn was eitle, aber vielleicht nicht besonders helle Menschen nicht wissen oder nicht beachten: die Historie, welche Autoren wie viel am Eintrag geschrieben haben, wird von Wikipedia ausgewiesen.

Intelligentere Selbstbespiegler verwenden wenigstens ein oder zwei oder drei Pseudonyme, VPN oder verschiedene IP-Adressen.

Der Eintrag über Vinzenz Wyss ist recht umfangreich. Sehr umfangreich, sozusagen gepimpt im Verhältnis zu den doch bescheidenen Spuren, die der Professor in Lehre, Forschung und Publizistik hinterlassen hat. Aber es kommt schön geschwollen daher:

«Vinzenz Wyss hat im Rahmen seiner Forschungs- und Lehrtätigkeit ein Journalismuskonzept entwickelt, das sich stark an der systemtheoretischen Perspektive von Niklas Luhmann orientiert (Soziologische Systemtheorie).»

Luhmann, Systemtheorie, das kommt immer gut, man vermisst allerdings schmerzlich den herrschaftsfreien Diskurs nach Jürgen Habermas, ein Sprutz Derida könnte auch nicht schaden. Aber gut, kann ja noch werden. Allerdings gibt es auch diesen Warnhinweis von Wikipedia: «Dieser Artikel oder nachfolgende Abschnitt ist nicht hinreichend mit Belegen (beispielsweise Einzelnachweisen) ausgestattet. Angaben ohne ausreichenden Beleg könnten demnächst entfernt werden.»

Nun sieht es aber bei der Autorschaft des gewaltigen Werks (fast 10’000 A) so aus:

Oder wer die Peinlichkeit lieber in Kuchenform anschauen will:

Ein gewisser «Vwyss» hat fast 50 Prozent des Textes abgeliefert. Es ist bei einem Lebenslauf durchaus üblich, dass 100 Prozent vom Beschriebenen selbst stammen. Bei einem Lexikoneintrag ist das aber sehr, sehr unüblich. Zudem ist es für einen Wissenschaftler doch mehr als peinlich, wenn Wikipedia warnend darauf hinweist, dass der Artikel nicht mit genügend Belegen ausgestattet sei und demnächst gelöscht werden könnte.

In solchen Fällen dürfte Professor Wyss bei einem seiner Studenten doch streng ein «ungenügend» als Note geben. Natürlich haben wir dem Medienspezialisten die Gelegenheit gegeben, zu diesen Merkwürdigkeiten und Peinlichkeiten Stellung zu nehmen. Das tat er ausführlich. In solchen Fällen hält es ZACKBUM für angebracht, die Leser über die Fragen wie auch die Antworten in voller Länge zu informieren.

1. Bei Ihrem umfangreichen Eintrag auf Wikipedia ist ein gewisser Vwyss als Autor von fast 50 Prozent des Eintrags aufgeführt. Gehe ich recht in der Annahme, dass es sich dabei um Sie selbst handelt?
2. Halten Sie es für seriös und sinnvoll, den Eintrag über sich selbst zur Hälfte gleich selbst zu betexten?
3. Gleichzeitig weist Wikipedia in einem Warnhinweis darauf hin, dass der Artikel nicht mit genügend Belegen ausgestattet sei. Ist das für einen Wissenschaftler nicht etwas peinlich?
«1. Ja
2. Ja
3. Nein
Schon die Tatsache, dass Sie nicht erkennen können, wer den Eintrag 2009 erfasst hat verdeutlicht, dass Wikipedia für Wissenschaftler unbrauchbar ist. Wir wissen bei Ihrem Eintrag ja auch nicht, wer KurtR ist. Es taugt im besten Fall zur Selbstdarstellung. Die Fremddarstellungen sind in meinem Fall sogar zum Teil falsch; ich sehe aber beim Abwägen von Kosten/Nutzen den Vorteil einer Intervention meinerseits nicht. Dies betrifft auch den Hinweis, dass da zu wenig Belege aufgeführt sind: das ist ja in der Regel der Fall. Ausserdem kann ihnen heute jede AI Recherche über Copilot die Quellen subito liefern. Wozu dann Wikipedia? Lustig finde ich, dass der Hinweis zur Streichung aufgrund mangelnder Belege seit vielen, vielen Jahren da steht. Ich warte eigentlich darauf, dass dass a) jemand mit viel Zeit ergänzt oder b) jemand mit viel Zeit streicht. Aber offenbar nimmt sich nicht mal der Hinweisgeber ernst. Ausserdem lade ich alle und insbesondere Sie dazu ein, den Eintrag zu ergänzen. Ich dachte mal, dies sei die Idee von Wikipedia. Aber bitte nicht fehlerhaft, denn davon gibt es schon genug auf der Plattform. 
Würden Sie mir als Journalist raten, meinen Eintrag zu überarbeiten? Das könnte ich natürlich mal tun. Ich empfehle Ihnen aber, direkt mit mir Kontakt aufzunehmen, das KI Tool Copilot zu fragen oder halt zu googlen und die Qualität der Quellen selber einzuschätzen und jeweils darauf zu verweisen. Wikipedia eignet sich mE  nicht mal für eine journalistische Recherche; drum spielt die Plattform auch in der Wissenschaft keine Rolle. »

Sauglattismus

Was kommt heraus, wenn eine Flachdenkerin einen Luftikus interviewt?

Rafaela Roth neigt zu unreflektierten Jubelarien, langweiligen Interviews und pseudokritischen Reportagen. Das passte sehr gut zu «watson», das befremdet in der NZZaS. Besonders peinlich wird es, wenn sie auf den «Medienexperten» und «Professor for Journalism» Vinzenz Wyss trifft. Der bezieht seine Fachkompetenz aus seiner kurzen Tätigkeit im Lokaljournalismus. Und aus anschliessender Theoriebildung.

