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Gspürsch mi?

Ein Interview, aus dem der Schleim tropft.

Der SP-Co-Präsident Cédric Wermuth ist von seiner zweimonatigen Auszeit zurück. Die genoss er auf Kosten des Steuerzahlers und unter Missachtung seiner parlamentarischen Verpflichtungen in Vietnam und auf den Philippinen. Da es sich um einen Langstreckenflug handelte, fällt der nicht unter seine Forderung nach Flugverboten. Flugscham scheint aber auch kein Thema bei Familie Wermuth zu sein.

Immerhin wird in einem Erklärkasten ganz neutral das Thema «Lohnabzug» angesprochen. Aber ansonsten erreicht Jacqueline Büchi einen neuen Tiefpunkt des Lobhudel-Journalismus, wie er auch der «Prawda» gut anstünde, wenn sie den russischen Präsidenten interviewte.

Wenn es gegen Kritiker der offiziellen Corona-Politik oder vor allem gegen den damaligen Bundesrat Maurer ging, konnte niemand Büchi an Schärfe toppen: «Die Gesamtregierung muss Haltung zeigen und den Brandstifter in die Schranken weisen. Sonst riskiert sie ihre eigene Glaubwürdigkeit – und den Frieden im Land.»

Glücklicherweise kam die Schweiz, wohl wegen dieser dröhnenden Warnung vor dem «Zeusler» Maurer, knapp an einem Bürgerkrieg vorbei.

Ganz anders, nämlich auf Sanftpfoten, nähert sich Büchi aber nun ihrem Idol Wermuth, den sie gleich am Anfang anschmachtet: «Sind Sie schon wieder angekommen in Bundesbern?» Da kann er gleich den kräftigen Macher geben, am Donnerstagabend von den fernen Philippinen angekommen, gleich nach Genf, Parteitag, Montag Session.

Aber vorher, fasst Büchi sanft nach, stand er in Gefahr eines Burnout, wurde alles zu viel, hat er mit sich gerungen? Da darf er ganz den sensiblen Politiker geben, der Mensch geblieben ist: «Ich hatte ein schlechtes Gewissen Mattea gegenüber.» Interessant, nicht etwa dem Steuerzahler und Wähler gegenüber, der ihn eigentlich nicht für eine zweimonatige Fernreise bezahlt oder gewählt hat.

Aber Wermuth ist eben ein sehr woker Mann: «Unsere ganze Arbeitswelt ist geprägt von einer ungesunden, sehr männlichen Vorstellung davon, wie man führt.» Aber nicht mit ihm, er inkludiert sensibel: «Wir haben als Familie viel über die Zukunft gesprochen.»

Das kann man halt am besten etwas ab vom Schuss. Und wie war denn so das innigliche Familienleben, tastet Büchi weiter ab: «Es war wohl das erste Mal, dass meine Töchter, meine Partnerin und ich zwei Monate lang 24 Stunden am Tag zusammen waren. Dieses ständige Aufeinanderhocken ist natürlich nicht ganz reibungsfrei. (lacht)»

Wunderbar, ein Mensch mit Schwächen und dem Mut, das öffentlich zu machen. Dann noch die obligate Schlussfrage:

«Und welche Eindrücke nehmen Sie aus Vietnam und von den Philippinen mit?
Vor allem: viel Demut. Die Reise führte mir nochmals vor Augen, wie viel Glück und Zufall es ist, in der Schweiz geboren zu sein

Man muss ja einen Weltenbummler nicht gleich zum Empfang so abwatschen, wie das Büchi mit ihr missliebigen Politikern tut. Aber ein Interview zu führen, bei dem der Schleim aus jeder Zeile tropft, das ist nun doch so unappetitlich, dass sie damit Wermuth keinen Gefallen getan hat. Sich selbst auch nicht, aber Qualitäts- und Niveaukontrolle bei Tamedia war gestern, heute ist ungehemmter Gesinnungsblasenjournalismus.

Eine Lanze für Krawallanten

Der Tagi mal wieder auf Abwegen.

