«Zensur ist verboten»
Steht so in der Bundesverfassung. Sieht BR Amherd anders.
Russland, der Zensurstaat, verbietet ausländische Berichterstattung und verbannt sogar die sozialen Medien aus seinem Internet. So grausam geht es in Putins Reich zu. Die armen Russen, einseitig informiert, verführt, kennen nicht die Segnungen des freien Westens. Wo sich jeder überall informieren darf.
Nun ja.
In der EU wurden die beiden russischen Medien «Russia Today» (RT) und «Sputnik» – verboten. Sie betrieben eine «systematische Manipulation von Informationen» und stellten sogar eine Bedrohung für die innere Sicherheit dar, behauptet die EU-Kommission. Davor muss sie nun die armen EU-Bürger schützen, diese Trottel, die sich sonst von der russischen Propaganda einlullen lassen würden.
In der Schweiz ist das etwas schwieriger, denn es gibt eben diese Bundesverfassung und darin diesen Artikel, der Zensur verbietet. Blöd aber auch. Dabei beteiligt sich die Schweiz doch sonst an allen EU-Sanktionen und friert Russengelder en masse ein. Auch hier ist die EU vorbildlich: RT-Chefredakteurin Margarita Simonjan beteilige sich nach Brüsseler Angaben an einem «Desinformationskrieg» und darf nicht mehr in die EU einreisen, zudem wurde ihr Vermögen in der Union eingefroren.
So macht man das in lupenreinen, freiheitlichen Demokratien. Da kann die Schweiz doch nicht abseits stehen, oder? Swisscom, Sunrise und Salt haben die beiden Sender bereits aus ihren Programmen genommen. Wieso, aufgrund welcher gesetzlicher Grundlage? Ach, nö, einfach so.
Wehrhafte Verteidigungsministerin
Aber man kann diese Propagandaschleudern dennoch weiter in der Schweiz empfangen. Diese Willi Wühlers, entsprungen aus den Fantasien des Zivilverteidigungsbüchleins aus dem Kalten Krieg.
Bundesrat Guy Parmelin lehne ein Verbot der Staatssender ab, berichtet Tamedia. Das sei unverhältnismässig und ein Eingriff in die Medienlandschaft und die Meinungsäusserungsfreiheit. Typisch SVP halt, diese Putin-Versteher.
Wehrhafter ist unsere Verteidigungsministerin Viola Amherd. Sie befürwortet ein Verbot: «Nach konsequenter Übernahme der EU-Sanktionen durch die Schweiz wäre das Abseitsstehen in dieser wichtigen Frage unverständlich», so das Verteidigungsdepartement auf Anfrage des «Tages-Anzeigers».
Noch wilder ist die Behauptung, das sei erlaubt, weil es bei den russischen Staatssendern nicht um Meinungsfreiheit und -Vielfalt gehe. Schliesslich seien diese Medien nicht unabhängig, sondern von Moskau gesteuerte und finanzierte Propagandainstrumente, fasst der Tagi die Argumente des VBS zusammen.
Also: Zensur ist verboten. Ausser, sie ist erlaubt. Weil die Schweiz sonst abseits stehen würde. Sender zuliesse, denen es nicht um Meinungsfreiheit gehe. So wie sie in allen anderen Schweizer Medien gepflegt wird.
Nicht schlecht. Eine Bundesrätin will gegen die Bundesverfassung verstossen. Eine Verteidigungsministerin will unser Grundgesetz angreifen und besiegen. Und die freiheitlichen Meinungsblätter finden nichts weiter dran auszusetzen. Wie erbärmlich, oder sagten wir das schon.
O tempora! O mores!
Swisscom & Co machen auf Facebook & Co. «Zeichen setzen» an den zahlenden Kunden vorbei.
Wenn Amherd nun auch auf betreutes Denken macht, na dann guet Nacht! So geht’s halt, wenn man EU-Sanktionen «autonom» übernehmen will.
Auf den diversen schweizerischen Medienplatformen wird fast ausschliesslich die ukrainische Sicht verbreitet. Was deren Geheimdienst nicht alles zu erzählen hat. Propaganda? Kann nicht sein, ist ja die Sicht der «Guten».
Der Bundesrat «regiert» und die Bundesverfassung ist schon lange nicht mehr heilig. Es geht auch nicht um das Wohl des Volkes oder um das Wohl der Schweiz. Man will modern sein, d.h. es geht im Wesentlichen um «Likes».
Der Bundesrat hat sich mit dem COVID-Zertifikat locker über die Bundesverfassung hinweggesetzt und 1/3 der Bevölkerung diskriminiert (wie man heute weiss, ohne jeglichen Nutzen für die öffentliche Gesundheit) und Bundesrat Alain Berset hat das unsinnige Zertifikat damals ja noch mit einer seiner groben Lügen angepriesen («Sie können zeigen, dass Sie gesund sind»).
Für Bundesrat Cassis sind kurzfristige populistische Aktionen ebenfalls wichtiger als die Neutralität der Schweiz.
Da will natürlich Bundesrätin Amherd nicht bescheiden sein. Ausländische Sender der Zensur zu unterwerfen (resp. gänzlich zu «verbieten»), wird Ihr auf LinkedIn und Twitter, bei den Staatsmedien (und den übrigen «regierungstreuen» Medien wie Ringier, …) und Ihrer Klientel garantiert Bonuspunkte einbringen.
Die oben namentlich genannten Personen sind natürlich nicht alleine verantwortlich für die jeweiligen Entscheide, da ein Bundesrat ja bekanntlich nicht alleine entscheidet. Für jeden Entscheid sind mindestens 4 Mitglieder des Bundesrats verantwortlich.
Mit anderen Worten, eine Mehrheit des Bundesrates setzt sich mutwillig über die Bundesverfassung hinweg. Traurige Zeiten.
NZZ publizierte gestern einen herausragenden Kommentar von Ruth Fulterer zum Thema Zensur. Seite 17.