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Klatsch, Klatsch, Klatsch

Ein ernstes Thema, dessen sich die NZZ annimmt.

««Prinz William: Schock zum 38. Geburtstag: Wird er seine Lieben nie wiedersehen?», fragte «Das Neue» vor drei Jahren auf der Titelseite. Was war passiert? Die Antwort ist ebenso banal wie enttäuschend, sofern man ein echtes Drama erwartet hatte: Prinz William muss Brille tragen, zumindest manchmal.»

Ist das grenzwertig, gaga, unverkäuflich? Zumindest Letzteres nicht. Die NZZ konstatiert: «Insgesamt bringt es die Klatschpresse in Deutschland Woche für Woche auf rund drei Millionen Hefte und Magazine – das ist mehr als «Der Spiegel», «Die Zeit», «Focus» und «Stern» zusammen.»

«Haarscharf an Fake News vorbei», so nennt das ein Kenner der Klatschpresse. Und die NZZ versucht, das Ganze auf eine intellektuell höhere Ebene zu hieven: «Klatsch ist ein sozialer Akt. Er zeigt auf, welches Verhalten erwünscht ist, welches geächtet, wer wo steht in der Gesellschaft. Die Reichen, Schönen und Mächtigen müssen als Korrektiv herhalten.»

Dann kommt noch – unvermeidlich – das «Schumacher-«Interview». Die «Aktuelle» machte das Unmögliche möglich: «Michael Schumacher: das erste Interview!». Dem Kleingedruckten konnte der Leser dann entnehmen, dass die Antworten von einer KI stammten. Das gab dann ein Riesengebrüll, der Herausgeber entschuldigte sich zerknirscht, die Chefredaktorin wurde entlassen.

Dabei war die Idee gar nicht schlecht; die Antworten von Schumacher waren wahrscheinlich intelligenter als die, die er selbst gegeben hätte, wäre er dazu in der Lage gewesen.

Eine Liga für sich sind auch andere erfundene Interview, zum Beispiel eine ganze Serie mit dem Hollywood-Star Sandra Bullock. 50’000 Euro Strafe kosteten die gefakten Interviews, tragbar angesichts der Auflagen in den Hunderttausenden.

Auch in der Schweiz fielen schon Redaktionen auf die Fake-Interviews von Tom Kummer herein, der dieses Genre zu einer eigentlichen Kunstform entwickelte. Was ihm im Übrigen nicht wirklich schadete. Er wurde immer mal wieder in Schimpf und Schande vom Hof gejagt – um dann doch wieder aufzutauchen, inzwischen in der zweiten Ehrenrunde in der «Weltwoche». Bis er auch dort zum dritten Mal rausfliegen wird, um zum vierten Mal irgendwo aufzutauchen.

Denn das Phänomen von solchen gefälschten Klatsch-Storys ist immer mehr: wodurch genau unterscheiden sie sich beispielsweise von der Kriegsberichterstattung aus der Ukraine? Auch hier verschwimmt doch Lüge und Wahrheit immer mehr. Ist nun Bachmut von russischen Truppen zurückerobert? Ist die ukrainische Offensive gestartet? Haben die USA, hat Russland selbst, hat die Ukraine die Pipeline North Stream in die Luft gejagt? Man weiss nichts Genaues.

Hat sich nun König Charles III. bereits von seiner Camilla getrennt oder hängt nur der Haussegen schief? Wen interessiert’s eigentlich, ob das wahr oder erfunden ist? Solange die Story gut erzählt ist und ans Herz geht, eigentlich niemanden.

Diesen naheliegenden Schritt von der Analyse der deutschen Klatschheftchen zur Analyse der sogenannten Qualitätsmedien tut die NZZ leider nicht. Dabei würde es genau hier wirklich interessant werden. Dass es in der Schweiz mit der «GlücksPost» und der «Schweizer Illustrierten» zwei vergleichsweise seriöse Klatschheftchen gibt, dieser Hinweis hilft auch nicht weiter. Beide dümpeln bei je 100’000 verkauften Exemplaren herum, weit entfernt von glorreichen Zeiten, also die SI noch bei über 300’000 lag. Das heisst also, dass hier nicht in erster Linie seriöser gearbeitet wird, weil Klatschgeschichten à la «das erste Interview mit Tina Turner aus dem Jenseits» nicht erscheinen. Sondern dass die Schweizermacher nicht so gut wie ihre deutschen Kollegen sind, nicht nur Grenzbereiche der Wahrheit auszuloten, sondern auch ans Herz gehende Geschichten zu verkaufen.

Das gilt auch für den «Blick», der ja nur ein glattgefönter, enteierter, verweiblichter Abklatsch einer «Bild»-Zeitung ist. Tamedia ist nicht einmal der «Süddeutschen» gewachsen, von der «Welt» ganz zu schweigen. Nur die NZZ, das muss man ihr lassen, wird immer mehr zur ernstzunehmenden Konkurrenz der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung», die nach dem viel zu frühen Tod ihres Mitherausgebers Frank Schirrmacher schwer an Niveau verloren hat.

Wie man’s auch dreht und wendet, eine saftige Story wie die über unseren Bundesrat auf Abwegen mit Orientierungsproblemen beim Pilotieren, das hätten sich deutsche Blätter nicht entgehen lassen. Was stattdessen in der Schweiz erschien, reichte nicht mal für den überfälligen Rücktritt.

Bildcollagen: Screenshots NZZ.

 

Schweigen über Schweinereien

#hateleaks? Gar nicht erst ignorieren. Obwohl der vierte Teil Abscheuliches aufzeigt.

