Wie man’s nicht probieren sollte, reloaded

Werbung kann blöd sein. Kritik daran aber auch.

Ohne sexistisch erscheinen zu wollen: das Bild zu diesem Beitrag ist nur was für starke Nerven. Aber das Thema hier sind verunglückte Werbekampagnen. Wir trauen uns allerdings nicht, die Frage zu stellen, ob Tamara Funiciello wirklich einen Flammenwerfer als BH trägt oder trug.

ZACKBUM hat gerade zwei weitere furzdumme Werbekampagnen vorgestellt:

Frau lehnt unbequem an Bankkante und glotzt auf eine Art Sack. Unvorstellbar misslungen.

Budweiser warb kurzzeitig in den USA mit einer Transvestitin für sein Light-Beer. Resultat: Umsatzeinbruch um ein Viertel.

Nun will auch Electrolux komisch werden:

Man kann sicher darüber streiten, ob diese Werbekampagne den Absatz von Kochherden steigern wird. Auch die Anordnung der Kochutensilien ist nicht wirklich realitätsnah. Aber item, kann man probieren.

Wäre da nicht die Sexismus-Polizei in Gestalt der selbsternannten Grossinquisitorin Aleksandra Hiltmann. Seit die bei Tamedia eingespart wurde, Pardon, dem unerbittlichen Qualitätsanspruch von Raphaela Birrer beim «Tages-Anzeiger» zum Opfer fiel, hat sie leider noch mehr Zeit, sich über Pipifax aufzuregen.

Also füllt sie eine längliche Kolumne bei persoenlich.com, in der sie sich ob dieses Inserats gar nicht mehr einkriegt. Der durchschnittliche Betrachter sieht auf dem Plakat ein Pärchen, Hiltmanns scharfes Auge sieht mehr, die würden «mit allgemeinem Blick gelesen als Heteropaar». Tja, der lesende Blick sieht mehr.

Aber das ist ja nur die Oberfläche, darunter brodelt es. Diese Werbung sei «sexistisch». Denn: «Die Langstrasse ist landläufig bekannt als Rotlicht-Viertel. Die Arbeits- und Lebensumstände der Sexarbeitenden, die dort Geld verdienen müssen, sind oft schlecht bis schrecklich.»

Aber damit nicht genug: «Zweitens impliziert der Slogan, dass man rausgeht und sich an Leuten «Appetit» – «Appetit» auf Sex oder Ähnliches – holt. Schliesslich werden Frauen «im öffentlichen Raum» belästigt.» Was Wunder, «vor allem von Männern». Auch damit: «Zu sexueller Belästigung zählen nicht nur ungewollte Berührungen, sondern auch eine gewisse Art von Blicken. Sie können belästigend, einschüchternd, angsteinflössend und unappetitlich sein.» Also, Männer, die Blicke züchtig nach unten halten, und auf keinen Fall unappetitlich glotzen.

Hiltmann vergisst auch den Aspekt nicht, dass sich der Spruch doch auch auf die Frau beziehen könnte. Das geht aber nicht: «Die Gesellschaft ist patriarchal geprägt. Die Frau ist nicht jene, die draussen aufreissen kann und dafür gefeiert wird, bevor sie zum «braven» Mann nachhause zurückkehrt.»

Damit ist Hiltmann aber noch nicht am Ende des Elends angelangt. Die Werbung transportiere «ein veraltetes Beziehungsmodell». Wie denn das? «Die Werbung suggeriert, dass eine monogame Beziehung «anständig» ist. Man darf sich auswärts zwar umschauen. Aber eigentlich normal ist dann doch die Zweisamkeit zuhause.»

Denn, so donnert Hiltmann, es gebe dann heute auch andere Beziehungsformen, im Fall. Das ist richtig, allerdings zeigte schon das Beispiel Bud, wie das schwer in die Dose gehen kann, wenn man in der Werbung Randgruppen ansprechen will.

Daher hat Hiltmann tatsächlich recht: «Lässt man Frauen zusammen mit der Familie auftreten, dann sind diese Familien oft weiss und heteronormativ

ZACKBUM schlägt vor: wenn Electrolux schwere Umsatzeinbussen anstrebt, dann müsste die Firma ihre Werbekampagne unbedingt von Hiltmann ausrichten lassen. Das wäre dann allerdings so wenig appetitanregend, dass die Konsumenten sogar McDonald’s vor dem Kochen am heimischen Herd bevorzugen würden.

