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Wem die Stunde schlägt

Korrekte Werbung ist gar nicht so einfach.

Sydney Sweeney ist das attraktive Gesicht (und der sexy Körper) einer gelungenen Werbe-Provokation. Die «great Jeans» von American Eagle waren schnell ausverkauft. Vom zu erwartenden Gemecker der Dauererregten liess sich der Hersteller nicht einschüchtern. Gut gemacht.

Welchen Stand von Unfähigkeit durch alle Instanzen hindurch muss man aber beklagen, wenn es dem grossen Uhrenkonzern Swatch nicht auffällt, dass das hier nicht nur rassistisch ist. Sondern dazu abgrundtief schlecht:

Es ist nicht nur misslungen, die Werbung ist in jeder Einzelheit bescheuert. Zunächst: was soll die Aussage sein, die Botschaft? Wer in China eine Swatch kauft, muss seine Schlitzaugen noch mehr zu Schlitzen machen? Kann er nur so das Zifferblatt lesen?

Aber auch jede Einzelheit wurde mit Sorgfalt in den Sand gesetzt. Ein pinker Hintergrund? Ein Model mit Ohrstecker? Das sich nicht zwischen zwei Hemden entscheiden konnte und daher beide anhat? Mit leicht pickelige Nase, fast zusammengewachsenen Augenbrauen und riesigen Händen, deren Finger einen hässlichen Wulst unter dem Kurzhaarschnitt verursachen?

Das Sujet wurde nach dem zu erwartenden Shitstorm eilig gelöscht und die übliche Entschuldigung aufgeschaltet:

Schon alleine, ein solches Bildsujet bei einer KI einzufordern, würde die Reaktion auslösen: kann ich nicht machen, ist diskriminierend und rassistisch. Aber das ist ja eine KI, keine real existierende menschliche Dummheit.

Auch die verbleibenden «Materialien» für diese Kollektion von angeblichen «Swatch Essentials» machen nicht wirklich froh:

Der Typ soll wirklich ein «muss haben» auslösen?

Lustig ist auch, wenn man sich fragt, welches Angebot Swatch denn für sein weibliches Publikum macht. Klickt man bei Geschlecht «weiblich» an, erscheinen diverse Uhren tatsächlich an weiblichen Armen, politisch korrekt in verschiedenen Hautfarben. Allerdings bleiben Modelle wie «Camo Flash» weiterhin männlichen Armen vorbehalten.

Zu technisch fürs zarte Geschlecht, meint wohl Swatch.

Kann ja mal passieren, könnte man meinen. Kann aber nur in einem Konzern passieren, der zunehmend dysfunktional wird. Wo der chinesische Markt, der mit einem schweren Umsatzrückgang zu kämpfen hat, besonders sorgfältig beobachtet und bewirtschaftet werden sollte.

Das zusätztlich geschlitzte Schlitzauge ist, weg, aber ob dieser Auftritt auf der chinesischen Webseite von Swatch besser ist?

Da erkennt sich der chinesische Kunde sicher wieder.

Oder hier:

Neben dem anzüglichen Umgang mit einem Eislutscher löst die Dame übrigens noch ein Kreuzworträtsel – auf Englisch.

Das kommt im Reich der Mitte gut, schliesslich sprechen doch rund 50 Millionen Chinesen einigermassen Englisch – von 1,4 Milliarden.

Auch diese Angebote werden sicherlich auf positive Resonanz treffen, dank hohem Identifikationswert:

Mit diesem Bruch wird in einem Markt gerworben, der mal ein Drittel des Gesamtumsatzes von Swatch ausmachte und immer noch knapp einen Viertel dazu beiträgt. Tendenz also abnehmend.

Der Konzern hat (noch) über 30’000 Mitarbeiter weltweit, davon eine unbekannte Zahl, die mit Marketing und Werbung befasst ist.

Sowohl im Luxuhrenbereich wie im Massenmarkt ist Marketing entscheidend. Denn eine Swatch gibt mindestens so genau die Zeit an wie eine Breguet oder Longines. Kostet aber entschieden weniger. Gleichzeitig muss sich eine Swatch im Billiguhrenmarkt behaupten, wo ein Modell für zwei Franken ebenfalls die genaue Zeit angibt.