Obwohl oder weil Jolanda Spiess-Hegglin unablässig die Öffentlichkeit sucht mit dem Argument, dass sie endlich einmal aus der Öffentlichkeit verschwinden wolle, ist das Verhältnis der Medien zu ihr kompliziert.

Nun hat die Tamedia-Journalistin und Buchautorin Michèle Binswanger die sogenannten «#hateleaks» angestossen. Eine Blog-Reihe, die aus ihr zugespielten Chats und internem Meinungsaustausch des Umfelds von JSH besteht. Ziel der Teilnehmer war offenbar, das «Scheissbuch» (die grüne Fraktionschefin Aline Trede) zu verhindern, bzw. die Autorin «zum Auswandern» zu bewegen, wie JSH unverblümt die Marschorder ausgibt. Dafür machte JSH mitsamt Gesinnungsgenossen gerne «die kleine Drecksarbeit».

Dabei waren auch Journalisten wie Pascal Hollenstein, Hansi Voigt oder Miriam Suter. Was hier alles an Hetze geplant wurde, widerspricht den hehren Zielen von «Netzcourage». Wenn JSH wie an der HSG als Spezialistin für «digitale Gewalt» auftritt, könnte sie eigentlich einfach aus dem Nähkästchen plaudern.

Nun haben aber die grossen Multiplikatoren ein Problem mit dem Thema. Ringier möchte sich überhaupt nicht äussern, schliesslich steht der Verlag in einem Rechtsstreit mit JSH, die eine Gewinnherausgabe der über sie im «Blick» erschienenen Artikel fordert.

Tamedia, Pardon, «Tages-Anzeiger» hat lange Zähne, weil Binswanger eine leitende Funktion einnimmt. Und für die NZZ ist das Ganze doch etwas zu boulevardesk, nachdem sie sich schon im Fall Roshani schwer die Finger verbrannt hat mit einer sehr einseitigen Berichterstattung, um dann anschliessend die übrigen Medien wegen zu einseitiger Berichterstattung in die Pfanne zu hauen.

Das Schweizer Staatsfernsehen, Pardon, der Zwangsgebührensender SRF hat auch Schlagseite in Richtung JSH (und Roshani), der fällt aus.

Also veröffentlicht ein Investigativ-Team eine Blogfolge nach der anderen – und es herrscht Schweigen. Abgesehen von der Mini-Plattform «inside-justiz» («Zickenkrieg»), persoenlich.comDokumente sollen Kampagne gegen Journalistin belegen») und dem Autor dieser Zeilen mit einem fleissig kommentierten Artikel in der «Weltwoche» («Verschwörung gegen eine Journalistin»).

Nun traut sich immerhin noch «20 Minuten» an die Sache ran, mit einem geeierten Titel: «Spiess-Hegglins Team: Chatgruppe gegen «Tagi»-Journalistin – prominente Politikerinnen lasen mit». So vorsichtig geht’s dann auch im Artikel weiter: «In einem Gruppenchat sollen Netzaktivistin Jolanda Spiess-Hegglin und ihre Mitstreiterinnen die «Tages-Anzeiger»-Journalistin Michèle Binswanger beleidigt haben.»

Nicht wirklich, sie haben nachweisbar und eingestanden versucht, die Publikation von Binswangers Buch über die Zuger Landammannfeier mit allen schmutzigen Tricks zu verhindern. Dann wird ausführlich der Hintergrund des im Investigativ-Team mitarbeitenden Journalisten Stefan Millius beschrieben: «Er arbeitet daneben auch für das Radio «Kontrafunk» und den «Nebelspalter». Er will für die Corona-kritische Gruppierung «Aufrecht» in den Nationalrat.»

Als ob das bei seiner Tätigkeit hier eine Rolle spielen würde. Der «Politologe» der Wahl Mark Balsiger kann sich nur zu einem sanften «Geschmäckle» als Kritik aufraffen. Die mehr als fragwürdige Rolle des ehemaligen Leiters Publizistik von CH Media, Pascal Hollenstein,  wird gar nicht erwähnt. Auf Anfrage von «20 Minuten» blieben die Teilnehmerinnen Tamara Funiciello und Sibel Arslan genauso stumm wie JSH selbst.

«Eine weitere Teilnehmerin hat sich via Twitter öffentlich von der Gruppe distanziert», berichtet das Gratis-Blatt: ««Alles stimmt und hat so stattgefunden. Ich war ein Teil davon», schreibt sie. Und ergänzt: «Wenn einem die Vergangenheit über die Schulter schaut, wird es zuweilen peinlich.»

Das gilt allerdings auch für die aktuelle Berichterstattung über diesen Skandal. Insbesondere, seit Teil 4 der «#hateleaks» publiziert wurde. Diesmal wird aufgezeigt, wie die «Kampagne» (JSH) ins Rollen kam, mit «Verleumdung, Provokation, Verhöhnung». Immer angeleitet von der grossen Kämpferin gegen Hasskampagnen und Shitstorms JSH, sollten Zweifel an der Person Binswanger gesät werden, zum Beispiel auch mit Fake-Accounts; nicht zuletzt von der Rädelsführerin selbst unterhalten:

«Das ist mein letzter (!) fakeaccount, der ist noch nicht blockiert», vermeldet JSH. Besonders widerlich war auch der Versuch, Binswanger zu provozieren und ihr Aussagen zu entlocken, die man dann gegen sie verwenden könnte.

So berichtet JSH ihren «lieben Frauen» triumphierend: «MB hat wieder Zeugs getwittert, was ihr enorm schaden wird vor Gericht. Das ist super. Und sie überlegt wirklich zu wenig. … Statements entlocken können … Ihr seid super. Alles kommt gut.»

