Broder rides again

Henryk M. Broder schreibt in der «Weltwoche».

Na und, sagt da der uninformierte Laie. Der kann aufgeklärt werden: Im Juni 2022 kündigte Broder mit Getöse an, dass er mit Bedauern, aber aus Gründen der Konsequenz, nicht mehr für die «Weltwoche» schreiben werde. Da gäbe es zu zu viele «Putinisten», die im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine russische Postionen vertreten würden.

«Ich bin dann mal weg», so durfte Broder – immerhin in der WeWo – mit Geschimpfe seinen Abgang verkünden. «Schade, aber es geht nicht anders», bedauerte er.

Aber siehe da, was liest man in der neusten Ausgabe der WeWo?

Wer seinen Augen nicht traut: doch, der Autor heisst Henryk M. Broder, es gibt keinen Doppelgänger und der Text ist echt. Ausgerechnet in der Ausgabe, in der Roger Köppel Putin zum zweiten Mal als den «Unverstandenen» aufs Cover klatscht, ist Broder dann mal wieder da.

Lustig. Ist der Mann zu Kreuze gekrochen? Gab es ein Versöhnungsbesäufnis in Berlin? Ist Broder den Schalmeiengesängen von Köppel erlegen? Konnte er nicht umhin, wieder in seinem angestammten Organ, das er über 20 Jahre mit Texten bediente, aufzutauchen? Ist Broder inzwischen auch tendenziell «Putinist» geworden?

Nein, es ist eine süsse Rache der WeWo, die nun wirklich nicht von schlechten Eltern ist. Die Auflösung steht ganz am Schluss des Artikels im Kleingedruckten: «Dieser Text erschien zuerst in der Welt. Abdruck mit freundlicher Genehmigung der Axel Springer SE».

He, he. Denn in Deutschland entäussert sich der Autor normalerweise des Copyrights seines Artikels; das Organ, das ihn kauft (und publiziert), kann über seine weitere Verwendung entscheiden, wobei dem Autor höchstens ein Bakschisch aus den Einnahmen zusteht.

Also hat sich die WeWo, zur Feier der neuen Putin-Ausgabe, den Scherz geleistet, einen Broder-Text einzukaufen. Oder vielleicht konnte Köppel seine alten Beziehungen als ehemaliger «Welt»-Chefredaktor spielen lassen. Oder wie der frömmelnde Verleger, Herausgeber, Besitzer und Chefredaktor wohl sagen würde: mein ist die Rache, spricht der Herr.

3 Kommentare
  1. Guido Kirschke
    Guido Kirschke sagte:

    In Sachen Russland hat Broder die German Angst. Ich verstehe die Deutschen nicht mehr, Ampel, Russophobie bis in Lächerliche und mädchenhaft naive Verliebtheit in die EU.

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  2. Jürg Streuli
    Jürg Streuli sagte:

    Die Lektüre von Henryk Broder ist stets intelligent und mit dessen typischer Pfiffigkeit und Ironie angereichert. Einzig beim Thema Russland dreht der aus Polen stammende Broder komplett durch. Aber Broder hat gemerkt, dass er damit viele seiner Fans vergrault und äussert sich nur noch selten zu diesem Thema. Die beissende Kritik von Broder an der verheerenden Entwicklung in Deutschland ist dringend notwendig. Mit der Ampel-Regierung driftet die Bundesrepublik immer stärker hin zur DDR 2.0. So ist das neue «Demokratiefördergesetz» nichts anderes als ein staatlich geförderter Eingriff in die Meinungsbildung. Fortan soll Kritik an der Regierung als «Demokratiefeindlich» geahndet und bestraft werden. Genau wie in den letzten beiden deutschen Diktaturen. Besonders in den alten Bundesländern hat man in Deutschland die Demokratie nicht begriffen.

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  3. ⁴Slavica Bernhard
    ⁴Slavica Bernhard sagte:

    Etwas viele «riders»… Journalisten scheinen ganz allgemein heutzutage nicht so sattelfest unterwegs zu sein und auch die deutschen «riders», oft hoch zu Ross, sind eine Enttäuschung.

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