Also geht es um das Schärfen der USP, des Nimbus, der Aura, des Besonderen, Unverwechselbaren. Die Marken müssen aufgeladen werden.

Stattdessen wird Swatch beschädigt, durch die eigene Werbekampagne, den eigenen Webauftritt. Wie bescheuert ist das denn?

Sexy ist fascho

Sexy ist Nazi. Sydney Sweeney ist das hässliche Gesicht des Faschismus. Plus seine Verkörperung.

Oder nicht? An ihr ist ein neues Phänomen und ein inzwischen etwas ausgelaugtes zu beobachten. Als sie sich lasziv auf der Rückbank eines Mercedes Cabrio räkelte, während die alternden Rolling Stones nur noch juvenil auf Plakatwänden dazu «Angry» spielten, wurde gekreischt.

Nicht nur von Fans der scheinbar unkaputtbaren Glimmer Twins. Sondern von der schnell erregten Benimmfront: das sei sexistisch, schrecklich, Rollenbild, Sexobjekt, Projektionsfläche hässlicher Männerfantasien:

Sweeney, eine Schauspielerin, die durchaus auch anspruchsvolle Rolle auswählt, hat allerdings kein Problem damit, dass sie – soweit bekannt, ohne künstliche Hilfe – über die Masse 90-60-90 verfügt. Und dazu blonde Haare und blaue Augen hat. Wer auf so einen Typ steht, sagt wow. Andere nehmen es gelassener.

Wer verkniffen-verklemmt ist, sagt pfui. Und läuft bei der nächsten Provokation zu blankem Entsetzen auf. Die zuvor eher unbekannte Marke American Eagle landete mit diesem Werbespruch einen Volltreffer: «Sydney Sweeney hat grossartige Jeans». Ein Wortspiel mit dem Gleichklang auf Englisch von Jeans und «genes», Gene.

Ha, wurde losgekeift. Rassistisch, gar moderne Nazi-Propaganda, hier werde die Überlegenheit weisser Gene propagiert. Und eben, dazu blonde Haare und blaue Augen, gebärfreudiges Becken, ausreichende Ausrüstung obendurch, Lebensborn reloaded. Gut, dazu müssten die Moralinversauerten wissen, was das war.

In Zeiten, in denen bei keiner Werbung Multikulti, verschiedene Hautfarben, Behinderungen und Dicke fehlen dürfen, eine bewusste und gelungene Provokation. Keine Inklusion, keine Rücksicht auf sensibles Unwohlsein.

Es erfolgte die üblichen Reaktion. Die Kollektion war schnell ausverkauft, die Aktie der Firma stieg. Soweit Business as usual. Aber dann etwas Neues. Bei vergleichbaren kleinen Provokationen hatten zuvor Firmen, sobald sich Gegenwind von der pervertierten Kampffeministen- und Antirassistenfront erhob, schnell, Pardon, den Schwanz eingezogen. Und die Werbung mit bedauernden Geräuschen und tiefer Entschuldigung zurückgezogen.

Als H&M vor ein paar Jahren ihre Billiglinie mit einem schwarzen Jungen bewarb, der einen grünen Hoodie mit dem Aufdruck «Coolest monkey in the jungle» trug, zwang der Aufschrei der Gutmenschen das Modehaus in die Knie. ´tschuldigung, Fehler, unsensibel, tut uns das Leid. Ob es rassistisch gewesen wäre, hätte im Pulli ein Weisser gesteckt? Mit blauen Augen faschistisch?

Aber American Eagle macht etwas Neues: auf Instagram stellte die Firma klar, dass sie weiterhin hinter dieser Werbekampagne steht. Mit der trockenen Feststellung: «grossartige Jeans sehen grossartig bei allen aus». Unabhängig davon, ob jemand blaue Augen und blonde Haare hat oder nicht. Die einen stehen drauf, plus auf üppige Oberweite. Andere auf anderes.