Ist das lustig: Binswanger als kleiner Don Quijote …

Fake-Accounts verwenden, um eine missliebige Person zu ihr schadenden Äusserungen zu provozieren, das gehört wohl zum Abscheulichsten, was man im Internet machen kann.

Das wäre ein klassischer Fall für «Netzcourage». Wenn nicht die Gründerin und Geschäftsführerin selbst diese Widerwärtigkeiten orchestrieren würde. Und ihr Vereinspräsident Hansi Voigt entblödete sich nicht, der Journalistin Binswanger genau diese Methode zu unterstellen. In seinem Fall aber als blosse Behauptung. So wie er jetzt behauptet, all diese dokumentierten Zitate könnten Fälschungen sein.

Was für ein Paar. Selten haben sich zwei dermassen desavouiert wie diese beiden  – nun ja, da leider immer noch Geld für eine Anwältin vorhanden ist, die zwar gegen alles klagt und meistens verliert, aber dabei für alle Beteiligten hohe Kosten verursacht, überlässt ZACKBUM es seinen Lesern, hier die geeigneten Qualifikationen einzusetzen. Denn uns fällt nichts ein, was nicht einwandfrei justiziabel wäre.

 

Stoppt Kummer!

Der Platz in der «Weltwoche» ist zu wertvoll dafür.

Immer, wenn der Autor Tom Kummer heisst, muss überblättert werden. Inzwischen fehlt sogar jeglicher Warnhinweis über seinen Storys, dass niemand garantieren kann, welcher Teil real, welcher erfunden und welcher schlichtweg geschwindelt ist.

Die aktuelle Ausgabe ist leider ein Negativ-Beispiel einer Negativ-Auswahl. Lobend muss allerdings vorangestellt werden, dass die WeWo und ihr Chefredaktor Roger Köppel die einzigen ZACKBUM bekannten Institutionen sind, die auch in den eigenen Spalten hemmungslose Kritik am Blatt und am Chefredaktor zulassen. Man stelle sich das einmal bei Tamedia, CH Media oder der NZZ vor, vom «Blick» ganz zu schweigen.

Aber nach dem Kompliment zur Dresche. Diesmal fängt es schon bei der Cover-Story an. Sahra Wagenknecht möchte «Frieden, Freiheit, Wohlstand für alle». Das ist wunderbar, Freude und Eierkuchen hat sie vergessen. Womit wir bereits bis Seite 14 überklettert hätten, ohne dass zuvor etwas aufgehalten hätte. Dann kann man «Meine Vision für Deutschland» überblättern, denn so schön (und bekannt) die auch sein mag: Wagenknecht wird nie die Chance bekommen, sie zu realisieren.

Dann weitere Seiten Erwartbares, daher Langweiliges, inklusive der unverwüstliche Václav Klaus, immer wieder gerne von Köppel angehimmelt, der sich in seinem Editorial an einem ganz Grossen versucht, nebenbei. Aber einen Überflieger über Friedrich Hegel zu machen, das ist nicht jedem gegeben. Immerhin, auf Seite 29 mokiert sich Kurt W. Zimmermann über das Phänomen, dass früher streng anti-amerikanische Linksjournalisten mit Vorliebe für China inzwischen zu Ami-Bewunderern und China-Kritikern denaturiert sind. Oder schlichtweg schon wieder zeigen, dass sie weder links noch rechts, sondern einfach haltlos opportunistisch sind.

Informationen über Mauersegler, mit Verlaub, gehen dem Leser genauso an einem gewissen Körperteil vorbei wie die unleserlichen Kolumnen von Anabel Schunke und Tamara Wern, die anscheinend Wernli heisst, aber beim schnellen Umblättern kann ich den Namen nie ganz lesen.

Ein Artikel über das Universalgenie Ziryab, immerhin, bereichernd. Wir sind bereits auf Seite 49, wo uns Michael Bahnerth mit der x-mal aufgewärmten Story über John Wayne angähnt. Dann darf Tom Kummer sogar zweimal, seine Reportage muss überblättert werden, aber seine Selbstbeweihräucherung im Feuilleton ist unerträglich. Denn die Edition Text + Kritik widmet sich dem literarischen Journalismus, und da kommt bedauerlicherweise auch Kummer vor.

Der kriegt sich kaum mehr ein und verwendet seine halbe Rezension darauf, den Leser mit seinem eigenen Werdegang zu langweilen. Völlig unerträglich wird es, wenn er schreibt, zum «literarischen Journalismus» gehörten auch seine «inszenierten Interviews». Mit seinen Fake-Interviews kippte er immerhin die Chefredaktion des Magazins der Süddeutschen aus dem Sattel, anschliessend wurde er zum Wiederholungstäter und wurde sogar von Köppel rausgeschmissen. Der muss aber ein erhöhtes Resozialisierungsbedürfnis haben, denn Kummer darf inzwischen wieder – bis zum nächsten Rausschmiss.

In diese Liga gehört auch das inzwischen regelmässig irrlichternde Pseudonym Pascal Morché, nebenbei. Was Häfligers Klatsch-Doppelseite, wo regelmässig Grinsbacken mit alkoholfreien oder alkoholhaltigen Getränken in die Kamera glotzen, in der WeWo zu suchen hat, erschliesst sich nicht, ebenso wenig bei den Kolumnen von David Schär oder Diana Schiftan. Da ZACKBUM kein Fan von Kreuzworträtseln ist, wär’s das schon.