Bei dem Blatt darf jeder alles. Vorausgesetzt, es ist woke, links und gutmenschlich. Diesmal ist Jigme Garne dran. Der «Redaktor und Blattmacher im Ressort Zürich Politik & Wirtschaft» und ehemalige Student der ZHAW darf eine Initiative plattmachen. Zunächst: Was heisst eigentlich «er studierte Kommunikation»? Mal eine Vorlesung besucht, sich ins ZHAW verlaufen? ZACKBUM studiert gelegentlich die Menükarte, sollte daher in unserem Lebenslauf erwähnt werden «studierte Kulinarik»?

Aber zur Sache. Garne versucht’s mit der alten Masche «ja, aber», das dann in ein «im Prinzip ja, aber so nicht» mündet. Sein «Leitartikel» befasst sich mit einer Initiative, die als «Anti-Chaoten-Vorlage» bekannt ist. Sie fordert, dass Teilnehmer an unbewilligten Demonstrationen für die Kosten des Polizeieinsatzes und Sachbeschädigungen aufzukommen haben.

Natürlich hat die Initiative schon mal den falschen Absender: die SVP. Damit ist sie, unbeschadet des Inhalts, für den Tagi von vornherein disqualifiziert. Nun muss Garne aber etwas Luft holen, weil er das ja nicht so platt darstellen kann. Also beginnt er auf Samtpfoten: «Chaoten gehören bestraft. Die Forderung ist so simpel wie richtig.» Wunderbar. Gleich gefolgt vom dicken Aber: «Die harte Hand gibt es allerdings nur zu einem hohen Preis.»

Nun kommen wir zu seinen «Gegenargumenten».

  1. Schon die heutige Gesetzeslage sei «ausreichend». Ist sie zwar nicht, weil nicht einmal ein Bruchteil der Kosten überwälzt werden.
  2. Macht aber nix, denn die Stadt Zürich «treibt kein Geld von Demonstranten ein». Ein Anfängerfehler von Garne, diesen schreienden Widerspruch zum ersten Satz nicht zu sehen.
  3. «Die von einer linken Bevölkerungsmehrheit gewählte Stadtregierung fällt mit ihrer Praxis aber weder dem Kanton noch einer anderen Gemeinde zur Last. Sie tut es auf eigene Rechnung.» Eigene Rechnung? Die Stadtregierung zahlt? Selbst? Oder nicht doch mit dem Geld der Steuerzahler? Garne scheint beim Staatskundeunterricht im Dauerschlaf gewesen zu sein.
  4. Dann das ewige Argument: «Eine zwingende, konsequente Kostenüberwälzung wäre mit einem Mehraufwand der Polizei und der Justiz verbunden.» Grossartig, wenn man diese Logik überträgt: lassen wir das doch mit der Verfolgung von Diebstählen. Ist mit einem Mehraufwand verbunden, und die Resultate sind überschaubar.
  5. «Die Versammlungsfreiheit ist ein Fundament der demokratischen Gesellschaft.» Genau wie das Verursacherprinzip und die Haftbarkeit für Straftaten.
  6. «Die beiden Vorlagen zielen oberflächlich zwar auf Gewalttäter ab. Faktisch aber würden sie jegliche spontanen und unbewilligten Demonstrationen kriminalisieren, obwohl diese grundrechtlich geschützt sind.» Wieso damit spontane, friedliche und gewaltfreie Demonstrationen «kriminalisiert» werden sollten, erschliesst sich wohl nicht einmal dem Autor. Rechte gehen mit Pflichten einher, oder ist ihm das neu?
  7. «Die Angst vor finanziellen Folgen würde wahrscheinlich mehr friedliche Aktivistinnen als gewaltbereite Chaoten davon abhalten, ihre Meinung auf der Strasse kundzutun.» Eine unbewiesene, wilde Vermutung; mit diesem Unsinn müsste sich Garne selbst für schadenersatzpflichtig beim gequälten Leser erklären.
  8. «Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International kommt zum Schluss, dass die Vorlagen gegen Völker- und Verfassungsrecht verstossen und die Demonstrationsfreiheit gefährden.» Nun, wenn das die Verfassungsrechtspezialisten von AI behaupten, dann muss es natürlich stimmen. Dann dürfte aber diese Initiative und ihr Gegenvorschlag gar nicht zur Abstimmung kommen; schon mal daran gedacht, Garne? Denn verfassungswidrige Initiativen sind verfassungswidrig, um es für ihn ganz einfach zu erklären.

