Wumms: Hansi Voigt

Manchmal sagt ein Bild mehr als tausend Worte.

Der Mann ist ein Tausendsassa. Voigt präsidiert neu den Verein «Netzcourage». Ein Aufstieg vom «Präsident a.i.». Wer ihn allerdings in dieses Amt gehoben hat, ist geheim.

Voigt ist zudem «Co-Geschäftsleiter» von «we.publish». Noch nie davon gehört? Also bitte: «Die We.Publish Foundation fördert unabhängige journalistische Angebote und die Medienvielfalt in der Schweiz.» Wie sie das macht? Also man sollte auch mal aufhören, Fragen zu stellen.

Dann ist Voigt der Gründer von «watson». Das erwähnt er gerne in seinem Lebenslauf, die Umstände seines Abgangs lieber nicht. Etwas halsstarrig hält der Wanner-Clan an diesem Millionengrab fest.

Dann war Voigt mal bei «20 Minuten». Bis er auch dort die Machtfrage stellte und als zweiter Sieger vom Platz ging.

Schliesslich ist Voigt noch im Vorstand des «Verein Bajour» und auch noch in der Geschäftsleitung. Ob es daran liegt, dass dieses resonanzlose Produkt Million um Million einer reichen Pharma-Erbin verröstet? Mit Unterseiten wie der oben dargestellten; eigentlich sollte hier die «Bajour-Kollektion» locken. Aber wer sich nicht gross ums Geldverdienen kümmern muss …

Früher, ja früher gab es noch Angaben zur angeblichen Leser- und Abonnenten-Entwicklung. Vorbei, verweht, weg. Dafür zeigt das Seitenmenü mit dieser Hierarchie überdeutlich, worum es eigentlich geht:

Gegen diese Bettelei ist ein «Surprise»-Verkäufer geradezu ein Ausbund von Zurückhaltung und Seriosität. Beim Strassenmagazin weiss man aber wenigstens, wofür man etwas bezahlt. Bei «bajour» ist der Inhalt dermassen uninteressant, dass es sich eigentlich nur um eine Solidaritätsspende handeln kann.

Wo’s ihm in en Kram passt, fordert Voigt Transparenz und beschimpft reiche Menschen, die sich angeblich Medien halten. Ein kühner Vorwurf von einem, der auf Kosten eines reichen Menschen lebt.

Mit Transparenz in eigener Sache ist’s auch nicht weit her. Früher berichtete ZACKBUM einige Male über Voigt und wollte ihm immer Gelegenheit geben, zu Fragenkatalogen Stellung zu nehmen. Seine Antwort: tiefes Schweigen. Dabei hätten wir gerne gewusst, wie er auf die perverse Idee kam, Gegner der dann an der Urne abgelehnten Subvention-Milliarde für reiche Medien-Clans (wovon für «bajour» auch was abgefallen wäre) als «Freund:innen des Faschismus» zu beschimpfen. Vergewaltigte Sprache, vergewaltigter Begriff, widerlich.

So hält er es auch als frischgebackener Präsident eines Vereins gegen Hass und Hetze im Internet, dessen hasserfüllte Geschäftsführerin alle namentlich beschimpft («strafbar und Du weisst das», «Fülschi dir reichts auch langsam. Dass dies (und viele andere Aussagen der letzten Monate) justiziabel sind, dürfte sogar dir klar sein»), die eine Kritik an ihr oder ihrer Amtsführung wagen.

Interessiert hätte auch, was der Vereinspräsident dazu sagt, dass ein mit herzlichem Dank rausgeschmissener Mitarbeiter, trotz aller Solidarität mit dem Vereinszweck, öffentlich gemacht hat, dass er in arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen mit seinem ehemaligen Arbeitgeber steht.

Woher Voigt die Chuzpe nimmt, überhaupt jemand anderen oder irgend etwas zu kritisieren, bei diesem eigenen Leistungsausweis, das lässt sich wohl nur damit erklären, dass er in einem Paralleluniversum lebt.

Ins Glied zurück

Stühletausch bei «20 Minuten». Das ist originell.

Erinnert sich noch jemand, dass es mal ein Protestschreiben von 78 erregten Tamedia-Frauen gab, die sich über unerträgliche Arbeitsbedingungen, demotivierende männliche Kollegen, Sexismus und Diskriminierung beklagten?

Dazu behaupteten sie über 60 anonymisierte und nicht verifizierbare Vorfälle. Ist schon ein Weilchen her, und ausser grossem Geschrei ist nichts davon geblieben. Nur eine der Initiatorinnen machte eine Art Karriere, die andere leidet weiterhin unter diesen schlimmen Zuständen.

Gibt es denn gar keinen Lichtblick? Einige Frauen sind so weit nach oben befördert worden, dass ihre Inkompetenz ein abschreckendes Beispiel für jede Frauenförderung darstellt. Einige männliche Mitarbeiter haben das Haus verlassen, weil sie sicher waren, dass sie für eine weitere Karriere schlichtweg das falsche Gehänge zwischen den Beinen hatten.

Unserer Kenntnis nach ist bislang kein cleverer Tamedia-Journalist auf die Idee gekommen, mit einer schlichten Geschlechtsumwandlung (natürlich nur auf dem Papier) seine Chancen zu steigern.

Dass die meisten in führende Positionen berufene Frauen keinerlei Spuren in ihrer neuen Position hinterlassen – ausser bedenklich dummen Kommentaren –, das ist halt Schicksal.

Aber das leserstärkste Organ im Haus setzt nun ganz neue Zeichen. ZACKBUM ist kein vergleichbarer Vorgang im Journalismus bekannt. Der langjährige Chefredaktor von «20 Minuten», Gaudenz Looser, tritt zurück.

Für ihn rückt seine Stellvertreterin Desirée Pomper nach. Bis hierher ist das ein nicht ungewöhnlicher Vorgang. Looser war etwas mehr als drei Jahre auf dem Chefposten des Pendlerblatts und hat es in dieser Zeit geschafft, sowohl die Publikation wie sich selbst skandalfrei und geräuschlos am Laufen zu halten.

