Trauerspiel «Nebelspalter»

Schlimmer geht immer.

Könnte es sein, dass Markus Somm der Welt zeigen will, wie man ein journalistisches Unternehmen mit Anlauf gegen die Wand fährt? Mit der Methode: rums. Rückwärtsgang, Vorwärtsgang, Vollgas, rums. Rückwärtsgang, Vorwärtsgang, Vollgas, rums …

Es gibt zwar, wie für den Schuldigen an der Explosion bei einem Spital im Gazastreifen, noch keine unbezweifelbaren Beweise dafür. Aber auch hier gibt es eine Indizienkette, wobei allerdings gilt: im Zweifel für den Angeschuldigten. Oder vielleicht doch nicht.

Die Kettenglieder:

  1. Für ein liberal-konservatives Polit-Medium den Namen «Nebelspalter» zu kaufen, ist gaga.
  2. Die Print-Ausgabe weiter wie bisher laufen zu lassen, aber einen davon völlig verschiedenen Internet-Auftritt zu basteln, ist gaga.
  3. Eine harte Bezahlschranke von Anfang an ohne Teaser oder Versucherli zu errichten, ist gaga.
  4. Die Werbekampagne war gaga.
  5. Auf ein schweineteures CMS als Insellösung einer Kleinfirma zu setzen, war gaga.
  6. Den Hersteller gleich auch noch zum Geschäftsführer und Inserateverwalter zu machen, war gaga.
  7. Ohne Knaller zu starten und dann unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu laufen, war gaga.
  8. Teure Formate zu produzieren, herrschaftliche Büroräume anzumieten, jede Menge Mitarbeiter einzustellen, war gaga.
  9. Eine «Assistentin der Chefredaktion» zu beschäftigen und als solche auszuweisen, war gaga.
  10. Die Stelle nach x-Wechseln zu streichen – ist nicht gaga.
  11. Nach dem ersten Fehlstart das erste Redesign zu machen, war gaga.
  12. Keine Zahlen bekannt zu geben und erst nach der Enthüllung von ZACKBUM, dass es trübselige 4000 Abonnenten gibt, das zuzugeben, war gaga.
  13. Sich viel zu spät vom CMS-Bastler, Geschäftsführer und erfolglosen Inseratekeiler zu verabschieden, war gaga.
  14. Nochmals viel Geld für ein neues CMS auszugeben, einen anderweitig engagierten Geschäftsführer einzustellen, war gaga.
  15. Brutal die Workforce runterzuholzen, nachdem sie zuerst gewaltig aufgebläht wurde, war gaga.
  16. Die chaotischen Redaktionsabläufe sind gaga.
  17. Den Chefredaktor Print brutal zu feuern, war gaga.
  18. Zu verkünden, Print nun an online heranzuführen; Relaunch, und dann ein oberpeinliches erstes Heft vorlegen, ist gaga.
  19. Den gefühlt x-ten Relaunch der Webseite durchführen, der die wenigen Leser nicht wirklich überzeugt, ist gaga.
  20. Die harte und eloquent verteidigte absolute Bezahlschranke zuerst aufweichen, dann immer mehr aufweichen und schliesslich ganz wegfallen zu lassen, ist gaga.
  21. Es mit Inseraten zu versuchen, die sich Nicht-Abonnenten vor der Lektüre anschauen müssen, ist gaga.
  22. Kaum solche Inserate haben, ist gaga.
  23. Eines der wenigen Inserate überall aufpoppen lassen, ist gaga.
  24. Eine simple Scroll-Lösung mit zwei Spalten als neues Design zu wählen, ist gaga.
  25. Einen Relaunch ohne Knaller-Artikel zu machen, ist gaga.
  26. Die wenigen Redaktoren am Laufmeter schreiben zu lassen, ist gaga.
  27. Das Geld der Investoren zu verbrennen, indem man am lebenden Objekt ständig herumoperiert, ist gaga.
  28. Primitive Darstellungprobleme wie Worttrennungen nicht im Griff haben, ist gaga.
  29. «Somms Memo» und andere Zweitverwertungen mangels genügend Content anzubieten, ist gaga.
  30. In einem prominent platzierten Artikel um das Problem herumschreiben, dass die israelische Siedlungspolitik von der UNO als klarer Verstoss gegen Völkerrecht verurteilt wird, ist gaga.

Aber vielleicht hat Somm einen Geheimplan. Er möchte den «Nebelspalter» zu einer Art «Titanic» machen. Aber statt Satire und Karikaturen über die Welt, soll der Gaga-Sinn darin bestehen, selbst die Satire und die Karikatur zu sein. Das wäre kühn, aber wie die Titanic zum Untergang verurteilt.