Kann man einen «Experten» ernst nehmen, der bereit ist, sich für ein sauglattes Foto zum Deppen zu machen? Nicht wirklich, wie das Interview beweist. Was meint der Professor, was das Publikum über Journalismus denkt?  «Die meisten Leute … denken, Journalismus lasse sich verkaufen wie warme Gipfeli.»

Nun, Roth und Wyss scheinen zu denken, dass sich ein abgestandenes, altbackenes Interview als Journalismus verkaufen liesse. Der Professor kommt dabei zu bahnbrechenden Erkenntnissen: Medienorganisationen seien  «eben etwas anderes als eine Autopneufabrik. Von ihr erwartet niemand, dass sie gesellschaftlich etwas zurückgibt». Doch, von einer Pneufabrik erwartet man, dass sie sich an alle Vorschriften hält, Auflagen des Umweltschutzes erfüllt und sich sozial verantwortlich verhält. Und natürlich sind Informationen wie Autopneus. Sind sie brauchbar und nützlich, lassen sie sich verkaufen. Sind sie abgefahren oder platt, eben nicht.

Aber Wyss greift auch zu kritischen Worten: «Wenn man wegen unternehmerischer Fehlentscheide sparen muss und dann Entlassungen durchführt, ist das auch ein wenig unverantwortlich.» Ein wenig unverantwortlich? Es ist doch so: In drei grossen Medienkonzernen sind die privaten Besitzer in den fetten Jahren obszön reich geworden. Damals bedeutete, eine Druckmaschine zu betreiben, die Lizenz fürs Gelddrucken zu besitzen.

Inzwischen bauen die Wanners, Ringiers und Coninx› ihre Konzerne so um, dass sie immer noch fette Gewinne abwerfen, nur nicht mehr mit Journalismus. Weil sie und ihr Management seit Jahren zu blöd sind, eine Antwort auf die Informationsvermittlung via Internet zu finden. Wenn nun Medien tatsächlich die Vierte Gewalt sein sollten, Macht kontrollieren und überwachen, damit eine gesellschaftlich wichtige Funktion haben, dann gibt es ja nur eine Lösung für die Misere: man muss sie den Familienclans wegnehmen und in Non-Profit-Organisationen umwandeln. Modell NZZ. Aber das traut sich der Professor nicht zu sagen. Dafür neigt er zur Selbstkritik: «Ja, ich musste meine Sucht, wahrgenommen zu werden, etwas bändigen. … Ich wurde als Schwätzer wahrgenommen.» Wurde?

Wenn unqualifizierte Fragen auf labberige Antworten treffen, dann führen die beiden praxisnah vor, was Journalismus eben nicht sein sollte: Dampfplauderei ohne Erkenntnisgewinn. Aber vielleicht muss man das dialektisch sehen: die beiden wollten zeigen, wie es aussieht, wenn eine journalistische Bruchlandung dem lebenden Objekt, dem überlebenden, zahlenden Leser serviert wird.

Denn die Misere der Medien ist zur Hauptsache selbstverschuldet. Das Grundübel: um Geld verlangen zu können, muss zuerst eine geldwerte Leistung erbracht werden. Oder um es auf dem Niveau Roth/Wyss auszudrücken: wenn der Bäcker statt warmer Gipfeli ungeniessbare Abfallprodukte anbietet, dann darf er sich nicht wundern, dass die niemand kauft.

 

Falscher Titel

Die «SonntagsZeitung» schlägt mal wieder Alarm.

ZACKBUM weiss, was passiert ist. Wir können auch ein untrügliches Indiz anführen. Es gibt kein Editorial und auch keinen Artikel von Arthur Rutishauser. Also ist er in den Ferien. Und die Leser haben die Bescherung.

Es ist mal wieder ein Cover, bei dem man sich fragt, wieso eigentlich der Mut fehlt, den Leser mit der Mitteilung zu überraschen: diese Woche ist uns einfach mal wieder überhaupt nix eingefallen.

Stattdessen: «So lebt eine polyamore Familie, Odermatt, Rösti». Zwei Jung-Nationalrätinnen sind sich uneinig. Verblüffend, die eine ist in der SVP, die andere in der SP. Und dann der falsche Titel des neuen Jahres: «Schweizer Berge schrumpfen». Richtig wäre: «SonntagsZeitung» schrumpft.

Beweise gibt es überreichlich: «50 Jahre «Kassensturz»». Nichts gegen Roger («wer hat’s erfunden?») Schawinskis Meisterleistung, aber eine Doppelseite? Und hätte man von Schawi nicht ein besseres Foto nehmen können?

«Der Streit unter den rechten Parteien spitzt sich zu», ein schönes Stück Wunsch- und Blasenjournalismus. Dann erschütternder Mülltourismus, begleitet vom Lacher des Monats: «Ärztin lässt zwei Verletzte liegen, die von ihrem Hund angefahren wurden». Ein grossartiges Stück Qualitätsjournalismus.

Neu daher kommt auch die Seite «Standpunkte». Das Lustigste, nämlich die Bildsatiren von Peter Schneider, sind verschwunden. Stattdessen das brüllend originelle Gefäss «Schnappschuss». Aber immerhin, dank der unablässig quengelnden Jacqueline Badran und des unablässig knödelnden Markus SommWarum Deutschland nicht zur Schweiz gehört», auf diesen Titel muss man erst mal kommen), kann die Seite schmerzlos überblättert werden.

Womit man beim Porträt des «interkulturellen Beraters» gelandet wäre, der sich gegen Gewalt in Migrantenfamilien einsetzt. Putziger Titel: «Auch meine Klienten wissen, dass es falsch ist, die Partnerin zu schlagen». Aber sie tun es halt dennoch, da sollte man nicht eurozentrisch und postkolonialistisch unser Wertesystem anderen Kulturen aufzwingen wollen.