Letzten Sommer gab es allerdings etwas Wirbel um einen Post auf Social Media, der offensichtlich von einer sich in einer Lebenskrise befindlichen Person stammte und Looser als Chef anschwärzte. Nachdem sich Verlag, Geschäfts- und Redaktionsleitung ohne Wenn und Aber hinter Looser stellten, verröchelte dieser sogenannte «Eklat» so schnell, wie er entstanden war.

Dass Looser das nicht ganz stressfreie Amt nach relativ kurzer Verweildauer aufgibt, mag persönliche Gründe haben. Was er aber als nächsten Karriereschritt unternimmt, damit betritt er eindeutig Neuland. Er wird nämlich Stellvertreter seiner vormaligen Stellvertreterin.

Richtig gelesen, Pomper erklimmt die nächste Stufe der Karriereleiter und wird Chefin. Looser hingegen steigt nicht aus dem Karussell aus und sucht sich auch nicht einen anderen Chefposten. Sondern er wechselt einfach zu einem etwas kleineren Schreibtisch, der ihm durchaus vertraut ist.

Nun wird natürlich gemutmasst und gerätselt, ob das überhaupt gehe. Kann ein Chef zum Untergebenen werden, eine Untergebene zu dessen Chefin? Verträgt das das Ego des Ex-Chefs? Kommt damit die Ex-Stellvertreterin klar?

Im Interview mit persönlich.com sagt Looser, dass dieser Wechsel auf seine Initiative hin erfolge; die Zeit sei dafür reif. Im Doppelinterview bestehen beide darauf, dass ein solcher Rollenwechsel funktioniere, wenn das Verhältnis von gegenseitigem Respekt geprägt sei, und der sei hier vorhanden.

Über die wahren Gründe könnte nur spekuliert werden, daher ist es sinnlos. Es ist höchstens vorstellbar, dass der Job, allen Mitarbeitern ihre Lieblingsbeschäftigung zu verbieten, auf die Dauer anstrengend werden kann. Denn die Lieblingsbeschäftigung des modernen Journalisten besteht bekanntlich darin, zu allem und jedem seinen Senf zu geben. Zu kommentiere, zu räsonieren, zu warnen, aufzufordern, zu verurteilen und zu loben.

All das gibt es bei «20 Minuten» nicht. Das wichtigste Körperteil jedes Journalisten, sein Ego, muss hier hinter der Sache, nämlich der Newsvermittlung, zurückstehen. Das verträgt natürlich nicht jeder. Und immer der Mister No zu sein, das kann natürlich ermüden.

Oder aber, es ist tatsächlich eine originelle Methode der Frauenförderung. Schon alleine die Tatsache, dass nun diverse Chefredaktoren zusammenzucken, die sich als feministisches Feigenblatt eine Stellvertreterin halten, ist natürlich den Spass wert.

Von den Oberchefredaktoren Rutishauser, Müller und Dorer abwärts könnte man nun doch den Lippenbekenntnissen für eine Frauenförderung Taten folgen lassen. Die Männer treten ins Glied zurück (Pardon), Stellvertreterinnen übernehmen.

ZACKBUM findet: wer ein reines Frauenticket für den Bundesrat als obligatorisch erklärt, muss diese wohlfeile Forderung durch ein knallhartes Ultimatum in eigener Sache ergänzen.

Vorläufig zieht ZACKBUM den Hut vor Looser; er gewinnt auf jeden Fall den ersten Preis im Wettbewerb  «wer macht den originellsten Karriereschritt?». Wie nachhaltig diese Aktion ist, man wird’s erleben.

Keine Medien, keine Kritik

Die «Medienwoche» gibt auf.

Medienkritik ist nötiger denn je. Unabhängige Medienkritik ist nur ausserhalb der Eingeweide der grossen Platzhirsche möglich. Wer bei Tamedia im Brot steht, ist im Verdacht des Konzernjournalismus, wenn er CH Media kritisiert. Nur indolente Lohnschreiber wie Philipp Loser bellen im Auftrag ihres Herrn Konkurrenzprodukte an.

Die NZZ trennte sich zuerst von ihrem langjährigen Medienbeobachter, dann stellte sie die Medienseite ein. Ringier kennt das gar nicht, bei CH Media und Tamedia kommt es auch nur alle Schaltjahre mal vor.

Dann gibt’s noch (dem Vernehmen nach, wir haben aufs Gratis-Abo verzichtet) den «Schweizer Journalist» (oder wie immer der sich inzwischen schreiben mag). Zum Skelett niedergespart, uninteressant, Listicals und Übernahmen aus Schwesterblättern ist der dünne Inhalt.

Persönlich.com pflegt den pfleglichen Umgang mit eigentlich allen und ist der Weichspüler unter den Branchenorganen. «Edito» ist inzwischen der Schatten eines Schattens seiner selbst. Und dann gab es noch die «Medienwoche».

Der Niedergang des «Schweizer Journalist» – und der «Medienwoche» – spielte eine entscheidende Rolle bei der Gründung von ZACKBUM. Wo konnte man noch kritische, auch angriffige, kein Rücksichten nehmende Medienkritik betreiben? Eben.

Schon länger röchelte die «Medienwoche» aus den letzten Löchern. Bubble-Journalismus, Anfänger-Gefäss; wenn der Tiefflieger Marco Kovic regelmässig zu Wort kommt, weiss man, dass da ein Medium steil auf dem Weg nach unten ist.

Auch Nick Lüthi liess immer mehr raushängen, dass auch er, einer der profundesten Medienkenner der Schweiz, nicht mehr wirklich etwas reissen will. Wahrscheinlich wusste er schon länger, dass sein Herausgeber und Besitzer nicht mehr gewillt ist, sich dieses Hobby zu leisten.

Wie sülzt Thomas Paszti zum Abschied: «Die Quersubventionierung von Journalismus aus dem Rubrikengeschäft, im Fall der MEDIENWOCHE aus dem Ertrag der Stellenanzeigen auf medienjobs.ch und ictjobs.ch, hat in der heutigen Medienwelt mehr mit Idealismus und dem Glauben an unabhängigen Journalismus zu tun, als mit der gängigen verlegerischen Praxis.»