Das wahre Probleme ist: wer  durch diesen Scherz Rassismus, Faschismus und die Propagierung weisser Überlegenheit assoziiert, sollte sich mal um den kleinen Faschisten in sich selbst kümmern.

Wer als Mann (oder als Frau) eine solche etwas provokative, aber keinesfalls pornographische Verwendung weiblicher Reize als abstossenden Missbrauch eines Frauenköpers empfindet, sollte sich fragen, was mit seiner eigenen Erotik falsch läuft.

Weit gespreizte Beine

Deutliche Trennung von Werbung und redaktionellem Inhalt?

Finden Sie die Unterschiede:

Ein medizinischer Beitrag auf der Webseite vom «Blick».

Ein medizinischer Beitrag auf der Webseite vom «Blick».

Ein medizinischer Beitrag auf der Webseite vom «Blick».

Ein medizinischer Beitrag auf der Webseite vom «Blick».

So, nun der Intelligenztest für ZACKBUM-Leser: Was ist redaktionell, was ist Werbung? Bravo, alle haben bestanden. Oder auch nicht.

Der zweite Beitrag ist bezahlte Werbung. Obwohl er wie ein redaktioneller Beitrag daherkommt:

Der kleine, feine Unterschied:

Ja, hier kommt’s: «Das ist ein bezahlter Beitrag, präsentiert von Hirslanden.» Am Schluss wird dann nochmals geeiert:

Ja was denn nun? «Die Inhalte sind journalistisch aufbereitet und entsprechen den Qualitätsanforderungen von Ringier». Ein Fall für Simon Bärtschi: stimmt das? Oder ist das Qualitätsniveau bei Ringier noch niedriger als bei Tamedia?

Wow. Dafür verantwortlich ist das hier:

Denn hier «laufen Kreation, langjährige journalistische Erfahrung und Beratung zusammen. Egal ob Sponsored Content, Image-Kampagnen, Content Hubs oder Off- und Online-Magazine».

Zuständig ist diese «Ansprechperson»:

Immerhin hat sich Zürcher hier eine grössere Arbeitsplatzsicherheit verschafft. Denn vorher war er stellvertretender Leiter der «Blick-Gruppe Blick.ch und Blick am Abend». Das hat der «Blick am Abend» nicht überlebt. Davor war er stellvertretender Ressortleiter Unterhaltung und «Chefredaktor Blick a.i.». Das hat Zürcher nicht überlebt.

Nun, angesichts der Tatsache, dass Werbung, in welcher Verkleidung sie auch daherkommt, kaum mehr vom sogenannten redaktionellen Inhalt zu unterscheiden ist, wäre es doch sinnvoll, all diese Verrenkungen sein zu lassen. Denn bei der Recherchiertiefe, den die Hölle des Newsrooms heutzutage noch zulässt, ist bezahlte Werbung häufig informativer und inhaltlich besser als das, was ein überforderter Kindersoldat im Stundentakt raushauen muss.

 

Ein Herz für Alzheimer-Leser

Der «Blick» sagt’s gerne nochmal. Und nochmal. Und nochmal.

Der «Blick» ist das Billy-Regal unter den Zeitungen. Immer wieder gut, immer wieder und wieder und wieder. Denn was ist besser als eine News von vorgestern? Genau, eine wiederholte News von vorgestern.

Zum, Beispiel diese hier:

Schon vergessen, lieber Leser? Kein Problem:

Na, der Leser als vergesslicher Schlingel? Macht nix, «Blick» serviert die eingeschlafenen Füsse von vorgestern nochmal:

«News» ist ist der peinlichste Rubrikentitel in der Schweizer Medienlandschaft.

Aber auch die Verbreitung der Nachricht, dass die UKW-Abschaltung Mehrkosten verursache, liegt der «Blick»-Redaktion am Herzen:

Ach, hast das etwa überlesen, lieber Leser? Kein Problem, bitte sehr:

Immerhin, man beachte die Details, der Bildausschnitt ist leicht anders.