Das ist der Leitartikel eines Tagi-Blattmachers zu einer Abstimmung. Ist natürlich im Rahmen der Meinungsfreiheit erlaubt. So wie es erlaubt ist, dass sich jeder öffentlich zum Deppen machen darf. Aber, nochmals: dafür auch noch Geld zu verlangen, das ist nassforsch. Frech. Unverschämt.

Erstaunliche SoZ

Das kann in der Gesinnungsblase Ärger geben.

Diesen Sonntag dürfte so manchem SoZ-Leser das vegane Gipfeli aus der Hand und in den Fair-Trade-Kaffee gefallen sein.

Denn ausgerechnet die SoZ liess erheben, dass bereits 58 Prozent der 0- bis 6-Jährigen Kinder in der Schweiz in einem Haushalt leben, in dem mindestens ein Elternteil im Ausland geboren wurde oder Ausländer ist. Und es wird noch toller: «In der Stadt Zürich haben bereits 70 Prozent aller 15- bis 60-Jährigen Wurzeln im Ausland.»

Erschwerend kommt hinzu, dass die Zahlen für 2019 und 2021 erhoben wurden; seither dürfte sich das Verhältnis noch mehr zu Ungunsten der reinen Eidgenossen verschoben haben. Natürlich wird dann relativiert, umgedeutet und der einzige «Soziologe», der befragt wird, darf sich umfangreich äussern. Sein Name: Ganga Jay Aratnam. Er ist der Soziologe der Wahl, wenn Tamedia (oder auch der «Blick») einen solchen Fachmann brauchen. Offenbar gibt es nur ihn.

Dann lässt die SoZ noch weitere Klischees zerbrechen: «Diese Initiative ist reiner Populismus und hat mit Sozialpolitik nichts zu tun». Wer sagt das über die 13. AHV-Rente? Sicher ein Rechtsausleger. Nun ja, das sagt der ehemalige Zürcher SP-Stapi Elmar Ledergerber. Während auf der gleichen Seite für den SVP-Präsidentschaftskandidaten Marcel Dettling staatliche Kinderbetreuung durchaus in Frage kommt. Das vegane Gipfeli ruht im Fair-Trade-Kaffee und der Gesinnungsblasenleser blättert auf Seite eins zurück, ob er wirklich die SoZ in der Hand hat und nicht etwa die «Schweizerzeit».

Richtig beruhigen tun ihn Artikel über Schneewandern im Bikini oder Müll unter Luxusapartments dann nicht. Ganz sauer wird der Leser dann wieder, wenn sich Rico Bandle die Verwendung von über einer Milliarde Steuerfranken durch den Nationalfonds vornimmt. Ein typischer, rechtspopulistischer und wissenschaftsfeindlicher Ansatz. Denn bitte, Whiteness im Werk Friedrich Dürrenmatts, eine digitale Geografie marginalisierter Sexualitäten in Kirgiesien,  Erforschung fellbespannter Streichinstrumente des späten  Mittelalters, und als Höhepunkt «Der Klang der Bäume: ökophysiologische Prozesse hörbar machen», das sind doch alles Untersuchungen, die uns nicht reuen sollten, ein paar hunderttausend Steuerfranken darin zu verlochen, Pardon, sinnvoll zu investieren.

Aber es kommt noch schlimmer. Im «Fokus» wird der Gottseibeiuns persönlich interviewt. Der darf doch tatsächlich sagen: «Dieses EU-Mandat ist noch schlimmer als das Rahmenabkommen». Womit er zwar recht hat, aber in der SoZ?

Erst auf Seite 22 erkennt der Leser sein Blatt einigermassen wieder. «Hat ein Schweizer Jetsetter den Fiskus um über 100 Millionen gebracht?» Allerdings ist das ein Bericht des Dreamteams Christian Brönnimann und Oliver Zihlmann über einen skurrilen Erbstreit. Ihre Recherchierleistung bestand darin, sich einfach anfüttern zu lassen. Denn die Witwe des längst verstorbenen Jetsetters, deren Scheidung vor seinem Tod noch nicht durch war, kommt nur an einen grossen Batzen Erbgeld, wenn sie nachweisen kann, dass der Jetsetter in Wirklichkeit seinen Wohnsitz in der Schweiz und nicht im Ausland hatte. Irre Sache, aber wieso damit eine Seite gefüllt werden muss? Um der Witwe die Kosten für ein Inserat zu ersparen?

