Witzblatt «Edito»
29 Seiten ungewollte Bespassung garantiert.
Zu den wenigen Lichtblicken eines gewerkschaftlich organisierten Journalisten gehört die Lektüre des «Schweizer Medienmagazins». 4 mal jährlich und in zwei Sprachen unterhält uns die Zeitschrift mit vielen lustigen Beiträgen. Damit kommt sie immerhin auf eine «Gesamtauflage» von 6825 Exemplaren.
Ihr freiwilliger Beitrag für ZACKBUM
Unterhalb des «Editorial» nehmen wir aufatmend zur Kenntnis, dass auf den «jüngsten Aufruf» mal wieder 6000 Franken gespendet wurden. Zeigt allerdings, dass Journis extrem geizig sind, seit sie solche Sachen nicht mehr auf Spesen nehmen können. Zuvor entlässt uns Redaktorin Bettina Büsser mit frommen Wünschen ins Blatt: «Gute Lektüre – und hoffen auf Frieden».
Im Dunkeln ist gut munkeln …
Nun, friedlich wird’s hier nicht. Denn Büsser meldet sich mit einem Beitrag über die Online-Plattform «sheknows» zu Wort. Die will «Expertinnen sichtbarer machen». Denn Experten sind bekanntlich männlich, schmerzlich fehlt die weibliche Sicht. Allerdings: «Wie oft die Datenbank für Anfragen genutzt wird, wird noch nicht erhoben.» Das ist insbesondere deswegen bedauerlich, weil sie doch gerade für 25’000 Franken überarbeitet wurde. Aber wahrscheinlich wird Google Analytics boykottiert – zu maskulin.
Wo es lächerlich wird, ist Kovic nicht weit
Beinahe unvermeidlich darf unser Liebling Marko Kovic dann in einem «Essay» alle unsere Vorurteile ein weiteres Mal bestätigen. Eigentlich sollte man die Verwendung des Worts Essay im Zusammenhang mit ihm verbieten. Er wärmt die uralte Kamelle auf, dass es «heute mehr denn je kritischen, den demokratischen Werten verpflichteten Journalismus» brauche.
Zeitenwende mit Trump, kein Klischee ist dem Soziologen zu abgegriffen, um es nicht in seinem Narrativ zu rezyklieren. Trump habe ein «postfaktisches Zeitalter» markiert. Die «Verkündung dieser Krise» sei «von einem besorgniserregenden Rückgang demokratischer Institutionen in zahlreichen westlichen Ländern begleitet» worden. Dem Flachdenker wird nicht bewusst, dass eine solche belegfreie Behauptung selbst ziemlich postfaktisch ist.
Aber er legt noch einen drauf:
«Demokratie war und ist unter Beschuss. Es geht um die Wurst.»
Während alles ein Ende hat, hat die bekanntlich zwei. Aber von der Wurst springt Kovic zur Banalerklärung, was Journalismus sei und solle. Natürlich ist «kritischer Journalismus das Lebenselixier einer funktionieren Demokratie». Sieht schliesslich die «Republik» genauso. Nur: was ist das schon wieder?
Statt Erklärung kommt eher ansatzlos eine Philippika gegen «neutrale, ausgewogene» oder gar «objektive» Berichterstattung. «Neutral» bedeute nämlich, «dass gesellschaftliche Missstände nicht aufgedeckt» würden. Denn neutraler Journalismus sei gar nicht neutral, «sondern zugunsten bestehender Machtverhältnisse verzerrt».
Dann pumpt sich Kovic noch mit der Erwähnung von Noam Chomsky auf, um dann doch wieder in Banalitäten zu verfallen: «Wenn Journalismus immer nur die Ansichten der Mächtigen reproduziert, kann es keinen gesellschaftlichen Fortschritt geben.» Dann fällt ihm wohl selbst auf, dass er bislang nur für einige ungläubige Lacher über so viel Phrasendrescherei gesorgt hat, also versucht er es zum Schluss mit einem Aufschwung ins Pathos:
«Demokratie stirbt im Dunkeln. Die einzige Kerze, die uns durch die Dunkelheit führt, ist dezidiert kritischer, demokratischen Werten verpflichteter Journalismus.» Leider ist nun Kovic nicht die hellste Kerze auf dieser Torte. Sonst wüsste er, so als Soziologe, dass es zu den banalen Voraussetzungen einer ernsthaften wissenschaftlichen Auseinandersetzung gehört, die Begrifflichkeit zu klären. Also was ist denn das, der kritische und demokratischen Werten verpflichtete Journalismus? Das würden wir gerne wissen, statt gähnend zu lachen.
«Edito» als früh gezündete «Petarde»?