Somit ist Paszti weniger idealistisch geworden und in seinem Glauben an unabhängigen Journalismus erschüttert. Lüthi hingegen sah sich wohl mehr als Schreiber, wo die Kohle für ihn und seine Mitarbeiter herkommt, das interessierte ihn herzlich wenig.

Geradezu Slapstick ist, dass der Abschiedstext des Besitzers damit untermalt wird:

Summa summarum: da bleibt nur noch eine einzige, wirklich unabhängige und mit Energie, Spass und Nachdruck betriebene medienkritische Plattform übrig.

Wir pflegen hier kurze Amtswege, also kann ZACKBUM frohgemut verkünden: Der Besitzer ist sich mit dem Herausgeber, dem Verleger, dem Chefredaktor und dem Redaktor einig, dass es ZACKBUM weiterhin geben wird. Ohne Quersubventionierung, werbefrei und in Fronarbeit hergestellt, sowie gratis angeboten.

Niemals war ZACKBUM so wichtig wie heute. Und alle die, die kein Gönnerabo bei der «Medienwoche» abschliessen wollen, denen sei hier ein dezenter Hinweis unverbindlich unterbreitet:

Wumms: Raphaela Birrer

Tagi verabschiedet sich von der Qualitätskontrolle.

Keine zu klein, Meinungsträger zu sein. Eingepfercht in seiner Verrichtungsbox, bei Tamedia zudem noch von lüsternen, sexistischen und demotivierenden Männern umzingelt, winkt die einzige kleine Freiheit im Kommentar.

Die «ausgebildete Lehrerin» auf Primarschulstufe Raphaela Birrer ist im Rahmen der Quotenfrauregelung in die Chefredaktion von Tamedia gespült worden. Sie wurde schon mehrfach mit Kommentaren verhaltensauffällig. Sie hat sich diesen oberlehrerhaften Ton bewahrt, mit dem der Diktator im Klassenzimmer aufmüpfige Kleine niedermacht. Allerdings wendet sie ihn beim falschen Objekt an.

Unsere Landesregierung konnte aufatmen, als Birrer gnädig konzedierte: «Der Entscheid des Bundesrats ist richtig – und schlicht alternativlos. Wir müssen uns in diesem Krieg entschieden auf die Seite des Rechts, der Freiheit und der Demokratie stellen.»

Wir wagen uns nicht auszudenken, wie Birrer reagiert hätte, wenn der Bundesrat nicht in ihrem Sinne entschieden hätte. Das hätte vielleicht Strafaufgaben abgesetzt.

Aktuell muss Birrer der SP den Tarif durchgeben. Da wagt es doch tatsächlich ein Pimmelträger, seinen Hut in die Arena zu werfen und für den Bundesrat zu kandidieren. Aber nicht mit Birrer: «Das Theater ist unerträglich», donnert sie schon im Titel. Um klarzustellen: «In der SP entbrennt ein Streit um die Gleichstellung im Bundesrat. Dabei hat die Partei keine andere Wahl, als Frauen zu nominieren.»

Keine Wahlfreiheit für die SP, eine interessante Forderung vom Spielfeldrand. Wieso denn das? Die Kandidatur von Jositsch zeige: «Selbstverständlich ist das numerisch gleichberechtigte Mitregieren der Frauen in der Schweiz offensichtlich noch nicht

Das begründet Birrer mit einem hoffentlich selbst gegoogelten Ausflug in die Geschichte: «Die Schweiz hatte bisher 121 Bundesratsmitglieder. Neun davon waren Frauen. Neun! Die SP stellte 14 Bundesräte. Drei waren Frauen

Das ist so brunzblöd, dass man versucht ist, den alten Kalauer aufzuwärmen, dass es deswegen doch auch Mitglieder heisse. Die absurde Forderung, eine geschlechtlich ausgewogene Mischung in Entscheidungsgremien herzustellen, zudem mit Verweis auf die Geschichte, ist schädlich und kontraproduktiv. Sie verhalf zwar Birrer zu einem Karrieresprung, mit ihren Kommentaren zeigt sie aber, dass sie oberhalb ihrer Gehaltsklasse angekommen ist.

Denn die Meinung eines Mitglieds (Pardon) der Chefredaktion des grössten Medienkonzerns der Schweiz sollte schon Hand und Fuss und Logik haben. Eine numerisch gleichwertige Vertretung aller gesellschaftlichen Schichten, sexuellen Orientierungen, Hautfarben und auch der beiden offiziellen Geschlechter ist schlichtweg sinnlos und unmöglich.

Die Forderung nach einer ausgewogenen Vertretung von Männlein und Weiblein schliesst die Diversen, die Queeren, die Schwulen aus. Und das wären nur einmal sexuelle Orientierungen. Wie steht es mit Dunkelhäutigen, Menschen mit Migrationshintergrund, Behinderten, Brillen- oder Bauchträgern? Und warum keine repräsentative Vertretung von Berufen; Bauern, Angestellte, wieso auch nicht Lehrer?

Hören wir nochmal O-Ton Birrer: «Aber der Zeitdruck ist nach Sommarugas überraschendem Rücktritt gross – da hätte der Umweg über männliche Pseudokandidaturen unnötig Ressourcen absorbiert. Denn diese Partei kann sich angesichts ihres Profils nicht erlauben, es ausgerechnet beim höchsten politischen Amt mit der Gleichstellung nicht so genau zu nehmen.»

Männliche Pseudokandidaten? Wir wagen uns für einen Moment vorzustellen, was in Birrer vorgehen würde, wagte ein zudem männlicher Kommentator von weiblichen Pseudokandidaturen zu faseln. Diesen verbalen Blutrausch möchten wir nicht erleben.

Also sagen wir mal so: Birrer selbst ist das beste Beispiel dafür, dass Karriere dank Geschlecht eine tragische Fehlentwicklung ist, die dringend korrigiert werden muss. Denn Tamedia hat’s ja auch sonst nicht leicht.

Sumpfgebiete

Es gibt Abgründe. Und dann gibt es «watson».