Zeit zum Aufräumen, Frühjahrsputz, Kampf gegen die Langweile, Schubumkehr, wider das Erwartbare, das müsste doch, neben guter Laune, die neue Devise der guten, alten «Weltwoche» sein.

 

Linkes Fuck, gutes Fuck

N-Wort? Niemals. SVP und Fuck? Kein Problem.

Von Adrian Venetz
Die «Weltwoche» kann sich gewiss nicht rühmen, stets eine seriöse Berichterstattung zu beherzigen. Was sich das Blatt mitunter an Polemik erlaubt, ist oft an der Grenze des Zumutbaren. Und so galt es auch, einem jüngst publizierten Artikel von Christoph Mörgeli mit grosser Skepsis zu begegnen. Die Rede war da vom «Bounce Cypher 2023»: Unter dem Dach des Schweizer Fernsehens können Rapper (oder Rapper:innen, wie das SRF sie gendergerecht bezeichnet) zeigen, was sie drauf haben. Mörgeli verweist in seinem Artikel auf einen YouTube-Beitrag des SRF, in dem eine Rap-Gruppe folgende Punchline zum Besten gibt:
«Schtande für die Gegend wie e Barbara Gysi, Sanggalle zeig Haltig und fuck uf d Esther Friedli!»
Das kann unmöglich der Wahrheit entsprechen, denkt sich der kritische Leser. Doch bei genauerem Hinsehen und Hinhören bestätigt sich genau dies: Das Schweizer Fernsehen organisiert einen Anlass, an dem eine Ständeratskandidatin und amtierende Nationalrätin der SVP mit den Worten «Fuck uf d Esther Friedli» diffamiert wird.
Ist das ein Skandal? Nein, ist es nicht. Die grassierende Empörungskultur hat genügend Groupies, die jeden Mist aufgabeln. Man muss nicht jeden Schwachsinn zur Staatskrise erklären. Der Skandal erwächst erst aus dem Vergleich der Berichterstattung in Schweizer Medien zu ähnlich gelagerten Ereignissen. Wie beispielsweise der Fall des Zürcher Zunftballs: Rund um diese private und infantile Vorführung einiger Zünftler schrieben sich die Journalisten die Finger wund. Tänzelten gemeinsam mit Politikern auf Zehenspitzen um das «N-Wort» herum, empörten sich masslos über Themen wie Blackfacing und Rassismus. Und jeder, der wegen einer solchen Vorführung nicht stante pede auf den Barrikaden steht, ist natürlich ein Nazi. Doch wenn eine SVP-Nationalrätin, der – im Gegensatz zu Gestalten wie Glarner und Konsorten – nun wahrlich nicht vorgeworfen werden kann, dass sie regelmässig unter die Gürtelline schlägt, in einem SRF-Beitrag zum «Fuck»-Objekt degradiert wird, biegt sich im Schweizer Blätterwald kaum ein Ästchen. Das sagt so einiges aus über den Zustand und die Gesinnung in Schweizer Medienhäusern.

Wumms: Philipp Löpfe

Abgehalftert im Abklingbecken des Journalismus.

«Ob SVP oder Weltwoche, ob Republikaner oder Fox News: Sie alle stehen stramm hinter dem russischen Präsidenten und seinem absurden Krieg.»

Dass «watson» das Allerletzte ist, was sich Medienorgan nennt, muss nicht weiter ausgeführt werden. Die Weltmeister des Listicals, der Tierbilder, der schlüpfrigen bis pornografischen Liebesbeichten versuchen auch, ernsthaft Politik zu kommentieren.

Dafür zuständig ist in erster Linie Philipp Löpfe. Eigentlich könnte er (Jahrgang 1953) schon längst den unverdienten Ruhestand geniessen. Stattdessen verpestet er die Umwelt mit seinen Kommentaren. Für ihn besteht die Welt immer noch aus Gut und Böse, Schwarz und Weiss, Dafür oder Dagegen. Differenzierung ist nicht so seine Sache, der Holzhammer schon eher.

Also holzte er zu Beginn des Ukrainekriegs in einem Kommentar gegen seine Lieblingsfeinde. Dagegen wurde beim Presserat Beschwerde erhoben. Dieses Gremium arbeitet einäugig schon lange daran, sich selber abzuschaffen. Aber hier zeigte es tatsächlich mal einen Funken Intelligenz. Und hiess die Beschwerde immerhin «teilweise» gut. Denn auch in Kommentaren, was Löpfe offenbar neu ist, «sind jedoch die Fakten zu respektieren».

Noch irrer war dann die Verteidigungslinie des Chefredaktors von «watson». Maurice Thiriet zitierte diverse Einlassungen von Roger Köppel und anderen SVP-Exponenten, die die demagogischen Behauptungen von Löpfe stützen würden. Kleiner Schönheitsfehler: selbst wenn das so wäre; diese Aussagen erfolgten nach Publikation des Schmierenkommentars …

Noch erstaunlicher: gleichzeitig schmettert der Presserat eine Beschwerde gegen die «Weltwoche» ab. Gleich 300 Unterzeichner hatten sich darüber aufgeregt, dass die WeWo in einem Kommentar maliziös das Tragen einer schusssicheren Weste der SRF-Korrespondentin Luzia Tschirsky bekrittelt hatte. Sie stand zu Beginn des Ukrainekriegs an einer Ausfallstrasse, wo die grösste Gefahr offensichtlich vom Verkehr ausging.