Wenn dem Wirtschaftsressort auch mal wieder gar nichts einfällt, dann wärmt es diese Uralt-Geschichte auf: «So viel Food-Waste verursacht der Detailhandel». ZACKBUM warnt: wenn man schon Anfang Jahr den ganzen Stehsatz verballert, dann wird es spätestens in der Sommerflaute ganz dünn. Denn das Stichwort «Food-Waste» ergibt im Medienarchiv SMD in den vergangenen 12 Monaten satte 1886 Treffer

Aber, ZACKBUM widerspricht seinem Ruf, alles nur negativ zu sehen, dann kommt das Highlight der Ausgabe; ein selten mutiger Peter Burkhardt titelt: «Wo Kettensägen-Mann Javier Milei recht hat». Und legt in der Unterzeile noch nach: der argentinische Präsident sei in Europa als irrer Rechtspopulist verschrien, «dabei ist sein Wirtschaftsprogramm vernünftig und angesichts der Krise des Landes dringend nötig». Vielleicht sollte Burkhardt das mal seinem Kollegen Simon Widmer schonend beibringen.

Aber dann geht es weiter in der Abteilung eingeschlafene Füsse in ungewaschenen Socken: «Die Angst vor der nächsten Finanzkrise wächst». Und wächst und wächst und wächst. Gestern, heute und morgen. Auch der Geldonkel und ehemalige Chefredaktor Martin Spieler hat sich wohl noch nicht wirklich von der Sause an Silvester erholt: «Nur auf Megatrends zu setzen, ist riskant». Mindestens so riskant, wie auf Mikrotrends zu setzen. Oder überhaupt zu setzen.

Dann kommen wir auf das Niveau «Hund überfährt Passanten» zurück: «Wechseljahre mit Anfang 30». Daraus könnte man problemlos eine Serie basteln: «Herzinfarkt unter 30, graue Haare unter 30, MS unter 30, Demenz unter 30, Glatze unter 30, Dritte Zähne unter 30».

Nachdem Jean-Martin Büttner bereits alles Nötige zur «singenden Nervensäge» gesagt hat, darf nun Joan Baez in der SoZ selbst etwas zu sich sagen.

Dann noch etwas reinster Gesinnungsjournalismus: «Putins Aufstieg vom Hinterhofschläger zum neuen Stalin». Allerdings macht der Rezensent dieses sicherlich ausgewogenen Romans die Lektüreempfehlung gleich am Anfang kaputt: «Doch der Ukraine-Krieg macht auch seinen Roman kaputt.» Frage: wieso sollte man das dann lesen? Und bis zu einem neuen Stalin ist’s dann doch noch ein Weilchen hin für den Kremlherrscher.

Dann wieder zurück zu «Hund überfährt Mann»: «Ein Kind, eine Mutter und zwei Väter». Huch. Wir kommen zum Intelligenztest dieser Ausgabe: welchen Einrichtungstipp gibbs Anfang Jahr? Bravo, genau: «Neues Jahr, neue Ordnung». Dann eine brandneue Erkenntnis: «Im Winter schlafen Bäume nur mit einem Auge». Und was machen von Geburt an einäugige so?

Aus der Frühzeit gibt es hingegen Schreckliches zu vermelden, wenn auch nur in Frageform: «Schnitten sich die Menschen der Steinzeit Fingerglieder ab?» Nüchterner geht es in die Gegenwart zurück, wo der Autobauer zu den letzten Mohikanern gehört, die Printinserate schalten: «Der Traum von vergangener Grösse», die SoZ begrüsst das Comeback von Cadillac. Zweiter Intelligenztest, was wird im Reise-Teil thematisiert? Bravo, schon wieder richtig: «Da wollen wir 2024 hin. Traumziele».

Aber, schluchz, schon nach 58 Seiten ist dann Schluss. Mehr würde der Leser auch nicht aushalten …

 

 

 

 

Klugscheisser Avenarius

Wenn das Selbstbewusstsein umgekehrt proportional zur Kompetenz ist …

Dank Tamedia versprüht der Korrespondent der «Süddeutschen Zeitung» Tomas Avenarius seine Erkenntnisse auch in der Schweiz. Dabei hofft er sicherlich auf die Vergesslichkeit der Leser. Damit mag er recht haben, aber ZACKBUM vergisst nicht.

Im Juni 2023 sah Avenarius das Ende Putins kommen. Denn ein gewisser Prigoschin selig habe da Übles vor: «Aufstand in Russland: Prigoschins Coup könnte zur Katastrophe werden», unkte der Seher. Nur ungenügend durch das übliche «sollte» abgeschwächt, fantasierte der Kenner und Könner von «einem Vorspiel zu einem waschechten Militärputsch». Das war dann nix. Aber gut, von Istanbul aus und eigentlich «zuständig für die Türkei und Iran» sieht das alles halt etwas anders aus. Aber nun lässt Avenarius seinen seherischen Muskel im Gazastreifen spielen.

Denn nach der versemmelten Prognose ist vor der nächsten prophetischen Analyse:

Hoffentlich hört das israelische Militärkabinett auf ihn, denn er kennt diese beiden Wege auswendig. Aber zuerst schaut er seherisch in die Vergangenheit und schreibt, was er zwar schon immer wusste, sonst aber niemand. Und er hat’s auch nicht vorher verraten: «Die militärischen Ziele Israels im Gazastreifen waren von Beginn an unrealistisch.» «Von Beginn an», das wusste er aber nicht von Beginn an, oder?

Es ist einfach blöd, dass heutzutage Kriege von Generälen und Ministern geführt werden und nicht von Fachkoryphäen und Journalisten wie Avenarius. Denn natürlich war auch «die hohe Zahl an zivilen Opfern angesichts der engen Bebauung des Palästinensergebiets absehbar». Es geht doch nichts über eine Absehbarkeit im Nachhinein. So von heute aus betrachtet, nachdem es gestern regnete: dass es geregnet hat, war absehbar.