Mal wieder ein Beitrag für Leser mit einem starken Magen. Eigentlich wollten wir diese hässliche Karikatur von allem, was Journalismus sein könnte, hinkünftig mit Missachtung strafen. Aber «watson» ist sogar stärker als die besten Vorsätze.

Schuld daran ist der hier. Oder das hier:

Ben sei single, behauptet «watson», Mitte 30 und lebe in einer WG. Das ist natürlich alles erfunden, aber es nimmt schon Wunder, welche kranke Fantasie sich die Texte für seine Kolumne ausdenkt. Wir halten uns kurz die Nase zu, unterdrücken tapfer jeden Brechreiz und zitieren:

«Es gibt drei Arten von Frauen, die mir suspekt sind. Erstens: Frauen, die Blowjobs nicht mögen. Einfach so per se nicht. Oder die miserabel darin sind.»

Okay, wir leisten uns ein Bäuerchen und einen Schnaps. Denn Ben kann den Arschloch-Faktor noch steigern:

«Es war das erste Mal, dass sie seit der Scheidung Sex hatte. Und für mich war es das erste Mal, dass ich mit einer Frau Sex hatte, die sich gerade hat scheiden lassen. Der Sex war denn auch so, wie er mit einer Person ist, der eigentlich egal ist, mit wem sie gerade Sex hat. Sie ritt mich, als wäre ich gar nicht wirklich anwesend.»

Nein, das kann man nicht erfinden, nur zitieren. Unter Missachtung alles Hygienevorschriften kommt nun noch der grausliche Schluss:

«Sie hat mir am nächsten Tag geschrieben, ob wir uns wiedersehen wollen. Wir könnten auch den Drink-Part weglassen und uns einfach treffen. «Für ein bisschen Spass …» Ich antwortete, ich würde wohl etwas anderes suchen. Sie schrieb: «Okay».»

Das ist erschreckend und erschütternd. Aus einer Vielzahl von Gründen. Zunächst einmal: welches kranke Hirn denkt sich das aus? Dann: welche kranke Redaktion publiziert das? Aber es kommt noch schlimmer. Dieser Schrott hat doch tatsächlich 292 Kommentare ausgelöst.

Darunter solche Highlights: «Du schreibst gut. Direkt und kurzgefasst. So empfinde ich viele Männer und es gefällt mir. So unkompliziert.»

ZACKBUM schliesst den Deckel über diesem Abfallhaufen und schwört aufs Neue, dass es ihn nun aber drauflässt. Eine dringende Bitte an den Wanner-Clan: Das ist doch rufschädigend, sowas. Damit noch Geld verlochen, das ist doch pervers. Oder etwa nicht?

Wumms: Daniel Jositsch

Mann, o Mann. Da will einer Bundesrat werden.

SP-Ständerat Daniel Jositsch hat eigentlich alles getan, um Bundesrat zu werden. Er hat immer vorsichtig bis rechtsaussen in der SP politisiert. Er hat sogar einige Kilo abgespeckt, tritt immer staatstragend und im Anzug auf.

Nun ist Jositsch 57 Jahre alt; sollte Alain Berset, der ausser Politik ja auch nix kann, noch ein paar Jährchen bleiben und für den vakanten Sitz jemand Jüngerer gewählt werden, dann ist’s vorbei mit der Aspiration.

Also ergreift Jositsch mutig seine letzte Chance, auf den Bundesratssitz zu klettern. Dabei gibt es aber nur ein klitzekleines Problem, das die NZZ in ungewohnter Häme auf den Punkt bringt:

««Desperate Dani», wie er in Bundesbern inzwischen genannt wird, hat aber zum falschen Zeitpunkt das falsche Geschlecht.»

Denn leider, leider hat sich seine Parteileitung auf ein reines Frauenticket fixiert. Qualifikation, Erfahrung, der geeignetste Kandidat? Nein, so geht das heute in einer woken Partei nicht mehr. Vor allem, da sie mit diesem Kurs ständig Wähler verliert. Sollte sie bei den nächsten Parlamentswahlen von der FDP überholt werden, dann wackelt der zweite Sitz.

Also soll es eine Frau als Nachfolgerin für Sommaruga richten. Das finden nicht mal alle SP-Parteifrauen toll. «Ich finde die Fixierung auf ein reines Frauenticket demokratisch und strategisch ungeschickt», verrät Nationalrätin Franziska Roth der «SonntagsZeitung».

Andere halten eine Kandidatur von Jositsch für völlig aussichtslos, sogar das Wort von einem Kamikaze-Unternehmen macht die Runde.

Dabei gäbe es doch eigentlich eine elegante Lösung für dieses Problem. Einfach, praktisch, schnell gemacht. Es genügt ein Gang aufs Zivilstandsamt, dort ein kurzes, vertrauliches Gespräch, ein paar Unterschriften, und schon wird ein neuer Pass ausgestellt. Darin steht dann: Daniela Jositsch, Geschlecht: weiblich.

Kühn wäre hingegen der Versuch, dem abtretenden Ueli Maurer zu zeigen, wo Bartli den Most holt. Der hatte gescherzt, dass es ihm egal sei, ob er einen weiblichen oder einen männlichen Nachfolger habe. «Solange es nur kein Es ist

Damit könnte Jositsch nun wirklich ein Zeichen setzen, im Sinne eines echten Schweizer Kompromisses nicht als Pimmelträger gegen zwei Nicht-Pimmelträgerinnen antreten. Sondern als sozusagen überparteiliches, über solchen diskriminierenden Unterteilungen schwebendes Es.

Leider gibt es keine Volkswahl des Bundesrats; unsere Stimme hätte das Jositsch auf sicher.

Schliesslich hat er/sie/es völlig recht: «Ich lasse es mir nicht gefallen, dass man mich nicht einmal zur Kandidatur zulässt.» Das sind wahrlich Zustände wie vor der Einführung des Frauenstimmrechts. Nur umgekehrt.

Saitenstark

ZACKBUM muss hier in die Harfe greifen.

Wir loben zu wenig. Ein häufig gehörter Vorwurf, den wir hiermit entkräften. Ausnahmsweise. Aber der Anlass drängt sich auf.