Der «abschätziger Kommentar» stütze «sich auf eine ungenügende Grundlage oder gar auf eine blosse Vermutung», wurde gemeckert. Das sei aber in einem deutlich so gekennzeichneten Kommentar erlaubt, befand der Presserat. Aber natürlich kann er es nicht lassen, dem verhassten Organ noch eins ans Bein zu pinkeln: Er halte fest, «dass aus berufsethischer Sicht solche Kommentare über die gefährliche Arbeit von Medienschaffenden in Kriegs- und Konfliktgebieten zynisch und unangebracht sind».

Aus eigener Erfahrung kann ZACKBUM nur sagen: welch ein Unsinn. Im Einsatz machen sich alle über Möchtegern-Kriegsreporter lustig, die martialisch mit Helm und schusssicherer Weste rumlaufen und überall gross «Press» angeschrieben haben. Die könnten sich genauso ein Post-it an die Stirn kleben, auf dem steht: «Depp». Oder «Schiess auf mich».

Klappern gehört zum Handwerk. Unvergesslich die Szene, wie der mutige Reporter sich mit letzter Kraft gegen den Sturm stemmt und tapfer berichtet – während hinter ihm ein Mensch durchspaziert, der nichts gegen die Brise unternehmen muss.

Oder die tolle Szene im Hollywoodstreifen, wo der Journalist alle mit seiner Empathie beeindruckt, weil er während den Schilderungen der Interviewten ein Tränchen aus dem Augenwinkel wischt. Nur stellt sich dann heraus, dass das Interview mit nur einer Kamera gedreht wurde – er also sich und seine Fragen erst im Nachhinein hineinschnitt.

 

Ach, Aline Wanner

Die Dame verträgt keine Kritik.

Obwohl sie angeblich «Medienkritikerin» ist. Zumindest füllt sie im Turnus mit dem schreibenden Pensionär Felix E. Müller jede zweite Woche eine Kolumne in der «NZZamSonntag».

Das tut sie dermassen schwach, dass sie bereits einige Male hier kritisiert wurde. Leider mussten wir schon über sie schreiben: «Aline Wanner, diesen Namen trägt der Niedergang der Medienkritik in der NZZaS».

Natürlich haben wir das begründet, denn ZACKBUM teilt hart aus, aber niemals ohne Argumente. Das hat nun Wanner ganz schlecht vertragen.

Also keilte sie am 12. Februar zurück: «Ein Autor der «Weltwoche», der einen rüpelhaften und misogynen Medienblog betreibt, machte diese Woche einen klassischen Denkfehler.»

Unglaublich, als wollte sie die These vom Niedergang nochmals beweisen. Dabei wäre das gar nicht nötig, er findet sowieso und jedes Mal statt, wenn sie die Kolumne füllt.

Nun ist die NZZaS so vornehm, dass sie nur eine verstümmelte Version der Replik des angepinkelten René Zeyer abdruckte. Daher ist sie hier in aller Schönheit und Richtigkeit:

Schäbig

Aline Wanner behauptet, zackbum.ch sei ein «misogyner und rüpelhafter Medienblog». Dabei unterschlägt sie dem Leser einiges. Meinen Namen, den Namen des letzten kritischen Medienblogs zackbum.ch – und vor allem, dass sie selbst dort schon einige Male Thema war.

Wir kritisierten unter anderem, dass die Redaktionsleiterin von «NZZ Folio» an allem rummäkelt, selbst aber keine nennenswerten journalistischen Spuren hinterlassen hat.

Ich hätte «hämisch» die Frage gestellt, wie es um die Glaubwürdigkeit all der schweigsamen Mitarbeiter des «Magazins» stehe, die kein Wort zur Affäre um ihren Ex-Chefredaktor sagen. Das tat ich allerdings nicht auf zackbum.ch, sondern anständig in einem Artikel in der «Weltwoche».

In den Medienkolumnen von Wanner eine innere Logik entdecken zu wollen, das ist unmöglich. Sie bekommen schnell eine cellulitische Konsistenz, werden breiig. Nun verträgt sie offensichtlich solche Kritik nur schlecht und benützt eine an den Haaren herbeigezogene Gelegenheit, ihrem Kritiker Misogynie vorzuwerfen, obwohl er im von Wanner zitierten Artikel «Das Schweigen der Männer» gar nichts Frauenfeindliches oder Rüpelhaftes schreibt.

Auch hier unterläuft ihr ein peinlicher Denkfehler. Sie titelt «Journalisten haften nicht für ihren Chef» und unterstellt mir fälschlich, ich hätte das postuliert. Dabei habe ich kritisiert, dass sie zu feige sind, sich zum Verhalten ihres Chefs zu äussern. Aber Wanner und Logik …

Dass Journalisten nicht für ihren Chef haften, das werden Wanners Mitarbeiter aufatmend zur Kenntnis nehmen.

Wer Wanner kritisiert, muss unter krankhaftem Frauenhass leiden. Diese Unterstellung ist unanständig; ohne Beleg vorgetragen hinterlistig und zeugt von einem bescheidenen intellektuellen Niveau.

Auf solch billige und schäbige Art Rache nehmen wollen – ob sich das mit einer leitenden Funktion im Journalismus verträgt?

Wir würden Wanner gerne Gelegenheit geben, ihre Behauptung, zackbum.ch sei rüpelhaft und misogyn, zu untermauern. Wir laden sie ein, das unzensiert in einem Gastbeitrag zu tun. Wir befürchten allerdings, dass sie für einen offenen Schlagabtausch zu feige ist. Deswegen würden wir ihr aber niemals Misandrie vorwerfen …

René Zeyer

Die Verpeilten

Nix dabei? Das Berset-Walder-Päckli wird schöngeschrieben.