Auch eine wichtige Durchsage der Polizei kann nicht oft genug wiederholt werden. Der Berliner Polizei, aber das geht auch den Schweizer Leser an:

Also wirklich, lieber Leser, diese Warnung darfst du nicht überlesen:

Besonders krass wird es, wenn Doppelmoppel nebeneinander stehen:

Hier kann sich der geneigte Leser entscheiden, ob er das Stück über Trump oder über ein Atom-U-Boot mehrfach lesen möchte:

Beim U-Boot bietet ihm der «Blick» seit dem 13. August die Möglichkeit dazu.

Oder, andere Erklärung, es könnte Leserhörer geben, die gar nicht oft genug die Stimme des «Chief Content Officer» Steffi Buchli hören können:

Damit erfreut der «Blick» seine Leser «in eigener Sache» seit dem 18. Juni. Besonders schmuck ist es, wenn Steffi Buchli diese Meldung über Steffi Buchli – selber vorliest. Aber leider nur ein Mal. Dafür immer wieder abspielbar.

Immerhin, die Lobhudelei auf die neue und engere Bestuhlung bei Edelweiss hat schnell eingeschenkt:

Allerdings kann man bei der Platzierung nicht gerade von einem inseratenfreundlichen Umfeld sprechen. Aber der nächste Gratis-Jubelartikel kommt bestimmt.

Und sollte Edelweiss mal eine Pause mit Inseraten machen, ist bereits vorgesorgt:

Nein, das ist kein bezahltes Inserat. Das ist auch kein «paid content». Das ist ein Recherchierstück des «Redaktor Wirtschaft» Robin Wegmüller. Er hat nämlich knallhart nachgefragt und sogar der Ikea-CEO ein wohlgehütetes Geheimnis entlockt: «Angepackt hat Ikea-Schweiz beim Schrank-Kassenschlager PAX – verantwortlich für 10 Prozent vom jährlichen Umsatz. «Auch Top-Seller wie PAX lassen sich im Laufe der Zeit noch verbessern», gesteht Ikea-Schweiz-CEO Janie Bisset (44).»

Aber damit nicht genug, dass sich so die Aufbauzeit des Schranks deutlich reduziere: «Von rund einer Stunde auf 20 Minuten? Eine angenehme Neuerung. Der Einrichtungsriese hat nicht nur die beliebteste Produktfamilie «aufgemöbelt». Auch die Billy-Regale gibt es in einer Neuauflage. Von über 50 Nägel braucht es heute nur noch wenige Schnappverschlüsse zur Befestigung.»

50 Nägel weg (Präposition ist Glücksache, wie wäre es mit «statt über 50 Nägel» statt «von»), wenige Schnappverschlüsse her, Wahnsinn. Noch mehr gute News: «Mit der Einführung der leichteren Montage wäre eine Erhöhung der Preise keine Überraschung. Bislang blieben diese aber unverändert und gehen wohl eher in die entgegengesetzte Richtung. Denn schon beim exklusiven Besuch von Blick bei der neuen Ikea-Chefin im April meinte sie: «Wir werden bei über 2000 Produkten die Preise senken.»»

Der Hammer, dieser Breaking News ging schon ein «Exklusiv-Besuch bei der neuen Ikea-Chefin» voraus; ob’s da bereits Getuschel gibt? Einzige Frage, die bleibt: wie kann man sich Wirtschaftsredaktor nennen, so einen Werbemüll schreiben und sich morgens noch im Spiegel anschauen? Wahrscheinlich kein Problem, wenn der ein Geschenk von Ikea ist.

Werbejauchzer vom «Blick»

Wenn das keine Gratis-Flugmeilen gibt …

«Das musst du wissen», behauptet das Boulevardblatt ohne Boulevard, aber mit Regenrohr im Logo, nassforsch. Da wird sich die Lufthansa als Besitzer des Charterfliegers freuen, dass es gleich eine ganze Lobeshymne absetzt, wie sie eine Werbeagentur nicht besser schnitzen könnte.

Aber wozu die bezahlen, plus Geld für einen «paid content» aufwerfen, wenn das der «Redaktor Wirtschaft» Jean-Claude Raemy auf Kosten des Medienhauses erledigt. Vielleicht ist es auch eine Stellenbewerbung als Werbetexter, obwohl er am Einstieg noch etwas arbeiten könnte, denn der ist zu banal: «Edelweiss startet durch».