Es gibt in der Ostschweizer Medienszene das «Tagblatt»-Konglomerat. Angeblich über 100 Redaktoren bemühen sich dort, neben dem fixfertig aus Aarau angelieferten Mantel Lokales zu beschreiben. Kläglich.

Es gibt «Die Ostschweiz», für die ZACKBUM-Redaktor René Zeyer schreibt, wodurch jedes Lob eine gewisse Subjektivität nicht abstreiten kann. Also fassen wir uns kurz: grossartiges Magazin, einfach spitze, unerreicht.

Dann gibt es das «Ostschweizer Kulturmagazin Saiten». Wir haben uns schon mehrfach sehr kritisch über Inhalt und Mitarbeiter geäussert. Alles Gründe, um diesmal in hemmungsloses Lob auszubrechen. Die zweiteilige Serie «Viel russische Kohle im Appenzellerland?» und «Noch mehr Kohle im Appenzellerland – und in der Stadt St. Gallen» ist ein ganz starkes Stück Recherchierjournalismus.

Hans Fässler, lediglich unterstützt von zwei Mitarbeitern und einem Recherchierfonds, hat sich auf Spurensuche nach russischen Firmen, Verwicklungen, Sitzgesellschaften und einheimischen Helfershelfern begeben. Hartnäckig, sorgfältig, wie ein Eichhörnchen hat er alles zusammengetragen, was aus öffentlich einsehbaren Quellen wie dem Handelsregister, logischen Schlussfolgerungen und hartnäckigen Nachfragen gewonnen werden kann.

Wer sich auf dem Gebiet etwas auskennt, kann ermessen, wie gross die Visualisierung aller Verästelungen, Zusammenhänge, Quellen und weltweiten Verschleierungskonstruktionen gewesen ist. Und wie Fässler wohl gelegentlich vor diesem Board stand und sich fragte, ob er das überhaupt zu Ende bringen kann – und ob jemand die beiden Riesenstücke in einer Kulturzeitschrift überhaupt lesen wird.

Es ist tatsächlich wie das Durchschreiten eines Labyrinths. Aber Fässler gelingt es, den Faden der Adriadne so zu benützen, dass man auch wieder herausfindet und (meistens) weiss, wo man gerade ist. Was auch sehr für den Autor spricht, ist die Tatsache, dass er russische Connections nicht als Minotaurus denunziert, als ob alle und alles, was mit Russland zu tun hat, alleine dadurch verdächtig, kriminell, unsauber, Putin-hörig, ungeheuerlich sei.

Natürlich bewegt er sich mit aller Vorsicht, die potenziell gefährliche Gegner und Enthüllte verlangen. Noch ist es in der Schweiz nicht so weit, dass russische oder ukrainische Zustände in den Medien herrschen. Aber alleine die Drohung mit teuren Rechtshändeln, sollte etwas Unliebsames veröffentlicht werden, reicht häufig aus, dass sogar mächtige Medienkonzerne den Schwanz einziehen und mit der weissen Flagge winken.

Also kommt zur Recherchierleistung auch noch eine Portion Mut hinzu, was sowohl den Autor wie das Organ ehrt; denn an die Kasse kämen beide.

Das ganze Elend der CH-Media-Kopfblätter vom «Tagblatt» abwärts zeigt sich an einer Parallelgeschichte. Denn das «Tagblatt» traute sich immerhin, auf einer Doppelseite eine Recherche von René Zeyer über den Sherkati-Clan in St. Gallen zu publizieren, der aus beschaulichen Villen heraus einen weltweit tätigen Konzern beherrscht, inklusive Bank und geschäftlichen Verbindungen mit Zeitgenossen und Staaten, mit denen man nicht unbedingt öffentlich gesehen werden möchte.

Sozusagen in einem Mutanfall wurde das publiziert; als aber der Clan einen Emissär aussandte, der beim Chefredaktor des «Tagblatts» vorsprach, zwar inhaltlich nichts, rein gar nichts zu bemängeln hatte, aber dennoch durchblicken liess, dass man überhaupt nicht amüsiert sei und sich ernsthaft rechtliche Schritte überlege – knickte der Chefredaktor ein und löschte den Artikel aus dem Netz.

Notabene ohne den Autor darüber zu informieren oder Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen. Daraufhin wurde der Artikel in identischer Form – lediglich ein Namensdreher wurde korrigiert – in «Die Ostschweiz» publiziert. Und siehe da, trotz allen Bedenken und Befürchtungen des feigen «Tagblatt» –passierte überhaupt nichts. Der Bericht über das «weitverzweigte Sherkati-Imperium» ziert weiterhin «Die Ostschweiz».

Zwei Beispiele dafür, wo heutzutage noch Recherchen durchgeführt und publiziert werden. Die grosse Freude über die Arbeit von Fässler wird nur dadurch getrübt, dass sein Mammutwerk so überdeutlich aufzeigt, wie ärmlich, wie verarmt, wie blutleer, wie mutlos all das ist, was ein Hundert von wohlbezahlten Sesselfurzern im Dienste von CH Media leisten.

Zum Fremdschämen, wie all diese Journalisten täglich vorführen, dass sie den Beruf verfehlt haben und besser Zuckerbäcker geworden wären. Oder Luftfächler. Oder Büttel.

Aber ZACKBUM lässt es sich nicht nehmen, Fässler für diese Sternstunde des Schweizer Journalismus ausdrücklich zu danken und zu gratulieren. Natürlich in der Hoffnung, dass ihm das Lob von der falschen Seite in seiner Gesinnungsbubble nicht um die Ohren geschlagen wird.

Let’s fetz im Netz

«Netzcourage» braucht Netzcourage.

Der Verein gegen Hass und Missbrauch im Netz braucht selbst seine Dienstleistungen. Denn seit Monaten fände eine «querulantische Twitter-Verleumdungskampagne von vier Ex-Mitgliedern» statt. So sieht das zumindest der zeitweilige «Präsident a.iHansi Voigt. Er bezeichnet sich inzwischen als «neuer Präsi», woraus man schliessen kann, dass eine Mitgliederversammlung stattfand.