Es gibt etwas sehr Unangenehmes an Intellektuellen. Sie können eigentlich alles so oder so sehen. Besonders, wenn sie dann noch originell sein wollen, wird’s aschgrau. Hubert Mooser von der «Weltwoche» will ganz originell sein.

Also haut er mal einen raus, den man nur als Rohrkrepierer bezeichnen kann. Schon der Titel sagt alles: «Bersets Corona-Leaks: Wenn Journalisten Indiskretionen anprangern, sägen sie am Ast, auf dem sie selber sitzen».

Wenn Intellektuelle zu eiern beginnen, merkt man das zuerst am ungenauen Sprachgebrauch. Handelt es sich hier um «Corona-Leaks»? Werden hier «Indiskretionen» kritisiert? Mooser wird noch deutlicher: Der ehemaligen Kommunikationschef von Bundesrat Berset habe «nichts getan, was im Umfeld der Bundesräte nicht seit Jahren praktiziert wird. Aber an ihm soll jetzt ein Exempel statuiert werden, um alle anderen zu disziplinieren».

Mooser hat gleich noch einen schlechten Rat für seine Kollegen zur Hand: «Journalisten sollten sich deshalb nicht zu willfährigen Helfern der bundesbernischen Informations-Verhinderer degradieren lassen. Damit schaden sich nämlich die Medien nur selber.»

Mooser war bereits Diener vieler Herrn. Tagi, «Blick», «20 Minuten», RTL, «SonntagsZeitung», «Basler Zeitung». In all den Jahren ist er nie durch einen Primeur aufgefallen, durch die Veröffentlichung einer brandheissen Eigenrecherche. Will er also die Hoffnung darauf nicht aufgeben? Wenn’s so einfach wäre.

Niemand prangert hier «Indiskretionen» an. Noch viel weniger handelt es sich um «Corona-Leaks». Verpeilte Sprache, verpeiltes Denken. Hat Lauener wirklich nur das praktiziert, was alle schon seit Jahren tun?

Ist also das Departement Cassis in ständigem Kontakt mit NZZ-Chefredaktor Eric Gujer? Profitierte die «Weltwoche» von Indiskretionen aus dem Hause Maurer? Unterhielt Sommaruga einen pfleglichen Informationsaustausch mit Tamedia? Liessen sich diese Organe dann als Gegenleistung zu einer liebedienerischen Publizistik hinreissen?

Oder einfach: Hat Mooser Anlass und Stossrichtung der Kritik nicht verstanden – oder will er sie nicht verstehen? Wir hoffen für ihn – Letzteres.

Dass ein Politiker, ein Regierender dafür sorgt, dass ihm genehme, aber vertrauliche Informationen an die Medien durchsickern, ist tatsächlich nicht aussergewöhnlich. Allerdings stellt sich dabei immer die Frage der Strafbarkeit, denn für etwas gibt es scheint’s das Amtsgeheimnis.

Was Bersets Departement und Walder hier veranstaltet haben, spricht aber allen hehren Lobgesängen auf journalistische Unabhängigkeit, Kontrollfunktion, Vierte Gewalt und redaktioneller Unabhängigkeit Hohn.

Alle Medienclans haben ihre politischen Überzeugungen und Haltungen. Das gilt auch für die NZZ als clanunabhängiges Medium. Niemals käme es einem Redaktor – ausser er sei lebensmüde – in den Sinn, dagegen anschreiben zu wollen. So wird man in der «Weltwoche» niemals einen positiven Artikel über Widmer-Schlumpf lesen. Das sind die Kleiderordnungen, an die sich auch ein Mooser hält.

Dass aber ein CEO und Mitbesitzer eines Medienimperiums eine Stallorder herausgibt, wie über ein Thema und seinen Exponenten zu berichten sei, das ist aschgrau. Damit sägt Walder am journalistischen Ast, auf dem seine Redaktion sitzt. Eine solche Nähe zwischen einem mächtigen Medienmann und einem Politiker ist unappetitlich. Kritik an dem, was daraus entstanden ist, ist dringlichst geboten.

Mooser möchte vielleicht der Maxime seines Hauses frönen, im Zweifelsfall das Gegenteil zu schreiben, was der Mainstream schreibt. Das kann manchmal interessant, manchmal sogar richtig, manchmal zumindest amüsant-anregend sein. Oder schlichtweg bescheuert. So wie hier.

 

Wumms: Sylvie-Sophie Schindler

Autorin, Journalistin, Erzieherin und Philosophin. Etwas viel auf einmal.

Sprachkritik ist eine Disziplin, in der nur Könner mitspielen sollten. Kindererzieherin ist dafür nicht Qualifikation genug. Nein, das ist nicht frauenfeindlich, sondern realistisch. Und kann natürlich belegt werden.

Denn Schindler erregt sich in der «Weltwoche» darüber, dass «Klimaterroristen» zum «Unwort des Jahres» gewählt worden sei. Sie zieht gleich im Lead vom Leder:

«Greta Thunbergs Endzeit-Jünger begehen zig Straftaten. Trotzdem werden die Klima-Terroristen weiter verharmlost.»

Ob die Formulierung «Thunbergs Endzeit-Jünger» zutreffend oder intelligent sei, wollen wir dahingestellt lassen. Dann nimmt Schindler die schräge Analogie hervor, dass der Migranten-Mob an Sylvester von einigen Medien kleingeredet wurde. Um forsch zur Schlussfolgerung zu gelangen: «Auch Klimaterroristen rangieren wohl auf einer Niedlichkeitsstufe mit Kuscheltieren.»