In der «Wirtschaft» dann immerhin eine nette Enthüllung. Der ehemalige Migros-Manager, der für Benko den Globus-Deal einfädelte, hat eine Gattin. Und die kassierte fett Millionen als Beraterin bei Benno ab.

Brandheiss dann die News bei «Leben & Kultur», dem Abfall-, Pardon, Sammelgefäss für alles, was zwischen Leben und Kultur Platz hat. Zum Beispiel Piero Esteriore. Ja, das ist der, der schon mal seinen Karren in die Eingangstüre des Ringier-Pressehauses an der Dufourstrasse setzte. Aber dann wird wenigstens ein auch etwas in Vergessenheit geratener Star der Gutgesinnung abgefeiert: the one and only Hazel Brugger. Schlagzeile: sie «hätte sich gerne für den «Playboy» ausgezogen». Soll man zu so viel Sauglattismus was sagen? Eben.

Es ist ein Auf und Ab, denn sehr im woken Sinne ist dann wieder ein Biertest. Nein, nicht so einer, ein Test alkoholfreier Biere. Dann noch etwas Beratungskleingeld «Mit diesen Tipps wird aus jedem Badezimmer eine kleine Wohlfühloase». Ach was, wie denn das? Nun, mit einem Tortenständer als Tablettersatz. Plus mildes Licht. Plus eine Wannenbrücke. Und wussten Sie, dass für Badetücher «ihre Saugkraft wichtig» ist? Geben Sie es zu, dass wussten Sie nicht, deshalb baden Sie auch nicht in einer Wohlfühloase.

Gibt es in diesem Brei irgendwo einen absoluten Tiefpunkt? Natürlich, den erkennt man daran, dass auf einer Seite Gülsha Adilji und Markus Somm dilettieren, ergänzt um einen Schnappschuss, diesmal mit – Überraschung – Marco Odermatt. Der hat doch tatsächlich eine Bratwurst gegessen, man hält es kaum für möglich, wenn es nicht fotografisch festgehalten worden wäre.

Aber eine Bratwurst ist meistens schmackhaft- und nahrhaft. Diese SoZ macht es weder ihrem Stammpublikum, noch Zaungästen recht. Sie ist einfach ungeniessbar.

 

Alain Finkielkraut nervt

Auch die NZZ ist geschichtsvergessen.

Man kann den französischen Intellektuellen Finkielkraut interviewen. Man könnte sich kritisch mit seinen Behauptungen auseinandersetzen. Man sollte dann aber auch seine kurvenreiche Vergangenheit erwähnen, oberhalb des kurzen Schlenkers «Sie selbst waren einmal Maoist», auf den Finkielkraut salopp antworten darf: «ein paar Wochen», um dann das Thema zu wechseln.

Man hätte in seiner Biographie – oder zumindest in Form einer Frage – nicht auslassen dürfen, dass sich der Nationalist Finkielkraut auch schon so äusserte: «die einzige Partei, die die Franzosen mit ihrer verunsicherten Identität ernst» nehme, sei der «Front National», schwurbelte er 2013. Einwanderung führe zu einem Niedergang Frankreichs, seiner Kultur, ja seine «Identität» sei gefährdet.

Aber wie seinem Kollegen bei Tamedia geht es Benedict Neff von der NZZ mehr darum, einen Gleichgesinnten abzufragen, als sich seines Handwerks als kritischer Journalist zu besinnen. So rutscht Neff bereits auf einer Schleimspur ins Interview:

«Sie haben die woke Ideologie an den amerikanischen Universitäten schon früh kritisiert. Gelegentlich hielt ich Ihre Warnungen für übertrieben. Nach dem 7. Oktober und den Pro-Hamas-Demonstrationen an verschiedenen Unis dachte ich: Er hatte recht. Was ging Ihnen durch den Kopf? – Ich war schockiert. Ich war fassungslos. Ich war überwältigt. Sagen wir, um den französischen Autor Jean Racine zu paraphrasieren: Mein Unglück übertraf meine Hoffnung.»

Sozusagen als negative Ergänzung zu Lüscher stellt Finkielkraut dann die steile These auf: «Nach dem Massaker vom 7. Oktober scheint es, als sei der Antisemitismus das höchste Stadium des Wokeismus. Der Wokeismus reduziert die Komplexität menschlicher Konstellationen gnadenlos auf die Konfrontation von Herrschern und Beherrschten, Unterdrückern und Unterdrückten.»

