Trauerspiel «Nebelspalter»
Schlimmer geht immer.
Könnte es sein, dass Markus Somm der Welt zeigen will, wie man ein journalistisches Unternehmen mit Anlauf gegen die Wand fährt? Mit der Methode: rums. Rückwärtsgang, Vorwärtsgang, Vollgas, rums. Rückwärtsgang, Vorwärtsgang, Vollgas, rums …
Es gibt zwar, wie für den Schuldigen an der Explosion bei einem Spital im Gazastreifen, noch keine unbezweifelbaren Beweise dafür. Aber auch hier gibt es eine Indizienkette, wobei allerdings gilt: im Zweifel für den Angeschuldigten. Oder vielleicht doch nicht.
Die Kettenglieder:
- Für ein liberal-konservatives Polit-Medium den Namen «Nebelspalter» zu kaufen, ist gaga.
- Die Print-Ausgabe weiter wie bisher laufen zu lassen, aber einen davon völlig verschiedenen Internet-Auftritt zu basteln, ist gaga.
- Eine harte Bezahlschranke von Anfang an ohne Teaser oder Versucherli zu errichten, ist gaga.
- Die Werbekampagne war gaga.
- Auf ein schweineteures CMS als Insellösung einer Kleinfirma zu setzen, war gaga.
- Den Hersteller gleich auch noch zum Geschäftsführer und Inserateverwalter zu machen, war gaga.
- Ohne Knaller zu starten und dann unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu laufen, war gaga.
- Teure Formate zu produzieren, herrschaftliche Büroräume anzumieten, jede Menge Mitarbeiter einzustellen, war gaga.
- Eine «Assistentin der Chefredaktion» zu beschäftigen und als solche auszuweisen, war gaga.
- Die Stelle nach x-Wechseln zu streichen – ist nicht gaga.
- Nach dem ersten Fehlstart das erste Redesign zu machen, war gaga.
- Keine Zahlen bekannt zu geben und erst nach der Enthüllung von ZACKBUM, dass es trübselige 4000 Abonnenten gibt, das zuzugeben, war gaga.
- Sich viel zu spät vom CMS-Bastler, Geschäftsführer und erfolglosen Inseratekeiler zu verabschieden, war gaga.
- Nochmals viel Geld für ein neues CMS auszugeben, einen anderweitig engagierten Geschäftsführer einzustellen, war gaga.
- Brutal die Workforce runterzuholzen, nachdem sie zuerst gewaltig aufgebläht wurde, war gaga.
- Die chaotischen Redaktionsabläufe sind gaga.
- Den Chefredaktor Print brutal zu feuern, war gaga.
- Zu verkünden, Print nun an online heranzuführen; Relaunch, und dann ein oberpeinliches erstes Heft vorlegen, ist gaga.
- Den gefühlt x-ten Relaunch der Webseite durchführen, der die wenigen Leser nicht wirklich überzeugt, ist gaga.
- Die harte und eloquent verteidigte absolute Bezahlschranke zuerst aufweichen, dann immer mehr aufweichen und schliesslich ganz wegfallen zu lassen, ist gaga.
- Es mit Inseraten zu versuchen, die sich Nicht-Abonnenten vor der Lektüre anschauen müssen, ist gaga.
- Kaum solche Inserate haben, ist gaga.
- Eines der wenigen Inserate überall aufpoppen lassen, ist gaga.
- Eine simple Scroll-Lösung mit zwei Spalten als neues Design zu wählen, ist gaga.
- Einen Relaunch ohne Knaller-Artikel zu machen, ist gaga.
- Die wenigen Redaktoren am Laufmeter schreiben zu lassen, ist gaga.
- Das Geld der Investoren zu verbrennen, indem man am lebenden Objekt ständig herumoperiert, ist gaga.
- Primitive Darstellungprobleme wie Worttrennungen nicht im Griff haben, ist gaga.
- «Somms Memo» und andere Zweitverwertungen mangels genügend Content anzubieten, ist gaga.
- In einem prominent platzierten Artikel um das Problem herumschreiben, dass die israelische Siedlungspolitik von der UNO als klarer Verstoss gegen Völkerrecht verurteilt wird, ist gaga.
Aber vielleicht hat Somm einen Geheimplan. Er möchte den «Nebelspalter» zu einer Art «Titanic» machen. Aber statt Satire und Karikaturen über die Welt, soll der Gaga-Sinn darin bestehen, selbst die Satire und die Karikatur zu sein. Das wäre kühn, aber wie die Titanic zum Untergang verurteilt.