7 Kommentare
  1. Alois Fischer
    Alois Fischer sagte:

    Schwer enttäuscht von den Nebelspaltern habe ich gestern mein Abo gekündigt. Nicht aus Protest, denn das wird höchstwahrscheinlich frischfröhlich schöngedacht und weggedrückt.
    Mit soviel Leerlauf, Menschenunkenntnis und Führungsschwäche habe ich diese Satire eines Qualitäsmediums nicht erwartet. Wenn Pseudoväter ihre Pseudokinder in zu jungem Journalistennachwuchs entdecken, fördern und zum Erfolg führen wollen, ist einfach etwas babei, dass gewaltig «scherbelt». Sei es die Überschätzung des Nachwuchses oder die Kritikfähigkeit der Leser gering zu schätzen oder überhaupt keine Ahnung von kundenorientierter Medienarbeit und der Kontrolle der entsprechenden Qualität zu haben – und nicht bloss zdas Gegenteil zu behaupten.
    Schlimm wird es erst dann, wenn die notwendigen Klicks den Nebelspalterinnen nicht in den ach so unschuldigen Schoss fallen und (noch schlimmer), wenn für das Image das Gegenteil des ach so Gewünschten herausrauskommt.
    Zensur mit gutmeinender Nettikette oder vielleicht noch schwurbliger bezeichneten gutmenschlichen Absichten.
    Statt über die Hitze zu jammern, sollten solche Redaktoren die zu heisse Küche einfach verlassen und sich auch weiterhin schlechte Kritik gefallen lassen (müssen).
    Nichts da! Wenn es Ihnen nicht gefällt brauchen Sie es ja nicht zu lesen, noch schlimmer: nicht zu hören, sie werden ja nicht gezwungen und so weiter und so fort.
    Richtig, aber berzahlen und loben und empfehlen soll man gefälligst, solange es dem Koch gut schmeckt.
    Nein, das brauche ich nicht, will ich nicht und unterstütze ich nicht mehr.
    Ich hoffe, einige der nicht ganz so eingebildeten Journalisten der jetzigen Weltwoche bald wieder irgendwo anzutreffen und zu geniessen. Der Rest ist Schweigen, Herr Somm.

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  2. C. Wallens
    C. Wallens sagte:

    Somm ist weder Journalist noch Unternehmer, sondern ein transatlantischer Ideologe, der in irgendeinem «Think Tank» des militärisch-industriellen Komplexes wohl besser aufgehoben wäre als in der Medienbranche. Vielleicht hat ja Frau Strack-Zimmermann noch ein Pöstchen frei.

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  3. Ludwig Detusch
    Ludwig Detusch sagte:

    Zu jedem der 30 Punkte kann ich nur tourettemässig nicken. Dieses in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommene (hier Trauerspiel genannte) Lehrstück der Inkompetenz liesse sich also in drei Worten zusammenfassen, denn gaga hat auch einen Namen. Wer trotz allem noch auf Heilung hofft, der möge jetzt beim «Nebelspalter» einsteigen und die nutzlose Selbsttherapie weiterfinanzieren.

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  4. Indermühle Martin
    Indermühle Martin sagte:

    Die Kritik klingt hart, aber Zeyer legt schonungslos offen, wie der Nebelspalter an die Wand gefahren wird. Immerhin ist Somm klar geworden, dass die Insellösung und der Geschäftsführer dieser bastelnden Kleinfirma nichts taugen.

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  5. Jürg Streuli
    Jürg Streuli sagte:

    Die sehr harte Kritik an Markus Somm klingt etwas nach persönlicher Abrechnung. Tatsächlich ist „Bern einfach“ eine spannende Sendung. Auch interessant sind manche Gespräche die Dominic Feusi mit Politikern führt. Ob man darüber hinaus noch mehr konsumieren und dafür auch bezahlen möchte, muss jeder selber entscheiden. Bei aller Anerkennung wäre eine stabile Alternative zum manchmal etwas zu egozentrischen und damit auch nervenden Roger Köppel durchaus zu begrüssen.

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    • Peter Bitterli
      Peter Bitterli sagte:

      Das grösste Problem von Köppel ist noch nicht einmal die Egozentrik. Das ganz Schlimme ist die vollkommen fehlende historische, literarische, religiöse, philosophische, kulturelle Bildung, gemeinhin „Allgemeinbildung“ genannt.

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    • Alois Fischer
      Alois Fischer sagte:

      «Bern einfach» ist keine «spannende Sendung», aber sie kann es sein. Aber ganz sicher nicht, wenn wir die sogenannten hochgelobten «Nebelspalterinnen» erdulden müssen. Nein, die bleiben nicht bei dem gleichnamigen Podcast, den ausser Herr Hörler und ein paar undenkfähige Liebediener, wohl keiner gut findet, der nur halbwegs Bescheid weiss, was hier wirklich abgeht.
      Waseliwas? Zwei junge Möchtegerngretas der angeblich rechten konservativen Denkweise, zwei Influenzerinnen der salzlosen Schwurblerei präsentieren nicht nur eine Verhunzung eines zeitgeistigvcerdorbenen Zürcher- und Bernerdialektes. Aber auch an der Mindesteignung oder gar einer erlernten Sprecherausbildung mangelt es den beiden möchtegernprominenten Tüpfis.
      Ja, eine echte Qual für die Gehör- und Genussfunktion eines anspruchsvollen Gehörorgans, das noch nicht durch eine missratene Hochschulausbildung geschwächt oder gar geschädigt ist.
      Wohlstandsverwahrlosung gilt als Höhepunkt einer rhetorischen Fähigkeit. Ich, ich ich oder wir fordern …, wir verlangen … und und und!
      Und das soll es sein, das die Probleme einer angeblichen Zeitenwende samt menschengemachten Klimaattacke beschreibt, alalysiert, einordnet und mit einem glasklaren Konzept löst? Denkste! Geschwurbel und Niedergang unserer Industrie, Demokratie und Neutralität ist vorprogrammiert – und diese Schwachdenker und -denkerinnen sind weder spannend, noch zielführend, Herr Hörler.
      Wer das ist? Ein Mitglied einer Fangruppe imd Dienste der einsamen «Nebelspalterinnen» auf der Jagd nach geldbringenden Klicks. So what?

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