So wie Lüscher den Antisemitismus vor allem rechts verortet, lebt er für Finkielkraut links: «Die Partei von Jean-Luc Mélenchon, La France insoumise, ist sehr explizit zu einer antisemitischen Bewegung geworden.» Da könnte ein Interviewer vielleicht nachfragen, woran konkret der Philosoph das festmache. Aber nachhaken war gestern, heute ist labern lassen.

So darf Finkielkraut ungebremst einen wahren Rachefeldzug starten: «Die humanitären Organisationen, die heute gegen Israel hetzen, verlieren kein Wort, um das Verhalten der Hamas anzuprangern.» Und: «Selbst der 7. Oktober wird wie der Eintrag in einer Buchhaltung behandelt. Es gab 1200 Tote und einige tausend Verletzte, während die israelischen Bombardements und Angriffe in Gaza viele, vielleicht 19 000 Tote gefordert haben. Viele Menschen verstehen nicht mehr, was Krieg ist. Sie wollen von der tödlichen Taktik der Hamas nichts mehr hören.»

Spätestens hier hätte Neff vielleicht auf die Berichterstattung im eigenen Blatt eingehen können:

Und haben während der illegalen und völkerrechtswidrigen Besiedelung der Westbank bis heute Hunderte von Palästinensern umgebracht, meistens ohne dafür zur Verantwortung gezogen worden zu sein. Auch das ist kein Eintrag in einer Buchhaltung. Aber ein Hinweis darauf, dass der Konflikt zwischen Palästinensern und Israelis vielleicht etwas komplexer ist, als ihn Finkielkraut als terrible simplificateur darzustellen beliebt. Und was die extra hingereiste «NZZ-Reporterin» Andrea Spalinger zu erwähnen vergisst. Front National, woke ist Antisemitismus und der Feind im Inneren unserer Gesellschaft. Israelische Kriegsverbrechen? Wer davon spricht, verstehe nicht, was Krieg sei, behauptet der Philosoph.

Papierdünne Thesen, geeignet für ein kritisches Gespräch, in dem der wendige Debattierer Gelegenheit hätte, seine rhetorischen Fähigkeiten und intellektuellen Saltos in der Manege vorzuführen. Aber weil er nur abgefragt wird, kommen sein Antworten merkwürdig flach, matt, unanimiert daher. Dabei hat er im Gegensatz zu Lüscher durchaus intellektuelle Potenz, ist gestählt an der lebhaften Kultur der Auseinandersetzung in Frankreich, wo ihm allerdings schon lange Michel Houellebecq vor der Sonne steht, der noch radikaler und skandalträchtiger kantige Thesen vertritt.

Aber vielleicht fühlte sich Neff einem Interview mit dem nicht gewachsen und zog es vor, etwas gelahrter mit dem Mitglied der altehrwürdigen Académie française zu parlieren …

Wumms: Laura de Weck

ZACKBUM wollte sich nicht mehr provozieren lassen. Aber …

Was ist schlimmer als gendern in der Sprache? Nichts? Doch, einer geht noch. Eine geht noch weiter nach unten. Das ist Laura de Weck mit ihren infantilen Dialogstücken bei Tamedia. ZACKBUM hatte nach ihrer letzten Leserquälerei angekündigt, dass einer von beiden aufgeben muss, und das seien wir.

Aber wir gestehen errötend: rückfällig geworden. Schon der Titel war unwiderstehlich:

Natürlich sagt de Weck «ätsch», natürlich denkt sie «reingefallen», wenn da einer meinen könnte, sie würde sich gegen diesen Woke-Wahnsinn aussprechen. Denn de Weck hat intellektuell nur Wüste zu bieten, dafür ist sie sehr woke.

Also gibt’s den üblichen Kindergarten-Dialog, wie wenn die Aufsichtsperson (!) dem Kind (ist Kind eigentlich Neutrum?) die Welt mal gaaanz laaaangsam und einfach erklärt.

Das Kind kann sich schlecht dagegen wehren, der Leser leider auch. Ausser durch Leseverweigerung, aber wir sind halt nochmals schwach geworden, bereuen das ausdrücklich und nehmen uns fest vor, es nie wieder zu tun.