Aber der Reihe nach.

Der Präsidentenstuhl im Verein «Netzcourage» scheint eher ein Schleudersitz zu sein. Nachdem sie noch den damaligen Geschäftsbericht unterzeichnet und lobende Worte über «Netzcourage» gesäuselt hatten, traten im Oktober 2021 die Co-Präsidentinnen Tamara Funiciello (SP) und Greta Gysin (Grüne) Knall auf Fall zurück. Angeblich wegen plötzlich aufgetauchten «strategischen Differenzen». Es wird bis heute gerätselt, was wirklich vorgefallen war.

Als «Interimspräsidentin» sprang Liliane Ritzi in die Lücke. Sie gab im Sommer 2022 bereits wieder auf: «Der Vorstand kann gar nicht strategisch arbeiten, weil Geschäftsführerin Spiess-Hegglin alles selbst machen will.» Insgesamt warfen dieses Jahr vier von sieben Vorstandsmitgliedern das Handtuch, was wohl kaum als «querulantisches Verhalten» abqualifiziert werden kann.

Wie ein Deus ex Machina tauchte dann plötzlich der Vielfach-Gescheiterte Hansi Voigt als neuer «Präsident a.i.» auf, wobei a.i. nicht für Artificial Intelligence steht. Neben Millionen-Verrösten mit «bajour» hatte er schon zuvor Zeit gefunden, sich als unverbrüchlicher Freund und Weggefährte von Spiess-Hegglin auf Twitter und anderswo zu profilieren und im «Beirat» des Vereins zu sitzen.

Allerdings gibt es neben all den Querelen ein paar kitzlige legale Probleme, denn ein Verein, vor allem ein gemeinnütziger, schwebt nicht im luftleeren Raum, sondern hat sich an gesetzliche Vorschriften und Vorgaben zu halten. Das ist nicht so die Kernkompetenz der Führungscrew, mit Schlampereien auf diesem Gebiet verscherzte sie sich schon staatliche Subventionen.

Nun soll, besagen Gerüchte, am vergangenen Freitag eine Mitgliederversammlung stattgefunden haben; hinter verschlossenen und gut kontrollierten Türen. Artfremden, Berichterstattern oder «querulantischen» Ex-Vorstandsmitgliedern war der Zutritt verwehrt, was anscheinend durch Wachpersonal und Personenkontrolle am Eingang sichergestellt wurde.

Laut Medienmitteilung sei alles wunderbar und in Harmonie verlaufen. Eine objektive Bestätigung dafür gibt es allerdings nicht. Wie ein Verein seine ehemalige Präsidentin, die in höchster Not und unter grossem Applaus einsprang, allerdings gegen ihren Willen wegen «vereinsschädigendem Verhaltens» ausschliessen kann, das ist nun nicht gerade ein Paradebeispiel für respektvollen und transparenten Umgang.

ZACKBUM ist immer für ein offenes Wort und vor allem dafür, dass Betroffene die Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Nachdem JSH noch niemals auf diverse Anfragen reagierte, versuchten wir es diesmal bei Voigt. Der meinte immerhin schon mal, dass er nichts zu sagen habe. Aber vielleicht liesse sich das angesichts dieser Fragen noch etwas steigern:

1. Sie bezeichneten sich als «Präsident a.i.» des Vereins «Netzcourage». Wer hatte Sie in diese Position gewählt?
2. Laut Protokoll der letzten Mitgliederversammlung vom 23. Februar 2021 wurden sie damals nicht einmal in den Vorstand gewählt. Welches Gremium hat Sie dann berufen?
3. Zwischen der letzten Mitgliederversammlung und der aktuellen vergingen rund 20 Monate. Das ist im Schweizer Vereinsrecht so nicht vorgesehen. Weswegen dieser Verstoss?
4. Im Sommer 2022 sind von 7 immerhin 4 Vorstandsmitgliedern zurückgetreten. Darunter auch die Präsidentin a.i., die ihrerseits die Nachfolge von zwei per sofort zurückgetretenen Co-Präsidentinnen antrat. Wie erklären Sie diesen ständigen Exodus?
5. Sie haben als «Präsident a.i.» Ausschlussverfahren gegen vier Mitglieder des Vereins angekündigt und durchgeführt. Als nicht gewählter Präsident oder als nicht gewähltes Vorstandsmitglied sind Sie dazu gar nicht befugt. Woher nehmen Sie sich diese Macht?
6. Durch die überlange Zeit zwischen der letzten und der aktuellen Mitgliederversammlung ist auch die Amtszeit der verbleibenden Vorstandsmitglieder abgelaufen. Der Verein befand sich also in einem rechtlosen Zustand. Ist das nicht peinlich, bei diesem Vereinszweck?
7. Ein dazu nicht befugter «Präsident a.i.» hat eine Mitgliederversammlung einberufen und ebenfalls dazu nicht befugt vier Mitglieder von der Teilnahme ausgeschlossen. Damit ist diese Mitgliederversammlung rechtlich nicht gültig und müsste wiederholt werden. Wird das geschehen, und wer kann sie in einem solchen Fall (keine legalen Vorstandsmitglieder vorhanden) überhaupt einberufen?
8. Inzwischen bezeichnen Sie sich «als neuer Präsi». Halten Sie das für vertretbar, angesichts einer illegalen Mitgliederversammlung?
9. Wie sehen Sie es mit Haftungsfolgen, falls gerichtlich festgestellt wird, dass Ihre Wahl rechtsungültig ist und daher alle Ihre Entscheidungen in dieser Funktion nichtig?
Aber oh je, die eingeräumte, grosszügige Frist für eine Antwort verstrich ungenutzt. Weder der Präsident a.i., noch der «neue Präsi», noch sonst ein Vorstandsmitglied sah sich in der Lage, diese drängenden Fragen zu beantworten. Die vielgelobte Transparenz ist offenbar mehr eine Schimäre als Realität.
Das ist bedauerlich und betrüblich, denn das eigentliche Anliegen des Vereins ist durchaus lobenswert. Nur das Personal, daran hapert es halt …

Welcher Typus von Verpeiltem sind Sie?