Dann liefert er «musst du wissen»-Delikatessen a gogo ab: «Neu reicht das Rot bei der Heckflosse bis auf den Rumpf, dazu sind die Konturen der Edelweiss-Blume am Heck etwas feiner als bisher.» Wahnsinn, da fühlt sich der Passagier doch gleich viel besser im Flieger.

Selbst Verschlechterungen werden angepriesen: «30 Sitze in Business, in 2-2-2-Reihe». Das war bis anhin eine Fünferreihe auch mit Einzelsitzen, Privatsphäre für Alleinreisende. Nun hat man zwangsweise einen Sitznachbarn, was für das Geld leicht unverschämt ist.

Auch Zukunftsmusik wird gespielt: «Geflogen werden die neuen Routen noch mit Flugzeugen des Typs Airbus A340. Das grösste Interesse gilt passagierseitig jedoch den neuen Airbus A350, die bei der Swiss-Schwester ab Frühjahr 2025 zum Einsatz kommen

Interessant, was da «passagierseitig» für Interessen bestehen, dass man dann nächstes Jahr mal einen neueren Airbus besteigen darf, wow. Im Frühherbst 2023 hatte das bereits der «Reporter Wirtschaft» Patrik Berger vermeldet, damals wurde das Startdatum noch in den «Sommer 2025» verlegt. Besonders köstlich war die Fotostrecke zum damaligen Jubelschrei:

So stellt man sich ein umweltfreundliches Flugzeug idealerweise vor. Oder sollte das damals ein diskreter Hinweis an die Startbahnkleber der Letzten Generation sein?

Die Medienhäuser machen ganz allgemein willig die Beine breit, wenn sie auf Kosten ihrer Glaubwürdigkeit und als Leserverarsche inzwischen eigene Abteilungen beschäftigen, die im Auftrag von Werbekunden «paid content» oder schlichtweg Werbung herstellt, die täuschend ähnlich wie der redaktionelle Inhalt daherkommt. Aber für aufmerksame Leser hat’s da dann immer noch irgendwo versteckt einen Hinweis darauf.

Beim «Blick» ist nicht einmal das mehr nötig. Ob und in welcher Form es da Gegengeschäfte gibt – oder ob der Beitrag tatsächlich einfach gratis und franko Jubelwerbung für Edelweiss betreibt, man weiss es nicht. Man will es auch nicht wissen. Übel wird’s einem auf jeden Fall. Dabei liegt dem Artikel nicht einmal eine Kotztüte bei.

 

Wie man’s nicht probieren sollte, reloaded

Werbung kann blöd sein. Kritik daran aber auch.

Ohne sexistisch erscheinen zu wollen: das Bild zu diesem Beitrag ist nur was für starke Nerven. Aber das Thema hier sind verunglückte Werbekampagnen. Wir trauen uns allerdings nicht, die Frage zu stellen, ob Tamara Funiciello wirklich einen Flammenwerfer als BH trägt oder trug.

ZACKBUM hat gerade zwei weitere furzdumme Werbekampagnen vorgestellt:

Frau lehnt unbequem an Bankkante und glotzt auf eine Art Sack. Unvorstellbar misslungen.

Budweiser warb kurzzeitig in den USA mit einer Transvestitin für sein Light-Beer. Resultat: Umsatzeinbruch um ein Viertel.

Nun will auch Electrolux komisch werden:

Man kann sicher darüber streiten, ob diese Werbekampagne den Absatz von Kochherden steigern wird. Auch die Anordnung der Kochutensilien ist nicht wirklich realitätsnah. Aber item, kann man probieren.

Wäre da nicht die Sexismus-Polizei in Gestalt der selbsternannten Grossinquisitorin Aleksandra Hiltmann. Seit die bei Tamedia eingespart wurde, Pardon, dem unerbittlichen Qualitätsanspruch von Raphaela Birrer beim «Tages-Anzeiger» zum Opfer fiel, hat sie leider noch mehr Zeit, sich über Pipifax aufzuregen.