Gut, aber welche beiden Wege verrät uns nun das Medium, der Prophet?

«Wer die Hamas zerschlagen will, muss entweder den Gazastreifen mit Bomben endgültig unbewohnbar machen oder eine politische Lösung des Palästinenserproblems finden

Wow. Das ist nun von erschütternder Banalität. Das müsste unbedingt per reitendem Boten an Netanyahu übermittelt werden, damit der endlich weiss, an welcher Weggabelung er steht.

Das ist so grandios wie die wichtigtuerisch vorgetragene Analyse: wenn es regnet, gibt es zwei Möglichkeiten. Man wird nass oder hat einen Regenschirm dabei.

Wer meinte, dass die Journaille bereits die höchste Stufe der Lächerlichkeit erreicht hat, sieht sich ein weiteres Mal getäuscht. Da wagt ZACKBUM eine absolut sichere Prognose: es wird nicht das letzte Mal sein, dass sich Avenarius oder ein anderer Journalist unsterblich blamiert.

 

Hicks! Die Spassbremse

Das kann man sich nur schönsaufen.

Eva Mell ist «Redaktorin im Ressort Wissenschaft, Technologie, Mobilität der NZZ». Sie studierte Theologie, Germanistik und Geschichte. Das befähigte sie, Bahnbrechendes zu Stoffwindeln, «Milchpumpen unter der Lupe», aber auch über «Richtig umgehen mit Nörglern» zu schreiben.

Das brauchen wir dringend, denn rechtzeitig zu Silvester verkündete Mell: «Alkohol ist ein Zellgift und verursacht Krebs. Jedes Glas ist eins zu viel». Schluck. Daher: «Wir sollten unsere Trinkkultur hinterfragen. Denn es gibt keine gesundheitlich unbedenkliche Menge an Alkohol». Wenn das Joseph Roth schon gewusst hätte.

Immerhin weiss Mell:

«Mit dieser Botschaft macht man sich kurz nach Weihnachten und kurz vor Neujahr keine Freunde. Aber nur wer das verstanden hat, kann eine eigenverantwortliche Entscheidung bezüglich seines Alkoholkonsums treffen.»

Denn: «Das Zellgift ist ein akzeptiertes Genussmittel.» Noch schlimmer: «Es kann doch nicht sein, dass ein Gift unsere Gesellschaft zusammenhält.» Nein, das kann nicht sein. Ist uns allerdings neu, dass Alkohol unsere Gesellschaft zusammenhalte. Dabei sind wir tatsächlich eine durchgiftete Gesellschaft. Es wird immer noch geraucht, Auto gefahren, Karton im Haushaltsabfall entsorgt, es werden Unmengen an Lebensmitteln weggeworfen, in die Ferien geflogen, schrecklich. Es ist doch so: jeder Schluck von irgendwas, jeder Biss in irgendwas, ja jeder Atemzug bringt uns dem Tod näher. Manche schneller, manche langsamer.

Es gibt Liebhaber von Gänseleber, dazu natürlich ein Sauternes (muss nicht unbedingt ein Château d’Yquem sein), danach eine Cohiba, dazu muss es ein Matusalem sein, aber bitte den «Gran Reserva 23». Dabei kann man nicht anders als mitleidig auf Vegetarier, Veganer, Nichtraucher und Abstinenzler herunterschauen.

Genau das scheint auch der Anlass für diesen staubtrockenen, lebensunlustigen, strengen, rechthaberisch-belehrenden Artikel zu sein, wie die Autorin gegen Ende durchblicken lässt: «Aber wer Alkohol trinkt, sollte Menschen in Ruhe lassen, die eigenverantwortlich entschieden haben, ohne Promille zu feiern. Sie müssen sich dafür nicht rechtfertigen.»

Das ist sehr wahr, niemand muss sich für sein Verhalten rechtfertigen. Man kann auch Verdampfer rauchen, veganen Sojabrei mit Lebergeschmack essen und alkoholfreien Wein dazu trinken:

Der Name ist noch lustig, der Inhalt weniger: «Bio-Hefe, Wasser, Kokosöl, Bio-Kartoffelstärke, Bio-Tomatenmark, Champagner, Sonnenblumenöl, Sonnenblumenprotein, Meersalz, Trüffel, Gewürze, Koriander, Zimt und Nelke», natürlich alles Bio.

Kann man essen, muss man nicht essen. Man kann auch veganen, alkoholfreien Wein trinken. Oder gleich eingefärbtes Wasser.

Natürlich ist es nur ein Vorurteil, dass solche Unken und Warner wie Mell nicht nur an Silvester eine echte Spassbremse sind. Mit diesen kernseifigen Miesmachereien zwingt sie einen aber dazu, sich diesen Angriff auf schöne Gewohnheiten schönzusaufen. Womit sie das Gegenteil des Gewünschten erreicht. Hicks.

Die Umschreiber

Zwischen Fakt und Fiktion. Selbstentleiber auf den Redaktionen.

Nehmen wir an, es passe nicht ins korrekte Weltbild, dass es schneit. Während vor den Fenstern dicke Flocken vom Himmel fallen, holt der Umschreiber in seiner Verrichtungsbox tief Luft, setzt sich die schalldämpfenden Kopfhörer auf und legt los.

Die Bezeichnung Schneefall für das Symptom des Klimawandels hält einer näheren Betrachtung nicht statt. Oberflächlich betrachtet sieht es danach aus, aber wie wissenschaftliche Untersuchungen erwiesen haben, sind die einzelnen Schneeflocken deutlich kleiner als früher, ihre kristalline Struktur ist durch Umweltverschmutzung zerstört. Das Gleiche gilt übrigens für die gedankenlose Verwendung von «es regnet».  Die Anzahl Regentropfen hat deutlich ab-, ihr Giftgehalt zugenommen. Genauer müsste man von saurem, toxischem Tröpfeln sprechen.