Vielleicht ist es ja so, dass «Edito» die Lücke füllen will, die durch den verzögerten Start der «Petarde» entstanden ist. Auch so ein Alternativprojekt aus Ärger darüber, dass der «Nebelspalter» den Besitzer gewechselt hat. 163’000 Franken durch Crowdfunding kassiert für eine neue und alternative Satire-Plattform. Grossmäulig den Start im ersten Quartal 2022 angekündigt, nun ist’s das «Ziel, im Frühsommer zu starten». Und was ist so das inhaltliche Konzept? Easy, no Stress, «rassistisch motivierte Beiträge publizieren wir zum Beispiel sicher nicht». Gut zu wissen; vielleicht liegt es daran, dass die Webseite noch leer ist.
Wissen die Macher eigentlich, was eine Petarde ist?
Als man sich schon erschöpft zurücklehnen und die Lachmuskeln massieren will, schaut einen auf der letzten Seite 31 ein etwas verwirrt-grimmig blickender Mann mit Hahnenkammfrisur an. Insider ahnen: auch Hansi Voigt bleibt einem nicht erspart. Der spart aber jeden Hinweis auf seine aktuelle Tätigkeit, denn er war «unter anderem» Chefredaktor bei «20 Minuten» und Gründer von «watson». Beides ist er nicht mehr, weil er jeweils gefeuert wurde.
Das passiert ihm zurzeit bei «bajour» nicht, denn dort wird er von einer reichen Pharma-Erbin ausgehalten. Hier macht er sich Gedanken, wie es nach der Ablehnung des von ihm herbeigesehnten Mediengesetzes weitergehen soll. Kühne Theorie: «Die Leute kaufen keine WoZ-Inhalte, sondern sie zahlen, dass es diese Inhalte überhaupt gibt.» Dieser Ansatz werde auch von «Republik, Bajour, Tsüri.ch, das Lamm usw. verfolgt» Hä?
Sagen wir so: die Leute zahlen etwas für die WoZ, weil die immer wieder brauchbare Inhalte liefert. Was man bei den anderen von ihm aufgezählten Organen eher weniger behaupten kann. Deshalb müssen die meisten von Big Spender, von Mäzenen, von Millionären unterstützt werden. Das ist hingegen gut, weil es gute Organe sind.
Bajour: Wer will denn für sowas zahlen?
Böse ist das hier: «In St. Gallen warten der Rechtsaussen-Referendumsergreifer Peter Weigert und seine finanziell potenten Kollegen gemäss eigenen Aussagen nur darauf, dass Peter Wanner die Waffen streckt.» Hä?
«Und wer weiss, wie Christoph Blochers BaZ-Leute in kurzer Zeit zum festen Tamedia-Inventar geworden sind, dem kann angst und bange werden.» Hä? Nein, Angst bekommt man, wenn man versucht, diesem gedanklichen Slalom nachzufahren, ohne dass es einen aus der Piste trägt. Aber im humoristischen Gesamtbild von «Edito» fehlte noch der Dadaismus.
«Demokratie stirbt im Dunkeln» (Democracy Dies in Darkness) ist der offizielle Slogan der Washington Post seit 2017. Hat da der Kovic dreist einen Werbespruch geklaut? Man weiss es nicht – aber wenn man Toyota glaubt: nichts ist unmöglich.
Erstaunt Sie das wirklich? Sich mit fremden Federn zu schmücken, gehört zum Standardrepertoire der Spezies Gattung Blender.
Tiefpunkt des Journalismus im Schweizer Medienmagazin, Marko Kovic, der geniale Eigenvermarkter und Permanentschwafflersoziologe darf mit seinen abgedroschenen Modulsätzen die Spalten füllen. Wie in anderen Blättern, Edito am Ende des Lateins? Liefern die Gewerkschafter nicht mehr genügend Stoff?
Witziger als Kovic ist im Edito der unverwüstliche TAmedia Mahnfinger- und Betroffenheitsexperte Philipp Loser, er meint ernsthaft:
«…Journalismus und die von ihm vermittelten Wahrheiten (egal, wie subjektiv sie auch gefärbt sein mochten) ein existenzieller Bestandteil der öffentlichen Debatte sind».
Hat er verstanden was er geschrieben hat? Erstens, Journalisten meiden meistens die öffentliche Debatte (bei der Debatte um Medienförderung haben sie sich in der Mehrheit bis zur Peinlichkeit weggeduckt wahrscheinlich auf Befehl der Verleger), sie schreiben aus dem Elfenbeinturm, wenn sie Debatte wagen dann vor allem in ihrer Blase. Andere werden ausgeschlossen, zb. Coronamassnahmen-Kritiker.
Zweitens, gerade bei TAmedia ist die Debatte in den Kommentaren beschränkt, eine Zensurbehörde überwacht, Debatte wäre zu grenzwärtigen Kommentaren Stellung zu nehmen.
Drittens, nehmen JournalistenInnen Stellung wenn ihre Artikel fehlerhaft sind, nicht den Tatsachen entsprechen? Auch das wäre Debatte, wird aber vermieden. Die kleinen und versteckten Berichtigungen sind nicht Debatte.
Loser will öffentliche Debatte, er meint damit eher Bestätigung seiner dem linken Mainstream geschuldeten Perspektive.