Also füllt sie eine längliche Kolumne bei persoenlich.com, in der sie sich ob dieses Inserats gar nicht mehr einkriegt. Der durchschnittliche Betrachter sieht auf dem Plakat ein Pärchen, Hiltmanns scharfes Auge sieht mehr, die würden «mit allgemeinem Blick gelesen als Heteropaar». Tja, der lesende Blick sieht mehr.

Aber das ist ja nur die Oberfläche, darunter brodelt es. Diese Werbung sei «sexistisch». Denn: «Die Langstrasse ist landläufig bekannt als Rotlicht-Viertel. Die Arbeits- und Lebensumstände der Sexarbeitenden, die dort Geld verdienen müssen, sind oft schlecht bis schrecklich.»

Aber damit nicht genug: «Zweitens impliziert der Slogan, dass man rausgeht und sich an Leuten «Appetit» – «Appetit» auf Sex oder Ähnliches – holt. Schliesslich werden Frauen «im öffentlichen Raum» belästigt.» Was Wunder, «vor allem von Männern». Auch damit: «Zu sexueller Belästigung zählen nicht nur ungewollte Berührungen, sondern auch eine gewisse Art von Blicken. Sie können belästigend, einschüchternd, angsteinflössend und unappetitlich sein.» Also, Männer, die Blicke züchtig nach unten halten, und auf keinen Fall unappetitlich glotzen.

Hiltmann vergisst auch den Aspekt nicht, dass sich der Spruch doch auch auf die Frau beziehen könnte. Das geht aber nicht: «Die Gesellschaft ist patriarchal geprägt. Die Frau ist nicht jene, die draussen aufreissen kann und dafür gefeiert wird, bevor sie zum «braven» Mann nachhause zurückkehrt.»

Damit ist Hiltmann aber noch nicht am Ende des Elends angelangt. Die Werbung transportiere «ein veraltetes Beziehungsmodell». Wie denn das? «Die Werbung suggeriert, dass eine monogame Beziehung «anständig» ist. Man darf sich auswärts zwar umschauen. Aber eigentlich normal ist dann doch die Zweisamkeit zuhause.»

Denn, so donnert Hiltmann, es gebe dann heute auch andere Beziehungsformen, im Fall. Das ist richtig, allerdings zeigte schon das Beispiel Bud, wie das schwer in die Dose gehen kann, wenn man in der Werbung Randgruppen ansprechen will.

Daher hat Hiltmann tatsächlich recht: «Lässt man Frauen zusammen mit der Familie auftreten, dann sind diese Familien oft weiss und heteronormativ

ZACKBUM schlägt vor: wenn Electrolux schwere Umsatzeinbussen anstrebt, dann müsste die Firma ihre Werbekampagne unbedingt von Hiltmann ausrichten lassen. Das wäre dann allerdings so wenig appetitanregend, dass die Konsumenten sogar McDonald’s vor dem Kochen am heimischen Herd bevorzugen würden.

Was hier mal wieder überdeutlich zu Tage tritt: Fanatiker, gefährliche Fanatiker erkennt man immer an ihrer tiefen Humorlosigkeit und dogmatischen Verbissenheit.

Wumms: Peter Sloterdijk

Rent a Rentner. Und mach Werbung damit.

Auch Philosophie geht immer mehr nach Brot. So überrascht der Tagi mit dieser Ankündigung:

Brandaktuelles Thema, diesen Schnauz unter der auf die Nasenspitze geschobenen Brille kennt man doch. Richtig, es handelt sich um den Gebrauchs-Philosophen Peter Sloterdijk, dem sogar noch im Halbschlaf bedeutungsschwangere und hochphilosophische Sätze zu eigentlich allem einfallen.