Humbug mit Steuergeldern: Berset ist ein Verschwörungsüberzeugter.

Die Uni Zürich hat die Schweizer Covid-19-Verschwörungstheoretiker typologisiert. Alles Irre, finden die Wissenschaftler.

Wie es sich für eine seriöse Studie gehört, trägt sie einen etwas verschwurbelten Titel:

«Von Hype-Zynikern zu Extremgläubigen: Typologisierung der COVID-19-bezogenen Verschwörungsüberzeugungen der Schweizer Bevölkerung, ihr entsprechendes Informationsverhalten und die Nutzung sozialer Medien

Auf 26 Seiten beugen sich vier Angestellte der Uni Zürich, unterstützt durch eine «Kommunikationswissenschaftlerin» der Uni Münster, über die Abgründe in den Köpfen von Schweizer Corona-Skeptikern. Basierend auf der Befragung von etwas über 1000 Personen kommt die Studie zu einer klaren Unterteilung dieser Verpeilten.

Sie durften eine Reihe von Fragen beantworten oder zu Aussagen Stellung nehmen; darunter: «Die Pandemie wird zu einem grösseren Problem aufgeblasen als sie ist», «Wie gross ist Ihr Vertrauen in die Wissenschaft im Allgemeinen?», «Es ist nicht die Aufgabe von Wissenschaftlern, sich in den politischen Umgang mit Covid-19 einzumischen», «Wissenschaft und Forschung zu Covid-19 sind so kompliziert, dass ich das nicht verstehe», «Die Medienberichterstattung über Covid-19 war vertrauenswürdig/übertrieben».

Wer mindestens eine dieser Fragen so beantwortete, dass er als Verschwörungstheoretiker identifiziert werden konnte, wurde nun noch klassifiziert. Wer auf alle fünf Fragen merkwürdige Antworten gab, also beispielsweise kaum Vertrauen in die Wissenschaft zeigte, die Berichterstattung als übertrieben empfand, bekam das Etikett «extremer Gläubiger» angeklebt. Wer nur viermal Anlass zu Befürchtungen gab, ist ein einfacher «Gläubiger». Dann gibt es noch die «Misstrauischen», die «beharrlichen Gläubigen» und schliesslich die fünfte Gruppe der «Hype-Zyniker» oder der «Profit-Zyniker». Sie glauben jeweils «nur», dass die Pandemie ein Hype war oder dem Profit von Pharmafirmen diente.

Signifikant ist zudem, dass all diese Gruppen von Verschwörungstheoretikern einen grossen Teil ihres Wissens aus Sozialen Medien beziehen.

Wohlgemerkt, alle diese verhaltensauffälligen Gruppen werden hier wissenschaftlich unter dem Oberbegriff von «Verschwörungsüberzeugungen» zusammengefasst. Wer also Kritik an dem verantwortungslosen und haftungsfreien Agieren der Task Force des Bundesrats äussert, ist bereits ein (milder) Fall eines Verschwörungstheoretikers. Das wird allerdings Bundesrat Berset nicht gerne hören.

Denn nachdem sich die Task Force in eigenen Medienkonferenzen dazu aufgeschwungen hatte, Massnahmen des Bundesrats zu kritisieren, mit Noten zu versehen und eigene Forderungen aufzustellen, haute es ihm den Nuggi raus und er stellte klar, dass Entscheidungen immer noch von der Regierung und nicht von solchen Wissenschaftlern getroffen würden. Damit ist Berset, wissenschaftlich erwiesen, ein leichter Fall eines Verschwörungstheoretikers.

Wer zudem noch die Medienberichterstattung als übertrieben empfindet, was Berset auch gelegentlich kritisierte, ist bereits ein «beharrlich Gläubiger». Wer bei allen fünf Themengebieten so antwortete, dass er den Wissenschaftlern schräg reinkam, ist ein beinahe hoffnungsloser Fall, nämlich ein «extremer Gläubiger» von angeblichen Verschwörungstheorien.

Was genau eine solche Verschwörungstheorie eigentlich sei, erläutern aber die Uni-Mitarbeiter nicht. Es genügt offenbar, vom offiziellen Narrativ abzuweichen, Dissidenz zu der Weisheit aller amtlichen Entscheidungen zu äussern, die Rolle der Impfhersteller kritisch zu hinterfragen oder mit der medialen Berichterstattung nicht einverstanden zu sein, und schon gehört man zum harten Kern der Aluhutträger.

Schon alleine mit der fleissigen Verwendung von Informationskanälen, die nicht zu den grossen Massenmedien oder den elektronischen Staatssendern gehören, macht man sich verdächtig.

Es ist peinlich, mit welcher Nonchalance immerhin 5 Wissenschaftler ein nicht genau definiertes Kriterium «Verschwörungsüberzeugung» mit dafür untauglichen Fragen («wie gross ist Ihr Vertrauen in die Wissenschaft im Allgemeinen») abhandeln wollen.

Auf 26 Seiten breiten sie dann den üblichen statistischen Auswertungs-Humbug aus, mit Kurven, Faktoren und Kennziffern. Das hat etwas extrem Kindisches, vergleichbar mit der Ernsthaftigkeit, mit der Kinder Sandburgen bauen und sich dabei als angehende Architekten fühlen.

Aber damit nicht genug; von der Anzahl «falscher» Antworten abzuleiten, wie extrem der Glaube an Verschwörungstheorien sein soll, ist eine weitere Steigerung ins Absurde.

Wenn der geschätzte Leser (oder auch die Leserin) einen Selbsttest macht und erschreckt zum Ergebnis kommt, dass auch er ein leichter oder sogar schwerer Fall eines Gläubigers von Verschwörungstheorien sei, kann er beruhigt werden: das ist völliger Humbug.

Eigentlich nicht weiter der Rede wert, wenn dafür nicht eine erkleckliche Summe an Steuergeldern verröstet worden wäre. Glücklicherweise disqualifizierte sich der Anfragende damit nicht gleich als Verschwörungstheoretiker, also antwortete der beteiligte Professor Mike Schäfer: «Die Studie hat 23.700 CHF gekostet, inkl. Umfrage – wobei wir für das von Ihnen erwähnte Papier nur einen Teil der erhobenen Daten verwendet haben.»