Es ist immer berührend, wenn eine Autorin Vergleiche aus der eigenen Lebenswelt nimmt. Auch wenn die schräg und scheps sind. Dann macht sie noch eine zweite kühne Kurve. Demonstranten gegen Corona-Massnahmen seien damals in den «Kontext von Gewalt und Staatsfeindlichkeit» gesetzt worden. Dann setzt sie noch einen drauf: «NS-Kampfbegriffe wie «Sozialschädlinge» und «Volksfeinde» waren damals hoch im Kurs.» Wo solcher Unsinn ausserhalb von verbohrten Kreisen Ewiggestriger verwendet wurde?

Dass Klimaaktivisten idiotische Aktionen durchführen und sich mit Klebstoff zum Depp des Monats machen, ist unbestritten. Dass sie dabei auch Gesetze übertreten, geschenkt. Während aber die «WeWo»-Autorin Joyce Küng meint, dass das halt schon mal vorkommen könne, sieht das «WeWo»-Autorin Schindler ganz anders.

Natürlich seien das «Klimaterroristen», indem das zum Unwort des Jahres gekürt werde, würden sie «weiter verharmlost». Vielleicht sollte Schindler – pädagogisch wertvoller Tipp – sich zuerst mal schlau machen, was der Begriff «Terrorist» bedeutet. Terror ist die systematische Verbreitung von Angst und Schrecken, mittels krimineller Gewaltaktionen gegen Menschen oder Sachen.

Die Rote Armee Fraktion (RAF) war eine solche Terrortruppe, die meinte, durch Anschläge und gezielte Ermordungen gesellschaftliche Veränderungen herbeibomben und -schiessen zu können. Sie ist natürlich gescheitert. Damit Klebe- und andere -Idioten in einen Topf zu werfen, ist eine Sprachverluderung sondergleichen.

Es ist noch schlimmer. Es ist kriminell kontraproduktiv.

Wumms: Joyce Küng

Pseudo-Rassismus und nun Antidemokratin.

Wo ein Fettnäpfchen steht, da ist Küng nicht weit. Wir erinnern uns: «Heute habe ich zwei Strafanträge wegen rassistischer Diskriminierung verfasst verschickt. Es ging um die Unterstellung – trotz besseren Wissens –, Brasilianer hätten einen Hitlergruss an einer Demo gemacht.»

Wie genau sich Küng rassistisch diskriminiert fühlte, ist etwa so kompliziert wie eine Telenovela. Aber die Staatsanwaltschaft beendete die Schmierenkomödie rasch.

Nun hat Küng ein neues Fettnäpfchen gefunden, und dank «Weltwoche» kann man zuschauen, wie sie hineinhopst. Denn als Brasilianerin fühlt sie sich kompetent, über brasilianische Angelegenheiten zu urteilen.

Da haben ein paar hundert Krawallanten in der Hauptstadt Brasilia Regierungsgebäude gestürmt und randaliert. Dieser Anschlag auf die ohnehin wackelige Demokratie wird weltweit verurteilt. Küng sieht das etwas anders: «Heute ist es so, dass viele Menschen kein Verständnis für Lulas Rückkehr an die Macht haben. Dieser konnte sowieso nur antreten, weil seine Verurteilung 2021 über das oberste Gericht aufgehoben wurde.»

Die «Rückkehr an die Macht» kam durch eine Wahl zustande, aber das hält Küng nur für eine von verschiedenen Methoden, zu Ergebnissen zu kommen: «So bedauerlich die Ausschreitungen auch sind, Tatsache ist, dass dadurch die Regierung in der Vergangenheit oftmals zum Einlenken gezwungen wurde

Regierungsgebäude stürmen mag «bedauerlich» sein. Aber he, manchmal muss man halt rabiat werden, meint Antidemokratin Küng.

Vielleicht sollte die «Weltwoche» etwas mehr auf ihren Ruf achten und auf die Verbreitung von solchem Unsinn zukünftig verzichten.

 

Zweimal die Pest

Die «Weltwoche» ist das Gegenprogramm zum Medienmief. Mit zwei Ausnahmen.

ZACKBUM liefert die Packungsbeilage gleich am Anfang. René Zeyer publiziert ab und an in der «Weltwoche». Somit wäre er Partei, wenn das Magazin nicht das einzige Blatt im deutschen Sprachraum wäre, wo sich der Chefredaktor dortselbst kritisieren und beschimpfen lässt – wenn es gut geschrieben ist.

Da wir das schon mehrfach ausprobierten, klatschen wir den Vorwurf der Voreingenommenheit locker weg und wiederholen: ohne die WeWo wäre die Schweizer Medienszene deutlich ärmer. Und das will angesichts ihres ärmlichen Erscheinungsbildes etwas heissen.

Aber was gut ist, kann immer noch besser werden. Im Fall der WeWo ist der Weg der Besserung leicht einzuschlagen. Es braucht kein Redesign, es braucht keine Blutzufuhr, selbst der Copy/paste-Journalist Urs Gehriger, das einzige männliche Trump-Groupie, darf seinen Platz behalten. Nur wäre der Frauenquote und dem Ansehen von weiblichem Journalismus geholfen, wenn die Quotenfrauen Anabel Schunke und Tamara Wernli ihr Geholpertes woanders absondern würden. Ach, und Dania, die Fragen über Sex beantwortet, die man nie stellen wollte, könnte sich ihnen anschliessen.