Daher mag es nur kurz überraschen, dass Sloterdijk im «Salon Public – kluge Köpfe erklären die Welt» einen Vortrag «über die Energie der Zukunft» halten wird. Er ist ein eleganter Redner, diese holprige Ankündigung hat er nicht verdient: «Mit fünfzehn Auszeichnungen, darunter sowohl Kritik- als auch Rednerpreise darf sich das Publikum auf einen anregenden Vortrag am Salon Public freuen.» Lassen wir die mangelhafte Beherrschung der Interpunktion weg, aber hat nun das Publikum 15 Auszeichnungen eingeheimst?

Auch die Ankündigung des Conférenciers ist etwas unbeholfen: «Roger de Weck, Schweizer Publizist und Manager sowie ehemaliger Generaldirektor des SRF moderiert die Veranstaltungen am 6. Und 7. Oktober im Hotel Schweizerhof in Luzern. De Weck wurde 2020 mit dem Bruno-Kreisky Preis für das politische Buch mit dem Hauptpreis für «Die Kraft der Demokratie. Eine Antwort auf die autoritären Reaktionäre» ausgezeichnet und wird durch den informativen Vormittag führen.»

Gegen die Form der Ankündigung der Teilnehmer eines Podiums ist hingegen nichts einzuwenden, allerdings lässt hier das Niveau doch schwer nach: «Die Podiumsplätze werden besetzt von Konjunkturforscher Jan-Egbert Sturm, Völkerrechtlerin Martina Caroni und Wirtschaftshistoriker Jakob Tanner

Organisiert wird das Ganze von «#wir sind die zukunft». Dahinter steht eine PR-Bude, unterstützt von diesen Firmen:

Eine gesamtgesellschaftliche Betrachtungsweise ist sicherlich garantiert. Genug Kohle ist schon mal vorhanden, wenn man sich diese Teilnehmer leisten kann und Tamedia noch satt Moneten in die Kasse spült, indem das nicht etwa als popeliges Inserat aufscheint, sondern als einem redaktionell täuschend ähnlicher Werbeblock mit dem diskreten Hinweis «sponsored». Neudeutsch für: bezahlte Werbung.

Quiz für Schlauleser

Genau, wir richten uns ans Publikum der NZZaS.

Die Trennung zwischen redaktionellem Inhalt und Werbung ist eine der Grundprinzipien des Journalismus. Sowohl inhaltlich wie formal. Niemals würde ein Auto bejubelt werden, nur weil die Hersteller zu den wenigen Grossinserenten im Print gehören. Niemals würde eine Kaufempfehlung davon abhängen, dass der Hersteller …

Gut, morgen erzählen wir ein anderes Märchen. Nun zum Quiz. Es besteht aus drei Fragen (die Antworten sind inbegriffen, zu gewinnen gibt’s leider nix, ausser Erkenntnis).

Ist das hier redaktionell oder Werbung:

Unsicher? Gut, dann erweitern wir den Ausschnitt etwas:

Ach so? Nein, denn laut Untersuchungen nehmen fast die Hälfte der Leser nicht zur Kenntnis, was da zuoberst steht. Und wenn ja, verstehen sie es nicht.

Neues Beispiel:

Unsicher? Nun da ist oben nix weggeschnitten. Genauso kommt’s daher.  Kleiner Hinweis:

Letzter Test. Diesmal aus dem Magazin der NZZaS:

Hier ist die Antwort jein. Kann man so oder so sehen. Ist extra für Sie, den Leser, ausgewählt. Rein nach Geschmack, Lust und Laune.

Und morgen erzählen wir ein anderes Märchen.

Bevor sich die anderen Sonntagsblätter darüber mokieren: das ist nur der Anfang einer kleinen, vierteiligen Serie …

 

«Blick» endlich weiblicher

Um ein Prozent. Weiter so!

Der «Blick» hat ein Problem: Sein typischer Leser ist zu männlich, zu alt und verdienen tut er auch nicht gut. In den letzten fünf Jahren hat sich dieser Trend akzentuiert, trotz sämtlichen Bemühungen, urbane und gutverdienende Frauen anzusprechen.