Es käme doch keiner der wahrhaftigen Wiedergabe der Realität verschriebenen Journalisten auf die Idee, einen solchen Stuss zu sabbern? Aber sicher doch.

Eine hochwissenschaftliche Studie zweier angesehener Professorinnen über die Karrierewünsche von Studentinnen wird mit untauglichen Argumenten niedergemacht. Die Wahlchancen von Donald Trump. Die angebliche Existenz eines Netzwerks von rechtspopulistischen und verschwörungstheoretischen Infokriegern. «SonntagsZeitung» und «Tages-Anzeiger» mit rechtspopulistischer Agenda. Die faschistoide, wenn nicht offen faschistische AfD. Die wünschens- und lebenswerte 10-Millionen-Schweiz. Alles Männer- (seltener Frauen-)Fantasien wie von einem anderen Planeten.

Die Abfolge an Beispielen reisst nicht ab und vermehrt sich täglich ins Absurde: in den meisten Massenmedien, ganz extrem aber bei Tamedia und im Randgruppenorgan «Republik», findet ein bemühtes Umschreiben der Wirklichkeit statt. Was nicht passt, wird passend gemacht. Framing, Narrative, festgelegte und unerschütterliche Weltbilder haben Neugier auf die Realität, auf die Fähigkeit, Widersprüchlichkeiten auszuhalten und darzustellen, besiegt.

Selbst krachende Niederlagen in der Vergangenheit vermögen nicht, Wiederholungen von blühendem Wunschdenken zu verhindern. Längst vergessen, dass das Schweizer Farbfernsehen noch tief in die Wahlnacht hinein es nicht wahrhaben wollte, dass die USA nicht zum ersten Mal eine Frau zur Präsidentin gewählt hatten. Auch nachher kamen die «Analysen» nicht über das Niveau hinaus, dass die Amis halt massenhaft ungebildete Schwachköpfe seien, die trotz strengen Ermahnungen falsch gewählt hätten.

Ein ewiger Topos bei diesen Umschreibern ist auch das Verhältnis der Schweiz zur EU. Auch wenn sich angesichts völlig klarer Meinungsumfragen kaum einer mehr traut, offen für den Beitritt zu diesem dysfunktionalen Gebilde mit einer absaufenden Währung zu fordern, wird in Dauerschleife das Abseitsstehen der Schweiz, die Rosinenpickerei, die dramatischen Auswirkungen auf Forschung und Wirtschaft bedauert und bejammert. Es sei vermessen, einen «Sonderweg» zu wählen, sich nicht dreinzuschicken. Nur «Populisten» von der SVP verträten diese irrige Meinung. Damit schreiben diese Besserwisser an der Mehrheit ihrer eigenen Leser vorbei.

Einen Erziehungsauftrag sehen viele, meist männliche Kampfschreiber auch auf dem Gebiet der korrekten Schreibe und Denke. Jedes Sprachverbrechen, jede Verunstaltung ist ihnen recht, wenn sie angeblich inkludierend, nicht rassistisch, nicht frauenfeindlich sei. Dass der überwältigenden Mehrheit der Leser das Gendersternchen und andere Verhunzungen nicht nur schwer am Allerwertesten vorbeigehen, sondern von ihr als nervig und störend empfunden werden – was soll’s, da sieht die Chefredaktorin von Tamedia nur verschärften Erziehungsbedarf.

Interessant zu beobachten ist, dass sich CH Media weitgehend bedeckt und normal verhält, was das Umschreiben der Wirklichkeit betrifft. Der «Blick» ist gegenüber seinem früheren Lieblingsfeind, der SVP und ihrem Herrgöttli aus Herrliberg, oder ihrem «Führer», wie ihn das Hausgespenst zu titulieren beliebte, handzahm geworden. Aber auf dem Weg dorthin hat sich das Boulevardblatt, das keins mehr sein darf, selbst entkernt, entleibt, seiner Existenzberechtigung beraubt.

Einigermassen vernünftig verhält sich lediglich die NZZ, die sich gelegentlich intellektuell und sprachlich hochstehend über all diese Genderverirrungen der Kollegen lustig macht.

Wenn es nur der Kampf um den Mohrenkopf wäre, könnte man das als realitätsfernen Spleen einiger Journalisten abtun, die sich an der Sprache abarbeiten, weil ihnen die Realitätsbeschreibung zu anstrengend ist. Aber leider metastasiert dieses Phänomen in alle Winkel und Räume der Welt. Erschwerend kommt noch hinzu, dass immer mehr Journalisten fachfremd, ungebildet und ohne Hintergrundwissen sind. Ein peinliches Trauerspiel, wie die gesamte Schweizer Wirtschaftsjournaille eins ums andere Mal von angelsächsischen Medien bei der CS-Katastrophe abgetrocknet wurde.

Multikulti, Ausländerkriminalität, Aufarbeitung des Regierungshandelns während Covid, die Suche nach der Wirklichkeit im Ukrainekrieg, eine realitätsnahe Darstellung Chinas und anderer gegendarstellungsfreier Räume, Interviews, in denen dem Gesprächspartner nicht einfach Stichwörter zur freien und beliebigen Beantwortung hingeworfen werden – da herrscht zunehmend «flat lining». So nennt der Arzt den Hirntod, wenn auf dem Monitor nur noch flache Linien statt Ausschläge zu sehen sind.

Es ist eine Mär, dass mit weniger Mitteln halt nur noch Mittelmässiges, Mittelloses hergestellt werden könnte. Ein Blick aus dem Fenster genügte, um zu faszinierenden Storys zu kommen. Denn nie war die Wirklichkeit bunter, scheckiger, widersprüchlicher, interessanter, faszinierender, verwirrender als heute. Aber das muss man aushalten können.