Der Anfang lässt Schlimmes ahnen, aber es wird noch viel schlimmer:

Das hätte de Weck nun schnell dem unseligen Ende zuführen können, wenn sie nicht versucht hätte, an einem Beispiel zu zeigen wie dumm die Gegenwehr gegen das Gendern sei:

Das Problem ist, dass weder Lili noch de Weck die deutsche Sprache beherrschen. Dabei wäre es ganz einfach, um es auch mal gaaaanz laaaangsam zu erklären. Arzt, das ist keine Bezeichnung für einen Menschen, sondern für eine Funktion, die von einer Person ausgeübt wird. Ob es sich dabei um einen Arzt oder eine Ärztin oder eine nonbinäre Person handelt, ist sekundär und letztlich egal.

Genauso egal ist es, dass es keine männliche Form von Person oder Abstrakta wie Autorität oder Geschichte gibt. Die Verwechslung von Genus und Geschlecht beruht auf der Unart, dass Genus nicht korrekt mit Gattung, sondern – um es für Blöde leichter verständlich zu machen – mit Geschlecht übersetzt wurde.

Aber damit der Irrtümer nicht genug. De Weck lässt ihre Sprechpuppe Lili auch noch plappern, dass es doch keinen Zwang gäbe, Gendersternchen und ähnliche Vergewaltigungen der deutschen Sprache zu verwenden. Auch hier irrt sie, vielleicht mal den Stadtrat von Zürich oder diverse Unis in der Schweiz fragen, wie man es dort mit der sogenannt «inklusiven» und «nicht diskriminierenden» Sprache hält.

Aber auch hier will und muss de Weck ja mal zum Ende kommen, und wenn sie sich an einer Pointe versucht, wird’s ganz aschgrau. Also lässt sie Lili sagen, dass sie die «Hauptgefahren eher beim Klima und beim Krieg» sähe. Das ist nicht gendermässig problematisch, aber einfach gestolpertes Deutsch.

Damit will de Weck dann über die Ziellinie holpern, indem sie Lili das letzte Wort zuweist:

«Also, ehrlich, ich glaub, nicht die Sozialdemokraten und Grünen sind im Woke-Wahnsinn. Ich glaub eher, die Einzigen, die hier wahnsinnig werden, sind die Konservativen und du

Die «nur Frauen aufs Ticket»-SP und die «Green LGBTIQ+»-Grünen seien nicht im Woke-Wahnsinn? Dagegen die «Konservativen»? Also diejenigen, die die deutsche Sprache vor solchen Attentaten schützen wollen?

Dieser Dialog ist dümmlich, auf Kindergartenniveau. Dieser Dialog ist sprachlich unterirdisch. Dieser Dialog strotzt vor inhaltlichen Fehlern. Dieser Dialog ist primitives Bashing von Konservativen. Dieser Dialog ist peinlich. Aus all diesen Gründen passt er zu Tamedia.

Jean-Martin Büttner: grosses Kino

Selten genug, aber hier schreibt einer mit kalter Wut und Humor gegen die Woke-Unkultur.

Schon der Begriff ist typisch. «Woke» ist eine falsche Version von «woken», erwacht. Damit wird eine Geisteshaltung bezeichnet, die ein «waches» Bewusstsein für Rassismus oder soziale Ungerechtigkeiten ausdrückt.

Selten aus eigener Betroffenheit, meistens ist es Leiden an geliehenem oder geklautem Leiden. So wie in der Schweiz privilegierte Kids das Haupt senken und voll betroffen «black lives matter» grölen, weil es megakrass ist, wie in den USA mit den Schwarzen umgesprungen wird.

Zur Geisteshaltung «woke» gehört auch die Vergewaltigung der Sprache mit Gendersternchen, Binnen-I und anderen Folterinstrumenten. Oder die Abscheu vor Mohren in jeder Form. Aber vor allem gehört dazu ein inquisitorischer Fanatismus und eine abgrundtiefe Humorlosigkeit.

Die fünf gnadenlosen Komiker von «Monty Python».

Beste Voraussetzungen, damit Terry Gilliam in ihr Fadenkreuz gerät. Der Gründervater der absurden Komikertruppe «Monty Python» ist bis heute auf der Suche nach entlarvender Geschmacklosigkeit. Ausser vielleicht «Spitting Image» hat keine andere Satiresendung dermassen konsequent an allen Tabus gerüttelt wie «Monty Python’s Flying Circus». Humor, wie er nur in England möglich ist – und wie er heutzutage schmerzlich fehlt.