Was hier mal wieder überdeutlich zu Tage tritt: Fanatiker, gefährliche Fanatiker erkennt man immer an ihrer tiefen Humorlosigkeit und dogmatischen Verbissenheit.

6 Kommentare
  1. Konrad Somogyi
    Konrad Somogyi sagte:

    Das ist einfach geil geschrieben. Konnte mich vor Lachen kaum einkriegen.
    Damit habt Ihr mich als regelmässigen Leser gewonnen.

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  2. Victor Brunner
    Victor Brunner sagte:

    Diese moralisierende Aleksandra Hiltmann muss unglaublich frustriert sein. Bei Tagi-Belle abserviert, was etwas heissen mag, nun ein BIttevergesstmichnicht-Artikel in PERSÖNLICH wo sie über ELECTROLUX Werbung mit Bezug zur Langstrasse herzieht. Bei ihr ist Langstrasse Unterdrückung von den achso geschändeten SexarbeiterInnen die natürlich gezwungen werden, keinen eigenen Willen haben und den Männern ausgeliefert sind. Als sie Tagi-Belle verliess war auf ihrem Twitter Account zu lesen: «Jobinputs gerne an mich». Was sie nicht schrieb, ich liefere Griesgram, Missmut, Frustration, feministischer Tunnelblick, Hass auf Humor und Augenzwinkern. PERSÖNLICH hat angebissen!

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  3. Beth Sager
    Beth Sager sagte:

    In einem beeindruckenden Essay unter dem Titel «Ein Phantom namens Patriarchat» hat die NZZ-Autorin Birgit Schmid vor wenigen Tagen eine facettenreiche Arbeit abgeliefert. Im Hinblick auf den kommenden Frauenstreik am 14. Juni 2023 hat sich Birgit Schmid doch einige Gedanken gemacht zum radikalfeministischen Gedankengut.

    Den Schweizer Frauen geht es so gut wie nie zuvor, meint sie. Trotzdem finden doch eine Vielzahl von helvetischen Frauen, es werde immer schlimmer. Man nennt dies das Tocqueville-Paradox: Je gerechter Gesellschaften sind, desto ungerechter erscheinen sie einem. Man reagiert sensibler auf Unterschiede. Daraus zieht der Feminismus in der Wohlstandsgesellschaft teilweise seine Berechtigung. Wären seine Ziele erreicht, brauchte es ihn nicht mehr.

    Hat sich die feministische Agenda über Diskrimierung erschöpft, müssen gar Gegenstände wie der Airbag oder die Einstellung der Temperatur im Büro herhalten. Radikalfeministinnen prangern etwa den von Männern erfundenen Airbag an, der offenbar Frauen an ihren empfindlichen Stellen ungenügend schützt……… Genauso schreiben öffentliche Parks, die Verkehrsführung und Hausbauten angeblich die Geschichte der Frauenunterdrückung fort, weil Männer sie konzipiert haben und dabei Männer als Massstab nahmen. Der Feindbild-Target «Patriarchat» wird bis zur Erschöpfung ausgereizt.

    Birgit Schmid deutet dies so: «Der derzeitige Diskriminierungsdiskurs lässt also keine andere Deutung zu, als dass dem Feminismus die Argumente ausgehen. Das alte Phantom Patriarchat kann nur am Leben erhalten bleiben, wenn man immer neue Lebensbereiche bestimmt, in denen sich noch eine Form von Benachteiligung findet».

    Gute Nacht Abendland!

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  4. Leni
    Leni sagte:

    Dieses unfassbar peinliche Büstenhalter-Bild hatte ich zum Glück schon komplett vergessen. Und nun sehe ich es hier wieder – noch vor dem Frühstück. Das muss doch wirklich nicht sein! Noch dazu sm heiligen Sonntag. Da verstehe ich wirklich keinen Spass und reagiere sehr humorlos. Ich weiss nicht, wo ich mir jetzt noch Appetit holen soll. Und fürchte mich vor dem, was an Bildmaterial wohl noch alles in den Zeyerschen Archiven schlummern mag…

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