Genderkorrekt sollten zwei männliche Mitarbeiter so schnell wie möglich von der Payroll gestrichen werden. Wieso Tom Kummer einer von ihnen sein muss, braucht wohl keine grossen Begründungen. Der «literarische Korrespondent der Weltwoche» hat alles ruiniert, was es an Ruf, Seriosität und der Eigenschaft, ernst genommen zu werden, im Journalismus gibt. Selbst mit dieser Oberzeile ist es nicht lustig oder lesenswert, was er schreibt:

In der WeWo soll sich der Leser nicht fragen müssen, was Fakt und Fiction ist, was wahr oder gelogen, was erlebt oder erfunden. Abgesehen davon, dass der nächste Skandal, wie es ihn auch schon mehrfach in der WeWo gab, um die Ecke lauert. Wozu ihn abwarten?

Die zweite störende Fehlbesetzung ist Matthias Matussek. Glauben ist Privatsache, und dass der ehemalige «Spiegel»-Mann sein religiöses Erweckungserlebnis hatte, das ihn in die Arme des Katholizismus trieb, sei ihm unbenommen. Aber muss das sein:

Leider neigt der Besitzer, Verleger, Herausgeber und Chefredaktor Roger Köppel mit zunehmendem Alter zu religiösen Himmelsreisen, was dem Blatt auch nicht guttut.

Aber heutzutage eine solche Lobhudelei auf den wohl schrecklichsten Papst seit den Zeiten der Medici, das ist schon ein ganz schwaches Stück:

Dass er von anderen Pfaffen als «Mozart der Theologie» gelobhudelt wird, unbenommen. Die katholische Kirche, die älteste Verbrecherorganisation der Welt, hat sich noch nie durch grosse Realitätsnähe ausgezeichnet.

Aber Lobhudelei auf Benedikt XVI., der Homosexuelle unbarmherzig brandmarkte, tausendfachen Missbrauch, Pädophilie und alles Gotteslästerliche ignorierte oder schönschwätzte, Geburtenkontrolle, Abtreibung, Zölibat, Islam, Verteidigung der Pius-Brüderschaft mit dem Holocaust-Leugner Richard Williamson – und schliesslich sein Rücktritt vom Amt, was für die katholische Kirche unerhört war, all das überschattet sehr dunkel die weisse Robe, die er sich anmassend weiter überstreifte, obwohl sie eigentlich dem amtierenden Papst vorbehalten ist.

Hitlerjunge, Angehöriger der Wehrmacht, Falschaussagen im Zusammenhang mit dem deutschen Missbrauchsskandal, strikter Gegner der Befreiungstheologie, mittelalterliche Vorstellungen über die Rolle der katholischen Kirche in der Gesellschaft, entschiedener Gegner der Schwangerschaftsberatung, Rückbesinnung auf die Kirchentradition von 1054, die Christianisierung der Ureinwohner Lateinamerikas sei von denen «unbewusst herbeigesehnt worden», die angebliche Einzigartigkeit der römisch-katholischen Kirche – wäre dieser Papst nicht Papst gewesen, hätte man sich über solch weltabgewandten Unsinn höchsten lustig machen können.

Man kann – de mortuis nihil nisi bene – ihn auch in den Himmel jubeln, aber wer wie Matussek keine Peinlichkeitsschwelle kennt, müsste vor sich selbst beschützt werden:

«Ich habe ihn auf einer seiner letzten grossen Reisen zum Weltjugendtag im August 2011 in Madrid kennenlernen dürfen, ich durfte mich kurz neben ihn setzen. Er fragte: «Na, Herr Matussek, wie geht es Ihnen denn beim Spiegel ?» Und lächelte. Um nicht zu sagen: grinste.
«Mal so, mal so, Heiliger Vater», sagte ich, perplex darüber, wie gut er im Bilde war, und lachte zurück, «im Moment eher so.» Ich hatte erlebt, wie er vor mir mit anderen gesprochen hatte, lächelnd, tröstend, wie er im Zwiegespräch diese Frau aufgerichtet hatte, die auf tragische Weise Familienmitglieder verloren hatte.
Wir übersetzten dann gemeinsam das Augustinus-Wort, das ich ihm als Widmung in mein Buch «Das katholische Abenteuer» geschrieben hatte: «Incipit exire, qui incipit amare» – Wer beginnt loszulassen, beginnt zu lieben? Loslassen, oder doch vielleicht wörtlich: hinausgehen? Hat er da bereits an den Ausgang, den Weggang gedacht, an eine Zeit, in der er sich ganz seiner Liebe zu Gott und seinen Studien widmen kann

Darf man so etwas – ausserhalb einer katholischen Erbauungsschrift – wirklich noch veröffentlichen? Kann man so ungehemmt jubilieren, wenn man auch nur einen Band von Karlheinz Deschners «Kriminalgeschichte des Christentums» gelesen hat?

Papstmodeschau in Fellinis «Roma».

Kann man so viel Licht leuchten lassen, nonchalant von «Pannen» schwafeln, wo dieses Pontifikat doch eine einzige Ansammlung von Pleiten, Pech und Pannen war?

Darüber kann man sicherlich diskutieren, aber so etwas im angeblich gut gelaunten Blatt für Erkenntnisse veröffentlichen, sozusagen die Gegenaufklärung in eine Bastion der Aufklärung einladen, das geht einfach nicht.

Matussek kann doch froh sein, dass uns heutzutage nicht mehr die Möglichkeiten und Methoden der Heiligen Inquisition zur Verfügung stehen. Ihm soll nichts geschehen, keine Streckbank, kein glühendes Blei ins Maul, keine Quälereien, um seine unsterbliche Seele zu retten. Ein simples Schreibverbot in der WeWo wäre völlig ausreichend.