Schlimmer noch: um das zu beschreiben, braucht es gewisse intellektuelle Voraussetzungen und sprachliche Fähigkeiten. Aber in ihrem tiefsten Inneren wissen viele dieser Rechthaber, Umschreiber, Umerzieher, dieser Worthülsenwerfer («dringend geboten, müsste sofort, energische Massnahmen, Fehler korrigieren»): damit decken sie nur das eigene Unvermögen zu, die tiefe Verunsicherung, die mangelhafte Beherrschung der deutschen Sprache zwecks Annäherung an die Wirklichkeit.

Aber es ist wie bei des Kaisers neuen Kleidern: immer mehr Leser sehen, dass diese selbsternannten Meinungskönige pompös daherschreiten, mit strengem Blick Zensuren verteilen, Handlungsanweisungen geben, der Welt sagen, wie sie zu sein hätte – aber in Wirklichkeit nackt sind. Lächerlich nackt. Und was ist schon ein lächerlicher Kaiser? Das Gleiche wie ein lächerlicher Journalist: überflüssig und machtlos.

Jonas Lüscher langweilt

Jonas who? Na, der «bedeutende Intellektuelle», einer «der bedeutendsten Schweizer Intellektuellen».

Wer allerdings noch nie etwas von ihm gehört hat, muss sich nicht schämen deswegen. Man kann seine verquasten Romane lesen – oder es auch seinlassen. ZACKBUM ist für seinlassen.

Das hindert allerdings den «Kulturredaktor» Andreas Tobler von Tamedia nicht daran, mit dem Intellektuellen ein Interview zu führen, das den Leser auf  17’500 A kräftig langweilt.

Schon der Einstieg vertreibt den kundigen Konsumenten: «Die Linke steht gemäss Lukas Bärfuss vor einem Scherbenhaufen, weil viele zum Terror der Hamas schweigen. Autor Jonas Lüscher tritt dem differenziert entgegen – und plädiert für den Klassenkampf.»

Echt jetzt? Der andere bedeutende Intellektuelle und Autor Bärfuss sagt etwas ohne Hand und Fuss, und dagegen plädiert der differenzierte Lüscher für Klassenkampf? Nun, wirres Zeugs erzählen, das eint die beiden. Tobler spielt hierbei, wie bei Tamedia inzwischen üblich, man denke an das Gauck-Liebediener-Interview, den Stichwortgeber und liegt sich ideologisch mit Lüscher in den Armen. Was immer eine tolle Voraussetzung für ein spannendes Interview ist, in dem der eine ungestört von kritischen Nachfragen alles palavern darf, was ihm so in den Sinn kommt.

Dass Interview mal eine eigene Kunstform war, ein herausforderndes Gefäss im Journalismus, dieses Wissen ist offenbar bei Tamedia (oder zumindest bei Tobler) völlig verlorengegangen.

Heutzutage kommt ein Interview so daher:

«Das ist alles grauenhaft.
Ja, das ist unbegreiflich. Aber der linke Antisemitismus ist kein neues Problem. Es ist vielmehr so, dass es eben nie eine einheitliche Linke gab
Ein gemurmeltes Selbstgespräch, wo man zwischen Frage und Antwort nicht unterscheiden kann. Und die Antwort enthält lediglich Banalitäten, die früher bei der Verdichtung eines Interviews gestrichen worden wären.
Aber wenn schon die Frage banal ist, was kann man dann von der Antwort erwarten; vor allem, wenn sie von einem Flachdenker wie Lüscher kommt:
«Und das ist heute noch so?
Ja, auch heute ist die Bandbreite linken Denkens und linker Ideologien, gerade in der Nahostfrage, sehr breit.»
Hier erhebt sich wieder einmal gebieterisch die Frage, ob nicht vielmehr Tamedia dem Leser Schmerzensgeld zahlen müsste, als von ihm für einen solchen Schrott auch noch Geld zu verlangen.
Einordnung, Analyse, Denkstoff, Anregendes? Im Gegenteil, man arbeitet gemeinsam an Richtigstellungen. Nachdem Tobler einiges zum linken Antisemitismus abgefragt hat, der vor allem an Bildungsstätten sein Unwesen treibt, darf Lüscher endlich das erlösende Fehlurteil abgeben: «Antisemitismus ist, das zeigen die Zahlen sehr deutlich, massgeblich ein rechtes Problem
Dann macht Lüscher eine Denksalto, bei dem jeder Interviewer, verdiente er diesen Namen, ungläubig nachfragen würde: « …. die Art und Weise, wie die gegenwärtige Lage zur Stimmungsmache gegen Muslime und zur Durchsetzung noch härterer Asylregeln von rechts benutzt wird, widert mich an». Stimmungsmache gegen Muslime, die unter perverser Ausnützung der Meinungsfreiheit in Gesellschaften, die nicht von ihnen beherrscht werden, mit Pro-Hamas- und Pro-IS-Slogans grölend durch die Strassen ziehen? Ohne dass es von massgeblichen islamischen Organisationen lautstarken Protest dagegen gäbe? Wie kann man in einem Interview nur unwidersprochen einen solchen Humbug behaupten? Nun, dann, wenn der Interviewer jede kritische Distanz vermissen lässt.
Auch ein solches Geschwurbel dürfte eigentlich nicht ohne Widerworte durchgelassen werden: «Wenn auf die Frage, ob der Aufruf zum Völkermord an den Juden gegen die Universitätsregeln verstosse, die mittlerweile zurückgetretene Penn-State-Präsidentin antwortet, das sei eine kontextbezogene Entscheidung, wundere ich mich natürlich.» Wunder mich? Das ist alles? Das wundert den Leser nicht, das widert ihn an.
Dann noch das grosse Finale. Was tun, «was müsste die Linke Ihrer Meinung nach tun?» Da ballt Lüscher die Faust und skandiert: « …. es herrscht Klassenkampf. Es kämpft ihn gegenwärtig allerdings, und zwar mit allen Waffen und aller Gewalt, nur eine Seite: die der Vermögenden. Wir sollten diesen Kampf aufnehmen.»
ZACKBUM empfiehlt, vor diesem Kampf den Kampf um ein journalistischen Grundbedingungen genügendes Interview aufzunehmen. Kritisches Hinterfragen statt Abknutschen, Qualitätskontrolle, Verzicht auf Leserquälen, da gäbe es so viel zu kämpfen …

Wumms: Kerstin Hasse

Was macht eigentlich das Mitglied der Chefredaktion beim Tagi?