Das zeigt ein Fünfjahresvergleich. Der Anteil der Ü55-Leser betrug 2016 37 Prozent. Fünf Jahre später ist fast jeder zweite Leser (46 Prozent) über 55 Jahre alt. Der Anteil gutverdienender Leser (über 8000 Franken Monatslohn) ist dafür in den letzten fünf Jahren von 39 auf 36 Prozent gesunken. Es gibt aber auch Erfolge zu vermelden: Männer machen nur noch 61 Prozent der Leserschaft aus. 2016 waren es ein Prozent mehr.

12345 ist einerseits eine schöne Treppenzahl, andererseits ist sie auch die Zahl der Abos, die der Blick durchschnittlich pro Jahr verliert: 2015: 157’671 Abos, 2020: 95’944 Abos. So tief war die Auflage seit knapp 60 Jahren nicht. Ringier erzielt nun 24,6 Millionen Franken weniger Aboeinnahmen als vor fünf Jahren. Oder in anderen Worten: Den Blick verlassen jeden Tag knapp 34 Abonnenten. Hält dieser Trend an, kündigt am 8. Oktober 2028 der letzte Leser sein Blick-Abo. Wahrscheinlich wird es dann ein männlicher Abonnent gewesen sein.

Hoffen wir nicht, dass es soweit kommt. Denn wenn die Auflage schmilzt, passieren merkwürdige Dinge. Die Stimmung in der Redaktion kippt, das Weihnachtsgeschenk ist ein Verlagsbuch, und die Putzfrau kommt seltener. Theoretisch müssten bei sinkendender Auflage auch die Werbetarife angepasst werden. Aber nicht beim Blick. Obwohl die Anzahl der Abonnemente um 40 Prozent einbrach, kostet eine Seite Werbung immer noch 26’200 Franken. So viel wie im Jahr 2016. Der in der Werbung gängige Tausend-Leser-Preis stieg von 41 Franken (2016) auf 67 Franken (2021). Ein Unternehmen muss also 67 Franken bezahlen, um 1000 Leser zu erreichen.

Immerhin, die Blick-Leser sind gescheiter geworden. Nur noch 25 Prozent haben lediglich neun Jahre an der Schule verbracht. Bei der letzten Messung waren es 27 Prozent. Hoffentlich sassen auch die Inserenten nicht länger auf den Schulbänken.

Eine Hymne auf die Setzer

Online gelten die Qualitätsstandards der Setzerinnen und Setzer nicht mehr.

«Läckerli Huus»-Chefin Miriam Baumann-Blocher würde sich die Haare raufen. Ihre teuer erkaufte Online-Werbung auf WATSON.CH war unfreiwillig komisch. Die Listicals, eine Spezialität des AZ Medien-Geldverbrennungszweigs, befassten sich kürzlich mit den 20 Bildern von hässlicher Weihnachtsdeko, die Du definitiv nicht brauchst. Und was folgt als erstes: ein wunderbares Bild eines speziellen Schoggi-Bären aus dem Läckerli-Huus. Soooo gemein. Soooo geschäftsschädigend. In einer Printzeitung wäre das nicht vorgekommen. Dort gibt es nach wie vor Schriftsetzer, Layouter oder wie auch immer diese Fachkräfte genannt werden. Sie sorgen mit grenzenloser Geduld dafür, dass alle Inserate und Inserätli am richtigen Ort stehen. Weil sie mit Grips und Herzblut bei der Sache sind, schauen sie, dass es keine peinlichen Nachbarschaften gibt.

Ausnahmen bestätigen die Regel. Der Klassiker: Gaswerbung platziert neben dem Auschwitzartikel. Erschienen in einem Deutschen Blatt.

Doch zurück zum Thema. Falsche Online-Werbung. Watson ist nicht die Ausnahme. Wenige Minuten nach dem Entdecken des Watson-Fauxpax erblickt der Chronist dann dies:

Nicht so peinlich, aber auch doof. Zweimal diesselbe Werbung. Wie blöd ist das denn.

Es bleibt, den Werbeverantwortlichen wieder mal ins Gewissen zu reden. Werbung? Das kann nur ein Inserat.

Was natürlich auch nicht stimmt. Aber dort sind die Qualitätsstandarts scheinbar höher. Frau Baumann-Blocher: Gehen Sie über die Bücher!