«Der grossartigste Stand-up-Comedian der Gegenwart»

Aber Gilliam gibt sich weiterhin Mühe und lobte kürzlich Dave Chappelles Show «The Closer»: «Für mich ist er der grossartigste Stand-up-Comedian der Gegenwart», meinte Gilliam über den Afroamerikaner, der ebenfalls alle Grenzen lustvoll überschreitet. Schon im Netflix-Trailer zur Show arbeitet Chappelle kunstvoll einen absurden Gag mit Morgan Freeman heraus, der offensichtlich auch über gesunden Humor verfügt.

Denn erst, wenn’s weh tut, ist’s echte Satire. Jean-Martin Büttner zitiert im «Tages-Anzeiger» zwei Beispiele: «Chappelle ist der Albtraum der LGBTQ-Gemeinschaft. Denn er sagt Sachen wie: «In diesem Land kannst du einen Schwarzen erschiessen, aber verletze ja nicht die Gefühle von Homosexuellen.» Oder: «Wenn die Sklaven damals Hotpants getragen und sich mit Babyöl eingerieben hätten, wären wir hundert Jahre früher frei gewesen.»»

Das brachte auch «Netflix» an die Grenzen, aber bislang liess der Streamingdienst die Show im Angebot – trotz Aufschrei der Getroffenen. In London hingegen wurde ein Theaterstück abgesetzt, bei dem Gilliam der Co-Regisseur war.

Das veranlasst Büttner zu einem Mutanfall, der ausdrückliches Lob verdient:

«In einer Zeit, in der die vor Wut und Sensibilität zitternde Woke-Generation die Humorlosigkeit zur einzigen vertretbaren Haltung erklärt, darf einer wie Terry Gilliam nur verteufelt und verbannt werden.»

Schon im Python-Film «The Life of Brian» brachte es Gilliam mit seinen Kampfgefährten fertig, so ziemlich alle Religionen gleichzeitig zu beleidigen. Ein Film, der heute, in unseren freieren und aufgeklärten Zeiten, weder gedreht noch gezeigt werden könnte, ohne zu riskieren, dass fundamentalistische Fanatiker gewalttätig werden.

Religiöse und geistige Fanatiker

Mindestens so schlimm sind aber die modernen Nachfahren der Spanischen Inquisition. Büttner nimmt einen Sketch von «Monty Python», um die Linie von den finsteren Zeiten damals zu heute zu ziehen:

«Dass jetzt der Meinungsterror von links alles Lustige verbietet, kommt einem wie die Fortsetzung dieser inquisitorischen Mentalität vor. Dabei bleibt ein Problem ungelöst: dass es niemals eine politisch korrekte Komik geben wird, weil die sich nämlich mit Geiz, Grössenwahn, Dummheit, Gier und Idiotie beschäftigt. Eine korrekte Komödie funktioniert so gut wie ein Impotenter in einem Harem. «Zeige mir eine Satire auf Franz von Assisi», sagte der Pythonist John Cleese einmal, «und ich zeige dir einen leeren Kinosaal.»»

ZACKBUM verneigt sich vor einer solchen Sternstunde der Denke an einem Ort, wo man ansonsten intelligente Schreibe wie Wasser in der Wüste suchen muss. Leider ist absehbar: damit handelt sich Büttner gewaltig Ärger ein. Denn auch Schweizer Woke-Aktivisten sind so gnaden- und humorlos wie ihre angelsächsischen Vorbilder.

Ihnen wird sonst kritiklos eine Plattform auf Tamedia geboten, wenn zum Beispiel der grausam unfähige «Kulturredaktor» Andreas Tobler einem solchen Hetzer gefügig Stichworte in einem «Interview» liefert. Dagegen wirkt Büttner wie ein Schluck klares und kühles Wasser in solcher Wüste. Aber wir fürchten um sein Schicksal. Nein, nicht das von Tobler. Einen solchen Lohnschreiber kann jede Redaktionsleitung gebrauchen.

Selbst Katzentexte übernimmt Tamedia von der «Süddeutschen». Den hier aber nicht.