Hasse hat ein schweres Jahr hinter sich, «ein verdammt anstrengendes Jahr, ein Jahr, das mir manchmal alle Energie raubte». Es war gar «eines der anspruchsvollsten Jahre meiner Karriere». Und die ist voll von Ansprüchen gewesen, beim «Bündner Tagblatt», bei der «Annabelle» und schliesslich als «Chefredaktorin Digital». Da blieb fast keine Zeit mehr für Selfies in Luxushotels oder Feriendestinationen.

Allerdings war das vergangene Jahr auch nicht frei von Schmerzen: «Ich werde nicht selten gefragt, was man denn überhaupt in der Chefredaktion so tut». Das ist schon mal bitter, aber es kommt noch knüppeldick: «Und nein, ganz spurlos geht es auch nicht an mir vorbei, wenn wieder ein älterer Herr in dieser Branche meint mir erklären zu müssen, dass ich die Quotenmillennial bin, die kaum was leistet».

Daran stimmt nun nicht mal die Interpunktion. ZACKBUM hat sie noch nie «Quotenmillennial» genannt, noch nie gesagt, dass sie «kaum» etwas leiste. Und diese Altersdiskriminierung verbitten wir uns dann, im Fall.

Dass sie nix gebacken gekriegt habe, stimme dann überhaupt nicht: «Denn – oh boy – habe ich mit meinem Team viel geleistet.» Zum Beispiel? Na, das: «Unsere CR rund um Raphaela Birrer ist erfolgreich gestartet.» Man, Pardon, frau, habe einen «echten Kulturwandel» initiiert. Das stimmt allerdings, Verseichtung, Verblödung, Verbanalisierung, ZACKBUM hat alle Hände voll zu tun.

Apropos, seit dem Start im Juli 2020 sind hier fast 3000 Artikel erschienen. Das ist keine schlechte Leistung für eine One-man-Show, wenn wir das bemerken dürfen, oh girl.

Der «ältere Herr» ist allerdings so old fashioned, dass er einer Dame gegenüber nicht den Scherz wiederholt, den er gerne bei Mike «Arschloch»-Müller macht. Der hat etwas mit einem berühmten Slapstick-Paar aus den Anfangszeiten des Films zu tun, das er solo spielen könnte.

Dann weiter frohes Schaffen, jüngere Dame, irgendwann werden wir was davon bemerken und lobend erwähnen. Wir hätten einen Tipp: wer wie Sie Lohnoffenlegung fordert, könnte endlich mal mit gutem Beispiel vorangehen, oder nicht?

ZACKBUM tut’s auch: wir verrichten hier alle Arbeit gratis.

PS: ZACKBUM wurde auf diese dringend nötige Ergänzung hingewiesen: dass Hasse launige Ferien- und Erholungsfotos postete (so viel zum überfraulichen Stress), als gerade eine Entlassungswelle durch Tamedia rauschte, brachte ihr zusätzliche Sympathiepunkte ihrer Untergebenen ein.

«Blick» ist Slapstick

Verweile doch, du bist so schön.

Könnte «Blick» Goethe und kennte das Blatt den «Faust», dann würde es diesem Motto nachleben. Immer wieder bleiben Storys wie in Beton gegossen auf der Homepage stehen. Ob es sich zu den Kindersoldaten in ihren Verrichtungsboxen im Newsroom noch nicht durchgesprochen hat, dass Geschwindigkeit und Abwechslung online nicht ganz unwichtig sind? Offenbar nicht:

 

«Unnütz, eklig und beängstigend», nomen est omen. Oh, Pardon, das wäre Latein. Auf jeden Fall leitet diese Knaller-Story die People-Meldungen ein. Seit dem 17. 12. 2023. Das mag vor Weihnachten ja noch angehen. Aber danach? Oder aber, vielleicht ist die finstere Absicht, damit bis Weihnachten 2024 zu fahren. Immerhin kann man hier etwas Busen zeigen, was ja eigentlich nicht mehr zum Programm des wesensentkernten, ehemaligen Boulevard-Blatts gehört.

Aber es geht noch älter:

Die finalen Folgen sind längst verflimmert, die Szene mit Harry in Naziuniform kennt jeder, der sich dafür interessiert. Die Meldung wurde am 16. Dezember online gestellt. Und dort verstaubte sie über die gesamte Weihnachtswoche und auch danach.

Diese Meldung ist etwas neuer, aber keine Eigenleistung:

Diese Wahnsinnstipps von «SI Style» wurden am 19. Dezember publiziert. Ob sie wegen ihres gewaltigen Gehalts Weihnachten überlebten? «Duschen, bewegen, rausgehen, Komplimente machen». Die Brüller. Gesteigert noch von einem unverständlichen ««Bonustipp»: «Katzen. Katzen machen alles besser.»

Man wünschte, Katzen würden den «Blick» übernehmen. Dann könnten Sie sich das «Kultspiel Snake» reinziehen:

Das ist von 1997, seine Vorläufer belebten schon die ersten Personal Computer, als der Bildschirm noch schwarzweiss flimmerte.