Aber immerhin, das muss man diesen Vollpfosten lassen: Sie machen keine Therapievorschläge. Das können wir ergänzen. In anderen Zeiten, in anderen Systemen wurden «extreme Gläubige» an etwas ganz Falsches meistens psychiatrisch behandelt. Elektroschocks, eiskalte Bäder, körperliche Züchtigung oder medikamentöse Behandlung waren die Mittel der Wahl.

Muss man verstehen. Wer an etwas glaubt, was es nicht gibt, spinnt. Wer spinnt, muss behandelt werden. Denn er könnte zur Gefahr für sich selbst oder für andere werden. Eben wie Verschwörungstheoretiker. Und mit gutem Zureden oder Gesprächstherapie ist’s leider nicht getan. Womit man allerdings diese Wissenschaftler behandeln könnte, damit sie wieder Kontakt zur Realität und zur Wissenschaft aufnehmen? Dieses Mittel ist wohl leider noch nicht entwickelt worden.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf «Inside Paradeplatz». 

Dort reagierte der federführende Professor Mike Schäfer mit einem Kommentar:

Gut, dass unsere Studie auf Interesse stösst. Allerdings enthält der obige Beitrag mehrere grundlegende Fehler, so dass ich hier kurz reagieren möchte. Die wichtigsten Fehler sind:
– Der Autor des Artikels schreibt, wir hätten die Befragten in die vorgestellte Typologie eingeteilt abhängig davon, ob sie der Wissenschaft vertrauen, ob sie finden, Wissenschaftler sollten sich in politische Entscheidungen zu Covid-19 einmischen, wie sie die Medienberichterstattung zum Thema bewerten oder ob sie soziale Medien nutzen. Das ist falsch.
– Die in der Studie vorgestellte Typologie fusst stattdessen auf der Zustimmung bzw. Ablehnung der Befragten zu fünf Aussagen: «Mächtige Leute haben die Corona-Pandemie geplant», «Die Zahl der Menschen, die an Corona sterben, wird von den Behörden absichtlich übertrieben», «Es gibt keine eindeutigen Beweise dafür, dass Corona wirklich existiert», «Bestimmte Gruppen wollen, dass die Corona-Pandemie weiterläuft, weil sie von ihr profitieren» und «Die Corona-Pandemie wird zu einer grösseren Sache gemacht, als sie eigentlich ist». Diese Fragen haben wir internationalen Studien entnommen.
– Falsch ist zudem: Die Einteilung der Befragten in die Gruppen beruht nicht auf einem einfachen Aufaddieren der Zustimmung zu diesen Aussagen. Sie fusst auf einer statistischen Analyse, die Forschende in vielen Disziplinen einsetzen und die in der Studie auch beschrieben wird.
– Nachdem diese Einteilung erfolgt war, haben wir uns dann u.a. auch angeschaut, in welchem Masse diese Gruppen der Wissenschaft vertrauen oder wo sie sich über das Thema Corona informieren. Diese Faktoren haben die Einteilung jedoch nicht beeinflusst.
– Und selbstverständlich haben wir niemanden als «Irre» oder «Verpeilte» bezeichnet.

Neues von der Abraumhalde

Tamedia als Werkhof für Rezykliertes.

Dieser Artikel warf keinerlei Wellen in der «Süddeutschen Zeitung»:

Die «begeisterte Tennisspielerin, Langstreckenläuferin und Snowboarderin» Anna Dreher interviewte in der «Süddeutschen Zeitung» diese Grinsbacke. Seine Qualifikation dafür: «Big-Wave-Surfer Sebastian Steudtner raste eine mehr als 26 Meter hohe Welle hinunter: Weltrekord

Wer das tut, weiss natürlich auch genügend Lebensweisheiten, die eng mit seiner Tätigkeit zu tun haben «es gibt noch viel größere Wellen» und sich problemlos auf alle wichtigen Themen des Lebens («Geld») anwenden lassen.

Am 13. Oktober 2022 durften sich die Leser der SZ gemessene 9 Minuten lang langweilen und sich fragen, womit sie das verdient hatten. Aber immerhin, Steudtner ist Deutscher (und Österreicher), wuchs in Nürnberg auf und kann somit zu dem weiteren Einzugsbereich Bayerns gezählt werden.

Lässt sich mit dieser längst vergangenen Welle noch etwas anstellen? Aber sicher, sagt sich Tamedia, hier können wir den guten Satz, dass man niemals in die gleiche Welle nochmals steigen kann, Lügen strafen.

Denn feinsäuberlich hinter der Bezahlschranke verborgen, lässt es Tamedia am 5. November 2022, immerhin diesmal mehr als drei Wochen nach der Erstveröffentlichung, nochmals plätschern:

Was ist in all den Tagen geschehen? Nun, es wurden brecherhohe Veränderungen am Inhalt durchgeführt. Was sofort auffällt: aus «größere Wellen» wurden «hohe Wellen». Womit elegant das Problem des ß umsurft wurde.

Dann heisst es statt «Reden wir über Geld» als Spitzmarke «Interview mit Extremsportler». Damit war aber die Sport-Redaktion von Tamedia, offenbar alle ungedopt, erschöpft; der Lead wurde eins zu eins übernommen, nach der Einleitung folgt auch bei Tamedia: «Ein Gespräch über zähe Jahre ohne Sponsoren, Entwicklungsarbeit im Windkanal und seine Suche nach noch gewaltigeren Brechern.»

Tamedia wiederholt sich, jedes Mal schlimmer. ZACKBUM wiederholt sich: Dafür Geld zu verlangen, ist eine Frechheit. Ein Trauerspiel des Journalismus. Eine Leserverarschung. Eine Aufforderung an die wenigen verbliebenen Abonnenten: verpisst euch – oder lest doch einfach die Süddeutsche, dann wisst ihr schon vorher, was bei Tamedia erscheinen wird.