Ist das echte Leserverarschung? Das ist echte Leserverarschung. Nach der Devise: schauen Sie doch nächsten Monat mal wieder rein, vielleicht haben wir dann neue News für Sie.

Pfeifen im Wald

Wie peinlich kann Tamedia noch werden?

Offensichtlich aus dem letzten Mal nichts gelernt. Bekanntlich waren sich (fast) alle Kommentatoren, USA-Kenner, Analysten und grossen Wahlstrategen bis zum November 2016 sicher und einig: wir haben die erste Präsidentin der USA, völlig klar, dass dieser Amok mit merkwürdiger Frisur niemals gewinnen kann, ausgeschlossen.

Dann gab es eine schreckerfüllte, kurze Sendepause. Anschliessend musste erklärt werden, wieso die Wahl Trumps das Ende der Menschheit einläutet, diejenigen, die ihn gewählt haben, bescheuert sind, und dann kam Relotius. Gleichzeitig machte sich das ehemalig angesehene Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» mit der Ankündigung lächerlich, als vornehmste Aufgabe und Pflicht anzusehen, Trump «wegzuschreiben».

Dann kam Biden, allgemeines Aufatmen. Aber nun zeichnen sich die nächsten Wahlen in gut 10 Monaten am Horizont ab, und es droht, was all den Trump-Hassern wieder den Angstschweiss den Rücken runterfliessen lässt. Es sieht ganz danach aus, als ob Trump wieder antreten würde, falls ihn eines der vielen Gerichtsverfahren nicht stoppt. Und es sieht ganz danach aus, als ob Biden wieder antreten würde, falls seine senilen Aussetzer nicht ein Ausmass annehmen, dass er notfallmässig ersetzt werden müsste. Die dafür vorgesehene Vizepräsidentin hat sich – ebenso wie Biden – als Flop erwiesen und kommt nicht in Frage.

Üble Ausgangslage, vor allem für die Amis. und natürlich für die Kommentatoren. Schon recht früh macht sich einer bereits nach Kräften lächerlich: «Natürlich kann Biden noch gewinnen», spricht sich und seinen Gesinnungsblasenlesern Fabian Fellmann Mut zu. Man konstatiert hier eine zunehmende Konvergenz zwischen «Republik» und «Tages-Anzeiger». Wenn die Wirklichkeit nicht ins ideologisch gefärbte Bild von ihr passt, dann wird sie passend gemacht.

Denn  die Wirklichkeit ist dramatisch: «Biden zieht beinahe schon als Aussenseiter in die Wiederwahl gegen den Möchtegern-Diktator Donald Trump.» «Beinahe schon» und «Möchtegern-Diktator» eigentlich könnte man hier schon aufhören, den Quatsch zu lesen. Wer’s nicht tut: da gebe es, Schauder, Schauder, Umfragen, die eine Führung Trumps ergeben. Aber gemach: «Der angebliche Vorsprung von Trump, der seit Monaten Schlagzeilen macht, schrumpft bei genauerer Betrachtung zusammen.»

Man meint, das kollektive Aufatmen der verbleibenden Tagi-Leser zu hören. Aber Fellmann ist mit seiner Demontage der Umfragen noch nicht fertig: «Meistens führt Trump mit Werten, die sich lediglich im statistischen Fehlerbereich bewegen, was bedeutet, dass die beiden Männer in etwa gleichauf liegen. Ausserdem dürfte mindestens ein Drittel der Wahlberechtigten an der Wahl gar nicht teilnehmen

Einer geht dann noch: «Zehn Monate vor dem Wahltermin haben solche Umfragen beschränkte Aussagekraft über die wahren Stimmabsichten

Also doch kein Anlass zur Panik? Fellmann versteht sich auf ein Wechselbad der Gefühle: «Es soll kein zu rosiges Bild entstehen. Allein die Tatsache, dass Trump Biden derart in Bedrängnis zu bringen vermag, ist ein Alarmsignal.» Was für ein Alarmsignal? Dass der Amtsinhaber, von Anfang an eine Verlegenheitslösung, weil die Personaldecke der Demokraten nicht weniger dünn ist als die der Republikaner, kaum etwas gebacken gekriegt hat, in Umfragen über die Zufriedenheit mit seiner Amtsführung abschmiert, immer wieder zeigt, dass er körperlich und mental so stark abbaut, dass man sich ernsthaft Sorgen um seine Fähigkeit, Kontakt mit der Realität zu halten und eigenständige Entscheidungen zu treffen machen muss, das sind Alarmsignale.

Dass ein Amok wie Trump ihn tatsächlich bei den kommenden Wahlen gefährden kann, ist ein Alarmsignal, aber anders, als Fellmann meint. Nicht wegen Trump, sondern wegen Biden. Aussenpolitisch rudert er herum, innenpolitisch gibt es kaum Lebenszeichen von ihm; sollte noch die Wirtschaft in eine Rezession geraten, dürften die Chancen auf Wiederwahl weit unter 50 Prozent fallen.

«Kann» er noch gewinnen? Natürlich. Es kann auch ein Meteorit einschlagen, Trump kann durch sein Haarfärbemittel vergiftet werden, es könnten auch Aliens landen und die Wahlen absagen. All das «kann» passieren.

Das ist alles Vermutungs-Konjunktiv, das Dreschen von leerem Stroh. Damit kann man sich lächerlich machen. Damit macht sich Fellmann lächerlich. Wozu Tamedia («Seit Sommer 2021 berichtet der Politologe als USA-Korrespondent aus Washington, D.C») so jemanden beschäftigt (und bezahlt!), das fragt sich der gebeutelte Leser. Der kann sein Abo verlängern. Oder auch nicht, weil er sich fragen könnte: wieso soll ich für dieses Gebabbel etwas bezahlen? Das ist doch wertlos, wieso sollte es dann geldwert sein?